1841 / 250 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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zu diesem Ziele führen fann und es is wohl nicht ohne Znteresse, denselben etwas näher zu beleuchten. :

Sobald die revolutionairen Leidenschaften etwas gestillt waren, lenfte die Regierung sogleich ihr Augenmerk auf die Verbesserung der industriellen und fommerziellen Lage des Landes. Jm Jahr 1833 wurde die Ausführung eines Eisenbahn-Systems beschlossen, welches in dem Umfange, in welchem es schon ausgeführt i M Europa noch einzig dasteht. Ueber das ganze Land, in allen Richtungen, is fast dieses Neß schon ausgebreitet ; Uber 190 Mil: lionen Fr. sind darauf verwendet worden. Der Hauptzweck bei Anlegung desselben war, Antwerpen mit dem Rhein in Verbin- dung zu seßen und nâchsktdem den inneren Verkehr nach allen Seiten zu boleben. Der erste Zweck kann nun freilich nicht in dem Grade erreicht werden, als man es sich versprochen hatte, da die Erfahrung schon hinreichend bestätigt hat, daß eine Eisen- bahn nicht um gleichen Preis, wie die Schifffahrt, die Waaren transportiren fann. Selbst wenn die Bewegungskraft für Eisen- bahnen z. B. durch Galvanismus sich vervollklommnete, so würde doch die Schifffahrt, wo außerdem gewiß dieselbe Kraft angewen- det werden könnte, immer vortheilhafter bleiben. Dabei bleibt aber die Eisenbahn fúr leichtere und schnell zu expedirende Waa- ren immer von großem Nußen, und die bedeutende Expedition, wie sie hier seit einem Jahre organisirt ist, beweist dies zur Ge- núge. Allein auf einen Transito- Handel, in der Weise wie man ihn erwartete, darf Antwerpen der Natur der Sache nach nicht zählen. Daher kann man auch der Regierung nicht wohl rathen, die Maßregel zu nehmen, die ein Antwerpener Journal beantragt hat, nämlich auf der Eisenbahn die Erpedition umsonst zu úber- nehmen. Es würde dies gewiß zu bedeutenden Kosten führen und, da die innere Production am wenigsten dabei interessirt ist, durch das Gesammt-Jnteresse des Landes nicht begründet seyn. Die

Regierung hat die Gefälle auf die inneren Gewässer für die Er- pedition der Steinkohlen nach Holland herabgeseßt und sehr wohl daran gethan; selbst wenn der ganze Zoll erlassen wäre, wúrde immer noch das Land durch den Absaß eigener Ptiodukte gewin- nen. Allein diese Maßregel kann feine Analogie fúr den Tran- sito - Handel begründen. Eine andere Frage is es freilich, ob man nicht wohl thun würde, den Transport von einigen Hauptprodufkten des Landes, z. B. des Eisens auf der Eisenbahn, mit einigem Schaden zu unternehmen. Es scheint wenigstens, daß, wenn nicht die Eingangszólle in. Deutschland ein Hinderniß in den Weg legten, die Belgischen Eisen-Fabriken mit anderen vor- theilhaft fonfurriren fönnten. Durch den Anschluß des Großher- zogthums Luxemburg an den Deutschen Zoll-Verein werden frei: lich dessen Eisen-Fabriken einen bedeutenden Vortheil voraus ha- ben; allein durch verschiedene Maßnahmen, z. B. durch Handels- Vertrag, könnte auch der Belgische Absaß nach Deutschland, wel- ches für sein großes Eisenbahn-System diesen Artikel nöthig hat, bedeutend gewinnen.

Nach der Französischen Seite hin is außer der Eisenbahn die Sambre durch einen Kanal mit der Oise und Seine in Ver- bindung geseßt worden, so daß jeßt binnen 30 Stunden die Steinkohlen von Charleroi nach Paris gelangen können. Die Wichtigkeit dieses Verbindungsmittels wird sich gewiß bald bedeu- tend herausstellen. | j :

Ein zweites Hauptmittel welches die Belgische Regierung zut Ausbreitung des Handels ergriffen hat, besteht in der Reorganisi- rung und Vermehrung der Konsulate, Dieses Mittel konnte ersk zweckmäßig angewendet werden, als das Land sich einigermaßen in den Augen der anderen Staaten konsolidirt hatte. Daher sind die Konsulate besonders erst in den leßten Jahren vervielfaltigt ¿æoorden. Vermittelst der Konsuln sind für die Schifffahrt gun- stige Traktate geschlossen worden. Fast alle Amerikanischen & taa: ten, so wie die Türkei, nehmen jeßt die Belgischen Schiffe gleich denen der am meisten begünstigten Nationen auf. Das vorige Ministerium hatte die Absicht gehabt, die Zahl der Konsulate zu 9vermehren und einigen eine größere Bedeutung zu geben, Leider hat eine fleinliche Opposition dieses verhindert, wie es ihr auch fast gelungen wäre, die Industrie - Ausstellung zu vereiteln, Die Strafe ist aber fast auf dem Fuße nachgefolgt, Die Opposition hatte verhindert, daß in Spanien, troß des bedeutenden Leinwandhan- dels, welchen Belgien dahin treibt, ein General-Konsul ernannt wurde, Vor kurzem hat nun Spanien die Eingangszdlle auf die Leinwand bedeutend erhbht, was bei gehöriger Vertretung der Belgijcben Handels - Jnteressen vielleicht gar nicht, oder nicht in dem Umjsange stattgefunden hätte, ebt ist die „Regierung genöthigt, einen Spezial - Bevollmächtigten dahin zu senden, für den es sicherlich schwerer seyn wird, in Be einm) gefaßten Ent- \chlusse Modificationen zu erwirken. Die L rganisation der Ko sulate hat freilich bis jeßt nócch feine sehr r R Bor theile erzeugt; allein man muß wohl bedenken, daß die Thätigkeit derselben erst auf die Dauer fruchtbringend seyn kann, „Meus Handels -Verbindungen knüpfen sich nicht leicht in einem Lande, Gewohnheit, Zutrauen sind erst das Werk von mehreren Jahr- zehnten wirklichen A Außerdem sind die Konsulate nur ie von der Regierung dem Ha 1 e A dieser selbst gebrauchen lernen muß, Dep innere oln: trieb muß in dem Unternehmungsgeiste der Handelnden selbst lies gen, Die Regierung macht, hausig Mittheilungen an die Hand welche sich in den respektiven Ländern jeßt hat der Handel nur zu weng Gebprauch davon gemacht,

Nach der Organisirung der Konsulate hat die Regierung an: gefangen, Expeditionen zu veranlassen und ihnen verschiedentliche Ermunterung zu geben. rpeditio : nd in Jahre 1839 statt, als in Gent die Krisis in dey Kattun - Fabri-

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ndel dargebotenen gußeren Mittel, |

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| cation eintrat, Die Regierung leiskete damals Garantie bis zu

einer bestimmten Summe, mehrere Schiffe wurden befrachtet und die Expedition hatte nicht ungenügende Resultate, Eine Expedi- tion in größerer Art uyd Bedeutung is aber vor einigen Mona- ten von der Regierung angeordnet worden. Die Regierung equi- pirt für mehrere Jahre ein Staatsschiff, auf welchem ein frúhe- rer wohlunterrichteter Konsul eine Expedition hauptsächlich nach Ostindien unternimmt, mit allen Zweigen der Belgischen Jndu- strie, die in diesen Gegenden auf Absaß rechnen fönnen. Es scheint nämlich, daß die meisten Artikel, welche Belgien nach Ame- rika ausführt, von den Amerikanern nicht selbst verbraucht, son- dern von ihnen fask sämmtlich wieder nach Ostindien expedirt wer- den. Es würde daher für Belgien sehr vortheilhaft seyn, wenn es für Verkauf und Einkauf direkte Verbindungen mit diesen Ge- genden anknüpfen könnte. Es is diese Expedition ein Versuch, der zur Nachahmung aufregen und auf diese Weise bedeutende Folgen haben fann.

Um die inländische Schifffahrt zu begünstigen, ist auch mehr- fach vorgeschlagen worden, Differenzial - Zölle für die Schiffe fest- zuseßen, je nachdem es in- oder ausländische sind. Die Frage ist zu wiederholtenmalen in den Kammern zur Sprache gekommen; für ihre Lösung im Jnteresse der nationalen Flagge sind nicht un- wichtige Gründe angeführt worden, die Regierung hat aber auch erhebliche Gegengründe geltend gemacht, und obgleich die Frage wohl noch nicht definitiv entschieden ist, so haben sih doch die Kammern bis jeßt im Sinne der Regierung ausgesprochen.

Um die Atlantische neue Dampfschifffahrt für den Belgischen Handel zu benußen, hat die Regierung das größte Englische Dampfschiff, die „British Queen“ angekauft. Freilich haben sich, nachdem ihr Bruder, der „Präsident“, verunglückt ist, viele Stimmen gegen diesen Ankauf erhoben. Man behauptet, daß man fich in England von den Uebelständen solcher großen Schiffe überzeugt habe und die neueren Dampfschiffe viel kleiner baue, Die leßtere Thatsache scheint richtig zu seyn, Man erwartet das Schiff bin- nen kurzem im Hafen zu Antwerpen. Seine leßte Reise von New - York bis Liverpool soll die kürzeste gewesen seyn, die man in der Dampfschifffahrt kennt.

Daß der Handel mannigfache Stüßen in früher bestehenden und neu errichteten Banken gefunden hat, ist bekannt. Die so- genannte alte Bank, die âlteste und vorsichtigske, hat bedeutend für Belebung des Handels gewirkt. Die Bank von Belgien wurde 1835 gegründet. Hätte dieselbe sich auf die wirklichen Bankge- schäfte beschränkt und fich nicht auf eine, zudem mit ihrem Kapitale un- proportionirte Tndusftrie-Kommandite eingelassen, so würde die Krisis von1838 nieeingetreten seyn. Zhre frühere Suffkursale, die jebt unab- hângige Lütticher Bank, hat immer gute Geschäfte gemacht. Vor eini- gen Tagen is eine neue Bank in Gent mit einem Kapitale von 10 Millionen Franfen von der Regierung autorisirt worden, Die Gränzen ihrer Thätigkeit sind jeßt besser, als früher bei der Belgi: chen Bank, bestimmt und ein Königlicher Kommissar isk zur Beaufsichtigung ernannt worden. Wir werden noch einmal auf diesen Gegenstand zurückkommen.

Auf diese Weise hat die Regierung der Jndustrie und dem Handel sehr wirksame Mittel an die Hand gegeben, deren Be- nußung freilich hauptsächlich von der Einsicht, Thätigkeit und dem nöthigen Muthe des Handels - Standes selbst abhängt. Be- denft man ferner, daß die Regierung sich immer hat angelegen seyn lassen, mit den Nachbarstaaten Handels-Berträge einzugeh:n,

so darf man gewiß behaupten, daß dieselbe die richtige Bahn be- treten hat, um die politisch ausgesprochene Unabhängigkeit ohne Gefahr auf der Grundlage des materiellen Wohlseyns zu befesti-

| gen, und man darf in die Weisheit der Regierung das Vertrauen

seßen, daß sie sich durch momentane Bedrängnisse nicht von dem einmal betretenen Wege wird abbringen lassen,

Wissenlchalt, Kunst und Literatur.

Berliu, 8. Sept. Gestern wurde zu echrendem Andenken des der Kunst und scinen vielen Freunden so pldblich und früh entrisse- nen Friedrich Curschmann, in der Singakademie ein Requiem gesungen, wie dies, cin schöner, frommer Brauch, jedem dahinge- schiedenen Mitgliede geschieht. Bei der allgemeinen Liebe , welche sich der Verstorbene in hohem (Grade zu erwerben gewußt hatte, fonnte es nicht fehlen, daß die Versammlung ungewöhnlich zahl- reich war, und daß die Anwesenden von der Feter tief ergriffen wurden. Unter den zur Ausführung gebrachten Musikstücken wa- ren zwei Compositionen Curschmann?’s, den Beschluß machte Mo- zart’s Requiem, Das musikalische Publikum darf wohl hoffen, aus Curschmann’s Nachlasse recht bald noch durch eine reiche Gabe erfreut zu werden; der großen Zahl seiner Verehrer würde es dabei gewiß erwünscht seyn, wenn einer seiner näheren Freunde es über- nehmen wollte, dieser leßten Gabe einige hiographische Nachrichten über ihn hinzuzufügen. Außer den weit verbreiteten Liedern Cursch- manns, (unter denen hter vorzugsweise auf die vor einem Fahr er- \chtenenen „sechs geistlichen Lieder ‘/ aufmerksam gemacht werden soll, weil sie ahnen lassen, daß der Komponist sich, bei aller Lebens

| frische und Lebenslust, welche in jeder Beziehung glückliche Ver-

hältnisse gestatteten, auch damals schon mit dem Tode in einem schönen Bilde vertraut gemacht habe,) besißen wir eine kleine Oper von thm: Abdul und Erinniech, die außer in Kassel, wo sie

nach den Berichten der Konsuln, |

V e , ( a L els- K n über die Produkte, | kommen Let ¿ ; A Ee RAA D R PE A Bis | sich selbs ausgesprochen haben soll, auch kein größeres Werk hinter-

vielen Beifall fand, wohl nirgend zur dffentlichen Aufführung ge- fommen is. Hat Curschhmann, wie er auf seinem Schmerzenslager

lassen, was er bei einer längeren Lebensdauer ausführen zu können | wünschen mußte und hoffen durfte, o wird sein Andenken unter uns doch kein vorúberckchendes seyn, und seine Compositionen wer- den seinen Namen noch späteren Generationen zu ihrer Lust und

Die erste Expedition dieser Art fand im | Freude gufbewahren.

Eínladung an die Philologen und Schulmänner Deutschlands,

Nachdem zu der vom 29. September bis 2, Oftober d. F. in Bonn zu haltenden vierten Versammlung Deutscher Philologen und Schulmänner nunmehr die gnädige Genehmigung Sr. Ma- jestät des Königs in der huldreichsten und zum tiefsten Dankgefühl verpflichtenden Weise eingegangen ist, beehren sich die Unterzeichnenden, ihre frühere Einladung zu eifriger Theil= nahme um so angelegentlicher zu wiederholen. Sie fügen die erge- benste Bitte hinzu, daß es den geehrten Herren, auf deren erfreuliche Anwesenheit der Verein hoffen darf , gefallen möge, von dieser ihrer Absicht, so wie von dem etwaigen Wunsche, eine vorausbestellte Pri- vat- oder Gastwohnung vorzuftnden, bis spätestens zum 24. Septem- ber eine kurze an den mitunterzeihneten stellvertreten- den Geschäftsführer gerichtete Mittheilung zu machen, damit für die im liberalen Sinne der höchsten Staats - Behörde zu treffenden Vorbereitungen durch die vorläufige Uebersicht dec zu er- wartenden Frequenz ein ungefährer Maßstab gewonnen werde. Zu= gleich sind die Herren Theilnehmer ersucht, unmittelbar nah ihrer Ankunft in Bonn, möge diese mit Post oder Dampfschiff erfolgen, ihren ersten Weg den guf das Rathhaus seyn lassen zu wollen, um daselbst die auf ihren Namen gestellten Eintritts-Karten in Empfang zu nehmen, \o wie die erforderlichen Wohnungs-Nachweisungen und sonstige ihnen wünschenswert! he Auskunft zu erhalien,

Bonn, 2. September 1841, ;

F. Rit schl,

F. G. Welcker, o erster Geschäftsführer. stellvertretender Geschäftsführer.

MNeunzehnte Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte.

Die unterzeichneten Geschäftsführer Deutscher Naturforscher und Aerzte für deren zu Braunschweig am achtzehnten dieses Mo- nats und an den folgendèn Tagen d. F. stattfindende neunzehnte Versammlung wiederholen hierdurch ihre in den öffentlichen Blät- tern des Jn- und Auslandes mehrmals bekannt gemachten Einladun- gen mit der Bemerkung , daß die Legitimations-Karten vom 14, September an bis zum Schlusse der Versammlung zu Braun- schweig im Empfangs-Büreagu im Herzoglichen Bevern-=- schen Schlosse nebst dem Programme, welchem die Statu- ten beigefügt wurden, ausgegeben werden.

Fn diejem Empfangs- Büreau werden auch den von auswärts eintreffenden Mitgliedern der Gesellschaft guf Verlangen Wohnungen angewiesen.

Braunschweig, 6. September 1841.

von Strombecck. Dr, Mansfeld.

Meteorologische Beobachtungen.

Abends 10 Ubr.

Nacb einmaliger Beobachtung.

Nachmittags 2 Ubr.

Morgens

1841. 6 Ubr.

7.September.

Luftdruck .... 534 51° Par. 335 39" Par. ; 336 2 f Par. | Quellwärme L as R. -+ 8,9 R. |-+ 13,0? R.| + 9,1 9 R. |Flusswärme 15,0° R. +4- To°R. | +4 8,5 R. | + 5,8) R. [Bodenwärme 15,1° R. 87 pCt. 58 pCt. LU pCt. Ausdünstung 0,039 Rh, beiter, balbheiter, heiter, Niederschlag 0,022 Rh. SW, NW, W. Wärmewechsel -}- 131 g , Wolkenzug. - - W. -+ 7,8".

Tagesmittel : 335,36” Par. -+- 10.9? R... -+- G "Bi 44 pCt.

Luftwärme . Thaupunkt . „. Dunstsättigung Wetter

Auswärtige Börsen.

Niederl. wirkl. Schuld 512,

Amsterdam, 3. Sept. 5% do. 101, Kanz. Bill. 25 77. E Span. 20, Passive. 95. Ausg. —. Zigoal. 5%. Preuss Präm. Seb. e FOL

Hamburg, 6, Sept. Bank-Aetien 1600 G, Eagl. Russ. 1087.

Paris, 3. Sept, 5% Rente fin eour, 117. 5, 3% Rente fin couz. 0 A A Neapl. fin cour, 104. 60. 9% Span. Rente 225. Passìve 57. 3h Port. è

Petersburg, 31, Aug. Lond. 3 Met. 39%. amb. 34- Paris 412. Polu. à Par. 300 Fl, 70, do. 500 FL 733. do, 200 FL. 25%.

Wien, 8. Sept B% Met 1064 42972, 0 oe

)

1% —, Bauk - Actien 1558. Aul. de 158341 1345. “Aa 1839 107%.

Oesterr. —,

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 9, Sept, Im Schauspielhause. Auf Begeh- ren: Göß von Berlichingen mit der eisernen Hand, Schauspiel in 5 Abth., von Göthe.

Freitag, 10. Sept. Jm Opernhause: Der Postillon von Lonjumeau, komische Oper in 3 Abth., Musik von A. Adam. (Mlle, Kunth, vom Kaiserl, Hof-Theater zu Petersburg: Mag- dalene, als leßte Gastrolle.)

Koönigsstädtisches Theater.

Donnerstag, 9. Sept. Der Talizman. Posse mit Gesang in 3 Akten, von J. Nestroy.

Freitag, 10, Sept. Der Vater der Debütantin. Posse in 4 Akten. von B. A. Herrmann. Vorher: Nummer 777, Posse in Aft, von Lebrün.

Sonnabend, 11. Sept. (Jtalienische Opern - Vorstellung.) La Prova di un? Opera seria, (Die Opernprobe.) Opera hbuffa in 2 Atti. Musica del Maestro Francesco Gnecco,

Verantwortlicher Redacteur Dr, F. W. Zinkeisen,

Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober - Hofbuchdruckereë.

Allgemeiner Auzeiger für die Preußischen Staaten.

Bekanntmachungen.

Ben annbm ach un s.

Versicherungs - Gesellschasi zu Schwedt a. d. O. Zur VVahl eines vierten Haupt-Direktors und Be- huss Beschlulsfassung über andere wichtige Societäts-

Angelegenheiten laden wir die sämmtlichen resp. Mit- E

glieder unserer Gesellschast zu einer extraordinairen findenden General-Versammlung aus den : 5 Oktober d. J., Vormittags 10 Uhr, hierdurch ergebenst ein. Schwedt, den 3. September 1841. Jie Taupt- Direction. Meyer, Zierold. Kieckebusch.

Literarishe Anzeigen. So cben is bei W. Heinrichs8hofen in Mag-

ILE Li P 7 A deburg erschienen und in gllen Buchhandlungen, in Hagelschaden und Mobiliar-Brand- Berlin bei Ferd. Dümmler, Linden 19, zu haben:

er e Einen allgemeinen Kirche Jesu Christi

: A E E Regierungsrath und beider Rechte Doktor. ín dem Konserenz-Saale unseres Societätshauses statt- Ile und lebte Di l Thlr. Beide Bde: (62 Bog.) ner inneren L

Ix Band , enthaltend eine Kritik der bisherigen Systeme, den Begriff der Kirche und ihre Verfassung.

Ur Band: 1) die Rechtsordnung des kirchlichen Fie C U Es E 1A hne daß deshalb die durch den Begrif geschte

ienst, Kirchengut, Anhang: Kirchen -|is, ohne da x | )engut, Anhang: Kirchen- ist, München, gr, 12, Eleg. geb, Preis 1 Thlr. 15 Sgr.

zucht); 2) das Verhältniß des Stagts zur|D ifferenz zwischen beiden aufgehoben würde,

A d

von W. Q C

34 Thlr.

Kirche (Substanz des chrisilihen Staats,, : i f

scine Stellung zur Kirche und zu den christ-|Rheinwald’s Repertorium 2c. Fanuar 1840 und em-

lichen Parteien, Christlichkeit derStaats-|pfehlen diese Schrift den Geistlichen und anderen

verfassung und ihre Erweisung in Ehe, Eid kirchlichen Beamten, so wie allen denen, die sich

und dffentlichem Unterricht). e -

Es ift hier aus dem in der heiligen Schrift g e-|vesstiren,

gebenen Begriff der Kirche das Wesen derselben, E. ihre Verfassung und die daraus hervorgehende ge- \fammte kirchliche Rechtsordnung in ihrem Zusam- i j menhange mit dem staatlichen Leben entwickelt, um [München is so eben erschienen und in Berlin bei das, was wahrhaft wicklich geworden in der Ge-|E, S. Mittler (Stechbahn 3) vorräthig : sialtung der Einen allgemeinen Kirche in sei- i Zegründung und Nothwendigkeit zu begreifen. Wie daraus die rechte Stellung der 4 Kirche zu allen Parteien und Sekten hervor-| V z y z tritt, so auch die Substantialität ihres Verhältnis- Ein kritisch-erläuternder Leitfaden für Einheimische ses zum Staat, mit welchem sie kraft der untheil- baren Einheit des menschlichen Lebens nothwendig zu einer Einheit des Organismus verbunden aus Zürich.

Uebrigens verweisen wir auf die Ankündigung ür für das Leben der Kirche und ihre Ordnung inte=

Fn der Fos, Lindauer schen Buchhandlung itr

Müúnchen's vorzüglichste öffentliche

n st a Be.

und Fremde von Wilhelm Füßli

Mit 6 Stahlstihhen und einem Stadtplane von

Beilage

1115

Beilage zur Allgemeinen Preußishen Staats-Zeitung „F 250.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 31. Aug. Ueber die projektirte Eisen- bahn zwischen St, Petersburg und Mosfau sind bisher sehr wi- dersprechende Gerüchte verbreitet gewesen. Es hieß vor kurzem, Deutsche Kaufleute seyen bei dem Unternehmen betheiligt, doch vernimmt man jeßt, daß zu diesem Behufe in England ein Ac- tien-Verein zusammentrete, dem unsere Regierung ein gewisses Zins-Minimum auf die anzulegenden Kapitalien garantiren wolle, Hinzugefügt wird, die Eisenbahn - Linie solle úber Rybinsk, am Wolga- Ufer, geführt werden, wodurch zwar ein Umweg von 50 Werst entstehe, jedoch die Getraide-Zufuhr der Wolga auf die Ei- senbahn geleitet werde. Leßtere würde sonach eine Ausdehnung von 110 Deutschen Meilen erhalten.

Desterreich.

þ Prag, 4. Sept. Die große Sorge unserer Zeit, daß mit der zunehmenden Bevölkerung auch die Anzahl der Armen steigt, verliert da viel von ihrem Gewichte, wo die Mittel der Wohlthätigkeit durch bffentliche oder Privat- Anstalten ebenfalls eine Zunahme zeigen. Neben manchen Mängeln bietet in dieser Hinsicht unsere Stadt viel des Erfreulichen, und unseren zahlrei: chen Wohlthätigkeits - Anstalten, die ihren Beskand in öffentlichen Mitteln finden, steht ein kräftig wirkender Gemeinsinn in Uebung der Privat-Wohlthätigkeit zur Seite, die dem Freunde der Hu- manitàt um so höher gilt, wenn sie nicht einer geseßlich gebote- nen Búrgerpflicht etwa, sondern den eigenen Eingebungen christlicher Milde ihre Wirksamkeit verdankt. Ein auch für ent- ferntere Kreise interessantes Beispiel dieser Art bietet das kúrz- lich veröffentlichte Resultat der sogenannten Neujahrs-Entschul- digungs- Karten, welche der Oberst-Burggraf von Chotek, kurz nach seinem Antritte der Landes-Adminiskration, bei uns einführte, Gemälde berühmter Meister, die religidse Beziehungen haben, bilden die Sujets dieser Karten, die in verjüngtem Maßstabe in Stahl gestochen, meistens von höherem artistischen Werthe sind, wie z. B. die jüngsten für 1841: Bendemanns „Jeremias“ und Holbein?s „Pilgerfahrt“, beide von Döbler gestochen, Diese in Tausenden von Abdrücken gefertigten, mit fortlaufenden Num- mern versehenen Karten werden jedesmal gegen Neujahr von Käufern aller Klassen und Konfessionen für 20 Kr. das Stü erworben, und die in den Zeitungs-Beilagen bekanntgemachten Namen der Abnehmer befreien diese nach einem gewi}sermaßen stillschweigend zur Uebung gewordenen Uebereinkommen nicht nur von dem oft zweideutigen, meist aber lästigen Herkom: men der persönlichen Neujahrs - Gratulationen, sondern be- wirken auch, neben Unterstüßung der Armen, Verbreitung des Kunstsinnes. Die in den 16 Kreisen Böhmens für die Entschul- digungs- Karten von 1841 den Orts-Armen zugeflossenen Beträge ergeben den erheblichen Erlds von fask 14,000 fl, C.-Münze, und mit Einrechnung des Erldses von den für die Hauptstadt Prag be- sonders angefertigten Entschuldigungs- Karten, so wie jener vom Lande, die zum Bortheile der hiesigen Kleinkinder-Wart- Anstalten hier verkauft wurden, beträgt die ganze blos in diesem Jahre den Armen-Anstalten zugeflossene Summe 16,071 fl. 55 kr. C.-Mönze. Gemäß den amtlichen Ausweisen ist Übrigens seit dem Jahre 1828, wo bei uns die Einführung dieser eben so wohlthätigen wie be- quemen Observanz begann, die Einnahme für die Entschuldigungs- Karten fortwährend gestiegen, wodurch dem gewöhnlichen Etat der Armen-Anstalten eine neue GVesammteinnahme von 168,715 fl oder ungefähr 113,000 Thaler seit dem Jahre. 1828 zugeflossen is; ein Betrag, der um so beachtenswerther für ein Land wie Böhmen, das doch keinesweges zu den geldreichen gezählt werden fann,

Túrkei,

Die neueste, nach Berlin gekommene Nummer der Türki- schen Zeitung Takwimi Wafkaji vom 27. Dschemasi 1, (15, August) enthält über die Feuersbrunst von Smyrna folgenden Artikel; „Am 10ten d, kam in Jsmir (Smyrna) in einem Kaffee- hause ein Feuer zum Ausbruch, das, obwohl die herbeigeeilten Beamten auf seine Löschung große Mühe verwendeten da durch Gottes Rathschluß ein heftiger Wind der Flamme Nahrung gab und sie weit um sich greifen ließ 17 Stunden lang an- hielt und in den Stadtvierteln der Muhammedaner und der Raja's die meisten Hauser und Buden in Asche legte, Mehr als 20,000 Menschen sind obdachlos, und der Mangel an Brod ist, weil das Feuer auch die Mühlen verzehrt hat, schr empfindlich geworden. Die Kunde von diesem Unglúc und Elend hat das erbarmende Gemüth Sr. Hoheit tief bewegt, und sofort ist das Handels-Ministerium angewiesen worden, eine reichliche Großherr- liche Unterstüßung an Mehl und noch andere Gnaden - Geschenke für die armen Abgebrannten auf einem Dampfboote nach Smyrna abgehen zu lassen.“

Ferner meldet das gedachte Blatt mit Bezug auf obige Nach- richt: „Se. Hoheit der Sultan hat kürzlich die Patriarchen der Griechen, der Griechischen Armenier und der katholischen Arme- nier, ingleichen den jüdischen Ober- Rabbiner, zur Audienz gezogen und ihnen einen mit dem hohen Schriftzuge Sr, Hoheit (der Tugra) geschmückten Ferman überreichen lassen, worin Höchst: selbige Jhren Großherrlichen Willen kundgiebt, den in Syrien wohnen- den Raja's aller Konfessionen in jeder Lage Schuß zu gewähren und ihre Wohlfahrt und Sicherheit fest zu begründen. Bei dieser Ge- legenheit erhielten sie von Seiten des mit anwesenden Groß- Wesir's noch mündlich die Zusicherung des thätigen Erbarmens Sr. Hoheit, nebst den nöthigen Ermahnungen und Warnungen, Diese ausgezeichnete Gnade des Sultans bestimmte die geistlichen Oberhäupter der Raja’s, ihre dankbaren Gefühle in einem Ge- bete um Steigerung der Macht und Herrlichkeit ihres Gebieters auszusprechen,“

Da die Geschäfte des Emir Beschir in Konstantinopel eine rasche Erledigung derselben wünschenswerth machen, so is (wie dieselbe Türkische Zeitung meldet) der Seelmeister des Fiskus zu seinem hiesigen Agenten ernannt worden. Ein angesehener Euro-

ischer Kaufmann, Elias Chaja, soll gewisse Angelegenheiten es Patriarchen der Maroniten ins Reine bringen.

_ Dieselbe Zeitung meldet auch die Ernennung des würdigen alten Essaad Efendi zum Chef der Emire oder Vice - Mufti (nakih-ül-eschraf ,

Aegypten.

Alexandrien, 6. Aug, (Journ. de Smyrne. Pascha hat nunmehr die Nachricht erhalten, daß d ba r per zehn Millionen vom Tribut erlassen habe, Man weiß nicht, wodurch er A Gunstbezeigung erlangt hat, denn die Vertrauten des Palastes haben bisher noch nichts darüber geäußert, woraus her- vorgeht, daß sie nichts wissen, da sie nicht die Leute sind, die

lange Zeit ein Geheimniß zu bewahren vermögen, Die Nachricht selbst ist vom Publikum mit großer Freude aufgenommen worden, indem dadurh auch der leßte Vorwand zu cinem längeren Wi- derstande von Seiten Mehmed Ali?s verschwindet,

Die Anwesenheit der Englischen Linienschiffe „Rodney“ und „Calcutta“ auf der hiesigen Rhede ist noch immer der Gegenstand der Unterhaltung, und man erschöpft sich in Muthmaßungen, ohne daß noch Jemand im Stande gewesen wäre, den eigentlichen Zweck ihrer Mission zu errathen. Man behauptet noch immer, daß es sich darum handle, die in Bezug auf die Entlassung der Syrischen Soldaten vom Commodore Napier gethanen Schritte zu unterstüßen, da der Pascha keinesweges geneigt scheint, in jene Maßregel zu willigen. Uebrigens zieht sich diese Angelegenheit so sehr in die Länge, daß man an ihrer Erledigung zweifelt und nicht daran glaubt, daß dies der einzige Grund der Anwesenheit der Englischen Kriegsschiffe sey.

Iohann Friedrich §Herbart. NRekvolog.

__ Vor kurzem schied aus der Reihe der Lebenden cin Mann, der, #9 entgegengescßt die Urtheile des Beifalles und Mißfallens sind, welche Über thn ergingen, nach allgemeiner Anerkennung zu den aus- gezeichnetsten Denkern unseres Vaterlandes und unseres Zeitalters ge rechnet wird. Wie auch einst die Geschichte den denkwürdigen Zeit- raum in der Entwickelung der Philosophie auffasse, welcher von der durch Kant begonnenen Reformation in ununterbrochener Kette bis in die Gegenwart hineinvreicht ; was sie auch im Ueberblicke des Gan- zen als den wesentlichen Ertrag der Gegensäße und Kämpfe ansehen mag: dem Namen Herbart’s wird die Tiefe, die Besonnenheit, der Umfang seiner philosophischen Untersuchung und ihr eigenthüm liches Verhältniß zur vorherrschenden philosophischen Zeitrichtung im- mer eine bedeutende Stelle darin sichern. ;

Johann Friedrich Herbart wurde 1776 zu Oldenburg ge- boren, wo sein Vater die Stelle eines Justizraths bekleidete, Wie frühzeitig schon ein selbstständiges Nachdenken in ihm erwachte , er- fahren wir mittelbar von ihm selbs; denn in dem Vorworte zu der ersten Ausgabe seiner „Hauptpunkte der Metaphysik//, welche er 1806 für seine Zuhörer drucken ließ, sagt er: „Fn der Stille sind die Ge- danken, deren kürzeste Bezeichnung hier erscheint, während des Lau- fes von achlzehn Fahren auf eigenem Boden gewachsen und gezogen, Seyen fte nun auch anderen Denkern empfohlen !// Der Religions- Unterricht hatte dem zwölfiährigen Knaben die Veranlassung zu ern- steren Fragen gegeben und zu einer Gedanken - Vertiefung, in wel- cher noch der Matin den Anfang seiner philosophischen Entwickelung erkannte, Mit dem achtzehnten Jahre bezog Herbart die Universi- tat Jena. Es war dies die Zeit, wo Fichte durch die Festigkeit sci- ner Ueberzeugung, durch die Energie seines Charakters und durch die hinreißende Kraft seiner Rede etne Begeisterung für Philosophie unter der akademischen Fugend erregte, der gn Lebhaftigkeit kaum die Zeit der kräftigsten Wirksamkeit Hegel’s in Berlin gleichkommen möchte, Wenn Fichte Über die meisten seiner Zuhdrer die geistige (ewalt übte, daß er sie, seiner eigenen Forderung gemäß, zum Vev- ständniß, und dies hieß ihm zugleich zur Beistimmung, zwang: #0 war dagegen sein Einfluß auf Herbart der entgegengesehßte ; denn je mehr sich dieser in Fichte’s Speculation vertieste, um sto fester ward ihm die Ueberzeugung, daß das Jch nicht das Absolute sey , welches die Welt, das Nicht-ich aus sich produzire, sondern vielmehr „von tagu- sendfältigen Bedingungen umwickelt/-/ und nur aus ihnen begreiflich. Eine Hauslehrerstelle in der Schweiz, welche Herbart nach seinen Studienfahren annahm , brachte ihn in eine Bekanntschaft mit Pe- stalozzi, welche zu ciner seiner frühesten literarischen Arbeiten „„Pe- stalozzi’s A B C der Anschauung// den nächsten Anlaß gab, ohne den Fnhalt und Charakter dieser interessanten Schrift wesentlich zu bestimmen, Nach Deutschland zurückgekehrt, hielt ex seit 1802 phi- losophische Vorlesungen au der Göttinger Universität und ward 1805 daselbst zum außerordentlichen Professor ernannt, Fm F. 1809 folgte er cinem Rufe als ordentlicher Professor an der Univer- sität zu Königsberg. Was er dieser Universität während der vierund- zwanzig Fahre seiner Lehrthätigkeit war, das bewahren alle dicieni gen in dankbarer Erinnerung, welche, blos als Zuhörer in seinen Kol- legien, oder in näherer Beztehung zu ihm, besonders durch seine pä- dagogischen Uebungen, seine philosophische Anregung erfuhren ; zugleich aber lebt_in allen gebildeten Kreisen der Stadt das Bild des Man- nes, dessen vielseitige Bildung den Gelehrten vergessen ließ, und dessen großartige Persönlichkeit , wo sie Hochachtung gebot , zugleich Liebe einflôßte, Der Wunsch Herbart’s, nah Hegel’s Tode an cinen Plaß gestellt zu werden, der thm eine ausgebreitetere Wirksamkeit zu fichern schien, ging nicht in Erfüllung. Fm F. 1833 folgte ex dem Mufe als ordentlicher Professor und Hofrath nach Göttingen, Hier wirfte ex in unermüdeter, durch das Alter nicht geschwächter Thä tigkeit als Lehrer und Schriftsteller bis in die leßten Fahre, ja bis in die leßten Tage seines Lebens. Anfälle von Podagra, von welchem er im leßten Fahre dfters zu leiden hatte, brachten darin feine we- sentliche Stdrung, und die Nüstigkeit seiner äußeren Erscheinung täuschte selbst näher Befreundete mît falschen Hoffnungen. Er selbs hatte in der leßten Zeit die bestimmte Ahnung seines nahen Todes und sprach dabei gegen cinen nahen Freund nur den Wunsch aus, daß es ihm vergönnt seyn möge, eine psychologische Untersuchung, die ihn eben beschäftigte und zu der er sich vorzüglich berufen glaube, abschließen zu können. Noch am 11. August las er seine Kollegien mit der edlen, kraftvellen Bewegsamkeit, welche setne Schüler an thm gewohnt waren; in der folgenden Nacht traf ihn ein Anfall von Stickfluß , der, nach scheindarer Genesung am 14ten des Morgens wiederholt , sein Leben endete.

, Wollte man diese einfachen Umrisse von Herbart's äußerem Leben weiter im Einzelnen ausführen, wollte man noch die ausgebreiteten Studien hinzufügen , welche exr den Philosophen aller Zeiten, beson- ders denen des Alterthums und der leßten Fahrhunderte, der natur- wissenschaftlichen Forschung , der Mathematik in ihrem ganzen Um- fange widmete, man würde damit nur den Umfang des Gebietes, den Reichthum des Stoffes bezeichnen können, welchen er beherrschte ; die Eigenthümlichkeit des Gepräges, welches er jedem Stoffe gab, bleibt, daraus unbegriffen , die selbstständig frete That seines philoso- phischen Geistes. Und in diesem eigenthümlichen Gepräge is bei Herbart während einer vierzigiährigen schriftstellerishen Laufbahn kein Wechsel zu bemerken; so wenig irgend eine seiner Schriften mit einer anderen so zusammenstimmt , daß ste dieselbe erseßen oder durch fie entbehrlich werden könnte, so sind es doch dieselben Grund-Fdeen, welche alle seine Schriften, selbs die in weiteren Abständen von ein- ander entfernten , durchdringen. Schon scine frühesten Schriften, einerseits praktischen Fnhalts (Allgem. prakt. Philosophie 1808. Allgem. Pädagogik 1806 u. a.), andererseits theoretischen (Ueber philosophi- sches Studium 1807, Hauptpunkte der Metaphysik 1808. Einleitung in die Philosophie 1813, 4te Aas 1837, 1 a), enthalten eine zwar

edrättgte , aber vollständige Darstellung der Grundzüge seines philo- ophischen Systems, und in der Ueberzeugung, die Einsicht in das Wesen seiner Speculation und die unbefangene Prüfung dem gründ- lichen Forscher damit eröffnet zu haben, wendete Herbart dann alle seine geistige Kraft auf die Ausbildung der Psychologie. Aber „die \chône/ charaktervolle Sprache// in den praktischen Schriften, welche Jean Paul einmal rühmt, schien den meisten Lesern die Schärfe der darin herrschenden Begriffe zu verdecken, Und die Gedrungenheit der Gedanken in dem wichtigsten Werke der zweiten Reihe, den meta- physischen Hauptpunkten , brachte mehr Mißdeutungen als Verständ- niß hervor, Herbart’s Philosophie blieb großentheils unver-

standen oder unbemerkt. Erst als er in dex ¿„Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik. 1824 2 Bde.// das Werk seines Lebens dem Publikum Übergab und bald darauf die ausführliche Darstellung der Meta- physif nebst den Anfängen der Natur-Philosophie folgen ließ (1828 2 Bde.)/ erdffnete er sich ein Verständniß auch in weiteren Kreisen, worauf gestüßt er in seinen folgenden Schriften einzelne Seiten der Philosophie einer weiteren Ausbildung zuführte. Und wenn scitdem auch andere Denker bemüht waren, selbsisiändig die von Herbart aufgestellten Prinzipien zu entwickeln, so hat man nicht mit Unrecht zuweilen von einer Herbartschen Schule gesprochen. Es if hier nicht der Ort, den Reichthum und die Vielseitigkeit von Herbart's literarischer Thätigkeit auch nux andeutend zu bezeihnen. Schon der flüchtigste Blick darauf würde uns nicht nur die Energie des Geistes zeigen, mit welcher er ein halbes Fahrhundert hindurch, unbefümmert darum, was auf das Zeitalter Eindruck machen und seinen Beifall gewinnen könne, der Erforshung der reinen, über allen Wechsel der Zeit erhabenen Wahrheit sich hingab, sondern eben so sehr ein künstlerisches Talent der Darstellung, wie es sich mit dem philosophischen Genie selten vereinigt findet, Herbart besaß in der mündlichen Rede, im zusammenhängenden Vortrage wie im Gespräche, eine Gewalt des Gedankens Über die Sprache, welche bewältigend wirkte, ehe sie erhob, Fn seinen Schriften bekundet sich diese Herrschaft zunächst in der Mannigfaltigkeit der Darstellung ; denn von der gedrungenen Kernsprache der metaphysischen Haupt-= punfte bis zum Tone des anmuthigen Gespräches, in welchen Jro- nie und Humor leicht eingehen, oder der erhobenen Rede, welche Ueberzeugung fordert und erzwingt, werden alle Formen dex Dar- stellung durchlaufen, deren die Prosa im wissenschaftlichen Gebrauche fähig scheint, Feder Gedankenkreis findet wie von selbst die ihm eigenthümliche Darstellungsform, und alle Kunst der Sprache dient wieder nur der Sache, der Darstellung ciner Gedankenwelt, deren willkürliche Feststellung seines Lebens Werk und Tugend war. Ein Bild dieser Gedankenwelt, eine Skizze des philosophischen Systems würde erst die geistige Gestalt des Denkers uns vor Augen stellen. Wir müssen uns dies hier versagen und können nur die Stellung- in welcher Herbart’s Philosophie zu der gesammten philosophischen Entwickelung der neueren Zeit steht, nah ein paar Hauptgesichts- punkten im Allgemeinen bezeichnen.

Kant spricht einmal den Gedanken aus, die Philosophie sey bis- her von der Vorausseßung ausgegangen, unsere Erkenntniß müsse sich nach den Gegenständen richten, doch habe sie auf diesem Wege zu keinem wesentlichen Fortschritte gelangen können. „Man ver- suche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Meta- physik damit besser fortkommen können, daß wir annehmen, die Gegenstände müssen sih nach unserer Erkenntniß rih- ten.// Kants eigene philosophische Richtung is in diesen Wor- ten nux uneigentlich und halbwahr bezeichnet, aber es ist, als habe der Ausspruch eine prophetische Wahrheit gewinnen sol- len. Denn Fichte's Fdealismus, Schelling’s Fdentitäts-Philosovhie, Hegel’s absolute Dialeftik, in ununterbrochener Folge und in steter Steigerung und Schärfung des Gedankens einander fortseßend, verfolgen den hier bezeichneten Weg bis dahin, wo die nothwendi- gen Momente des Denkens zugleich die des Seyns selbst, die Dia- lektik des Denkens die immanente Dialeftik der Sache is, Fn man- nigfachen Modificationen schließen sh den genannten drei Heroen der neueren Philosophie fast Alle an, welche auf diesem Gebiete mit einiger Bedeutung aufgetreten sind, Herbart's Philosophie bildet zu dieser gesammten Richtung den entschiedensten Gegensaß; sie kann keiner ihrer einzelnen Erscheinungen untergeordnet werden, sie läßt mit keine, selbst mit der Kantischen nicht, eine wesentliche Vergleichung zu. Denn wo es sich um die Erkenntniß dessen han- delt, was if, is die Erfahrung, welche uns gegeben und an deren

Auffassung wir gebunden sind, für Herbart die einzige sichere Grund- lage, und der Gedanke, aus dem reinen Denken zum Seyn zu ge- langen, is aus dem Bereiche seiner Speculation verbannt. Die Erfahrung ist ihm aber nur die Basis der Erkenntniß, nicht selbst schon Erkenntniß, denn ihre Auffassung führt auf widersprechende Begriffe, welche cinen Fortschritt im Denken verlangen, um richtig, d, h, widerspruchslos denkbar zu werden. Die zugleich widersprechenden und durch die Erfahrung gegebenen Begriffe sind für die Herbartsche Metaphysik die Probleme, welche ein nothwendiges Fortschreiten des Denkens über die Erfahrung hinaus motiviren. Der Widerspruch in den Begriffen is daher ein eben so bedeutendes Moment in dexr Herbartschen, wie in der Hegelschen Spe- culation; aber die verschiedene Stellung zu demselben charak- terisirt am leichtesten den Gegensaß der beiden Systeme. Bei Hegel is der Widerspruch in die Sache selbst verlegt, und dem dia- leftischenDenken is es wesentlich, daß es den Widerspruch festhalte ; Herbart dagegen sicht im Widerspruche nur eine unvollendete Re-= flexion Über die Erfahrung, welche noch die Ergänzungen suchen muß, durch die jene Erfahrungsbegriffe widerspruchslos denkbar werden, Heraklit und Parmenides scheinen in ihrer alten Größe, erfüllt mit der gesammten neueren philosophischen Bildung, aufer- standen zu seyn. Hegel verwickelte die Knoten immer fester, welche Herbart zu lösen bemüht ist; Hegel’s Resultate sind Herbart’s Pro- bleme. Dasselbe Ueberschreiten der Erfahrung, welches {hon im gewöhnlichen Denken vorkommt, wenn man zu der an sïch undenk-= baren Veränderung die Ursache vorausseßt, welche doch als solche niemals Gegenstand der Erfahrung is, dasselbe Ueberschreiten, aber mit methodischer Nothwendigkeit, hat bei Herbart die Meta- poysif durchzuführen, um zu den Vorausseßungen zu gelangen, durch welche die Erfahrung begreiflich wird, und so „die Erfahrung mit sich selbsi zu versöhnen,// Am ausführlichsten hat Herbart in die- sem Sinne die Psychologie bearbeitet. Die Thatsache der inneren Erfahrung, daß uns das Selbstbewußtseyn als Fdentität des Sub- jekts und Obijekts gegeben ist, als Fdentität also dessen, was nur im Gegensaße zu einander seine Bedeutung hat eine Thatsache, welche Fichte zuerst mit der ganzen Schärfe seines Geistes heraus= stellte und mit geniagler Kühnheit zum Prinzipe seines Systemes er- hob führt in nothwendigem Gedankengange zu den Voraus- seßungen, unter welchen die Entstehung solcher Fdentität denkbar wird. Der Charakter der Psychologie wird damit wesentlich umge- staltet ; denn wenn diese Wissenschaft von Aristoteles bis auf unsere Zeit allgemeine Klassenbegrife der Seelenerscheinungen, wie Verstand, Vernunft, Gefühl u. a. als reale Kräfte der Seele bald ofen, bald verdeckter, bald als neben einander bestehend, bald als Entwickelungen gus einander, darstellt, so führt dagegen Herbart's E Theorie auf die einzelnen, individuellen Zustände dey Seele, die einfachen Empfindungen und Vorstellungen zurü, welche erst durch ihren Gegensaß in der Einheit der Seele zu Kräf- ten werden und durch die mannigfaltigsten Verhältnisse der ge- genseitigen Hemmung und Verschmelzung den ganzen Reichthum der bade Phânomene von den einfachsten Anfängen bis zu th- rer hôchsten Spiße im Selbsibewußtseyn erzeugen. Da die indivi- duellent Vorstellungen ihrer Jntensität nach eine Größenvergleichung schon erfahrungsmäßig zulassen, so ist hiermit der hypothetischen Anwendung der Mathematik der Zugang eröffnet, wodurch den ge- fundenen Geseßen mit leihterer Beweglichkeit zugleich hbhere Be- stimmtheit gegeben wird. Die Großartigkeit des Gedankens, der Naturlehre der Seele dasselbe Mittel wisscnschaftlicher Schäute 0s eben, durch welches die Erkenntniß der gesammten Natur erstarkt is, die Ausdauer in dessen Ausführung und die dadurh gewonmtene überraschende Einsicht in die gewöhnlichsten und darum wichtigsten Seelenerscheinungen; dies Alles sollte dahin führen, nicht , es bisher mannigfach geschehen is, das Bequeme und Gelegene aus dem Zusammenhange herausgerissen zu entlehnen und sich anzueig- nen, sondern die Theorie im Ganzen und Einzelnen zu prüfen, um sie, wenn ihre Grundlage fest ruht, in ihrer En elung weiter zu führen, Herbart, der von den Jahren seines akademischen Stu-