1841 / 255 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

„Das Wesen und die Behandluug der Astatischen Cholera, oder wis. senschaftliche Lösung der Cholera-Fragen :c./ die goldene Huldigungs- Medaille, beglettet von einem buldvollen Königlichen Handschreiben, zu Übersenden geruht,

Zur Literatur der Neformations-Geschichte.

Moris, Herzog und Churfürst zu Sachsen. Eine Dar- stellung aus dem Zeitalter der Reformation von Dr, F. A. von Langenn. 2 Bände. Leipzig 1841,

Vor kurzem machte Ref. (Vgl. St. Z. Nr. 201. Beil.) auf den großen Reichthum neuerer literarischer Erscheinungen aufdem Gebiete der Refor- mations-Geschichte aufmerksam, und schon sind ihm wieder mehrere neuere Werke zugegangen, von denen eines bereits von anderer Seite angezeigt ist, die jene Behauptung bestätigen, und aufs neue deut- lich Zeugniß dafür ablegen, daß sich eine ungemeine Regsamkeit gei- tiger Kräfte auf diesem Gebiete bethätigt. Da derartige Bestrebun- gen jeßt mit einer schr anerkennenswerthen Liberalität von den Deut schen Regierungen durch die Erdfnung archivalischer Quellen unter stüßt werden, so sieht zu erwarten, daß die Reformations-Periode vielleicht die wichtigste der Deutschen Geschichte für die allgemeine Entwickelung bald in dem klarsten Lichte und vollkommener Durch- sichtigkeit dastehen wird. Bringt es die Geschichtsschreibung unserer Tage wirklich zu solchem Resultat, so wird sie damit ein fostbares Vermächtniß noch den spätesten Zeiten hinterlassen.

Ein bedeutender Beitrag zur Lösung dieser Aufgabe is das in der Ueberschrift genannte Werk, dessen erster Theil die vollständige Darstellung der Lebensschicksale und der äußeren Wirksamkcit des Churfürsten Moritz enthält; während der zweite Band die Thätigkeit desselben in der Verwaltung der Sächsischen Länder behandelt und die wichtigsten Archivs-Notizen mittheilt, aus denen der Verfasser {hdpfte.

Schon die Person des Verfassers, der in eigenthümlichen Ver- hältnissen die Erziehung eines dem Albertinischen Hause angehöbrigen Königlichen Prinzen, an den sich viele und {dne Hoffnungen knüpfen, leitet, fesselt uns an dieses Werk, noch mehr aber die eht Deutsche Gesinnung, die sich durchweg in demselben ausspricht. Für den Ge shichtsforscher wird es siets einen großen Werth behalten durch das schr reichhaltige, fast durchaus neue Material die freteste Benutzung des Königlich Sächsischen Haupt-Staats-Archivs war dem Verfasser vergönnt und die fleißige, gewissenhafte Benußung desselben.

Man wird die vorliegende Schrift, wir erwarten es, als einen Panegyrifkus des Kurfürsten Moriß anschen. Und allerdings blickt der Verf. auf den Fürsten, der in Freibergs Mauern als Knabe weilte, den , als er in voller Manneskraft wirkte, die Gruft im Dom der Bergstadt aufnahm, dessen Name aber alle Theile des gebildeten Europa durchfiog, mit dem gerechten Stolze eines leb- haften Patriotismus hin, auch sieht er in ihm den Retter und Er- halter des Protestantismus und der Deutschen Selbstständigfkeit, einen außerordentlichen, bewunderungswürdigen Mann , was felbst Fohann Friedrich, der wahrlich wenig Ursache hatte, seinem Vetter zu \hmeicheln, nicht leugnen mochte. Aber man würde doch die Absicht des Verf. schr verkennen, wenn man sie darin suchte, er habe cine Lobrede seines Helden schreiben wollen. Nichts liegt thm ferner, und man muß ihm im Gegentheil Vorsicht und Behutsam- feit des Urtheils im hohen Grade nachrühmen; man muß es freu dig anerkennen, daß er den Maßstab des strengen Rechts nie außer Acht gelassen hat. Der Verf. hütet sich wohl, das Bild seines Hel- den zum Fdeal zu erheben, und Mgriß Eigenschaften beizumessen, die ihm fremd wgren; doch nicht dies allein, exr nimmt feinen An-

stand, das Verfahren desselben in einzelnen Fällen, namentlich bet |

den Verhandlungen und dem Abschlusse des Bündnisses mit Frank- reich i. F. 1551, vom moralischen Gesichtspunkt entschieden zu ta- deln; er spricht es selbs deutlich aus, daß Moriß den durch und durch flaren Nachruhm auf das Spiel gescßt habe. Der Verf. be- \chdnigt und verschweigt nichts, er spricht nach seiner vollen Ueber- zeugung: sein Werk is eine Defension im besten Sinne des Worts, geführt mit den erlaubtesten Mitteln. Wir glauben, daß ihm seine Verthcidigung gelungen ist, daß Niemand, gegen dessen hartes Ur- theil er Moriß zu wahren hatte, die Schrift aus den Händen le- en wird, ohne eine andere und irren wir nicht günstigere öln cht von diesem Fürsten gewonnen zu haben. “Die leßlen Zwecke , die Moriß nie aus den Augen verloren hakt, díe sein Thut und Handeln in fedem Moment leitelen wir Éôn

nen jeßt nach seinen eigenen Aeußerungen tn den vertrautesten Brie

fen aus den verschtedenen Perioden seittes Lebens urtheilen waren keine anderen, als in politischer Bezichung zunächjt die Integrität setnes

Landes und die Wúrde seines Fürstenthums zu wahren, dant aber die |

Einigkeit der Deutschen Natton zu fördecn und die K râfte derselben gegen den Erbfeind, die Türken, zu richten, gegen die er im Anfang seiner Re- gierung selbst muthig gekämpft hat, und deren Vernichtung ihm stets als das herrlichste Ziel nattonaler Bestrebungen vorshwebte; in reltg Der Bezichung dagegen die Sache des Protestantismus zu s{hühßen und zu vertheidigen; er ist ihr, wenn auch nicht dem streng lutheri- schen Lehrbegrif zugethan, doch in keinem Augenblick seines viel- bewegten Lebens im Herzen untreu geworden. Lange Zeit glaubte er bei der Verfolgung dieser Zwecke die religiòdsen Angelegenheiten von den Profansachen trennen zu können: es war dies etn Frrthum, tber den er durch s{hmerzliche Erfahrungen belchrt wurde, und von dem er sich in den leßten Fahren seines Lebens losgerissen hat. Zur Erreichung dieser Zwecke wandte er jene glänzenden Eigenschaften an, die ihm Mitwelt und Nachwelt einstimmig zuerfannt haben: uner- \cdpfliche Thatkraft und eine alle Verhältnisse durchschauende Klugheit. Die eigenthümliche Geltung und Berechtigung lehterer tin Zeiten gleich denen - die Moriß sah, bezeichnet der Verf. in den schönen orten: „Wenn die Zeit über alte Formen mächtig emporsteigt, da is neben dem, was über den Stürmen der Jahrhunderte steht/ aucl das vorhanden, woran die Klugheit sich übt, ja es muß diese zuleßt oft dem Dauernden helfen die Stätte bereiten“

a, Moriß half das Dauernde begründen, aber freilich glaubte ex dgvet nicht immer seinen Fuß auf längst betretene Pfade seßeit zu können, wiederbolentlic betrat er sehr gefahrvolle und {lüpfrige Wege, Und wohl mochte ev es selbst als eine besondere Gunst des Himmels ansehen / daß er zuleßt doch noch an ein Ziel gelangte, an dem wenigstens maticher Wunsch erfüllt, wenn auch nicht jede Hoffnung erreicht wurde, Zweimal vornehmlich kam er durch den Drang der Umsiände und das Zusammentreffen mit wider- firebenden Persbnlichkeiten in jene traurige Lage, „wo von zwet gewissen Uebeln eines ergriffen werden muß, wo sich das Herz nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten ‘/; jedermann denkt hierbei an die Vorgänge guf der Lochauer Haide und an der Chrenberger Klause. Wer möchte es leugnen, daß er hier wie dort manche Rücksichten verleßt hat, daß er nicht in dem reinen Lichte eines großen Helden dasicht? Aver andererseits sind die innersten Motive, die in diesen Ereignissen sein Handeln bestimmten, oft zu roenig erwogen , und deshalb manche ungerechte Vorwürfe guf ihn gehäuft worden. : i

Die Stellung, die Moriß, dem Kaiser gegenüber, im Fahre 41552 einnahm, war dem Jnteresse des Vaterlandes und der prote- siantishen Sache freilich zu günstig und förderlich , als daß sie be- sonderer Rechtfertigung von Seiten unseres Verf, bedurft hätte. Ron cigentlichem Jnteresse ist es dagegen, demselhen zu folgen, wo er die Verhältnisse vor und während des Schmalkaldischen Krieges darstellt, da Moriß sich gerade hier in der bedenklichsten Stellung befand, in der er von Mit- und Nachwelt den härtesten Tadel er- fahren mußte. Auf die Angaben des Verfassers gesilißt, wollen wir in taen 4 Da RtOs Lage des Herzogs unseren Lesern zu verge-

värtigen suchen. gen von Anfang seiner Regierung an lebte der Herzog mit scinem Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrih, in Zwiespalt und Unfriede. Verschiedenheit der Fahre nnd der Charaktere , die unglúickliche Vertheilun der Sächsischen Territorien, das nahe RBerhältniß des jungen Fürsten zu seinem Schwiegervater Philipp essen alles dies hatte zu Retbungen, selbst schon zum offenen

Ss der Fehde geführt, und man fann schwerlich den größeren

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Theil der Schuld gerade Moriß beimessen. Dieser hatte sih bald vondem SchmalkaldischenBunde, in dem er doch wegen sciner Jugend nur eine untergeordnete Rolle hâtte spielen können, losgesagt, und sich enger an das Haus Oesterreich angeschlossen. Scin Verlangen, fich zuerst im Kriege persönliche Geltung zu verschaffen, wurde so befriedigt, und zugleich erdffnete sich ihm die Aussicht, die Stifter Merseburg und Meißen, vielleicht auch Magdeburg und Halberstadt, deren unabhängige Existenz schr zweifelhaft sevn mußte, seinem Ge= biete einzuverleiben. Moriß lag im Fahre 1542 gegen die Türken, 1543 gegen Frankreich zu Felde. Fn den Braunschweigischen Hän- deln im Jahre 1545 behauptete er cine freie, mehr vermittelnde Stellung. Umsons suchte ihn Philirp von Hessen in der Zeit , wo die Zerrourfnisse zwischen dem Kaiser und den Schmalkaldischen Bundesgenossen immer stärker wurden, vom Kaiser zu trennen, und zu ciner näheren Vereinigung mit dem Kurfürsten und ihm selbst u bewegen; der Plan scheiterte an der Hartnäckigkeit Johann Friedrichs, doch findet Ref. auch faum bei Moriß die Bereitwillig- keit, die thm der Verfasser beimißt. Das Verhältniß, was der Herzog bisher zum Kaiser gehabt hatte, war in politischer und re- ligidser Beziehung noch so unbedenklich, daß Philipp selbsi nichts Arges darin sah. Anders aber gestalteten sich die Dinge, als sich im Fahre 1546 auf dem Reichstage zu Regensburg jenes Krieges- wetter gegen die Schmalkaldischen Bundesgenossen zusammenzog, das dem Protestantismus selbs den Untergang zu drohen schien, und Moriß gerade in diesem Augenblick in ein näheres Dienstver- hâltniß zum Kaiser trat, indem er für die Verleihung der Schußz- und Schirmgerechtigkcit Úber Magdeburg und Halberstadt scine Un- terstúßung bet dem bevorstehenden Kriege zusagte.

Ueber die Verhandlungen, die am 20, Juni persönlich zwischeit dem Kaiser, König Ferdinand und Moriß stattfanden, giebt uns der Verf. neue, schr interessante Nachrichten; aus denselben scheint uns aber hervorzugehen, daß Moriß keinesweges so im Unklaren über die Absichten des Kaisers und die möglichen Folgen seines Schrittes war, wie der Verf. meint. Es konnte diesem so scharfsinnigen FúÚrsten unmdglich entgehen, daß er gegen Fohann Friedrich vorzugsweise be- nußt werden sollte, und es waren nach unserer Meinung allerdings mehr die Länder Fohann Friedrichs und die Kur, als die genannten Stifter, welche ihn zum Abschluß dieses Dienst-Verhältnisses bewogen, wenn ibm auch auf jene noch keine bestimmte Aussicht erdfnet wurde. Die Furcht, daß die schönsten Theile des Sächsischen Landes seinem Hause, im Fall einer Acht- Vollstreckung, entzogen und von den Habsburgern genommen werden könnten beschäftigte ihn vielfach; nur um einem solchen Verluste für das Haus Sachsen vorzubeugen, that er wohl jenen verzweifelten Schritt, der mindestens nur durch dieses Motiv entschuldigt werden kann. Jn Betreff der Religion suchte sich Moriz so sicher zu stellen, wie möglich, doch war er selbs in diesem Punkt, E aus den Verhandlungen hervorgeht , nicht frei von Bedenklich eiten.

Nichts zeigt übrigens deutlicher, wte wenig Moriß eigentlich für scine Person nach den Kurfürstlichen Ländern srebte, und wie er ste nur dem Sächsischen Hause erhalten wollte, als sein Verhalten wäh- rend der Ereignisse im weiteren Verlaufe des Jahres. Wie würde er sh sonst tn Gemeinschaft mit Foachim von Brandenburg noch so angelegentlich um eine Aussöhnung der streitenden Parteien bemüht haben? Wie wúrde er sonst die Vollstreckung der Acht, die ihm schon am 1. August übertragen wav, bis gegen das Ende des Oktobers hin- ausgeschoben und immer aufs neue Unterhandlungen angeknüpft ha- ben? Jn der That, erst als Ferdinand selbst die Länder des Geäch- teten angreifen wollte, schloß er ienen Vertrag (14. Oftober) ab, wo nach ex binnen 6 Tagen, nachdem Ferdinand seine Gränzen Über \chritten hätte, selbst die Kurfürsilichen Länder anzugreifen versprach. Als Ferdinand am 22. Oktober das Gebiet Fohann Fciedrich's betrat, da zdgerte er nun guch nicht länger, obwohl er sich immer noch die Aussicht auf einen gütlichen Vergleich offen ließ. Schon am 27. Of tober wurde ihm die Kur mit den dazu gehdrigen Ländern und WÜr- den übertragen, und doch nahm er noch bis zum Schluß des Fahres Anstand, den Revers zu unterschreiben und den Kurfürstlichen Titel anzunehmen. Erst als Fohann Friedrich Moritz selbs angriff, und dieser dadurch in die ädußecste Bedrängniß gerieth, verschwand jede Aussicht auf eine gütliche Beilegung der Sache, die gegenseitige Er- bitterung wuchs3 tin jedem Augenblicke, und Alles hing nun von der Entschcidung der Waffen ab. Rasch folgten sich die Ereignisse, die Moriß selbst jeßt nicht mehr wenden konnte.

Man sicht, daß Moriß doch wesentlich durch das Fnteresse seines

Hauses zu jener näheren Vereinigung mit dem Katser veranlaßt wurde.

Aber giebt man dies auch zu und steht darin einen nicht unerhebli- hen Grund zu setner Entschuldigung, so bleibt doch unleugbar, daß er durch scin Verfahren das schwere Unglück der Schmalkaldischen Bun- desgenossen nicht zum kleinsten Thetle verursacht hat , daß der Aus- gang jenes traurigen Kampfes ihm wesentlich mit zur Last fällt, und daß es wah?lich nicht ihm beizumessen if, wenn der Protestantismus damals nicht den Todesstreich empfing. Von aller Schuld wird thn hier die Geschichte nie reinigen können, auch der Verf. bezweckt dies wohl nicht.

Wir fönnen dem Verf. in seiner Darstellung der großartigen politischen Wirksamkeit des Churfürsten Moriß hier nicht weiter be- gleiten. Was dieser Fürst für die Sache des Deutschen Vaterlandes und des Protestantismus in den leßten Fahren seines zu früh ge- \{lossenen Lebens gethan hat, is ja überdies , so viel neue Beleh rungen hier auch îim Einzelnen geboten werden, im Ganzen und Großen befannt genug. Einen ganz neuen Stoff behandelt der Verf. dagegen in dem sv eben erschienenen zweiten Bande seines Werkes, wo er uns Morißens friedliches Wirken in der Regierung der Säch- fischen Länder und das Leben an seinem Hofe vor Augen führt, Er behandelt hier: A. die staatsrechtlichen Verhältnisse, namentlich die Stellung, die Moriß zu scinen Ständen hatte; B. die mannigfachen Einrichtungen, die fich guf die Verwaltung tim Ganzen oder ein- zelne Theile derselben bezogen; C, die Anordnungen im Heer- und Kricgswesen; D. die Umgestaltung der kirchlichen Verhältnisse durch die Reformation und die durch dieselbe veranlaßte Förderung gelechr- ter Anstalten ; L. das Leben am Hofe des Churfürsten. Von beson- derer Erheblichkeit sind die unter A, B und D dargestellten Gegen- stände.

Es muß in Verwunderung seßen, das Moriß bei unausgeseßter politischen Thätigkeit, die ihn häufig zu längerer Entfernung von seinem Lande nöthigte, sich doch den eigentlichen Regierungs - Ge- schäften mit ungewöhnlicher Theilnahme hingab; noch mchr, daß er unter solchen Umständen und während einer kurzen Regierung man- nichfache Reformen in den inneren Angelegenheiten des Landes durch- seßte, und selbs, wo er Dauerndes nicht mehr begründen konnte, noch scinem Nachfolger den Weg bezeichnete, den ev zu verfolgen haite.

Ln staatsrechtlicher Beziehung hielt natürlich auch Moriß, wie alle Fürsten tener Zeit, an der Forderung cines geschlossenen Territo- ums fest; aber wenige haben diese mit solchem Glücke durchzuseßen vermocht, wie er, der die größeren Fnsassen scines Landes und die Stifter von der unmittelbaren Verbindung mit dem Reiche so weit zu trennen vermochte, daß setne Nachfolger bald nach dem Re- gierungsantritte es als einen Vorzug setnes Fürstenthums vor ande- ren des Deutschen Reiches bezeichnen konnte, daß in demselben „nicht allein Grafschaften und Herrschaften, sondern auch Bisthümer und andere Stifter bezirkt und begriffen seyen. ‘/ Moriß gestand übrigens diesen und den Slädten als Landständen durchaus die auf Herkom men und Recht beruhende Einwirkung auf manche Regierungs - Ver- hältnisse, namentlich auf die Besteuerung , zu, und es wird aus vîe-

en Len flar, daß er in dem ständischen Wesen mehr als eine leere Form fah, _, Die Abhängigkeit der firchlihen Fnstitute Sachsens von dem Fürsien , die gus der Schuß- und Schirmgerechtigkeit derselben her- geleitet vourde, gewann cine große Bedeutung, als bei der Aufldsung des alten Kirchenwesens die reiche Verlassenschaft der Stifter an den Fürsten kam. Schon vor dem Regierungsantritt des Herzogs Mo- | riß war von einer Sequestration dec Kloflergüter die Rede gewesen, doch kam sie ers unter ihm vollständig zur Ausführung; zur Säcu-

| Zwecken.

larisation der Bisthúmer brachle es dagegen erst Churfúrst August Moriß hat für seine Person durch die geistlichen Güter nichts gewonnen, und dieß auch nie beabsichtigt ; er hat vielmehr nach der Angabe des Verf. es nie unterlassen den Verkauf derselben und die Bestimmung der geldsten Gelder den Ständen anzuzeigen, und nur in schr seltenen Fällen sie anders verwendet, als zum Unterhalt der Kirche und wissenschaftlichen An- sialten, zur Unterstüßung armer Studirender und ähnlichen milden weden Die Univerfität zu Leipzig wurde aus diesen Mitteln auf das freigebigste ausgestattet , und erfuhr eine durchgreifende Reform Aus diesen Mitteln wurden ferner die berühmten Fürstenschulen ¿u Pforta , Meißen und Grimma gestiftet, und ihnen jene Organisation gegeben , durch welche sie lange den ersten Play unter den gelehrten Schulen Deutschlands einnahmen, und Vorbild und Maßstab für ähnliche Anstalten wurden. Die wissenschaftliche Bedeutung, die Sachsen sich bis auf den heutigen Tag bewahrt hat, beruht auf den Schöpfungen des Herzogs Moriß, und bestätigt ‘am besten, was der Verf. von diesem rühmt, „er habe großartig und praftish den Sinn der durch die Reformation entschleierien Strebungen, Standpunkte und Forderungen aufgefaßt, und edler Bildung für Kirche und Wis- senschaft die Waffen gerüstet. // 5 / M

Als organische Einrichtungen, welche Moriß für die Verwaltung des Landes im ganzen traf, hebt der Verfasser hervor: die Einrich, tung des Hofraths, die Anstellung eines ersten Ministers, die Grund- legung eines Stadtraths und die Kreiseintheilung. Die hd{s sorg- fältige Darstellung dieser Gegenstände in der vorliegenden Schrift zeigt zugleich auch, wie Moriß für die einzelnen Zweige der Verwal- tung mit großer Umficht sorgte, namentlich für das Forstwesen, die Weinkultur, den Bergbau und die Handels-Fnteressen Leipzigs, und auch hier mit scharfem Blick das erkannte, was zur Wohlfahrt Sach= sens erforderlich war. :

Es bleibt uns nur_noch ein Wort über die Darstellungsweise des Verf. zu sagen. Sie trägt weniger jenen mehr dramatischen Charafter, den man in neuester Zeit mit vielem Glúck wieder dev Geschichtsschreibung gegeben hat, und der sich vorzüglich in charfer Charafkterisirung der Personen und in steter Beziehung derselben ante die eine große Fdee, welche in den einzelnen Eceignissen sich enthüllt. ausspricht; der Verf. liebt mehr jene epische Ruhe, die sih bei den einzelnen Momenten aufhält, und die handelnden Personen nicht un- mittelbar, sondern durch den Erzähler vermittelt dem Leser vor Augen führt. Der Styl if klar und präcis, doch nicht gerade reih an neuen, die Aufmerksamkeit fesselnden Wendungen. Wo es der Gegen- stand erlaubt, liegt in der Darstellung bet aller Einfachheit doch eine eigenthümliche Wärme, z. B. in der Erzählung vom Tode des Churfürsten Moriß, die wir hier, da sie von ganz allgemeinem JFunteresse ist, folgen lassen. Nachdem die Verwundung des Kurfürsten in der Schlacht bei Sievershausen erzählt ist, heißt es:

¡Bald stellten sich die heftigsten Schmerzen ein; Moriß licß sich bald aus dem Bette auf einen Zeltsessel, bald wieder auf das Lager bringen, nichts wollte die Qualen lindern. Nur kurze Zeit hatte er selbs einige Hoffnungen, dann wünschte er sich zu sterben und bat, daß es die Umstehenden vernahmen, „der licbe Gott wolle ihn selig hinnehmen und nicht länger verzichen.// Er ließ sich das Abendmahk unter beiderlei Gestalt reichen und sprah mit dem Prediger Johann Weiß (Albinus) über die hdchsten und wichtigsten Dinge des Men- schen und Christen. L

Aber auch zur Heimath, zur Gemahlin, zur Tochter und dem noch in Dänemark weilenden Bruder trug der sterbende Moriß die Gedanken; der treue Christoph von Carlowiß ward beauftragt, des Fürsten leßten Willen niederzuschreiben: den Herzog August bat er, „sein Gedächtniß in freundbrüderlichem Befchl zu haben, die armen Land und Leute sich treulich befohlen seyn zu lassen.-/ Für das be- reits bestimmte Witthum der Kurfürstin traf Moriß noch einige sichernde Bestimmungen und befahl beide, die Kurfürstin Agnes und das neunjährige „Fräulein-/ Anna dem Schuße des Nachfolgers ; 30,000 Gulden sollte August an die besonders verdiensivollen Diener austheilen. Wegen des zu starken Wildstandes bat Moriß den Bru- der, es „#0 anzustellen, wie es gegen Gott und das Gewissen zu ver- antworten//, und damit die an die Wildbahn gränzenden Betheiligten die bisher „erlittene Beschwerung um so viel desto besser vergessen mdchten//, möchte August 1000 Gulden unter sie vertheilen. „Das Ringlein//, sprach der Sterbende, „„\o wir an der Hand tragen, soll er (August) unserem lieben Gemahl wieder zustellen und soll dane- ben sagen, daß wir fie freundlich gesegnen lassen in trdstllicher Hof- nung, daß wir mit der Zeit nah Gottes gnädiger Verleihung itr jener Welt wieder einander schen wollen.-/ Mit fester Hand unter: zeichnete Moriß diese Bestimmungen „„noch vor Aufgang der Sonne.

Als die Sonne des zweiten Tages nach der Verroundung aufge gangen war, hatte Moriß sich wieder aus dem Bette heben lassen und ruhte auf dem Sessel; da verlangte er pldglich zu liegen, hob die Hände zum Himmel und sprach mit matter Stimme: ¡¡Allmächtiger Gott, ich bitte dih, du wollest mir um Christi willen alle Sünden vergeben, die ich wider dich oder die Menschen gethan, ih verzcihe allen meinen Feinden und mir Widerwärtigen von Grund meines Herzens und gänzlich.// Während man beschäftigt war, ihn aufs Bett zu bringen, sprach er im Vorgefühle des nahen erwünschten Todes: „Gott wird kommen//, und ehe man noch die Decke völlig Úber ihn gebreitet, war er mit einem Seufzer verschieden. „Also und anderes nicht/‘/, sagt der Augenzeuge, „is es mit der Schlacht und dem Sterben des Kurfürsten zugegangen.“ Nt.

Auswärtige Börsen. Amsterdam, 8. Sept. Niederl. wirkl. Scbuld 51%, Kanz. Bill. 257. Span. 19 7, Passive. —. Präm. Sch. —. Pol. —. Oesterr. 105!

Frankfurt a. M., 9. Sept. e 24% 959 Br, 12 247 Br. Bank-Aot. 1919, 1917. zu 900 FL Ia, 1372. Loose zu 100 FLI. —. do. 4% Aul. 102% G. Poln. Loose 74 G. Holl. 50%. 50%.

Eisenbahn - Actien. St. do. linkes —. München - Augsburg —. Dresden 1005 G. Köln - Aachen 1007 G.

Hamburg, 10, Sept. Bank-Actien 1600 G. Engl. Russ. 108%.

Paris, 7. Sept. 5% Route fin eour. 114. 75. : E B O Neapl. fin cour. 104. 70.

Port. —. Sept. 5% Met. 1077. 49 972,

5% do. 101.

Ausg. —. Zinsl, —. Preuss,.

Vestorr. 5% Met. 1087 G, 47 982; G, Partial - Obl, —., Loose Preuss. Präm. Sch. S0{ G. 5% Span, Aul. 20%, 204. 2% S

rechtes 245 Br,

Germain —, YVersallles Ufer —,

Strassburg - Basel Leipzig-

‘0 35 Rente fin cour.

55 Span. Reute 22%, Passive —.

Aen, 7 , d 89 75. 1% —, Bank-Actien 1580. Aul. de 1834 136. de 1839 109.

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Königliche Schauspiele. Montag, 13. Sept. Jm Schauspielhause: Zum erstenmale : Werner, oder : Herz und Welt, Schauspiel in 5 Abth, von K. Gußkow. Dienstag, 14. Sept. Jm Opernhause : Auf Begehren : Wil- helm Tell, Schauspiel in 5 Abthl, von Schiller, ges

Königsstädtisches Theater.

Montag, 13. Sept, (Italienische Opern-Vorstellung.) Tor- quato Tass0, Opera in 3 Atti, Poesía del Sgr. Giacopo Fer- L Musíca del Maestro Gaetano Donizetti,

ienstag, 14. Sept, Der Talismanu. Posse mit Gesan in 3 Akten, von J. Nestroy. (Dlle. Fischer, vom Stcliakeiten zu Hamburg: Salome, als Gastrolle.)

Nach dem ersten Aft wird Herr Adlmann aus München auf der Alpen-Zitter Variationen von Poisel mit Klavier - Begleitung

und nach dem zweiten Aft Alpen - Lieder eigener Composition vor: tragen.

Verantwortlicher Redacteux Dr. J. W. Zinkeisen. Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei,

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Vreußishe Staats-Zeitung.

I

Snhalt,

Amtliche Nachrichten.

D uns E rankreich. Paris. Die Unte mit L

T aetes Verhältnisse mit Spanien. Das Fourna D bats úber die September - Geseße. Vermischtes. O aus Paris. (Politischer Charakter der Abstimmung der General- Conseils úber die Steuer-Frage.) E A S

Großbritanien und Irland. London. Konferenzen der künf- tigen Botschafter mit Lord Aberdeen. Die Königin als Beschüßzerin der Tonkunst. Lord Brougham

St. Petersburg. Abreise des Kaisers, Die Unterhandlungen mit Belgten. (Be-

über die veralteten Strafgeseßze Englands. Die Times úÚber den neuen Minister des Fnnern. Die Herzogin von Buccleugh übernimmt eine Dber - Hofcharge. RYermischtes. Brief aus London. (Wilkie’'s Denfmal ; Theater ; Literarisches ; die neuc Bdbrse.) A Belgien. Brüssel. Die bevorstehende Kammer -Eröffnung. Fra nzdsish-Belgische Zoll-Verhältnisse. A 4 Dänemark. Kopenhagen. Dampfschifffahrt. Nordische Al- terthümer in Schweden. Deutsche Bundesstaaten.

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München. Ankunft es Generals

Freiherr \ esebeck. [\ erbsi-Mandver. reiherrn von dem Knesebeck. Kassel. Herbsi-Ma! A Sieben aus Frankfurt. (Personal-Nachrichten ; Messe ; Börse.)

Schweiz. Bern. Der leßte Tagsaßungs-Beschluß. Baselland- schaftliche E ee L R:

“talien. Rom. Abreise des Papile: : S : aaten, Amnestie. Befestigung von Cadix. Schreiben aus Madrid. (Die Feier des 1. Septembers; Amnestie; Verseßung

Öffizieren aus Madrid; Vermischtes.) L guland hr c ndbr citsicin. Bohr-Versuche nach warmen Mineral-

quellen.

Duvergier de Hauranne über den Vertrag vom 13, Juli und die ge genwärtige Lage Frankreichs.

Das Fest der Schließung des Grundstein - Gewölbes des Hermans- Denkmals am 8. September auf der Grotenburg. i Ä ° h T dsen’s Museum. Beilage. Dänemark. K openhagen. Thorwald ns , N Deutsche Bundesstaaten. Darm stadt, Jnspizirung des Bundes-Kontingents. Ueber die Erzichung der Armenkinder in England (zweiter Artikel). Wissenschaft, Kunst und Lite-

ratur. Vogel, der Preußische Soldat nach dem Ausmarsche. SMNSE N

Amtliche Uacyrichten.

Kronik des Tages.

Heute wird das 17te Stück der Gesez-Sammlung ausgege- ben, welches enthält: unter 1 Nr. 2193, das Feuer - Societäts- Reglement für das platte Land von Alt-Pommern, und E - 2194, die Verordnung wegen Aufhebung der bisherigen Jm- mobiliar-Feuer-Societät auf dem platten Lande von Alt-Pommern und wegen Ausführung des vorbemerkf- ten Reglements. Beides vom 200 ZCUQuir O. N. Berlin, den 14. September 1841, Debits-Comtoir der Geseß-Sammlung.

T c 3 É nto ü V adds Angekommen: Der Graf von Werdenfels, von Neu-

treliß. j , : S. Kaiserl. Russische General - Major von Puschinsky,

von Leipzig.

Zeitungs-Uachrichten. Ausland. Nußland und Polen.

St. Petersburg, 7. Sept. Der R ussische Fnvalide meldet, daß Se. Majejtát der Kaiser in der Nacht vom 1. zum 9 September von Zarskoje-Selo abgereist sey und die Heerstraße von Weiß-Rußland eingeschlagen habe,

Frankreich.

ris, 8. Sept. Der Moniteur parisien enthält Folgen- des : Dre ourtiale haben gemeldet, daß die mit den Belgischen Kommissarien in Betreff eines Handels-Traktates begonnenen Unter- handlungen abgebrochen wären und daß jene Kommissarien Anstalten tráfen, um nach Belgien zurückzukehren. Diese Nachricht is er: funden. Geskern fand wieder eine Konferenz zwischen den Bel: gischen Kommissarien und dem Handels-Minister statt, Die mo- mentane Abwesenheit eines der Delegirten hat ihren Grund darin, daß sich derselbe, nach A begeben hat, um einige für nöthig er te Aktenstücke zu holen. j “r is a: ade Zweifel, daß die Gerüchte in Betreff der Korvette „la Victorieuse“ ganz ohne Grund waren. Dagegen sællen bei der Französischen Regierung zahlreiche Beschwerden uber das Verfahren der Behörden auf Mahon gegen Französische Un- terthanen eingelaufen seyn, und es heißt, daß bereits vor 8 Ta- gen Reclamationen dieserhalb nach Madrid abgegangen waren, #Man spricht sogar von einer langen Note, in welcher Herr Guizot die Beschwerden Frankreichs gegen die Regierung Espartero's re- fapitulirt, und hinzugefügt habe, daß er genöthigt sey, die Absen- bung eines neuen Botschafters nach Madrid zu verschieben, bis dúe Spanische Regierung den an sie gerichteten Reclamationen Genúge gethan haben würde.

Jn Bezug auf die erneuten Versuche der Oppositions: Jour- nale, die óffentliche Meinung zu Gunsten der Abschaffung der September-Geseße zu stimmen, bemerkt das Journal des Dé- bats: „Die Opposition verlangt die Abschaffung der September- Gesetze. Wir verlangen zuvor, daß die Opposition durch ihr Be- nehmen, durch ihre Mäßigung, durch ihre Achtung vor Allem was heilig und achtungswerth ist, beweise, daß jene Geseße unnüß ge- worden sind. Wenn man dle Strafe abschaffen soll, muß auch

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Es steht in der Macht der Opposition, der Gesellschaft in dieser Hinsicht Genüge zu leisten. Sie wird alsdann leicht die Abschaffung jener Geseße erlangen, oder vielmehr, es wird ihr gar nichts daran gelegen seyn, daß sie dieselbe erlangt; denn, wenn sie darauf verzichtet, die Person des Königs mit ihren wüthenden und systematischen Angriffen zu ver- folgen, was fann ihr dann an dem Artikel der September-Gesebe liegen, der mit Recht jene Angriffe für ein Attentat erflárt? Wenn sie einräumt, daß das Prinzip der Regierung außerhalb der Erörterung liegt, daß es unmöglich ist, an demselben zu rútteln, ohne die ganze gesellschaftliche Ordnung zu erschüttern, was fann ihr alsdann an der Zurücknahme von Geseßen liegen, die dasjenige bestrafen, was ihr selbs strafbar erscheint ? Die Opposition will die Freiheit der Presse; wir wollen dieselbe gewiß eben so sehr, als sie und vielleicht aufrichtiger. Wir gehören ja selbst zur Presse, ihre Freiheit ist unsere Freiheit ; wir sind nichts ohne dieselbe und wir haben feine andere Rechte als sie. Aber eben weil wir die Freiheit der Presse wollen, wollen wir auch die Geseße, welche die Ausschweifungen derselben bestrafen. Wir werden die September - Geseße gegen euch und gegen Jeden vertheidigen, der #0 thorigë Or ollie, sle eum Us opfern zu wollen; wir Gründen

das Verbrechen abgeschafft werden.

werden sle aus zwei vertheidigen: einmal weil sie gerecht sind, und weil das, was sie fúr Verbrechen und für Vergehen erklären, unter feiner vernúrf- tigen Regierung fúr etwas Erlaubtes erflârt werden fann; dann aber auch, weil die unbestrafte Frechheit der Presse unvermeidlich zu der Vernichtung und zu der Verachtung der Presse führt. Wenn man sie nicht in gehörigen Gränzen halten kann, so tödtet man sie, um sich von ihr zu befreien. Es is unsere innige Ueber- zeugung, daß wir an dem Tage, wo man die September-Geseße abschaffte, nicht weit von der Censur, oder von etwas Schlimme- ren als der Censur, entfernt seyn würden.“

Jn den leßten Tagen soll man sich im Kabinette mit der Frage wegen Amnestirung des Prinzen Louis Bonaparte und ei: niger anderen politischen Verurtheilten beschäftigt haben. Dieser Plan habe aber lebhaften Widerstand im Minister-Rathe gefun- den und sey demzufolge vorläufig aufgegeben worden,

Herr Heinrich Heine hat sich gestern in St. Germain mit Herrn Strauß auf Pistolen duellirt. Heine’s Buch „Ueber Bórne“ war die Hauptveranlassuug zu diesem Duell. Er hatte darin auf höchst verleßende Weise über die Gattin des Herrn Strauß gesprochen, und dieser soll fich“ dafür auf öffentlicher Straße eine thätliche Genugthuung genommen haben. Dieses leßtere Faktum, welches von vielen Deutschen Journalen verbrei- tet wurde, erklärte Herr Heine fur eine Unwahrheit , wodurch wiederum Erklärungen von dritten Personen herbeigeführt wur- den. Dies Alles endigte zuleßt mit dem oben erwähnten Duell. Dasselbe hatte keine weiteren Folgen, als daß Herr Heine eine leichte Kontusion an der Húfte erhielt. :

Börse vom 8. September, In den Französischen Ren- ten trat heute gegen den Schluß der Börse eine sinkende Bewe- gung ein. Es hieß, der Finanz-Minisker warte nur auf die Rúck: fehr des Herrn von Rothschild, um die neue Anleihe definitiv abzuschließen,

„*. Paris, 8. Sept. Die Vota der meisten General - Conseils úber die Zählung sind nunmehr bekannt und fast alle haben die Nothwendigkeit und Geseßlichkeit dieser Maßregel aner? fannt. Wir sagen fast alle; denn kaum fünf oder sechs Conseils haben sich gegen die Zählung, d. h. gegen die Art, wie der Mini- ser sie ausführen läßt, ausgesprochen. Dies Resultat, das man übrigens erwarten mußte, ist von sehr großer Wichtigkeit für die Regierung, denn man darf es sich nicht verhehlen, daß die Auto- rität der General-Conseils von ganz anderem Gewicht ist, als die der Munizipal-Conseils. Die ersteren vertraten mindestens das Depar- temental-Jnteresse, wenn nicht das allgemeine Jnteresse; die Leßteren dagegen haben feinen anderen Zweck, als die Abgaben der Gemeinde so viel wie möglich zu reduziren; und daher haben sie es niemals ver- schmäht, alle besteuerbaren Gegenstände zu gering abzuschäßen, und zivar oft in ungeheueren Verhältnissen. Wenn einige Conseils den

Wunsch ausgesprochen haben, daß die (Beseßgebung eine Reform

herbeiführen möge, so geschah dies nur in der Absicht, die Macht |

der Regierung für die Zukunft zu stärken und eine Straf-Bestim- mung zu erhalten, wodurch der Widerstand besiegt werden könne, Denn diese Lücke, dieser Mangel aller Straf- Bestimmungen is die Hauptursache aller Unordnungen, und sobald man vor den mit der Zählung beauftragten Beamten ungestraft die Thür schlie- ßen durfte, griff man stillschweigend und ungestraft die Geseßlich- feit der Maßregel an. S :

Ein Umstand is nicht genug, oder vielleicht gar nicht be- fannt. Als Herr Floret, Präfekt von Toulouse, zum erstenmal Instructionen verlangte, um den Widerstand in seinem Verwal: tungs-Bezirke zu besiegen, und als er Herrn Duchatel bemerklich machte, daß ihm feine Strafbestimmung befannt sey, welche die Anwendung der Gesebe auf die Zählung gestatte, da ließ man zwölf Tage verskreichen, ohne ihm zu antworten, Was that man während dieser Zeit? Man blâätterte in allen unseren Geseßen, um eine Strafbestimmung aufzufinden, und im Finanz-Ministerium stellten mehrere höhere Beamte fünf bis sechs Tage lang Nach- forschungen darnach an. Man fand indeß nichts und antwortete dem Präfekten von Toulouse durch seine Absezung. Schon damals machte der Steuer - Direktor, Herr Legrand, den Vorschlag, „die Thüren mit Gewalt einzuschlagen,“ worauf Herr Humann antwortete: „Jch will dies gern zuge- ben, wenn sie mir das Geseß zeigen, welches uns dazu auto- risirt.“ Es ist daher diese Lücke in der Geseßgebung, welche die- jenigen General-Conseils, die sich nicht unbedingt für die Zählung erflárt haben, ausgefüllt zu sehen wünschen ; selbsk die, welche sih mit einigem Vorbehalt ausgesprochen, haben die Geseßlichkeit der Maßregei durchaus nicht in Frage gestellt; mit einem Worte, eine ungeheure Majorität ist Uber diesen Punkt einverstanden, Dies verhindert jedoch nicht die Opposition, jene Vorbeÿalte, die nur die Tendenz haben, die Macht der Behörde zu verstärken, zu ihrem Gunsten auszulegen, Die lâcherlichsten Diskussionen

erhoben sich über diesen Gegenstand, und von beiden Seiten zeigte man eben fo viel Parteilichkeit, als Leidenschaft. icht ein einzi- ges Blatt hat die Thatsachen in ihrer Gesammtheit mitgetheilt ; jedes nahm diejenigen Entscheidungen der Munizipal- oder der General-Conseils auf, die für seine Ansicht paßten und rásonnirte nun darúber, ohne sich um die Thatsachen und entgegengeseßten Entscheidungen zu bekúmmern. Die Oppositions-, wie die mini- steriellen Blätter, haben sich bei diesen Debatten derselben Unred- lichkeit schuldig gemacht. Jm Prinzip is es absurd, daß, wie die Opposition will, der Steuerpflichtige selbsk seinen Steuerbetrag festscßez denn die durch die Maires und ohne Kontrolle vorge- nommene Zählung wäre nichts Anderes, wie uns eine vierzigjäh- rige Erfahrung lehrt. Wenn diese Methode auch für den Schaß in Bezug auf die Vertheilung der Steuern, deren jährliche Kon- tingente unveränderlich sind, keine Unbequemlichkeiten hat, so hat sie doch sehr große fúr die Steuern, deren Betrag erst feskgestellt werden muß, nämlich für die Patente, so wie für die Gemeinden, die ausnahmsweise redlich zu Werke gehen und richtige Erklärun- gen abgeben. Derleßtere Fall ist zwar selten, kommt indeß doch vor.

Es scheint uns, daß die Opposition in Bezug auf die Zäh- lung zu dürftigen und kleinlichen Mitteln ihre Zuflucht genom- men hat. Welches is ihr ostensibler Zweck?2 Es is die Erweite- rung der Wahlkörper, eine wirkliche National-Repräsentation, wie sie fagt, und folglich die Abstellung aller Mißbräuche. Welches ist ihr geheimer Zweck, ihre Begierde, die sie nicht besiegen kann ? Es ist der Wunsch, sih der Gewalt zu bemächtigen. Nun glau- ben wir, daß es in beiden Fällen politisch und weise gewesen wáre, die Zählung aufrecht zu erhalten, die durch Vermehrung der Patentfähigen wenigstens 30,000 feindlihe Wähler mehr geben wärde. Wir sagen feindliche, weil alle Gewerbtreibende, alle Handeltreibende, die wider ihren Willen und vermittelst der ihnenauferlegten mehr oder weniger schweren Opfer, Wähler geworden, nothwendig dem Ministerium und der ganzen Partei, die ihr diese Last aufgebúrdet, abgeneigt seyn würden. Man kann sich vorstellen, welche Folgen die Aufnahme von 30,000 úbelgesinnten Wählern unter die Wähler haben würde. Auch hat die Regie- rung sehr wahrscheinlich die Gefahr erfannt und deshalb bekannt gemacht, daß die Zählung im Jahre 1842 noch nicht auf die Pa- tente angewendet werden solle. Als Grund dafür wird angege: ben, daß die Anfertigung der Steuer-Nollen bis dahin nicht be- endigt seyn kfönnez aber dies ist blos eine Ausflucht, denn nichts is leichter, als die Vollendung dieser Rollen für 1842.

Es is allerdings wahr, daß, wenn die Opposition sich auf diesen Standpunkt gestellt hâtte, ihr der Stoff zu zwei Monate dauernden Necfereien und Angriffen gegen die Regierung entgan- gen wäre; es hätte weder eine Emeute noch ein Charivari gege- ben und die Dinge wären auf die einfachste und ruhigste Weise von der Welt vor sich gegangen; aber sie hat einen Skandal in der Gegenwart einem späteren Triumph bei den Wahlen und in Parlamente vorgezogen.

Die legitimistischen Journale sind bei dieser Gelegenheit nur wie gewöhnlich verfahren. Da ihre Partei nicht unter demselben Titel und unter denselben Bedingungen der Opposition zur Ge- walt gelangen fann und will, so begnügen sie sich nicht .mit einer Veränderung des Ministeriums, sie bedürfen einer größeren und allgemeineren Umwälzung, die zugleich mit dem Triumph ihres Prinzips auch den Triumph ihres Königs herbeiführe. Es is flar, daß bei der Verfolgung dieser Chimáre alle Mittel zur Opposition ihnen recht sind und daß sie, aller Vernunft und aller Logik zum Troßke, der Regierung den Krieg erklären, Í

Endlich hat das Votum der General-Conseils dem Kabinet ganz befondere Stärke verliehen und wird es ihm, in Verbindung mit der Rede Sir Robert Peel’s vielleicht möglich macyen, sich die Session hindurch zu behaupten, wenn nicht eines jener Ereig nisse eintritt, welche die anscheinend festesten Miniskerien und die mit der größten Mühe und Arbeit gebildeten Majoritäten stürzen fonnen,

Großbritanien und Jrland.

London, & Sept. Sir Charles Bagot, Sir Stratford Canning, der Marquis von Londonderry, Lord Stuart de Rothsay und Lord Fißgecald haben häufige Unterredunzen mit dem Grafen Aberdeenz es sind dies die Kandidaten für die großen Botschafter- posten.

ZJhre Majestät die Königin hat dem Herrn Moriß Schle- singer in Paris die große goldene Verdienst- Medaille mit dem Königlichen Bildniß übersandt, und zwar, wie es in dem huld- vollen Begleitungs-Schreiben heißt, als Anerkennung der Dienste, welche Herr Schlesinger der Tonkunst durch die von ihm geleitete Gazette musicale, so wie durch Herausgabe der Meisterwerke lebender und verstorbener Komponisten leistet. Diese Sammlung enthält vorzugsweise die Schöpfungen des Deutschen Genius, nämlich die Meisterwerke von Gluck, Mozart, Beethoven, C. M, von Weber und Meyerbeer.

In der gestrigen Sißung des Oberhauses lenkte Lord Broug- ham die Aufmerksamfkeit der Versammlung auf den Zustand der Straf-Geseße des Landes, Viele Bestimmungen seyen noch in dem sogenannten „Statuten - Buch“ enthalten, durch welche ge- wisse Strafen auferlegt würden, die jedoch niemals zur Aus- führung fämen, weil sie veraltet und sinnlos seyen; gleichwohl fönnten jedoch diese Bestimmungen einmal das Werkzeug tyran- nischer Unterdrückung werden. So sey neulich einmal ein edler Lord, der unabsichtlich ein Votum abgegeben, ohne sich in die Parlaments-Rolle eintragen zu lassen, dadurch einer Strafe ver- fallen, gegen welche er nur durch eine besondere Bill habe ge= {húbt werden fönnen. Es sey daher dringend geworden, endlich einmal zu einer Revision des Statuten-Buches zu schreiten,

Mit dem neuen Minister des ZJnnern, Sir Zam-s Graham, erflárt sich die jeßt so ministerielle Times nicht ganz E sie besorgt von ihm namentlich einen ihr nicht Es E s auf die neue Armengeseßgebung, bei deren Erörterung im A ment er sich den Ansichten des Whig- Ministeriums zu nachgiebig

gezeigt E von Buccleugh hat das Amt einer Garderos