1841 / 257 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Preußischen Staats bei den 906,010 Einwohnern auf den 243 Quadrat-Meilen des Regierungs-Bezirks Oppeln, welcher sich Über- haupt in den bei weitem meisten Jahren durch die besonders große Zahl der Geburten und der Todesfälle auszeichnet. Der Regierungsbezirk Merseburg mit einem Flächenraum von beinahe 489 Quadratmeilen und 683,700 Einwohnern zeigte sogar noch einen etwas größern Unterschied zwischen der Zunahme der Be- völferung und der Zunahme der stehenden Ehen: was die leßtere zurühielt, ist wenigstens aus den bei dem statistishen Büreau eingegangenen Nachrichten nicht ersichtlich; auch zeichnet sid der- selbe sonst keinesweges besonders aus durch eigenthümliche Ber- hältnisse in der Zahl der Geburten und Todesfälle. Bei weitem am meisten blieb die Zunahme der stehenden Ehen gegen das An- wachsen der Bevölkerung im Regierungsbezirke Minden zurü, der auf 952 Quadratmeilen am Ênde des Jahres 1840 441,736 Einwohner enthielt : dieser verhältnißmäßig kleine, und dennoch ausg sehr verschiedenartigen Landestheilen zusammengefeßte Regierungs- bezirk zeigte besonders in den leßten Jahren eine ganz auffallend schnelle Zunahme der Bevölkerung durch beträchtliche Ueberschülse der Gebornen; und es scheint nur hierin, nicht aber in einer Min- derzahl neugeschlossener Ehen der wahre Grund des vorstehend be- zeichneten außerordentlichen Verhältnisses zu liegen. Uebergangen find in vorstehenden Betrachtungen der Regierungsbezirk Erfurt von 617 Quadratmeilen mit 324,826 Einwohnern, und der Re- gierungsbezirf Stralsund von 79 Quadratmeilen mit nur 170,848 Einwohnern: ersterer läßt bei seinem geringen Umfange und seiner sehr zerstreuten Lage, leßterer bei seiner geringen Einwohnerzahl einigermaßen sichere Folgerungen aus den hier betrachteten Ver- änderungen während eines nur dreijährigen Zeitraumes nicht er- warten. Die bei dem statistischen Büreau eingehenden Nachrichten ge- statten noch eine Uebersicht des Verhältnisses der Anzahl der |e- henden Ehen zu der Zahl der durchschnittlich jährlich in denselben erzeugten Kinder, Im Allgemeinen hatte, wie bereits vorstehend angegeben worden, der Preußische Staat stehende Ehen Am Ende des Jahres 1840 Zu Ende des Jahres 1837

Summe beider Zählungen

2,470,100

Arithmetisches Mittel hieraus, welches die durchschnitt: lih für den dreijährigen Zeitraum zwischen beiden Zählungen anzunehmende Zahl der stehenden Ehen j E 2 : O M O05) 4 16 s b d d t

ergiebt liche Kinder wurden geboren im Laufe der Jahre 526,626

1839 535,056

Also in diesem dreijährigen Zeitraume 1,608,008 e Ola a0 4A ph Dis MOPE E L: Se Mie P SM A A I E CEED I

Also jährlich im Durchschnitte ….. 536,003

Hiernach kamen während dieses Zeitraumes auf 100,000 stehende Ehen jährlich im Durchschnitte Kinder / oder von 9 stehenden Ehen waren jährlich im Durchschnitte zwei

inder zu erwarten / 4 scheint in sofern wenig, als der Zeitraum, welcher bei voller Körperkraft und sorgenfreien Verhältnijsen zwischen der Geburt zweier Kinder verfließt, der allgemeinen Svfagrung, und wesentlich auch den förperlichen Berhaältnijsen des Menschenge- \chlechts gemäß nur kaum ein z weijahriger ist; folglich un: ter den hier vorausgescßten Umständen jahrlich etwa halb [0 Kinder geboren werden sollten, als stehende Ehen vorhanden sind, Es ist indessen zu bemerken, daß in einem sehr De GAEUCY et Theile der stehenden Ehen die Frau das gebärungsfähige Lebens- alter bereits úÚberschritten hat, und daß auch etne beträchtliche Anzahl yon Ehemännern bereits in einem Lebensalter e worin nur selten noch Kinder erzeugt werden, Außer diejer L 6: schränkung durch allgemeine körperliche Verhältnisse werden noch besondere theils Édrperliche, größtentheils aber geistige wirksam: jene bestehen in einer frankhaften Schwäche; diese in tiner frei- willigen Enthaltsamkeit, welche durch manigfaltige Gründe veran- saßt sein fann. Je mehr die Aeltern von ver VorpsiGtung durchdrungen sind, ihren Kindern nicht nur das Leben, sondern

auch eine fúr ihr Lebensglúck möglichst zweckmäßige Erziehung zu

geben, und je s) {eln wird, diejer

c c) 22,183

werer es ihnen bei den bestehenden Erwerbsmit- j Cr f e . »ck(F if Pflicht gewissenhaft zu genügen; um L Da {amer wird eine freiwillige Enthaltsamfkeit aus sittlichen Gründen die Zahl der ehelichen Kinder vermindern. Andere Beweggründe ur freinvilligen Enthaltsamkeit wirken nur ausnahmsweise anhal- tend genug, Und föonnen daher hier als unerheblich übergangen C 9er / / werden.

In den einzelnen Regierungsbezirken des Staates besteht

eine große Nerschiedenheit des Verhältnisses der nzahl der ste: henden Ehen zu der Anzahl der jährlichen in E Kinder. Anschaulich macht dieselbe nachstehende, Laer, das erwähnte Verhältniß auf eben die Weise fur Jeden einze nen Regierungsbezirk berechnet wurde, wie dies E risch für den ganzen Staat geschehen ist, „Fut O zwischen den Zäßlungen zu Ende der Jahre 1837 und 340 famen n auf 100,009 stehende Ehen

jährlich im Durchschnitte Kinder,

27,052 ¿203;906

25,000

in den Regierungs- Bezirken

1) Bromberg

2) Marienwerder

3) Oppeln

O e

5) Köln : 6) 7) Danzig

8) Düsseldorf 9) Arnsberg 40) Koblenz 11) Aen... 412) Köslin O er e pee eris 22,262 4145 Trier A -

15) Breslau 16) Stettin C . 21,743 417) Königsberg. E 21/999 48) Potsdam mit Berlin „eere 21,261 49) Erfurt... eee eee eeres : 20,331 20) Stralsund 20,032 21) Merseburg eee obe S 19,717 29) Frankfürt e eee eere eeer orene e 19,096 23) Magdeburg era eere eere oe reeorer 19,398 24) Múnster eee eee eee e reen ne as 25) Liegniß eee eee eco aer ecto .… 18,01

Der Unterschied zwischen

O ORA ° 22,904 O As 22,954

O R)

Ai dai y (.

20

den e Ands U coEdin, aveige lernach so beträchtlich, daß dieselbe Anzahl stehender Shen, weiche L Bleungnbegt Bromberg jährlih im Durchschnitte drei

1146

, Kinder erzeugt, deren im Regierungsbezirk Liegniß nur zwei | hervorbringt: und merfwürdig is namentlich, dab ebenderselbe | Regierungsbezirk, nämlich Liegniß, welcher auf 100,000 Einwoh: | ner durchschnittlich die größte Anzahl stehender Ehen hat, auf | 100,000 Ehen durchschnittlich die wenigsten Kinder erzeugt. Zu verkennen is auch hier nicht eine Regelmäßigkeit in der Reihe: | folge der Regierungs-Bezirke nach den Stufen der Fruchtbarfeit der in ihnen bestehenden Ehen. Die ersten vier Plaße nehmen | die vier von Norden nach Súden unmittelbar aufeinanderfolgen- den Regierungsbezirke Marienwerder, Bromberg, Posen und | | Oppeln ein, wenn auch nicht genau in der Reihefolge, worin sie | hier der geographischen Lage nach genannt worden sind. Dan- | zig, welches sich in râumlicher Beziehung unmittelbar an Marien- | werder anschließt, steht jedoch erst in der siebenten Stelle: sein abweichendes Verhältniß scheint indessen wohl erklärlich aus der | besonderen Stellung, worin sich die Städte Danzig und Elbing mit | der großen zwischen und neben ihnen liegenden Niederung befin-

den. Der bei weitem größte Theil der westlichen Provinzen nimmt |

| die nächstfolgenden Stellen ein; es sind dies namentlich, wenn auch nicht wie nachstehend nach der geographischen Lage geordnet,

ck : ° B D Y D e Ss N L

die Regierungsbezirke Koblenz, Achen, Köln, Düsseldorf, Arnsberg

und Minden, Nur der súdlichste Regierungsbezirk Trier, und der |

nordwestlichste, Münsker, machen hiervon eine Ausnahme: jener nimmt namlich erst den 1iten, dieser sogar erst den 24sten Plaß ein, Die leßtere große Abweichung erscheint hinlängl'ch gerecht- fertigt durch die Bevölkerungsverhältnisse, wodurch der Regierungs- bezirk Münster sich Überhaupt ganz eigenthümlich auszeichnet, und | die wahrscheinlich nur ihren Grund in den besondern Verhältnis: | fen haben, worin dort das Land unter seine Bebauer vertheilt is, Eine nur geringe Fruchtbarkeit der stehenden Ehen zeigt sich in den drei zusammenhängend nebeneinander liegenden RegierungL- bezirken Magdeburg, Merseburg und Frankfurt, welche beziehungs- weise 19,398, 19,717 und 19,556 jährliche Geburten auf 100,000 | stehende Ehen, also hierin sehr nahe gleiche Verhältnisse hatten, | Sie umschließen im Westken, Súden und Osten den Regierungs: | bezirk Potsdam, der jedoch beträchtlich mehr Kinder, namlich

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21,261 aus der gleichen Anzahl stehender Ehen hervorbrachte, Die |

Leichtigkeit des Erwerbes in Folge der besondern Verhältnisse der Stadt Berlin scheint zunächst diese Verschiedenheit zu bewirken, In der Provinz Pommern scheint auffallend genug die Frucht- barkeit der Ehen fast in eben dem Verhältnisse abzunehmen, worin

die Wohlhabenheit daselbst von Osten gegen Westen hin zunimmt, |

Der Regierungsbezirk Köslin hatte 22,280, Stettin 21,713, Stral-

sund aber nur 20,032 jährliche Geburten auf 100,000 stehende | Ehen. Nur die Bemerkung, daß ein stehender W ohlskand | andere Wirkungen hervorbringt, als ein fortschreiten der, scheint | die hier auf den ersten Anblick sich darbietende Schwierigkeit losen | zu fonnen. Jm Allgemeinen is der Theil von Hinterpommern,

welcher ostwärts dem Gollenberge liegt, volkleerer und gewerbloser, | als derjenige Theil derselben Provinz, welcher sich westwärts vom | Gollenberge bis zur Oder hin erstreckt: er gleicht in beiden Be- | ziehungen sehr nahe den angrenzenden .Kreisen von Westpreußen, | welche unter allen Theilen des Preußischen Staats die dünnste | Bevölkerung und die shwächste Gewerbsamfkeit haben, Näher | an der Oder werden die Bewohnungen dichter und der Verkehr lebhafter. Noch entschiedener zeigt sich dies in Vorpommern zwischen der Oder und Peene; und in Rücksicht auf Dicht- heit der Bevölkerung, Fruchtbarkeit und Anbau des Bo0- dens úÚbertrifft vas Land nordwärts der Peene oder Meu- vorpommern im Allgemeinen noch die Odergegenden. Allein wenn auch úberall in der Provinz Pommern Fortschritte in Bevölkerung, | Gewerbsamfeit und Wohlstand bemerklich sind; so zeigen sich die- | selben doch unverkennbar am stärksten, wo sie noch am noöthigsten sind; und der Zustand des Regierungsbezirks Köslin erleidet in dieser Rücksicht sehr viel schnellere Veränderungen, als der Regie: rungsbezirf Stralsund. Beinahe gleiche Wirkungen der BYeräân- derungen in Bevölkerung und Wohlstand werden auch in Oskpreu- ßen fenntlich, Der östliche Theil de1selben is offenbar in schnelle: rem Fortschreiten begriffen, als der westliche; und in Folge dieses Verhältnisses hat der Regierungsbezirk Gumbinnen 22,262, Regierungsbezirk Königsberg dagegen nur 21,292 jahrlicie Ge: burten unter 100,000 stehenden Ehen, Auch in der Provinz Schlesien wiederholt sich dieselbe Erscheinung. auffallend starker Verschiedenheit die Zahl der Geburten von Sü-

|

| schnittlich Oppeln 25,535, Breslau 21,725, Liegniß 18,010 jähr- | liche Geburten. Aber Bevölkerung, Gewerbsamfkeit und Wohl: sand sind seit dem lezten Viepteljadrhundert in Oberschlesien viel schneller als in Mittelschlesien, und in diesem wieder schneller als in Niederschlesien gewachsen. Das Gewicht dieses Unterschiedes scheinen indes noch einige besondere Unistande zu vermehren. Im Regierungsbezirk Liegniß is der größte Theil des lâncklichen Ge- sindes verheirathet; daher die große Zahl der stehenden Ehen da-: selbsi; aber das Verharren im Gesindedienste begünstigt ein wah- res Familienleben keinesweges, und die natüävliche Folge hiervon

| | | | |

| Breslau hat unter 190,000 Einwohnern sogar noch etwas, wie: | wohl nur wenig mehr stehende Ehen als dey VWeglerungsbezivf | Oppeln; aber in Folge der viel größeren Fruchtbarkeit dieser Ehen

nimmt die Dichtheit der Bevölkerung in leßterem sehr viel schneller

zu, Der Regierungsbezirk Erfurt is in den vorstehenden Betrach- tungen übergangen worden, dg bie zerstreute Lage seiner einzelnen Kreise bei úberhaupt nur geringer Ausdehnung keinen sichern An- halt zu Betrachtungen giebt, welche sich auf Verhältnisse grün. den, die nur in größeren Massen anschaulich werden,

wWiskenlchaft, Kunst und Literatur. Deutschen Dichtern, von Mit einem Anhange ben von H. Kletfke, XXVI, und

Geistliche Blumenlese aus MNovalis bis auf die Gegenwart. biographischer Nachrichten. HerauLgege Berlin 1841, Verlag von Amelang. Seiten. 8, i

Wessen Erinnerung, wie die die Schwelle unseres Fahrhunderl seyn die gewaltige Aufregung, we Buch cines damals noch unbekannten macher’s „Reden úber die Religton‘// Regen in die geistliche Dürre der Zeit fiel, ser eigenen Scharfblick, hatte er unter den Verächtern der Religion-// diese es um so weniger ignoriren / als e sien Vollendung redete und der Fdeen voll war / wel vorzugsweise beschäftigten. So war denn durch einen kt die Religion wieder cingeführt in die Reihe der Tages und ein Keim zur Entwickelung des

nach verschiedenen Seiten hin blieb nicht lange aus.

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der |

Hier nimmt mit

den gegen Norden hin ab: auf 100,000 sthende Ehen hatte durch: |

ist eine geringere Fruchtbarkeit der Ehen, Der Regierungsbezirk |

356

des Referenten, zurückreicht bis an s, dem wird noch gegenwärtig lche ein 1797 zuerst erschienenes Autors hervorrief, Schl ete r- das wie ein befruchtender Mit dem dem Verfas- es guf dem Titel „den Gebildeten gewidmet; denn nun durften ‘es ihre Sprache in der hôch- lche ihre Kreise fühnen Wurf -Jnteressen, Bewußtseyns derselben in die Brust von manch Einem gelegt - der bis dahin an alles Andere ge- dacht, nur nicht an das Hôchste. Der Einfluß E I «r F

denden Kunsi rief sie eine Richtung hervor, die den offenbaren Gc-

gensaß zu dem Geshmack am Heidnischen, der die vorhergegangette Periode bezeichnete, zur Anschauung brachte; auh in der Sphäre, welche uns hier beschäftigt, machte fich das religidse Element in zeit- gemäßer Form wieder geltend. Die bedeutendste Erscheinung auf diesem Gebiete waren secchs Gedichte, welche in dem von A. W. Schlegel und Tieck herausgegebenen Musen-Almanach für 1802, aus dem Nachlaß des kurz zuvor in scinem neunundzwanzigsten Fahre verstorbenen Novalts (von Hardenberg) unter dem cinfachen Titel: ¡geistliche Lieder// mitgetheilt wurden. Klopsock war der lehte bedeu- tende Dichter gewesen, welcher sich auch im geistlichen Liede versucht hatte; hierwar mehr als er und als alle, die ihm gefolgt waren. Mit Recht hat daher der Herausgeber der Sammlung, deren Anzeige gegenwärtige Zeilen bestimmt sind, Novalis als den Ausgangspunkt bei seinee Auswahl genommen; denn mit ihm beginnt der neue Abschnitt für das geistliche Lied, welchem die Gegenwart angehört. Fhm zunächs, dem Mitbegründer des Vereins hervorragender Geister, welche man unter dem Namen „/, romantische Schule// zusammenzufassen vflegt, stehen Achim von Arnim, Clemens Brentano, von Eichen - dorff, Fouqué, JFustinus Kerner, Graf Löben (Jsidorus Ocien- talis)», der so reihbegabte Max von Schenkendorf, Franz T he- remin u. A., von welchen allen die vocliegende Sammlung das Aus- erlesenste bietet. Zwischen den genannten stnd aber von dem sorgjsa- men Herausgeber dem Leser vorzuführen nicht vergessen worden, Bi- schof Albertini, Mahlmann, von Wessenberg, Krumma- cher, Erni Moriß Arndt, von der Malsburg u. A. An diese schließt sich cine jüngere Generation an, worunter zwei treffliche Dicht erinnen, Henrieite Gottschalk und Luise Hensel, glänzen, eine Reihe, in welcher man als Dichtern geistlicher Lieder auch sol- chen Namen begegnet , die man bisher auf andecem Felde zu treffen gewohnt war; Eduard von Schenk, Fceiedrih Rückert, Graf Platen, Gustav Schwab, Carl Grüneijen, den Kabinets- Minister Grafen von Bernstorf, Fröhlich und Hey, den beiden

| ausgezeichneten Fabeldichtern u. A. m. ; eine Erscheinung, die darauf

hindeutet, daß ticf religidses Gefühl auch noch in unjerer Zeit die reine Blüthe edelster Geister ist. Mi1 Absicht 1agen wir Gefühl ; denn allerdings läßt sich nicht verkennen, daß die vorliegende Sammlung davon Zeugniß giebt, es sey scit Novalis der vorherrschende Charakter der geistlichen Liederpocsie der Neuzeit, Subijcktivität. Die Dichter der bisher ver- flossenen acht Lustren unseres Jahrhunderts lieben es niht mehr, wie die aus der alten Zeit, sich an die Dogmen der Kirche anzu- schließen, um diesen poetischen Ausdruck zu geben; sondern fassen auch den Stoff, den se mit jenen gemein haben, z. B. bei Liedern auf die christlichen Feste, nicht vorzugsweise nach den kirchlichen Be- griffen , sondern mehr nach ihrer Fndividualität auf. Fa, auch im Aeußeren schon offenbart sich eine große Verschiedenheit der neuen und der alten Lieder; während in den leßten Maß und Weise an die Vor- gänger erinnern und dadurch beide sich von Generation zu Gene- ration in den Gemeinden erhielten, erscheint in den neuen Liedern cine völlig freie Form der Metren, wodurch auch neue, noch nicht vorhandene Melodieen bedingt werden, insofern es zur Aufnahme jener Lieder in neuctinzuführende Gesangbücher kommen sollte, Ob dieser Umstand nicht solcher Aufnahme hinderlich seyn wird, mödge dahin gestellt bleiben ; indessen if auch hier eine Ausgleichung zwi- schen der alten uud neuen Zeit für die nächste Zukunft wohl zu hof- fen. Wenn sich nämlich, wie in den lehten Jahren, Dichter wie Dôring,Grüneisen- Hey, Knak, Knapp, Lange, Schwab, Spitta, Theremin u. A., die durch ihre Lebensstellung die An- sprüche und Bedürfnisse der Gemeinden kennen gelernt haben, der geistlichen Poesie ferner mit der bisher bewährten Licbe zuwenden, so wird es ihrem Bemühen an dem Erfolge nicht fehlen, auch für die praktischen Zwecke der Kirche so reiche Frucht aus demselben zu erzielen, als dasselbe bis jeßt einem Kreise empfänglicher Leser getragen hat. Schließlich isi zu bemer- ken, daß dem willkommenen Buche einige und funfzig kurze Biographicen der Dichter, von denen es Proben gtebt, noch eine be- sondere Brauchbarkeit verleihen , so wie, daß dic sauberste typogra- phische Ausstattung durch die wohlbekannte Offizin des Verlegers und ein s{hôner Stahlsiich, Maria mit dem Kinde, ihm zur wahren Zierde gereichen, Hitßig.

Meteorologische Beobachtungen. Abends 10 Ubr.

| É Nachmittags Nach einmaliger

2 Uhr.

1841. 14. Sept.

Morgens

Ö Ukr. Beobachtung.

339 66 Par, 339 44" Par. 339 31" Par. Quellwärme 83° A +1L4° R, + 20,0” R. + 12,4? R. |Flusswärme 1142" R. -+- 8,9° R. + 101° R. F s R. |Bodeuwärme i O N us M

T4 pCt. 41 pCt. S0) pCt, A usdüustung 0,011" Rb, trübe, heiter, heiter, Niederschlag O, 0, O, Ö, Wüärmeweechsel-420,2®,

Wolkeuzug. «. - —— : U. -+ 10,1%.

Tagesmittel: 339.47 Par. + 14,69 R... + 94° R... 65 pCt. 0.

Luftdruck Luftwärme . « Thbaupuukt . Dunstsättigung

Auswärtige Börsen. Scbuld 51%, 5% do. T0.

Zivsl,

Amsterdam, 11. Sept. Niederl wirkl. Kanz. Bill. 25%. 5% Span, 185. Passive. 9. Präm. Sch, Pol. ——. Oesterr, —,

Hambu Fg, 13. Sept. Bauk - Actien 1600 6.

London, 10. Sept. Cons. 3% 90, Pelz. 102. Al 211 Passive 9. Ausg. Sch, 10%. 25% Holl, 513. 5% Port. 304. 3% 1SÈ, Engl. Russ. 112. Bras. 67. Columb. 20%. Mex. 255. Peru 155. Chili 70. 10. Sopt. 5% Rente fin «cour, 114. §0. 3% Reute fin coar. Neapl. fin 105.19. 55 Span. Reute 22. Passive —.

Ausg. —. Preuss,.

Engl. Russ. 1087.

Neue

P aris, Sa 0E 3% Port. —.

Petersburg, 7. Sept. Lond. 3 Met. 39%. Hamb. Pola. à Par, 300 Fl, 695. do. 500 FI. 73%. do, 200 F1, 257.

Wien, 10. Sopt, 7 Met 107 47/98 Bauk - Actien 1570. Aul. de 1831 136.

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 16. Sept, Im Schauspielhause: Der Frei- {ÚKß, Oper in 3 Abth., Musik von Karl Maria von Weber, (Mad, Marg uard-Segatta: Agathe, als leßte Gastrolle. Mlle, Grünbaum: Annchen.)

Freitag, 17, Sept. Jm Opernhause: Die Jungfrau von Orleans, romantische Tragddie in 5 Abth., von Schiller. (Mlle, Reichel, vom Großherzoglichen Hoftheater zu Schwerin: Johanna,

Cour,

3415-, Paris 412,

R 51

de 1839 1092.

0 An

als Gastrolle. :

Sa, 18, Sept, Jm Schauspielhause: Erziehungs - Resultate, Lustspiel in 2 Abth, von C. Blum. Hierauf : Der Ka-= pellmeister von Venedig, musikalisches Quodlibet in 2 Abth, (Dlle.

Grünbaum: Hannchen.)

Königsstädtisches Theater.

Donnerstag, 16. Sept. Der politische Zinngießer. Baudeville- Posse in 3 Akten; nach Holberg’s Lustspiele neu bearbeitet und zusammengestellt von C. Birnbaum. Die Musik eingerichtet von C, Baldewein. (Herr Beckmann: den Heinrich.) /

Freitag, 17. Sept. Der Postillon von Vogelsdorf. Parodi- rende Posse mit Gesang in 3 Akten.

Sonnabend, 18. Sept, (Jtalienische Opern - Vorstellung.) Zum erstenmale: U TLarco in Iltalia, Opera buffa in 2 Atti, Musíca del Maestro Rossini, (Signor Giovanni Setti gus Mailand, neu engagirtes Mitglied: Selim Damelich, als Debüt.)

Verantwortlicher Redacteux Dr. F. W. Zinkeisen.

Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober - Hofbuchdruerei,

Großbritanien und Jrland.

Lonudou, 10, Sept. Auf der großen westlichen Eisenbahn wurde vorgestern dadurch, daß eine Schiene sich verschoben hatte, die Lokomo- tive aus dem Geleise geworfen. Da der Zug sich mit großer Schnellig- Feit bewegte, die Lokomotive aber durch das Eindringen in den Boden plóblich still stand, so erfolgte ein furchtbares Zusammenstoßen der Wagen, von denen zwei buchstäblih zertrümmert, die Con- ducteure und Jngenieure von ihren Pläßen weit hinweg- geschleudert und von den Reisenden mehrere, jedoch außer Einem, der einen Beinbruch erlitt, nicht bedeutend verwun- det wurden. Merkwürdig ist es, daß die Ingenieure keine Ver- leßung erlitten haben, Trauriger waren die Folgen eines am Dienstag auf der Nord-Union-Eisenbahn stattgehabten Ereignisses. Der Bahnwärter hatte nämlich an der Stelle, wo die von Bol- ton nah Southport führende Chaussee die Bahn durchschneidet, vergessen, den Schlagbaum zu verschließen; als daher der Personen - Wagen aus Manchester eben im Begriffe war, Uber die Bahn zu fahren, erreichte ihn ein mit voller Geschwindigkeit fahrender Zug leerer Kohlenwagen. Das Zu- sammentreffen war furchtbar: die beiden Deichselpferde waren auf der Stelle todt, der Wagen wurde zu Atomen zertrúmmert und die Passagiere wurden sämmtlich besinnungslos unter den Trümmern liegend gefunden. Einen der Reisenden, einen Pfar- rer aus Duenfield, fand man, vierzig Schritte von dem Orte des Zusammentreffens entfernt, todt. Die Bahn war 170 Schritte weit mit den Trümmern des Personen-Wagens bedeckt und eines der getödteten Pferde war noch weiter mitgeschleppt worden, Jm Ganzen sind neun Personen schwer verwundet.

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__— Marienwerder, 10, Sept. Durch das von des Königs Majestät huldreichst gewährte Gnadenge schenk von fünfhundert Thalern is die evangelische Gemeinde Rosenfelde im Kreise Deutsch-Krone, welche bisher ihren Gottesdienst in dem sehr beschränkten Schulhause halten mußte, in den Stand geseßt worden, sich eine eigene Kirche zu erbauen. Einem Gerüchte zufolge, soll es die Absicht der Kaiserl, Russischen Regierung seyn, den schon oft besprochenen Chausseebau von Warschau nach der diesseitigen Gränze bei Dobrzyn jeßt zur Ausführung zu bringen. - j

Ueber die Erziehung der Armenkinder in England. Dce Und TES ter Afitél,

(Vergl, St. Z. Nv. 243 und Nr. 255 Beilage.

Die Bette dee Heren Kay und Dufiltell übe das Londoner Armen-Schulwesen, über die bisher mit der Armen-Erzichung vorgenommenen Vevbesserungen und Uber die Nothwendigkeit der Anlegung besonderer Se-

minarten für Armen-Schullehrer.

Unter den wichtigeren Aktenstücken, welche die Sammlung der Reports der Britischen Armengeseß-Kommission enthält, blei- ben noch zu erwähnen: ein Bericht des öfter erwähnten Herrn Kay vom 1, Dezember 1840, über verschiedene Verbesserungen, die in neuerer Zeit in der Erziehung der Armenkinder vorgenom- men worden sind und über die Einrichtung des Armen-Bildungs- wesens in der Hauptstadt (Nr. 5); ein Bericht des Herrn E. C. Tuf- nell vom Dezember 1839, über die Erziehung der Armenkinder (Nr. 7); und ein gemeinschaftlicher Bericht der beiden genannten Herren vom 1, Januar 1841, über die Organisation des nach verbesserten Prinzipien in neuerer Zeit begründeten Seminars für Armen-Schullehrer zu Battersea (Nr. 6).

In dem erstgenannten Aufsaße des Herrn Kay wird auf den Grund angestellter Nachforschungen dargethan, daß eine zweck- máßigere, religióse und industrielle Erziehung der Armenkinder des ÜUebelstandes Úberhebe, sie mittelst ausgeseßter Pràä- mien unterzubringen. Es hat sich herausgestellt, daß dergleichen Prämien für die Arbeiter der niederen Klassen nur einen Anreiz bildeten, sich zur Annahme solcher Kinder zu erbieten, ohne in ihrem Haushalt oder in ihrem Gewerbe der Dienste derselben benöthigt zu seyn, und ohne die Mittel und die Absicht zu haben, sie wirklich zu unterrichten und zu erziehen. Mit der Beseitigung dieses Anreizes falle auch das Streben jener Leute hinweg, sich solcher Kinder zu bemächtigen. So wie aber auf eine andere Weise für eine sorgsame, religióse und industrielle Ausbildung der Kinder gesorgt werde, befähige man die leßteren zur Dienstleistung für solche Personen, die derselben wirklich be- durften, und die daher, indem sie dieselben in ihrem Haushalte oder Handwerke nüßlich beschäftigten, sie weiterhin geschickt machen würden, sich durch eine unabhängig machende Thätigkeit ihren späteren Unterhalt zu erwerben, h i

Die Wirksamkeit der neueren, für die Erziehung der Armen-

“or getroffenen Anordnungen, äußert ferner Herr Kay, werde ___ “ich am besten durch den wohlthätigen Einfluß bezeugt, wel: chen man von derselben nach Anstellung verschiedener Bersuche bemerkt habe. Denn seit der Einführung jener neuen Einrich- tungen sey es den bestellten Vormündern (Guardians) weit leich- ter geworden, als früher, für die Kinder in gewerblichen und häuslichen Geschäften ein passendes Unterkommen zu finden; es habe seitdem ein Verlassen des Dienstes durch die Kinder und die Rückkehr derselben in die Anstalten, mochte diese bisher in Folge ihres Mangels an Fleiß und Geschicklichkeit, oder in ‘Folge ihrer Unwissenheit oder Unsittlichkeit erfolgt seyn, weit weniger haufig statt gefunden, als früher; auch sey seitdem die Noth- wendigkeit nicht hervorgetreten, Prâmien für die Unterbringung der Kinder auszuseßen, außer etwa in dem Falle, daß sie sich noch nicht in dem Alter befinden, in welchem sie für den Dienst tauglich, oder daß sie zur Arbeit Überhaupt physisch unfähig sind Dadurch aber seyen sehr beträchtliche Kosten erspart worden. Diese nämlich betrugen vor Erlassung des neuen Armengeseßes (Poor Law Amendment Act) für die Unterbringung der Kinder in den Arbeitshäusern oder mittelst Prämien in armen Familien nebst den verschiedenen dabei erwachsenden Nebenausgaben allein ih Norfolk und Suffolk jährlich 20,000 Pfd, Se,

Außer den schon eingeführten Verbesserungen wird von Herrn Kay die Anstellung besonderer Visitatoren dringend empfohlen tvelche die an fremde Leute ausgegebenen Kinder von Zeit zu Zeit zu besuchen und sodann den Guardians úber die Lage, in der sich dieselben befinden, und úber die Fortschritte, welche sie namentlich in gewerblichen Kenntnissen gemacht, genauen Bericht zu erstat-

1151

| ten hâtten. Es seyen ferner alle die Fälle genau zu bestimmen in denen die Guardians ganz an die Stelle der Aeltern treten soll ten, und vor allen Dingen seyen alle kleineren Institute zur Erziehung der Armenkinder in Distrikts-Schulen zu vereinigen. Eine einzige Distrikts-Schule werde ausreichen für etwa 6 bis 7 ländliche Schulbezirke, Indem man durch diese Einrichtung in Stand geseßt werde, eine bedeutende Reduction in der Anzahl der Lehrer und Lehrerinnen vorzunehmen, sey die Möglichkeit einer beträchtlichen Ersparung gegeben, ganz abgesehen von den Vor- theilen, die daraus für das Wohlergehen der Kinder erwüchsen, das Armen - Schulwesen auf dem Lande (countrz union) einen Lehrer und eine Lehrerin nöthig, für den Unterricht im Lesen Schreiben, Rechnen, Stricken, Nähen u. s. w. Das verursache relativ große Ausgaben bei der oft so geringen Anzahl von Kin- dern; häufig wären uur etwa 30 vorhanden, von denen noch dazu die Hälfte sich vielleicht im frühesten Lebensalter befinde. So s man mehrere Schulen vereinige, werde dem Lehrer ein besseres Gehalt zugesichert werden können; solchergestalt erhalte man natúrlich auch bessere Lehrer. Auch sey man dadurch in den Stand

Regelmäßigkeit, mehr Syskem in die ganze Einrichtung zu brin- gen. Man habe gegen die Errichtung von Distrikts-Schulen wohl den Einwurf vorgebracht, daß dadurch die Kinder von ihren Ael- tern getrennt würden, und das sey in vielem Betracht schädlich. Dagegen aber is zu erwiedern, daß die Aeltern, denen man der- gestalt ihre Kinder entzieht, nicht die zur Erziehung derselben nö- thige Unabhängigkeit besißen, und daß sie nicht fähig sind, entwe- der Úberhaupt oder auch nur in einigen Beziehungen ihre Aeltern- pflichten zu erfüllen. Auch die Nothwendigkeit der Errichtung neuer und fostbarer Gebäude für die Distrikts-Schulen is einge- wandt worden; dagegen aber if zu erwiedern, daß wohl nicht leicht ein größerer Bezirk gefunden werden dürfte, der nicht irgend ein altes Gebäude zu einem solchen Behufe zu seiner Verfügung ha- ben sollte. : i E Das System der Prâmien wird schließlich noch einmal mit den schärfsten Waffen bekämpft, Um aber auf passende Weise spater eine Unterbringung der Kinder, wenn sie die Distrifts - Schule verlassen, bewirken zu können, wird vorgeschlagen, daß re- gelmäßig Úber Charakter, Ruf und Lebens: Verhältnisse derjenigen Personen, die Armenkinder in Diensk oder in die Lehre zu nehmen wünschen, Erkundigungen eingezogen, die erhaltenen Nachrichten systematisch in ein besonderes Buch verzeichnet und in der Regi- stratur des Büreaus der Guardians, um bei jeder Gelegenheit nachschlagen zu können, deponirt werden, Daneben aber sollten außerdem die oben erwähnten Visitatoren, je einer oder mehrere für einen Distrikt, beständig Nachrichten úber die Aufführung und die Fortschritte der Kinder, die im Dienst oder in der Lehre sich

befinden, einziehen, und dieselben ebenfalls dem Búreau der Guar- dians mittheilen. Bei so geregelter Einrichtung wúrde man an die Bezahlung von Pramien, außer in den angeführten Ausnahms- fällen, gar nicht zu denken brauchen, vielmehr im Stande seyn, wie neuerdings schon vielfach geschehen sey, mit den Dienstherren und Handwerkern Kontrakte abzuschließen, durch welche den Kin- dern mit der wachsenden Arbeits-Fähigkeit auch ein steigender Ar- beitslohn zugesichert werde.

Der oben erwähnte Bericht des Herrn Tufnell (Nr. 7), wel- cher die vorliegende Frage der Armen-Erziehung in ihrem ganzen Umfange und selbstständig neben den Aufsäßen des Herrn Kay erörtert, ist in jedem Betracht ausgezeichnet und lesenswerth.

_És sey unmöglich, beißt es im Eingange, den wichtigen Ein- fluß, welchen eine beständige und sorgsame Aufmerksamkeit des Gouvernements und des Publikums, auf die Erziehung der Ar- menkinder und auf die Befähigung derselben für ihren künftigen Lebensberuf gewandt, ausübe, zu hoch anzuschlagen. Jn den Ar- beitshäusern der Grafschast Kent allein befänden sih mehr als 2000 Kinder , meistentheils Waisen , oder von ihren Aeltern Ver- lassene, oder solche, die aus irgend einem Grunde bis zur erlangten Mündigkeit der Gemeinde zur Last fielen, Das Gute oder Schlimme, was der Gesellschaft aus einer so großen Masse von ZJndividuen erwachse, wenn sie gut oder schlecht unterrichtet seyen das Glück, welches sie genössen oder verbreiteten, #0 wie das Elend, welches sie spater erduldeten oder verursachten, alles das sey nichte als eine Konsequenz ihrer gegenwärtigen Behandlung, und deshalb erhalte die Frage der Erziehung der Armenkinder eine so furchtbare Bedeutung. Es sey bekannt, daß bei der frú- heren Armen - Geseßgebung eine Familie, die einmal verarmt sey, es spâter fast immer geblieben. Arme Aeltern hâtten arme Kin- der erzogen, und so sey die Gewohnheit, von Armengeldern ab- hängig zu seyn, gewissermaßen als etwas Natürliches von Ge- schlecht auf Geschlecht übergegangen, Um dieses erbliche Verderben in seinem Schrecken erregenden Fortgange aufzuhalten, músse man den Pauperismus in seinem Grunde und seiner Wurzel angreifen und, indem man seine Quelle verstopfe, ihn selbst vernichten, Das aber fônne nur dadurch geschehen, daß man den Kindern, die in einer derartigen Lage sich befänden, eine solche Erziehung gebe, daß die moralische Gewißheit begründet werde: sie würden nie- mals in ihrem späteren Leben von Armen - Unterstüßungen ab- hängig werden, vielmehr eine ahtungswerthe und unabhängige Stellung erlangen, Ein solches Resultat indessen könne man bei der noch bestehenden Armen-Geseßgebung nicht zu erreichen hoffen, vielmehr habe die Erfahrung der leßteren Jahre die Ueberzeugung geweckt, daß sehr beträchtliche Modificationen derselben erforderlich seyen, um zu dem wünschenswerthen Ziele zu gelangen,

Das Uebel, welches gegenwärtig eine_so große Ausdehnung erhalten habe, entstehe vorzüglich aus der Schwierigkeit, den Kin- dern, wenn sie sih in Arbeitshäusern befinden, einen solchen Um- fang religiöser und induftrieller Bildung mitzutheilen, daß sie da- durch zu solchen Diensten befähigt würden, welche fremde Perso: nen, namentlich Handwerker, anreizten, sie aus den Werkhäusern in ihre Familien zu nehmen, Nun aber selle sich als eine unbe- fkreitbare Thatsache heraus, daß die Unterbringung der in den Werkhäusern erzogenen Kinder mit weit größeren Schwierigkeiten und Hindernissen verknüpft sey, als die Versorgung der bei ihren Aeltern auferzogenen, weshalb denn die Kinder der ersteren Art, was als ein zweiter Uebelstand erscheint, gewöhnlich weit länger in den Werfkhäusern zu bleiben gezwungen sind, als es zur Erlangung einer selbständigen Stellung wÜnschenswerth is.

Der Grund des Widerwillens gegen die in Werkhäusern er- zogenen Kinder is allein darin zu suchen, daß bei der jeßigen Ein- richtung der ersteren eine passende Erziehung fast unmöglich er- scheint, Ein solcher Widerwillen tritt fast niemals gegen Kinder ein, die in anderen Anstalten aufgewachsen sind; darum hat auch keine andere Anstalt so sehr mit der Schwierigkeit der späteren Unterbringung der Kinder J Fämpfen. Den besken Beweis giebt davon die oben schon erwähnte Norwood School, welche 14100

Bei der bisherigen Einrichtung habe jeder Bezirks-Berein fúr |

geseßt, der Anstalt eine größere Sorgfalt zuzurwoenden, so wie mehr |

Kinder umfaßt, unter denen es selten eins úber 13 Jahre giebt, welches nicht schon vor diesem Lebensalter ohne Prâmie ein pas- sendes Unterkommen gefunden hätte. Aber, wird man fragen, warum überträgt man nicht die Einrichtung jener großen Anstalt auf die Arbeitshäuser auf dem platten Lande? Der Grund ist, weil eine solche Uebertragung unúbersteigliche Schwierigkeiten dar- bietet, Diese leßteren aber bestehen in Folgendem:

Zuerst würde die Ausgabe zu groß seyn. Jn dem Nor- wood house ist ein Handwerker, der zur Unterweisung der Kinder angenommen ist, im Stande, 100 Kinder im Schneidern zu un- terrichten; es giebt zu diesem Behufe in jener Anstalt zwei Klas- sen, jede zu 50 Schülern. Nun aber existiren gewiß wenige Ar- beitshäuser auf dem Lande, welche 10 Kinder aufweisen können, die für einen solchen speziellen Gewerbszweig vorzubereiten wún- schenswerth wäre, Geseßt aber, es gebe wirklich deren 10, so würde für diese der Unterricht so viel fosten, wie dort fúr 4100. Eben so fann in der Norwood School ein einziger Schullehrer eine Klasse von 130 Kindern beaufsichtigen und während eines Theils des Tages den intellefktuellen und religiósen Theil der Er- ziehung derselben leiten, Nun giebt es zwar wohl einige country workhouses, welche 130 Kinder enthalten; aber das sind Kin- der jeden Alters, Um diese eben so erfolgreich unterrichten zu fónnen, wie es in der Norwood School geschieht, würde eine Trennung der ganzen Anzahl in 6 Klassen nothwendig seyn; man würde also sechs Lehrer statt eines einzigen bedürfen. Aber auch wenn dies geschähe, würde sich eine neue Znkonvenienz her: ausstellen, Denn es würden einige Klassen zu klein seyn, um in denselben wirksamen Unterricht ertheilen zu können, und diese Schwierigkeiten würden in der erwähnten ländlichen Schul: Anstalten noch bedeutend vermehrt werden, da dieselben faum : | der angegebenen Schüler-:Anzahl enthalten, d | Ein zweites Und vielleicht das größte Uebel, wird ferner be-

merkt, welches mit dem gegenwärtigen Systeme verknüpft ist, be- | steht in der Gefahr, eine Schaar von Wesen in die Welt hinaus- | zustoßen, welche lasterhaft in ihren Gewohnheiten und verarmt in ihren Gefühlen sind, welche in der Zukunft eine Last der Gemein- dea oder Kandidaten der Kerker und Gefangenenschiffe zu“ wer- a versprechen. Wenn Wahrheit in dem Saße liegt: wie der | Lehrer, fo die Schule, —- so sey sicherlich in vielen Arbeits- | hausern wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die aus densel-

ben entlassenen Kinder einst gut gesinnte und achtungswerthe Mit- | glieder der Gesellschaft würden. Bei dem jeßigen Zustande der | Dinge werde vielfach gerechte Klage über die Lehrer, über ihre

Trunkenheit, Liederlichkeit und andere Unsittlichkeiten derselben ge- führt; das habe denn zur Folge, daß hâufig. die Kinder von ihnen verschüchtert oder mißhandelt würden. Sodann seyen die meisten Lehrer ganz unfähig, die industrielle Erziehung der Kinder zu über- nehmen, und sie bewiesen sich demnach in dieser Beziehung gro- ßentheils äußerst nachlässig, da siè als Dorf - Schulmeister allein für die intelleftuelle Seite des Unterrichts vorgebildet even. Jn Arbeitshäusern aber fomme es gerade vorzüglich darauf an,

die Kinder zu Handarbeiten anzuleiten. Es müßten hier

eben sowohl die Hânde, wie die Köpfe, beschäftigt werden.

Weil das nicht geschehe, so entstehe von Seiten derjeni- gen Personen, welche solche Kinder aus den Arbeitshäusern zu sich nehmen, so häufig die Klage, daß die Leßteren zwar lesen und schreiben fönnten, aber auch weiter nichts, und es werde solchergestalt die intellektuelle Unterweisung bei inkompeten- ten Beurtheilern häufig in Mißkredit gebracht, Eine Fertigkeit im Technischen der Gewerbe sey Úbrigens gar nicht einmal bei den Lehrern nothwendig; es genúge, wenn sle die nöthige Einsicht in das Technische besäßen, und anzuleiten und zu ton- trolliren verständen, Den meisten Lehrern fehle es überdies auch noch an der nöthigen Autorität, da sie selbst so unwissend und so schlecht erzogen seyen; und doch sey die Autorität des Leh- rers in Arbeitshäusern nothwendiger, als irgend anderswo, Die- sen Uebelständen abzuhelfen, gebe es nur ein Mittel, nämlich die Errichtung eines zweckmäßig organisirten Seminars für die Heranbildung von Armen-Schullehrern.

__ Als ein drittes Hinderniß einer passenden Erziehung in Ar- beitshäusern wird das Zusammenwohnen der Kinder mit den Er- wachsenen angegeben, welches die ersteren der Gefahr der moralischen Befleckung durch die leßteren ausseße, Die Luft solcher Arbeits- häuser sey gewissermaßen schon lasterhaft ; deshalb könne Niemand der Zugend wünschen, daß sie in denselben lebe. Der rößte Theil der erwachsenen Bewohner bilde eine verworfene Flasse,

Erwachsene und

Es sey deshalb von der größten Wichtigkeit, Kinder genau zu scheiden, und man habe deshalb in den Arbeits- häusern fast durchweg für jene, wie fúr diese besondere Wohn- raume und Gârten eingerichtet, Nichts desto weniger fomme man haufig dahinter, daß zwischen den Getrennten eine Conver- sation, nicht selten der obscónsten Art, durch die Wände und aus den Fenstern geführt werde, und eine solche Communication sey nicht ganz zu vermeiden, weil immer noch troß der Trennung so viele Wege der Mittheilung übrig blieben, E Ein viertes Hinderniß wird mit Recht in der Stellung des nspektors eines solchen Arbeitshauses zu dem Schullehrer er- blit, Denn der erstere habe die Leitung der ganzen Anstalt, und deshalb sey ihm auch der leßtere untergeordnet, Nichts desko we- niger sey der Schullehrer fast immer besser unterrichtet, So könne es nicht fehlen, daß zwischen beiden häufige Reibungen und Streitigkeiten entstanden, und oft ein völliger und offener Bruch erfolge, was natürlich die nachtheiligsten Folgen für die ganze anstalt, namentlich aber für die Erziehung der Kinder, haben músse. Nach dieser Aufführung der Schwierigkeiten , welche sich in den Arbeitshäusern einer angemessenen Jugenderziehung entgegen- stellen, legt Herr Tufnell das Endergebniß seiner Untersuchungen vor. England, außert er, habe im Punkte der Armenerzie- hung bisher seine Pflicht nur halb erfüllt, und es seyen demnach kräftige Mittel nothwendig, um dem zu genúgen, was das eigne Zhnteresse und die Menschlichkeit erforderten.

, Das einzig wirksame Mittel zur Beseitigung der bisher an- geführten Mängel und Uebel findet auch Herr Tufnell allein in der Errichtung von Distriftsshulen, deren jede nach einer bereits dem Parlamente empfohlenen Einrichtung mehrere Orts-Armenschul-Vereine umfassen solle. Fúr die bisherigen Flei nen Schulen in den Arbeitshäusern sey es unmöglich, gute Leh- rer zu finden, Diese Unmöglichkeit falle bei den Distriktsschulen hinweg. Jn leßteren müsse man zwar den Lehrer bei weitem besser bezahlen; aber dafür leiste auch einer mehr, als drei in Werkhäusern. Jn den leßteren könnten die Kinder nicht Lo flassifizirt werden; so wie die einzelnen Armenschul-Unionen sich vereinigten, schwinde auch sofort diese Schwierigkeit.

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