1841 / 334 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

E E era 7 nom: Ar reer ee

Man sagt: „Herr Ledrú-Rollin wird in der Daptelirteme Kammer dieselben Dofktrinen aussprechen, wie vor den Say is von Mans, und alle Journale, mit dem E ¿ufWièse Spike, werden seine Reden wiederholen und B if ain Ar

eise einen glänzenden Wiederhall bereiten. a8 Kammer

t L Goar E M Ii ird nichts Aehnliches in der amme hum; Herr Ledrú-Rollin wird nic: S S der A r aus- ; e velcher die Polizei in der Kammer aus-

sagen, weil der Präsident, welcher die L E doe Deputirten übt, es nicht dulden würde, weil die E be u man verlangen würde, daf er zur Os uva eva Meg an a

i i rfen republifanischen ch1labe C Nolli E A E das Wort nehmen und er nicht im Stande seyn würde, die erste Phrase, den ersten artikel seines Systems zu entwickeln. Frühere Vorgänge in der Veputirten- Kammer bestätigen dies, denn der Ruf zur Ordnung wurde oft auf unendlich weniger ernste Gegenstände angewendet; das Wort wurde den Deputirten für Gegenstande entzogen, die weit weni- ger Bedeutung hatten, Man kann republikanischer Deputirter seyn, unter der Bedingung, daß man in der Kammer über seine Dofttrinen ein vollklommenes Stillschweigen beobachtet, und es ist verboten, innerhalb der Mauern des legislativen Palastes ein ostensibles Banner aufzupflanzen, Nur durch Befolgung dieses Verfahrens hatte der verstorbene Garnier Pagès eine erträgliche Stellung, nur dadurch können die Republikaner, wie Herr Arago, sich bei speziellen Fragen in der Kammer Gehör verschaffen. Mögen Herr Ledrú - Rollin und seine Anhänger nicht auf einen solchen Triumph rechnen; er wird, ungeachtet des Verdikts der Jury, nicht stattfinden, und selbst dann, wenn die Regierung in dieser Angelegenheit auch nicht drei Viertel eines Sieges davon- getragen hâtte, würde die Kammer noch immer die Diskussion innerhalb der verfassungsmäßigen Schranken zu halten wissen,

Wir hatten bereits früher Gelegenheit, zu sagen, daß die Jury bei politischen Prozessen ihre Entscheidungen nicht der Logik und der Billigkeit unterwirft; sie gehorcht den Leidenschaften, dem Groll, und, im günstigsten Falle, mehr oder weniger vorgefaßten Meinungen. / j | leicht freigesprochen, die von Mans, der man ihn entzog, weil man

Argwohn gegen sie hegte, hâtte ihn unbedingt für nicht schuldig F erfláârt. Diese Hypothesen, die vollkommen zulässig sind, beweisen, F K f Y Selbst in Jrland scheint man an die Möglichkeit zu glauben, daß,

was auf das Verdikt einer Jury in politischen Angelegenheiten in Bezug auf geseßliche und logische Folgerungen zu geben is, Damit

beschäftigt man sich jedoch am wenigsten und die gleichzeitige An- 1 inf j reine 040 g ; è tische Partei ausschließlich im Besiß der Gewalt zu erhalten, das-

wesenheit der Herren Berryer und Arago bei dem Prozesse des derrn Ledrú-Rollin beweist es. Niemand ist über das Benehmen des Herrn Berryer in Zweifel gewesen, der behauptete, daß er blos die Wahl-Freiheit, die Freiheit der Kandidaten vor ihren künftigen Kommittenten vertheidige. Js es aber nicht klar, daß, wenn diese Freiheit ausartet in Angrisfe gegen die Constitution, Herr Berryer verbrecherische Handlungen vertheidigt? Wir möchten übrigens wohl wissen, was Herr Berryer in ähnlichen Fällen thun würde, wenn er und die Seinigen am Nuder wären. Die Freiheit, wie sie Herr Ledrú- Rollin versteht, und die er heutzutage sehr geseb- máßig findet, würde ihm unstreitig sehr lästig seyn und er würde sie aus allen Kräften bekämpfen, Er hat übrigens in dieser Be- ziehung seine Proben abgelegt, denn Niemand hat Herrn von Polignac wegen der Ordonnanzen herzlicher beglückwounscht, als er. Es isf betrúbend, zu sehen, daß so große Talente sich dem Dienste einer solchen Sache widmen, obgleich sie dieselbe verwerfen, Man begreift wohl die Leidenschaften der Legitimisten und Republikaner unter Umständen, wie sie neuerdings bei den Munizipal-Wahlen in Toulouse stattfanden; aber man begreift nicht, daß das Haupt einer Partei gewissermaßen das Prinzip einer feindlichen Partei vertheidigt, einer Partei, welche die seinige gestürzt hat und die- selbe abermals stürzen würde, wenn sie von neuem zur Gewalt gelangte. e : S Vas Herrn Arago betrifft, so hatte er bei dem Prozesse des Herrn Ledrü- Rollin nichts zu thun, wenigstens als Vertheidiger. Ér i] fein Redner, weiß aber angenehmer und geistreich zu sprechen; er is ein Gelehrter und fein Staatsmann, nicht ein- mál ein Politiker. Seine Unterhaltung interessirt lebhaft das Jnstitut; sein Kursus über Elementar - Astronomie im Kd- niglichen Observatorium ist sehr besucht und im Munizipal-Conseil von Paris verbreitet er oft viel Licht Über administrative Fragen. Jn der Kammer selbs hórt man ihn mit Vergnügen während der Diskussion des Budgets der Wissenschaften; sobald er sich jedoch in die Politik einläßt, bleibt sein Talent weit hinter seinem Un- ternehmen zurück. Er verfällt in einen Anekdoten- Styl, wird persónlich, und es scheint, daß die Fähigkeiten, die es ihm möglich machen, den Himmel zu durchdringen, nicht hinreichend sind, um ihn die einfachsten irdischen Fragen begreifen zu laffen. Er hat Herrn Ledrù - Rollin schlecht, oder besser gesagt, er hakt ihn gar nicht vertheidigt, nicht mehr, als er seine eigenen Prin- zipien vertheidigt hat. Auch Herr Odillon Barrot war in dieser Angelegenheit Oef (inem Dage 2WaS har er mit Jener Freiheit zu thun, die Herr Ledrü-Rollin will, und die an den Kommunis- mus streift? Er, der dynastischen Opposition angehdrend, der 2(d- jutant des ersten März, der Kandidat zum Ministerium und der Apostel, man weiß nicht, welcher Reformen in dem Wahl- System. Herr Barrot weiß sehr wohl, daß bei politischen Pro- zessen die Anwesenheit von Advokaten, welche Deputirte sind, eine gewisse Bedeutung hat, und er hâtte eben sowohl wie Herr Ber- ryer einsehen sollen, daß er sich nicht in der Stellung befindet, die Doktrinen des Herrn Ledrú - Rollin zu vertheidigen oder zu rechtfertigen. Wir werden übrigens sehen, wie die Journale der Rechten und der Linken diese Anomalieen erklären werden, Es is dies ein großes Ereigniß für die Presse, und es wird ihr bis zur Eröffnung des Prozesses Quenisset, der bis zum 1, Dezember verschoben wird, um dem General - Profurator Hébert Zeit zu lassen , sich mit dieser wichtigen Angelegenheit bekannt zu machen hinlänglichen Stoff bieten. ; :

Großbritanien und Zrland,

London, 26. Nov. Die Königin if schon wieder so wohl auf, daß sie an der Familientafel erscheinen fann, Auch in dem Befinden der verwittweten Königin ist, wie es scheint, eine bedeu- tende Besserung eingetreten, denn Jhre Majestät hat sogar auf mehrere Stunden das Bett verlassen können, Der Herzog von Cambridge, der in Kew residirt, war vor einigen Tagen dort er- franft, ist aber auch bereits wieder in der Besserung.

Dem Standard zufolge, wird die Hof-Zeitung heute Abend die Nachricht von der Erhebung des Kronprinzen, Her- zogs von Cornwall, zum Prinzen von Wales bringen,

Die vorgestrige Hof-Zeitung enthält das große Avance-

ment, welches zur Feier der Geburt des Kronprinzen in der Land- und Seemacht vorgenommen worden is, Man erwartet auch

noch Promotionen in der Pairie.

Eine Pariser Jury hâtte Herrn Ledrú- Rollin viel- F

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Seit der Schlacht von Waterloo hat, wie der Morning Advertiser bemerkt, nie in sammtlichen Departements der Ma- rine eine solche Thätigkeit geherrscht, als gegenwärtig. „Jn einem

einzigen Dienstzweige“, sagt dieses Dlatt, „Baden Me i tier

1490

Woche eingesandken Rechnungen den Betrag jeder seit 25 Jahren eingesandten Wochenrechnung um 40,090 Pfd. Sterl. Úberstiegen, Das Marinebudget für das nächste Jahr wird zuverlässig bedeu- tend erhöht werden; denn die Regierung scheint fest entschlossen, den „Wall“ Englands in die kräftigste Verfassung zu seßen, Diese Woche is ein Lieferungsvertrag úber 100,000 Gallonen Rum für die Flotte abgeschlossen worden, nachdem erst vor 2 Monaten ein Kontrakt über dieselbe Quantität dieses geistigen Getränkes vor- hergegangen warz die Hälfte wird in Westindischem Rum geliefert Die Bank hat gestern ihre gewöhnliche Anzeige wegen der bei ihr aufzunehmenden Anleihen von nicht weniger als 2000 Pfd. befannt gemacht und in derselben ihren Diskonto bis zum 14. Ja- nuar auf 5 pCt. feskgestellt, ihn also nicht, woie man fürchtete, er- höht. Uebrigens verlangt sie von den Anleihern eine besondere

‘Promesse außer den zu deponirenden Schaßkammerscheinen oder | | Oftindischen Obligationen.

Der sechswöchentliche Durchschnittépreis von Weizen war am l9ten d, 64 Sh. 8 Pece., der Zoll isk also 22 Sh. 8 Pce. Man

hâlt es nicht fúr wahrscheinlih, daß er in diesem Jahre unter

20 Sh. 8 Pee. fallen werde. Der Umsaß am Getreidemarkte war heute unbedeutend, Fremder Weizen geht nur zu niedrigeren Preisen ab, sten Gerüchte im Umlauf.

Aus Schottland sind günstigere Berichte, den Leinwandhan- del betreffend, eingelaufen, auch wird aus Liverpool gemeldet, daß mehr Nachfrage nach Baumwolle eingetreten is. Indessen ver- hehlt man sich das Bedenkliche der mit dem steigenden Elend im- mer mehr zunehmenden Frechheit der Chartisten nicht.

Gisborne und Wilson in Manchester, Kattundrucker von ei- niger Bedeutung, haben ihre Wechsel zurückgewiesen. Die Passiva sollen 80,009 Pfd, betragen.

Der Admiral Sir John Wells und der berühmte Bildhauer Sir Fr. Chantrey sind gestern hier gestorben,

5 London, 26. Nov. Jn der politischen Welt sieht es

sehr ruhig aus. So drüend auch die Verhältnisse sind, so scheint | die Nation im Ganzen doch entschlossen, nichts zu übereilen und der |

Regierung die Zeit zu lassen, welche sie sich selbst geseßt hat.

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E obgleich das Ministerium vorzüglich aus Personen besteht, welche

einst als Tories keine bessere Politik gekannt, als die protestan-

K selbe unter den neuen Verhältnissen unparteiisch seyn könne. SSeclbf der Unmuth, welchen die Orangisten neulich an den Tag égelegt, weil die Regierung einen Mann satt eines anderen beför-

Dert hatte, scheint dazu gedient zu haben, diese Meinung zu ver- starken. Freilih wollen die Oppositions - Journale aus dem Um- stande, daß der Lord-Lieutenant den Herrn Wesk, welcher sich zurücgeseßt glaubte, zu sich rufen ließ und ihn beruhigte, daraus den Schluß ziehen, daß die Regierung sich vor dem Mißfallen der Orangisten fürchte, und einige Blätter dieser Partei ha- ben selbst diese Meinung unter ihrem Anhange zu verbrei- ten gesucht. Vernünftige Leute jedoch sehen hierin blos einen Beweis, daß die Regierung die Nothwendigkeit fühlt, wo nur immer möglich mit allen Parteien gut zu stehen, besonders mit denen, deren Unterstúßung sie mit ihr Daseyn zu verdanken hat, Zog doch auch Lord Eliot, als O’Connell ein fo furcht- bares Geschrei gegen die Ernennung eines Herrn Brewster als

Rechts-Konsultenten der Regierung erhob, bei mehreren der ange- |

sehensten Katholiken in Dublin Erkundigungen über den wahren Charakter dieses Mannes ein, ehe er sich entschloß, bei der Ernen- nung zu beharren. i

Unter diefen Umskänden darf man fich also nicht wundern, daß, so sehr die Konsumenten im Ganzen auch eine bedeutende Ermäßigung im Getraide - Zoll, eine gänzliche Veränderung im

System, wo nicht gar totale Abschaffung desselben wünschen, die |

League, mit all ihrer Thätigkeit, keine auffallende Bewegung gegen die Getraide- GBeseße hervorzurufen vermag. Aber sie hat sich auch bei der allgemein herrschenden Ueberzeugung, daß in England kein Gewerbe, und am wenigsten der Aerbau, ohne den Schuß eines Zolles, mit den Erzeugnissen des Auslandes zu konkurriren vermödge, durch die Forderung der gânz- lichen Abschaffung aller Zölle, in der öffentlichen Meinung ge- schadet; die sie freilich in feiner anderen Erwartung gemacht hat, als durch diese größte Forderung eine bedeutendere Nachgiebigkeit von den Gutsherren zu erzwingen, als wenn sie dieselbe von vorn herein mäßig gestellt hätte. Aber noch mehr hat sie sich durch ihre demagogische BerfahrungEweise, ihre Uebertreibungen, selbs? Lügen, bei allen mäßigen und gutgesinnten Bürgern geschadet, wenn man auch bekennt, daß ohne dieses alle Hoffnung, die Maf: sen in die Bewegung hineinzuziehen, vergeblich war, wie die, ohne die Bewegung der Massen von den Gutsherren irgend eine Nach- giebigkeit zu erhalten. Aber dennoch hat sie, nach aller Erfahrung, weislich gehandelt, und war es nur ein solches Verfahren, welches (wenn ja in dieser Sache etwas Erkleckliches von der Regierung vorgeschlagen werden sollte) einem Peel und anderen ein- sicht8vollen Männern die Macht giebt, die große Masse de- rer, welche das Heft in ihren Händen zu haben glauben; zur Nachgiebigkeit zu bewegen, Wurden ja alle große Reformen

sich nur, wie im Jahre 1818 die Forderung einer Parlaments: Reform, durch die Heftigkeit eines Hunt, und nach der unglück: lichen Versprengung der Volksversammlung zu Manchester in üblen Ruf verfiel, und wie dennoch 12 Jahre später eine ausge- dehntere Reform skattfand, als selbsk ein Hunt sich hatte trâäumen lassen.

Die Heftigkeit der Chartisten, wie sie sich in kurzem zu Nor- wich und noch neulicher zu Newport in Wales und in dem Theile von London selbsk, Lambeth genannt, wo sie die Annahme einer Glückwunsch - Adresse an die Königin verhinderten, wirkt freilich auch gegen die League, weil es eben diese Klasse ist, welche sie mit aufzuregen sucht. Aber gerade die Furcht, die man vor die- sem Gesindel hegt, wird am Ende ein Haupt-Hebel seyn, um die Gutsherren zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Dieses sehen die Cobden und andere Häupter der League recht gut ein und gehen deswegen, ohne sich durch die Kälte des großen Publikums oder die Schmähungen der Gutsherren und deren Organe im geringsten irre machen zn lassen, auf der einmal betrete- nen Bahn immer weiter fort, Der Konvent, welchen sie

werden, welche ihre Verfahrungsweise mißbilligen. Ließ sich doch Lord Nugent, Oheim des Herzogs von Buckingham, bewegen, nachdem er sich mit úberströmendem Eifer gegen dieselbe ausge- sprochen hatte, als einer der Abgeordneten von dem großen Kirch- spiel Mary-le-bone diesem Konvent beizuwohnen. Inzwischen nimmt der seit einiger Zeit etwas stiller gewor- dene Streit über die Kirchensteuer eine neue Wendung, welche die bedeutendsten Folgen haben muß. Dies ist eine Steuer, wo- zu seit undenklichen Jahren jedes Kirchspiel verpflichtet schien, um die in demselben liegenden Gotteshäuser, insoweit solche

Jn Betreff der Korngeseße find die widersprechend- |

in der neuesten Zeit auf diesem Wege erzwungen. Man erinnere |

berufen hat, wird stattfinden, und selbst von manchen besucht

nämlich zur Staatskirche gehören und nicht (wie manche Kapel- len und selbst Kirchen) Privateigenthum sind, in baulichem Zu- stande zu erhalten. Hierzu wurde immer von den Kirchen - Vor- stehern die Gemeinde berufen, und diese entschied durch die Mehr- heit der Stimmen, ob überhaupt eine solche Steuer zu erheben, und wie viel solche betragen solle, Da nun hierzu jeder Hausherr, ohne Rüsicht auf seinen Kirchenglauben, nach dem in den Gemeinde- Büchern angeseßten Zinswerth seines Hauses beitragen muß, so hat auch jeder Hausherr, ohne Unterschied des Glaubens, eine Stimme. Nun geschah es bis in der neuesten Zeit selten, daß die Steuer verweigert wurde; wo es zur Abstimmung kam, galt es nur im- mer die NRata, wonach die Steuer angelegt werden sollte. Seit- tem aber die Neonkonformisten ihre Stärke kennen gelernt haben ist solche, besonders in Städten, häufig gänzlich verweigert dts den; und in manchen Kirchspielen unterzogen sich diejenigen welche S é L E 5 7 , eiche die Pfarrkirche wirklich besuchten, ohne ihren andersglaubenden Nachbarn beschwerlich fallen zu wollen, und des Friedens halber freiwilligen Beiträgen zur Erhaltung und Verschönerung der Kirche. : _ Seitdem aber die Puseyiten das kirchliche Bewußtseyn so kräftig angeregt, hat man hier und da dieser Mäßigung entsagt; und man is nun eben in einem der hiesigen Kirchspiele in einen Versuch begriffen, ob ein Kirchspiel nicht von den Vorstehern be- steuert werden könne, nahdem die Mehrheit gegen die Steuer entschieden habe. So weit man jeßt den Rechtsstand kennt, kann der Orts-Pfarrer oder sein Bischof mittelst des geist- lichen Gerichtshofes die Vorsteher zwingen, die Kirche in anstän- diger Reparatur zu erhalten; nun will man also sehen, ob es ei- nen Weg giebt, die Einwohner zu zwingen, diese schadlos zu hal- tenz; womit dann freilich alle Berathschlagung und Abstimmung der Gemeinde zur nichtigen Formalität herabsinken würde. Aber die geistlichen Gerichte, die mit ihrem Römischen und fanonisfchen Rechte schon grell genug gegen unsere allgemeine Rechtepflege ab stechen, würden dadurch nur noch verhaßter werden, wenn über- haupt das Volk einen solchen Eingriff in die Grundlage aller sei- ner Freiheiten, das Recht, sich selbst zu besteuern, ertrâgt. Jf es doch schon ein gehässiges Vorrecht dieser Gerichte, daß, wenn einer sich weigert, nach der Entscheidung der Mehrheit der Ge meinde seinen Antheil an der Kirchen - Steuer zu entrichten, daf- selbe nicht, wie bei der Verweigerung anderer Steuern, seine Habe in Beschlag nimmt, sondern sich seiner Person bemächtigt! Die Kirche is zwar stark, stärker als sie es seit vielen Jahren war, aber dieses wäre dennoch ein sehr gefährliches Spiel, be- sonders da der Zwiespalt in ihrem Jnnern täglich offenbarer wird, Nicht die unbedeutendste Wahl kann jeßt zu Oxford statt finden, ohne daß Protestanten und Puseyiten in Kampf gerathen. So in diesem Augenblicke wieder, wo ein Professor der Poesie an die Stelle des ausgetretenen Puseyiten Keble gewählt werden soll. ZJede bringt ihren Kandidaten ins Feld, angeblich wegen seincs Berdienstes im allgemeinen, und jede beschuldigt die andere, daß sie keine andere Absicht habe, als sich zu verstärken. Die öffent lichen Briefe, womit die Doktoren Pusey und Gilbert einander der Parteisucht beschuldigen, sind noch ziemlich höflich; aber die Aufregung unter den Häuptern der Universität und noch mehr unter den Studenten is sehr groß, und die skandaldse Chronik ist hochst geschâftig, die Papistischen Gebräuche einzelner Puseyiten ans Licht zu ziehen,

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Belgien.

Brüssel, 26. Nov. Die Repräsentanten.-- Kammer hielt gestern eine furze Sißung, in welcher der Geseß- Entwurf wegen freier Einfuhr ausländischer Gerste mit 64 gegen 2 Stimnien angenommen wurde,

Unter den neuen Geseß-EntwÜrfen, die der Kammer über geben worden, befindet sich einer, durch welchen die Ausfuhr d Kartoffeln verboten, ein anderer zur Erhöhung der Pension d Wittwe des Bildhauers Kessels, wegen der von demfelben nach gelassenen und dem Staat heimgefallenen Kunstwerke, von 2000 auf 3900 Fr, und endlich der Ratifikations-Entwourf der am 5. Nov. zwischen der Regierung und der Stadt Brüssel abgeschlossenen Uebereinkunft,

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat in dei Repräsentanten - Kammer angezeigt, daß die Konzentrirung Fran zösischer Truppen an der Gränze gänzlich aufgehört habe; daß der einzige Zweck dieser Konzentrirung eine Maßregel der Vor sorge von Seiten der Französischen Regierung gewesen, veranlaßt durch übertriebene Gerüchte über die diesseitigen Vorgänge, daß man aber auch darin nur das Wohlwollen des Französischen Gouvernements anzuerkennen habe. Der Minisker des Jnnern fügte hinzu, daß man vor 15 Monaten in einer solchen Truppen Bewegung allenfalls etwas Beunruhigendes hätte erblicken können; gegenwärtig sey jedoch ein Anlaß dazu nicht mehr vorhanden,

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Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 26. Nov. (Württ. Bl.) Jn der Sil der Kammer der Abgeordneten vom 23, November, in welcher Berathung úber die Straf-Prozeß-:Ordnung fortgeseßt wurde, stellte Knapp den Antrag: daß der ganze Untersuchungs-Arresk an der Strafe abgerechnet werden solle, vorbehaltlich der Strafe, welche der Angeschuldigte durch eine während der Untersuchung began- gene Ungebúhr oder eine strafbare Handlung überhaupt verwirkt habe, Die Kammer beschließt, diesen Antrag an die Kommission zu verweisen. ;

Die Tagesordnung führte nun auf Fortseßung der Bera- thung des Schlußverfahrens. Zunächst wurden die betreffenden Stellen des Kommissions-Berichts über Oeffentlichkeit und Münd- lichkeit, Staats-Anwaltschaft und Staats-Rekurs verlesen Und so- fort von dem Prâsidenten die Debatte erbffnet, die sich heute auf die Frage: ob und in wie weit O effent li keit E Münd- lihkeit im Allgemeinen, ohne Rúksicht auf die lntrâge der Kommission, in einzelnen Straffällen 1m Schlußverfahren einzu- treten habe, zu beschränken hatte. i 2

A A de zuvörderst verschiedene Stellen des Kommissions - Berichts. Sodann fahrt derselbe fort:

Der Nußten der Oeffentlichkeit sey der, daß der erkenttende Rich- ter erfahre, auf welche Weise die Beweilsgründe, beruhen ste in den Bekenntnissen des Angeschuldigten oder in anderen Beweismitteln, erhoben worden seyen. Die unmittelbare Anschauung müsse bessere Wahrheit schaffen, als der Vortrag des Referenten, gestüßt auf das Protokoll; die unmittelbare Erkenntniß der Wahrheit sey sicherer, als die mittelbare, und die unmittelbare Erkenntniß sey die, wenn der Richter aus dem Munde der Zeugen und des Angeschuldigten die Aussagen vernehme, Der Zweck der Oeffentlichkeit und Mänd- lichkeit sey keinesweges, der Neugierde und dem Müßiggang cin Schausptel zu gewähren; der Zweck sey der, das Volk zu überzeu- gen, daß die Nechtspflege so verwaltet werde, wie sie verwaltet wer- den solle, und demselben eine Kenntniß der Gründe zu verschaffen, auf welche das Erkenntniß sich süße, was für den Richter von Fnteresse sey, und gerade in Württemberg um so mehr, damit das Volk erfahre, daß nicht der Richter es sey, der die harte Strafe verhängt habe, daß er vielmehr nur den Vollstrecker des harten Geseßes sey, Er sey für Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens in allen Fnstanzen und in allen Fällen, indem er den von der Kommisston geltend

gemachten Grund, daß es in geringeren Fällen für den Angeschuldig-

ten clbst hart sey, nicht theilen könne, der nur von unserer angebor- |

nen Scheu vor der Oeffentlichkeit herrühre. Man dürfe sich hierbei nicht immer die Lage des Schuldigen denken, man müsse sich auch des Unschuldigen erinnern, der den Gerichts-Saal gleichsam als Sie- ger verlasse. Ueberdies aber müsse er sich für die Reconftruction der Beweis- und Gegenbewcismittel ausfprechen. Durch den von dem Entwurf vorgeschlagenen Vortrag des Anklägers, durch das Verlesen der Vertheidigung, durch die Exception, Replik und Duplik erhalte der Angeschuldigte nur das Ergebniß der Thatsache, allein die Art und Weise, wie sh dieses Bild nah und nach gestaltet habe, die Gründe des Richters bleiben dem Publikum ver- schlossen. Was die Mündlichkeit betreffe, so sey thm wohlbe- kannt, daß auf die Protokolle alles Gewicht gelegt werde, Es habe aber die Berathung in diesem Saale vor wenigen Tagen gezeigt, daß man diesen Protokollen das Vertrauen nicht schenken dürfe, denn im Gefühle ihrer Unsicherheit habe man nach Garantieen gesucht, Die einzige Sicherheit finde sich in der unmittelbaren Anschauung. Rich tig sey es, daß das materielle Rechtsmittel des Rekurses über dke Thatfrage bei der Mündlichkeit ausgeschlossen scy , dann aber bleibe noch der Rekurs Über die Rechtsfrage Übrig. Ueberdies lasse sich eine Berbindung des mündlichen mit dem schriftlichen Verfahren denkei, wenn die vor dem erkennenden Richter gemachten Angaben zu Pro- tokoll genommen werden, wogegen er nichts einzuwenden habe. Der Nedner stellt den Antrag auf ein dffentliches Schlußverfahren in allen Fnstanzen und in allen Fällen mit Reconstructton der Be- weis- und Gegenbeweismittel, welcher Antrag bei Berathung der einzelnen Kommissions - Anträge an den betreffenden Stellen wieder aufgenommen werden wird.

Dörtenbach: Er schäbe es sich zur Ehre, dem verehrten Redner, der so eben gesprochen, sich unmittelbar anschließen zu dürfen, Er lasse Männer vom Fache darüber urtheilen, in wie weit die Oeffentlichkeit eingeführt werden solle, im Allgemeinen er- flâre er sich für eine Ausdehnung derselben, Wenn man nacl den Gründen forsche, die gegen die Oeffentlichkeit geltend gemacht werden, so stoße man immer auf die Besorgniß, daß die Unab- hängigkeit des Richters unter der Oeffentlichkeit leide, Diese Be- forgniß theile er nicht, er halte es vielmehr für eine Aufgabe des neunzehnten Jahrhunderts, die Gerichtsthúren zu bffnen.

von Werner: Wenn der Werth der Oeffentlichkeit auch nur darin bestehe, daß der Verbrecher vor dem Publikum entlarvt und der unschuldig Angeklagte seine Unschuld, seine Ehre vor den Au- gen Aller retten könne, was mehr werth sey, als ein Bogen Pa- pier mit Urtel und Entscheidungs - Gründen, die außer ihm viel: leicht Niemand lese, so sey die Oeffentlichkeit nicht zu theuer er- fauft; sie sey aber auch noch eine sehr lehrreiche Bildungsschule für das Volk, dessen Rechtsgefühl dadurch unmittelbar angeregt und belebt werde, sie sey ferner ein sehr geeignetes Mittel, um die Vaterlandsliebe zu wecken und zu starken 1c. Auf die schon laut gewordene Aeußerung, es habe sich im Bolf noch nie ein Bedürfniß danach kundgegeben, müsse man fragen, wie dies wohl habe bekannt werden können, da wir keine freie Presse haben. Er sey für die möglich breiteste Grundlage der Oeffentlichkeit.

von Zwergern spricht sich für unbedingte Oeffentlichkeit und Múndlichkeit in allen Fällen aus. Die in der Verfassung verheißene Rechtspflege könne nur dadurch erreicht werden, nur darin erhalte das Volk eine Garantie einer unabhängigen Justiz, Nichts könne mehr den Geisk des Volkes heben, nichts mehr das Bertrauen desselben wecken, als die öffentliche Verwoaltung der Rechtspflege. Er erinnere an das Französische und Englische Rolf: mit welcher Liebe hängen diese Völker an ihrer Rechts- pflege ! er erinnere an unsere Deutschen Mitbrüúder am Rhein, die durch ihre Einverleibung in einen fremden Staat die schönste Er- oberung gemacht haben, Von Allem, was er wünsche, gewähre der Entwourf nichts, die Bestimmungen desselben seyen ohne Werth für die Justiz und ohne Werth fúr das Publikum. Er trete den Ansichten und Anträgen des Abgeordneten Duvernoy bei,

Hiller: Auch er músse sich für unbeschränkte Oeffentlichkeit aussprechen, Wenn die Behauptung aufgestellt werde, daß noch feine Stimme danach laut geworden sey, so müsse er dem wider: sprechen und an die Einrichtung der Bürger - Ausschüsse erinnern, die im Verlauf der Zeit an die ihnen gedfsnete Gemeinde - Ver- waltung sich gewöhnt und diese ÖZnstitution liebgewonnen_ haben. Dieselbe Hoffnung hegt er von unserem Volk bei der Oeffentlich- keit der Rechtspflege,

Staatsrath von Prieser sprach sich in einem ausführ- lichen Vortrage folgenderweise aus:

Er wolle die Kammer zunächst daran erinnern, daß der Verfasser des Entwurfs einer der fretsinnigien und geachteisten Rechtsgelehr ten und Staatsmänner Württembergs war: daß setne Arbeit wieder holt, nicht nux von Kommissionen, in welche die tüchtigen Männer vom Fache berufen waren, so wie von dem Geheimen - Rathe, son dern auch von den durch Sachkenntniß und durch Unabhängigkeit der Stellung vorzugsweise zum Urtheil berufenen Ober-Gerichten geprüft und gebilligt worden sey, und daß durch solche wtiederholie Revisto nen und durch die sorgfältigste und umsichtigste Erwägung aller hier in Betracht kommenden Verhältnisse zu Stande gekommene Werk von einer Regterung genehmigt und zur Verabschiedung ciitgebracht wor- den sey, welche sich, wie auch diese Kammer wiederholt anerkannt habe, stets als eine aufrichtige Freundin des Rechts und der Gerech- tigkeit und eines weisen und besonnenen Fortschritts bewährt habe. Schon hierin dürfte für jeden Unbefangenen eine dringende Auffor= derung zum Zweifel liegen, ob die verlangte Ausdehnung der Def fentlichkeit und Mündlichkeit des gerichtlichen Verfahrens auch wirk lich ein Bedürfniß sey, da es doch auffallend wäre, wentt dieses Be- dürfniß von den vielen sachverständigen Männern und Behörden, welche an dem Entwurfe gearbeitet haben, üÜberschen worden oder unbeachtet geblieben scyn würde, Man werde thm aber vielleicht entgegnen, daß dieses Bedürfniß, wenn auch nicht von den Organen der Staatsgewalt, so doch von dem Volke gefühlt und erkannt werde. Er müsse diesem widersprechen. Das Volk sey im Allgemeinen mit der bestehenden Einrichtung und Verwaltung der Rechtspflege zufrieden und beweise unseren nicht öffentlich verhgndelnden Gerichten großes RYertrauen. Fm Laufe der leßten Fahre scyen sämmtliche Bezirksge- richte des Landes von den Gerichtshdfen visitirt worden. Hier- bei werden siets nicht nur das rechtsgelehrte Gerichts - Personal, sondern guch die Gerichts - Beisißer, Schultheißen und andere Personen um ihre Wünsche hinsichtlih der Einrichtung und Ver- waltung der Rechtspflege vernommen. Er habe aber nicht finden fonnen/ daß bei diesem Anlasse Femand den Wunsch nach einem df- fentlichen mündlichen Verfahren in Strafsachen ausgesprochen hätte, was doch gewiß der Fall hâtte seyn müssen, wenn das erwähnte Be- dürfniß im Volke wirklich existirte, Fühle aber das Volk kein Be- dürfniß einer dentlichen Straf-Justiz, schenke dasselbe der bestehenden Einrichtung und Verwaltung der Rechtspflege ein begründetes Ver- trauen, und halten auch die Sachverständigen eine ausgedehnte Oef- fentlihkeit und Mündlichkeit des Verfahrens in Strafsachen weder {ür nothwendig, noch für räthlich, so frage man mit Recht, wozu dann gleichwohl cin so kostspieliges und bedenkliches Experiment in der Geseßgebung gemacht werden solle, Er wolle nicht sagen, daß fein Bedürfniß einer verbesserten Geseßgebung Über das Verfahren in Strafsachen vorliege. Aber dieses Bedürfniß gehe zunächst nur dahin, daß die großentheils nur guf Gerichtsgebrauch beruhenden Normen Sbex den Strafprozeß durch ein gerechtes und humanes Geseß jedem Bürger zugänglich und verständlich gemacht werden sollen; daß der Rechtösgang möglichst beschleunigt und daß der erschreckenden Zu- nahme der Verbrechen aufs kräftigste begegnet werde, Diesem Be- dürfniß werde durch den Geseh-Entwurf in genügender Weise gh-

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| Mehmed- Ali über die nachtheilige Wirkung, welche die 1

Fn Europa hervorbringen würde, die Augen geöffnet. Frkannt, wie gegründet ihre Vorstellungen waren, und der Ordon- | 2E 4 Bals Woo G j S H A A C nNoG doch diese Ge- Manz feine weiteren Folgen gegeben. Jndeß hat er doch diese Ge- ¡Megenheit benußt, um den Gehalt gewisser Angestellten zu vermin- dern, und die italienischen Aerzte und Pharmaceuten, welche bei î »L s , E x C e  Ädem Nückzuge aus Syrien ohne Ausnahme sich als Verräther “J /

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gezeigt und zum Feinde übergegangen, definitiv abzuseßen.

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geholfen, während die beantragte Ausdehnung der Oeffentlichkeit das Verfahren ohne Noth sehr \{chleppend und kostspielig ma- hen würde. Fn Bezug auf die Kostspieligkeit des vorgeschlagenen Verfahrens mache er darauf aufmerksam, das die Kosten der Straf- rechtsyflege seit Fahren foatwährend gestiegen seyen, und daß ein roeiterer bedeutender Kostenaufwand hierfür, au abgesehen von dem vorliegenden Antrage, jedenfalls bevorsiche. Er wolle diesfalls nur einige Zahlen anführen. Jm Jahre 1821 seyen bei sämmtlichen Be-

zirks-Gerichten des Landes 3352 Untersuchungen angefallen. Schon

damals habe man úber große Vermehrung der Verbrechen geklagt. Zwanzig Fahre später, im Jahr 1840— 41, seyen aber 11,434 gericht- liche Untersuchungen anhängig geworden, 35 mal so viel als im Fahre 1821! Die Fnquisttionskoften, welche im Fahre 1821 ungefähr 75,000 Fl. betragen hatten, stiegen im Jahre 1839 u. 40 guf 124,000 Fl., wozu noch 10,000 Fl. Assistenzkosten zu rechnen seyen. Der Aufroand für die gerichtlichen Strafanstalten, welcher sth bereits bis auf 130,000 Fl. jährlich vecmehrt habe, sey mit der zunehmenden Zahl der Strafge- fangenen fortwährend im Steigen begrtfen. Fn dem nächsten Finanz- Etat werden für neue Untersuchungs-Gefängnisse und Strafanstalten bedeutende Summen exigirt werden. Die Vollziehung der Straf- Prozeß-Ordnung mittelst Einführung etnes öffentlichen Schlußver

fahrens in shwereren Kriminalfällen werde einen weiteren bleibenden Kostenaufroand im Betrage von mehr als 13,000 Fl. jährlich verur- sachen, \o wie einen vorübergehenden von etwa 3000 Fl. für Gefäng-

nißbauten. Würde die Oeffentlichkeit auf alle von den Gerichtshöfen abzuurtheilenden Fälle, in welchen es sh von Erkennung entehren- der Strafen handelt, ausgedehnt (7—800 Fälle jährlich), so würde fich der bleibende jährliche Mehraufwoand auf mehr als 100,000 Fl. steigern. Auch müßten an dem Sihe jedes Gerichtshofs große Ge- fängniß-Gebäude mit einem Aufwande von ein paarmalhunderttgu- send Gulden und einem beträchtlichen Gefangenwärter-Personal er

richtet werden. Wolle vollends die Oeffentlichkeit des Schlußverfah- rens auf alle Éreisgertchtlichen Straffälle ausgedehnt werden (etwa 2000 jährlich) so müßten bei jedem Gerichtshofe mehrere Staatsan- wälte bestellt werden, und auch die übrigen Kosten würdet sich enorm vermehren. Eine solche Stetgerung des Aufroandes für die Nechtspflege ließe sich um so weniger rechtfertigen, als das Verfahren nach dem Vorschlage des Abgeordneten Duvernoy sehr \chleppend und unsicher würde. Alle Nachtheile des mündlichen aëfkusatori

schen Straf-Prozesses, welche schon bei Berathung des Artikel 2 des Gescß-Entwurfs nachgewiesen worden, würden außerdem bei die- sem Verfahren eintreten. Dasselbe sey im Wesentlichen nichts an- deres, als der Französtsche Prozeß nur, ohne Fury. Es ginge hier- bei das Rechtsmittel des Rekurses verloren, welches doch von dem höchsten Werthe sey. Lassen wir unseren welshen Nachbarn über dem Rhein ihre mit Rednerkünsten nnd amüsanten Skfandalen ge

schmückten Justiz-Dramas. Dem Deutschen, dem die Rechtspflege cine ernste, heilige Sache sey, könne diese Prozeßform nicht zusagen. Was die Deutsche Nationalität von der Französischen scheidet, soll auch die Gerichts=- Verfassungen beider Völker trennen; denn nirgends spreche sth die Nationalität bezeichnungsvoller aus. Daß unsex nicht-dffentliches Verfahren den Vorzug der Gründlichkeit und Si- cherheit habe, erkennen selbst seine Gegner an. Nux auf Kosten des materiellen Rechts diene die Justiz politischen Nebenzwecken. Fn dem Berichte des Preußischen Justiz-Ministers Mühler sey zunächst nur von Einführung eines mündlichen Anklage-Prozesses in gerin- geren Straffällen die Nede. Sollte aber auch die Preußische Re- gierung sich veranlaßt finden, wie Duvernoy unterstelle, ODeffentlich- cit und Mündlichkeit in Strafsachen in ausgedehnterem Sinne einzuführen , \o ließen sich in einem Staate, der keine aligemeine Landes-Verfassung besiße, Gründe einer solchen Maßregel denken, welche in Württemberg nicht zutreffen. Allem Bisherigen zufolge sey aller Grund vorhanden, dem Antrage des Abgeordneten Duver- noy keine Folge zu geben.

Schweiz. ___ Genf, 22, Nov. (Schweizer Bl.) Die Regierung von Genf, in Besorgniß für die morgenden Ereignisse, laßt in diesem

Augenblicke die ganze Miliz unter die Waffen treten; eine Kolli- |

sion is unvermeidlich. Man schlägt im Repräsentanten-Rath einen Berfassungs-Rath vor; er wird wohl heute beschlossen wérden, Wenn dies nicht. geschieht, so wird sich das Volk zum General: Rath fonskituiren und denselben beschließen. Alle Ausflüchte find nunmehr unmöoglih, Der Staats - Rath hat einen Fehlgrisf begangen, die ganze Miliz einzuberufen; zwei Drit- tel aben 1h geweigert, die Wan zu ovgueifen. Dies sen Morgen wurden die mageren Bataillone, die man zusammen- bringen konnte, um das Rathhaus aufgestellt, um den Plaß frei zu halten. Sie sind forcirt worden ; fask alle Milizen sind aus- einander gegangen. Nicht 500 Mann sind noch unter den Waf- fen und haben ein trauriges Aussehen, den 7—8000 Bürgern ge- genüber, die ihre Rechte fordern. Wahrscheinlich wird diesen Abend alles beendigt seyn. Das Volk ist fest und ruhig; es isk die Haltung der Macht, Nachschrift. Der Verfassungs-Nath ist vom Repräsentanten -: Nath Abends um 4 Uhr beschlossen worden,

Aegypten. Aerandrien, 6. Nov. (L. 1. Z)

Die Conf

uln baben ie Ordon- Manz, die Franken zu verabschieden und die Schulen zu schließen,

F Ér haf an-

[M Jn den lebten Tagen is bier eine Verordnung bekannt ge-

Macht, kraft deren am 1. des Monats Nedscheb die türkischen Münzsorten außer Cours geseßt werden, Es wird dabei jedoch nicht angegeben, welche Maßregel zu dieser Zeit getroffen werden solle. Einige behaupten, man werde den Tarif nach ihrem inneren Werthe, in Vergleich mit den ägyptischen Münzen, bestimmen z

Andere meinen, man werde dieselben nach Konstantinopel schicken,

um sie dort umschmelzen und mit jenen des Pascha auf gleichen Fuß stellen zu lassen; bis zu der Zeit aber, wo die neuen Münzen in Umlauf geseßt werden könnten, werde die türkische Regierung Papiergeld emittiren.

Die Deutsch - Nussischen Dfstsee- Provinzen.

Die Deutsch-Russishen Oftsee-Provinzen, oder Na- tur- und Völkerleben in Kur-, Liv: und Esthland, von Jn G, Kohl, korrespondirendem Mitgliede der Kurländischen Gesellschaft für Literatur und Kunsk, 1841, 8, 2 Bände. Dresden, Arnold.

Man hat der Reise - Literatur neuerdings zuweilen den ge- arúmdeten Vorwurf gemacht, daß sie in Hervorhebung des rein Subjektiven, in Darstellung von persönlichen Erlebnissen und Begeg- nissen ihre wesentlichen Gesichtspunkte verfehle und, dem Vorgange eines geistreichen Mannes aen das augenblicklich Pikante dem bleibend Werthvollen vorziche. Ske verirrt sich damit eben so weit von ihrem wahren Ziele, wie dke Journalistik, wenn diese so häufíg in ihren Feuilletons, wie in ihren leitenden Artikeln, statt allgemeine

Zeit-Fnteressen einzelne Persbnlichkeiten bespricht und mehr auf die tleinliche Neugierde ihrer Leser, als auf ihre Theilnahme an den gro- ßen Bewegungen der Zeit rehnet. Denn wie die Fournal-Literatur die Zeit in ihrem Werden zu ergreifen, die allgemeinen Fnteressen und Tendenzen derselben sih anzueignen und urtheilend zu läutern und zu entwickeln die hohe, einflußretche Anszare hat, wie sie der Stimme der Jntelligenz einen weiteren Wirkungskreis geben soll: so tis gerade die Form der Reise-Darsiellung geeignet, unseren geistigen Bli auf die vorhandenen Zustände zu erweitern und in Vereinigung der man- nigfachen geographischen und historischen, politischen und literarischen Elemente uns das Bild eines Volkes so zu zeichnen, daß sie, den ge- genwärtigen Augenbli firirend, uns darin das Resultat der Vergatt- genheit schen läßt und eine Vorahnung der Zukunft giebt. Mit Freude begrüßen wir jedes Werk, welches dieses Ziel, wenn nicht er- reiht, doch mit Erfolg erstrebt; Über die vorliegende Schrift dürfett wir dies unbedenklich aussprechen. Von lebhaftem Fnteresse für Na- tur- und Völkerleben beseelt und mit cinem scharfen Sinne für das Eigenthümliche darin begabt, hat der Verfasser dem reichen Schaße von Erfahrungen und Beobachtungen, welchen ein längerer Aufent- halt in den verschiedenen Theilen der Ostsee-Provinzen ihn sammeln ließ, durch das Studium der Geschichte, der Sprache und Literatur des Landes erst seine volle Bedeutung gegeben, so daß sich aus der Verbindung aller dieser Momente ein Bild des Landes und seiner Bewohner in scharfen Umrissen und in frischen, lebendigen Farben heraushebt. Ff diesem schon an sich sein Werth unbestreitbar, so fin- det es bei uns noch ein besonderes vaterländisches Fnteresse. Der Kampf der Germanishen und Slavischen Nationalität hat seit einem Jahrtausend eine welthistorishe Bedeutung für die Entwike- lung der Europäischen Verhältnisse, und daß auch tn der Gegenwart setne politische Wichtigkeit nicht geringer ist als sonst, daran sind wir in der neuesien Zeit auf mannigfache Weise erinnert roorden. Die Deutsch-Russischen Oftsee-Provinzen sind ganz eigentlich ein Kriegs=- schauplaß, auf welchem dieser Kampf vor unseren Augen geführt wird; in die Verhältnisse der beiden Nationalitäten, die Art und Lage des Streites etne genaue Einsicht zu erhalten, wird jedem Deutschen Le- ser diese Schrift besonders werth machen, Natürlich kann bet einer Schilderung jener Länder nach Ratur- und Völkerleben der Geget- saß des Germanischen und Slavischen nicht den einzigen Gesichts- punkt bilden, wenn nicht wichtige Gebiete übersehen werden sollen ; aber daß er ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, läßt der Titel des Buches erwarten, der von den Deutsch-Russischen Provinzen zu handelt verspricht, so wie das Motto des ersien Bandes: „Du weiter Ost, wo allgemach Des Deutschen Volkes Well’ erstirbt./

und die Ausführung entspricht dieser Erwartung.

Der Verfasser macht uns zuerst zu Begleftern auf einer Reise, welche uns von dem südlichsten Hafenorte Kurlands, Libau, bald blos den Hauptstraßen folgend, bald Seitenwege einschlagend, durch Kur- land, Livland und Esthland hindurhführt, bis auf dem Wege von Narwa nach Petersburg die leßten Spuren Deutscher Nationalität verschwinden und wir uns mit dem Eintritt in völlig Russisches We- sen aus dem Gebiete der Deutsch-Russtschen Offsee-Länder herausver- seßt finden. Die Menge der einzelnen Bilder, welche uns auf diesem Wege in reicher Mannigfaltigkeit, aber in charakteristischer Auswahl, vorgeführt werden , vereinigt der Verfasser dann in größere Gemälde des allgemeinen Natur- und Völkerlebens diesex Länder; er läßt uns die Gegenden, welche wir im Einzelnen durchwanderten, die sittlichen und politischen Verhältnisse, die wir im besonderen Falle sahen , von einem Höhenpunfkte im Ganzen Überschauen. Fn diesem Sinne fol- gen auf die Reisebeschreibung „Baltische Natur-Ansichten//, dann wird nach ciner genauen Angabe der Elemente der Bevölkerung in den Ost- see-Provinzen eine gusführliche Charakteristik des Lettischen und des Esihnischen Stammes gegeben und in dem Abschnitte „Deutschthum und Russenthum// die gesammte politische, religidse und literarische Stellung der beiden Nationalitäten gegen einander erdrtert. :

Auf den Retsenden , der, aus dem Südwesten kommend, in das Junere Kurlands eindringt, kann die einförmige Natur, nur wenig belebt von der dünnen, spärlich in cinige wenige Städte und auf ein= zelne Güter vertheilten Bevölkerung, keinen anderen als cinen trauri= gen Eindruck machen. Desio wohlthuender is der Kontrast, welcher dazu das gesellige Leben in den höheren Kreisen des Landes bildet : mit zuvorkommender Liberalität darin aufgenommen, wird der Fremde zum Theilnehmer aller Freuden gemacht, welche die Vereinigung un-= ter Gebildeten in behaglicher, wohlthätiger äußerer Einrichtung ge- währen kann, oder die man der Natur im Sommer an der See, îm Winter auf Jagden abgewinnt. Von der nordischen Gaftfreiheit dem Leben in den Seebädern und auf den Fagden giebt uns der Ver fasser eine höchst freundliche und liebliche Schilderung; und wohl ge- ¡iemt es dem Gasie, den dankbare Erinnerung an diefes Land tnüpft, die Lichtseiten des Lebens hervorzuheben und damit zugleich den Leser zu weiterer Bekanntschaft mit dem Lande einzuladen. Was der Ver- fasser verschweigt oder leise andeutet, liest man {hon zwischen den Zeilen. j J

Den Mittelpunkt für das gesellige Leben der vornehmen Welt Kur- lands bildet Mit au und zeigt in den Wintermonaten, wo viele adelige Familien von thren Gütern sich hierher Übersiedeln, einen Glanz, welcher die Größe der Stadt bei weitem übertrifft. Ein Weg von nur fünf Mei- len führt den Reisenden von da nah der Hauptstadt Livlands Riga; aber nicht leiht wird sich sonst bei so geringer Entfernung so starker Gegensaß zeigen. „Riga mit hohen gothischen Häusern und engen altreichstädtischen Gassen, das Ganze fompaft und aus Stein gemeißelt. Mitau dagegen mit regelmäßigen Straßen, mit nie= drigen Häusern, die sich threr ganzen Länge nach an den Gassen hin- ztehen; dieHauUser fast alle nur einstöcktg, aus Holz zusammengezimmert. Riga wurde von Bürgern auf- und ausgebaut, von ächten Städtern, die ihre Geburt undihr Ende, thren ganzen Lebenslauf und Wirkungskreis in- nerhalb der Mauern der Stadt abschlossen ; Mitau dagegen von Herd getr und Edelleuten, die, auf thren Landgütern an weite Räume oéwdhnt auch in der Stadt, wo ohnedies ihres Bleibens nicht wae, nur für die Saison ciniger Wintermonate ihre Wohnungen gleichsam etwas näher an einander schoben. Riga erhielt sich rein von Juden, wie eine keusche Fuitgfrau von zudringlichen Liebhabern; Mitau dage- gen wimmelt von Fsraeliten , wie eine iúdishe Synagoge. Riga ist durchaus ete Kaufmannssiadt mit Geld-Aristokratie und búrgerli- cher Thätigkeit, Mitau dagegen echte Aèels-Kapitale mit Geburts- Aristokratie und feiner, vornehmer Geselligkeit./ Jn sich selbs zeigt Riga einen anderen Gegensaß, der diese Stadt wie zu einem Minig- tur- Bilde der Deulsch-Russischen Ostsee-Provinzen macht. Denn es trennt sich die Stadt entschieden und im shro}sten Kontraste in den alten inneren Deutschen Stadtkern und die darum angeseßten Russi schen Vorstädte. Fener is klein an Umfang, mit thurmhohen Häu sern, engen, finsteren Gassen und Gäßchen ; diese dehnen sich in ge raden Straßen von unabschbarer Länge und Breite, deren weiß oder gelh angestrichene, meistens hölzerne Häuser mit ihrer großen Säulen: Berschwendung mehr ein pomphaftes Aeußere als ein solides Fnnere zei- gei. Es ist, als hätten fich die 30,000 Deutsche in der alten Stadt als ih rer Burg gegen die zu 20,000 erwachsenen und in steter Zunahme begrife- nen Russen verschattzt, welche in den Vorstädten lagern und tmmer drin- gender die Zulassung zum vollen Bürgerrechte, die Gleichseßung ihrer unzünftigen Gewerbe mit den städtischen Zünften, kurz, Aufhebung der in der Capitulation von 1710 gesicherten Privilegien , fordert.

| Die Rechte des Bestehenden einerseits und des Werdenden, kräftig

Erwachsenden andererseits liegen hier noch eben so im Streit, wie zu Anfange von Alexander’s Regierung, als die Rigenser in einer in- teressanten Petition , die der Verfasser mittheilt, die Aufrechterhaltung ihrer alten Jnstitutionen erbaten. / . e Wie Riga, so zeigt sich Rewal, die nördlichsie Stadt Esthlands, in seiner Bauart, seinen städtischen Einrichtungen und deren alterthümlich Deutschen Benennuttgen, U der ganzen Bildung und dem geselligen Tone seiner Etnwohtterschaft, als eine Deutsche Stadt; aber hier fehlt der Kampf-_ der in Riga die Kräfte in frischer Thätigkeit erhält, oder er iff schon ausgekämpft. Die Handels-Privilegien, durch welche Petersburg von seiner Ent= sichung an gehoben is, haben den Handel Rewals beinahe zu gänz