1841 / 336 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Angelegenheiten herbeiwünschte, was ihm von jenem Blatte sehr verargt und als ein blos aus religiósem Parteihaß hervorgehender, dem politischen Charakter und der Stellung O’Connell’s ganz widersprechender Wunsch dargestellt worden war, :

Was dann die weitere Behauptung der Morning-Chro- nicle betreffe, sagte O’Connell, als ob er durch Herabseßung

Espartero’s Englands Macht zu schwächen suche, so sehe er keinen Grund, weshalb er England stark wünschen solle, so lange die Tories am Ruder seyen, um sein Land zu beschimpfen und zu unterdrücken, Sein Antrag, daß dem Comité der Auftrag ertheilt werde, eine Bitschrift an die Königin um Lord de Grey's und Lord Eliot’'s Abseßung dem Vereine vorzulegen, wurde hierauf angenommen, : L i E ;

In den hiesigen Blättern wird jeßt wieder lebhaft über die Käuflichkeit der Öffizier-Stellen verhandelt, und namentlich Oberstk- Lieutenant Mitchel empfiehlt aufs dringendste, die jeßt als Pri- vateigenthum behandelten Patente, sobald sie feil würden, vom Staat aufkaufen zu lassen, damit dieser sie allmälig nach Ver- dienst zu vertheilen das Recht erhalte.

Die Silber-Ausfuhr aus dem Londoner Hafen war während der am leßten Donnerstage abgelaufenen Woche sehr bedeutend, indem sie 150,000 Unzen. nach Rotterdam, 194,131 nach Ham- burg, 200,000 Unzen nach Calais betrug.

Auf der London-Croydon-Eisenbahn is gestern früh um 3 Uhr ein abermaliger Einsturz der Erdwände jenseits Newcroß erfolgt und hat die Schienen fast 30 Fuß tief bedeckt. Sogleich wurden Úber 100 Arbeiter und zwei Maschinen in Thätigkeit geseßt, um die Erde wegzuschaffen, was jedoch mehrere Tage dauern wird,

Eine Zeitung von Monmouth berichtet, daß dies Kartoffel Aerndte in ganz Wales weit unter dem gewöhnlichen Durchschnitts- ertrage geblieben, und das bei dem nassen Wetter große Massen in der Erde verfault seyen. Auch aus anderen Theilen des Lan- des vernimmt man dieselbe Klage.

Die zu Falmouth liegende Aegyptische Korvette ist aus der Quarantaine entlassen worden, Jhre Mannschaft besteht aus 32 Aegyptern und 10 Maltesern. JZJhr Befehlshaber, Mahomed Seid, ist Capitain in der Aegyptischen Flotte und hat einen Se- cretair nebst einem Maltesischen Dolmetscher bei sich. Die La- dung von 3000 Quarter Weizen, welche sich sehr erhißt hat, da sie 106 Tage im Schiffe war, soll sofort ausgeladen und gela- gert werden, :

Belgien.

Brüssel, 29, Nov. Der König befindet sich jeßt auf sei- nem Landgut Ardenne im Belgischen Luxemburg.

Vorgeskern Abend is auf der Eisenbahn zwischen Brüssel und Mons ein Zug von acht Wagen aus den Schienen gewichen. Glülicherweise war jedoch an dieser Stelle die Bahn ganz im Niveau mit dem Boden, so daß, obwohl mehrere Wagen um- stúrzten, die Passagiere doch nicht erheblich verlekt wurden. Es ward dadurch nur ein Aufenthalt von vier Stunden herbeigeführt.

Die Regierung hat der Repräsentanten-Kammer einen Ge- seß-Entwurf vorlegen lassen, wodurch das Kontingent der Armee für 1842 auf 10,000 Mann und das des effektiven Truppenstan- des auf 30,000 Mann festgeseßt wird. Ein anderer Geseß-Ent- wurf bestimmt die Zoll - Büreaus, über welche in Zukunft Preu- ßische Steinkohlen, die durch das diesseitige Luxemburgische gchen, in Belgien eingeführt werden können, e

X77 Brüssel, 29. Nov. Die Kammer der Repräsentanten ist jebt, in den Sectionen, mit der vorläufigen Práfung der ver- schiedenen Zweige des sich auf 105 Millionen Fr. belaufenden Budgets beschäftigt. Bei Vergleichung desselben mit dem vom vorigen Jahre bemerkt man keine erhebliche Veränderungen und die Diskussion desselben wird auch minder heftig als in der vori: gen Sißung seyn.

Die vor einigen Tagen vom Minister der auswärtigen An- gelegenheiten úber die theilweis vollzogene, jeßt aufgehobene, Fran- zösische Truppen - Konzentrirung an der Belgischen Gränze ge- machte Mittheilung, welche so merkwürdig von der ersken Erklä- rung abweicht, is allgemein aufgefallen und mußte natürlich einigen Eindruck machen, Der Minister hatte bekanntlich in der Kammer mit einer besonderen Emotion erklârt, daß diese mi- litairische Maßnahme ganz ohne Wissen der Belgischen Regierung getroffen sey, und daß er selbst die Thatsache zu seinem nicht ge- ringen Erstaunen erst durch die Tagesblâtter erfahren und unmit- telbar von der Französischen' Regierung eine nähere Erklärung ver- langt habe. Wenn daher derselbe Minister nah 5 Ta- gen, binnen welcher Zeit die Jnformation in Paris stattge- funden hatte, versicherte, daß die Truppen - Konzentrirung, môge sie von der Belgischen Regierung hervorgerufen seyn oder nicht, ein neuer Beweis der Sympathie Frankreichs fúr Bel- gien sey, so mußte diese Sprache in der Kammer wie im Publi- kum wohl auffallen und die Opposition schickte sih auch un- mittelbar an, diese schwache Seite anzugreifen, um tiefer einzudrin- gen, als die Majorität eben so schnell dem Minister zu Hülfe fam und durch den votirten Uebergang zur Tagesordnung das weitere Eingehen in den Gegenstand verhinderte. Die erske, rasche von der Stimmung des Augenblicks eingegebene Erklärung mochte von der nachbarlichen Regierung etwas úbel empfunden werden; die leßte Mittheilung war dagegen von diplomatischen Rücksichten ein- gefloßt, denn es bleibt Thatsache, daß das Belgische Ministerium eine solche militairische Maßregel nicht nachgesucht hat. Sollte sie aber die Französische Regierung genommen haben, weil sie, wie der hiesige Minister des Jnnern zu verstehen gab, der neulichen Con- spiration eine zu große Wichtigkeit beigemessen, so kann dies un- möglich nach den öffentlich bekannt gewordenen Thatsachen, son- dern nur nah diplomatischen von der Belgischen Regierung selbs

ausgehenden Berichten geschehen seyn. Es ist dies auch die kon- sequente Auslegung, welche jener Erklärung des Ministers des Znnern gegeben ward. Die Untersuchung des Komplots if aller- dings allmälig ausgedehnter geworden; es war unverkennbar auch in der Absicht inquirirt, allen Verzweigungen desselben, auch mit dem Machbarlande auf die Spur zu fommen. Ob aber die Un- tersuchung den Gerüchten, welche gleich anfangs in Umlauf kamen, aber auch zum großen Theil widerlegt wurden, eine festere Unter- lage geben wird, bleibt dahin gestellt. Man hat freilich in leßte- rer Zeit von Holland aus besondere Rücksichten gegen die im Bel- gischen herrschenden Ansichten und Interessen wahrnehmen wollen und dafür Thatsachen angeführt, wie die projektirte Vollziehung des Konkordats in Hollands, die innere und äußere Politik in Bezug auf die Luxemburgischen Angelegenheiten, die Ernennung zu den höchsten Staats-Aemtern von noch kürzlich entschieden Bel: gis gesinnten Personen, u. a. m, Allein, ohne die Bedeu- dentheit dieser Thatsachen zu bestreiten, möchten wir uns doch nicht Úber Tendenzen E N bon m1 nr einlassen, bei der ein

ehlgreifen sehr leicht ist. Sr B oriG erigen: die von verschiedenen Seiten in den Deutschen Journalen enthalten waren, und von den hiesigen mit- getheilt wurden, daß die Deutschen Mächte überhaupt jede Bedro-

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hung Belgiens von einem Nachbarlande, von welchem es durch einen völkerrechtlichen Aft separirt ist, entschieden mißbilligen und nöthigenfalls selbst Belgien Beistand leisken würden, sind als ein Beweis des immer freundlicheren Vernehmens zwischen Deutsch- a und Belgien mit besonderer Zufriedenheit aufgenemmen worden,

Die Handels:-Negociationen in Paris haben ihren stillen Fort-

gang. Eine Hauptschwierigkeit bildet der Leinwand-Artikel, Ohne

die Zurücknahme der leßteren von Frankreich festgeseßten Beschrän- kungen, werden die Flanderischen Provinzen, wo die Leinwand-Fa- brication den Hauptbetrieb der sehr bevölkerten Ortschaften bildet

von dem Handels-Traftate keinen Gewinn haben, der dann nur |

den Wallonischen Provinzen zu Gute kommt, und in diesem Fall dürfte selbsk ein Traktat in den Kammern bei den Flandrischen De- putirten Opposition finden. Allein man darf auch nicht vergessen, daß die Leinwand-Fabrication sich jeßt in allen Ländern in einer durch den Uebergang von der gewöhnlichen Weberei zur Maschinen-We- berei hervorgerufenen und immer bedeutender werdenden Krise be- findet, und man fann es gewiß der Französischen Regierung nicht verargen, wenn sie auch für die zahlreiche von dieser Jnduftrie lebende Population besonders der ndôrdlichen Provinzen des Lan- des diesen Uebergang durch größere Beschüßung der einhei- mischen Weberei zu vermitteln sucht; man muß sich nur feine Jllusionen mehr úber das Endresultat des käuin eingeleiteten und schon so sichtbar sich nach der einen Seite hin entscheidenden Kampfes zwischen der alten und neuen Fabricationsweise machen. Wir glauben daher auch, daß die hiesige von der Kammer in Be- treff des Leinwand-Artikels eingeseßte Untersuchungs - Kommission noch zu sehr an das lange Nebeneinanderbestehen der beiden We- bearten geglaubt und sich deshalb in mehreren von ihr vorgeschla- genen Maßregeln vergriffen hat.

Die katholischen Journale haben bis jeßt kein Wort úber die vom Römischen Hofe an die hiesigen Bischöfe erlassene Ermah- nung fallen lassen, dem Antrage um Konstituirung der katholischen Universität als Civilperson keine Folge zu geben, obschon mehrere liberale Journale die Nachricht wiederholt als gewiß mitgetheilt haben. Einige Verfechter der katholischen Meinung in der Kam- mer sind des Vorfalls wegen besonders gegen das Ministerium, als den Betreiber der Maßregel, sehr úbel gestimmt, und man behauptet sogar, daß dieselben auf die Diskussion des Antrages bestehen wollen, was aber nicht glaublich scheint, Wohl dürfte aber während des jeßigen Stillschweigens der katholischen Blärter von den Bischöfen selbst ein Versuch gemacht werden, in Nom andere Ansichten von der Sache hervorzurufen,

Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 25, Nov. (Württ. Bl.) Die Si6ung der Abgeordneten- Kammer, in welcher die (gestern erwähnte) Verwer- fung des Antrages auf eine Staats-Anwaltschaft erfolgte, begann damit, daß der Prâsident mit Bezug auf die gestrigen Ver- handlungen die Frage richtete, ob auch daruber ein Widerspruch statt- finde, daß in den unterstellten schwersten Straffällen das dffent- liche und mündliche Schlußverfahren stattfinde, was durch Zuruf von der Versammlung bejaht wurde.

Rúmelin von Weinsberg: Bevor auf die Diskussion selbs eingegangen werde, müsse er sich dahin aussprechen, daß, nachdem der akfusatorische Prozeß verworfen worden sey, nach seiner An- sicht ein dffentliches Verfahren unausführbar sey, weil der akku- satorische Prozeß die unentbehrliche Grundlage cines öffentlichen Berfahrens bilde.

von Scheurlen: Der Herr Abgeordnete habe wohl den Französischen Anklage-Prozeß im Auge, diesen habe die Kammer allerdings verworfen, damit habe aber die Kammer noch nicht erflârt, daß sie ein öffentliches Schluß-Verfahren nicht wolle; er sey keinesweges der Ansicht, daß die Oeffentlichkeit unvereinbar sey mit demjenigen Verfahren, wie es der Entwurf und die Kommis- sion in größerer Ausdehnung wolle, Nach seiner vollen Ueber- zeugung gewähre das Schluß - Verfahren wichtige Garantieen, die gewiß mehr seyen, als eine bloße Förmlichkeit, für welche man das Schluß-Verfahren ausgeben tolle.

Knapp: Wenn wir davon ausgehen, daß die dffentliche Schlußverhandlung dazu bestimmt sey, die Treue der Akten zu fonstatiren, wenn diese Akten die einzige und unmittelbare Grundlage der Entscheidung bilden sollen, wenn der Richter der: jenige bleiben soll, welcher zugleich den Ankläger gegen den Ange- schuldigten macht, so müsse man allerdings zugeben, daß in dem neuen Schlußverfahren keine Spur des Anklage- Prozesses sey. Wozu man dem Publikum ein Schauspiel bereiten solle? Ob es nicht eine Täuschung sey, wenn wir in diesem Schlußverfahren eine Anklage vorstellen, zugleich aber sagen, es finde ein Anklage- verfahren nicht statt? Wenn wir das Schlußverfahren einzig als die Kontrole der Vollständigkeit der Akten betrachten, o falle von selbst die Nothwendigkeit cines Anklägers hinweg. Einem Verfahren, zu dessen Behuf man einen Staats-Anwalt bestellen wolle mit den gefährlichsken Attributen im Jnquisitions - Prozeß, kónne er seine Zustimmung nicht geben.

Direktor von Bezzenberger: Schon in der gestrigen Sißung habe er ausgesprochen, daß das Schlußverfahren kein Schauspiel seyn solle und auch nicht sey. Es sey bestimmt für den Angeklagten, um diesem Gelegenheit zu geben, vor dem er- fennenden Richter seine Vertheidigung vorzutragen, für den Rich- ter, um sich von der Treue der Akten zu úberzeugen, und für das Publikum, um die Geseßlichkeit des Verfahrens zu erkennen, Bei dem dffentlichen Schlußverfahren sey aber die Bestellung eines Anklägers unentbehrlich. Der Vortrag - einer Anklage - Akte sey nicht zu umgehen, was aber von einem Mitgliede des Gerichts nicht geschehen könne, ohne daß die Stellung des Gerichts gegen- úber von dem Angeklagten verrückt würde, ein Mißstand, der auch dadurch keinesweges vermieden würde, wenn sich auch dieses Mit- glied des Gerichts der Theilnahme an der Entscheidung enthal- ten wurde.

Die Debatte ging nun zu den Paragraphen úber, welche die |

Stellung des proponirten Staats- Anwalts betreffen, Folgendes sind die Hauptbestimmungen des Entwurfs:

¡In hôheren Straffällen sind die cingekommenen Akten, sobald sie von dem Gerichtshofe für geschlossen angenommen worden, dem bei demselben angestellten Staats-Anwalt zu übergeben. // „„Der Staats-Anwalt ist vor allem zu prüfen verpflichtet, ob alle Umstände, welche auf das End - Urtheil von Einfluß seyn können, durch die Untersuchung in das Klare geseßt seyen, Entdeckt ev hierbei wesent- liche Mängel, #o hat er die zur Hebung derselben erforderliche Wieder- Aufnahme der Uktérfuchüng bei dem Gericht schriftlich in Antrag zu bringen. Hält dagegen der Staats-Anwalt die Unter- suchung für erschöpft, jedoch weder Verurtheilung noch Entbindung des Angeschuldigten von der Fnstanz für begründet, so hat er den Antrag auf Freisprechung des Angeschuldigten zu stellen. Tritt das erkennende Gericht diesem Antrage bei, so findet das Schluß - Ver- fahren nicht statt, sondern es ist das auf Freisprechung gerichtete Erkenntniß sogleich an das Untersuchungs - Gericht auszufertigen, Wird aber ein solcher Antrag von dem erkennenden Gerichte ver- worfen, oder reichen ngch dem Erachten des Staats - Anwalts die

erhobetteit Beweise zur Verurtheilung oder zur Entbindung des An- geschuldigten von der Fnsianz hin, so soll der Staats-Anwalt diese Meinung in Form ciner Anklage - Akte näher begründen, //

Die Kommission, welche den Staats - Anwalt nicht zu einen bloßen Gehülfen des Gerichts gemacht wissen will, stellt hierbei den Antrag, statt der Schlußworte: „so soll begründen“, zu seßen: „so soll der Staats - Anwalt die gegen den Angeschul: digten sprechenden Gründe zwar in seinem Vortrag zusammen- stellen, ohne aber genöthigt zu seyn, einen Antrag auf Verurthei- lung oder Jnstanz-Entbindung in einem Anfklage-Afte zu stellen.“

Direktor von Bezzenberger: Es sey mit der Stellung des Staats-Anwalts nicht so unvereinbar, wie die Kommission an- nehme, wenn der Staats-Anwalt verpflichtet sey, auch gegen seine Ansicht eine Anklage zu stellen, Jn Frankreich, dem Vaterlande der Staats - Anwaltschaft, werde es nicht anders gehalten, denn dort habe der Staats-Anwalt gleichfalls Weisungen von dem Ap- pellhofe zu empfangen. Jn der Praxis würde sih die Sache nach dem Antrage der Kommission ganz mißlich machen; es wäre eine Klage ohne Petitum, es müßte auch einen Übeln Ein- druck machen, wenn man zum voraus wüßte, daß der Staats- Anwalt und das Gericht verschiedener Ansicht seyen. j

Knapp: Eine solche an den Staats-Anwalt ergehende Weisung des Gerichts zeige, daß bereits ein Beschluß des leßteren vorliege, Das Gericht sage, der Staats-Anwalt halte den Angeklagten für nicht schuldig, es halte ihn aber für schuldig, Hierdurch habe das Ge- richt in der That schon das Schuldig beschlossenz es sey dies ein neuer Beweis, daß diese Staats - Anwaltschaft in das ganze Sy stem nicht passe. Man spreche immer gegen fremde Jnstitutio- nen, nehme aber jeßt gerade diejenige auf, welche die Lage des Angeklagten verschlimmere, dem außer dem Richter noch ein b sonderer Ankläger gegeben werde. Direktor vonBezzenber: ger: Es sey nicht nöthig, daß das Gericht úber die Schuld des Angeklagten schon im Neinen seyz es sey dies rechtlich“ nicht möglich, da ja die Vertheidigung noch nicht eingekbommen sey. von Rummel: Er sey überzeugt, daß man den Staats-Anwalt nicht brauche. Das ganze inquisitorische Verfahren würde durch den Staats-Anwalt turbirt, und er sey für die Reinhaltung des selben, von Probst: Der Staats-Anwalt würde über den Richter gestellt.

Knapp: Er müsse cinen dem Kommissions-Antrage und dem Entwurf entgegenstehenden Antrag stellen: „daß der Referent die Anklage-Akte zu fertigen habe, derselbe aber von der Entscheidung ausgeschlossen seyn solle.“ Dem Wärttembergischen Publikum werde durch die Aufstellung eines besonderen Staats-Anwalts von unserem Prozeß keine andere Meinung beigebracht, Van werde wissen, daß wir Jnquisitions-Gerichte haben, welche die Untersuchung von Amtswegen beginnen, fortführen und das Erkenntniß von Amts wegen auf den Grund der Akten úber die darin vorkommenden Anschuldigungen aussprechen, ohne daß sie an den Antrag des Staats-Anwalts gebunden seyen. Die Staats-Anwaltschaft pajso zu dem Jnquisitions- Prozesse nicht und sey nicht nur überflüssig, fondern auch gefährlich. Er bemerke, daß die hoheren Gerichte seine Ansicht getheilt haben, indem sie bei der Begutachtung des Entwurfs von 1828 sich gegen dieses neue Jnstitut, als der Un abhängigkeit der Gerichte gefährlich, ausgesprochen haben, Auch dem Ministerium selbst habe der Staats - Anwalt bedenklich ge schienen, indem es ihn erst durch seine selbsiständige und unab- hängige Stellung empfohlen habe, welche freilich jeßt durch Zu rúcknahme des Art. 367 beseitigt sey. Es sey gefährlicher, wenn die von dem Ministerium in vielfacher Beziehung abhängigen Richter vor der Entscheidung eines Falls die Ansicht dejjelben erfahren, als nachher. Man könne dem Publikum doch durch Bestellung eines Staats-Anwalts nicht glauben machen, daß tas Gericht neutral sey, Wenn sih auch der Vertheidiger durch schóne Darstellung auszeichne, so stehe ihm der ruhige Vortrag des Referenten entgegen. von Mosthaf: Wenn wir einen Ankläger bekommen, so bekommen wir auch einen Staats-Anwalt mit Rekursrecht, und das wünsche er nicht, denn durch det Staats-Anwalt bekomme der Richter immer einen Wink von Administrativ - Behörde. Die Erfahrung sey auch nicht die, d die Gerichtshöfe zu gelind sprechen, von Zwergern: Das im Entwurf gegebene Schlußverfahren sey nichts Anderes, als eine dramatische Darstellung des Prozesses. Wenn die Kammer im Jahre 1833 um Oeffentlichkeit und Mündlichkeit gebeten habe, so habe man feinen Staats-Anwalt gewollt; es sey nichts Ande res, als eine Verstärkung der Regierungs-Getwalt in Untersuchungs sachen. Die Regierung stelle die Richter anz sle werde nur solche anstellen, auf die sie sich verlassen könne, Das Aergste aber sey, daß die Regierung, damit nicht zufrieden, auch noch ein Rekurs recht wolle.

Staatsrath von Prieser: Er hâtte nicht geglaubt, daß der Regierung der Vorwurf gemacht werden würde, sie strebe, ihren Ein fluß auf die Straf-Rechtspflege zu verstärken. Mit gerechter Ent rüstung weise er diesen Vorwurf zurück. Nur um die Sicherheit der Rechtëpflege zu begründen und ihre Garantieen zu erhöhen, habe sich die Regierung veranlaßt gesehen, den Staats - Anwalt einzuführen, Wenn von dem Vertheidiger eine mit allen Red nerfünsten ausgeschmückte Vertheidigung vorgetragen werde, o müsse diesem ein Gegner gegenübergestellt seyn, wenn das Gerich( nicht in dem nachtheiligsten Licht erscheinen solle; ohne eine solche besondere Person könne ein dffentliches Verfahren gar nicht skatt finden. Der Staats-Anwalt sey keine gefährliche Person, wie ihn der Abgeordnete Knapp geschildert habe; er habe nicht sämmtliche Attribute des Französischen Staats - Anwalts; die Oeffentlichkeit hebe gewiß alle Besorgnisse. Das erkennende Gericht bleibe vor wie nah unabhängig, und es sey für die Ermittelung der Schuld wie der Unschuld gleich verpflichtet ; Überdies stehe ja der Staats- Anwalt dem Defensor gegenüber und vertrete hier die Stelle einer Partie, welche einem Mitgliede des Gerichts nicht übertragen wer: den könne. S L

von Scheurlen: Der Abgeordnete Knapp wolle durch seinen Vorschlag eine Einrichtung einführen, welche A in keiner anderen Geseßgebung finde. Er wolle sich nur die Bemerkung erlauben, wie denn die Stellung des Referenten gegenüber vom Vertheidiger beschaffen seyn solle? Dieser tverde n jenem ein Mitglied des Gerichts schen und könne leicht in seiner Stellung schwankend werden. Er lege cinen großen Werth darauf, daß der Angeschuldigte vor den erkennenden Richter gestellt werde, er finde hierin für jenen eine bedeutende Garantie. Wolle man aber diese Garantie, so sey eine andere Person als der Referent zu Struirung der Anklage nöthig. von Gmelin stimmt diesen Gründen bei, Vom Staats-Rekurse sey jeßt noch keine Rede, den habe die Kammer noch in ihrer Hand. Holzin- ger: Wenn man, wie der Abgeordnete von Mosthaf, das Schlußverfahren für eine Komödie halte, und jenes nicht wolle, so werde man auch feine Schauspieler wollen, Er halte aber das Schlußverfahren für einen sehr wichtigen und zweckmäßigen Schlußstein in dem Baue unseres Prozesses. Er könne sich nicht von der Ueberzeugung trennen, daß die unmittelbare Wahrneh- mung bei der Beweisfrage eine Hauptsache sey, Hierdurch erlan-

gen das entscheidende Gericht, die Parteien und das Publifkunr vollkommene Kenntniß von den entscheidenden Thatsachen und Beweisen. Daraus werde aber auch die Nothwendigkeit hervor- gehen, daß der Ankläger eine vom Richter verschiedene Person seyn müsse. Daß diese der Referent sey, könne er nicht anneh: men; wer sollte bei der Entscheidung referiren ?

Duvernoy: Gestern sey von einer Seite her der Bersuch gemacht worden, das offentliche, mündliche Verfahren zu verdächti: gen, weil es sich auch in einem Staate befinde, wo noch Formen bestehen, die man in Deutschland nicht kenne, Heute trage man aber fein Bedenken, das Jnsfstitut der Staats-Anwaltschaft auf jede Weise zu vertheidigen; man bedenke aber nicht, daß hiebei ein Land in Frage komme, vor dessen Jnftitutionen gestern ge- warnt worden sey: man ziehe hierbei nicht in nähere Erwägung, daß der Staats-Anwalt zu einer Zeit dort entstanden ist, wo das ultramonarchische Prinzip jede freie Außerung zu erfticken drohte, Man habe schon den Trost gehört, daß die Gerichte für die Schuld, wie fúr die Unschuld gleich thätig zu seyn verpflichtet seyen; jeßt wagt man aber, doppelte, ja in gewissen Fällen dreifache Angriffe gegen den Angeschuldigten zu unternehmen. Camerer: Nach seinem Erachten habe der Abgeordnete Knapp überzeugend darge- than, daß man einen Staats-Anwalt nicht nur nicht brauche, son- dern auch, daß ein solcher gefährlich sey, namentlich wenn man seine Einwirkung auf das Gericht vor der Entscheidung der Sache ins Auge fasse. Man brauche auch keinen Staats - Rekurs, und es wäre dieser mit dem Staats- Anwalte, der überdies im Ge- richte sißen soll, dem er aber die Thüre verschließen wolle, eine bedeutende Schärfung des bestehenden Rechts. Man habe gestern gehort, daß man am Bestehenden festhalten soll, und man möge dies bei der vorliegenden Frage besonders beherzigen.

Frhr. von Linden: Durch die Anklage- Akte des Staats- Anwalts und durch das dffentliche Schlußverfahren werde dem Re- ferentenwesen eine heilsame Schranke geseßt. Der Referent sey derjenige, welcher die Sache allein bearbeite und alle Fäden der- selben in seiner Gewalt habe. Er könne befangen werden, und dies sey die bedenklichste Seite unseres Verfahrens, wobei auch Eitelkeit ins Spiel kommen könne, Wenn nun künftig nicht bloß dieser Vortrag, sondern die Verhandlungen im Schlußverfahren de1 erkennenden Richter bei der Entscheidung leiten, so werde auch der Staats - Anwalt nicht weiter bedenklich erscheinen. Waa ser: So sehr er die gegen den Antrag des Abgeordneten von Gerabronn (Knapp) erhobenen Bedenken theilweise anerken- nen músse, so halte er es doch noch für besser, diesem Antrag bei- zutreten, als für einen vom Ministerium ganz abhängigen Staats- Anwalt zu stimmen, und dadurch ein gescßliches Organ zu schaf- fen, durch welches die Ansichten und Wünsche des Miniskeriums den Gerichten in den vor ihnen anhängigen Straffällen zukom- men können. Es scheine ihm eine solche Schöpfung nichts Ge- ringeres als die verfassungsmäßig garantirte Unabhängigkeit der Gerichte wieder aufzuheben, daher er sich dagegen erkläre.

Bei der hierauf erfolgenden Abstimmung wurde (wie bereits erwähnt) die zu dem Schlußverfahren in höheren kreisgerichtli- chen Fällen durch den Geseß-Entwurf und nach dem Kommissions- Antrag in Antrag gebrachte Staats - Anwaltschaft mit 42 gegen 36 Stimmen verworfen.

Würzburg, 30, Nov. Der hier herauskommende Frän- fische Courier, welcher acht Tage lang nicht ausgegeben wurde, ist heute zum ersten Male wieder erschienen. Er giebt die Gründe nicht an, weshalb die Unterbrechung eigentlich eingetreten, doch geht aus einem an der Spike des Blattes besindlichen Artikel hervor, daß ein Verbot nicht stattgefunden und die Redaction vielmehr sich selbs veranlaßt gefunden habe, ihre Zeitung einige Tage lang nicht erscheinen zu la}fen.

Dresden, 1: Dez. Der Schauspieler Pauli, ein auch im ubrigen Deuschland rühmlichst bekannter Künskler, ist am 28. No- vember mit Tode abgegangen und heute unter zahlreicher Theil: nahme zur Erde bestattet worden,

talien.

Nom, 20. Nov. Prof. Welcker aus Bonn is vorgestern Abend: von Florenz hier eingetrosfen, und hat bereits gestern in der Sißung des archäologischen Jnsktituts präsidire, Er beabsich: tigt einen Theil des Winters hier zuzubringen und dann über Neapel, Sicilien und Griechenland noch einmal hierher zurückzu- teren,

Spanien.

Yarcelona, 21, Nov. Der Belagerungs - Zustand währt noch immer fort, doch haben keine Verhaftungen stattgefunden. Man versichert indeß, daß der gewöhnliche Zustand in wenigen Tagen wiederhergestellt werden solle, und daß die drei entwasffnc- ten Bataillone der National - Garde reorganisirt werden würden, Der Constitucional, welcher noch immer gegen diesen excep- tionellen Zuskand energisch protestirt, enthält eine Proclamation, welche die National-Garde, das Ayuntamiento und die Provinzial: Deputation von Taragona in dieser Beziehung an den Regenten gerichtet haben,

© Madrid, 21. Nov. Wenn ich Jhnen gestern als meine Vermuthung aussprach, daß die durch das Eco del Commercio vertretene Partei der Central - Junta vom September vorigen Jahres von nun an der Regierung den erbittersten Widerskand leisten, und die dem Anschein nach unterlegene Sache der Junta von Barcelona verfechten und wo möglich wieder aufrichten werde, so finder sich diese Ansicht durch einen Artikel, welchen das er- wähnte Blatt heute enthält, nur zu sehr gerechtfertigt. Die Ne gierung selbst hat vermittelst Einberufung der Cortes ihren Geg- nern die Schranken des Kampfplaßes gedssnet, und der Feind ent- wickelt bereits heute mit ziemlicher Offenherzigkeit seinen Plan für den bevorstehenden Feldzug. Das Eco spricht zuerst seinen Tadel darüber aus, daß man so lange mit der Einberufung der Cortes gezdgert habe, und sagt dann ziemlich spöttisch, die Vertreter des Bolkes würden wohl von den umsichtigen Maßregeln unterrich- tct werden, durch welche die Regierung dem Ausbruche der gro- pen Verschwörung vom Oktober vorzubeugen gewußt hätte.

„Wir werden, sagtjenes Blatt, die Belohnungen oder die Strafen erfahren, die man den Beamten der Regierung ertheilt hat, die nichts thaten, um der Explosion der Mine vorzubeugen; denn bis jeßt haben wir mehr Belohnungen als Straf-Urtheile gesehen,“

Als den Hauptpunkt aber, der in den nâchsten Tortes zur Sprache kommen werde, bezeichnet das Ec o die Lage von Barcelona, „Wir sind äußerst überrascht, heißt es, durch die Richtung die der General - Capitain nah seinem Einrúcken in Barcelona eingeschlagen hat. Der Belagerungszuskand, unter den Umständen, in denen sich Barcelona befindet, ist widerrechtlich, mit den neuesten Verordnungen in Widerspruch, und überdies in jeder Hinsicht unnúß.“ Um die Widerrechtlichkeit darzuthun, beruft sich das Eco auf ein Dekret, welches die provisorische Regentschaft am

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14, Januar erließ, und in welchem es ausdrücklich heißt, daß nur | in den Fällen, wenn eineOrtschaft wirklich und in der That durch äußere | oder innere Feinde belagert wäre, die Militair-Behörden den Belage- | rungszustand aussprechen könnten, und es dagegen bei geseßlicher- | Strafe streng untersagt wäre, unter was sonsk für Umständen den Belagerungszuskand zu verhängen.“ (Dieses Dekret erließ die Re- gentschaft, um auf die Moderirten den Vorwurf zu werfen, als ob sie nur vermittelst der Verkündigung des Martial-Geseßes hâtten regieren können, während den Progressisten der bloße Buch- stabe des Geseßes genúge. Ehe das Jahr um is, haben die Ur- heber jenes Dekretes Gelegenheit, die Unfehlbarkeit ihres Aus- spruches zu erproben.) „Barcelona“, fahrt das Blatt fort, „war von außen durch Niemand belagert, es sey denn durch den Ge- neral-Capitain selbst, der sih in der Umgegend mit beträchtlichen Streitkräften aufgestellt hatte. Jm Inneren leistete Niemand «Widerstand, man verschloß dem Militair-Chef die Thore nicht, und man räumte sogar alle Hindernisse aus dem Wege, die sich dem Einrúcken der Truppen hätten entgegenstellen fönnen,“ Dann erweist das Eco, daß es völlig unnüß war, Barcelona im Bela- gerungszustand zu erklären, da nicht einmal über Madrid, wäh- rend des Ausbruchs des offenbaren Aufstandes vom 7. Oktober, jene Maßregel verhängt worden wäre, „Wir werden sehen“, heißt es weiter, „auf welche Weise sich die Regierung vor den Cortes rechtfertigen wird, wenn ihr diese und andere Bemerkungen vorgelegt werden, Die übrigen Verfü- gungen des Generals van Halen sind nicht weniger geseßwidrig,

denn kein Militair-Chef hat, wo die Geseße Castiliens gelten, die Befugniß, Provinzial-Deputationen, Ayuntamientos oder National: Milizen aufzulösen. Es ist noch sehr die Frage, ob die höchste Regierung selbst dies könne; aber Niemand bezweifelt, daß die Militair - Behörde geseßmäßig unbefugt ist, dergleichen vorzu- nehmen... Für die leßten Akte der Volks-:Behörden von Barce- lona hâtte der General-Capitain ihnen nur dankbar seyn mússen; für die ersten fonnte er sie keinesweges verdammen, denn wenn aus ihnen die Errichtung der Junta hervorging, so erwarb sich diese auch den Beifall des Herrn van Halen, des Gefe politico und der Regierung selbst... Da man nun einmal unbedachtsamerweise an- gefangen hat, in den Angelegenheiten Barcelona?s seit der Proclamation des Regenten auf eine so verkehrte Weise zu verfahren, und da man seitdem die neuerlichen Unbesonnenheiten begonnen hat, welche die Lage noch mehr verwickeln, so muß die Regierung úber diesen Zustand gar sehr nachdenken, dem einmal verübten Uebel abzuhel- fen, und dessen Zunahme vorzubeugen suchen; denn auf die Re- gierung werden die Folgen fallen, sie wird den Angriffen ausge- seßt seyn, welche die parlamentarische Redner - Tribüne gegen sie richten wird, und unter anderen Uebeln kann das schlimmste von allen eintreten, daß nämlich die Cortes inmitten heftiger Opposi- tions-Konflikte, die man für jeßt gar sehr vermeiden sollte, erdff- net würden.

Diese Sprache is deutlich genug; in ihr liegt eine direkte

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Aufforderung an die Patrioten Barcelona's, sich den vom General van Halen getroffenen Maßregeln zu widerseßen, während dieser verkündigt, Jeden, der seinen Befehlen nicht gehorche oder sie be- frittele, erschießen lassen zu wollen, Jn ihr liegt zugleich eine offene, gegen das jeßige Ministerium und dessen System ausge- sprochene Kriegs - Erklärung, und mit Recht darf man nunmehr fragen: Auf wessen aufrichtigen Beifall kann der Regent bei sci- ner bevorstehenden Rückkehr hier rechnen? Uebermorgen soll er hier eintreffen.

Rubini., der sich hier am 17ten in Lucia di Lammermoor hôren und bewundern ließ, ist von der hier fast immer tödtlichen Pulmonie befallen worden. Er wird in dem Palaste des Herzogs von Osuña mit der größten Sorgfalt behandelt.

Nachschrift. Der oben mitgetheilte Artikel des Eco hat hier das allergröóßte Aufsehen erregt.

Túrkei.

Konstantinopel, 3 Nov. (Jour. de Smyrne.) Das Benehmen der Griechischen Regierung gegen die Pforte in Bezug auf muselmännisches Eigenthum in Griechenland und die in Chalois ftatt gehabten Angriffe auf die Unterthanen des Sultans, bilden jeßt den Hauptgegenstand aller Unterhaltung.!

Am vorigen Donnerstag speisten die Repräsentanten Frank reichs, Englands und Rußlands bei dem Minister der auswärti gen Angelegenheiten, Rifaat Pascha, Nach dem Diner fand auf Berlangen des Ministers eine lange Konferenz úber die Griechi- schen Angelegenheiten statt. Unabhängig von dieser Konferenz hat die Pforte diesen drei Gesandten eine offizielle Note über fandt, worin sle, nach Aufzahlung ihrer gerechten Beschwerden gegen die Griechische Regierung den Wunsch ausspricht, die ver schiedenen zwischen beiden Ländern schwebenden Fragen durch die Mitwirkung der drei Höfe auf freundschaftliche Weise erledigt zu sehen. Sollte jedoch die Griechische Regierung, troß der Ver- mittelung der Schußmächte, bei ihrer Weigerung, der Gerechtig- keit Gehör zu geben, und sich zu einer freundschaftlichen Aus- gleichung zu verstehen, beharren, so werde die Pforte sich ge- zwungen sehen, Repressalien zu gebrauchen. Die Antwort auf diese Note kennt man noch nicht, da aber die Billigkeit und das gute Recht unbestreitbar auf Seiten der Pforte isk, so zweifelt man nicht daran, daß die Gesandten die gesekmäßigen Forderun- gen derselben nachgeben, und sich bei ihren Höfen nachdrücklich dafür verwenden werden, um endlih einmal den so gegründeten Beschwerden der Pforte Abhülfe zu verschaffen.

Da die Differenzen, welche seit einiger Zeit zwischen dem Für- sten von Serbien und einigen der höchsten Beamten dieser Pro- vinz bestanden, durch die Vermittelung und die Weisheit des Os- manischen Ministeriums ausgeglichen sind, so hat der Sultan den noch hier befindlichen Serbischen Deputirten die Erlaubniß zur Abreise ertheilt und Emir Efendi beauftragt, sie zu begleiten. Avram, Chef der Serbischen Deputation, wird heute die Ehre ha- ben, sich persönlich bei dem Sultan zu beurlauben,

Konstantinopel, 10. Nov. (A. Z.) Jn Folge der Kon- ferenz vom 29, Oktober haben die Repräsentanten von Frankreich, Großbritanien und Rußland eine gemeinschaftliche Note an die Pforte erlassen, worin sie mit Vermeidung aller Berührung der eigentlichen Frage und der gegen Griechenland von der hohen Pforte erhobenen Klagen blos die Nachtheile aufzählen, die aus der fortgeseßten drohenden Haltung des Ottomanischen Gouverne- ments für die Ruhe des Orients und selbsk für den allgemeinen Frieden entstehen müßten, Vorzüglich wird dem Türkischen Mi- nisterium die Unvermeidlichkeit ans Herz gelegt, worin sich Grie- chenland verseßt sehen möchte, seinerseits Gegenmaßregeln zu er- greifen, die zur Sicherheit des Griechischen Gebiets, zum mindesten in Zusammenzichung eines Griechischen Corps an der Thessalischen Gränze beskehen müßten, Diese Vorstellungen scheinen nicht den Eindruck bei der Pforte hervorgebracht zu haben, den man viel- leicht erwartete, denn der Befehl, welchen der Großherr erlassen, in der Gegend von Larissa ein großes Lager zu koncentriren, ist | nicht nur nicht zurückgenommen worden, sondern es ergingen in !

den lebten Tagen von hier aus in die súdlichen Provinzen Detail: Befehle darúber ab; so sind mehrere Abtheilungen ilizen von Albanien und Macedonien nah jener Gegend beordert, und von unserem Paschalik einige regulaire Truppen nach Thessalien instra- dirt worden. Nebst dem genannten wird auch bei Sophia an der Donau ein zweites und in der Ebene von Adrianopel ein drittes Lager errichtet. / /

4 Eine Klage sonderbarer Art ist von den schismatischen Ma- roniten des Libanon bei der Pforte anhängig gemacht worden. Sie behaupten, daß die Geistlichen der unirten Maroniten das Recht nicht hâtten, Priesktermúßen von derselben Form und dem- selben Schnitt wie die Geistlichen der Nichtunirten zu tragen, und bitten die Pforte um Abhülfe gegen diesen Mißbrauch. Die Katholiken wenden dagegen ein, die Priesterschaft der Maroniten hâtte sich in frúheren Zeiten immer dieser Mützen bedient, und gerade die Schismatiker hâtten durch ihr Schisma das Recht auf das Tragen der streitigen Kappen verloren, Die Nichtunirten erwiedern darauf, nicht sie seyen die Abtrünnigen, sie seyen viel- mehr dem Glauben ihrer Bâter stets treu geblieben, sondern ihre Gegner, die durch ihren Abfall von der Religion ihrer Vorfahren (einer Art von Monotheismus) und durch ihre Vereinigung mit Papst (im Jahre 1736) nicht mehr zu ihrer Kirche und ihrem Ritus gehören. Die Pforte soll nun diesen Streit entscheiden! Wir würden dies nicht der Erwähnung werth gefunden haben, wenn nicht diese Spaltung unter den Maroniten den Drusen den Vorwand geliehen hätte, den bekannten Einfall in die Maronitische Provinz Chalfun zu machen.

Die Wiederbelebung der Griechischen Tragödie. (Vergl. Staats-Zeitung Nr. 308 und 316.)

Als der große Lorenzo von Medici, dessen Andenken jeßt so vieles unter uns Geschehende zurückruft, seine Lehrer, den Erkla- rer Dante?s, Landino und den Ueberseßer Plato’s und Plotin's, Ficinus, die drei poetischen Brúder Pulci, den gelehrten Politian, den Architekten Alberti, den Dichter Accolti und andere der ersken Geisker Jtaliens in Florenz um sich versammelte und auf seinen Anlaß Politian die Nachbildung einer antiken Tragddie unternahm, ahnete wohl fein Mitglied jener heiteren „platonischen“ Aka: demie, viel weniger die Zeitgenossen, was aus jenem spielend aus- geworfenen fruchtbaren Keim sih entwickeln werde. Etwa 1474 wurde Politian’s wundersamer Orfeo zu Ehren eines Kardinals Gonzaga zum erstenmal aufgeführt. Zwar die beabsichtigte Wiedererweckung der alten Bühne blieb ausz aber eine neue Kunstgattung, die Oper, hatte ihren Anfang gefunden, um bis auf unsere Tage, diesseits und jenseits der Alpen, immer reichere Blüthen zu treiben und alle Welt zu erfreuen, Nicht das abgestor- bene, verwelkte, fremd gewordene, ein frisches, junges Leben ging hervor! Ein ähnliches Unternehmen bietet sich jeßt dar, hervor- gerufen mit gebildeteren, geistigen und äußeren Mitteln durch Königliche Kunstliebe. Nur im Hinblick auf den aus diesem Wurf des Genies zu erwartenden Erfolg und im Sinne des erha- benen Veranstalters, hielt es der Unterzeichnete des Versuches werth, den gemachten vielversprechenden Anfang von dem gefähr- lichen Erproben \schwankender antiquarischer Hypothesen zu be- freien, damit die wahrhafte Schönheit der antiken Tragödie, un- verdunkelt durch Mißverständnisse, nicht blos der gelehrten For- schung, sondern, wo möglich, der lebendigen Kunst unserer Zeit, als Vorbild allseitiger Vollendung, zu gute komme; und um zu hindern, daß nicht jene erfâltende Kritik der Halbwissenden, die schon anfing sich laut zu machen, die aufleuchtende Flamme, noch ehe sie gezúndet, wieder auslösche. -

Nach dem Erscheinen meines zweiten vorläufigen Versuches úber die Einrichtung des Griechischen Theaters in Nr. 316 der St, Ztg., nahm gleich in dem folgenden Blatte Nr. 317 ein hoch- verdienter Gelehrter, welchem man besonders in diesem Gebiete gern die erste Stimme zugesteht und der bei den so gelungenen Aufführungen der Antigone selbst betheiligt war, hiervon Veran- lassung, úber den besprochenen Gegenstand seine beistimmende An- sicht zu äußern, mit gewohnter Gelehrsamkeit sich auch über die Punkte verbreitend, welche ih zum Theil mir noch vorbehalten hatte, und mit der Andeutung, daß es wünschenswerth scheine, die Verhandlung nunmehr als geschlossen anzusehen. Obwohl aufgefordert, demungeachtet auch meinerseits fortzufahren, füge ich doch für jeßt mich aern der Weisung meines gelehrten Freundes. Nicht, daß ich alle Fragen schon fúr erschöpft hielte, um die Akten zu schließen; sondern weil ohne genaues Eingehen auf Einzelnhei- ten der geschehenen Aufführungen, die kaum denen, welche das Glück hatten, dabei gegenwärtig zu seyn, jeßt noch deutlich genug vorschweben, über ein solches Thema sich nichts Befriedigendes sagen läßt; und weil hoffentlich die Gelegenheit, darauf zurückzu- fommen, bei dem rege gewordenen öffentlichen Antheil an dieser Wiederbelebung der Griechischen Tragödie, durch eine neue Dar- stellung der Antigone oder eines anderen Stúckes, worauf auth Boeckh hindeutet, wohl nicht lange auf sich warten lassen wird. Gleichwohl muß ih um Erlaubniß bitten, schon jeßt noch einmal das Wort nehmen zu dürfen, um wenigstens das Ziel anzudeuten, wohin ich meinen Vortrag richten wollte; zumal da dasselbe sich als ein ganz anderes ausweisen möchte, als vermuthlich von den meisten nachsichtigen Lesern der bisher von mir veröffentlichen Be- merkungen vorausgeseßt worden seyn mag. Nur muß ich be- dauern, daß die nothwendige Kürze, welche die allgemeinere Be- sfimmung der St. Ztg. mir zur Pflicht macht, beî der Wichtig- feit der zu berührenden Fragen, die zu wünschende klare Verstän- digung erschweren wird. Muß ich doch fürchten, der Geduld po- litischer Leser schon lângsk viel zu viel zugemuthet zu haben,

Die durchaus eigenthümliche Schönheit der Griechischen Tra- gódie beruht auf dem gleich schwebenden, mit dem feinsten Sinne bemessenen harmonischen Einklang aller dabei zusammenwirkenden Künste. Poesie, Musik, Tanz, Vortrag, ideales Kostúm und mi- mische Darstellung vereinigten sih zur Hervorbringung eines be- scelten organischen Ganzen, das diesem Allen zugleich angehört und in dessen vollendetem Wohllaut die Leistung jeder einzelnen Kunst eben sowohl bedingt als gehoben ward durch den Wechsel- Einfluß sämmtlicher übrigen, während Alles emporgetragen schien durch die heiligende Bestimmung des theatralischen Spieles úber- haupt, als einer religiósen Festfeier für ein ganzes versammeltes Volk, wooran der gegenwärtige Altar in der Mitte der Orchestra beständig erinnerte, Wird einer der nothwendigen Faktoren die- ses feingewogenen, innigst verbundenen harmonischen Verhält- nisses abgeändert oder ganz weglassen, oder ein bedingendes Mo: tiv geschwächt, so verschwindet der Zauber, der nur der Zusam- menwirkung aller angehört. Ja, noch mehr! Wird jenes magî- he Band der Schönheit, die schlechterdings und allenthalben nur auf Einklang undSteigerung beruht, aufgelöst, so erscheint der Beitrag jeder einzelnen Kunst, für sich allein betrachtet, viel: leicht seltsam beschränkt oder selbst mangelhaft, während vorher Alles und Jedes eine hdhere Bedeutung erhielt durch seine noth: