1841 / 340 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Wohnsiß wird in Ermangelung einer ausdrücklichen Erklärung als | der Vorsiß, und zwar bei Stimmen -Gleichheit mit entscheidender

Fahresfrist nah der Ent-

au ebe s ? nicht binnen E Agesezen , wenn 1 rfüllung der Gemeinde-

s aus dem Orte ein E zur E Obliegenheiten bestellt worden ist, S 4 Das Gemeinde - Recht wird verloren, wenn der Grund-

besiß eines Meisibeerbten eine solche Verminderung erleidet , daß da-

j im s. 40 bestimmte Grundsteuer - Betrag entrich- E CRE "Enisteht die Verminderung der Steuer-Quote unter diesen Betrag blos dadurch - daß in Folge einer Vermehrung des Gesammt- Katastral- Ertrages der westlichen Provinzen der allgemeine Steuer- Prozentsaß sich ermäßigt, 10 verbleibt dem zeitherigen Meistbeerbten das Gemeinde-Recht. i Z ——, S

£, 45. Von dem Gemeinde-Rechte find dicientgen auszuschließen,

welche 1) wegen irgend eines Verbrechens auf zwei Jahre oder län ger zum Zuchthause oder zu einer hârteren Strafart, odec 2) wegen Meineides, Diebstahls, oder qualifizirien Betrugs zu irgend einer Kri- minalstrafe verurtheilt worden sind. Die Ausschließung von dem Gemeinde- Rechte wird auf den Grund des rechtskräftigen Erkennt- nisses durch die Gemeinde-Versammlung ausgesprochen. 8. 46. Das Gemeinde-Recht kann durch Beschluß der Ge- meinde-Versammlung auch demjenigen entzogen werden, welcher außer den Fällen des §. 45 zu irgend einer Kriminal-Strafe verurtheilt oder in irgend einer Kriminal-Untersuchung nur vorläufig freigesprochen worden is, oder sich durch einzelne Handlungen oder durch seine Le- bensweise die dffentliche Verachtung zugezogen hat. Der Amtmann hat in diesen Fällen die zum Grunde liegenden Thatsachen zu unter- suchen und festzustellen, den Angeschuldiglen mit seiner Vertheidigung zu hôren und die Verhandlungen der Gemeinde-Versammlung zur Be- \chlußnahme vorzulegen, wobei er selbst den Vorsiß zu übernchmen hat. Dem Angeschuldigten sicht gegen den Beschluß der Rekurs an die vorgescßte Regierung zu. n

8. 47, Das Gemeinde-Recht ruht, wenn der dazu Berechtigte in Kriminal- Untersuchung oder Konkurs verfällt.

L, 48. Fn jeder Gemeinde hat der Vorsteher ein vollständiges Verzeichniß der zur Ausübung des Gemeinde-Rechts pecsdnlich oder durch Stell - Vertreter befähigten Meistbeerbten (Gemeinde-Rolle) zu führen. Wer einmal in diese Rolle aufgenommen ist, kann aus der selben ohne geseßliche Gründe, welche ihm bekannt gemacht werten müssen, nicht weggelassen werden und bleibt, wenn er der Weglassung widerspricht, außer den Fällen des §. 45, so lange in seinen frühe ren Verhältnissen, bis die Regierung wider ihn entschieden hat.

A MUAttt H Von der Vertretung der Gemeinden.

8, 49, Die Gemeinde wird in allen ihren Angelegenheiten durch die Versammlung der Meisibeerbten vertreten, tn größeren Gemeinden, welche dec Ober-Präsident nach einer ihm darüber von dem Ministec des Jnnern zu ertheilenden Fnstruction bestimmt , findet iedoch eine Vertretung durch Gemeinde-Verordnete stalt. ;

8, 50, Die Gemeinde-Verordneten bestchen : 1) gus den Besißern der zur Gemeinde gehörigen landtagsfähigen Rittergüter, und 2) aus gewählten Gemeinde- Verordneten, deren Zahl-für jede Gemeinde von dem Ober- Präsidenten nach Vernehmung der Gemeinde-Behdrde be stimmt wird und nicht unter sechs und nicht Uber achtzehn betra gen \oll. i :

L, 51. Die Rittergutsbesißer müssen, um an der Gemeinde-Ver- ordneten-Versammlung Theil nehmen zu kdnnen /, dicjentgen persdnli- chen Eigenschaften besißen, welche für einen gewählten Gemeinde- Yerordneten erforderlich sind; sie kdnnen jedoch ihr Stimmrecht nach Borschrift §. 42 durch Stellvertreter ausüben.

S. Die nach §. 50 Nr. 2 zu wählenden Gemeinde-Verordneten werden auf sechs Fahre ernannt. Alle drei Jahre scheidet die Hâlfte derselben aus, an deren Stelle neue Mitglieder zu wählen sind. Die Ausgeschiedenen sind wiedec wählbar. Die Ausscheidung erfolgt bei dem Ablaufe der ersten dreijährigen Wahl-Periode nach dem Looje.

8. 53, Die Gemeinde - Verordneten werden durch die zur Aus- übung des Gemeinderechts befähigten Meistbeerbten , mit Ausnahme der Rittergutsbesißer, aus ihrer Mitte gewählt; die Gewählten mÜüs- sen sich zur christlichen Religion bekennen. 2

8, 54, Die Wahlen erfolgen, wo die Meistbeerbten nach den Bestimmungen des §. 41 in zwei Klassen sich theilen, nach diesen Klassen. Auch kann, wenn die Gemeinde aus Bauerschaften mit zer- îtreut liegenden Besißungen und aus etnem geschlossenen Dorfe be- teht, zum Behuf der Wahlen aus den im Dorfe wohnenden Meist- beerbtien eine dritte Klasse gebildet werden. .

L 55, Die Zahl der von jeder Klasse zu wählenden Gemeinde- Rerordneten richtet sich nah dem Verhältnisse der Gesammtsumme der Grundsteuer, welche von den in der Klasse begriffenen Meistbeerb- ten entrichtet wird. Die Festseßung hierüber erfolgt durch den Dber Präsidenten. : :

s, 56. Jn dem Wahl-Termine, welcher vier Wochen vorher nach der in der Gemeinde gewdhnlichen Publications-Art bekannt zu ma en is, müssen die Meistbeerbten persönlich oder in den nach §. 42 zulässigen Fällen durch Stellvertreter erscheinen. Die Ausgebliebenen find an die Beschlüsse der Anwesenden gebunden und zur Einsendung schriftlicher Abstimmungen nicht befugt. |

L 57, Die Wahl steht unter der Leitung des Amtmannes; die- Yorsteher vertreten

2 G: D

De i ser kann aber hierbei fich durch den Gemeinde lassen, G 8. 58. Als erwählt ist derjenige zu betrachlen / welcher die abso lute Stimmen-Mehrheit für sich hat. Ergiebt sich nicht eine absolute Mehrheit, so sind diejenigen dret Kandidaten, welche die meisten Stimmen für sich haben, auf eine engere Wahl zu bringen. Wird auch hierbei nach zweimaligem Versuche keine absolute Mehrheit er reicht, so entscheidet das Loos. i

8. 59. Reclamationen gegen das Verzeichniß der Wahlberechtig- ten, welches bei Ankündigung des Wahl-Termins dfentlich auszule- gen i, machen die Wahl-Handlung nur dann ungültig, wenn nach her eine solche Abänderung desselben verfügt wird, durch welche der Gewählte die absolute Stimmen-Mehrhetit verliert.

8, 60, Die Wahl - Verhandlungen sind nach vorgängiger Prü- fung in der Gemeinde-Verordneten-Versammlung dem Landrathe ein zureichen, welcher, wenn gegen die Legalität des Verfahrens und die Qualification der Gewählten nichts zu erinnern ist oder die Erinne- rungen erledigt sind, die Wahl zu bestätigen und die Einsühcung der Gewählten anzuordnen hat. :

8. 61. Die nach den drilichen Verhältnissen erforderlichen nähe- ren Bestimmungen Uber die Wahlform bleiben besonderen Reglements vorbehalten, worüber der Minister des Fntern den Ober-Präsidenten mit Jnsiruction verschen wird. E

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Von den Rechten und Verhältnissen der Gemeinde- Versammlung.

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8. 62. Die Gemeinde-Versammlung (8, 49) hat die Vollmacht und Verpflichtung, die Gemeinde nach Ueberzeugung und Gewissen zu vertreten und verbindende Beschlüsse für dieselbe zu fassen.

8g. 63. Die Versammlung fann nux dann zusammentreten, wenn sie P TOn dem Vorsteher oder dem Amimann zusammenberufen worden tiff. 5 :

§, 64. Der Vorsteher führt in der Versammlung den Vorsiß mit vollem Stimmrechte und mit entscheidender Stimme bei Stimmen- leichheit. Es steht jedoh auch dem Amtmann die Befugniß zu, den Borsi darin zu übernehmen; er ist hierzu verpflichtet, wenn über den Don halts-Etat und über die Abnahme der Gemeinde-Rechnung, in- leichen Über Angelegenheiten, bei denen mehrere Gemeinden des Amts- Be irks gemeinschaftlich betheiligt sind, berathen werden soll. Es ge- bührt ihm hierbei bei Stimmengleichheit die entscheidende Stimme, außerdem aber kein Stimmrecht. ;

65. Wohnt ein Ritterguts-Besißer der Versammlung persdn- lich hei, so gebührt ihm, wenn nicht der Amfkmann gegenwärtig ist,

Stimme; sind mehrere Ritterguts-Besißer anwesend, so hat, in Er- Mangelung einer Einigung unter ihnen , der âltesee den Vorsiß zu ühren,

S. 66. Die Beschlüsse wecden nah Stimmen - Mehrheit gefaßt, zur Gültigkeit eines Beschlusses is die Gegenwart von wenigstens zwei Drittheilen dec Mitglieder erforderlih. Fehlt es bei einer Ver jammlung der Gemeinde-Verordneten an dieser Zahl, so sind an der Stelle der verhinderten oder abgegangenen Mitglieder so viele der am höchsten besteuerten Meistbeerbien einzuberufen, als zur Beschluß- Fähigkeit der Versammlung nöthig ist.

§5. 67. Wer beîè einer Angelegenheit ein von dem Fnteresse der

Gemeinde verschiedenes Fnteresse hat , darf an der Berathung keinen Theil nehmen. Tritt dieser Fall bei dem Vorsteher ein, so hat der Amtmann den Vorsiß zu Übernchmen. Kann wegen persönlicher Be theilung der Mitglieder und der an deren Stelle einzuberufenden Meistveerbten eine beschlußfähige Versammlung nicht gehalten wer den, so hat die Regierung vermdge des ihr zustehenden Ober-Aufsichts- rechts für die Gewahrung der Rechte der Gemeinde Sorge zu tragen, thr einen Rechts-Anwalt zu bestellen und die sons erforderlichen Ein- leitungen zur Wahrnehmung des Fnteresses der Gemeinde zu treffen. Diese Bestimmung findet insonderheit alsdann Anwendung, wenn Streit darüber entsteht, ob ein Gegenstand Eigenthum der Gemeinde oder der einzelnen Gemeindeglieder tf. i F. 68. Die Beschlüsse sind mit Anführung der dabei gegenwär- tig gewesenen Mitglieder durch den Vorsißenden in cinem besonderen Buche zu verzeichnen. Die Ausfertigungen der Beschlüsse, welche ohne Unterschied kostenfrei sind, müssen von dem Vorsißenden und zwet Mitgliedern unterschrieben werden, welche dazu jährlich von der Gemetinde-Versammlung zu wählen sind.

L. 69, Alle Beschlüsse der Gemeinde - Versammlung müssen dem Amtmann , insofern er nicht selbst den Vorsiß geführt hat, vor der Ausführung vorgelegt werden. ;

8, 70. Den Meistbeerbten und Gemeinde-Verordneten if es nicht erlaubt, irgend eine Vergeltung füc die Ausübung thres Berufs an zunehmen, nur baare Auslagen werden ihnen erstattet.

8, 71, Die Gemeinde-Vecsammlung, so wie die einzelnen Mit glieder derselben, sind der Gemeinde füc den the- zugefügten Nachtheil verantwortlich, wenn sie slh der Abstimmung entzichen , wenn ste durch Ordnungs - Widrigkeit die Beschlußnahme verhindern, oder die Beschlüsse vereiteln, oder sich ungebühclicherweise in die Ausfühcung mischen ; dagegen sind fie für den Fnhalt ihrer Beschlüsse nur dann verantwortlich, wenn sie wider besseres Wissen, also in unredlicher Ab sicht, gchandelt haben. Ergiebt sich eine solche Vertretungs-Verbind lichkeit der Versammlung, jo hat die Regierang cinen Anwalt zu be stellen, welcher im Namen der Gemeinde den Prozeß zu führen hat. Auch einzelne Mitglieder können wegen solcher Verbindlichkeiten auf Beschluß der Gemeinde-Versammlung in rechtlichen Anspruch genom men werden,

F. 72. Sollte eine Gemeinde - Verordneten - Versammlung fort während ihre Pflichten vecnachlässigen und in Unordnung und Par teiung verfallen, so wecden Wie ste nach genauer Untersuchung auf lôsen - die Bildung ciner neuen Versammlung nach Befinden wieder anordnen und die Schuldigen guf gewisse Zeit oder auf immec für unfähig zu einer neuen Wahl erfläcen. Außecdem bleibt in dazu gecigneten Fällen die gerichtliche Rüge vorbehalten.

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Bol Lei Vorle er Und Semi Uliter Gemeinden.

Beamte der

§. 73, Dex Gemeinde-Vorsicher, dessen Amt auf die jeden Orts herfdmmliche Weise zu bezeichnen is, wicd für jeßt und bis Wir Uns bewogen finden wecden, die Wahl desselben den (Gemeinden zu Über lassen, vom Landrath gus den Meisibeerbten und, wo die Gemeinde durch Verordnete vertreten wird, aus Leßteren nach Vernehmung der gutachtlichen Vorschläge des Amtmanns ernannt. Derselbe muß sich zur christlichen Religion bekennen, in dem Gemeinde-Beztrke wohnen und die zu seinen Geschäften nôthigen Kenntnisse besißen. Das Amt des Vorstehers dauert sechs Fahre, kann aber nach dret Jahren nie dergelegt werden. Für Verhinderungsfälle wird in gleicher Art ein Stellvertreter (Beigeordnetec) ernannt, welcher dieselben Etgenschaf ten besißen muß. |

8, 74, Fn denjenigen Gemeinden, welche für sich allein ein Amt bilden, if der Amtmann zugleich der Gemeinde-Vorstcher.

8, 75. Auch kann, wenn mehrere Gemeinden ein Amt bilden, der Amtmann zugleich zum Vorsteher derjenigen Gemeinde bestellt werden, in welcher derselbe seinen Wohnsiß hat. Der Ober-Präsident hat hierüber ngch Vernehmung der Gemeinde-Versammlung zu ent scheiden. Jene Gemeinde hat alsdann zu der Besoldung des Amt manns und dessen Entschädigung für Dienst-Unkosten einen verhält nißmäßig hdheren Beitrag, wie die übrigen zum Amte gehörigen Gemeinden und Ritterguts-Besißer, zu leisten (§. 109).

8, 76. Das Amt des Vorstehers wird unentgeltlich verwaltet und nux für Dienst-Unkosten eine Entschädigung gewährt, welche von der Regierung nach Vernehmung der Gemeinde-Versammlung be stimmt wird, iedoch Einen Silbergroschen für ieden Kopf der Be völkerung nicht übersteigen soll. Für Dienst- Reisen außerhalb des Kreises kann jedoch besondere Vergütung veclangt werden. Gebüh- ren für einzelne Amts-Handlungen dürfen nur insoweit erhoben wer den, als sle in den Geseßen ausdrücklich gestattet stnd; dagegen müssen die durch solche Handlungen verursachten baaren Auslagen jederzeit von den Betheiligten erstattet weeden.

L, 77. Dee Vorsteheë besorgt unter vorgeschriebener Mitwirkung der Gemeinde - Versammlung und unter der Aufsicht des Amtmannus die Verwaltung der Angelegenheiten der Gemeinde und is in der Regel die ausführende Behörde. Das Etats-, Kassen- und Rech nungswesen bleibt iedoch der unmittelbaren Leitung des Amtmanns vorbehalten,

S, 78. Fn allen Augelegenheiten des Amts, so weit ste die Ge meinde betreffen, it der Vorsteher eine Unter-Behdrde des Amtmanns, Fn Rücksicht auf diese Gegenstände und auf die Orts-Polizei hat er die Aufsicht zu führen, Anzeige zu machen und ihm die von dem Amt- mann gegebenen allgemeinen und besonderen Aufträge und Anwei- sungen auszuführen.

8, 79, Fn diesen amilichen Beziehungen (§8. 77 und 78) sind dem BVorfecher untergeben und zum Gehorsam verpflichtet : sowohl alle ein zelne Mitglieder der Gemeinde, als auch die in dem Bezirk derselben bestehenden Corporationen und Stiftungen in ihren Verhältnissen zu der Gemeinde. N

&, 80, Der Vorsteher kann gegen dicjenigen, welche seinen An- ordnungen die gebührende Folgeleistung verweigern, Geldstrafen bis zu Einem Thaler verfügen. Auch sicht thm, wenn der Amtmann nicht in derselben Gemeinde wohnt, die Untersuchung und Bestrafung der Orts-Polizei-Contraventionen zu, welche mit einer Geldbuße von höchstens Einem Thaler bedroht sind. A

8, 81, Die zur Gemeinde gehörigen Rittergutsbesißer sind jedoch in Bezug auf die Polizei-Aufsicht dem Amtmann unmittelbar unter: geordnet. Auch in eigentlichen Kommunal Sachen ist der Vorsteher zur Erlassung von Zwangs-Verfügungen gegen dieselben nicht befugt, sondern muß solche bei dem Amtmann in Antrag bringen. i

8, 82. Wo der Umfang der Gemeinde es nôthig macht, können für einzelne Theile derselben, nach Bestimmung der Regterung, Dorfs- oder Bauerschafts-Vorsteher bestellt werden, welche in dem ihnen an- gewiesenen Bezirke wohnhaft seyn müssen. Wegen der Ernennung, Qualification und Amtsdauer gelten die wegen des Gemeinde-Vor- sehers ertheilten Vorschriften. Die Dorfs- und Bauerschafts-Bor- steher bilden eine Hülfs-Behdrde des Gemeinde-Vorstehers für die blos drtlichen Geschäfte und insonderheit für die Polizei-Aufsicht thres Bezirks. 2

_§. 83, Jn o weit zum Dienste der Gemeinde Unterbeamte und Diener erforderlich sind, werden diese, wenn sie zu blos mechanischen Dienstleistungen bestimmt sind, von dem Amtmanne, sonst aber von dem Landrathe exngnnt, Ueber die Würdigkeit der gnzustellenden Per-

{auen ist die Gemeinde-Versammlung zuvor mit ihrer Erklärung zu ren.

, §. 84, Der Elementar-Erheber der direkten Steuern versieht zu gleich die Stelle des Gemeinde: Einnehmers und bezicht dafür eine nah Vernehmung der Gemeinde-Versammlung von der Regierung zu bestimmende Remuneration. Er hat für die Verwaltung 1ämmt licher Gemeinde-Kassen eine besondere Caution zu dem von dec Re gierung feslzuseßenden Betrage, im Uebrigen aber nach den für Un jere Kassen-Beamten bestehenden Vorschrifien zu bestellen. Ausnahms welse kann von der Regierung mit Genehmigung des Ober-Präsiden ten die Anstellung eines eigenen Gemeinde-Einnehmers angeordnet werden. Die Ernennung des Leßteren erfolgt durch den Landrath ; Über die Würdigkeit des Anzustellenden is zuvor die Gemeinde-Ver sammlung zu hdren.

_F. 85. Wo es nôthig befunden wird, kann die Regierung die Aufstellung eines von ihr zu genehmigenden Normal - Besoldungs Etats anordnen. Ñ

__§. 86. Die hinsihtlih der Suspension, Entsceßung und unfrcei willigen Entlassung der Staatsdiener bestchenden Grundsäße kommen auch bei den Gemeinde-Beamten mit der Maßgabe zur Anwendung, daß Über deren unfreiwillige Entlassung die Regierung in voller Vec sammlung entscheidet. Durch dasselbe Verfahren soll bei allen das Gemeinde-Recht vorausseßenden Stellen die Entlassung veranlaßt werden, wenn das Gemeinde-Recht verloren wird; im Falle des ru henden Gemeinde-Rechts is nach den Umsiänden über die Suspen fion zu verfügen.

§. 87. Der Vorsicher if berechtigt und verpflichtet, die Aufsicht Uber die Unier-Beamten und Diener der Gemeinde und Über ihre Dienstleistungen zu führen. Bei vorkommenden Dienst-Vernach lässigungen und Dienst - Vergehen hat er dem Amtmann Anzeige {u machen, welher zur Erhaltung der nö!higen Disziplin das Recht hat, den Unter-Beamten Ordnungs-Strafen bis zu Drei Thalern und den blos zu mechanischen Dienstleistungen angestellten Dienern Ge fangniß-=Strafen bis zu zwei Tagen aufzulegen.

Av Ut 6, Von dem Geschäfts

{ Verhältnisse des Gemeinde-Vor ACOCLS

und der Gemeinde-Versammlung.

___§. 88, Wenn in Gemeinde-Angelegeinheiten nit blos die Ge sche oder schon gefaßte Beschlüsse auszuführen, sondern neue Be schlüsse zu fassen sind, so gehen zwar diese auch in der Regel zunächst von dem Vorsteher oder deim Amtmann (§§, 63 und 64) aus; jedoch soll dabet die Entscheidung nach Verschiedenheit der Fälle abhängig seyn: entweder von dem Vorsteher und Amtmann, oder von der Ge metnde-Bersammlung, oder von dieser und der hinzutretenden Geneh migung der vorgescß:en Staats-Behörden.

§. 89, Angelegenheiten, in welchen es auf Erfüllung von Pflich

ten gegen den Staat, gegen ‘Fnstitute und gegen Privat-Personen an kommt, gehören zur Entschetdung des Vorskchers und Amtmanns; es muß aber, wenn hierbei driliche Verhältnisse Einfluß haben, z. B bei der Anlage und Unterhaltung dec Polizei- und Armen-Anstalten, bei den Angelegenheiten der Kirchen, Schulen , fcommen Stiftungen u, #. w./ die Gemeinde-Versammlung mit ihrem Gutachten vernom men wecden. Dieses soll in so weit beachtet werden, als es den Zwecken entsprechend und mit den allgemeinen Staats - Grundsäßen veceinbar is, Was nach den Festschungen der Staats-Behörde in Beziehung auf Angelegenheiten dieser Art erfordert wird, ist die Ge meinde zu leisten veryflichtet. ___§. 90, Wenn der Amtmann oder der Vorsteher mit dessen Zu stimmung irgend einen anderen Gegenstand, worin ihm die Entschei dung zusleht, freiwillig der Gemeinde-Versammlung vorlegt, so if er an deren Beschluß gebunden. :

F, 91. Die Gemeinde-Versammlung entscheidet in allen Angele genheiten, welche sich lediglih auf den inneren Haushalt der Ge meinde beziehen. Dahin gehören: 1) Festseßung des Haushalts Etats, 2) Verpachtung und Verwaltung von Gruüidstücken, 3) Me lioration von Grundstücken, 4) Verpfändung von Grundstücken, 5) Anstellung von Prozessen und Abschließung von Vergleichen über Gerechtsame dee Gemeinde oder über die Substanz des Gemeinde Vermögens, 6) Verträge, die außer den (Zränzen des Haushalts-Etats liegen, 7) ähnliche außerordentliche Geld - Bewilligungen , als Neu baue, Haupt-Reparaturen u. st. w., die den Haushalts-Etat übersteigen.

8, 92, Die in Angelegenheiten dieser Art (8. 91) von der Ge meinde-Versammlung gefaßten Beschlüsse sind, fo weit sie nicht nach den folgenden Vorschriften höherer Genchmigung bedürfen, für den Vorstehec und Amimann verbindend. Wenn jedoch der Amtmann die Ueberzeugung hat, daß ein Beschluß den Geseßen widerspricht oder dem Gemeindewohl nachtheilig werden würde, fo soll er die Ausfüh rung versagen und darüber an die Negterung zur Entscheidung be richten; er muß aber, wenn er bei Abfassung des Beschlusses nicht anwesend war , eine nochmalige Berathung der Sache unter seinem Vorsite veranlassen und eine Vereinigung hierüber versuchen.

§, 93, Die freiwillige Veräußerung von Grundstücken kann nur mit Genehmigung der Regieeung und, der Regel nach, nur im Wege der dffentlichen Licitation stattfinden. Zux Gültigkeit dee Licitation aber gehdrt: 1) die Vorlegung eines beglaubigten Auszuges gus dem Grundsteuer- Kataster anstatt der Tare , 2) eine dfentlich auszuhän gende Ankündigung, 3) einmalige Bekanntmachung durch das Amts blatt der Regierung odec durch die etwa im Kreise erscheinenden df fentlichen Blätter, 4) eine Frist von sechs Wochen von der Bekannt machung bis zum Licitations-Termine, 5) Abhaltung des Licitations Termins durch eine Fustizperson, den Amtmann oder den Vorsteher. Wenn der Katastral-Ertrag des Grundstücks nicht zwei Thaler über steigt, #0 bedarf es der untec 3. vorgeschriebenen Bekanntmachuna nicht. Vor Erlassung der Bekanntmachung is an die Regierung zu berichten, welche sich Überzeugen muß, ob hinreichende Gründe zu der vorgeschlagenen Maßregel vorhanden sind, und das Weitere zu verfügen hat. J bei der Licitation der fünfundzwanzigfache Betrag des Katastral- Ertrages, nach Abzug der auf dem Grundstück ruhen den Abgaben und Lasten, nicht erreicht worden, so i| unter Einrei chung der Verhandlungen an die Regierung zu berichten, welche über den Zuschlag entscheidet. Bei Veräußerung von Gebäuden, welche nur nach der Grundfläche besleuert sind (F. 21. des Grundsteuer-Ge sches vom 21. Januar 1839) is, sofern sie für sich allein und nicht als Zubehör eines Gutes mit diesem zugleich veräußert werden, eine Taxe agufzunchmen und den Verhandlungen zum Grunde zu legen, Fn besonderen Fällen kann die Regierung auch den Verkauf aus freter Hand gestatten , sobald sie sich überzeugt , daß der Vortheil der Ge meinde dadurch gefördert oder solche doch nicht benachtheiligt wird. Der Besißtitel kann für den Erwerber eines Gemeinde - Grundstücks nur dann berichtigt werden, wenn dîe Beobachtung dieser Vorschrif ten nachgewiesen i, Die vorstehenden Bestimmungen finden auch auf die Veräußerung von Real - Berechtigungen Anwendung , wobei die Aufnahme einer Taxe jederzeit nothwendig ist. :

8. 94, Zur Aufnahme von Anleihen und zum Ankauf von Grund stücken is die Genehmigung der Regierung erforderlich. Die Ge nehmigung zu Anleihen soll nur dann ertheilt werden, wenn für einen sicheren Zinsen - und Tilgungsfonds gesorgt is. Desgleichen sind Prolongationen von Anleihen und Abweichungen von dem genehmig- ten Tilgungsplan an die Einwilligung der Regierung gebunden.

§. 95. Auch die Einführung neuer oder erhöhter Gemeinde-Auf-, lagen erfordert die Genchmigung der vorgeschten Staats - Behörde nach näherer Bestimmung der darüber von den Ministerien des Fn nern und der Finanzen bereits ertheilten oder künftig etwa noch zu erlassenden Fnstructionen.

8. 96. Bei Verwaltung der Waldungen bleiben die Gemeinden den nach der Verordnung vom 24, Dezember 1816 stattfindenden Be- schränkungen fernerhin unterworfen.

8. 97. Jn jeder Gemeinde muß ein Haushalts- Etat für eine nach dem Ermessen der Regierung auf cin bis drei Fahre zu bestim- mende Periode aufgestellt werden. Der Entwurf desselben ist von dem Amtmann anzufertigen und unter dessen Vorsi von der Gemeinde Versammlung zu prüfen und festzuseßen, Ein Duvlifat des fest-

geseßten Etats ist dem Landrathe einzureichen. Nimmt dieser darin

Ordnungswidrigkciten oder eine Gefährdung des Gemeinde Interesses wahr, #0 hat er die Ausführung desjenigen Theils des Etats, wobet solche vorkommen, zu untersagen. Widecspricht die Gemeinde- Ver sammlung, so ist die Sache zur Entscheidung der Regterung zu 4p

orgens Der Amtmann hat dafür zu sorgen - daß der Haushalt A i Außerordentliche Ausgaben , welche bedürfen außer der Bewilli- der Genehmigung

F. nah dem Etat geführt werde. außer dem Etat geleistet werden sollen - 1 gung der Gemecinde- Versammlung (§. 91 Nr. 7 des Landraths. j / S .

ch. 99. Alle Gemeinde - Einkünfte müssen in die Gemeinde Kasse fließen, sie dürfen zu keinem anderen Zwecke als zur Deckung des (Gemeinde-Bedürfnisses verwendet werden. i

8. 100, Die Gemeinde-Versammluttg fontrollirt die Verwaltung. Sie if daher berechtigt und verpflichtet , sich von der Ausführung ibrer Beschlüsse und der Verwendung aller Gemeinde- Einnahmen Ueberzeugung zu verschaffen, die Akten einzusehen , die Richtigkeit dec Ausführung der Gemeinde- Arbeiten zu untersuchen u. f. w., Wle Gemeinde-Versammlung kann, wenn sie nicht aus Gemeinde-Verord neten bestcht, Behufs dieser Kontrolle einen Ausschuß aus ihrer Mitte ernennen. 1 ; 2 :

ch 101. Die Rechnung úber die Gemeinde-Kasse, welche der Ein nebmer vor dem 1. April des folgenden Jahres zu legen hat, Uk, zu- nächst von dem Amtmann zu revidiren, welcher dieselbe mit setnen Bemerkungen der Gemeinde Versammlung zur Prüfung und Ab-

) )orlegt. E E 02. "Die Rechnung is hiernächst mit den Revisions- und Abnahme-Verhandlungen an den Landrath zur schließlichen Prüfung und Feststellung einzusenden. Dieser hat längstens in sechs Monaten die weitere Revision der Rechnung zu bewirken und die Decharge zu ertheilen oder scine Erinnerungen dem Amtmann mitzutheilen.

8. 403. Ueber die Art, wie die Haushalts - Etats und Rechnun gen, so wie das Kassenwesen, einzurichten sind, sollen die Regierungen die erforderliche Fnstruction ertheilen. :

8, 104, Wenn die Gemeinde Yersammlung glaubt, daß dem RYorfüeher odec Amtmagnit Vernachläfsigungen oder Pflicht-Verleßun gen zur Last fallen, so is dem Landrathe Anzeige davon zu machen, welcher die Sache zunächst im administ-ativen Wege untersucht und darüber an die Regierung zur Verfügung berichtet. Wenn aber der eine oder andere Theil sich bei der Verfügung der Regtecung nicht beruhigen will, so ist ihm freigestellt, binnen vier Wochen , von dem Eingange der Verfügung an gerechtiet, entweder auf die Entschetdung der hdheren Stgats-Behörde oder in dazu geeigneten Fällen auf den Rechtsweg zu provoziren. Bis zur Entscheidung bleibt die Vollzte- hung dec vorläufigen Verfügung dem Ermessen der Regterung uber lassen. Sobald auf hdhere administrative Entschetdung angetragen worden i| und beide Theile mit diesem Antrage einverstanden stnd, is der Rechtsweg ausgeschlossen , wenn nicht die hdhere Behdrde die Sache selb dahin verweist. Sollte ein Prozeß gegen den Vorskeher oder Amtmann ndthig werden, so hat die Regierung solchen auf den Antrag der Gemeinde - Versammlung einzuleiten und dec Gemeinde einen Anwalt zu bestellen, welcher Namens derselben den Prozeß zu führen hat. ; : S

&, 105. Uckunden, welche die Gemeinde verbinden sollen, müzen in der Ausfertigung von dem Vorsteher und dem Amtmann vollzogen verden; es muß aber, wenn sie Angelegenheiten des Gemeinde- Haus- halts betreffen, der Genehmigungs-Beschluß der Gemetnde Berfamm lung und in dem Falle des §. 98 die Genehmigung des Landraths in beglaubigter Form beigefügt seyn. Den Urkunden über Veräuße rungen von Grundstücken und Realberechttigungen ijt dasjentge, was ¿um Beweis der im §. 93 gufgestellten Erfordernisse dient, nicht min der dei Urkunden über Anleihen und den Ankauf von Grundsiücken die Genehmigung der Regierung (§. 94)- ebenfalls beglaubigt, betzu fügen, Bezieht sich die Urkunde auf eine von der Gemeinde zu er füllende Pflicht (§. 89 so ist, wenn die Gemeinde- Versammlung die Genehmigung verweigert , die Entschetdung der Regierutig 111 be beglaubter Form beizufügen,

Titel 868.

Bon den Aemtern.

e 4106. Der Amtmann wird ohne Unterschied, ob das Amt gus mehrecen Gemeinden oder nur aus etlter besteht, nach Vernehmung der gutachilichen Vorschläge des Landraths von der Regterung er nannte. Ez soll hierbei auf angesehene Grundbesißee in den Amts Bezirken besonders Rücksicht genommen werden. Für Verhtnderungs fälle ist in gleicher Art ein Stellvertreter zu ernennen, Das Amt des Stellvertreters dauert, wenn dazu ein (Gemeinde Vorsteher ernannt wird, nur so lange, als seine Anstellung als Vorsteher,

S 107. Jn so weit zum Dienste des Amtes Unterbeamlke oder Diener erforderlich sind, werden diese auf den Vorschlag des Amt manns von dem Landrath ernannt. Besteht das Amt nur aus Etner Gemeinde, so verbleibt es bei den Bestimmungen des §. 83, Wegen Suspension, Entschung und unfreiwilliger Entlassung der Unterbeam ten und Diener des Amtes finden die Vorschriften des §. 86 Anwen dung. Auch stehen dem Amtmann gegen diese Beamten die 1m S. 87 bestimmten Disziplinar-Befugnisse zu.

8, 108. Wo die Einrichtung ciner besonderen Amiskasse nôthig gefunden wird, soll deren Verwalluttg gleichfalls durch den Elemen tar-Erheber der direkten Steuern besorgt werden, welcher dafur etne nach Vernehmung der Amts-Versammlung (F. 111) vou dec Regle rung zu bestimmende Remuneration zu beziehen und eine mit der Caution für die Gemeindekassen (F. 84) zu verbindende Cautton zu bestellen hat. J ein eigener Gemeinde- Einnehmer angestellt, jo kann demselben von der Regierung auch die Verwaltung der Amtskaje übertragen werden. / Ï

8, 109. Für jedes Amt ist von der Regierung nach Vecneh- mung der Amts-Versammlung ein Normal-Besoldungs Etat aufzustel len. Die Besoldungen, sowie die Entschädigungen für Otenst-Un- kosten, müssen von dem Amte gufgebracht werden; der Betrag ik auf die einzelnen Gemeinden und gußer dem Gemeinde-Verbande beftnd- lichen Ritterguts-Besißer, nach Verhältniß der Grund- und Klassen Steuer, zu vertheilen. Die Besoldung des Amtmanns und dessen Entschädigungen für Dienst- Unkosien sollen zusammen Drei Silber groschen und, wo der Amtmann zugleich (Gemeinde-Vorsteher is, Vier Silbergroschen auf den Kopf der, Bevölkerung nicht übersteigen. In Anschung der Vergütung für Dienstreisen, o wie der Gebühren und baaren Auslagen für Amts Berhandlungen des Amtmauns, finden die Borschriften des §. 76 Anwendung. A

c 4110. Der Amtmann führt, außer der Beaufsichtigung und Leitung der Gemeinde-Angelegenheiten, die Verwaltung der Amts Kommunal-Angelegenheiten (§. 13) und ist hierbei die allein ausfüh rende Behörde. Er hat in dem Amts-Bezirk dic Polizei-Verwaltung, so wie alle in Landes-Angelegenheiten vorkommenden drtlichen Ge schäfte, soweit hierzu nicht besondere Behdrden bestellt sind, zu besor gen. Unter der vorstehenden Beschränkung is er eben so berechtigt, als verpflichtet, darauf zu schen, daß überall die bestehenden Landes- Gescße und Vorschriften gehörig beobachtet werden. Jn dieser Hin- sicht sïud ihm sowohl alle einzelne Mitglieder des Amts, als auch alle zu dentlichen Zwecken in dem Amts-Bezirke bestehenden Gemeinde- Behdrden, ingleichen Corporationen und Stiftungen, Folge zu leisten schuldig. s i

8, 111, Das Amt wird in den Amts-Kommunagl-Angelegenhei- ten (s. 13) durch die Amts-Versammlung vertreten; auf die besonde- ren An celcacibriten der einzelnen Gemeinden steht ihr aber keine Ein- wirkung zu. A §, 112. Die Amts - Versammlung ist in denjenigen Aemtern, welche aus Einer Gemeinde bestehen, von der Gemeinde - Versamm- lung nicht verschieden, in den Übrigen Aemtern wird dieselbe gebildet : 1) aus den Besißern der landtagöfähigen Rittergüter ohne Unter- schied, ob diese im Orts-Gemeinde-Verbande stehen oder nicht, 2) aus den Vorstehern dex zum Amte gehdrigen Gemeinden, vermdge ihres

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Amtes, und 3) aus gewählten Abgeordneten. Fede Gemeinde sett- det einen Abgeordneten, sind aber die einzelnen Gemeinden von sehr ungleiher Größe, so tritt bei den stärker bevölkerten Gemeinden eine Vecmchrung der Abgeordneten ein, worüber dec Ober-Präfident zu bestimmen hat. Die Abgeordneten werden nah Vorschrift dec §§. 52, 53 und 56 bis 61 und, wo die Gemeinde durch Verordnete vertreten wird, von Leßteren aus ihrer Mitte tn gewdhnlicher Versammlung (£S. 63—66) mit Berücksichtigung der Vorschrift des §. 58 gewählt, jedoch sind die Wahl-Verhandlungen dem Landrathe zur Bestätigung der Wahlen einzureichen. s

§, 113. Den Vorsiß in der Amts-Versammlung führt der Amt mann und bei dessen Verhinderung der Stellvertreter mit vollem Stimmrechte und bei Stimmengleichheit mit entscheidender Stimme. Ff auch der Stellvertreter verhindert, so hat der älteste Ritterguts besißer und, wenn kein Rittergutsbesißer an der Versammlung Theil nimmt, dec älteste Gemeinde-Vorsteher den Vorsiß zu Übernehmen.

8, 114. Die Vorschriften wegen der Rechte und Verhältnisse der Gemeinde-Versammlung und wegen des Geschäfts - Verhältnisses des (Semeinde-Yorftehers und der Gemetnde Versammlung (Tit. U, Ab schnitt 4 und 6) finden auf die Amts Versammlung und den Amt mann gleichmäßige Anwendung. f

&§. 115. Jn dem Falle des §. 92 hat der Amtmann, wenn er sth mit der Amts =- Versammlung nicht vereintgen kann, dem Landrathe davon Anzeige zu machen, welcher zuvörderst eine Vereinigung zu ver suchen und, wenn diese nicht gelingt, an die Regierung zur Entschei dung zu berichten hat.

8. 116. Das Verhältniß, in welchem die einzelnen Gemeinden und nicht im Gemeinde-Verbande sehenden Ritterguts-Besißer außer dem Falle des §. 109 zu den gemeinschaftlichen Bedürfnissen des Am les beizutragen haben, wird durch die Regterung, nach Vernehmung der Amts-Versammlung, festgeseßt. Die Beiträge, welche von den Gemeinden zu leisten sind, sollen nicht auf die einzelnen Gemeinde Mitglieder , sondern auf die Gemeinden, und in diesen nach deren Verfassung auf die Einzelnen verthetlt werden

Titel V. Von der Verpflichtung zur Annahme von Stellen.

8, 117. Jedes zur Ausübung des Gemeinderechts befähigte Ge meindeglied ist in der Regel verbunden, unbesoldete Stellen und ein zelne Aufträge, so wie die Stellen eines Gemeinde- oder Amts-Ver ordneten, anzunehmen, die leßteren Stellen sechs Jahre und die Ubrt- gen wenigstens drei JFahce zu verwalten, Rach Ablauf dieser Frist kann Jeder die Stelle niederlegen und binnen den nächsten dret Fah ren zur Annahme neuer Siellen oder Aufträge von längerer Dauer nicht angehalten werden. :

§8, 118. Fortdaueende Keankheiten, Geschäfte, die längere Reisen nothwendig machen , und ein Alter Über sechzig Jahre sind gültige Entschuldigungzgründe, wodurch die im §. 117 ausgesprochene Ver pflichtung eine Ausnahme erlciden kann. Wer außec diesen bestimm-= ten Fällen darzuthun vermag, daß er nach seinen besondecen Verhält nissen oder ohne wesentliche Stdrung scines Wohlstandes eine ihm angewiesene Stelle nicht übernehmen könne, soll guf seinen Anirag nach Umständen ganz befreit oder auch durch abgekürzte Daure dec Stelle ecleichtert werden, Die Entscheidung hiecüber steht dem Land Latte t. : z

E410 Boit det n S 147 fesigeseßten Verbindlichkeit sind gänzlich befreit : vom Staate besoldete Beamte, \standesherrliche Beamte, io weit sie den Staats-Beamten gleich zu achten sind, Juiltz- Kom mis}arien, Patrimonial-Richter, Geistliche, Schullehrer und Medizk- nal-Personen. Desgleichen kdnnen diejenigen , welche ein Gemeinde Amt oder die Stelle eines Gemeinde - Verordneten bekleiden, nicht gezwungen werden, eine neue Stelle neben der bishertgen zu übernch men; doch können die Leßteren die Wahl zu Amts-Verordneten, n

gleichen die Gemeinde -Vorstcher die Ernennung zum S1 ellverireter

des Am{manns (L. 106), nicht ablehnen. Dagegett sind Gemeinde Rerorducte unbesfoldete Gemeinde- Aemter, desgleichen die Dorf- und Bauerschafts-Vorsteher andere unbesoldete Stellen , so wte die Stel len der Gemetinde- Verordneten anstatt ihrer bisherigen Stellen, zu übernehmen verpflichtet. | i

L 120. Die Besißer der zur Gemeinde gehörigen Rittergüter sind cin Gemeinde-Amt oder Aufträge in Gemeinde-Sachen zu über nehmen nicht verbunden.

L 121. Die vom Staate besoldeten Beamten , die den Staats Beamten gleich zu achtenden standesherrlichen Beamten, die Patrt monial - Richter, die Geisilichen und Schullehrer bedürfen, wenn hie cine Stelle oder einen Auftrag von längerer Dauer bet der Gemeinde Verwaltung übernehmen wollen, dazu die Erlaubniß threr vorgescßlen Diensibebd de und der Regierung. Diese Erlaubniß kann auch, wenn fich qus der Verbindung beider Dienstverhältnisse für den Staats dienst oder für die Gemeinde-Verwaltung in der Folge etn Nachthetl ergtebt, von der Dienstbehdrde sowohl als von der Regterung zurück genommen werden.

S, 1227

Wer sich den in den §§. 117 ff. Fetten qußer den Falleit del dd. 118—120

durch Beschluß der Gemeinde- Versammlung mit Genehmigung der Regierung der Ausübung des Gemeinderechts, so wte der Wählbar keit, für immer oder auf bestimmte Zeit verlustig erklärt werden.

bestimmten Verbindlich beharrlich entzieht, kann

Fitel ®%.

Von der Ober-Aufsicht über die GVemeinde- Berwaltunag, §423, Die Obel- Aufsicht (Gemeinden wird durch die Regierung und Landräthe ausgeubt. Landräthe handeln hierbei in Anschung der thnen durch das gegen wärtige Geseß besonders überwiesenen Angelegenheiten als selbsistan dige Behdrden, im Uebrigen aber als beständige Kommissarien der Regierung, und sind in dieser Eigenschaft verpflichtet, sich von der Anmts- und Gemeinde- Verwaltung in ihren Kreisen în steter Kennt niß zu erhalten und, wo sie eine Einschreitung ndôthig finden, dec Regierung zur weiteren Verfügung Anzeige zu machen. Oie Regte- rungen sind berechtigt und vecpflichtet : a) sich darüber, ob in jedem Amte, in jeder Gemeinde die Verwaltung nach den Gescßen Überhaupt und nach dem gegenwärtigen Gesche insbesondere eingerichtet sey, die Ueberzeugung zu verschaffen, zu diesem Zwecke auch die Etals und Rechnungen einzufordern und die dabei wahrgenommenen Mängel zu rúgen ; b) dafür zu sorgen, daß die Verwaltung fortwährend in dem vorgeschriebenen Gange bleibe und alle Störungen beseitigt werden ; c) die Beschwerden Einzelner über die Verleßung der ihnen als Mit glieder zustehenden Rechte zu untersuchen und zu entscheiden : d) die Aemter und Gemeinden zur Erfüllung threr Pflichten anzuhalten, und e) in den Fällen zu entscheiden , welche in diesem Geseße dahin gewiesen sind. Die Berichte, welche in Gemeinde- und Amts-An gelegenheiten an die Regierutg erstattet werden, sind an den Land rath zu senden, um sie mit seinen etwangen Bemerkungen weiter zu befördern. Rekurse an die Regterung gehen denselben Weg. C4124 Gegen die Entscheidung des Landraths in den thm be- sonders überwiesenen Sachen bleibt der Rekurs an die Regterung, #o wie gegen Entscheidungen der Reglerung der Rekurs an den Ober Präsidenten, vorbehalten. Der Rechtsweg dagegen ist nur dant zulässig, wenn die Klage auf einen speziellen privatrechtlichen Titel gegründet wird; über allgemeine Verwaltungs - Grundsäße und deren Anwendung gebührt dem Richter ketn Ausspruch. : 8, 125. Fn dent Gemeinden - welche zu den Gebieten der vor- mals unmittelbaren Deutschen Reichsstände gehören , bleibt den Leßz-

des Staats über die Aemter und Ti

{C

S teren die Ausübung der Regierungsrechte durch ihre Behörden nach Maßgabe der Fustruction vom 30, Mat 1820 vorbehalten, insofern nicht durch besondere Rezesse hierauf Verzicht geleistet oder ein Ande- ves bestimmt worden i. i 5 L, 126. Die zur Ausführung des gegenwärligen Gesehes erfor- derlichen ersten Einrichtungen werden unter der Leitung des Ober

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Präsidenten getroffen, welchen der Minister des Fnnern mit einer Fn- struction hierúber verschen wird.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Fnstegel.

Gegeben Sanssouci, den 31, Oktober 1841.

(S Friedrich Wilhelm.

von Kampkt. Mühler. von Rochow.

von Nagler. von Ladenberg. Graf von Alvensleben. Frb. von Werther. Eichborn. vou Thile.

Graf zu Stolberg.

von Boyen.

Gemeinde - Verfassung in der Provinz IVestphalen. __ Die am 4. Dezember erschienene Geseß- Sammlung enthält die vorstehende neue Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Weskt- phalen und die Verordnung über die Einrichtung der Gemeinde-

| Verfassung in denjenigen Städten der Provinz Weslphalen, in

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denen die Städte-Ordnung bisher nicht eingeführt is, Bei dem Interesse, welches beide Verordnungen auch in einem weiteren Brel in elnspruch nehmen werden, scheint es nothwendig, die Besichtspunkte zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, welche bei ihrer Abfassung im Auge behalten wurden.

Die Gemeinde-Verfassungen, welche von Alters her in den Wesk-

| phalischen Landestheilen bestanden, wurden bei den Regierungs-

| gen traten an ihre Stelle:

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Veränderungen, welche jene Länder seit dem Anfange dieses Jahr- hunderts erlitten, großentheils beseitigt. Neue Gemeinde-Verfassun- die Französische und verschiedene an-

| dere, welche sich ihrem Grund-Charafter nach der Französischen an-

schlossen. Den Gemeinden steht nach diesen Gemeinde-Verfassungen ein sehr geringer Grad von Selbstständigkeit zu. ZJhre Borstbèi,

| auch in den Städten von der Staats-Behörde ernannt, verwalten

/

die Angelegenheiten der Gemeinde im Auftrage und unter fortge- seßter spezieller Kontrolle der Regierung. Die Repräsentanten der Kommune, Gemeinderäthe u. \. w. haben nur eine berathende Stimme, keine selbstständige, geseßlich begründete Einwirkung auf die Angelegenheiten des Gemeindewesens. Städte, Dorfschaften, Bauerschaften 2c. sind, allerdings gegen die ursprüngliche Absicht der Französischen Kommunal-Geseßgebung, in größere Gemeinde- Bezirke, Bürgermeistereien, Kantons 2c. zusammengelegt. Die Nittergüter, auch da, wo sie früher von den Gemeinden gesondert waren, auch für Verhältnisse, bei welchen eine innerlich begründete Gemeinschaft der Junteressen nicht besteht, wurden den Gemeinden als Bestandtheile einverleibt. Nur die Bürgermeistereien, Kan- tons gelten der Regel nach als Gemeinde im geseßlichen Sinn, nur sie haben einen Gemeinde-:Vorstand und Gemeinde-Repräsentanten. Die Bauerschaften, Dorfschaften 2c., die alten, eigentlichen Ge- meinden des Landes, noch jeßt durch korporative wichtige Jnter- essen eng verbunden, sind in dem größten Theile der Provinz ohne geseßlich anerkannte Verfassung, ohne Vorstand und ohne felbst- ständige Gemeinde: Vertretung. Diese Verhältnisse, wie sie sich der Hauptsache nach in Westphalen in ähnlicher Weise in der Rhein- Provinz auch nach der Preußischen Besiknahme erhalten ha- ben, stehen mit den Grundlagen, auf welchen die Gemeinde-Ver- fassung in den übrigen Provinzen der Monarchie beruht, in sehr bestimmtem Widerspruche. Selbskständigkeit der Städte, ver- fassungsmäßige Mitwirkung auch der Landgemeinden bei Admini- stration ihrer inneren Angelegenheiten sind, wie sie dem Grund- Charakter Deutschen korporativen Lebens entsprechen, wesentliche Momente Preußischer Verfassung und Verwaltung. Den Städ- ten der alten Provinzen, den einen nach der Städte-Ordnung den anderen nach ihren besonderen Verfassungen, den Landgemein- den nach alter, großentheils unveränderter Observanz is ein reiches

| Maß korporativer Selbstständigkeit gesichert und wird von ihnen

mit anerfannt günstigem Erfolge geübt, Es mußte darauf Be- dacht genommen werden, auch den Gemeinden der westlichen Pro- vinzen diejenige Mitwirkung bei Verwaltung ihrer inneren Ange- legenheiten zu gewähren, die zur Wiedererweckung fkorporativen Lebens im Sinne Deutscher Gemeinde-Verfassungen nothwendig isf, Schon im Jahre 1833 wurden den Provinzial-Landtagen der Rhein-Provinz und Westphalens Vorschläge zur Umgestaltung der Gemeinde-Verfassung vorgelegt. Für Westphalen if die Herstel: lung der Gemeinde-Verfassung gegenwärtig vollendet, sie ruht auf der Grundlage der früheren, durch die Eigenthúmlichkeit des Lan- des und seine geschichtliche Entwickelung begründeten Verfassung, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Zeit und der neuen, in dem Leben der Gemeinden hervorgetretenen Elemente, Jn den be- deutenderen Städten der Provinz Westphalen ihre Zahl be- trágt 57 is, unter Zustimmung der Stände, auf Grund der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 18. März 1835 die revidirte Städte- Ordnung bereits eingeführt worden. Jn Bezug auf die Verfassung der Landgemeinden hatten sich so verschiedene Ansichten geltend gemacht, daß es nothwendig wurde, durch einen besonde- ren Kommissarius des Staats-Ministeriums die Verhältnisse der Gemeinden in der Rhein-Provinz und Westphalen, ihre alte Ver- fassung, die Veränderungen, welche die fremdherrliche Geseßgebung veranlaßt hat, so wie den Zustand, wie er jeßt besteht, nochmals ge- nau erdrtern zu lassen. Der Minister des Jnnern selbst benubte im Jahre 1837 seinen Aufenthalt in jenen Provinzen, um sich von den Verhältnissen vollständige Kenntniß zu verschaffen. Auf die- sen Grundlagen wurde zur Ausarbeitung der beiden Geseße ge-

| schritten, deren Publication, nachdem sie alle Stadien der Geseß-

gebung durchgangen und die Genehmigung Sr, Majestät des Kö- nigs erlangt haben, nunmehr bevorsteht.

Die folgende Darstellung wird eine Uebersicht der wesentli- chen Gesichtspunkte geben, welche diesen Geseßen zum Grunde liegen.

Bon mehreren Seiten war die Ansicht geltend gemacht wor- den, daß der Erlassung einer Landgemeinde-Ordnung für die ganze Provinz Westphalen die Wiederherstellung der alten Verfassung in den einzelnen Landestheilen mit den etwa erforderlichen Modi- ficationen vorzuziehen sey. Diese Ansicht, so wesentliche Rück- sichten ihr aus allgemeinen Gesichtspunkten zur Seite stehen, ftellt sich jedoch, bei den eigenthümlichen Verhältnissen der Provinz, als unausführbar dar. Die frühere Landgemeinde: Verfassung skand in ihren âußeren Beziehungen und besonders in Betreff der Polizei:Verwaltung fast Úberall mit der vormaligen Amts-Verfas- sung in einigen Gegenden, wie im Fürstenthum Münster und der Grafschaft Mark, zugleich mit der vormaligen Rezeptur-Einrichtung, so wie in mehreren Landestheilen mit der bis auf wenige Aus: nahmen erloschenen Patrimonial:Gerichtsbarfeit im engsten Zusam- menhange. Jn diesen Beziehungen fehlt es gegenwartig gänz: lih an den zur Wiederherstellung der alten Gemeinde-Verfassung nöthigen Elementen. Von den inneren Elementen der alten Verfassungen hat sich noch Manches erhalten, allein auch Vieles verändert. Das Gemeinderecht beruhte fast allgemein auf dem Systeme geschlossener, contributions- oder schaßungspflichtiger Gü: