1877 / 240 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Oct 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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wendet hatte, ernannte ihn im Jahre 1841 in s{wieriger Zeit um Staatssekretär für Jrland. ) Lahr den Posten eines General-Postmeisters inne. Unter Lord Aberdeen ward der inzwischen dur den Tod des Vaters (1845)

von Jrland (1852—1855). Ein ihm dann übertragenes Hof- amt legte er 1866 wegen s{hwacher Gesundheit nieder und zog sih darauf gänzlih in das Privatleben zurück. Sein Sohn und Nachfolger gehört als Baron Eliot schon seit 1870 dem Oberhause an. Der österreichishe Botschafter, Graf Beust, ist am Sonnabend nah London zurücgekehrt. Der bekannte amerikanishe Präsidenischafts-Kandidat Mr. Tilden ist von Paris wieder in England angekommen.

Jndien. Kalkutta, 11. Oktober. (W. T. B.) Nah hier vorliegenden Nachrichten ist die Ernte gut und hat si erheblich gebessert. Ein allgemeiner Regen hat die Gefahr einer Hungersnoth für Nordindien beseitigt; auch die finanzielle Lage ist eine bessere geworden.

Frankreich. Paris, 10. Oktober. Der Schwerpunkt der gestern Abend von Gambetta im Cirque Americain ehaltenen Wahlr ede liegt, wie alle republikanischen Abend- ‘lätter anerkennen, in der Thatsache, daß er die eventuelle Kandidatur des Hrn. Grévy auf die Präsidentschaft der Re- publik vor einer Zuhörerschaft von siebentausend Belleviller Wählern ausgerufen und für sie die Zustimmung eines so beträchtlihen Theiles der radikalen Partei errungen hat. Der „Temps“, eines der leitenden Organe des linken Centrums, onstatirt dies und die persönliche Selbstverieugnung Gam- betta’s mit besonderer Befriedigung. Die gestrige Rede des Herzogs von Broglie in der Versammlung des kon- servativen Wahlcomités behandelte die Frage: Mac Mahon oder Gambetta. Die 11. Kammer des Pariser Zucht- polizeigerichts verurthcilte gestern par défaut Hrn. de la Sux d’Uzelle, als Verfasser der Broschüre: „Der 16. Mai und e Thiers vor Frankreih und vor der Geschichte“, wegen Belei- digung des Präsidenten der Republik, welcher darin als ein Spielball der ultramontanen Camarilla hingestellt wird, zu 6 Monaten Gefängniß und 2000 Fr., und den Drucker der Schrift, Blampain, zu 2 Monaten Gefängniß und 1000 Fr.

Strafe.

11. Oftober. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon hat folgendes Manifest an die französische Nation gerichtet: Franzosen! Jhr seid im Begriff, zur Wahl zu schreiten. Das gewaltsame Vorgehen der Opposition hat alle Fllusionen zerstreut : keine Verleumdung kann ferner- hin die Wahrheit alteriren, daß die republikanische Verfassung fich nicht in Gefahr befindet. Wie sehr die Regiérung auch die Re- ligion achtet, gehorcht si: doh nicht, wie man behauptet, dem Einflusse der Klerikalen. Nichts würde sie zu einer Politik, welche den Frieden gefährden könnte, fortreißen. Jhr seid nicht bedroht von der Rückkehr der Mißbräuche der Ver- cangenheit, es handelt sich nur um einen Kampf zwischen der Ordnung und der Unordnung. FJhr habt bereits früher ausgesprochen, daß Jhr das Land durh regierungsfeind- lide Wahlen nicht in eine ungewisse Zukunft von Krisen und Konsflikten werfen wollt. Fhr wollt Ruhe, welche sowohl im - Jnnern, wie nah Außen hin gesichert ist; Jhr wollt Uebereinstimmung der öffentlihen Ge- walten, Sicherheit«Her Arbeit und der Geschäfte. Jhr werdet für die Kandidaten stimmten, die ich Eurer freien Wahl empfehle. Die Stunde ist gekommen; gehet ohne Furcht zur Wahl! Folgt meinem Rufe! Fh, der ih durch die Verfas- sung auf den Posten gestellt bin, den mir die Pflicht zu ver- lassen verbietet, ih trete ein für Ordnung und Frieden. Ein von den Bureaus der Linken des Senats veröffent- lihtes Manifest ermahnt die Wähler, nicht Denjenigen zu glauben, welche behaupten, daß die republikanishen FJn- stitutionen außer Gefahr seien, und daß das gegenwärtige Ministerium nicht klerikalen Einflüssen gehorhe. Das Maniî- fest versichert vielmehr, daß alle von der Regierung bezeicz- neten Kandidaten Feinde des republikanishen Regimes seien, und schließt mit der Aufforderung an die Wähler, gegen das Verfahren der Regierung zu protestiren, indem sie die bis- herigen 363 Mitglieder der republikanischen Partei für die Deputirtenkammer wiederwählen. Der Prozeß gegen Gamvbetta wegen seines Wahlmanifestes kommt morgen vor der 9. Kammer des Zuchtpolizeigerihts zur Verhandlung. Morgen wird bei dem italienischen Botschafter zu Ehren der Anwesenheit Crispi's ein Diner stattfinden. Der italienishe Botschafter General Cialdini ist heute wieder hier eingetroffen.

12. Vftober. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ ver- öffentliht ein Nundscchreiben des Ministers der Justiz, welches die Generalprofkfuratoren anweist, die unnachsichtlihe Verfolgung folher Wahlmanöver eintreten zu lassen, die in der Verbreitung von Gerüchten über Unterhandlungen oder Allianzen zwischen den fremden Mächten aus Anlaß der mög- lichen Folgen der neuen Deputirtenwahlen bestehen.

__ Italien. Rom, 11. Oktober. (W. T. B.) Der Papsst befindet sih wieder wohl und ertheilt täglih Audienzen. e blig Botschaster von Haymerle is hier ein- getroffen.

Türkei. Konstantinopel, 3. Oktober. Eine tele- graphische Anzeige des in Gallipoli stationirten Arztes des internationalen Gesundheitsrathes meldet, daß daselbst der Rindertyphus ausgebrochen ist.

11. Oktober. (W. T. B.) Mehemet Ali Pascha und Ejub Pascha sind hier eingetroffen und haben bereits einer Zung be Kriegsrathes beigewohnt.

12. Oktober. (W. T. B.) Jm Libanon is zwischen den maronitishen Mönchen und deren Oberen ein Konflikt ausgebrochen. Auf Ersuchen der Oberen intervenirte die tür- kishe Behörde und verhastete gegen 30 Mönche.

_Numänien. Bukarest, 11. Oktober. (W. T. B.) Wie das Journal „Romanul“ in seiner heutigen Abendnum- mer meldet, wäre eine größere Anzahl von Ungarn über die Grenze if die kleine Walachei, nördlih von Baja Arama, eingetreten. General Karalamb sei davon benach richtigt und hätte die erforderlichen Maßregeln getroffen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 9. Oktober. Der Kaiser hat dem Chef der 9. Jnfanterie-Division, Ge- neral - Adjutanten Fürsten Swjatopolk-Mirskij, für aus- gezeichnete Mannhastigkeit und Tapferkeit im Kampfe bei Schipka, am 5. Juli d. J., einen goldenen mit Brillanten geshmücckten Degen mit der Aufschrift „Für Tapferkeit“

uch hatte er ein halbes E News.) Der Nil fällt jeßt andauernd und es ist

Die Versuche mit der neuen bahamishz:n. Baumwol[l-

in das Oberhaus verseßte Earl of St. Germains Vize-König | pflanze, von der so viel erwartet worden war, werden als verfehlt betrachtet.

Afrika. Egypten. Alexandria, 9. Oktober.

eine weitere Hoffnung auf ein Steigen desselben vorhanden.

Der russisch-türkische Krieg.

(W. T. B.) Aus Belgrad, 11. Oktober, geht der „Polit. Korr.“ die Nachricht gt die Kriegssubsidienfrage zwischen Serbien und Rußland sei geregelt. Rußland verpflichte sich, der serbischen Regierung vom Tage des Auf- marsches der serbishen Armee an der Grenze an bis zum i i allmonatlich 1 Million Rubel zur Verfügung zu stellen.

London, 11. Oktober. (W. T. B.) Lord Salisbury hat in Bradford eine Rede gehalten und sih in derselben dahin geäußert, der Krieg habe alle Befürchtung vor der aggressiven Macht Rußlands beseitigt. Da man nicht wisse, wie nahe eine Erschöpfung der Kriegführenden fei, wäre es auch unmöglich, vorauszusagen, ob noch ein längerer Krieg oder ein baldiger Friede zu erwarten L Den er- wedckien Leidenschaften müsse erst| Genüge geschehen, ehe. cin Ende des Krieges abzusenen sei. England sei auf das Emsigste bemüht, den Frieden herbeizuführen.

London, 11. Oktober. (W. T. B.) Jn einer zweiten in Bradford gehaltenen Rede über die orientalische Frage erläuterte Lord Salisbury die Gründe, aus denen die Re- gierung neutral geblievcen sei, und fügte hinzu, der Krieg dürfe nicht eher beendigt werden, bis eine oder die andere Partei einen großen Sieg errungen habe, oder erschöpft sei. Ohne die Neutralität aufzugeben, könnte England jeßt nur freundschaftlihe Rathschläge ertheilen.

Das „Journal de St. Petersbourg“ bezeihnet die zuerst von den „Daily News“ gebrachte Nachricht als ungenau, daß Rußland die Erseßung seiner zur Sperrung der Sulinamündung getroffenen Maßnahmen durch eine Kol- lektivüberwachung der Neutralen angeregt habe, giebt aber zu, daß Verhandlungen in diesem Sinne angebahnt seien.

Europäischer Kriegs schauplaß.

St. Petersburg, 11. Oktober. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Gornji Studen vom 10. d.: Die Türken haben die Brücke, welche sie bei Silistria zu bauen begonnen hatten, wieder abgebrohen. Am 3. d. M. entsandte der Kommandirende der russishen Truppen in Lowtscha, General Karzo ff, eine Sotnie unter Befehl des Kosakenältesten, Tarassof, zur Rekognoszirung gegen das von den Türken beseßte Fsvor. Tarassof bemähtigte sih desselben durch einen plöglihen Angriff, vertrieb aus dem Dorf 400 Türken, welhe eine aus ver- schiedenen Waffengattungen zusammengeseßte Truppenabthei- lung bildeten, und vernichtete die Korn- und Fourage- vorräthe. Nach Mirke zurückgekehrt, erneuerte Tarassof am 5. d. M. den Ueberfall auf FFsvor und vertrieb wiederum die Türken aus dem Dorfe. Am 6. d. M. cernirte er das Dorf Galata und vertrieb aus demselben 300 Baschibozuks, welche er bis Teteben verfolgte: Nachdem sich ergeben hatte, daß der Tetebenpaß durch 400 Tscherkessen mit 3 Gebirgsgeschüßen be- seßt gehalten wird, bivouakirte Tarassof bei Sopot und kehrte am andern Morgen nach Mirke zurück. Bei Plewna wollten die Türken am 8. d. Mts. die Wachen in den Tran- chéen ablösen. Als die rumänischen Batterien auf dieselben das Feuer eröffneten, zogen die Türken Verstärkungen herbei, griffen die rumänischen Tranchéen an und wurden mit großen Verlusten zurückgeshlagen. Jn der Sulinamündung stieß ein türkisher Monitor (Dreimaster) am 9. d. Mts. auf von den Russen gelegte Minen und wurde in die Luft gesprengt.

Wien, 11. Oktober. (W. T. B.) Die „Polit. Korr.“ meldet aus Bukarest von heute: Der noch in St. Peters- burg weilende Bruder des Kaisers Alexander, Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, soll das Kommando über eine größere Truppenmacht bei Kalarasch, Silistria gegenüber, übernehmen. Nachdem die Armee des Großfürsten Thro n- folgers genügend verstärkt worden is, soll nunmehr auch General Zimmermann in der Dobrudscha beträchtliche Ver- stärkungen erhalten.

Konstantinopel, 11. Oktober. (W. T. B.) Ein of- fizielles Telegramm meldet, daß die Verbindung zwischen Plewna und Orkhanie völlig hergestellt und es gelungen sei, verschiedene Ladungen Zufuhr nah Plewna hineinzubrin- gen. Auch hätten erfolgreihe Gefechte in der Nähe von Silistria und bei Osmanbazar stattgefunden.

Kon stantinopel, 12. Oktober. (W. T. B.) Ein der Regierung zugegangenes Telegramm aus O rkhanie meldet, daß das voni Plewna abgegangene Detahement am Montag mit der Arantgarden-Division von Orkhanie in der Nähe von Radomirza zusammentraf. Eine neue Transport- folonne ist in Plewna eingetroffen. Chefket Pascha sollte am 10. d. eine Zusammenkunft mit Dsman Pascha haben. Suleiman Pascha und Reuf Pascha signalisiren unbedeu- tende Scharmügtel.

Wien, 11. Oktober. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Sistowa vom 9. d.: Vor Plewna ist eine Anzahl großer russisher Mörser eingetroffen.

Wien, 12. Oktober. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Sistowa: Nach den Meldungen der Vorpostén bei der Armee des Großfürsten Thronfolgers nimmt SuU- leiman Pascha for während Truppenbesfichtigungen vor. Bei der türki])hen Armee isst über Varna ein bedeutender Provianttransport eingetroffen. Hier und in Tirnowa werden für die Russen große Wintervorräthe an Getreide und As angehäuft. L i

ukarest, 11. Oktober. (W. T. B.) Ein Kapitän Hauchman, der sih für einen Preußen ausgab und die Erlaubniß erhielt, si bei der russishen Armee aufhalten zu dürfen, ist überführt worden, der Wiener „Neuen freien

leidigend- Mittheilungen und Enthüllungen über militärische Verhältnisse enthielten. Derselbe wurde von den rumänischen Behörden über die Grenze gewiesen.

geht unter der Leitung des Fngenieur-Generals Krenke rüsti vor sih. Längs der Jantra isst ein Schienenweg na

Presse“ Kor-espondenzen gesendet zu haben, die Rußland be-

Aus Sistowa, 9. Oktober, meldet „die-W. „Presse“: Die Herstellung der Militärstraßen diesseits der Donau

Tirnowa projektirt. Von Nikopolis aus werden die

Donau fer Kreuzung beginnen. Den Bau des zweiten Ge- [eises auf der Dan ial von Birhula nah Bender hat die russishe Dampfschiffahrts - Gesellschaft übernommen und bereits begonnen.

Die russishen Verluste betrugen nah dem „West. Nar. Pom.“ vom 16. bis 21. September auf den Kriegs- theatern in Asien und Europa 832 Mann, darunter an Of- fizieren 1 Todten und 27 Verwundte. Fm Ganzen betrugen die russischen Verluste bis zum genannten Tage 52,840 Mann. Von den einberufenen 185,000 russishen Land- wehrmännern wurden gegen 100,000 Mann für den ak- tiven Dienst bestimmt, die übrigen aber bis auf Weiteres be- urlaubt. Wie der „Golos“ weiter meldet, sind 20,000 der für den aktiven Dienst Bestimmten wegen ihres Anrechts auf Ser gungen erstcc Kategorie hon wieder entlassen. Um die dadurch entstandene Lücke auszufüllen, wird die gleiche pan von den 85,000 Beurlaubten wieder einberufen. Demzufolge wird durch die Befreiung der Landwehrmänner, die auf Ver- günstigungen- Anspruch haben, vom Dienste, eine ergänzendè Einberufung von Landwehrmännern niht nothwendig. Die russ ische Ober-Militär-Fntendantur verabfolgt gegenwärtig an der Donau, wie der „Golos“ „nach zuverlässiger Quelle“ berihtet, Verproviantirung für 520,000 Mann. n diese Zahl sind auch die Garden und andere aus dem teih erwarteten Verstärkungen mit eingerechnet.

Vom bulgarischen Kriegsschauplatze bringen die „Times“ vom 8. d. M. Nachrichten aus verschiedenen Orten und unter verschiedenem Datum, welche sie folgender- maßen resumiren und besprechen :

«Von der Pforte werden umfassende Vorbereitungen getroffen, wenn nicht für die Fortsetzung der Feindseligkeiten während der Wintermonate, so doch für die Erhaltung ihrer Truppen in Bulgarien während der kalten Jahreszeit; unter Anderem sind große Vorräthe von warmen Kleidungéstücken für die Armee beschafft und ift auc für andere Bedürfnisse Sorge getragen worden. Auf russischer Seite könnten die Vorbereitungen für die nähsten Monate auf den Plan [gen lassen, die aftiven Operationen gegen Plewna einstweilen einzustellen, da nach einem Bericht zwei Armee-Corps, welche bisher vor den Ver- schauzungen Osman Paschas standen, ostwärts dirigirt werden sollen,

in Numänien zurückbehalten werden soll. Es fann indessen diese neue Truppenvertheilung bei den Ruffen auchß durch die Ankunft Suleiman Paschas bei seiner Armee am Lom so wie theilweise dur die Annahme veranlaßt: sein, daß die türkische Demonstration von Silistria gegen das nördlihe Donau - Ufer ernster gemeint sei, als man anfangs glaubte. Nachrichten aus Gornij-Studen stellen dagegen einen neuen Angriff auf Plewna in Aussicht, sobald das ganze Garde-Corps zur russishen Armee gestoßen sei, und beigefügt wird noch, daß vom Kaiserlichen Hauptquartier aus die Mobilmachung eines weiteren Armee-Corps anbefohlen wor- den sei. Auch von der türkishen Militärverwaltung heißt es, daß sie neue Regimenter bilde, und bereits ei e Reserve-Armee bei Adria- nopel zusammengezogen habe. Beide Theile scheinen also alle Kräfte anzuspannen, aber die Türken scheinen, obwohl sie weniger Krieg8material besißen, ihre Verstärkungen mit mehr Nachdruck zusammenzuraffen, als ihre Gegner. Aus einem unserer Berichte könnte man s{li;ßen, daß der General Totleben nach Besichtigung der Stellungen vor Plewna den Rath gegeben habe, die ersten ernstlichen Belagerungs- arbeiten gegen die Festung Rust \chuk zu rihten, welche für die Schumlaer Armee der Stüßpunkt für die Operationen am Lom ist und die rechte Flanke der russishen Armee beim Vordringen gegen Süden bedroht. Auf der anderen Seite läßt ein Bericht, welcher uns aus dem Lager vor Plewna zugeht, nicht annehmen, daß nicht noch ein ernster Versüch gemacht werden wird, diesen Plaß zu neh- men, bevor die russishen Truppen ihre Winterquartiere beziehen. Indessen ist das Wetter in Bulgarien wieder sehr regnerisch und stürmish geworden, die Wege find wiederum versblechtert und die Operationen beider Armeen können dadurch nächstens ganz gehemmt werden. 2Lir erfahren denn auch bereits von unserem Korrespon- denten in Bukarest, daß die rufsishe Arm:e durch die Schwierig- keiten, den nöthigen Proviant herbeizuschaffên, in ernster Verlegenheit sei, Dieser Uebelstand ist zwar schon lange vorausgesehen worden, er hat sih aber ncech früher eingefstellk, als erwartet wurde; doch fann ihm- durch die Erécffaung der Feldeisenbahn nah Simnita abgeholfen werden, welche binnen einem Monate vol- lendet sein soll. Aus Odessa vernehmen wir, daß das Fieber, welches in den Marschgegenden an der Donau immer zur fürchten ist, in den russischen Reihen bereits in ernster Weise um fich gegriffen hat. Nach Odessa sind, wie uns geschrieben wird, binnen zehn Tagen 2590 Kranke und zwar meistens Fieberkranke gebracht worden. Wie vorauszusehen war, können die leßten Gardetrup- pen ftaum vor der Mitte des laufenden Monates in Bulgarien konzentrirt sein und“ die Garde wird wahrscheinlih eine Centralstellung um Gornji-Studen herum beziehen, um nöthigenfalls sowohl gegen Osman als gegen Suleiman Pascha verwendet zu werden. Im russischen Generalstabe ist man augenscheivlih der Ansicht, daß Suleiman nicht lange unthätig bleiben werde, da be- reits Maßregeln getroffen sind, um die russishe Armee an der Jantra zu verstärken.“ . j :

s Aus Konstantinopel wird dem „Standard“ be- richtet :

„Auf Ersuchen von Mehemed Ali Pascha ist Ahmed Ejub sciner Stelle enthoben worden und kommt nach Konstantinopel, um wegen Ungehorsams angeklagt zu werden. MRifat Pascha, vormal3 Generalftabs-Chef, zwei Brigade-Generale und mehrere höhere Offi- ziere sollen mit Achmed Ejub angeklagt werden. Mehemed Ali ent- \{loß sich zum Rüdzuge von der Banita-Lom-Linie in Folge der Wei- gerung Achmed Ejubs, sich an einem weiteren Vormarsch zu bethei- ligen, da er die Sicherheit des Heeres in folcher Entfernung gefährdet glaubte. Hierbei ward er von NRifat Pascha, dem Stab8chef Mehemed Ali's unterstüßt. Durch die Gegenwart der Egypter beschwert und unter folchem Einfluß konnte Mebhemed Ali nichts thun; die Palast- einflüsse waren. zu stark gegen ihn. So lange Achmed Ejub bei dem Heere blieb, war keine Hoffnung, daß dieses irgend einen Entschei- dungsfchlag thun könnte. Seine Entfernung wird Suleiman Pascha in eine weit bessere Lage bringen, als Mehemeds Lage war, und wahrscheinlich wird das Heer in Kü-ze wieder die Offensive ergreifen.

Ueber die Pontons für die \{chwimmende Donaubrücke, die in den Struve’shen Werkstätten bei St. Petersburg angefertigt werden, wird von dort berichtet :

Jeder Ponton besteht aus vier mit einander verbundenen, aus didem Eisenblech zusammengenieteten hohlen Cylindern von drei Faden Länge und vier Fuß Durchmesser, welche hier zu zweien nach den Längsseiten mit einander verbunden werden, während die Ver- bindung zweier folher Paare nach den Endseiten erst an Ort und Stelle gescbieht, so daß jeder Ponton aus zwei neben einander liegenden Röhren von sech8 Faden Länge besteht, die an beiden Enden verankert werden. Da die der Strömung entgegen gerichteten Paare mit einem Eis- und Strombrecher versehen sind und außerdem von der vorderen Ankerkette mehr hinuntergezogen werdeù als von der hinteren, so ist die eigentlihe Brücke, welche zwischen den Geländern drei Faden breit ift, mehr nah hinten ver- legt, so daß Pontons und Brücke s{ließlich horizontal zu liegen fammen und Infanterie, Kavallerie, Artillerie und Proviantwagen dieselbe bequem werden passiren können. Der erste fertige Halb- ponton {wimmt eben bei der Liteinaja-Brücke am jenjseitigen Ufer, der zweite zugehörige ist soeben vollendet und ist die Arbeit an den übrigen so weit vorgeschritten, daß der fkontraktlich zur Vollendung aller festgeseßte Termin, der 1. November a. St., ohne Schwierig-

verliehen.

beiden seinerzeit dort erbeuteten türkishen Monitors in der

keit wird eingehalten werden können, und zum 1. Dezember a. St.,

um gegen Rufstshuk zu operiren, und da ferner eine starke Reserve '

- wie in Berechnung gezogen, all: Eisentheile aus St. Petersburg und

alle Holztheile aus Kiew an der Donau eintreffen werden.

Asiatisher Kriegsshauplaßt.

Konstantinopel, 11. Oktober. (W. T. B.) Nah einem hier eingegangenen Telegramm M oukhtar Paschas hat das Gros der russischen Streitkräfte nah den Kämpfen vom 2., 3. und 4. d. Mts. sich auf die Höhen von Kabak zu- rückgezogen, während Moukhtar ar Lager bei Caradja Dagh aufs{lug. Es entspann si alsbald (Datum fehlt) ein mehr- stündiger Kampf, dessen Resuitat noch unbekannt ist.

Konstantinopel, 11. Oktober. (W. T. B.) Moukhtar Pascha meldet unter dem 10. d.: Gestern machten die Russen mit beträhtlihen Strei:kräften und 60 Kanonen den Versuch, unser Beobachtungscorps bei Cheoket Kozkan aufzuheben, während unsere Truppen ihre Konzentrirung bei Madjadagh bewerkstelligten. Wir sandten sofort das Corps Djavid Nechid Paschas dorthin, welches einen etwa fünfstündigen Kampf zwischen Kozkan und Hadudli mit dem Feinde bestand. Die Russen wurden, obgleih fie während des Kampfes noch Ver- stärkungen herangezogen hatten, zum Rücckzuge gezwungen, welchen sie im Schuße der Dämmerung antraten. Unsere Truppen bivouakirten zum Theil in ihren früheren Positionen, zum Theil auf dem Schlachtfelde. Die Konzentrirung unserer Truppen ist sodann ohne weitere Störung fortgeseßt worden. Die Verluste der Russen werden auf 1200 Mann geschäßt, die unsrigen sind noch nicht festgestellt.

Aus Tiflis, 8. Oktober, meldet die W. „Presse“: Jm mittleren Dagestan, im Aul Lawaschi, shlug die Kolonne des Obersten Nokanidshe die Fnsurgenten vollständig. Bei dieser Affaire zeichnete sich besonders die adissce, avarische und koratinishe Miliz der Mahomedaner aus; die Russen hatten 400 Mann dn Todten und Verwundeten. Zum Chef der kaukasishen Grenadier-Division wurde General-

tajor Lologew ernannt. Fürst Tarchan-Murawow bleibt als Attaché im Stabe des Großfürsten.

Vom armenischen Kriegsschauplaße wird ter „Pol: Korr.“ aus Ti L 29. September, geschrieben :

„Die allgemeine Ruhe, welche seit dem 26. August auf dem asia- tischen Kriegs\chauplatze geherrsht hat, wurde gestern durch ein: Offensivbewegung der türkishen Streitkräfte, welche dem rechten rus- sischen Flügel gegenüberstehen, unterbrohen. Bekanntlich waren seit Monatsfrist die russischen Positionen die folgenden: Auf dem rechten Flüg T befindet sih die Kabuleter Kolonne, welche die Anhöhen von Muchestate, ctwa zwölf Werst von Ufurgeti entfernt, inne hat. Dieser Kolonne gegenüber steht Derwisch Pascha, der über 20 Bataillone dispo- nirt und sih an das stark befestigte Lager von Zichetiri lehnt. Das russische Centrum hält die Strete zwischen Kurjuk-Dara und Oguséla b.sezt und lehnt si an den befestigten Berg Karajal. Dem russi- schen Centrum gegenüber steht Moukhtar Paschas Hauptmacht, die man auf 83 Bataillone mit 115 Geschüzen veranschlagt. Diese tür- kischbe Streitmacht ofkfupirt die Sohle des Berges Aladschi, der von Jani bis Kisil-Tepe si dehnt. Der russische linke Flügel (die soge- nannte Eriwaner Kolonne) hält die Abdacbung des Araks, von Kulpa bis Igdir, stark besezt. Diesem Flügel gegenüber steht Jsmail Pascha mit 30 Bataillonen, deren Vorposten bis zu den Dörfern Halfali und Ar- gatsch streifen. Dies waren die gegenseitigen Positionen am Vor- abende des bedeutenden Kampfes, der vorgestern, am 27. September, stattfand. Die Türken hatten es auf cine Ueberraschung abgesehen. Inmitten cincs grauenhaften Unwetters {ritt Moukhtar Pascha zur Aktion. In der Nacht vom 26. auf den 27. September wüthete ein fürcterliher Orkan, und ein von leßterem gepeitshter Gußregen ließ fast jede Bewegung unmöglich erscheinen. Man fühlte fih kaum in den Zelten einigermaßen geshüßt. Dieses abscheuliche Wetter benußte Moukhtar Pasha zur Realisirung eines, offenbar längst entworfenen Planes. Um 8 Uhr Mor- gens bemerkte man auf dem rechten Flügel eine Vorwärtsbe- wegung Derwisch Paschas. Der erste und heftigste Angriff wurde gegen General Dewel gerichtet, welher den sogenannten Karawanserai- Paß Cam F eoa mit 5 Compagnien der 39. Division besetzt hiclt. Mit lobenswerther Raschheit wurden dem General Dewel, der bereits vor dem heftigen feindlihen Anpralle zu weihen begann, beträhtlihe Verstärkungen, bestehend aus 3 Bataillonen des Kubiner, 2 Compagnien des Derebenter Regimentes, 2 Eécadronen Dragoner, 3 Sotnien Kosaken und 12 Geschüten zugesendet. Der Kampf verallgemeinte ih successive und gegen 12 Uhr Mittags entbrannte derselbe auf der ganzen Linie. Die Kanonen führten das große Wort, jedoch hörte man bis zum finkenden Tage ununterbrochenes Gewehrfeuer. Gegen 5 Uhr Nachmittags standen die Dinge für die Russen \{lecht; der Feind avancirte, während die russische Linie nachzugeben begann. úInzwischen griffen beträchtliche Verstärkungen und die eigentlichen Reserven ein. Innerhalb drei Viertelstunden wendete sich das Blatt. Auf _ allen Punkten gingen die russischen fee säâulen zur Offensive über. Die Türken wurden allenthalben eworfen, wenngleich bcmerkt werden muß, daß sie nur chrittweise wichen und einige Male zum Bajonette gegriffen werden mußte, um sie rascher zurückzudrängen. Auf russischer Seite ex- ponirten \ih die Offiziere wie gewöhnlich, daher auch die betreffenden Verluste sehr empfindlih sind. Die russishen Truppen des rechten Flü-els übernahteten auf den gewonnenen Positionen. Die Verluste an Mannschaft sind gleihfalls sehr beträhtlih; inzwischen ist eine genaue Angabe jeßt noch unmögli. Unter den Schwerverwundeten befinden sich Oberst Kubenin und Oberst-Lieutenant Medivan.

Die Türkei hat zum Unglück für unse.e Gr:nzbewohner,

schreibt die „Tifl. Westn.“, ein besonderes System der Kriegführung

ausfindig gemacht, ein System, welches bei einem Zusawmenstoß von zwei civilifirten Nationen unmögli ift. Schon in der Fricdenézeit hatte unsere Grenze von räuberiscben Ueberfällen zu leiden. Gegenwärtig nun haben diese Ueberfälle einen systematisben Charakter angenommen und unterscheiden sih dur nichts von Raubzügen, wäh- rend sie angeblich nur eine Art des Guerillakrieges sein sollen. Die internationalen Geseße und Gebräuche respektiren auch im Guerilla- krieg di: Unverleßlichkeit des friedlihen Bürgers und des Privat- cigenthums. Nichtsdestoweniger glaubt die Türkei berechtigt zu sein, die Schandthaten ihrer räuberishen Banden mit der Kriegsfahne zu decken. Ja, sie hat sogar einen flüchtigen russischen Verbrecher, den bekannten Megrali, zum Partisanen-General ernannt und ihm eine Abtheilung von mehr denn 1000 Mann anvertraut. Solcher Banden giebt es eine ganze Menge und dieselben machen dur ihre Raubzüge die ganze Gegend vom Adshar-A.halzychschen Gebirgszuge bis zum Alexandropolschen Kreise üunsiher. So überfielen unlängst Adsharen- Räuber das Landgut Zachan im Abbastumanschen Bezirk und raubten eine Menge Vieh, wobei ihnen später nur 300 Hammel wieder ab- gejagt werden konnten.

Aus dem Wolffshen Telegraphen-Bureau.

Paris, Freitag, 12. Oktober, Vormittags. Der Minister des Junern, v. Fourtou, hat ein Cirkular an die Wähler von Ribérac gerichtet, in welhem es heißt: Meine Gegner wollen aus der Republik ein Werkzeug des Radikalismus machen ;

ihr Triumph würde das Signal zu einem unentwirrbaren

Konflikte sein, welcher bedrohlich wäre für die konservativen Prinzipien, auf welchen alle Staaten Europas beruhen. will ein regelmäßiges Funktioniren der republikanishen Ver-

fassung unter der Präsidentschaft des Marschalls Mac Mahon, welches die Zunahme des Wohlstandes durch die Sicherheit der Arbeit garantirt. Jhr werdet nicht zaudern.

Landtags- Angelegenheiten.

Im 3. Casseler Wahlbezirk (Stadtkreis Caffel) ift der Ober-Tribunals-Rath Dr. Bähr, welcher sein Mandat N Ge- sundheitsrüsiht-n niedergelegt hatte, mit 141 von 142 Stimmen

zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten wiedergewählt worden.

Statistische Nachrichten.

__ Nach Mittheilung des statistisch2n Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes-Aemtern in der Woche vom 30. September bis inkl. 6. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: 374 Cheschließzungen, 856 Lebendgeborene, 41 Todtgeborene, 508 Sterbefälle.

Das Kaiserliche statistishe Amt veröffentlicht in dem jeßt herausgegebenen 8. Hefte der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs u. a. Uebersihten über die Produktion und Besteuerung des Bieres im Reiche während des Jahres 1876. Nah dersclben find im Gebiete der deutschen Brau- steuergemeinschaft 12,535 Bierbrauereien im Betriebe gewesen, und hat si die Zahl derselben gegen 1872, in welbem Jahre sie noch 14,157 betrug, stetig vermindert. Von diesem Nückgange sind aber vorwiegend die kleinen, mangelhafter eingerihteten Brauereien be- troffen worden, welche den mit größerer Kapitalkraft und deshalb in der Regel au mit besseren technishen und m:rkantilen Hülfsmitteln arbeitenden Gewerbêanstalte: immer mehr unterliegen. Hauptsächlich ist die Zahl der ländlichen Brauereien (um 162 °%% gegen 1872) zu- rückgegangen, wäbrend die Abnahme der städtishen Brauereien nur circa 7°%/9 gegen 1872 betragen hat. Dagegen hat die Leistungsfähig- keit der Brauereien nicht unerheblich zugenommen, während im Jahre 1372 jede cinzelne Brauerei im, Dur{schnitt 1137 Hektoliter Bier produzirte, ist im Jahre 1876 die dur{chschnittlihe Produktion bereits auf 1665 Hektoliter gestiezen. Das gesammte Bier- erzeugniß_ der Staaten des Reichssteuergebiets belief sich im Jahre 1876 auf 20,273,379 Hektol. (1875: 21,358,228 Hektol.), rechnet man hierzu die Produktion der Staaten mit partikularer Steuergesetzgebung, nämlich: Bayerns eins{l. der

falz mit 12,947,153 Hektol. (1875: 12,679,809 Hektol.), Württem-

ergs mit 3,662,418 Hektol. (1875: 3,596,144 Hektol.), Badens mit 1,050,841 Hefktol. (1875: 1,066,661 Hektol.) und Elsaß-Lothringens mit 706,694 Hektol.. (1875: 763,313 Hektol.), so läßt sich für das ganze deutsche Zollgebiet eine Bierproduktion von 39,240,485 Hektol. annehmen, welche hinter derjenigen des Vorjahres um 223,670 Hektol. zurücgeblieben ist. Von diesem Mindererzeugniß kommen 484,849 Hektol. auf die Brausteuergemeinschaft, 15,820 Hektol auf Baden und 56,619 Hektol. auf Elsaß - Lothringen, wogegen Bayern ein Mehrerzeugniß von 267,344 Hektol. und Württemberg ein solches von 66,274 Hektol. hatte. Im Gebiete der Brausteuergemeinschaft ist die Produktion namentlich in den Provinzen Brandenburg (um 218,974 Heftol.), Schlesien (um 40,252 Hektol.). Sachsen (um 28,659 Hektol.), Westfalen (um 11,878 Hektol.), Hessen- Nassau (um 26,089 Hektol.), Rheinland (um 133,695 Hektol.), sowie in Hessen (um 10,337 Hektol.) und Braunschweig (um 22,986 Hektol.) zurückgegangen und wird dies theils der ungünstigen Geschäftslage des Jahres 1876 zugeschrieben, außerdem aber in den Weinerzeugungsländern der günstigen Wein- und Obsternte, welche eine Vermehrung des Konsums an Obst- und Traubenwein ermög- lichte. In der Brausfteuergemeinshaft wurden 12,346,987 Hektol. untergähriges Bier (gegen 1875 weniger 546,438 Hektol.) und 8,526,392 Hektol. obergähriges Bier (gegen 1875 mehr 61,589 Hektol.) gewonnen. Für den Kopf der Bevölkerung berechnet sich das Quantum der Biererzeugung auf 64,9 Liter, um 4, Lit. niedriger als in 1875; in den einzelnen Verwaltungsbezirken finden hiertei allerdings große Unterschiede statt. Eine befonders hohe Produktion weisen nah die preußiscben Provinzen: Brandenburg (91,1 Lit. pro Kopf) Sawsfen (90,5 Lit.), Hessen-Nassau (77,5 Lit.), Hohenzollern (131,3 Lit.); fodann das Königreih Sachsen (117,6 Lit.), Hessen (79,0 Lit ), Thüringen (135,8 Lit.), Braunschweig (73,3 Lit.) und An- halt (93,4 Ea wogegen dieselbe am geringsten war in: Ostpreußen (39,5 Lit.), Westpreußen (30,3 Lit.), Pommern (34,3 Lit.), Posen (21,3 Lit ), Hannover (32,7 Lit.), Mecklenburg (43,2 Lit.) und Olden- burg (40,2 Lit.).

Der Verbrauch an Materialien zur Bierbereitung, soweit dieselben der Steuerpflicht und darum der Kontrole unterliegen, belief sib auf 8,158,851 Ctr. Gerftenmalz (275,393 Ctr. weniger als in 1875), 318,256 Ctr. Weizenmalz (9191 Ctr. mehr als in 1875) und 66,265 Ctr. Malzsurrogate (2514 Ctr. weniger als in 1875). Die wichtigsten Surrogate waren Zucker (40,389 Ctr.) und Reis (15,645 Ctr.), welcher leßterer hauptsählich zum Zweck einer \{nelleren Klärung des Bieres verwendet wurde. Ein Vergleich der erzielten Biermengen und der verbrauchten Materialien ergiebt, daß zu 1 Hekto- liter Bier aller Sorten durhschnittlich 40,7 Pfund Getreidemalz und Reis und 0,24 Pfund Surrogate zur Verwendung gekommen sind. Der Bruttoertrag der im Jahre 1876 erhobenen Brausteuer be- ziffert sih für die Brausteuergemeinschaft auf 17,767,725 M (0,54 M. pro Kopf), Bayern rechts des Rheins auf 20,754,908 M (4,62 M. pro Kopf), Württemberg auf 5,214,914 M (2,81 M4. pro Kopf), Baden auf 2,241,816 M (1,49 A pro Kopf) und Elsaß-Lothringen auf 1,573,409 (1,07 Æ pro Kopf). Demnach wurde das Hektoliter Bier im Dur{schnitt besteuert im Gebiete der Brausteuergemeinschaft mit 0,855 M, im rechtêrheinischen Bayern mit 1,8 Æ#, in Württem- berg mit 1,2 Æ, in Baden mit 2,13 A und in Elsaß-Lothringen mit 2,23 M.

Die „Statistik der Deutschen Reichs-Post- und Telegrap)en- verwaltung für 1876“ enthält folgende Angaben über die unbestell- baren Postsendungen während jenes Jahres. Behufs Ermitte- lung der Absender sandten die Postanstalten an den Ausschuß zur Eröffnung unbestellbarer Postsendungen: überhaupt 951,324 Stü, und zwar: Briefe 898,391, Postka:ten 42,744, Drucksachen und Waarenproben 5114, Briefe mit Werthangabe 1903, Paétsen- dungen 3172 Stück. Hiervon konnten den vom Ausschuß er- mittelten Absendern zurücckgegeben werden, überhaupt: 730,347 Stück, und zwar: Briefe 724,473, Postkarten 1097, Drucksachen und Waarenproben 468, Briefe mit Werthangabe 1835, Paet- sendungen 2474 Stück. Es blieben endgültig unbestellbar überhaupt 220,977 Stück oder 23,2% und zwar: Briefe 173,918 oder 19,4%, Postkarten 41,647 oder 97,4%, Drucksahen und Waarenproben 4646 oder 90,8 %/, Briefe mit Werthangabe 68 oder 3,6%, Padtet- sendungen 698 oder 22,0 ‘%/9. Von den Seitens der Postanstalten an den Auss{huß Behufs Ermittelung der Absender eingesandten Post- sendungen konnten dem Empfänger nicht ausgehändigt werden, weil der Empfänger am Bestimmungsorte nicht zu ermitteln gewesen ist : 65,8% und zwar Briefe 66,2 °/, Postkarten 59,6 ‘/4, Drucksachen und Waarenproben 60,9%, Briefe mit Werthangabe 73,8 "/6, Paket- sendungen 37,4%, weil der Empfänger die Annahme verweigert hat 17,6%, weil bei postlagernden Sendungen die Abholung nicht erfolgt ist 4,7°/%c, aus anderen Gründen (Tod, Auswanderung u. \. w. des Empfängers) 11,9%. Von den endgültig unbestellbaren Postsen- dungen sind als unanbringlich verfallen : weil der Absender sih nicht genannt hat 46,1%, weil aus sonstigen Gründen der Absender nicht hat bezeihnet werden können (undeutliche oder unvollständige Unter- \chrift) 10,7%, weil der vom Ausschuß ermittelte Absender nicht aufzu- finden gew-sen ift 37,4°/, aus anderen Gründen 5,8°%/0. Im Jahre 1875 betrug die Gefammtzahl der behufs Ermittlung der Absender von den Postanstalten an den Aus\{uß zur Eröffnung unbestellbarer Post-

Stück, endgültig unbeitellbar blieben 211,942 Stück oder 21,6%. Die endgültig unbestellbaren Briefe, Postkarten, Drudcksachen, Waarenproben, Briefe mit Werthangabe und Pacfetseudungen bilden von der Sesammtzahl der abgesandten Stücke dies-r Sendungen i. F. 1876 0,0338 %, i. J. 1875 0,034 %%. Bei den Briefen it der Prozentsaß 0,0390%/9 bz. 0,029, bei den Postkarten 0,05€7)/- bz. 0,09/9, den Drucksachen und Waarenproben 0,0%0"/g bz. 0,007 /6, bei den Brie- fen mit Werthangabe 0,0009 % bz. 0,0009%, bei den Paetsendungen 0,0014 9/9 bz. 0,0017 °/o. An Zeitungen wurden durch Vermitte- lung der Deutschen Reichs-Postanstalten bezogen: 1,677,003 Erem- plare und 300,510,141 Nummern. Hiervon waren Zeitungen, welche erschienen im deutschen Reihs-Postgebiete 1,587,611 Eremplare und 286,472,635 Nummern; in Bayern und Württemberg: 51,422 Eremplare und 7,749,416 Nummern; in Oesfterreich-Ungarn 4878 Eremplare und 1,457,067 Nummern; in Luxemburg 107 Er-mplare und 24,605 Nummern; in anderen Ländern 32,985 Exemplare und 4,806,418 Nummern. Im Jahre 1875 wurden an Zeitungen durch Vermitt- lung der deutschen Reihs-Postanstalten bezogen: 1,635,099 Eremplare und 285,272,632 Nummern. Die Zabl der mit Zeitungen u. \. w. versandten außergewöhnlichen Zeitungsbeilagen betrug im Jahre 1876 9,911,649, im Jahre 1875 9,816,097. : Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die anatomische Anstalt za Hannover wurde, wie der „H. Cour.“ berichtet, in dem vom Architekten Wallbrecht dazu erbauten und zwelimäßig eingerihteten stattlihen Hause an der Laveéstraße 20 durch den Medizinal-Rath Burghard, als Vertreter des Medizinal-Kollegiums, mit ciner Rede über die Entwickelung der anatomischen Wissenschaft und der Geschichte der Anstalt am 6. d. neu eröffnet. -Es waren dazu sämmtliche Aerzte der Stadt eingeladen wor- den und blieb eine größere Zahl derselben nah der Feier noch zu einem Festessen in der Georgshalle vereinigt. Die Anftalt, 1716 von der Gilde der Stadtwundärzte gegründet, hat sich nament- lih als cirurgishe Schule (1825 bis 1853) einen Namen erworben. Jeßt dient sie nit mehr den Zwecken des öffentlihen Unterrichts, au nit zur anatomischen Zergliederung von Leichnamen, sondern gewährt den Aerzten in Hannover einen s{chäßbaren Mittelpunkt für ihre wissenschaftlichen und follegialen Bestrebungen in einem voll- ständigen anatomischen Museum, einem Saale zu feineren anato- mischen Untersuchungen, einer werthvollen Bibliothek alter und von den Aerzten stetig vermeÿrter, neuer medizinisber Werke, und endlich in einem Versammlungslokale für ärztlibe Vereine. Außerdem hat die Medizinalbehörde der Provinz hier ihren Siß; ihr ist auch die Anstalt, welche aus eigenen Fonds unterhalten wird, unterstellt. __— Im Verlage von Friedrich Luckhard, Berlin und Leipzig, er- schien vor Kurzem: „Skizzen aus dem Europäischen RNuß- land, 1. Heft, mit besonderer Berücksichtigung der militärischen Ver- hältnisse, von A. Janke“. Der Verfasser, Hauptmann und Lehrer an der Kriegsfhule zu Met, theilt in der Vorrede mit, daß diese Skizzen die Frucht einer Reise, welche er im Jahre 1876, „in dem Zeitpunkte, als es selbständig in den Gang der Ereignisse, speziell in die Lösfunz der orientalishen Frage einzugreifen begann“, nach Nußland unternommen hat. Er bezweckt mit den während und nah der Reise niedergeshriebenen Skizzen in erster Linie, den- jenigen Kameraden, welche Rußland bereisen wollen, orientirende Mittheilungen zu bieten über die militärishen und speziell topographischen, fkrieg8geschichtlihen und militär - geographischen Verhältniste, welche sich in den üblichen Reisehandbüchern nit finden. Daneben giebt er mit Benußung der eins{lägigen Literatur einen Ueberblick auch über die allgemeinen Verhältnisse jenes Landes. Die militär-geographischen Verhältnisse \veziell sind auf Grundlage von Vorträgen ausgearbeitet worden, welche von dem verstorbenen Oberst von Sydow an der Königlichen Krieg8akademie gehalten wurden. Der Inhalt dieses ersten Heftes, Warschau unnd Polen, ist in 3 Abschnitte gegliedert: Die Hauptstadt von Polen, zur Kriegsgeshihte von Polen und zur Militär-Geographie von Polen und West-Rußland. Der Verfasser beabsichtigt, dem ersten Hefte ein zweites und drittes Heft nachfolgen zu lassen, von denen das erstere sih mit St. Petersburg und Finnland, das leßtere mit Moskau beschâftigen soll. j

Der „Neue DeutsheRNeichskalender“, herausgegeben von der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung (Carl Heymanns Verlag, Berlin) liegt für 1878 vor. Die genannte Gesellshaft er- achtet es als ihre Aufgabe, auch eine literarishe Thätizkeit aus« zuüben und sucht in dieser Richtung der verderblichen Volksliteratur mit einem belehrenden und patriotishen, zugleih aber au unter- haltenden Kalender entgegen zu treten. Der vorliegende Jahrgang 1878 des „Neuen Deutschen Reihs-Kalenders“ befolgt diese Tendenz und bietet einen reihen Inhalt in populärer Form. Eine Novelle „Auf der Klettenalm“ von Th. Messerer s{ildert Scenen aus dem bayerischen Hochgebirge. Hieran {ließt si eine der letten Arbeiten Oito Ule's, dessen Bildniß dem Artikel vorangeht, über „die Planeten und ihre Bewohnbarkeit“. Der Generalsekretär des Ver- eins, ‘Julius Lippert, erzählt ein „Stück Volks- und Arbeitsge\cihte“ von den Anfertigern der „Arche Noahs“, den Bewohnern des Erze TgO, In den weiteren Aufsäßen: „Der Landwirth und die

ögel“ „Eine {limme Pflanze und {limmere Menschen“ von Dr, Dyrenfurth, „Neue Landplagen“ (Koloradokäfer und Reb- laus) werden Beiträge zur Pflege der Landwirthschaft aegeben, und ein Aufsaß von Otto Frank, Geh. Sekretär über das „Deutsche Postwesen“ giebt ein Bild von der Entwickelung der deutschen Reichspost von den Zeiten der sogenannten „Metgerposten“ und den „geschworenen Läuffern“ bis zur Rohrpost in Berlin und zum Abschluß des Welt- postvertrages. Den S{luß des Kalenders bildet eine kurze Uebersicht der wichtigsten Ereignisse aus dem Vorjahre. Kleine Geschihten und Nachrichten und statistische Tabellen, Rezepte und Mittheilu gen aller Art find den Aufsäßen zwischen eingestreut. Das Kalendarium enthält astro:omishe Angaben, historishe Erinnerungstage, Sinnsprüche 2c. Der Preis des mit zahlreichen Abbildungen versehenen, 15 Bogen umfassenden Kalenders beträgt 50 S. Der Preußische Terminkalender für Verwal- tungsbeamte (Berlin, Verlag von Friedr. Schulze) int für das Jahr 1878 im neunten Jahrgange erschienen. Derselbe enthält außer dem Kalendarium, in welhem für jeden Tag eine halbe Seite berechnet ist: die Genealogie des Königlich preußischen Hauses; ferner: I. Die gebräuchlichen Eide. IL1. Portotaxe. Ili. Tarif der Gebühren für telegravhishe Depeschen. 1V, Zins-Tabelle. V. Münz-Tabelle. VI. Maaß- und Gewicbts-Vergleihungs-Tabelle. VII. Zeitver- gleihungs-Tabelle. VIIL Register der in den bisher er- schienenen FJahrzängen des Termin - Kalenders abgedruckten Desen und Verordnungen. 1X. Gese, betreffend die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen und einige Abänderungen des Gesetzes wegen Entrichtung der Gewerbesteuer vom 30. Mai 1820. Vom 8. Juli 1876. X. Gesetz, betreffend die Veranlagung und Er- hebung der direkten Staatssteuern nach dem Etatsjahre. Vom 12. Juli 1876, X1. Verordnung, betreffend die Tagegelder und Reife- kosten der Medizinalbeamten. Vom 17. September 1876. X11. Ver- ordnung, betreffend die Reisekosten für die Landgensd'armerie. Vom 1. November 1876, XIII. Geseß betreffend dfe Umzugskosten d-r Staatsbeamten. Vom 24. Februar 1877. XIŸ. Verordnung, betreffend die Tagegelder und Reisekosten der Mitglieder der Kommissionen zur Veranlagung der klassifizirten Einkommensteuer und der Gebäudesteuer, sowie der Abgeordneten zur Veranlagung der Gewerbesteuer der Steuerklafse A. I. Vom 20. Dezember 1876. XY. Verzeichniß der Behörden und Beamten der allgemeinen Verwaltang und der Verwaitung des Innern, der Beamten des Ober-Verwaltungsgerihts und der Bezirks-Verwal- tungsgerichte, der Deputationen für das Heimathwesen, sowie der Provinzial- und Bezirksräthe, der Polizei-Präsidenten, Direktoren und der Polizei-Distrik:s-Kommissarien in der Provinz Posen, ferner der Bürgermeister sämmtliher Städte Preußens, XVI. Namens- Register. Die Gesetze wurden mit der Nückfiht ausgewählt, daß die Besiper des Kalenders nach und na eine Handbibliothek der wicb- tigsten Gesetze erhalten. Die Ausstattung des Kalenders ist fehr:

1A eingesandten Stücke 982,768. Hiervon konnten an die vom Aus\{uß ermittelten Absender zurückgegeben werden: 770,826

sauber.