1877 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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Die „Presse“ s\{chreibt: Jn Abgeordneten- kreisen besteht die Absicht, von den in der Bank- debatte eingezeihneten Rednern noch aht zum Worte kommen zu lassen und hierauf Generalredner zu wählen. Vor der Wahl derselben dürfte im Namen der Regierung Freiherr von Pretis \prehen. Man nennt noch einen zweiten Minister, der ebenfalls das Wort ergreifen soll, und zwar, nachdem der Finanz-Minister vorzugsweise die wirthschaftliche Seite der Bankfrage erörtern dürfte, zu dem Zwecke, um die politische Bedeutung des Ausgleihs mit Ungarn zu charakte- risiren. Wie es heißt, wäre Baron Lasser mit Rücksicht darauf, daß er zu jenen Sedan des Kabinets zähle, die an allen Ausgleihsverhandlungen Theil genommen haben, bestimmt, gemeinshaftlih mit Freiherrn v. Pretis den Stand- punkt des Ministeriums in der Ausgleichsfrage zu vertreten.

Pest, 16. November. Nach einer Meldung des „Pesti Naplo“ wird am 20. d. M. hier un:er Vorsiß Sr. Majestät und Theilnahme des Banus Mazuranic, sowie des Landes- Kommandirenden FZM. Baron Philippovic in Angelegen- A der Grenzbahn eine Ministerkonferenz abge- halten.

17. November. Der Zollaus\chuß des Abge- ordnetenhauses beschloß heute auf Antrag des Minister- präsidenten Tisza, zuerst über den im Allgemeinen bereits angenommenen Gefseßentwurf über das Zoll- und Handels- bündniß, sodann über den Lloyd-Vertrag, dann über den Gesetzentwurf betreffend die Aktiengesellschaften und pr e delle über den Zolltarif zu verhandeln. Die Berichte über alle dieje Vorlagen werden dem Hause gleichzeitig vorgelegt werden, fo daß, wenn der Zolltarif auh nicht acceptirt würde, der Aus- {uß noch immer aussprechen könnte, daß er zwar das Zoll- und Handelsbündniß im Prinzipe für annehmbar, jedo bei diesem Zolltarife als niht im Jnteresse des Landes gelegen erachte. Dic Rate über das Zoll- und Handelsbündniß wird Mittwoch begonnen werden.

Großbritannien und Jrland. London, 17. November. Die Königin wird, den bis jegt getroffenen Be- stimmungen zufolge, am nächsten Donnerstag nah Wind- sor übersiedeln. Gegenwärtig befindet sich Sir Stafford Northcote als dienstthuender Minister in Balmoral. rFhre Majestät hat dem egyptishen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, Cherif Pascha, in Anerkennung seiner Dienste um die kürzlih zwishen England und Egypten ge- schloseneKonventionzur Abschaffung der Haussklaverei in Egypten das Großtreuz des Ordens vom Stern von Jndien verliehen. Bei der Wahl eines Lordrektors der Universität Glasgow haben wie in Edinburgh die Liberalen gesiegt: Sir Stafford Northcote erhielt 609, Gladstone 1153 Stimmen. Der abtretende Rektox is Earl Beaconsfield.

(Cöln. Ztg.) Aus Schottland wird ein verheeren- der Orkan gemeldet, wie er seit 1806 nicht erlebt worden. Australishe Blätter berihten: Sir William FJervois seßte seine Besichtigungsreise behufs Ausarbeitung eines Planes zu einer ausgedehnten Küstenbefestigung Australiens fort. Die Befestigungen sollen ohne Verzug in Angriff ge- nommen werden, fobald der Plan die Genehmigung des Par- laments erhalten hat.

Frankreich. Paris, 18. November. (W.T.B.) Dem „Français“ zufolge hat der Marschall-Präsident bei dem gestrigen Empfange im Elysée seinen festen Entschluß Culgeinro treu auf feinem Posten zur Vertheidigung der Gesellschaft zu bleiben, aber nur unter der Bedingung, daß der Senat ihm seine Unterstüßung leihen werde. Der „Moniteur“ erklärt es als sicher, daß das „Journal officiel“ am Dienstag die Annahme des Demissionsgesuchs dér Minister durch den Marschall-Präsidenten veröffentlichen werde. Wie das nämlicte Blatt wissen will, zauderte die kon- stitutionelle Gruppe der Rechten des Senats immer noch, dem Marschall Präsidenten ihre Unterstüßung zu leihen, und hätte den Wunsch, daß der Marschall bei der Wahl der neuen Minister bis auf Mitglieder des linken Centrums zurückgreifen möchte; der Marschall scheine indeß niht geneigt, diesem Wunsche nachzugeben Dem „Moniteur“ zu- folge würden gegenwärtig drei verschiedene Kombina- tionen für das neue Kabinet in Berathung gezogen. Die erste derselben, welche die meisten Chancen zu haben schiene, wäre die Bildung eines Kabinets aus der konstitutio- nellen Gruppe des Senats. Wenn diese Kombination nicht zu Stande fäme, würde der Marschall, da er sich an keine der Gruppen der Linken wenden wolle, mittelst der Rechten entweder ein Geschäftsministerium oder ein Ministerium des Widerstandes zu vilden fuchen. Jn dem leßteren Falle würde dem militärischen Elemente ein vorwiegender Antheil zufallen. Das Ministerium berieth heute früh über die in der Diskussion über die Jnterpellation Kerdrels (f. u.) abzugebende Erklärung.

Versailles, 17. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Senats wünschte Kerdrel die Re- gierung über die Maßnahmen zu interpelliren, welche fie aus Veranlassung der von der Deputirtenkammer beschlossenen Enquete über die bei den Wahlen vorgekommenen Mißbräuche zu ergreifen gedenke. Jules Simon und Dufaure erhoben gegen “diese Fnterpellation Protest und bezeichneten dieselbe als inkonstitutionel. Der Präsi- dent, Herzog von Audiffret-Pasquier, erklärte, er habe bereits den Chorafter der nterpellation in Erwägung gezogen, indeß habe Kerdrel mitgetheilt, er wünsche nur zu wissen, welche Fnstruktion die Regierung ihren Beamten geben würde. Er gedenke nicht, sich über die Legalität des von der Deputirtenkammer vorgenommenen Aktes auszusprechen. Der Herzog von Audiffret-Pasquier bemerkte weiter, er glaube niht, daß die Deputirtenkammer die r zustehenden esug- nisse überschritten habe. Der Senat habe über die Handlun- gen der Deputirtenkammer kein Urtheil zu fällen, er habe nur die Ausshung der Deputirtenkammer auszusprechen, wenn die- selbe verlangt werde. Auf Wunsch des Herzogs von Broglie wurde darauf die Berathun Montag angeseßt. Die Gruppen der Rechten des Senats haben in Betreff dieser Jnterpellation folgende Tagesordnung in Vorshlag gebracht: „Der Senat geht, indem er die Erklärungen der Regierung billigt und indem er

emäß den konservativen Prinzipien, welche er stets vertreten hat, die Prärogativen, welche einer jeden der öffentlichen Ge- walten zustehen, aufrecht zu erhalten. wünscht, zur Tages- ordnung über.

Die heutige Sibung der Deputirtenkammer verlief ohne bemerkenswerthen Zwischenfall. Die Wahl der Budget- kommission wurde auf nähsten Dienstag anberaumt.

der Fnterpellation auf

18. November. (W. T. B.) Die Mitglieder der Linken des Sénats werden heute über die Fnterk pellation Kerdrel und über die von der Rechten des Senats in Berjas gebrahte Tagesordnung in Be- rathung treten. —Wie der „Ordre“ wissen will, nd in der von den Gruppen der Rechten zu der Fnterpellation Kerdrel beantragten Tagesordnung, der Vorstellungen der Minister bei der mit den Delegirten der Majorität abgehaltenen Kon- ferenz ungeachtet, die Worte: „Der Senat geht, indem er die Erklärungen der Regierung billigt 2c.“ durch die Worte: „Der Senat geht, indem er von den Erklärungen der Minister Aft nimmt 2c.“ erseßt worden.

Italien. Rom, 17. November. (W. T. B.) Eine aus mehreren italienischen Offizieren bestehende Kom- mission hat sich zur Besichtigung und Prüfung der neuen Kruppschen Belagerungsgeshüße nah Deutschland begeben ; dieselbe wird auch noch andere derartige Etablissements be- suchen und hat auch den Fabriken in Creuzot in Frankreich einen Besuh zugedaht. Der hiesige Deutsche Verein hat zu Ehren seines neugewählten Vorsißenden, des Bildhauers Cauer, ein Diner veranstaltet, und den deutshen Botschafter, Herrn v. Keudell, dazu eingeladen. Der diesseitige Bot - schafter in Wien, Graf Robilant, kehrt am nächsten Dienstag auf seinen Posten zurück. Derselbe wird vorher noch vom König in Audienz empfangen. werden.

18. November. (W. T. B.) Die „Ftalie“ erklärt die Zeitungsmeldung, General Robilant übernehme das Mi- nisterium des Auswärtigen, der Senator Rossi das Finanz- Ministerium, der Finanz-Minister Depretis das Arbeits-Ministe- rium, der Deputirte Puccioni das Justiz-Ministerium für un- begründet, alle in dieser Beziehung umlaufenden Nachrichten seien durchaus unbegründet, das Ministerium sei nie so einig gewesen, wie gegenwärtig, und werde sih in seiner dermaligen Zusammenseßung der Kammer vorstellen. Dem nämlichen Blatte zufolge würden die Eisenbahnkonven- tionen der Kammer am 22. d. Mts. vorgelegt werden. Der König hat den General Robilant in Audienz empfangen.

Wie der „Cölnischen Zeitung“ aus Rom vom 17. d. M. gens wird, sind die im nächsten Konsistorium zu reirenden Kardinäle: Marini, General-Auditor der apostolishen Kammer, Moritti, Erzbischof von:Ravenna, Agostini, Patriarh von Venedig, und Pellegrini, Dekan der Prälaten- kfleriker der apostolischen Kammer.

Griechenland. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ vom 17. signalisirt die Wahrscheinlichkeit einer griechischen Ka- binetsfkrisis, indem in der Kammer eine Mer Ci dag darüber bevorstehe, ob es als fonstitutionell anzusehen sei, daß das Ministerium sich ohne Präsidenten befinde. Eine Folge dieser Jnterpellation dürfte die Demission des jeßigen Ka- binets sein und die Bildung eines neuen Ministeriums aus einer einzigen Partei.

Türkei. Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Heute hat hier die anderweite Wahlverhandlung zur ervollständigung der Deputirtenwahlen stattgefunden. Von den gewählten 10 Deputirten sind 4 armenische Christen, 6 Muselmänner; unter den leßteren befindet sich Sadyk Pascha. Aus Bosnien wird berichtet, 732 römisch- katholishe Bosniaken, die nah Oesterreih geflüchtet gewesen-seien, hätten den türkishen Behörden ihxe Unterwer- fung ángezeigt und wären in ihre Dörfer zurückgekehrt.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 29. Oktober. Die Wahl dex Präsidenten der gemischten Gerichts- höôfe Egyptens für dieses Jahr hat fast ausnahmlos wieder diejenigen Personen getroffen, welche im vorigen Fahre darin den Vorsiß führten.

Am Appellhof in Alexandrien und an dem Gericht I. Jnstanz in Cairo nehmen die Herren Lapenna und Hagens den V. Präfidentenstuhl wieder ein. Auch der Substitut des Vize-Appell-Präsidenten is in der Person des Franzosen Herrn Letourneux derselbe geblieben, während in Cairo an Stelle des früheren Substituten Herrn Stoppelar der Franzose Herbout tritt.

Desgleichen is die Wahl am Erstgeriht zu FJmailia wiederum auf den Shweden und Norweger Gramm als Vor- sißenden und den Dänen Holten als Substituten gefallen.

Nur die erste Jnstanz ju Alexandrien hat ein von dem Vorjahr abweichendes Wahlergebniß geliefert. Der belgische Richter de Brower hat hier den bisherigen Ftaliener Moriondo als V. Präsident erseßt. Dessen Substitut Dargoer (Oester- reicher) dagegen - ist als solcher wiederberufen worden.

Der russisch-türkisc{e Krieg.

St. Petersburg, 18. November. (W. T. B.) Von einer Note Lord Derby's, welche sich angeblih gegen eine Besivergreifung Armeniens durch Rußland richtet, ist in hiesigen bestunterrihteten Kreisen nichts bekannt.

Europäischer Kriegsschauplat.

__ St. Petersburg, 18. November. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Bogot vom 17, d.: Am 14. d. hatten unsere Vorposten auf der Straße von Schumla nach Osmanbazar anhaltende Gefehte mit Baschibozuks und Tscherkessen. Es wurde dabei ein Offizier verwundet; außer- dem wurden 2 Pferde getödtet. Am 15. d. griffen 2 tür- kishe Escadrons die Posten des 39. Kosaken-Regiments bei Solenik an. Nachdem fie zuerst zurückgeshlagen worden waren, erneuerten sie den Angriff mit Unterstüßung von Jn- fanterie und drängten die Kosaken gegen Ostriza zurü. Hier dur das 36. Kosaken-Re iment zurückgewiesen, warfen ih die Türken auf die Hufsarenposten von Kazelewo und drängten dieselben hinter den Lom zurück, auf dessen rehtem Ufer sie 8 Compagnien E aufstellten. Der Comman- deur des Lublinschen Husaren-Regiments übernahm das Kom- mando über die versammelten drei Escadrons Vir und eine halbe Escadron Ulanen von der Division Jngush und führte mit denselben einen heftigen Angriff auf die türkische Infanterie aus. Die Türken, hierdurh überrascht, zogen fih uerst gegen Kazelewo und dann, als sie sich durch einen Slankenga riff von Seiten unserer Kavallerie bedroht len auf ihre befestigten Positionen bei Solenik zurück. Unsere Truppen stellten ihre frühere Vorpostenlinie vor Kazelewo wieder her. Unsere Verluste betrugen 1 Todten und 12 Verwundete, ferner 25, Pferde todt. Soeben erhalten wir die Meldung, daß der Kojaken-Aelteste Afonafssieff mit der 4. Compagnie des 9. Jnfanterie-Regiments und der 6. Com- pagnie des 30. Donschen Kosaken-Regiments die Türken aus

dem Rosaliß-Paß vertrieben hat, indem er die türkische Befestigung auf dem Moragaiduk umging. Derselbe hat Zwie- badckvorräthe erbeutet und das türkishe Lager verbrannt. Jn der Naht zum 16. d. M. wurde General Skobeleff während des gewöhnlichen Geplänkels mit dem Feinde durch einen Granatjplitter abermals stark fontusfionirt. Der General war bereits in der vorhergegangenen Nacht zum ersten Male kontusionirt worden. Uebrigens sind die Verleßungen nicht gefährlih gewesen. Der General fährt fort, auf den Posi- tionen Anordnungen zu treffen.

__ Konstantinopel, „18. November. (W. T. E Nah einem von der Regierung verbreiteten amtlihen Telegramm hat Mehemed Ali Pascha Nisch und Scharkioi besichtigt und ist am Freitag in Sofia eingetroffen. Eine kussishe Abtheilung, die vorübergehend Berkovac beseßt gehalten, habe sih gegenüber den in verstärkter Anzahl zurückehrenden Türken wieder aus diesem Orte zurückziehen müssen. Ein Telegramm Suleiman Paschas meldet von unerheblichen Gefechten, die bei Kazelewo und Kuslubey stattgefunden haben. Fm SGprapas se wird nah eingegangenen Berichten fort- dauernd eine lebhafte Kanonade unterhalten. Reou f Pascha meldet Poft : DAA pf Ÿ paß, gt lie » Lusishe Gese neu in Position gebraht, durch welche 2 russishe Geschüße im Fort St. Nikolas demontirt worden seien. Î

Wien, 19. November. (W. T. B.) Nach einem Tele- gramm der „N. fr. Presse“ aus Bukarest von gestern hat die Direktion der rumänishen Bahnen Befehl erhalten, für den Transport von zwei neuen russischen Armee- Corps 10 Züge täglih zu organisiren.

___— Vom bulgarischen Kriegs\chauplaße meldet die „Pol. Korr.“ aus Simnigtza, 13. November :

_ „Der Cernirungsriung bei Plewna wird immer enger und stärker. Die Belagerer befestigen und verstärken sich immer mehr. Das günstigere Wetter hat die Truppenbewegungen und die Proviant- und die Munitionstransporte erleichtert, so daß die russish-rumänis{: Armee auf lange Zeit mit Allem versehen ist, um, wenn nöthig, au einige Monate vor Plewna den Moment abwarten zu können, in welhem Osman Pascha fkapituliren oder sich durhschlagen wird. Dieser Zeitpunkt is zwar nicht absolut erakt zu bestimmen aber die Berechnung von Fachleuten motivirt die Meinung, daß Plew1a sih nit länzer als 15 Tage halten kann. Bekanntlih machte sich der Mangel an Proviant bei der türkischen Armee {on Anfangs Oktober fühlbar, so daß Chefket Pascha mit Aufgebot aller Kräfte die Verproviantirung bewerkstelligen mußte. Bei der Vorsicht Osman Paschas darf angenommen werden, daß er an dem Tage, an welchem der erste Transport aus Orchanie nach Plewna gelangte, noch für 15 Tage Proviant hatte. Nach den türkishen Berichten sind nicht mehr als 3000 Transportfuhren (außer den Munitionsfuhren) in zwei Kolonnen nach Plewna gelangt, von welchen die leßte am 12. Oktober eintraf. Jede dieser Fuhren (Arabas) enthält nun höchstens 600 Rationen, also (eine Ration per Tag berechnet) den Proviant für 20 Mann auf 30 Tage; 3009 folcher !rabas würden also den Proviant für 69000 Mann auf 30 Tage repräsentiren. Man greift nicht zu ho, wenn man die Zahl der cernirten Türken in Plewna (die Ein- wohner mit inbegriffen) auf 60009 Mann s{chäßt. Addirt man nun diese 30 Tage und die 15 Tage, für welche Osman Pascha noch versorgt war, so ergeben sih 45 Tage seit dem 12. Ok- tober als die wahrscheinlichste S zur Berechnung des P. oviant- vorraths der türfischen Plewna-Armee. Diese 45 Tage würden am 27. November enden. Man ist aber im russishen Hauptquartiere darauf gefaßt, daß der türkishe General es nicht auf diesen Augen- blick anfommen lassen werde, ohne einen Durhbruchsoersuch zu wagen ; darum is das ganze Augenmerk ‘der russis{-rumänishen Kriegs- leitung darauf gerichtet, ihm diefen Dur{bruch fo shwer wie mögli zu machen. Die erste zu diesem Zwecke vorgenommene Maßregel war natürlicher Weise die Abkürzung der Cernirungélinie, welche noch vor zehn Tagen dem cernirten Feinde die Möglichkeit bot, sich mit aller Kraft auf irgend einen s{chwäceren Punkt zu werfen und, wenn au mit großen Verlusten, sich durchzuschlagen. Jezt ift dieses aber {wer ausführbar geworden. Von Nordwesten aus ift die Cernirunggslinie mit ihren Redouten und sih kreuzenden Batterien bis Opanes, im Westen bis Asagi - Dubnik und der Wid - Brücke, im Südwesten bis Kirtosabene vorgedrungen. Im Süden hat General Skobelef mit der 16, Divisi-n (4. Corps) das Dorf Brescowec und die Position von Zelenoi-Gora (grüner Berg) in der Nähe von Kirschin genommen und sich troß aller An- griffe der Türken in den eroberten Stellungen behauptet. Dadurch ist das vorgeshobene türkische befestigte Lager im Süden Plewnas bedroht und ift die Cernirung auhch auf dieser Seite hin eine enge geworden. Zu einem Durchbruche fehlt es O3man Pascha an ge- nügeaze &eld-Artillerie, während seine Gegner über 400 Feuer- \{lünde verfügen. Nah einem mit enormen Verlusten gelungenen Durchbruche würde si der türkische General in einer noch \{limmeren Lage befinden. Ohne Kavallerie und Trains-Kolonnen würde er von der zahlreichen rufsishen Kavallerie und reitenden Artillerie fort- während angegriffen und derart zerstückelt werden, daß feine Armee nicht mehr als Faktor in diesem Feidzuge in Betracht kommen würde. Nach den letzten Nachrichten scheint es, daß er seit einigen Tagen beständig nach allen Seiten hin demonstrirt und Schein- ausfälle macht. Der Dienst ist in Folge dessen in der russish- rumänischen Armee äußerst ermüdend, da man beständig alarmirt ift. Im Vorstoße auf Orkhanie ift ein zeitweiliger Stillstand einge- treten. Der rufsishe Generalstab scheint dieses Mal nicht mehr in seine früheren Fehler verfallen zu wollen. Man will niht mehr die Kräfte zersplittern. Sogar die Beseßung Wracas soll nur eine provisorische sein. Man hat si nur der dort E Vorräthe bemähtigen wollen. Alle nah Westen zerstreuten Kavallerieabtheilungen haben Befehl erhalten, sich nicht weiter als bis 50 km von der Cernirungs- linie zu entfernen. Ebenso sind russischerseits die Grenadier-Abthei- lungen und rumänischerseits die Brigade Slaniceano wieder in die Cernirungslinie repliirt worden, und haben nordwestlich zwischen Etropol-Opancs und Trstenik eine äußerst starke Stellung genommen.

uf den anderen Theilen des bulgarishen Kriegs- \cchauplaßes hercst ein relativer Stillstand in den Operationen, denn man kann nit das Hin- und Herschieben einzelner Vortruppen, wobei es zu Rencontres zwischen den Vorposten und auch zu kleinen Gefechten kommt, als wirklihe Operationen hinstellen. Solche Kämpfe finden, nah den vom Scipkapasse und von der Lom-Armee einlangenden Meldungen, beinahe täglich statt, da die Fühlung zwischen den sich gegenüberstehenden Streitkräften eine sehr enge geworden ist, Man erwartet aber einen Vorstoß Suleimans von Eski Ds{huma auf Tirnowa, sobald Mehemed Ali aus Orkhanie zum Entsaße Plewnas wird vordringen können. An der Donau haben die Plänkeleien zwischen Abtheilungen von türkischen Irregulären und rufssish-rumänishen Wacposten zwischen Turtukai und Silistria wieder angefangen. Auch is eine bedeutende Truppenkonzentrirung zwischen Turtukai und Ruftshuk bemerkbar. An einen Uebergangsversuch Seitens der Türken (der vor einigen Wochen immerhin möglich war) is aber, nach der erfolgten Ver- partung der russishen Reservearmee in Rumänien nicht mehr zu enken.“

Ueber die Befestigungen von Shumla bringt dasselbe Blatt eine Korrespondenz aus Shumla, 20. Oktober :

„Die Gestung Schumla, welche ih vor mehreren Monaten das leßte Mal gesehen habe, hat ihre Physiognomie seither außer- ordentlich ; verändert. Die Veränderung vollzog sich jedoch zu Gunsten dieser äußerst wichtigen türkishen Centralstellung welche alle östlichb vom Trajans - Thore liegenden Balkan- Uebergänge zu vertheidigen berufen ift. Der Balkan bildet bei

Schumla eine hufeisenförmige Gestalt; die Abhänge des Gebirges

sind sehr steil und mit undur{dringlihem Dorngebüsh bewacsen.

von der Ferne ist die auf einem mächtigen Felsen gelegene Festung von Schumla sichtbar; auf dem Plateau und dessen Um- ebung könnte eine Armee von 200000 Mann mit der ent- Prechenden Artillerie und Kavallerie bequem untergebracht werden. Swhumla war bei Ausbruch des jetzigen Krieges ziemlich vernach- lässigt; ein Graben, ein Wall und mehrere aus dem Feldzuge von 1854 stammende Außenwerke mahten so ziemlich die ganze Festung aus, welche sich überhaupt in einem defekten Zustande befand, da lange Fahre hindur für die Ausbesserung der Schäden nicts unternommen wurde. Die Festung ist aber von Natur aus so stark, daß die Ruffen die vorhandenen Mängel hätten wenig ausbeuten fönnen, felbst wenn es ihnen geglückt wäre, gleih nach ihrem Donau-Uebergange nah er- folgter Cernirung Rustshuks direkt gegen Schumla vorzu- rüden. Den Türken fehlte es eben immer an Geld und a: einsiht8vollen, thatfkräftigen Kriegs - Ministern, sonst hätte man Schumla und die anderen Festungen längst schon mit den modernen Anforderungen entsprechenden Werken veriehen müssen. Im Laufe des jeßigen Krieges wurde das Versäumte aller- dings nach Thunlichkeit nachgetragen. Ich fand zu meiner Ueber- rashung rings um die Stadt aht starke Redouten, von denen die eine, welche ih terrassenförmig erhebt, wohl die bedeutendste sein dürfte; jede derselben is mit 8 bis 10 s{chweren Ge- chüßen armirt. Anßerdem besißt Schumla nun mehrere auf D den stehende detachirte Forts, welche durch i.re Lage die Errichtung vortrefflicher Angriffsbatterien gestatten, in ihrer vorge- \chobenen Bewachungslinie die Sturmfreiheit erhöhen und die Cer- nirung der Festung bedeutend ers{chweren, da der Feind auf einer größeren Peripherie natürli viel mehr Truppen zum Angriffe oder ¿ur Belagerung benöthigt. Der hinter dem linken Flügel der Stellung liegende Grottenberg, den die Russen im Feldzuge 1810 vergebens belagerten, wurde ebenfalls mit angemessenen Befestigungen versehen und da auch die das Gelände durch- \hneidenden und in vertheidigungsfähigen Zustand geseßten Thäler viele und große Hindernisse jowohl für die Ein- \{liezung als auch für den Angriff darstellen, \o darf man mit Recht den Ausspruch wagen, daß Schumla unein- nehmbar ist. Blum Pascha und der Artilleriemajor Bekir Sidki Effendi, ehemaliger Militär-Atta-hé in Berlin, haben das Verdienst, der Festung Schumla zu ihrer gegenwärtigen ausgezeichneten Verthei- digungéfähigkeit verholfen zu haben. Die Festung ift für den Fall einer Belagerung für 4 bis 5 Monate genügend verproviantirt. Der Gesundheitszustand der zahlreih hier anwese:den Truppen ist ein verhältnißmäßig befriedigender. Die Zahl der hier befindlichen Ver- wundeten ift ziemlich groß.

Aus Cettinje wird E am 14. d. M. von ihrem Korrespondenten telegraphirt: - A y „Von LG Geizacaniben Armee liegen heute keine offiziellen Nachrichten vor; ihre gegenwärtige Stellung und ihr nächstes Ziel find hier Niemand bekannt. Leute, welbe von der Grenze zurüd- gekehrt sind, erzählen, daß der Fürst Antivari beschieße, und die Cin- nahm’ von Subsi beweist, daß er die Straße, welche von Antivari nah Spuz führt, erreiht hat. Man hörte heute auch den ganzen Morgen über eine Kanonade in der Richtung von Antivari her. Ein Bericht von der Czermnica besagt, daß ein türkisches Kanonenboot auf dem See von Skutari durch eine montenegrinishe Batterie in den Grund gebohrt worden sei. Es ift gar keine Frage, daß, wenn der Fürst rasch vordringt und energisch handelt, Antivari und Skutari in seine Hände fallen werden; meine Erfahrung weist mi aber auf eine solche Erwartung nicht hin. Im Fort Suturmans bei Antivari sollen die Montenegriner 150 Gefangene gemacht aben.“ j « : 4 s (W. T. B.) Gerüctweise wird der „Polit. Korresp.“ vom 17. aus Cattaro gemeldet, die Montenegriner hätten in der l.tvergangenen Nacht A ntivari erstürmt und seien

dann weiter gegen Dulcigno vorgerückt. ¡i

Asiatischer Kriegsschauplaß.

St. Petersburg, 18. November. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Weran-Kaleh, 18. d.: Kars ist heute er- stürmt. Der Kampf begann gestern Abend 9 Uhr und war heute Morgen 8 Uhr beendigt. Unsere Trophäen sowie die

Verluste noch unbekannt. 7 O none 17. November. (W. T. B.) Aus

Erzerum vom Donnerstag Abend hier eingegangenen Nach- rihten zufolge haben die Russen O herangezogen und trafen dtr Hag um Erzerum von der Nordseite an- zugreifen. Das Wetter hat sih gebessert.

Die Nr. 46 des „Central-Blatts für das Deutsche Rei ch “, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folgenden Inhalt: Mittheilung, betreffend Rinderpest; Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Goldankäufe Seitens der Reichsbank ; Nachweisung der Einnahmeu an Zöllen und mein sCC Ie Ver- brauchs\teuern für die Zeit vom 1. April bis zum Schlusse des Monats Oktober 1877; Status der deutschen Notenbanken Ende Oktober 1877; Statistik der deutshen Banknoten für Ende Oktober 1877. Uebersicht über die Ausprägung von Reihsmünzen. Verzeichniß der während des Prüfungsjahres 1876/77 approbirten Aerzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker. Beginn einer See- steuermannsprüfung. Briefverkehr mit China. Eröffnung der Station Wildemann der Bahnstrecke Langelsheim-Klausthal. Nachweisung der Einnahme an Wechselstempelsteuer in ven Monaten April bis Oktober 1877; Errichtung, Sing, und Befugnisse von Zoll- und Steuerämtern; Uebersicht über Rübenzuckersteuer, fowie Z cker-Ein- und Ausfuhr im Monat Oktober 1877.

Nr. 67 des „Amtsblatts der Deutshen Reichs-Pofst- und Telegraphcnverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Ver- jügungea: om 13. November 1877. Versuchsweise Zulassung von Katalogen- und Preislisten mit Stoff- oder Zeugmustern; vom 8. November 1877. riefverkehr mit Persien; vom 13. Novem- ber 1877. Dampfschiffverbindung zwischen Bremen und Havanna; Vom 6. November 1877. Behandlung der unbestellbaren Telegramme des Auslandverkehrs.

Nr. 21 des „Archivs für PostundTelegraphie, Beiheft zum Amtsblatt der Deutschen Reichs-Post- und L Lega enva tung", hat folgenden Inhalt: I. Aftenstücke und Aussäße: Die Telephozie. Die Landbriefträger-Anstalt. (Zweiter Artikel.) Blü- chers Briefe. Das Aequatorial - See- und Flußgebiet von Inner- Afrika. (Dritter Artikel.) Il. Kleine Mittheilungen: Der neue deutsche Reichskalender für 1878. Ein englishes Urtheil über den Nutzen unterirdisher Telegraphenleitungen. Die erste Telegraphen- linie der chinesischen Regierung. Die erste deutsche Straßeneisenbahn mit Dampfbetrieb. Verkehrszeitschriften in den Niederlanden. III, Zeit- \hriften-Ueberschau.

Nr. 28 des „Armce-Verordnungsblattcs" hat fol-

enden Inhalt: Uebergang der seitherigen Miethswohnungen in den Gebäuden der Militärverwaltung zu den Dienftwohnungen für Of- Vertretung eines abwesenden kommandirenden Generals. Refsortwechsel der Ar- tilleriedepots zu Coblenz und Ulm. Bekleidung und Ausrüstung der etatsmäßigen Mannschaft der A De zu Weil- burg. Zusammenseßung der Armee-Inspektionen. Neue Probe einer Kaffeemühle. Vorlage von Perfonal- und Qualifikations- berihten für die à la suite von Truppentheilen stehenden Of- ziere 2c. Vor'age der Ranglisten. Herausgabe einer umgeän- änderten Schießinstruktion für die Infanterie. Ermächtigung des Dr, Middendorf in Lima zur Ausstellung von Zeugnissen für

pee, Beamte und niedere Militärpersonen.

deutshe Militärpflihtige in Peru. Zwölfter Nachtrag zum Schulverzeihniß vom 19. Januar 1876. Eröffrung der Theil- strecken Wangerin-Dramburg und Koniß-Schlohau der Wangerin- Koniteer Eisenbahn. Vertheilung von 72 Exe:nplaren der Mi- [itär-Literatur-Zeitung für das Iahr 1878.

Nr. 21 des „Matrine-Verordnungs-Blattes“ hat fol- genden Inhalt: Geseß, betreffend die Untersuhung von Seeunfällen. Preise für Proviant und Materialien 2c. in Kingston auf Jamaica am 1. Juli 1877. Aufnahme der sekreten Sachen in die Nach- weisungen der eingegangenen und abgesandten Dienstschreiben Seitens der im Auslande befindlihen Schiffe und Fahrzeuge. Die von den in Berlin kommandirten Offizieren zu machenden Mittheilungen an die I. Matrosen-Division. Vervollständigung des Schemas für die Verbrauhsnachweisung über das Betriebsmate: ial der Schiffs- maschinen. Verobfolgung von zwei Müßenbändern bei Indienst- stellungen von weniger als zwölfmonatliher Dauer. Perfonal- Veränderungen. Benachrichtigungen.

Nr. 42 des „Justiz-Ministerial-Blatts“ hat fol- A Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 19. November 1877, etreffend die Verrehnung der bei den gerihtlihen Gefängnissen entstehenden Verwaltungkotten. Erkenntniß des Königlichen GBe- CiOuToIes zur Entscheidung der Kompetenzkonflifkte vom 13. Okto- ver ¿

Nr. 23 des Central - Blatts der Abgaben-, Ge- werbe- und Man da Aae Sagen ans und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Anzeige der in der Geseßsammlung und im Reichsgeseßblatte ershienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände : gg, rung der Hauptmanuale der Hauptämter in zwei Bänden. Nach- weisung der notirten und angestellten Grenzaufseher und der neu an- aestellten Militär- und Civilpersonen. Zeitpunkt, zu welchem die Kafsenanweisungen vou 1851, 1856 und 1861 ihre Gültigkeit ver- lieren. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. IIIl. Indirekte Steuern : Wechsel- stempel. Art der Entrichtung. Verwendung eines ausgeschnit- tenen Blanquetstempels. VI, Perfonalnachrichten.

Landtags- Angelegenheiten.

Der Abg. Doerck, Vertreter der Wahlkreise Oleßko, Lyck und Johannisburg im Abgeordnetenhause, ist am 16. d Mts. hierselbft gestorben.

Statistische Nachrichten.

Sterblichkeits- und Gesundheitsverhältnisse. Ge- mäß den Veröffentlibungen des Kaiserlihen Gesundheits- amts sind in der fünfundvierzigst-n Jahreswoche von je 1000 Bewoh- nern, auf den Jahresdurchscnitt berechnet, als gestorben ge- meldet: in Berlin 22,1, in Breslau 26,1, in Königsberg 25,4, in Cöln 22,3, in Frankfurt a. M. 18,2, in Hannover 19,2, in Caffel 24,7, in Magdeburg 27,9, in Stettin 23,1, in Altona 17,1, in Straß- burg 12,8, in München 30,7, in Nürnberg 21,3, in Augsburg 30,5, in Dresden 21,3, in Leipzig 16,9, in Stuttgart 16,7, in Seciunihwda 51,4, in Karlsruhe 13,6, in Hamburg 25,4, in Wien 26,5, in Buda- pest 35,1, in Prag 34,3, in Triest 28,2, in Basel 26,5, in Brüffel 28,4, in Paris 22,6, in Amsterdam 23,0, in Kopenhagen 18,7, in Stockholm —, in Christiania 16,4, in St. Petersburg 31,4, in Warschau 27,4, in Ddefsa 25,7, in Bukarest —, in Rom 28,2, in Turin 21,5, in Athen —, in Lissabon 37,3, in London 21,4, in Glasgow 21,4, in Liverpool 24,8, in Dublin 24,7, in Edinburgh 19,3, in Alexandria (Egypten) 37,0, in New-York 22,4, in Philadelphia 16,7, in Boston 18,0, in Chicago 13,3, in San Franzisko 15,2, in Calcutta —, in Bombay 45,7, in Madras 100,9.

Beim Beginn der Berichtêwohe wehten in Norddeutschland westlibe und nordwestliche, in Mitteldeutshland füdlihe und in Süddeutschland öfstlihe Windrichtungen, die im Laufe der Woche an allen Stationen in südlihe und südwestlihe Luftströmungen über- gingen und die ganze Woche hindurch vorherrschend blieb:n, nur an den öôstlihen Stationen gingen sie gegen den Wochenshluß in Süd- ostwind um. : j

Die Lufttemperatur überstieg das Monatsmittel, nur in Breslau und München sank das Thermometer am 5. November unter 0 Grad Reaumur. Niederschläge waren selten und gering. Das Barometer fiel beim Beginn der Woche, blieb dann ziemlich ftabil auf seinem Standpunkte und sank am Wochenshlusse nur noch ein wenig.

Die günstigen Sterblichkeitsverhältnisse in Deutschland sind gegen die vorhergegangene Woche im Ganzen wenig verändert. Die Sterblichkeits-Verhältnißzahl betrug 22,8 gegen 22,3 der Vorwoche, auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet. Viele Großstädte, wie Lübeck, Stuttgart, Leipzig, Hannover, Altona und fast alle größeren Städte am Rhein zeigen fehr niedrige Verhältnißzahlen, auch in Berlin ist dieselbe eine relativ sehr geringe.

Von den Todesurfachen zeigten nur die diphterishen Affektionen besonders in Berlin, Dresden, Wien, einigen rheinishen Städten, und das Scharlachfieber in Berlin, Magdeburg, am Niederrhein, in Posen, Elbing u. a. O. ein häufigeres Vorkommen. Masern waren in Chemniy und London häufiger; Unterleibstyphen zeigten überall Rückgänge. Darmkatarrhe der Kinder traten in den meisten Städten nit mehr epidemisch auf, nur in München, Augsburg, Hamburg, in Petersburg und Warschau ist die Zahl ihrer Todesfälle vergleihs- weise noch eine höhere. Entzündliche Prozesse der Athmungsorgane führten seltener zum Tode. Die Cholera in Indien zeigt bedeutende Nachlässe. Das gelbe Fieber in Rio de Janeiro verlangte in der 2. Septemberhälfte 5 Opfer. : N j

Das Kaiserlich statistishe Amt veröffentliht in dem jeßt herausgegebenen Band XXVII, der Statistik des Deutschen Reichs u. A. eine Uebersicht der Menge und des geschäßten Werthes der Waareneinfuhr des Deutschen Zollgebiets für das Jahr 1876. Nach derselben o sich der Werth des gesammten Waareneingangs in den freien Verkehr, aus\chließlich des Imports von Münzen und edlen Metallen, auf 3802,1 Millionen Mark gegen 3531,1 Mill. Mark in 1875, 3604,5 Mill. Mark in 1874, 356,0 Mill. Mark in 1873 und 3261,9 Mifl. Mark ia 1872. Die Haupt-Waarengruppen waren hierbei in Millionen Mark fol- gendermaßen betheiligt: Getreide 2c. und Mahlfabrikate 595,0 (1875: 418,0, 1874: 482,4, 1873: 414,0, 1872: 279,3); gegohrene Getränke 68,4 (1875: 70,9, 1874: 66,0, 1873: 74,1, 1872: 49,8); Zucker, Kaffee, Gewürze, Konfitüren 2c. 248,0 (1875: 237,0, 1874: 215,4, 1873: 221,7, 1872: 192,6); Tabak und Labaksfabrikate 81,9 (1875: 75,3, 1874: 71,7, 1873: 99,9, 1872: 88,5); Sämereien, Früchte, Ge- wädse 130,4 (1875: 110,7, 1874: 101,1, 1873: 125,1, 1872: 91,5); Thiere und animalische Nahrungsmittel 401,3 (1875: 318,6, 1874: 294,66, 1873: 319,2, 1872: 230,7); Dünger und Abfälle 63,1 (1875: 47,8, 1874: 43,8, 1873: 43,8, 1872: 43,2); Brenn- stoffe 73,8. (1875: 78,4, 1874: 80,4, 1873: 76,2, 1872: 78,3); Erden, Erze, rohé und roh bearbeitete Steine 82,6 (1875: 76,9, 1874: 72,9, 1873: 87,6, 1872: 69,0); Stein-, Lhon- und Glaswaaren 18,7

1875: 19,9, 1874: 20,4, 1873: 21,9, 1872: 17,7); Rohmetalle 89,8 (1875; 107,5, 1874: 113,7, 1873: 149,7, 1872: 140,1); roh bearbei- tete Metalle, Halbfabrikate 10,8 (1875: 16,4, 1874: 19,5, 1873: 52,5, 1872: 25,2); Metallwaaren 25,3 (1875 : 30,9, 1874: 39,0, 1873: 52,5, 1872: 33.6) Droguen, Chemikalien, Zünd- und Farbwaaren 188,8 (1875: 178,3, 1874: 162,3, 1873: 169,2, 1872: 172,8); Harze, Fette, Oele, Aether und Seifen 224,0 (1875: 179,7, 1874: 179,1, 1873: 192,3, 1872: 178,8): Filzstoffe, Haare, Federn, Häute, Leder 194,9 (1875: 204,8, 1874: 215,7, 1873: 195,6, 1872: 193,5); Leder-, Rauch- und Filzwaaren 21,2 (1875: 21,5, 1874: 19,8, 1873: 16,8, 1872: 15,0); Spinnstoffe 623,0 (1875: 621,0, 1874: 608,4, 1873: 623,1, 1872: 588,9); Garne 170,5 (1875: 192,0, 1874: 201,0, 1873:

193 5, 1872: 194,7); Seiler-, Webe- und Wirkwaaren und Kleider 171,8 (1875: 183,3, 1874: 183,0, 1873; 181,2, 1872: 187,8);

Kautshuck- und Wachswaaren 8,3 (1875: 8,1, 1874: 7,5, 1873: 6,9, 1872: 6,6); Papier- und Pappwaaren, Tapeten 6,9 (1875: 6,6, 1874: 6,6, 1873: 6,9, 1872: 4,8); Bau- und Nutholz und andere Schnibstoffe 213,5 (1875: 224,1, 1874: 271,2, 1873: 311,4, 1872: 297,0); Holz-, Schniß- und Flehtwaaren 18,0 (1875: 17,6, 1874: 15,9, 1873: 16,5, 1872: 10,2); Maschinen, Fahr- zeuge und Apparate 46,1 (1875: 62,0, 1874: 88,5, 1873: 80,1, 1872: 49,2); Schmudck- und Kunstgegenstände 15,9 (1875: 13,8, 1874: 14,7, 1873: 14,4, 1872: 14,1); Manuskripte, Druäsfachen, Stiche 10,1 (1875: 10,0, 1874: 9,9, 1873: 9,9, 1872: 9,0). Vergleiht man die Einfubr von 1876 mit derjenigen des Vorjahres, fo ergiebt si eine erhebliche Zunahme des Werths, namentlih bei Getreide um 177 Mill. Mark, Thieren 2c. um 82,7 Mill. Mark, Harzen, Fetten, Oelen 2. um 44,3 Mill. Mark Sämereien 2c. um 19,7 Mill. Mark, Dünger und Abfällen um 15,3 Mill. Mark, Kolonialwaaren um 11,0 Mill. Mark. Dagegen zeigen folgende Hauptgruppen eine Werthsabnahme gegen 1875: Metall: und Metallwaaren um 28,9 Mill. Mark, Garne um 21,5 Mill. Mark, Maschinen 2c. um 15,9 Mill. Mark, Webe- und Wirkwaaren um 11,5 Mill. Mark, Holz 2c. um 10,6 Mill. Mark.

Ueber die Bewegung der bayerischen Bevölkerung im Jahre 1876 entnehmen wir der von Dr. Georg Mayr redi- girten Zeitschrift des Königlichen bayerischen statistihen Bureaus (Jahrg. 1877 Heft 2—3) folgende Angaben: Die Gesammtzahl der Geborenen (mit Einschluß der Todtgeborenen) beläuft sich in Bayern für 1876 auf 223 192. Dies ist der höchste bisher in Bayern b. obachtete Jahresbetrag an Geborenen. Da für 1875 im Ganzen 216 176 Geborene nachgewiesen waren, fo ergiebt sich eine Zunahme der Geburten um 7016 Die Gesammtzahl der im Jahre 1876 Gestorbenen (gleichfalls mit Einschluß der Todtgeborenen) beträgt 162 059. Da für 1875 im Ganzen 164847 Sterbefälle nachgewiesen waren, ergiebt fsich eine Abnahme der Sterbe- fälle uÉm 2788. Diese Abnahme ist um so beachtenswerther, weil sie troß der nicht unbedeutenden Zunahme der Ge- burten eingetreten ift, da an sich unter sonst gleihen Verbältniffen jede Geburtenmehrung wegen der hohen Kindersterblihkeit die Wahr- \cheinlihkeit der Mehrung der Sterbefälle in sih \{ließt. Die Ge- sammtsterblichkeit des Jahres 1876 ift hiernah zweifellos günstiger gewesen, als jene des Vorjahres. Die unehelichen Geburten zeigen im Jahre 1876 eine beachtens8werthe Zunahme gegen das Bor- jahr, indem fie in der Gesaramtzahl von 28 738 gegen 27 315 im Jahre 1875 nachgewiesen find. Die Zahl der Che schließun- gen betrug i. J. 1876: 42 012 gegen 45 014 i. F. 1875, 45 886 i. I. 1814 48934 1 F. 1873, 52045 1. J. 1872 und 40707 i. F. 187L

Die Zahl der im Schuljahre 1877/78 die 40 Realschulen des Königreichs Bayern besubhenden Schüler beträgt 7685, was gegen die Schlußfrequenz des vorigen Schuljahres die sehr bedeutende Zu- nahme von 3018 Schülern ergiebt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Direktor der Sternwarte in Wien, Professor Dr. Karl v. Littrow ist am 16. d. M. in Venedig gestorben.

Der Afrikareiseude Dr. Erwin v. Bary ift, wie schon gemeldet, in der uater türkisher Regierung stehenden Berberstadt Ghat am 2. Oktober seinen übermäßigen Anstrengungen erlegen. Dr. v. Bary hatte Mitte August 1876 seine wissenschaftliche Reise in Afrika, bei welcher er durch ein Stipendium der Karl-Ritter- Stiftung und später dur die hiesige afrikanishe Gesellschaft unter- ütt wurde, von Tripolis aus angetreten. Die Reise galt wesent- lih der Löfung wichtiger geologisher Fragen über Beschaffenheit, Alter, Entstehung 2c. der Sahara, zu welchem Zweck Hr. v. Bary von Ghat aus in das von Europäern noch nicht betretene, {wer zugänglihe Gebiet der Tuareg-Hoggar zu dringen suchte, wie von Norden her der Franzose Largeau zu thun bestrebt ist. Aus Rom wird unter dem 14. d. M. geschrieben: Der Königlich italie- nischen Gesellschaft für Geographie ist die Trauerbotschaft von dem Tode des Marchese Antinori, des Führers der ita- lienishen Expedition zur Erforschung Inner-Afrikas, zugegangen. Chiarini, der Begleiter Antinori's, ist, wie es heißt, Gefangener in Abyssinien. Der Entdecker des Laufes des Congoflusse3 (oder, wie er denselben nun benannt hat, des Livingstoneflusses), H. M. Stan- ley, wird in Plymouth etwa am 5. Dezember erwartet.

In der Kirche zu Oberwinterthur is unlängst ein Cyklus von Wandgemäl den aus der Zeit des Mittelalters auf- gedeckt worden. Die Gemälde, welche Heiligengestalten und Mo- mente aus der Leidensgeschichte Christi und der Stiftung der Kirche darstellen, sollen aus dem 14. Jahrhundert stammen und nicht ohne Kunstwerth sein.

Der Vorstand des Kunstvereins in Mannheim hat vor Ku-zem einen Jahresbericht über das Wirken und den Stand des genannten Vereins für die Jahre 1871—1876 veröffentlicht. Danach zählt dieser Kunstverein «gegenwärtig 597 Mitglieder. Aus- stellungen des rheinischen Gesammtvereins fanden in der Zeit von 1871—1876 in jedem Jahre statt. Auf den verschiedenen Ausstellun- gen wurden in den leßten sechs Jahren vom Mannheimer Kunst- verein 82 Oelgemälde im Betrage von 23,442 M. 43 S angekauft.

Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst den auf den Civilprozeß bezüglichen Bestimmun- gen des Gerichtsverfassung8geseßes und den Ein- führung8geseßen von A. Struckmann und R. Koch. /

Die Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst dem Gerichtsverfassung8geseße und den das Strafverfahren betreffenden Bestimmungen der übri- gen Reih8geseze. Mit Kommentar von E. Löwe.

Berlin 1878. Verlag von J. Guttentag (D. Collin)

Schon bei einer früheren Besprehung der soeben genannten Werke haben wir bemerkt, daß sie gewissermaßen einander crgänzen, insofern sie nach demselben System gearbeitet find und zusammen- genommen das ganze in Deutschland geltende Prozeßrecht umfassen.

ur Zeit liegt die 5. Lieferung des Civilprozesses und die 3. des

trafprozesses vor. Die erstere {ließt das Werk ab und enthält außer einer werthvollen historishen Einleitung das Einführungsge|eß, das Gerichtsverfassungsgeseß und ein ausführlihes Sachregister; die leßtere in 8 Abschnitten die gerichtlichen Entscheidungen (Urtel), den Zeugenbeweis, den Beweis dur Sachverständige und Augen- hein, die Beschlagnahme und Durchsuchung. :

Ausgewählte Werke Friedrichs des Großen. Ins Deutsche übertragen von Heinrih Merkens. Einge- leitet von Dr Franz. X. Wegele. Band 4. Würzburg. A. Stubers Buch- und Kunsthandlung. 1878. Bei Gelegen- heit einer früheren eingehenden Beurtheilung des Briefwechsels e des Großen mit Voltaire (erste Hälfte des dritten Bandes) haben wir die Hauptpunkte hervorgehoben, welche dieses werthvo !|e Vermächtniß des großen Königs auszeichnen. an {ließt sich im 4. Bande die Ueberseßzung der

orrespondenz mit d’Alembert und dem Marquis d’Argens. Der König hat über 33 Jahre mit d’Alembert korrespondirt, ohne ihn jemals gesehen zu haben, und find uns von Seiten des Königs 120 Briefe erhalten, deren erster aus Potsdam den 24. März 1765 datirt ist. Der Briefwechsel mit d’Argens umfaßt die Zeit von 1741 bis 1769; erhalten find 181 Briefe. d’Argens hat mehr als 25 Jahre am Hofe Friedrihs in einer Vertrauens\tellung gelebt. Diesen Verhältnissen gemäß trägt die Korrespondenz mit d’'Alcmbert einen mehr allgemeinen, literarishen und politischen Charakter, während in der mit d’Argens geführten, welche fi haupt- sählih auf den siebenjährigen Krieg bezieht, das individuelle Inter- esse vorwaltet. Zu besserem Verständnisse sind dem Terte zahl- reiche historische, biographische Anmerkungen und insbefondere Ant- worten der Briefempfänger beigegeben.

Auf das sehr interessante und dankenswerthe literarische Unternehmen einer „Bibliothek älterer Schriftwerke der deutshen Schweiz und ihres Grenzgebietes, herausgege“en von Jacob Baechtold und Ferd. Vetter“ (Frauenfeld, Hu- ber), haben wir bereits aufmerksam gemacht (\. Besondere Beilage