1877 / 274 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

C R D A Cie ver vie G S U SL E a m E A R 24 m x B

ersten Präsidenten statt. Dasselbe wurde von enthusiastischen Hochrufen auf Se. Majestät begrüßt.

Bayern. München, 17. November. Die „Corr. Hoffm.“ schreibt: Das protestantishe Konsistorium zuSpeyer hat angesichts des für den 18. November bevorstehendenZusammen- tritts der pfälzishenGeneralsynode einen Schritt gethan, um unangénehme Erörterungen zwischen Orthodoxen und Frei- sinnigen fern zu halten. Seit Jahren hatten fih die frei- \innigen Geistlichen beshwert gefühlt dur die bisherige Amts- instruftion, welche sie verpflichtete, „die zu Recht bestehende pro- testantishe Kirchenlehre nah ihrem ganzen Jnhalte unter red- licher Zugrundelegung der Augsburgischen Konfession von 1540 vorzutragen.“ Nunmehr ifi dies dahin abgeändert, daß sie die „Lehre der heiligen Schrift unter redlicher Zugrunde- legung der augsburgishen Konfession vorzutragen haben.“ Libcrale Blätter bemerken qu: „Damit is} ein Rahmen gegeben, innerhalb dessen sich sowohl orthodoxe wie freisinnige Geistliche bewegen können; Erstere sind nicht gehin- dert, in den Bekenntnißschristen den adäguatesten Ausdru der Shriftlehre zu finden; Lebtere sind eben so wenig gehindert in der freien Forshung der Schrift, wobei sie die Be enntniß- schriften als historische Zeugnisse und lehrreihe Wegweiser für das Schriftverständniß immerhin in Ehren halten werden, ohne sich an den Buchstaben derselben zu binden.“

Sachsen. Dresden, 19. November. Die Zweite Kammer überwies in ihrer heutigen R pk das König- lihe Dekret, betreffend den Stand der Verlegung der Dresdner Militär-Etablissements, ohne Debatte an die Finanz-Deputation und trat sodann ein in die Berathung einer Petition von 61 Gemeinden des Amtsbezirks Lommaßs, in welcher zur Erwägung gegeben wird, ob es nicht im cFn- teresse der Landwirthschaft gerathen sei, das Jnstitut der Fort- bildungsshule auf dem Lande wieder aufzuheben. Db- wohl es außer solhen Rednern, welhe die mit der

ortbildungs\hule gemachten Erfahrungen als günstig childerten und sich von der Erhaltung des Instituts viel Gutes versprachen, auch an solhen nicht fehlte, welche glaubten, daß über kurz oder lang Aenderungen der Organi- sation würden eintreten müssen, so war man do allseitig darüber einverstanden, daß zur Zeit noch mehr Erfahrungen abzuwarten seien, ehe man an eine Revision des auf die Fort- bildungs\hulen bezüglichen Theiles des Schulgeseßes gehen könne. Die Kammer beschloß daher, die Petition auf sih be- ruhen zu lassen, indem fie gleichzeitig die Regierung ersuchte, der nähsten Ständeversammlung eine Darlegung der mit der Fortbildungsshule gemahten Erfahrungen zugehen zu lassen, und darauf bedaht zu sein, daß den Lehrern und Schulbe-

örden Mittel an die Hand gegeben werden, die Zucht in den S abilbungaschulen energischer als zeither zu handhaben.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 19. November. (W. T, B.) Jn der Sißung des Abgeordnetenhauses vertheidigte der Finanz-Minister Depretis in längerer, beifällig auf- genommener Rede die Bankvorlage, indem er die Vor- theile der Erhaltung einer gemeinsamen Bank gegenüber einer selbständigen ungarishen Bank hervorhob und die Nothwendigkeit der dualistishen Gestaltung der neuen Bank begründete. Weiter führte der Minister aus, daß der Kredit der Bank dur" die neue Organisation niht ge- schädigt werde, sondern aufrecht erhalten bleibe. Minister Unger vertheidigte gleichfalls die Bankvorlage und wandte fich dabei gegen verschiedene Vorredner, namentlich gegen Kellersperg. Minister Unger betonte die Nothwendigkeit des Ausgleichs mit Ungarn. Zum ersten Male werde jeßt zwischen Oesterreich und Ungarn eine Brücke geschlagen, auf der man nicht nur von Oesterreih nach Ungarn, sondern auch von Ungarn nah Oesterreich gelangen könne. Der Minister erklärte \{ließlich, die Annahme der Bankvorlage würde den staatsre{tlichen und wirthschaftlihen Frieden, die Ablehnung derselben den staatsrechtlihen und wirthschaftlichen Krieg bedeuten. (Leb- hafter Beifall.) Die Generaldebatte wurde geschlossen. Morgen werden die Abgg. Herbst und Skene sprehen. Nach einer Meldung der „Polit. Korresp.“ aus Pest ist die Verordnung, betreffend die Einberufung der Delegationen für den 5. Dezember im Laufe dieser Woche zu gewärtigen. ara, 19. November. (W. T. B.) Vorgestern haben 400 Türken die österreichische Grenze bei Tlavanis- fFahrda verleßt. Dieselben zündeten ein Haus an, plünderten mchrere Häuser und trieben 46 Ochsen und ein Pferd weg.

GSrefßFßbritannien und Jrland. London, 18. November. Der Staats-Sekretär der Kolonien, Earl of Carnarvon, hat in diesen Tagen eine Abgesandtschaft empfangen, welche auf die Unruhen in Südafrika hinwies und um die Zu- siherung bat, daß, im Falle eines Gesuches, von hier aus Hülfe dorthin g:\{hick würde. Der Minister erwiderte, nach jorgfältigem Studium der dortigen Verhältnisse halte er das Schlimmste für überwunden. Mit dem Kriegs-Minister glaube er, es sei-nicht nothwendig, vom Mutterlande aus irgend welche Hülfe auszusenden.

Canada. Ottawa, 16. November. Mr. Cauchon hat seine Reise nah Winnipeg angetreten um seinen Posten als Gouverneur von Manitoba zu übernehmen. Die Regierung legt den von einem New-Yorker Journal (f. u. Amerika) in Umlauf geseßten Gerüchten, daß beabsichtigt werde dem Amtsantritt Cauhons Widerstand entgegenzuseßen, keinen Glauben bei.

ankreich. Paris, 19. November. (W. T-B.) Die Verhandlungen wegen Bildung eines neuen Kabinets sind erheblich ir ag gleihwohl dürfte kaum vor Mitt- woch die Veröffentlihung des neuen Ministeriums im „Four- nal officiel“ erfolgen. 0 L _ (Fr. C.) Der Dreiunddreißiger - Auss{chuß für die Enquete hat Hrn. Albert Grévy zum Präsidenten, die Herren Henri Brisson und General de Chanal zu E Joly und d sowie die Herren Casimir Périer, Turquet,

€-

oly und Ménard-Dorian zu Sekretären gewählt. Der Achtzehner-Aus\{chuß der Deputirtenkammer hat im Hinblick auf die augenblicklichen Umstände beschlossen, die Einbringung des Andrieux'schen Antrages, nah welchem dei Freilassung des Hrn. Bonnet-Duverdier zu verlangen wäre, um einige Tage zu verschieben. Es heißt, daß das

linke Centrum Schwierigkeiten gegen diesen Antrag erhebe.

Neueren Berichten zufolge ij

DEeL : Hr. Godissart auf der nsel Martinique noch nicht wiedergewählt. Zwar stand

tit die geseßlih erforderlihe Zahl von einem Viertel der cinaldbricinete Wähler erzielt.

20. November. (W. T. B.) Das „Journal officiel“ meldet, die Minister hätten ihr Entlassungs- gesuch dem Präsidenten überreicht, der dasselbe ange- nommen habe, blieben jedoch bis zur Ernennung ihrer Nach- folger mit der Erledigung der Geschäfte beauftragt. Versailles, 19. November. (W. T. B.) Jn der heu- tigen e eina beantragte Arago Namens der Linken die Vorfrage über die Jnterpellation Kerdrel, weil die Jnterpellation unkonstitutionell sei und in die Rechte der Kammer eingreife. Die Vorfrage wurde mit 155 gegen 130 Stimmen teht. Kerdrel begründete darauf seine Interpellation. Der Herzog von Broglie führt aus, daß die von der Deputirtenkammer eingeseßte Untersuhungskommission der Grundlage der Unparteilichkeit entbehre und ein Eingriff der legislativen Gewalt in die Sphäre der richterlichen und in die der Exekutive sei. Der Conseils-Präfident entwidelte darauf die auf diese Frage bezüglichen Ansichten früherer libe- raler Minister unter der Restauration und der Julimonarhie. Die Untersuhungskommission der Deputirtenkammer sei eine parlamentarische, keine richterliche. Die Bürger seien nèht ge- halten, derselben Rede zu stehen; die Beamten blieben hin- sihtlih derselben unter der Autorität ihrer Vorgeseßten und müßten deren Befehle und Jnstruktionen entgegennehmen. „Dies sind die Jnstruktionen, welche wir in dem Augenblicke gegeben haben, wo wir im Begriff stehen, die Gewalt nieder- zulegen. Sie lassen alle sozialen Prinzipien intakt, die wir unseren Nachfolgern intakt lassen wollen.“ Laboulaye führte aus, die Deputirtenkammer habe das Recht nit nur zur Einseßung einer parlamentarischen, sondern auch einer riter- lihen Untersuhungskommission. Dieses Recht ergebe sich nothwendiger Weise aus dem Rechte der Erhebung der Minister- anklage. Die Regierung müsse daher ihre Beamten auffor- dern, vor den Mitgliedern der Untersuhungskommission zu erscheinen. Die Verantwortlichkeit des Senates sei eine außer- ordentliche. Der Präsident, Herzog von Audiffret-Pasquier verlas hierauf - folgende von der Rechten eingebrachte Tagesordnung: \ „Der Senat geht, indem er von den Erklärungen der Regierung Aft nimmt und indem er entshlossen ist, gemäß den konservativen Prinzipien, welche er stets vertreten hat, keine Beeinträchtigung der Prärogativen, welche jeder der öffentlichen Gewalten zustehen, zuzu- laffen, zur Tagesordnung über.“ Í Nachdem darauf noch Dufaure das Wort ergriffen hatte, wurde diese Tagesordnung mit 151 gegen 129 Stimmen an- genommen.

Spanien. Madrid, 14. November. Die offizielle „Gaceta“ veröffentliht das Königliche Dekret, welchem zu- folge die baskischen Provinzen wie das übrige Spanien fortan direkte Steuern zu zahlen haben.

Aus Perpignan, 19. November, wird dem „W. D. B gemeldet: Der Trupp von etwa 25 spanischen Fnsur- genten, der sih kürzlih in der Nähe von Figueras gezeigt J erschien neuerdings in einem Dorfe und forderte eine

ontribution von 1500 Francs im Namen der föderativen Republik.

Türkei. Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die Gebrüder Geschoff sind hier angekommen und im Ministerium der Polizei untergebracht, nicht gefangen geseßt worden. _ Der Vlosvelses. hat den englishen Vertreter Layard beñachrihtigt, daß die Gebrüder Geschoff wahrscheinlih nah Aleppo verbannt werden würden. Der Gouverneur von Kossova hat eine Proklamation erlassen, in welcher er die mahomedanishe Bevölkerung auffordert, die Provinz eventuell gegen einen Einfall der Serben zu vertheidigen und zuglei anbefiehlt, daß in jedem Orte ein Verzeichniß der waffendienstfähigen Männer aufgestellt werden soll.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird der „Pol. Korr.“ vom 19. gemeldet, daß am 18. die Mobilisirung des Schumadja-Corps angeordnet worden sei. Ebenso sei die Einberufung der Reservisten für die Artillerie erfolgt und seien nach Cupria 800 Freiwillige abgesandt. Weitere Mit- theilungen der „Pol. Korr.“ aus Belgrad lassen den for- mellen Bruch zwischen der Pforte und Serbien wegen der sich mehrenden Rekriminationen aus Konstanti- nopel näher gerückt erscheinen. Die Nachricht, daß sich das serbishe Timok-Corps mit einer russishen Truppen- abtheilung vereinigt habe, wird von der „Pol. Korr.“ als unbegründet bezeichnet.

Bu der jüngsten angeblihen Palastvershwörung in Konstantinopel s{hreibt man der „Pol. Korr.“ vom 9. d. M.:

„Zu meinem leßten Berichte über die Vorfälle im Palais Tscheragan habe i die einzige Rektifikation nachzutragen, daß es von der Transferirung des Er-Sultans Murad nah dem „Alten Serail“ sein Abkommen gefunden hat. Bei dem Widerstande, welchen Marad persönlih der über ihn verhängten Maßregel entgegenseßte, befürhtete man bei den Sympathien, welchen der entthronte Sultan in der mahomedanishea Bevölkerung begegnet, eine Vershlimmerung der Situation. Einstweilen ist Murad Gegenstand der engften und schärfsten Ueberwahung. Die ganze frühere Dienershaft wurde durch neue von Mahmud Damat Pascha ausgewählte und ihm er- gebene Leute erseßt. Die Militärwahe wird täglih abgelöst, um die Anknüpfung von Beziehungen zu den Offizieren und der Mann- schaft zu verhüten. Nah der Bosporusseite ist jede Annäherung, au nur des kleinsten Kaiks, \trengstens untersagt, wie überhaupt die Residenz Murads Tag und Nacht von einem Schwarm von Polizei-Agenten überwacht wird. Mit Einem Worte: Murad scheint, seitdem fein Gesundheitszustand ih erheblich zebefsert hat, eine wirkliche Beunruhigung für seinen Bruder Abdul Hamid zu sein, während er selbs der Gefahr bewußt sein soll, welche es bildet, der Bruder eines regierenden Sultans zu sein.“

Amerika. Washington, 15. November. (A. A. C.) Der Senat hat die Defizit- und Budget-Bills erledigt, aber leßtere derartig amendirt, daß die Armee bis auf 25,000 Mann verstärkt werden kann. ‘* i

16. November. Der Senat hat den Abschnitt der Armee-Budget-Bill annullirt, welcher verfügt, daß vier Kavallerie-Regimeuter am Rio Grande stationirt werden Se Der General Sherman dringt in seinem amtlichen

erihte auf die Vergrößerung des Heeres auf 25,000 Mann. New-York, 14. November. Eine vom „New-York erald“ veröffentlihte Depesche aus Pembina meldet, daß ih in Manitoba Unzufriedenheit über die Ernennung des Mr. Cauchon zum Gouverneur kundgebe.

15. November. Der neuernannte Gesandte der Union am Hofe von St. James, Mr. g: Welsh, begiebt sih am 29. d. M. auf seinen Posten. Jn Nebraska und Jowa wurde heute ein Erdbeben verspürt. Das Ma-

Leiter fin Chicago ist niedergebrannt. Der Verlust wird auf eine Million Dollars geschäßt.

Der rufssisch-türkische Krieg.

Konstantinopel, 15. November. Den „Daily News“ wird von hier unter dem heutigen Datum telegrap ish ge- meldet: „Die offizielle heutige Zeitung is sehr erstaunt dar- über, daß Europa glauben fönnte, die Einshließung von Plewna und Kars und die Niederlagen, welche die Russen bis Erzerum haben kommen lassen, könnten den Frieden herbei- führen. Jm jeßigen Augenblicke sei der Friede entfernter als

jemals.“

Europäischer Kriegsschauplaß.

St. Petersburg, 19. November. (W. T. B.) Offi - zielles Telegramm aus Bogot vom 18. November. Von der Armee-Abtheilung an der unteren Donau wird ge- meldet: Am 14. c. griff Oberst Launiß, der mit zwei Husaren- Schwadronen auf der Straße nach Basard\chick vorrückte, eine Abtheilung berittener Türken und Tscherkessen bei Osman Kujasai an und erbeutete 400 Stück Vieh und 200 Pferde. Am 16. c. wurde Novoselo von 400 Baschibozuks und Tscherkessen, unterstüßt von regulärer Jnfanterie, angegriffen. Dieselben steckten einige i ey in Brand, ermordeten 3 Bul- ai verwundeten eine Frau und enthaupteten ein 10jähriges

ädchen. Eine Compagnie des Regiments FJakutsk, von 2 anderen Compagnien aus Dschulan und Slatarißa unterstüßt, warf die Türken gegen Kaslubek zurück. Bei der Zurück- weisung des von den Türken am 11. November gegen den Schipkapaß unternommenen Angriffs zeichneten sih die Re- gimenter Jenisei und Jrkutsk aus, welh2 zum ersten Mal ins Feuer kamen.

Konstantinopel, -19. November. (W. T. B.) Die Regierung verbreitet folgende Nachricht: Der Boie Kommandant des Schwarzen Meeres, Husni Pascha, habe gestern gegen eine russische Abtheilung, die sih bei det Sulinamündung gezeigt, 5 Schaluppen abgesendet, den Feind zerstreut und ein Rroviantlager niedergebrannt. Suleiman Pascha meldet aus Rasgrad vom 18. d., der Feind führe nach allen Richtungen hin Rekognoszirungen aus, Jbrahim Pascha habe bei Kochowo ein Gefecht mit 3 Schwadronen russischer Kavallerie gehabt, sich aber vor herbei- gekommenen überlegenen Streitkräften zurückziehen müssen. Lie von Salonichi abgeshickten Truppen seien in der Nähe von Tirnowa auf russishe Kavallerie und Jnfanterie ge- stoßen und hätten dieselbe nah Tirnowo hin zurückgedrängt. Ein türkischer Rekognoszirungstrupp habe die bei Pyrgos befindlihen russishen Vorposten zurückgedrängt und unter dem Schutze der in Leilek stehenden Reserve sih zurückziehen fönnen, che die aus 5 Bataillonen bestehenden russishen Ver- stärkungen herbeigekommen. Ebenso habe zwischen türkischer Hülfskavallerie und russisher Jnfanterie und Artillerie beim Dorfe Dedebal unweit Stivno cin Gefecht stattgefunden.

Der W. „Presse“ sind folgende Nachrichten zuge- gangen :

Sistowa, 14. November. Hier passirten in den leßten Tagen an 12,000 Mann die Donau. Vor Plewna befinden sih das fomplete vierte, neunte und. ein drittes kombinirtes Armee-Corps, außerdem das Garde-Corps, die Shüßen-Brigade und die Rumänen.

St. Petersburg, 15. November. Das Kriegs- Ministerium hat den Militär-Gouvernements St. Peters- burg, Moskau, Kasan, Charkow, Warschau und Wilna JFn- struftionen zugesendet, damit sich für den Fall, als noch wei- tere Theile der rujsishen Armee mobilisirt würden, die Augmentationsvorräthe in Bereitschaft befinden. Als Konzentrirungspunkte für die eventuell zu mobili- sirenden Truppen hat das Kriegs - Ministerium die Orte Wilna, Oranam, Grodno, Kowno, Riga, Kiew, Meschi- Buschje, Lozk und Schitomir bezeichnet.

16. November. Der Kriegs-Minister hat an die Direktionen der Offiziers-Bildungsschulen einen Erlaß dahin gerichtet, die Vorlesungen derart zu beschleunigen, daß mit dem Beginne des nächsten Semesters die doppelte An - zahl von Offizieren der Armee zugeführt werden könne. Außerdem gestattet das Kriegs-Ministerium den Studirenden der mathematischen Fakultäten, an den verschiedenen Lyceen in die leßte Klasse der Offiziers-Bildungsschulen einzutreten.

Pera, 16. November. Prinz Hassan erhält das Kom- mando der Besaßung von Varna. Jn Pfortenkreisen macht sich bereits einige Unzufriedenheit über Suleiman Pascha geltend. Er habe die in ihn geseßten Erwartungen nicht erfüllt und seße den Befehlen des hicsigen Kriegsrathes große Halsstarrigkeit entgegen. Mehmed Ali dürfte erst Ende diescs Monats zu einem Entsatversuche gegen Plewna bereit sein.

Der Spezial-Korrespondent der „Daily News“ im Lm Hauptquartier in Bogot telegraphirt unterm 6. .

„Im Hauptquartier wurde heute in Gegenwart des Großfücsten, des Fürsten Karl und der respektiven Generalstäbe ein intereffanter Versuch mit einer neuen Waffe gemacht. . Diese ist eine Ko m- bination von Bajonnet und Verschanzungswerkzeug, be- fannt unter dem Namen „Rice-Bajonnet“, und ist in der Armee dec Vereinigten Staaten eiugeführt. Der Erfinder, der Vereinigten Staaten-Oberst Edmund Rice, welcher gegenwärtig den Schau- platz des E besucht, wurde eingeladen, die Waffe zu zeigen und die Art ihres Gebrauches anshaulich zu machen, Sie besteht aus einer Stahlfklinge von ungefähr Fuß Läzage und 3 Zoll Breite, dem amerikanischen Bowiemesser ähnlich, mit einer scharfen und einer sägeförmigen Seite und ist mit einem Schlußschenkel versehen, um an das Gewehr, wie ein Säbelbajonnet, befestigt werden zu können Die Waffe ist in der Vereinigten Staaten-Armee bereits seit einiger Zeit in den Kämpfen gegen die Indianer zur Anwendung gebracht worden und is ein höchst be- quemes und praktisches Weikzeug für mannigfachen Gebrauch im Lager und Bivouak. Oberst Rice konstruirte in drei Minuten eine Schüßengrube, groß genug, um einem Schüßen vollständige Deckung zu g:währen, und bewies somit, daß es durchaus mögli sei für eine Linie von Mannschaften, sich innerhalb der erwähnten Zeit gegen Kleingewehrfeuer Deckung zu verschaffen. Mehrere Stabs- N versuhten die Waffe mit demselben zufriedenstellenden

ejultat.“

(W. T. B.) Aus Cattaro meldet man der „Polit. Korresp.“ unterm 19., daß die Montenegriner das Fort Voliorica von Antivari Fm und die Bastion Der- bent geschleift E Jn Antivari is der größte Theil der türkishen Häuser durh das Bombardement eingeäschert. Jm Hafen von Antivari liegen keine türkischen Kriegsschiffe, eben

ihm überhaupt kein Mitbewerber gegenüber, do hat er selbst

nufakturwaaren- Magazin en détail der Herren Field &

jo wenig sind solche in Sicht.

Asiatischer Kriegsschauplaß. St. Petersburg, 19. November. (W. T. B.) Tele- mm des „Golos“ aus Werankaleh vom 18. November. i der Erstürmung von Kars kämpften die Unseren mit

beispielloser Tapferkeit, die Türken vertheidigten sich verzwei- felt. Ein Theil der Garnison versuchte gegen Olti dur@zu- brechen, wurde aber durch unsere Kavallerie abgeschnitten Vir haben 7000 Gefangene, darunter 2 Paschas und den Stabs-Chef der Artillerie, wir haben Fahnen, 300 Geschüße, eine große Menge von Gewehren, Munition und Proviant erbeutet. Unsere Verluste sind noch nicht bekannt.

London, 19. November. (W. T. B.) Die „Daily News“ veröffentliht ein Telegramm aus Ee den 18. cr. Abends, welches folgende nähere Mittheilungen über die Einnahme von Kars bringt: General Lazareff mit der 40. Division kommandirte auf dem rechten Flügel und griff das auf einer steilen Anhöhe gelegene Fort Hafiz Pascha an. General Graf Grabbe griff mit dem Grenadier-Regiment „Moskau“ und einem Regimente der 39. Division Kanly Tabia, die Thürme Hawari Tabia und die Citadelle an, während eine von Ardahan zur Unterstüßung gekommene Brigade und das 2. Grenadier-Regiment „Moskau“ unter dem Ober- befehle der Generale Roop und Komaroff Jnglis angriffen. Um 8# Uhr begann die Schlacht im Centrum. General Graf Grabbe wurde an der Spige seiner Brigade beim Sturm auf Kanly Tabia getödtet. Der Hauptmann Kwadmicki drang um 11 Uhr in die Redoute ein; die große Redoute Horaene ergab sich am frühen Morgen und hierauf die 3 Thürme. Die Citadelle und das Fort Louvary wurden zu gleicher Zeit mit dem Fort Kanly genommen. Das Fort Hafiz Pascha wurde ebenfalls gestürmt und gegen Morgen Karadagh und die andern Forts. Tikmet und Arale leisteten bis Morgens 8 Uhr Widerstand. Hierauf suchten 40 türkische Bataillone in der Richtung von Erzerum zu entfliehen, sie wurden aber durch die russishe Kavallerie aufgehalten und gefangen zurück- gebraht. Sämmtliche Befestigungswerke und die Stadt mit 300 Kanonen, allen Munitions- und Proviantvorräthen, sind in die Hände der Russen gefallen. Die Verluste der Türken betragen gegen 5000 Mann an Todten und Verwundeten und gegen 10,000 Mann an Gefangenen. Auch viele Fahnen und Fe haben die Russen erbeutet. Der Verlust der eßteren an Todten und Verwundeten mag etwa 2700 Mann betragen. Die Russen s{honten alle friedlihen Einwohner, sowie die Frauen und die Kinder. Der Kampf wurde von Loris-Melikoff geleitet, Großfürst Michael wohnte demselben aber während des Tages ebenfalls bei. Sonntag Vormittags 11 Uhr hielt General Loris-Melikoff seinen Einzug in Kars.

Konstantinopel, 19. November. (W. T. B.) Die Regierun g verbreitet folgende Nachricht: Moukhta r Pascha meldet aus Erzerum von gestern, es habe sih nichts von Belang zugetragen, die Russen hielten fortgeseßt den Paß von Deweboyun beseßt, die Verbindung sei durh Schneefall unterbrochen, aus Kars sei keinerlei Nachricht eingegangen.

Tiflis, 14. November. (Pr.) Fürst Meliko f verfügt zur Bewältigung des Aufstandes in Dagestan nur über acht Bataillone. Auf eine telegraphishe Anfrage des Armee- Kommandanten, ob er ciner Verstärkung bedürfe, antwortete Melikoff verneinend, da der Aufstand im Erlöschen sei. Der angishe Kreis qund sechs Nahibs (Häuptlinge) der Aufständishen in Dagestan haben sich ergeben. Vier Tataren, welche die Post in einer deutschen Kolonie überfielen, wurden hingerichtet. Die türkischen Po- sitionen bei Batum werden beschossen.

Der Konstantinopler Korrespondent der „Pol. Korr.“ berichtet über das Kriegsgebet des:Scheik-ul-Fslam Folgendes:

„Da man hier seiner Zeit mit dem Schlacbtgesange der rusf- sishea Soldaten beim Donauübergange so viel Wesens gemacht und denselben mit einer humanea Kriegsproklamation Moukhtar Paschas in Parallele gebracht, eine Parallele, welche sogar den Gegenstand eines diplomatischen Rund'chreibens der Pforte an ihre auswärtigen Ver- treter gebildet hat, übersende ich Ihnen in wortgetreuer Uebersetzung ein vom Scheik-ul-Jslam verfaßtes Gebet, welches in allen Moscheen rezitirt werden muß. Das Gebet lautet :

„Allbarmherziger Gott! Habe Mitleid mit uns und beschüße uns, die wir Dein treues Volk sind. Allmächtiger Gott! Habe kein Erbarmen mit den Ungläubigen. Gütiger Gott! Schöpfer akles Guten! Kräftige die Arme der Osmanen. Durch Deinen allmäch- tigen Arm vereitle und zerstöre den Stolz und die Treulosigkeit der Gottlosen. Möge_der Segen Gottes und des Propheten über allen seinen gläubigen Schülern ruhen. O Gott! Stärke Deinen Diener, unseren Sultan, das Oberhaupt Deines Lieblingêvolkes. Schüße uns und unser Land und fege alle Ungläubigen, welche uns und Deine heilige und allein wahre Religion bekämpfen, von der Ober- fläche der Erde weg. Verwische, o allmächtiger Gott, alle Spuren der g=-ttlosen Russen und der gleihfalls gottlosen Bulgaren und Hellenen, welhe in der Finsterniß der Gottlosigkeit tastend einhergehen, wie die Schweine im Moraste, und welche gewagt haben, gegen Dein treues Volk und Deinen Propheten Mahomed die Hand zu erheb-n. Löse ihren Bund auf, zerstreue ihre Truppen, zerbreche ihre Waffen, lichte ihre Reihen, vernichte ihre Kräfte und stürze sie in die Tiefen der Hölle. Verbreite über ihre Häupter die Gesammtheit Deines Zornes und Deiner Entrüstung und züchtige sie, wie Du bis jeßt alle unsere Feinde gezüchtigt hast. Verwirre thre Sprachen, laß ihr Blut in Strömen fließen und mögen ihre Köpfe zu den Füßen Deiner Gläubigen rollen. Beuge ihre Souverâne, zerstöre ihre Festungen, ershöpfe und vernichte ihre Kräfte. Mache ihre Kinder zu Waisen, ihre Weiber zu Wittwen, stürze ihre Mütter in Trauer, stôre und verwirre ihren Verstand. O Gott! Lasse auf der Erde keine Spur der gottlosen Moskows, Hellenen und Franken, welche ihre Verbündeten find und für sie Sympathien haben. Ueberschütte sie mit zahllosen Plagzn, daß sie Opfer Deines schrecklichen Zornes werden; daß fie vernichtet werden durch Brand, Meytßeleien, Schiffbruch und Galgen, Pest, Hungersnoth und Erdbeben; daß ihre Städte entvölkert und sie heim- gesuht und gezüchtigt werdea von allen Deinen Würg-Engel ; daß alle diese Gottlosen, welche uns zu schaden suchen, von Krankheiten an ihren Augen, an ihren Sinnen, an allen ihren Gliedern, sammt ihren Weibern und Kindern , zu leiden haben und daß fie das Leben verlieren. Mögen die Schläge Deines Zornes und Deiner Entrüstung wie Hagelkörner auf sie herabfallen. Mögen sie und ihre Reich- thümer die Beute Derjenigeu werden, welhe an Dich und Deinen Pcopheten Mahomed glauben, und mit welchen die Gnade und der Segen Allahs sein möge.“

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Nah dem Monatsberiht der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für August d. J. lasen in diesem Monat folgende Herren: Vahlen, über das Prooemium des Lucretius; Groß, über elektrolytishe Ströme dur feste Salze; Kiepert, über die geographische Lage des Schlachtfeldes am Granikus ; Peters, über die Ohrenrobben, Otariae, als Nachtrag zu seiner im vorigen Jahre über diese Thiere gelesenen Abhandlung; Grube, An- neliden-Ausbeute S. M. S. „Gaze!le“; Peters, neue merkwürdige Art von fliegenden Fischen, Exocoetus cirriger, aus China und einen

neuen Muraeniden, Ophichthys bitaeniatus, aus Mombas; Schott, über japanesishe Poesie und Metrik. E

Am 17. d, M. ftarb hier der Hauptmann a. D., Geheimer Regierungs-Rath, Mitglied des Herolds-Amtes, Domherr zu Zeit, Dr. Leopold Freiherr von Ledebur im vollendeten 78. Lebensjahre.

München, 16. November. Auf dem Grabe des verstorbenen Malers und Akademie- Professors Arthur Frhrn. v. Ramberg ist jeßt defsen sehr ähnliche, von Julius Zumbush modellirte und von Hörner in Erz gegossene Bü'te auf angemessenem Sockel als Denfk- mal aufgestellt worden.

__— Von dem illustrirten Werke „Kaiser Wilhelm der Sieg- reibe“, verfaßt von Ferd. Schmidt, illustrirt von L. Burger, G. Lüders u. A. (Verlag voa Otto Spamer in Leipzig) sind das 15. und 16. Heft erschienen, in welch leßterem die Geschichte Sr. Majestät bis zum Feldzuge von 1866 fortgeführt wird. Das Werk ist auf ca. 24 Lieferungen berechnet, die noch bis zum Schlusse dieses Jahres ausgegeben werden sollen.

___ Gewerbe und Sandelsl.

Nach amtlichen Nachrichten aus St. Petersburg ist die Ausfuhr von Getreide aus den Häfen des Schwarzen und des Afowschen Meeres nach dem Auslande dutch einen am 14./2. d. M. ereoliGlen Erlaß des rusfischen Finanz-Ministeriums verboten

orden.

Der dem Au sichtsrath der Aktien-Brauerei-Gesel l- \cchaft Moabit vorgelegte Rechnungsabshluß vom 30. September cr. weist einen Brutto-Ueberschuß von 129412 M. aus. Eine Dividende gelangt indeffen niht zur Vertheilung, sondern es wird von dem obigen Bruttogewinn der erhebliche Bôlrag von 111458 M zu Ab- \chreibungen verwendet, während von dem hiernach verbleibenden Rest von 17954 F angesihts der wenig günstigen Geschäftslage 15 254 Æ. für zweifelhafte Debitoren in Reserve gestellt und 2700 M auf neue Rehnung vorgetragen werden.

__— Die Liquidatoren der Aktiengesellschaft Hüttenwerk Eisenspalterei bei Eberswalde veröffentlihen eine Bilaaz vom 15. Oktober d. J., welche einen Verlust von 719774 M bei einem effektiven Aktienkapital von 742290 M nahweist ; es verbleiben so- mit an Aktiven nur 22426 #4, die in einem Bankierguthaben be- stehen. Die Handlungsunkosten während der Liquidationszeit be- trugen 25579 Æ, die Entshädigung an den früheren Direktor 10500 Æ; für die Aktionäre verbleibt eine Quote von 3 “/6. Jn der Generalversammlung der Gesellshaft wurde der Rechnungs- abs{luß vorgelegt und den Liquidatoren sowie dem Aufsichtsrath Dewarge erlhell

Der Westfälische Draht-Industrie-Verein hat in dem am 30. Juni d. J. abgelaufenen Geschäftsjahr einen Bru:togewinn von 491 322 M erzielt. Nach den Abschreibungen von 124036 A und nach Ueberweisung von 12503 # an die Abtheilung Riga zur Tilgung der dortigen Unterbilanz ist die Dividende auf 3 ‘/9 festge- stellt worden. Füc zweifelhafte Forderungen wurden abgeseßt 20 154 4 Die Summe der Kreditoren hat sich um 455 897 M. und die der Debitocen um 255 292 #4 niz-driger gestellt als am 30. Juni 1876. Die Bilanz der Ahtheilung Riga weist einen Verlust von 5785 S.-Rubel auf.

_ London, 18. November. Aus Calcutta wird die Zahlun g s- einstellung der dortigen Kaufleute Borrodaile, Schiller u. Co. gemeldet. Das Falliment der renommirten Firma entstand durch Verluste in Jute. Die Passiva werden auf nahezu 200 000 Pfd. Sterl. geschäßt. Die Baäumwollspinnerei-Besißer von Blackburn hielten am Mittwoch eine Versammlung, in welcher der Beschluß gefaßt wurde, die Löhne sämmtlicher Fabrikarbeiter um 5% herabzuseßen.

__ New-York, 14. November. (Reuters Bureau) Im Ver- einigten Staaten-Gerichtshofe wurde heute die Einleitung eines neuen Prozesses in Sachen der Emma Mining Company gegen die Herren Park, Barter und Andere um Wiedererlangung von 5 Millionen Dollars, des Preises, um welchen die Mine an die Lon- doner Aktionäre verkauft wurde, beantragt. Die Argumente werden später vorgebracht werden.

Verkehrs-Anstalten. __ Ueber den Fortgang der Stromkorrektions-Arbeiten im Rhein schreibt man der „Elberf. Ztg.“ aus St. Goar: Die Felsräumungen unterhaib Oberwesel auf den sogenannten Glaslagen am Tauberwörth, sowie im Cauber Wasser haben lohnenden Fort- gang. Die Verbesserung des Fahrwassers an diesen Stellen dürfte jedenfalls von großem Werthe für die Schiffahrt erscheinen. Die Bohrungen auf der oberen Felspartie der sieben Jungfrauen, der sogenannten Fuhrtêlei, welhe hoh und schrof aus dem Wasser zu Tage tritt und im Winter die Eisstopfungen begünstigt und dadur namentlich für Oberwesel wegen des plößlich eintretenden Stauwassers und der Eisschiebungen gefährlih ist, werden emsig betrieben. Die Fertigstellung einer großen Anzahl tiefgecender Bohrlöcher soll in ca. 4 Wochen zu erwarten sein und dann mit einem Schlage die Be- seitigung der ganzen Felspartie bewerkstelligt werden ein Moment, welcher für Zuschauer nicht ohne Interesse sein dürfte. Die Ver- bauung der rectsseitigen Buhnen unterhalb der Lorelei im sog. Fabian naht ihrem Ende, und es soll dann Alles, was disponibel wird, zur rascheren Vollendung des großen Baues unterhalb St. Goar, der Stromspaltung am Chrenthaler Wörth, mit zur Verwendung gelangen. An leßterer Baustelle herrshte eine unge- mein rege, ameisenartige Thätigkeit. Drei große Maschinen sind in steter Bewegung, die eine, um den Kies zu lockeru und die beiden andern, um die Kiesmassen zu Tage zu fördern. Ein mobiler Raddampfer besorgt das Schleppen der beladenen Kiesnachen nah der Anschüttungsstelle, einer beinahe 13 km langen Längsbuhne, zu deren Fertigung der seit Jahren am Rheine gelagerte Schutt von dem in der Nähe gelegenen Bleierzaufbereitungswer®e Prinzenstein mit beitrazxen mußte, weil die ober- und unterhalb St. Goar ge- legenen Steinbrüche den Materialienbedarf in der erforderlien Frist nicht zu liefern vermochten. Nach geschehener Ausführung der lett- gedahten Stromkorrektion soll dann zum Umbau des hiesizen Hafen- bafsins geschritten werden. 3 __— Gestern hat in Dresden die feierlihe Einweihung der

dritten Elbbrüdcke, die den Namen Alberts brücke erhielt, statt- gefunden. Der großartige Bau wurde im Sommer 1875 begonnen.

Im Verlage von Th. Schäfer in Hannover ist soeben das „Handbuch für Staats-Eisenbahn-Beamte“ in zweiter Auflage erschienen. Dasselbe enthält diejenigen Geseße, Verordnungen und ministeriellen Erlasse, welhe für den administrativen Dienst bei den Staats- und unter Staatsverwaltung stehenden Privat - Eisen- bahnen von besonderer Wichtigkeit sind. Die vorliegende zweite Auf- lage bringt der ersten gegenüber ein wesentlich erweitertes und ver- vollständigtes Material und erscheint ebenso geeignet als Nachschlage- buch für die Beamten nüßlih zu werden, wie sie sich dur die Voll- ständigkeit und Quellenmäßigleit des Stoffes beim Studium für die für Subaltern-, Stations- und Erpeditioasdienst eingeführten Prü- fungen als förderlihes Hülfsmittel erweisen wird.

Plymouth, 19. November. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Lessing“ ist hier eingetroffen.

Southampton, 19. November. (W. T. B.) Der Dampfer nes norddeutshen Lloyd „Hannover“ ist hier ange- ommen.

VBerlín, 20. November 1877.

Verein für Geschihte der Mark Brandenburg.

__ Sitzung vom 14. November 1877. Die jüngst veröffent- lihten Arbeiten von Heidemann über dea märkischen Chronisten Wusterwiß und von Isaacsohn über das brandenburgis-preußische Beamtcnthum des siebzehnten Jahrhunderts gaben Anlaß zu einer längeren Besprehung, welche namentlich bei den Kurfürstlichen Räthen Levin, Hempo und Thomas von dem Knesebeck verweilte. Hieran knüpfte Herr voú dem Knesebeck-Tilsen Mit- theilungen - über die Bibliothek, welhe durch testamentari sche

Bestimmunz des Thomas von dem Knesebeck im Jahre 1621 begründet, seitdem zu ftattlihem Umfange angewachsen ist und jet in neu hergerihteten, würdig ges{chmüdckten Räumen des Schlosses zu Tilsen aufgestellt wird. Herr von Redern-Wansdor f legte die Fortseßung seiner systematisch geordneten Auszüge a1s mär- fischen Kircenbüchern vor. Nachdem die Arbeit für die Kirchen- bücher des Ländchens Glie beendigt ist und als ein Theil des 14. Bandes der Vereins\rift („Märkische Forshungen“) demnächst zur Ausgabe gelangen wird, ist der Verfaffer auf die Kirhenbücher von Spandau, Oranienburg und Umgegend überg-gangen, die eine so reiche Ausbeute liefern, daß die aus diesen Quellen gesammelt n Nachrichten, welche den im Jah-e 1878 zu druckenden 15. Band der „Märkiscben Forshungen“ füllen werden, jeßt schon sich auf 817 Fa- miligri erstrecken.

\Das Jahresfest des in der Lützowstraße 24 und 25 belegenen Elikabet#- Kranken- und Diakonissenhauses Es wie stets, so auch diesmal am 19. November, am Geburtstage der Hochseligen Königin Elisabeth statt. Der General-Superintendent Dr. Büchsel hielt die Festpredigt. Dem Bericht des Pastor Kuhlo, welcher au die Liturgie leitete, entnehmen wir, daß gegenwärtig im Kranken- hause 39 Diakoaissinnen. 17 Novizen und 5 Probe - Novizen thätig sind. Die Zahl der zu wverpflegenden Kran- fen hat fi in der leßten Zeit bedeutend vermehrt. Im Laufe der leßten 10 Monate sind Seitens der Anstalts\{western bei 88 Familien zusammen 800 Nachhtwachen und 460 Tagzwachen ges [leistet worden. 80 Kranke wurden im Laufe der letzten 10 Monate in d r Anstalt in Summa 3288 Tage lang unentgeltlich, 25 Kranke 1031 Tage lang zu halben und 12 Kranke 386 Tage lang zu er- mäßigten Preisen verpflegt. Die Einnahmen der Anftalt haben seit dem 1. Januar d. I. 10 632,74 Æ betragen. Seit dem 1. Ja- nuar d. I. ist der Anstalt auch noch die Krankenpflege in der mor Lukas-Parochie und ia den hiesigen Gefängnissen übertrazen

orden. j

Der 6. wissenschaftlihe Vortrag des Professors und Predigers Dr. Paulus Cassel, findet am B taneesaz L M Reneikee, Abends 6 Uhr, in der Aula des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums statt und wird über den „leßten und den ersten König“ (Darius und Alexander) handeln.

__ Dresden, 18. November. In Folge des Trauerfalles in der Königlichen Familie konnte die bereits zum Ofktober angeseßzte Er- öffnung der Ausstellung der Gewinngegenstände zur Lotterie des Albert-Vereins nit stattfinden. Dieselbe soll nunmehr auf Befehl der Königin am 21. November dieses Jahres erfolgen.

Die Königliche Oper hat sich mit der am Sonnabend er- folgten Wiederaufnahme von „Così fan tutte“ („So machen es Alle“) den Dank aller Verehrer Mozarts verdient. Es ift un- bestreitbar, daß dieses Werk, obgleih es zu den tormvollendetsten und gereiftesten des Meisters gehört, in Bezug auf fesselnde Cha- rakteristik, auf welchem Felde Mozart doch fonst so Vorzügliches leistet, wenig bietet, freilich aber au4 dem Tertbuhe nach richt bieten kann. Dieses leßtere hat bekanntlich in neuerer Zeit wegen der im Original-Libretto des Abbate Lorenzo da Ponte enthaltenen Anstößigkeiten eine vollständige Umarbeitung erfahren müssen, um eine Aufführung überhaupt mögli zu machen ; dadur ist jedoh nit nur der Titel eigentlich sinnlos, sondern die ganze Lösung auch eine geradezu entgegengeseßte, und die leßten Nummern ihrem Tert und ihrer musi- kalishen Empfindungsmalerei na eigentlih unverständlih geworden. Ganz abgesehen davon, ift aver die musikalishe Charafterisirung der verstellten Empfindung, wie sie fic hier fast durch das ganze Stück zieht, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, und daran \ch{eiterte auch bereits die erste Aufführung, die das Werk im Jahre 1790 (am 26. Jänuar) in Wien gefunden hat, denn die Oper brachte es hon damals nur auf wenige Wiederholungen und vershwand bald wieder vom Reper- toire. Aus allen diesen mißlihen Umständen aber erklärt sich hinlängli{, weshalb die Oper bei allen ihren großen formalen Schönheiten (ihre Entstehung fällt in die reifste Zeit des großen Tondichters, zwischen „Don Juan“ und „Zauberflöte“) zwar bei den Kennern hat Bewun- derung und Verehrung finden, aber nie populär werden können. Auch an der Königlichen Oper hat sie nie so dauernd sih auf dem Repertoire zu halten vermo.vt, wie die andern Meisterwecke Mozarts. Diesmal ist dieselbe von Hra. Direktor v. Stranß neu in Scene geseßt und die Hauptrollen in die Hände der Damen Frls. Grossi (Isabella), Horina (Rosaura) und Lehmann (Dol res), sowie der Herren Salomon (Onofrio), Ernst (Fernando) und Schmidt (Alvar) gelegt und unter Leitung des Hrn. Kapellmeisters Radeke am Sonnabend zum ersten Male seit mehrjähriger Unterbrehung wieder aufgeführt worden. Die Vorstellung zeugte in der erakten Auëführung besonders der schwierigen Ensembles von sorgfältigsteIm Studium, und den Hauptdarstellern fehl'e für ihren Fleiß die wohlverdiente Anerkennung des Publikums keineswegs.

Seit geraumer Zeit herrs{t in den Räumen des Krol l- schen Etablissements reges Leben. Es gilt dem Aufbau der Weihnachts-Aus stellung, welhe am nächsten Sonnabend er- öffnet werden soll. Um dieselbe so glänzend als möglich herzustellen, ist die Direktion mit den ersten Künstlern Berlins in Verbindung getreten und find weder Mühe noch Kosten gescheut worden. Der großen Vorbereitungen wegen muß das Theater am Donnerstag und Freitag geschlossen bleiben.

In Böttchers Soiréen im Konzertsaale des Königlichen Schauspielhauses werden bis zu ihrem bevorstehenden Shlusse noh die Cyklen „Das jeßige London“ und „Kometen und Meteore“, sowie ferner „Unter-Jtalien von Messina bis Neapel und Pompeji“ und hierzu im astronomischen Theile „Die Sonne und die großen Pla- neten“ Gegenstand der in'truftiven Unterhaltung sein. Die beiden leßtgenannten Nummern bilden das Programm der laufenden Woche.

Eingegangene literarische Neuigkeiten.

Gezeral-Feldmarschall Graf v. Wrangel. Ein Gedächtniß-

blatt zu Ehren des Verewigten. Separ.-Abdr. aus d. Nordd. Allg.

f Berlin, 1877. Dr. u. Verl. d. Nordd. Buchdr. u. Verlags- anst. 4.

Die Feldherrn kunst des neunzehnten Jahrhunderts. Ein Handbuch zum Nachschlagen, zum Selbstudium und für den Unter- riht an höheren Militärschulen. Von W. Rüstow, Eidg. Oberst 2c., 3., mit einer Schilderung des amerikanischen Bürgerkrieges vermehrte u. bis zur Gegenwart (1877) fortgeführte Auflage. 1. Lfg. Mit einer Figurentafel. Zürich, Fr. Schultheß. 1878.

Forstliche Blätter. Zeitschrift für vage und Jagdwesen. Herausgegeben von J. Th. Grunert, Königlich Preußisher Ober- Ce 2c., und Professor Dr. Bern. Borggreve, Königlich

reußisher Oberförster 2c. 14. (3. Folge 1.) Jahrg. 1877. 11. Hft. November. Berlin u. Leipzig, 1877. Verl. v. H. Voigt. 4.

Jahresbericht über die Beobachtungs-Ergebnisfse der im Königreich Preußen und in den Reichslanden . eingerichteten forstlih-meteorologishen Stationen. Das Jahr 1876. Herausgegeben von Dr. A. Müttrich, Prof. a. d. Kgl. L zu Eberswalde 2c. 2. Jahrg. Berlin 1878. Verl. v. J. Springer. Die Frau. Ihre Stellung und Aufgabe in Haus und Welt. Von Mathilde Lammers. Leipzig, Verl. v. Veit & Co. 1877. kl. 8. Der Grillenfcheucher. Originalgedihte zum Vortrag in geselligen Kreisen. Scherz und Ernft in hoch- und plattdeutscher

Sprache von Daniel Bartels. 1. Thl. 5. Auflage. Hamburg, F. H. Nestler & Mell-. ‘1877. 16.