1877 / 276 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Regis. Nr. 74, v. Keiser, Pr. Lt. von der Landw. Feld-Art. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 82, diesem mit der Landw. Armec-Unif,, Böhmer, Sec. Lt. von der Landw. Fuß-Art. des Res. Landw. Bats. Nr. 33, Häusler, Sec. Lt. von der Landw. Fuß-Art. des 2. Bats. Landw. Regts. Nr. 50, diesem als Pr. Lt., Otto, Sec. Lt. von der Landw. Fuß-Art. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 71, der Abschied bewilligt. Malzacher, Rittm. von der Kav. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 114, Wronka, Pr. Lt. von der Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 78, mit \{lichtem Abschied entlassen. In der Kaiserlichen Marine. Grnennungen, Beförderungen und Verseßungen 2c. Berlin, 15. November. Schulze, Kapitänlt., zum Korvetten- Tapitän befördert.

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 22. November. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute die Vorträge des Kriegs-Ministers, Generals von Kameke, des Chefs des Militär- Kabinets, General - Adjutanten von Albedyll, des Chefs des Civil-Kabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski, und des Ministers des Königlichen Hauses, Freiherrn von

Sdhleiniß, entgegen.

Der Bundesrath trat heute zu einer Sißung zusammen.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen (18.) Sizung des Hauses der Abgeordneten beantragte, nahdem der Abg. Dr. Hänel die Besprehung der Jnterpellation Richter eingeleitet, der Abg. Dr. Virhow auf Grund des Art. 60 der Verfassung, das Haus wolle beschließen, die Anwesenheit der * Minister zu verlangen und im Falle der Annahme dieses Antrages die Sißung zu vertagen.

Es entwickelte sich darauf eine Geschästsordnungs- debatte, ob nah dem §. 34 der Geschäftsordnung des Hauses, welcher die Stellung von Anträgen bei Gelegenheit der Be- sprehung der Jnterpellation verbietet, die Stellung eines derartigen Antrages zulässig sei. Dagegen erklärte si der Präsident von Bennigsen, die Abgg. Dr. Lasker, Dr. Löwe (Bochum), Miquel und PDr. Braun (Wies- baden), dafür die Abgg. Dr. Virhow, Windthorst (Meppen), Frhr. von Schorlemer-Alst und Schröder (Lippstadt). Der Unter-Staatssekretär Homeyer wies den Vorwurf zurück, daß durch die geschäftliche Behandlung der Angelegenheit Seitens des Staats-Ministeriums die Würde des Hauses verleßt würde, indem er hervorhob, daß die Antwort des Staats-Ministeriums sih genau an die Antworten in den Jahren 1869 und 1874 anschließe, und daß man damals nicht von. einer Verleßung der Würde des Hauses gesprochen habe. l

Das Haus entschied in namentliher Abstimmung mit 200 gegen 151 Stimmen, daß die Stellung des Virchowschen ‘Antrages geschäftsordnungs- mäßig unzulässig sei. Damit war dieser Gegenstand erledigt. Um 4i Uhr vertagte sih das Haus.

Fn der heutigen (19.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher am Ministertishe der Handels- Minister Dr. Achenbach, der Minister der geistlichen 2c. Ange- legenheiten Dr. Falk und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohnten, theilte dex Präsidont das, Nesultat ber ersougren Wahl und Konstituirung der Kommission zur Vorberathung des Gesehentwurfs, betreffend die Errichtung der Landgerichte und Oberlandesgerichte, und des Entwurfs eines Ausführungsgeseßes zum deutschen Gerichtsverfassungsgeseße mit. Es sind gewählt die Abgg. Dr. Miquel (Vorsißender), Klotz (Berlin) (Stellvertreter), Hauke, Bernards, Wachler- Schweidniß (Schriftführer), Thilo, von Dziembowski, Graf von Königsmarck, Dr. Lasker, Pr. Baehr (Cassel), Löwenstein, Dr. Köhler (Göttingen), Schütt, Dr. von Cuny, Dr. Petri, Krech, Dr. Horwiß, Windthorst (Meppen), Rübsam, von Bönning-

ausen, Biesenbah, Grütering, Windthorst (Bielefeld), Droese, orzewski , Dr. Schrader, von Colmar - Meyenburg und Dr. Szuman (Adelnau).

Darauf begründete der Abg. Richter (Hagen) seinen zur exsten Berathung stehenden Antrag zu dem Etat der Eisen- bahnverwaltüng für das Jahr vom 1. April 1878—79. Derselbe lautet: i : /

Das Haus der Abgeordneten wolle beshlicßen: Die Königliche Staatsreglerung aufzufordern :

I, In den Erläuterungen zum Etat künftig ersichtlih zu machen: a. den Umfang, in welchem Erneuerungen der Bahn- anlagen (Kilometerzahl der zu erneuernden Geleise 2c.) und der Betriebsmittel (Zahl der anzuschaffenden Lokomotiven, Wag2ons 2c.) für das Etatsjahr beabsichtigt werden; Þ. das Verhältniß der für das Etatsjahr beabsichtigten Erneuerungen zu demjenigen Er- neuerungsbedürfniß, welches der bei den Ginnahmeveranschlagungen für das Etatsjahr vorausgeseßte Betriebsumfang erfahrungsgemäß nah sich ziehen muß; ec. das Verhältniß zwischen den in den Vor- jahren aus laufenden Mitteln bewirkten Erneuerungen zu demjeni- gen Erneuerungéfoll, welches sich für die Vorjahre aus dem wirk- lichen Betriebsumfang nah Erfahrungs\säßen ergiebt.

11, Behufs vollständiger Klarstelung der wirklichen Ausgaben der Staatseisenbahn-Verwaltung die Pensionen der Eisenbahn- beamten fünftig im Eisenbahnetat, statt beim allgemeinen Pensions- fonds der Civilbeamten in Ansaß zu bringen.

III. Sn den Etatsanlagen bei der Rentabilitätsberechnung der Staatseisenbahnen zur oa nre tiger Scchlußfolgerungen fünftig den Herstellungskosten der Staatseisenbahnen, entsprehend

den fonft für die Serecbiing von Anlagekosten maßgebenden Grundsäßen, auch die an Bauzinsen und bei Unterbringung der Anleihen an Disagio entstandenen Kosten wenigstens mit über- \chläglihen Beträgen hinzuzurechnen. i i

Der Handels-Minister Dr. Achenbach spra in seiner Be- antwortung die Hoffnung aus, daß die Berathung des An- trages in der S auch den Vertretern der Staats- regierung. Gelegenheit geben werde, sich über Fassung und Tendenz des Antrages motivirt zu äußern. Dem Antrage des Abg. von Benda gemäß, wurde der Antrag der Budgetkommission überwiesen.

__ Demnächst wurde die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen 2c. Angele eiBeiten mit der neulih abgebrochenen Diskussion über die Position „Gehalt des

Ministers“ fortgeseßt, wobei zunächst der Abg. Dr. Reichens- |

perger das Wort ergriff. Beim Schlusse des Blattes \prah der Abg. Dr. Petri. M

Die Central-Moorkommission wird unter dem Vorsiß des Ministerialdirektors Marcard am 11. Dezember ‘hier zusammentreten. Jm Vordergrunde,der Berathung stehen Angelegenheiten der Bremer Versuchsstation: die Dienst- Lee und Fnstruktionen ihrer Beamten, Reiseberiht des Dr. Fleischer, Vorschläge zu Feldversuhen von Dr. Fleischer

und Dr. Salfeld. Ueber die Lage der Emskanäle, ihre Ver- bindung mit den Niederlanden, ihre Ausstattung mit Forst- versuhsgärten os einer Jdee des Vorsißenden der Central- kommission) wird Landdrost Frhr. von Quadt aus Osnabrück berichten. que den Elb-Weserkanal (Stade - Bremen) handelt es sch noch um die Vervollständigung des Beurtheilungs- inaterials; zum Referenten is der Abg. Lammers ernannt, ebenso wie in Gemeinschaft mit Hrn. Rimpau-Cunrau über eine Eingabe des Vereins gegen das Moorbrennen wegen Be- \{hränkung des Moorbrennens und über die Anwendbarkeit der in den Niederlanden bestehenden Vorschriften wegen des Torfstichs und der Moornußung. Der Landes-Oekonomie-Rath Thiel wird über die Nomenclatur und Statistik der Mogre Vor- {läge machen. Endlih wird auch den Mooren in Schles- wig-Holstein und in der Provinz Preußen Aufmerksamkeit zugewendet werden.

Der Königliche Gesandtë am Großherzoglich badischen Hofe, Wirklihe Geheime Rath Graf von Flemming, ist aus Karlsruhe hier eingetroffen.

Der Kaiserliche Konsul zu San Juan del Norte (Nicaragua), Herr Louis Frommann ist gestorben.

S. M. S. „Freya“ ist am 18. d. Mts. in Plymouth angekommen.

Bayern. München, W. Novembex. Der König ist vorgestern in Hohenshwangau eingetroffen, wohin anch nunmehr das Königliche Hoflager verlegt worden is. Zur Aufnahme in die Königlihe Kriegsschule für den Monat April k. J. haben sich 145 Offizier - Aspi- ranten gemeldet; da jedoch nur 120 aufgenommen wer- den können, so müssen 25 für das kommende Jahr zu- rücgestellt werden. Die Räumlichkeiten der Kriegsschule, die sih in der alten Maxburg befindet, haben sih als nicht ausreihend erwiesen; ein Theil der Kriegsshüler mußte deshalb im Königlichen Kadetten-Corps untergebracht werden. Jn der heute stattfindenden Klubsißung der liberalen Kammersfraktion wird eine an den Frhrn. von Stauffen- berg zu erlassende Adresse berathen und festgestellt werden. Der Bericht des Finanzaus\chusses der Kammer der Abgeordneten zu den Nachweisungen über die Rechnungs- ergebnisse der Verwaltung der Staatsforsten, Fagden und Triften im Dae 1875 ist vertheilt worden. Der Aus\{chuß beantragt diesen Nachweisungen die Anerkennung zu ertheilen. Die reine Einnahme war im Budget veran- schlagt auf 8584983 Fl. und betrug in Wirklichkeit 9 347 513 Fl., also mehr 762530 Fl. Die Brutto-Einnahme war im Budget veranschlagt auf 15 698 951 Fl. und betrug in Wirklichkeit 17 301 542 Fl., demnach mehr 1 602 591 Fl. Bei sämmtlichen Einnahmeposten hat sih eine Mehrung gegen den Budgetansaß ergeben, mit Ausnahme der Einnahmen aus Holztrifen und Holzhöfen, welche eine beträchtlihe Minder- einnahme aufweisen.

« Baden. Karlsruhe, 19. Novenber. Die Zweite Kammer nahm heute ohne Debatte den Antrag auf eine Adresse an den Großherzog an und beschloß eine Adreßkommission von 15 Mitgliedern. Der Staats-Minister und Präsident des Handels-Ministeriums, Turban, legte die Budgets für die E E e Lg und die Bodensee-Daupfschiffahrt, das Budget der umlaufenden Betriebsfon diesex beiden Verwaltyngszweige und das für den Antheil Badens* an der Main-N&ÆŒar-Bahn vor. Die Gesammteinnahmen der Eisenbahnen betragen, der „Cöln. Ztg.“ zufolge, 61843630 M, die Gesammtausgaben 49 140 378 M, die Reineinnahme 12 703 252 6 (etwas mehr als beim leßten Budget).

Mecklenburg. Sternberg, 16. November. Ein schwerinsches Reskript vom 14. d. M. enthält den Entwurf einer Verordnung zur Ausführung der Gerichtsverfassung nebst Motiven und Anlagen. Das Reskript bemerkt, daß für den Fall eines vom Großherzoge von Meckcklenburg-Streliß zu beantragenden g ar des dortigen Landes an die diesseitigen Landgerichte der Entwurf einzelner entsprehender Veränderungen bedürsen würde. Auch wird die Ordnung der Rec tsmittel in den zur Kompetenz des Konsistoriums zu Nostock gehörenden Sachen späterer Ver- handlung vorbehalt.n.

Neuß j. L. Gera, 20. November. (Leipz. Ztg.) Die gestrige Nachwahl im zweiten städtischen Wahlkreise hierselbst hat das Resultat ergeben, daß der Sozialdemokrat Goßler, gen. Brätter, Schuhmacher und Redacteur, 177 Stimmen, der vom Reichsverein aufgestellte Kandidat, Ringfabrikant Schneider, 44 Stimmen erhielt. Die Betheiligung an der Wahl war eine äußerst s{chwache; selbst die Sozialdemokraten waren, gegenüber dem Resultat am ersten Wahltage, nur zur Hälfte erschienen. I

V Ey C D E E E ——

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Oesterreich - Ungarn. Wien, 2. November. Be- kanntlich is die Einberufung der Delegationen für den 5. Dezember in Aussicht genommen. Wie nun dèr „Presse“ mitgetheilt wird, soll denselben von Seiten der gemeinsamen Regierung der Antrag gestellt werden, entweder das vor- jährige Budget oder vorläufig nur das Erforderniß für drei Monate und erst na ch Beendigung des Ausgleichs die Be- deckung zu votiren.

21. November. (W. T. B.) Das Abgeordneten- haus hat heute, nahdem der Berichterstatter der Majori:ät des Ausschusses, Dr. Gisfkra, das Schlußwort erhalten hatte, in namentlicher Abstimmung und unter Ablehnung des vom Abg. Schaup gestellten Vertagungsantrags, mit 169 gegen 103 Stimmen beschlossen, auf die Spezialdebatte über die Bankvorlage einzugehen. j

Bee 20. November. Heute findet unter dem Vorsiße des Kaisers ein Ministerrath statt, in welhem die Grenzbahn-Angelegenheit zur Berathung gelangt. Das Zipser Komitat beschloß eine E an das Ministerium, welche \sich gegen den autonomen Zolltarif und die erhöhte Péetroleumsteuer ausspricht. : f

Jn der heutigen Konferenz der liberalen Partei wurde die Grenzbahnvorlage unverändert angenommen. Der Abg. Jovan Tombor meldete einen Beshlußantrag an a Reinkorporirung der Militärgrenze. Der Minister-Pré sident Tisza versprah, einer diesfälligen Verfügung des Gesehes gereht zu werden, sobald die nöthigen Vorarbeiten beendet sein werden ; die Siebenbürger sächsischen iet va beschlossen gleid falls, die Grenzbahnvorlage an- zunehnien.

___— Bei dem hiesigen obersten Gerichtshofe hat gestern die Mau Bio ng gegen die in Hat befindlihen Urheber und Theilnehmer des bekannten Putschplanes im Sieben- bürger Szeklerlande begonnen. Sämmtliche Verhasftete wurden im Laufe des heutigen Tages auf freien Fuß gesebßt ; doch soll die Verhandlung gegen sie weiter geführt werden. Neue, bisher nicht bekannte Details hat die Verhandlung nicht zu Tage gefördert.

__ Schweiz. Bern, 20. November. Am 3. Dezember be- ginnt die Wintersession der Bundesversammlung. Hinsichtlih der noch im Gange befindlihen Verhandlungen über die Frage der Herstellung des finanziellen Gleihgewichts in der Bundesverwaltung erklärt der

„Bundesrath, er habe finden müssen, daß die Einbringung

von Anträgen von so großer Tragweite vor einer Lösung der P iegaafrage nicht zeitgemäß wäre, und sich demnach dafür ent- chieden, von bezüglichen Vorlagen Umgang zu nehmen.

Velgien. Brüssel, 21. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer berieth E den Entwurf einer Adresse in Beantwortung der Thronrede und nahm den- selben shließlih mit 55 gegen 34 Stimmen an. Der Antrag des Deputirten Frère, in die Adresse einen Passus aufzu- nehmen, in welhem die Regierung aufgefordert wird, das Treiben derjenigen zu bekämpfen, welche die Verfassung der IORNSLNE der Bürger preiszugeben suchten, war abgelehnt worden.

Großbritannien und Frland. London, 20. November. Wegen Unwohlseins des Prinzen Leopold wird die Königin voraussichtlih erst nah dem 23. d. M. Schottland verlassen und nah Windsor übersiedeln. Der englische Marine- Kapitän Manthorp, welcher ein Kommando unter Hobart Pascha angenommen hatte ist vom Auswärtigen Amte aufge- fordert worden, dieses Kommando niederzulegen oder aus dem Dienste der englishen Flotte auszuscheiden. Ueber den Verlauf der Hungersnoth in Fntien hat das Me Amt von dem Vize-König weitere hoffnungsvolle

achrichten erhalten. Ein allgemeiner wohlthätiger Regen bessert allenthalben die Aussichten. Die Zahl der Unter- stüßungsbedürstigen vermindert sih mit jeder Woche sichtlich. Ueber den Kaffernkrieg wird dem „Reuterschen Bureau“ aus der Capstadt unter dem 31. v. M. via Madeira telegraphirt: „Der Fnsurgentenchef Kreli ist geflüchtet. Commandeur Griffith meldet, daß er das anze Land bis jur Mündung des Flusses Cora durchstrichen habe, Die Galekas fingen am 27. Oktober an, den Fluß. ashi zu überschreiten, da der Häuptling Moni ihnen be- fohlen hatte, sein Territorium zu räumen. Sie ziehen sich in der Richtung nah dem Manubi-Walde zurü.“

Frankreich. Paris, 20. November. Mit Bezugnahme auf eine Mittheilung des „Ordre“, wird folgende offiziöse Note ausgege. en: „Mehrere Blätter berihten, Hr. Emanuel d’Harcourt hätte sih im leßten Sommer nah England begeben, um dort den Kaiserlichen Prinz:n Ludwig Napoleon zu treffen, und erzählen Einzelheiten von einer Unterredung, welche zwischen dem Prinzen und dem Sekretär der Prästdentschaft stattgefunden hätte. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt,

daß diese Blätter irregeführt worden, und daß die Gerüchte, denen sie in ihren Spalten Raum gaben, unwahr sind.“ Das „Journal des Lak schreibt: „Der Senat hat

sich gewaltsam, ungerehter Weise, ohne Grund, ohne Vor- wand, äus sträfbarer Shwä@®he oder aus unüberlegter Leiden- schaftlihkeit von der Deputirtenkammer losgesagt. . Das ift das Resultat einer gestrigen Abstimmung. Er hat, mag er es wollen oder nicht, den Konflikt herbeigeführt, die Fehde eröffnet und zu einem Kampfe herausgefordert, in dem er nothwendig unterliegen und dessen volle Verantwortlichkeit auf ihn zurü- fallen wird.“

Versailles, 21. November. (W. T. B.) Die Budget- kfommission hat Gambetta zu ihrem Präsidenten ge- wählt. Bei der Annahme der Wahl hob Gambetta hervor, daß die ihm übertragenen Funktionen unter den gegenwärtigen Umständen außerordentlich ernster Natur seien. Es gelte, be- waffnet mit dem Schußbriefe der nationalen Souveränetät, die Geseßlichkeit aufrecht zu erhalten und sih zu bemühen, die- jenigen bei derselben-festzuhalten, welche sih von ihr entfernen wollten. Gambetta bezeichnete sodann die vielen. Nachtrags- kredite, die nah der Auflösung der Deputirtenkammer eröffnet worden sind, als ungeseblich und {loß seine Rede mit den Worten: „Frankreih weiß, was zu thun seine Pflicht ist,. und wird es thun. Es bleibt noch festzustellen, was die Re- gierung dem Lande gegenüber schuldig ist.“

Ftalien. Nom, 21. November. (W. T. B.) Gestern sind die E Ce ie bd aa unterzeichnet worden. Denjelben zufolge ist das adriatische Eisenbahnneß an die Gesellschaft der italienishen Südbahn und das Éisen- bahnney am Mittelländishen Meere an mehrere italienische U ausländishe Etablissements und Bankiers übertragen worden.

Türkei. n T. B.) Aus Belgrad, vom 21. November, wird der „Pol. Korr.“ gemeldet: Vor den aus dem Paschalik von Widdin in den Bezirk Pirot eingefallenen T\cherkessen fliehen die türkishen wie die christlihen Ein- wohner in Massen. Jn Folge der Annäherung der Tscher- kessen an die serbische Grenze hat die serbische Regierung die Einwohner der Distrikte Negotin, Zaicar, Knjazewaß ud Alexinaß aufgefordert, sich zur Räumung ihrer Wohnstätten bereit zu halten.

Amerika. Washington, 5. November. Die soge= nannte Blandsche Silberbill ist im Abgeordnetenhause mit 163 gegen 34 Stimmen angenommen worden. Danach sollen wieder Silber-Dollars im Gewichte von 412 gran geprägt und als geseßlihes Zahlmittel für alle öffentlichen und Da angenommen werden. Die Bill ist jeßt dem Senate vorgelegt worden.

19, November. Das Armeebudgetgeseß hat nun- mehr beide Häuser des Kongresses passirt.

San Domingo. Puerto Plata, 22. Oktober. Vom 26. September bis 3. Oktober hat diese Stadt eine ziemlich. ernsthafte Revolution durhzumachen gehabt. Der Gou- verneur verließ das Regierungskats bereits am Montag, den 24. September, und zog si mit den übrigen Beamten und- Truppen nach dem Fort zurück. Am 26. September seßten sih die Aufständischen in den Besiß des Regierungsgebäudes, sowie der ganzen Stadt; ein Versuch der Fremden Konsuln, beide Parteien zu einer Verständigung zu bringen, scheiterte, und nachdem einige Stunden bewilligt worden, um die Familien in Sicherheit zu bringen, richteten die Aufständischen während

3 Stunden ein Gewehrfeuer auf die Regierungstruppen, welche dasselbe vom Fort aus mit Geschüßen erwiderten. Es fam hierbei leider auch zu Verwundungen verschiedener un- \huldiger Personen und zur Beschädigung von Wohnhäusern und Geschästslokalen.

Während der folgenden Tage fanden ohne irgend welche Warnung R Gefechte statt, welche indeß zu keinem Resultate führten, bis am 3. Oktober Verstärkungen von Monte Cristi eintrafen, durch deren Hülfe die Aufständi)chen aus der Stadt vertrieben wurden.

Bis jeßt ist die Ruhe in hiesiger Gegend wiederhergestellt, do wird dieselbe shwe: lih von längerer Dauer sein, da an den Grenzen aufs Neue die Anhänger des Ex-Präsidenten Gonzales Eb gezeigt haben.

Der russi\h-türkische Krieg.

London, 22. November. (W. T. B.) Der „Standar d“ verlangt, Rußland mögé nicht nur auf diplomatishem Wege, sondern auch durch niht mißzudeutende Handlungen gewarnt werden, daß es niht über einen gewissen näher gerücten Punkt hinausgehen dürfe, ohne mit England als seinem er- flärten und entschlossenen Gegner zu rechten.

Europäischer Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 21. November. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Bogot vom 20. d. Mts. Am 17. d. griffen zu derselben Zeit, wo der Angriff auf Nowo- sel o unternommen wurde, 150 Ts erkessen und Baschibozuks Slatarißa an. Unter dem Schuße derselben beseßte die türkfishe Jnfanterie die Slatariza beherrshende Anhöhe und begann dort Batterien zu errihten. Die Türken flohen in- dessen, nachdem einige Granatshüsse auf sie abgegeben waren und die Tscherkessen und die Baschibozuks durch die Schüßen des Jakutski'schen Regiments zurückgeshlagen und zerstreut worden waren. Wir hatten 2 Mann verwundet: die Türken ließen 8 Todte zurück, darunter einen Offizier. Am 19. d., Nachmittags 1 Uhr, fand bei uns vor Plewna auf der Redoute von Tutscheniza in Anwesenheit des Kaisers ein Gottesdienst wegen der Einnahme von Kars statt. Nah dem Gottesdienst gaben sämmtliche Batterien gegen Plewna gerichtete Salven ab. Abends fand auf den Positionen ein Feuerwerk, FJllumination und Musik statt. Abends um 11 Uhr eröffneten die Türken ein Gewehrfeuer gegen die Position des Generals Skobeleff, . welhes alle unsere Batterien mit Granaten erwiderten. Nach 20. Minuten wurde Alles still. Wir hatten einen Offizier und 2 Soldaten verwundet.

St. Petersburg, 21. November. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Bogot vom 20. d. Am 19. d., Morgens 9 Uhr, griffen 16 türkishe Bataillone aus Nust- huk, Basserbowo und Tschiftlik unsere Vorpostenstellungen bei Pyrgos, Khanguel, Tschesme und zwischen Ts\chiftlik und Trostenik an. Nach hartnäckigem Kampfe wurden die- selben gegen 6, Uhr Abends auf allen Punkten zurückgeshlagen. Unser Verlust ist noch nicht bekannt, von Offizieren sind bis jeßt 1 todt, 7 verwundet ge- meldet, gestern Abend wurden 78 verwundete Soldaten eingebraht. Am hartnäligsten war der Kampf bei Pyrgos, wo sich 2 Compagnien vom Asowschen und vom Dnieprshen Regiment heldenmüthig gegen eine enorme tür- fishe Uebermacht vertheidigten. "Die erlittenen bedeutenden Verluste zwangen dieselben endli, sih gegen Metschka zurüd- zuziehen. Hierauf rücckte aber die ganze erste Brigade der 12. Division gegen Pyrgos vor, vertrieb die Türken und warf dieselben Nachmittags 45 Uhr hinter den Lom zurück. Die Türken hatten aber Pyrgos inzwischen schon eingeäschert. Am nämlichen Tage Nahmittags 3 Uhr griffen die Türken die Vorposten des 36. Kosaken-Regiments und der Lublinschen Husaren an, wurden aber ebenfalls gegen 6 Uhr Abends zurückgeschlagen. Unsere Vorposten beseßten ihre früher inne- gehabten Stellungen auf der ganzen Linie wieder.

Konstantinopel, 21. November. (W. T. B.) Ueber das Gefecht bei Pyrgos am 19. d. werden rkischerseits folgende Nachrichten verbreitet: Behufs Rekognoszirung der russischen Positionen an der Jantra und des Hauptquartiers des Großsürsten-Thronfolgers verließ am Montag Salem P mit 7 Bataillonen, 8 Geschüßen, 3 Eskadrons regulärer

ruppen, sowie der ganzen tscherkessishen Kavallerie unter dem Oberbefehle Dilaver Paschas Le:lek und marschirte gegen Pyrgos. Die erste und zweite Befestigungslinie wurde ge- nommen. Zu gleicher 266 nahm ein Jnfanterie-Regiment die Befestigungen auf den Höhen von Matchka nah hartnäckigem Kampfe. Während des Kampfes gerieth Pyrgos in Brand. Auf dem linken Flügel zwangen 4 Bataillone Fnfanterie mit 4 Geschüßen und die Kavallerie unter Jbrahim Pascha im Vereine mit 5 Bataillonen, 2 Batterien und einem Regiment Kavallerie, welche von Karaciena gekommen waren, die Russen, die Verschanzungen von Keurtschesme bei Fovantschiftlik auf- zugeben. Auf dem rehten Flügel {lug die Kaoallerie unter Dilaver Pascha die wiederholten Angriffe der russi- hen Kavallerie ab. Ein Angriff der Nussen auf Kadiköi mißlang ebenfalls. Während des Kampfes fand ein Ge- shüßfeuer statt zwishen dem rumänishen Ufer und Rustshuk, wo Suleiman Pascha heute eingetroffen ist. Gestern kam es zu kleineren Scharmüßeln zwischen einigen Einwohnern von Bajardzik und den Bukgaren, welche 70 Pferde verloren. 500 Mann Hülfstruppen verließen Jeniköi und Osmanbazar und vertrieben die Russen, welche sich in Sapikaya verfGariit hatten, bis nach Djevin. Ein De- tachement der Hülfstruppen verließ Dedebal, vertrieb die Bul- garen aus Jeniköi, steckte einige Häuser in Brand und kehrte darauf in seine Stellungen zu ück. . Am anderen Morgen hatte eine andere Abtheilung derselben Truppen ein Gefecht mit Kosaken und Bulgaren und zog sih, ohne verfolgt zu werden, vor dem Geschüßfeuer des Jzlator beseßt haltenden Feindes R : :

Bukarest, 21. November. (W. T. B.) Einem Tele- gramm des Journal „Romanul“ zufolge ist Rahova heute Vormittag um 9 Uhr von rumänischen Truppen nach drei- tägigem Kampfe genommen worden. Die Türken entflohen, von den Rumänen verfolgt, in der Richtung auf Lom Palanka und auf Widdin. Gleichzeitig hat die Division Loupo die Donau bei Rahóva überschritten. Unter den Truppen herrscht eagelne Enthusiasmus. Die Verluste sind noch nicht fest- geitellt,

(W. T. B.) Nah einem der „Pol. Korr.“ aus Bukarest vom 21. zugegangenen Telegramm ist an 20. bei Rasti oberhalb von Kalafat ein türkischer Dampfer von

einer rumänischen Batterie in den Grund gebohrt wor- ia f Der türkische Ort Zelli Palanka ist in Brand geschossen Worden.

Die W. „Presse“ bringt folgende Nachrichten :

Sistowa, 19. November. Der Czar richtete einen telegraphishen Tagesbefehl an die fkfaukasische Armee, wo er betont, daß der Kampf noch nicht beendet sei, daß der tapferen Armee noch manche Noth und Mühseligkeit bevorstehe. Der Czar dankt den Truppen für ihren Helden- muth und versichert, daß die Sorge für die Verwundeten, für die Familien der Gefallenen niht nur die Pflicht Rußlands, sondern auch seine eigene sein werde. Mit den Worten: „Die Waisen bleiben meinem Schuße empfohlen,“ {ließt der Armeebefehl. : i j

Bukarest, 20. November. O Seruve [leitet den Bau der eisernen Cylinderbrüdcke bei Sistowa und den Bau der Eisenbahn nach Tirnowa. . Diese wird fünf Stationen haben; vier Kilometer sind bereits fertig. Das russishe Armee-Kommando hat die Einrichtung eines separaten Courierzuges mit der Ausgangsstation Ungheni ange- ordnet. Derselbe würde die Strecke von St. Petersburg bis zum Kriegsschauplate in“ 73 Stunden erreichen.

Uebe- die Situation vor Plewna meldet der Berichterstatter der „Pol. Korr.“ in einem Schreiben aus Simnita, 15. November:

_ „Die russisch - rumänishe Circumvallations - Linie um Plewna wird täglih enger und der Bewegungsraum für die Armee Osman Paschas um so beschränkter. Die türkishe Armee hält jeßt einen sich von Often nach Westen ungefähr 18 Kilome:er, von Norden nach Süden 8 Kilometer erstreckenden Flächenraum beseßt. Die äußersten türkishen Stellunzen sind in der Luftlinie folgendermaßen zu bezeihnen: Nordwe;tlih, von Gornji-Etropol und über den Wid- Fluß bis zum Berge Opanes; nördlih, von Opanes bis 3 Kilo- meter vor Bukowa; nordöstlich, von Bukowa bis zum Kloster des heiligen Nestorius ; östlich, bis Grivißa Nr. 2; südöstlih, von Gri- viza bis zuc Redoute Chasis-Bey-Tabia und den Schanzen von Radisowo (zwischen dem Tutschenißa- und dem Grivißa-Bache); süd- lih, von Radisowo bis zum Grünen Berae (Zelenoi-Gora) bei Krisin (vor welchem das befestigte türkische Lager etablirt ist); süd- westlich, von Krisin bis zum kl-inen Dorfe Tschiftlik und über den Wid-Fluß bis Dicewica; westlich, von Dicewica bis Gornji-Etropol. Um die russishen Stellungen zu kennen, braucht man nur 3 bis 5 Kilometer vor diesen bezeichneten Linien andere zu ziehen, und man wird sich damit ziemlich genau den Cernirungsring anschauli gemacht haben. Was die Stärke der türkischen Kräfte in Plewna betrifft, sind alle kompetenten Meinungen einig, dieselben auf 45 000 Mann zu s{äßen. Was die russishe Westarmee betriist, ift es am besten, die verschiedenen Corps und Truppenabtheilungen aufzuzählen, um eine fast genaue Berehuung der Stärke der- selben machen zu können. Die ganze russish-rumänische Westarmee mit Inbegriff der auf der Orkhanie-Straße und in West-Bulgarien operirenden Streitkräfte besteht aus ungefähr 140 000 Mann Infan- terie und Artillerie und 14 090 Mann Kavallerie. Diese Angaben sind exakt und trotteen jeder Widerlegunz. Die fortwährenden Nach- \chübe können die angegebenen Zahlen nur größer machen, da der Truppen“ransport nicht aufgehört hat und niht nur den Abgang reihlich deckt, sondern die russische Armee jede Woche beinahe um 8000 Mann verstärkt Nach diesen Erläuterungen ist es noch noth- wendig, um ein anschauliches Bild der Situation bei Plewna zu gewinnen, in großen Umrissen die Befestigungen anzuführen, welche die russish-rumänishe Armee errichtet hat, um den Cernirungsring so viel wie möglich undurhdringlich zu machen. Auf der Osft- und Nordseite sind dieselben so ziemlich bekannt, so daß eine Beschreibung derselben nur eine Wiederholung wäre. Auf der Südseite hat sich die Lage etwas verändert, seitdem die Division Skobeleff dem ver- schanzten türkischen Lager an den Leib gerückt ist. Dort haben die Russen starke Schanzen aufgeworfen und eine mäctige Artillerie in Position gebracht (11 Batterien), fo “daß rin Ausfall der Türken auf ein konzentrisches e stoßen würde, welches ein Vorrücken starker Kolonnen unmöglih macht. Das Hauptaugenmerk der rufsisch-rumä- nischen Kriegsleitung ist seit drei Wochen auf die Sicherung des südwestlichen, westlichen und nordwestlichen Theiles der Cernirungs- linie gerichtet worden. Ohne in die detaillirte Beschreibung einzu- gehen (da einem Korrespondenten darin eine gewisse Diékretion schon ehrenhalber auferlegt ist), kann man anführen, daß die füdwestliche Stellunz der Russen hinter Plewna auf zwei Seiten Front macht und daher auch in zwei verschiedenen Richtungen ganz besonders verstärkt ist. Die eine Front ift begreifliher Weise gegen Plewna gerihtet und erstreckt sich bis vor Dolni-Dubnik, von wo aus die Widbrücke und das ganze Widthal bis vor Plewna beherrs{cht wird, Die andere Front ist gegen Süden gerichtet und bezweckt die Siche- rung der Orkhaniestraße vor einem Entsatzversuche, der von Sofia aus bewerkstelligt werden könnte. Dieselbe hat Gornji Dubnik zum Mittelpunkte und erstieckt sih bis Telish und Radomirce. Der ein- zige noch lockere Punkt der Cirkumvallationslinie wurde endlich vor beiläufig 12 Tagen westlich und nordwestlih rene und damit das lee Glied dir Cernirungsfkette geschaffen. Auf dieser Seite ist die natürlihe Beschaffenheit des Terrains, welches nach dem Isker und der Donau in breite Thäler sanft abfällt, für eine Cernirung weniger geeignet. Außer dem Widflusse und seinem kleinen Nebenflusse Zirula - Zossu hatte eine aus dem Thal- kessel Plewnas herausbrechende Armee keinen taktishen Hindernissen zu begegnen. Daher mußte in dieser Richtung der Cernirungsring mehr künstlih durch Redouten und allerhand Befestigungen verstärkt werden. Dieses geschah auch, indem der Höhenzug, welcher von Asagi- Dolnje bis Gornji-Netropolnje läuft und an dessen Fuße das oben- genannte Nebenflüßchen der Wid fließt, von anderthalb rumänischen Divisionen und 8 Batterien beseßt wurde, welche jeßt {on eine ganze Serie von Erdwerken errichtet haben. Wie man sieht, ist die Lage Osman Paschas eine aussichtslose ge- worden und nur seine strengen Anschauungen von militärischer Ehre halten ihn in der Entschließung zu einer endlih doch kaum vermeidlihen Kapitulation zurück. Er soll auch in diesem Sinne sih gegen einen Parlamentär ausgedrückt haben, indem er sagte: „Jch werde nicht kapituliren, bis ih alle, aber au alle Mittel ershöpft habe und der Fahnenehre Geaüge geleistet haben werde.“ Denkt Osman Pascha doch noch an einen Durchbruchsversuh, so macht jeder verstrichene T1g ein solches Unternehmen s{chwieriger. Rudelweise stellen sich täglich Deserteure bei den rufsisch-rumänishen Vorposten. Aus ihren einstimmigen Ausfagen geht hervor, daß die Lage der türkishen Armee eine trostlose ist. Wenn man nur halbwegs ihren Ausfagen glauben sollte, so müßten bereits Entbehrungen jeglicher Art den moralischen Halt der Armee fo La ershüttert haben, daß ein Durchbruchsversuch nur ein aussfichtsloses Blutvergießen zur Folge haben würde. Aus diesem Grunde herrsht bei den nichts we- niger als sanguinisch raisonnirenden Fachleuten die M-inung vor, daß man nach dem ersten unglücklihen Durchbruchsversuche Kapitu- [ations8unterhandlungen einleiten wird. :

Wien, 21. November. (W. T. B.) Telegramm der ee aus Cettinje vom 20. c.: Vorgestern zogen die Türken mit starker Macht von Skutari aus, um Anti- vari zu enen, wurden aber bei Mrkowice von 6 mon- tenegrinischen Bataillonen ges{chlagen. Auf dem Rückzuge zerstörten die Türken die Bajanabrüccke. Fn Skutari herrscht dem Vernehmen nach die größte Bestürzung.

Asiatischer Kriegsschauplaßt.

London, 21. November. (W. T. B.) Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Erzerum vom 19, c. gemeldet

wird, haben die türkishen Schildwachen gestern mit dem

Feinde bei Moudourke einige Gewehrschüsse gewechselt. Die

türkishen Batterien haben auch die russishen Befestigungen

im Süden von Erzerum beschossen. Kleine russische Kavallerie-

ERIIentO patrouilliren nah verschiedenen Richtungen der ene.

London, 22. November. (W. T. B.) Der „Daily News“ wird aus Weran-Kaleh vom 20. d. M. gemeldet : Gestern hielt Großfürst Michael seinen feierlihen Einzug in Kars und nahm die Huldigunzen der Einwohner ent- gegen. Wie jeßt festgestellt is, war die Garnison von Kars über 20,000 Mann stark, während die Zahl der angreifenden Russen nur 18,000 Mann betrug. Die Stadt ist mit kranken und verwundeten Türken überfüllt; es fehlt an Aerzten. Die Kälte ist intensiv.

Aus Tiflis, 19. November, meldet die W. „Presse“: Der Plan zum Sturm auf Kars wird dem General Loris-Melikoff zugeschrieben. Er soll sich bereits bei der ersten Belagerung von Kars für die jetzige Angriffsart aus-

/ gespróchen haben. Die Besaßung von Kars betrug

12 000 Mann; die russishen Angriffskolonnen, vom Groß- fürsten Michael persönlich geleitet, bestanden aus der Moskauer Grenadier-, aus Theilen der 39. und 40. Jnfanterie-Division und aus Theilen der russischen Besazungen von Ardahan und Achalzich ¿m Ganzen an 36 000 Mann, 75 Positions- und 120 Feldgeshüßen. General Lasareff soll zum Festungs- gouverneux von Kars ernannt werden. Gestern Abends wur- den 15 000 Mann nach Erzerum in Marsch geseßt und General Loris-Melikoff wird das Kommando der vor Erzerum stehenden Armee vorläufig übernehmen. Gestern wurde Kriegsrath in Kars gehalten. General Filipoff vom Stabe, welcher im vorigen Jahre Kleinasien bereist hztte, soll bei dieser Gelegenheit, wie hon wiederholt während dieses Krieges, für eine vorläufige Cernirung von Erzerum und die Fort- seßung des Marschhes gegen Westen in Kleinasien plädirt haben. General Fürst Melifkof f hat die Auf- ständischen bei Aul Sudahar geschlagen. Die Gefan- genen wurden allsogleih erschossen. Aus Kumah bei Schura ist eine Deputation der Jnsurgenten bei Melikoff einge- troffen; der Fürst verlangt die bedingungslose Unterwerfung.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Als 40. Band der „Thaerbibliothek“" ist die „Zimmer- gärtnerei“, Anleitung zur Anzuht und Pflege der für die Unter- haltung in bürgerlihen Wohnräumen geeignetsten Ziergewächse, von T h. Rümpler, General-Sekretär des Gartenbauvereins in Erfurt, erschienen (Berlin, Wiegandt, Hempel und Parey, Verlagsbuchhand- l'ng für Landwirthschaft, Gartenbau und Forstwesen, 1877). Der Verfasser giebt in gedrängter Kürze Anleitung über die Pflege und Bewahrung der Pflanzen im Zimmer und bespricht diejenigen Zier- gewächse, welche vorzugsweise zur Kultur in den Wohnräumen ge- eignet sind. 68 gute Holzschnitte illustriren das nah den neuesten Erfahrungen gearbeiteie und deéhalb auch neben größeren Werken brauchbare Buch. Der Preis beträat, wie für jeden anderen Band der Thaerbibliothek gebunden 2,50 M.

Gewerbe und Handel.

Berlin. Am 26. November wird sich der Vorstand des im Mai zu Gifhorn gestifteten Vereins deutscher Torf- interessenten unter dem Vorsiße des Hrn. Pozge-Blankenhof hier versammeln, um unter Anderm seine Zahl auf die vorgeschrie- bene Höhe zu bringen. Es wird dabei namentlih auch auf eine an- gemessene Vertretung Oldenburgs Bedacht genommen werden.

Die Generalversammlung der Berliner Weißbier - Brauerei-Aktien-Gesellschaft, vormals Carl Landré, nahm den Geschäftsbericht, sowie die Bilanz pro 1876/77 entgegen, genehmigte diese, so wie die auf 48 A (8/0) per Aktie festgesetzte Dividende und ertheilte Decharge. / H s

Deutsch-Crone, 18. November. (Nat. Z.) Am 29, Ok- tober ift hier eine städtishe Bauschule mit 98 Schülern ins Leben

- getreten. Dieselbe ist auf das Zweckmäßigste eingerichtet und reichlich

mit Lehrmitteln und allem Zubehör ausgestattet.

Die deutsche Werkzeugmaschinenfabrik (vormals Sondermann u. Stier) in Chemnitz hat die 1876/77er Geschäfts- periode mit einem Verluste von 55296 4 abgeschlossen, welcher fich durch Mitverwendung des Meservefonds auf 27578 H. ermäßigte. Der Jahresumsaß betrug nur 312369

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 21 November. Das Postdampfschiff „Straß- burg“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen it gestern wohl- behalten in Buenos Arres angekommen. : E

Southampton, 21. November. Das Postdampf\chiff „Weser“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 10. November von New-York abgegangen war, ift gestern 11 Uhr Abends wohlbehalten hier angekommen und hat nach Landung der für Southampton bestimmten Passagiere, Post und Ladung heute die Reise nah Bremen fortgeseßt. Die „Weser“ überbringt 107 Passa- giere und volle Ladung. :

New-York, 20. November. Das Postdampffchiff „Donau“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 4. November von Bremen und am 6. November von Souihampton abgegangen war, ist heute wohlbehalten hier angekommen.

Berlin, 22. November 1877.

Das Wallner-Theater wird am Todtenfeste drei ernste ein- aktige Stücke aufführen, und zwar „Die Arbeiter“, „Onkel Moses“ und „Adelaide“. Dke Rollen des Moses Mend:lssohn und Beet- hoven sind bekanntli zwei der trefflichsten Charakfterzeichnungen des Hrn. Direktor Lebrun, und da der Künstler dieselben in Berlin seit langen Jahren nicht zur Darstellung bringen konnte, fo dürfte die Wahl dieser Stücke eine dem kunstsinnigen Publikum willkommene sein. Am Montag wird dann wieder „Größenwahn“ gegeben werden, welcher beliebte Schwank dann ohne Unterbrehung bis zur Auffüh- rung der L'Arronge’schen Posse „Hasemann's Töchter“ auf dem Re- pertoire bleiben dürfte. : A 1

Der Shhluß des S adttheaters in Leipzig während des \ächsishen Bußtages bot der Direktion des National-Theaters die günstige Gelegenheit, die beliebtesten Mitglieder dieser Bühne mit Frl. Wessely, welche in der Gunst des Publikums bereits fest- steht, zu einem einmaligen Gesammtgastspiel zu gewinnen. Zur Aufführung kommt „Kabale und Liebe“. Da auch Hr. Carl Sontag seine Mitwirkung bereitwilligst zugesagt hat, K steht den Theater- freunden morgen ein besonderer Genuß in Aussicht.

Die sogenannten Jubiläumsfsänger haben in ihrem gestrigen 4. Konzert in der Sing-Akademie wieder ein fast ganz neues, aus 15 Nummérn bestehendes Programm unter außerordentlichem Beifall des zahlreih versammelten Auditoriums auszeführt. Vorzugsweise An- erkennung erzielten Miß Porter und Mr. Loudin durch den Vortrag des Duetts „We pait not yet“ (Noch brauchen wir nicht von einander scheiden) mit einem wunders{ön verklingenden Pianissimo. Das Lied „The bells“ (Die Gloden), welches {hon in früheren Konzerten sehr gefallen hat, bildete cine dankentwerthe Zugabe zu dem reihhal- tigen Programm des gestrigen Abends. Morgen (Freitag) werden die Jubiläumssänger im Kaisersaal der Flora in Charlottenburg ein Konzert zu ermäßigten Preisen und demnächst in der Sing-Akademie am Sonnabend, den 24. d. M’, ihr leßtes Konzert veranstalten.