1877 / 278 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

führungen wies der Redner die seltsamen Mittel und Wege nah, deren das Centrum sih zur Herbeiführung des ihm an- geblich am Herzen liegenden Friedens bediene. Andererseits habe der preußishe Staat einen Kampf gegen Glaubensmeinun- en nie versucht; er sei aber auch nicht mehr wie früher so beschaffen, daß er eben erst gegebene Geseße aus Gunst unaus- geführt lassen könne ; er fei moralisch das stärkste Gemeinwesen in Europa, und werde sich niemals abshrecken lassen, seine Geseße gegen Jedermann und alle Welt durchzuführen. Für den S iodonssdluß zwischen Staat und Papstthum bedürfe es eines Programms ; dieses habe das Centrumherbeizuschaffen, könne dasselbe aber niht von dem Kultus-Minister erwarten oder .for- dern. Wer Revision wolle, müsse sagen, welcher bestimmten Punkte. Durch eine Aeußerung des darauf folgenden Redners, des Abg. Dr. von Jazdzewski, veranlaßt, wies der Regierungs- kommissar, Geh. Ober-Regierungs-Rath Lucanus, die Angriffe egen die sittlihe Jntegrität der staatstreuen katholischen

farrer energisch zurück; es sei vom Ober-Präsidenten kein Pfarrer angeneSh der nicht vorher {hon unangefochten eine Pfarrstelle bekleidet habe. Wenn gegen diese Pfarrer jeßt von dem Centrum Widerspru erhoben würde, fo sei derselbe an die falsche Adresse gerichtet, denn diese „erbärmlichen Subjekte“ seien durch die Bischöfe selbst in 1hr früheres Amt eingeführt und als Pfarrer installirt. Der Abg. Graf Limburg-Stirum hob hervor, daß der kirchenpolitishe Kampf nur eine Machtfrage sei, in der es sich darum handele, ob Rom eine größere Autorität in Preußen ausüben solle, als man ihm zugestehe. Das Centrum hätte erst dann das Recht, eine evision der Maigeseße zu verlangen, wenn es den ernst- lihen Versuh gemacht haben würde, dieselben auszuführen und die Unmöglichkeit eingesehen hätte. Nah einer Reihe E N Bemerkungen vertagte sich das Haus um 3} Uhr.

Jn der heutigen (21.) Sizung des Hauses der Ab- geordneten, welher am Ministertishe der Minister der geist- lichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk und mehrere Regierungs- kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß von den Abgg. Dr. Virchow und Zelle ein Antrag auf Abände- rung des §. 34 der Geschäftsordnung des Hauses eingegangen sei.

Darauf wurde die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen 2x. Ange- legenheiten fortgeseßt. Bei der Position „Aushülfe zu Zwecken der Kanzlei“ entgegnete der Staats- Minister Dr. Falk auf eine Anfrage des Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst, daß er auf die vielen gedruckten Peti- tionen, welche ihm von Katholiken um Aenderung der bis- herigen Regierungspraxis in der Schulfrage zugegangen seien, einzeln zu antworten, niht die Absicht habe, da einestheils die von der Landesvertretung gebilligte Haltung der Regierung in dieser Fragegenügend und allgemein bekannt sei, anderntheils er nicht die Absicht habe, die katholischen Agitatoren in ihrer Thätig- keit zu unterstüßen. Der Abg. Richter (Sangerhausen) be- merkte, daß die Frage demnächst in der Unterrichtskonmmission und auch im Plenum des Hauses zur Erörterung kommen würde. Nach einer Replik des Abg. Frhrn. von Schorlemer- Alst wurde die Position genehmigt. Bei der Position: „Ge- rihtshof für kirhlihe Angelegenheiten“ beantragte der Abg. Windthorst (Meppen) eine gesonderte Abstimmung. Dem Abg. Dr. Roeckerath gegenüber charakterisirte der Abg. Dr. von Sybel nochmals die illegale Haltung der Ultramontanen, die geseß- widrige Renitenz gegen die Maigeseße in der Bevölkerung und dem Klerus zu shüren, und sprach seine Bewunderung über die Langmuth des Hauses aus, mit welcher es derartige Aus- einanderseßungen anhöre, (Schluß des Blattes).

Die Einnahmen an Zöllen und gemeinschaft- lihen Verbrauchssteuern sowie anderenEinnahmen im Reiche haben für die Zeit vom 1. April 1877 bis zum Sglusse des Monats Oktober 1877 (verglichen mit der Ein- nahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) betragen: Zölle und gemeinschaftliche Verbrauchssteuern (vergl. die spezielle Nachweisung in Nr. 272 d. Bl.) 107942 275 M (—4431175 46), Wewselstempelsteuer (desgl. Nr. 270) 4044168 M (+ 42349 M4), Post- und Telegraphenverwaltung 70173238 M (+298012946), Reichseisenbahn-Verwaltung 21 302148 /(— 1 009 371 46). Die Einnahme der Reichseisenbahn - Verwaltung des laufenden Jahres is nach provisorishen Ermittelungen, diejenige des

orjahres nach den definitiven Feststellungen angegeben. Ferner sind für beide Jahre die Einnahmen der von dem Reiche gepachteten Wilhelm - Luxemburg - Bahn, welche in den vorjährigen Nachweisungen nicht berücsichtigt worden sind, mit einbegriffen ; ohne dieselben stellen sich die Sohlen wie folgt: Einnahmen vom 1. April 1877 bis Ende Oktober 1877 18920 040 #4, Einnahmen in demselben Zeitraum des Vorjahres 19 615 413 s, demna 1877 weniger 695 373 M

Nach der vom Reichhs-Eisenbahnamt in der gestrigen Nummer dies. Bl. veröffentlichten Uebersicht der Betriebsz3-Ergebnisse deutsher Eisenbahnen exkl. Bayerns im Monat Oktober d. J. stellt sich auf den 88 Bahnen, welche in dem Zeitraume vom 1. Januar 1876 bis Ende Oktober 1877 im Betriebe waren und zum Vergleich gezogen werden können: die Einnahme aus allen Verkehrs- zweigen im Monat Oktober d. J. bei 59 Bahnen höher und bei 29 Bahnen geringer als in demselben Monat des Vor- jahres, und die Einnahme pro Kilometer i m Monat Oktober d. J. bei 1 Bahn unverändert, bei 56 Bahnen höher und bei 31 Bahnen (darunter 7 Bahnen mit vermehrter Betriebs- länge) geringer als in demselben Monat des Vorjahres; die Einnahme aus allen Verkehrszweigen bis Ende Oktober d. J. bei 35 Bahnen höher und bei 53 Bahnen geringer als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und die Einnahme pro Kilometer bis Ende Oktober d. J. bei 29 Bahnen Quer und bei 59 Bahnen QULOE 12 Bahnen mit vermehrter

etriebslänge) geringer als in demselben Zeitraum des Bor- jahres. Bei den unter Staatsverwaltung O Privat- eisenbahnen einschließlich der Annaberg - Weiperter und Chemniß - Würschnißer Eisenbahn beträgt Ende Okfto- Ver 0. . das gesammte fonzessionirte Anlagekapital 1 177 999 800 A (416 265 900 Æ Stammaftien, 44 595 000 B Prioritäts-Stammaktien und 717 138 900 4 Prioritäts-Obli- geen , und die Länge derjénigen Strecken, für welche

ieses Kapital bestimmt is, 417453 km, so daß auf je 1 km 282181 M entfallen. ei den unter Privat- verwaltung stehenden Privateisenbahnen aus\cließlich der Uelzen-Langwedeler Eisenbahn beträgt Ende Oktober d. J.

das gesammte fonzessionirte Anlagekapital 3 051 202 207 M.

1 066 621 558 M Stammaktien, 331 611 090 M Prioritäts-

Stammaftien und 1 652 969 649 M Prioritäts-Obligationen)

pital bestimmt ist, 12 279,04 km, so daß auf je 1 km 248 489 fommen.

Vom Kaiserlichen Zoll- und Steuer-Rechnungs-Bureau ist die provisorishe Abrechnung zwischen dem Deut- \hen Reiche, Oesterreih (wegen der dem Deutschen Zoll- ebiete angeschlossenen Gemeinde p ca gas Luxem- urg über die gemeinschaftlihen Einnahmen an P Rübenzuckersteuer, Salzsteuer und Taback-

1877/78 gigen? worden. Nach derselben belief sich die gemeinschastliche Solleinnahme aus den vorgenannten Abgaben- zweigen einschließlich der Freishreibungen für privative Rech- nung der norddeutshen Staaten auf rund 64898134 M; hiervon gehen an Erhebungs- und Verwaltungskosten, sowie an unmittelbaren Ausgaben der Reihs-Hauptkasse 5 216 402 ab, so daß sich der zur gemeinschaftlichen Theilung zu stellende Betrag auf 59 081 732 H beläuft, von welchen 58 465 022 H im deutschen Zollgebiete und 616 710 # Luxemburg auf- gekommen sind. Der Antheil nach dem Verhältniß der Be- völkerung (42 337 798 Einwohner) berechnet sich für das deutsche Zollgebict (42 132 434 Einw.) auf 58795150 &í, für die österreihishe Gemeinde Jungholz (206 Einw.) auf 288 # und für Luxemburg (205 158 Einw.) auf 286 294 M, so daß leßteres von seinen Einnahmen 330 128 6 an das deutsche Zollgebiet und 288 4 an ODester- reih herauszuzahlen hat. Bezüglih der einzelnen Abgaben- zweige ist zu bemerken, daß die Zölle eine Bruttoeinnahme von 52 601 130 A geliefert haben; hiervon ab an Erhebungs- und Verwaltungskosten 5 610 697 H, bleiben zur Theilung 46 990 433 6. Bei der Rübenzucersteuer ist statt einer Einnahme ein Minus von 3741 097 # nachgewie}en, welches dem Umstande zuzuschreiben ist, daß die für ausgeführten Rüben- zucker gezahlten Ausfuhrvergütungen die Steuereinnahme um den Betrag von 3734975 #6 überstiegen haben, denen noh eine Ausgabe von 6122 # für Beaufsihtigung der Rüben- udckerfabriken hinzutritt. Die Solleinnahme an Salz- Des hat 15 685 443 M betragen ; hiervon sind 131 800 M Verwaltungsausgaben in Abzug gebracht und im Ganzen 15 553 643 6 zur Theilung gestellt worden. Die Steuer vom inländi{Gen Tabaccksbau endlih ergab 346 536 M Werden hiervon die Erhebungs- 2c. Kosten mit 67 783 in Abzug gebracht, so verbleibt ein Nettoauskommen von 278 753 M

Auf Anordnung des Handels-Ministers sind die Nate A0 gev der Fabrik-Fnspektoren für das Fahr 1876 veröffentliht worden (Berlin, 1877, Fr. Kort- kampf). Wir werden auf den Jnhalt dieser Publikation noch zurüdkfommen.

Görliß, 22. November. Fn der heutigen (dritten) Plenarsitzung des Oberlausißer Kommunal-Landtags erstattete das Kuratorium für das ständishe Waisenhaus zu Reichenbach O./L. Bericht über die Verwaltung und den günstigen Stand der Anstalt; es wurde beschlossen: auch für das Jahr 1878 die Bewilligung einer Hauskollekte innerhalb der Ober- lausiß nachzusuchen. Ebenso berichtete die Direktion der Hülfs- kasse über deren Verwaltung. Aus dem hiernächst erstatteten Berichte des Bank-Kuratorii nahm der Landtag mit Befriedi- gung Kenntniß von dem günstigen Resultate der Bankver- waltung für das Jahr 1876, faßte ge, vom Kuratorium bezw. von dem mit der Vorberathung beauftragt gewesenen Ausschusse angeregte Beschlüsse, namentliÞ auh wegen“ nach- träglichér Einlösußg ber bisher nicht präsentirten und bereits präkludirten Banknoten, und f'ellte den Geschäftsunkosten- Etat für das Jahr 1878 fest. Der Landtag nahm ferner davon Kenntniß, daß bei der abgehaltenen außerordentlichen Kassenrevision sämmtliche ständishe Kassen wiederum in

uter Ordnung befunden, und daß die, übrigens - unerheb- ihen Erinnerungen gegen die Rehnungen pro 1876 größten- theils bereits erledigt worden, faßte über Vernichtung der ein- gelösten Coupons von den Obligationen und über nach- trägliche Einlösung noch nicht präsentirter Coupons Beschluß und ertheilte Decharge. Sodann erstattete die Feuersozietäts- Direktion ihren Verwaltungsbericht, aus dem sich insbesondere ergiebt, daß das Jahr 1876 hinsichtlih der Brandschäden ein ünstiges war, daß der Versicherungsbestand am 30. Septem- er d. J. bei den Gebäuden die Höhe von 40 534 320 M, bei dem Mobiliar von 11 174 280 M4, erreichte und daß bei fort- währendem quantitativen Wachsen der Sozietät namentlich der qualitative Bestand sih immer günstiger gestaltet. Nachdem der Landtag über einige Spezialfälle Beschluß gefaßt hatte, be- {loß er auch eine Abänderung der §8. 29 und 30 des Reglements vom 5. August 1863 zu dem Zwecke größerer Se Ae der Sozietät gegen böswillige und fahrlässige Brandstister. Bezüglih des Pensionsfonds für emcritirte evan Ee Geistlihe wurde eine rechnungsmäßige Trennung der Fonds, je nachdem dieselben aus den Mitgliederbeiträgen oder aus den ständischen Bewilligungen und dem Zuschusse der Stadt Görliß herrühren, beschlossen. Ueber die Graf Löbensche Stiftung von 15 000 s für christlih mildthätige Zwecke wird der Landtag alljährlich je nach dem obwaltenden Bedürfniß verfügen ; eine fernere, die bestehende Schulfondstifstung erwei- ternde Stiftung der Frau Gräfin Löben zur Unterstüßung von Lehrern und deren Familien wurde angenommen. Der Landtag bewilligte endlih dem Centralcomité der \{lesischen Musikfeste behufs Erwerbung einer transportablen Musikhalle einen einmaligen Beitrag von 1500 #, dem Professor Dr. Knothe in Dresden zu den Kosten des Druckes einer „Ge- schichte des Oberlausißer Adels und seiner Güter vom 12. bis Mitte des 16. n med cine Subvention von 300 M und die Anschaffung von 100 Exemplaren des Werkes, sowie einige Unterstüßungen für Wittwen verstorbener landständisher Beamten, stellte die Bewilligung eines Bei- tragcs zur Begründung eines Lehrerinnenstifts in Aussicht, lehnte aber die Bewilligung eines Beitrages zur Erbauung eines Schulgebäudes für die Landwirthschaftsshule in Liegniß ab. Die Bewilligung eines Beitrages zu den Kosten des Druckes der Regulative, Reglements 2c. über die ständischen Stiftungen und Wohlthätigkeitsfonds und Anstalten wurde für nächstes Jahr in Aussicht gestellt, und für Wander-Bitliotheken wurden wiederum 400 M bewilligt.

der in der Abgeordnetenkammer heute fortgeseßten Be-

schule und die Verlegung derselben an die Universität Mün- der Herzsche Antrag auf Belaffung einer f

und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Ka-

chen mit 78 gegen 75 Stimmen 9 etner For und damit auch

fenburg neben der an der Universität München zu errichten-

teuer für das 1. und 2. Quartal des Etatsjahres |-

Vayern. München, 23. November. (W. T. B.) Bei ! l ? | wann ! der soeben erwähnte Bericht fix und fertig vorliegen dürfte. rathung des Forstetats wurde das Regierungspostulat, betreffend die Aufhebung der Aschasfenvurger Forst- | rathung geschlossen. | von fünf orstschule in Aschaf- |

den wegfällig. Der Antrag des Ausschusses auf Beibehaltung der Aftha enburger Forstschule und der t M des Abg. Kurz, die Regierung um Reorganisation der As Forkschule zu ersuchen, wurden angenommen. A

424. November. (W. T. B.) Der Fi aanz-Minister von Berr hat seine Entlassung genommen. An feiner Stelle ist der Ministerial-Direktor von Landgraf zum Finanz-Minister ernannt worden.

Speyer, 19. November. Der „Allg. Ztg.“ wird eschrieben: „Gestern wurde hier die ordentlihe General- ynode durh den Kökiglihen Kommissär Reichsrath

von Böing und den Königlichen Konsistorial-Direktor Glaser feierlih eröffnet. Wie bereits bekannt, hat die liberale Partei ein Uebergewicht von B als zwei Dritteln der Stimmen, und davon au sogleih bei der Wahl der Sekretäre so aus- giebigen Gebrauch Femde, daß die konservative sih der Ab- stimmung zu enthalten für gut fand. Jn welchem Sinne die Lösung der Aufgabe ausfallen wird, die der Synode durch die drei ihr bei dieser Eröffnun O EtYe t Vorlagen gestellt ist, dürfte sih aus diesem ales Akt bereits erschließen lassen. Sie wird nämlih über Einführung einer neuen Kirchenagende, eventuell Herübernahme der neuen badischen, über Herstellung einer neuen Geschäftsordnung für die Generalsynoden, ins=z besondere in Betreff der Wahl ihres Präsidenten, der ihr: bisher im Konsistorial-Direktor gegeben war, und über die: Mitwirkung der Presbyterien bei der Beseßung der Pfarreien zu berathen haben, über leßten Punft zunächst nur zum Zwcck einer gutachtlichen Aeußerung.“

Württemberg. Stuttgart, 22. November. Heute ist der Landtag wieder zusammengetreten. Jn der Kammer der Abgeordneten begrüßte Präsident von Hölder die Mitglieder des Hauses und leitete sofort zu den Geschäften über. Die drei neu gewählten Abgeordneten wurden einge- führt. Dann schritt die Kammer zur Berathung eines Geseßz- entwurfs, betreffend die Rechtsverhältnisse der Volksschullehrer.

Baden. Karlsruhe, 23. November. Jn der Zw ei- ten Kammer wurde heute der Geseßentwurf, welcher die Forterhebung der Steuern im Dezember und Januar verfügt, einstimmig angenommen.

Hessen. Darmstadt, 21. November. Dem „Frkf. Journ.“ schreibt man: Die Gewerbeordnung des Reiches- gestattet den einzelnen Regierungen, die Genehmigung zur Errichtung von Schankstellen für Branntwein und Spiritus von dem Nachweis des Bedürfnisses abhängig zu machen. Jn Hessen hat man unterlassen, eine solche Be- stimmung zu las und es haben sich die schädlichen Folgen durch das Ueberhandnehmen der Branntweinschänken gezeigt. Ein Antrag des Abg. Büchner ersucht die Regierung um Vor= lage eines Geseßes in obigem Sinne.

Braunschweig. Braunschweig, 22. November. (W. T. B.) Behufs Ausführung der Reihs-Justizgeseße ist der Landtag zu einer außerordentlichen Session: auf den 5. Dezember einberufen worden.

ffenburger

Hesterreih-Ungarn. Wien, 23. November. (W. T. B.)- Bei der heutigen Generaldebatte des Ausgleihs-Aus-- schusses über den Zolltarif und das E nisihrungsgeses. wünschte d&x Abg. Dumba Auskunft von der Meru über den Gang der mit Deutschland gepflogenen Verhandlungen und das Scheitern derselben, sowie darüber, ob und in welchem Zusammenhange die Finanzzölle mit den übrigen Tarif- bestimmungen ständen und ob sich hierüber getrennt verhan- deln lasse. Der Handels - Minister erwiderte, die Frage nah dem Gange der Verhandlungen mit Deutschland lege der Re- gierung eine gewisse Reserve auf, und wünsche er, mit Rück- iht auf den internationalen Charakter der Verhandlungen, seine Eröffnungen in vertrauliher Weise zu machen. Es wurde hierauf für morgen Abend die nächste Sißung anbe- raumt, welche als eine vertrauliche behandelt werden joll.

Pest, 22. November. Fm Abgeordnenhause wurde heute die Generaldebatte über die Strafgeseßvorlage eröffnet. Justiz-Minister Perczel beleuchtete als erster Redner die leitenden Grundsäße des Entwurfes, betonte, daß derselbe die Mitte zwishen Strenge und Humanität einhalte und empfahl s{ließlich dem Hause die Annahme der Vorlage. Da eine größere Anzahl von Rednern zum Worte vorgemerkt ist, dürfte die Generaldebatte mehrere Sißungen in Anspruch nehmen.

Schweiz. Bern, 21. November. Der „N. Zürch. Ztg.“ wird aus der Bundesstadt geschrieben: „Die national- räthlihe Kommission für die Herstellung des finanziellen Gleihgewichts hat ihre Arbeiten abge- \{lossen. Wie bereits bekannt, s{lägt sie beim Militärwesen Ersparnisse im Betrage von 2 Mill. vor. Damit sind aber nit alles Ersparnisse gegenüber den bisherigen Auslagen ge- meint, sondern für circa eine Viertelmillion solche gegenüber den Anforderungen, welche die strikte Vollziehung der Militär- organisation in Zukunft weiter an uns stellen würde. An den bisherigen Militärauslagen würden somit im Falle der vollständigen Annahme der Kommissionalanträge circa 1!/4 Mill. erspart, und dazu noch circa 1/2 Mill. weitere Ersparnisse im Departement des Junnern, an den allgemeinen Verwaltungs- kosten 2c. kommen. Die in Aussicht genommenen Mehr= einnahmen betreffen die Post- und die Zollverwaltung. Was die hon früher erwähnte Einführung einer Zuschlagstaxe von 2/19 auf allen oder einer höheren “Taxe auf einzelnen (etwa mit Auss{luß der Rohstoffe) Abtheilungen der zoll- pflichtigen Gegenstände betrifft, so ist dieser Antrag nur ein eventueller, gestellt für den Fall, daß sih die Festseßung und das Jnkrafttreten eines neuen Hans noch auf längere Zeit, 2—3 E hinaus verzögern würde, wie viele einsichtige Männer befürchten. Das Hauptaugenmerk der Kommission ist auf eine möglichst baldige und vollständige Deckung des Defizites gerihtet. Ein Urtheil über ihre Anträge wird erst dann möglih scin, wenn der sehr einläßliche Bericht ihres Präsidenten, Herrn Burger, im Drudcke vorliegt. Die national- räthlihe Budgetkommission hat sich in Sektionen abgetheilt und wird sih am 30. November wieder versammeln, bis wann

22. November. Auch die ständeräthliche Kommis- sion zur Herstellung des finanziellen Gleichgewichts hat ihre Be- Es wurde ein Spritsteuer-Ertrag illionen, wovon eine zu Gunsten der Kantone, in Aussicht genon:men und die übrigen Posten ziemlih unver- ändert acceptirt.

Großbritannien und Frland. London, 22. November. Der SEREIETRE der Kronprinzessin Victoria, Prinzeß Royal of Great Britain, wurde gestern in Windsor in herkfömmliher Weise festlich begangen. Die Glocken der St. Georgsfapelle und der Pfarrkirche ließen ihr Festgeläute ershallen, und von den Geschüßen im Long Walk und in Virginia-Water wurden Salutschüsse abgefeuert. Dem „Melbourne Argus“ zufolge wäre die britische Regierung an- gegangen worden, die neuen Hebriden-Fnseln zu annefktiren. :

: Aude n. Bombay, 5. November. (Reuters Bureau.) Die Regierung errichtet eine Batterie von vier 40pfündigen Se Geschüßen in Quetta. Die durch den Bolan-Paß führende Straße wird verbessert. Die neue indishe Marine is in der Organisation begriffen. Man

erwartet, sie werde sih im April nächsten Jahres in Betriebs- ordnung befinden.

Frankreich. Paris, 23. November. (W. T. B.) Das neue Geschäfts - Ministerium ist heute definitiv kon- stituirt worden. Dasselbe besteht aus: Rochebouet , Con- seils-Präsident und Kriegs-Minister, Banneville, Minister des Auswärtigen, Welche, Minister des Jnnern, Lepelletier, Justiz- Minister, Dutilleul, Finanz - Minister, Ozenne, Handels- Minister, Graeffe, Minister der öffentlihen Arbeiten, Faye, Unterrichts - Minister, und Rouxin, Marine - Minister. Wie aus Regierungskreisen verlautet, würde sih das neue Kabinet den Kammern morgen vorstellen. Nah dem „Moniteur“ bestände das Programm desselben darin, alle olitishen Meinungen und Debatten absolut bei Seite zu assen, und si einzig und allein der Erledigung der Geschäfte zu widmen. Das Kabinet werde den Kammern die ge- bieterishe Nothwendigkeit darlegen, sofort die Berathung des Budgets vorzunehmen, und die beunruhigten und gefährdeten Uen wieder zu befestigen; dasselbe werde die ammer und den Senat einladen, auf diesem Terrain betreffs der zur Auflösung führenden politishen Voreingenom- menheiten und Meinungen eine Waffenruhe zu \{ließen. Von Seiten der Linken wird eine Fnterpellation, betreffend die von dem neren Ministerium einzuhaltende Po - [litik vorbereitet. Wie in parlamentarishen Kreisen verlautet, soll das Aqchtzehner- Comité beschlossen haben, sofort in der morgenden Sißung der Kammer das Ministerium zu befragen, ob es geneigt se, die vom Ministerium Broglie den Behörden ertheilten Jn- struktionen hinsichtlih der Untersuhungskommission zurückzunehmen, und im Gegentheil die Behörden anzuweisen, den Anordnungen der Kommission Folge zu leisten. Jm Falle einer ablehnenden Antwort solle sofort ein Mißtrauen s- votum eingebracht werden.

Das „Journal officiel“ vom 22. d. M. veröffentlicht an seiner Spiße die Resolution der Deputirtenkam- mer, betreffend die Ernennung einer mit der parlamen- tarishen Enquete über die Wahlen vom 14. und 28. Oktober beauftragten Kommission. Dieselbe lautet:

Art. 1. Ein in den Abtheilungen ernannter Auss{uß von 33 Mit;liedern wird beauftragt, eine parlamentarische Untersuchung über die Afte zu führen, welche seit dem 16. Mai darauf abzielten, einen ungeseßlihen Druck auf die Wahlen zu üben.

Art. 2. Zu diesem Behufe kann der Auss{huß, abgesehen von

den besonderen Untersuchungen, die. er in den Departements einzu- leiten für angemessen halten sollte, sei es auf die von der Kammer im Laufe der Wahlprüfungen beschlossene Verweisung, sei es: von Amts wegen sich sämmtliche Aktenstücke über die Wahlen vom 14. und 28. Oktober vorlegen lassen. Er wird zur Erfüllung seines Auftrag? mit den umfassendsten Gewalten; die nur den Ausschüssen für parlamentarische Untersuchungen, zustehen können, ausgestattet. __ Art. 3. Er hat so bald als mögli einen Bericht zu erstatten, in welchem er alle Thatsachen, die geeignet sind, aus irgend einem Rechtsgru:.de die Verantwortlichkeit ihrer Urheber, wer diese auch sein mögen, zu belasten, darzulegen und der Kammer die Beschlüsse t, welche seiner Ansicht nach durch diese Thatsachen ge- oten 11nd.

Weiter veröffen licht das amtliche Blatt ein Dekret des Präsidenten der Republik, welches die Wähler des 9. Ar- rondissements von Paris auf den 16. Dezember zur Wahl eines Abgeordneten an Stelle des Hrn. Jules Grévy, der für Dôle optirt hat, einberusft. e __ Versailles, 23. November. (W. T. W.) Die Depu- tirtenkammer fuhr auch heute mit der Prüfung der A fort und erklärte mehrere konservative Wahlen für gültig. :

__ Spanien. Madrid, 23. November. (Cöln. Dig.) Eine offizielle Verfügung befiehlt dem obersten Kriegsrath der Marine, sich aller Abänderungen in Bezug auf die Königlichen Ordonnanzen zu enthalten, welche das friegs- gerichtliche Verfahren regeln.

Griechenland. (W. T. B.) Die W. „Presse“ vom 24. d. meldet auf Grund eines Athener Konsularberichts, der griehische Ministerrath habe dem Kriegs - Minister einen Kred it von 4z Millionen Drachmen zur Beschleu - nigung der Kriegsvorbereitungen bewilligt. Jn Athen seien bereits 36 000 Gewehre und 10 Millionen Patro- nen eingetroffen, weitere 25 000 Gewehre und 10 Millionen Patronen seien bestellt.

Türkei. Konstantinopel, 23. November. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden teilia ten hat der Khedive gestern ein neues Dokument, betresfend die Anleihe, unterzeichnet. Das alte Dokument verpflichtete den Khedive, dem Sultan eine Annuität, welche die Basis für die Anleihe bilden sollte, zu zahlen. Das neue Dokument legt dem Khedive die Ver- pflichtung auf, die Ren Zahlungen direkt an das Haus Gluen in London zu leisten.

Aus Konstantinopel, 14. November, s{hreibt man der „Pol. Korr.“ :

„Die Regierung is mit der Bewegung der Muradisten und Mithadisten noch nicht fertig. Vorgestern * waren neue Plakate, viel revoluiiviiurer als die am 2. November verbreiteten, an den Moscheen von Stambul affichirk. Selbst in die Bureaus der Hohen Pforte wurden sie einges{chmuggelt. Diesmal handelte es sich nicht um mehr oder weniger unpopuläre Minister, sondern um ‘den Sultan Abdul Hamid selbst, dessen Abseßung die Muradisten verlangen, um Murad auf dem e:schütterten Thron der Khalifen wieder einzuseßen. Die Po- lizei beeilte sich, die eres Plakate zu entfernen, ohne daß es dabei zu offenen Ruhestörungen gekommen wäre. Die Agitation im Volke und die Erregtheit des Sultans gegen seinen Bruder seit diesem neuen Zwischenfalle sind aber bis zum Aeußersten gediehen. Man behauptet hier, daß die ganze Bewegu ‘g das Werk Mahmud Damat Paschas sei, welcher dadurch Abdul Hamid in einem seinen Einfluß fördernden Screcken erhält. Es sind das übrigens alt- gewohnte Praktiken der Günstlinge der Sultane. Thatsache ist es,

ist und unter seinen perfönlihen Feinden cine neue Razzia dur die Polizei ausführen ließ, welhe die Gefängnisse mit ihnen dberfalt

Nußland und Polen. Taschkent. Turk. Ztg. Mahmut Chan, der Bevollmächtigte des S Babacläè von Kaschgar, soll in der ersten Hälfte dieses Monats in Taschkent eintr fen. Mahmut-Chan war früher Kommandant der unweit Kaschgar gelegenen Festung Artush. Am 16. Ok- tober (a. St.) reiste der Staatsrath Weinberg mit Aufträgen an den Emir von Buchara von hier ab.

Amerika. Washington, 21. November. (Reuters Bureau.) Das Finanz-Comité des Senats hat diesem Hause heute einen Bericht zu Gunsten der von Mr. Bland eingebrachten Silber-Bill erstattet, indeß mit dem Zusate, daß niht weniger als 2 000 000 Dollars und nit mehr als 4 000 000 Dollars Silber-Dollars monatlich geprägt werden sollen. Der amendirte Gesezentwurf verfügt ferner, daß diese Dollars sammt den vorher geprägten geseßlihes Zahlungs- mittel bilden sollen, ausgenommen in Fällen, wo die ge- \{hlossenen Kontrakte eine anderweitige estimmung treffen. Der New-Yorker „Evening-Post“ zufolge, hätte der Präsident Hayes den Entschluß kundgegeben, jedwede Silber-Bill mit seinem Veto zu belegen, die niht ausdrücklich die Staats\chuld von ihren Operationen eximirt.

Der rufsish-türkische Krieg.

(W. T. B.) Wie der „Kölnischen Zeitung“ vom 24. aus K onstantinopel gemeldet wird, hat Essad Bey, der türkische Gesandte in Wien, auf eine dort wegen einer V e r- mittelung tepatene Anfrage eine abschlägige Antwort erhalten. Der Augenblick zu einer solchen sei noch nit ge- e im Uebrigen möge s\ich die Pforte an Rußland wenden.

London, 23. November. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Konstantinopel von heute, auf die Vorstellung des englischen Vertreters, Layard, daß nahe an 60 griehishe Schiffe, zum Nachtheil des Handels anderer Länder mit besonderen Erlaubnißscheinen versehen, in das in Blokadezustand erklärte S{warze Meer eingelaufen seien, habe die türkishe Regierung 3 mit Getreide beladene griehishe Schiffe am Eingang des Bosporus anhalten und durch das Prisengeriht verurtheiten lassen. Jn einer neuen Note habe Layard der Pforte angezeigt, daß 5 weitere griechishe Schiffe sich in Nicolajeff befänden und Getreide verladen. Layard habe daran die Drohung geknüpft, daß England sich weigern würde, die Blokade anzuerkennen, wenn dieje Schiffe nicht, sei es innerhalb des Blokaderayons, sei es auch selbst im Bosporus, nachdem sie die Blokadelinie schon passirt hätten, mit Beschlag belegt würden. Die Pforte habe versprohen, dem Verlangen Layards stattzugeben.

es wird dem „Reuterschen Bureau“ aus Konstanti- nopel gemeldet, der türkische Gesandte in Wien, Essad Bey, habe telegraphisch angezeigt, er habe den Grafen Audrass\y wegen einer Mediation sondirt, Graf Andrassy habe indeß darauf hingewiesen, daß eine Mediation inopportun und im gegenwärtigen Augenblicke nicht angenommen werden würde. Auf eine von Essad Bey wegen Serbiens an den Grafen Andrassy gerichtete Anfrage habe der leßtere erklärt, falls Serbien in den Krieg eintrete, werde Oesterreich er- wägen, in welhem Punkte seine eigensten Jnteressen berührt würden. i E London, 24. November. (W. T. B.) Jn einer gestern in Hawarden gehaltenen Vorlesung über die orientalische E age äußerte Gladstone bezüglih der Haltung Englands, o lange die Regierung eine bedingte Neutralität aufrecht eobahten. Jndem Gladstone weiter die Jrrthümer Englands bedauerte’, welche der russishen Regierung ihre jeßige Macht- stellung verschafit hätten, gab er zugleih dem Vertrauen auf die Ehre des Kaisers Alexander und die Bal des russi- hen Volkes Ausdruck und fügte hinzu, falls Rußland seine Macht mißbrauche, so wäre die Welt stark genug, ihm Zügel anzulegen.

N würde die liberale Partei auch eine Ma Ruhe

Europäiscer Kriegsschaupla 8.

Konstantinopel, 23.November. (W. T. B.) Ein Tele- gramm Mehemed Ali Paschas aus Orkhanie vom22.c. meldet dessen Ankunft daselbst und fügt hinzu, Mehemed habe dur Chakir Pascha die Nachrichi erhalten, daß bei Wratza, in der Nahe von Etropol, ein Gefecht zwischen einem russischen Jnfanterie-Detachement, einem Regiment Kavallerie, 2 Ge- \chüßen und 2 Bataillonen türkisher Jnfanterie, denen eine starke Abtheilung tscerkessisher Kavallerie zugetheilt war, N habe. Die Russen seien zum Rückzug gezwungen worden. Bukarest, 22. November. (Pr.) Jn Kotrotscheni wird die Erzeugung der Winterbaracken für die Armee fortgeseßt. Die Armee vor Plewna is bereits zum Viertheil damit ver- sehen. Fn Bulgarien herrscht großer Mangel an Feuerun gs- material; dasselbe muß aus Rumänien nachgeführt werden. Die russischen Verluste in Europa und in Asien betrugen, wie die W. „Presse“ meldet, vom 27. Oktober zum 2./14. November 2440 Mann an Todten und Verwundeten. Auf dem europäischen Kriegsschauplaßte fielen 9 Offiziere und 31 Soldaten und wurden verwundet 161 Offiziere und 498 Soldaten. Der Verlust in Asien beträgt an Todten 8 Offi- ziere und 77 Soldaten, an Verwundeten 245 Offiziere und 750 Soldaten. Außerdem schieden auf dem europäischen Kriegstheater 27 Offiziere und Soldaten, in Asien 34 Offi- iere und 600 Soldaten aus der Front. Der Gesammtverlust is zum 2./14. November beträgt 67 303 Mann. Aus Varna wird der „Times“ über die Streit- breite welche die Türkei eben im Begriffe ist aufzustellen, erichtet : „Die Gesammtzahl der. Verstä: kungen nämlich jene, welche bereits in der Front eingetroffen sind, jene, welche auf dem Marsche dahin en sind, und die, welhe stündlich nachzufolgen bereit

nd beläuft sich nah den Voranschlägen auf 230 Bataillone mit 0 Batterien oder nahezu 250 000 Mann. Die wirkliche Anzahl der Verstärkungstruppen wird bedeutend hinter dieser Ziffer zurü- bleiben. Die rasche Aushebung so vieler Rekruten kann nicht ohne Abgänge erfolgen. Auch der wochen-, ja monatelange Marsch o vieler dürftig gekleideter, kümmerlih genährter und allen s{chädlihen Einflüssen der \{limmen Jahreszeit ausgesetzten Menschen aus den entfcrntesten Theilen der Türkei 1 ah den Kriegs- \chaupläßen kann fich nicht anders als unter {weren Verlusten vollziehen. Nach all diesen Abzügen dürfte die wirkliche Anzahl der neuen Streiter, welhe die Maßregeln des Seraskierats auf die

daß Mahmud Damat in Folge dieser Ereignisse mächtiger denn je

Beine bringea, wohl nicht ganz 200 000 Mann erreichen. Das ist zweifelsohne uoch immer eine sehr ansehnlihe Streitmxcht; doch im

Verglei zur gezenwärtigen Stärke des Feindes und den fortwähre:- den Nacbschüben, welche er empfängt, if die Laze der Türken keine allzuvertrauenerweckende. Die vorerwähnten Maßregeln ershöpfen jedo die militärishen Hülfsquellen des Landes keineswegs. Es bleibt noch immer eine Reserve, welche aufgerufen werden tann und die eien Zuwachs von 183 Bataillonen oder 146 000 Mann ergeben würde. Das Miliz;system \{ließlich würde, wenn in aller Strenge durze- führt, 467 Bataillone liefern, von denen bis jeßt blos 33 aufge- bracht sind, 434 noch der Aufforderung zur Ergreifung der Waffen harren. Alles in Allem kann die gesammte, noch nicht zu den Fahnen Artatens Streitmacht der Türkei auf 500000 Mann veranschlagt erden.“

Wien, 23. November. (W T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Cettinje von heute: Das an der nördlichen Spiße des Sees von Skutari gelegene Lisendria und das benachbarte Jnselfort Germomar werden von den Montenegri- nern bombardirt. Von der Beseßung von Spizza abgesehen, hat eine weitere Vormarshbewegung der Montenegriner bis jeßt nicht stattgefunden.

Aus Cettinje, 20. November, wird den „Times“ gemeldet :

_ „Nathrichten aus Skutari stellen fest, daß dort die äußerste Ver- wirrung herrscht. Truppen patrouillen die Straßen ab, da ein Auf- stand befürchtet wird; während die männliche muselmännische Bevöl- kerung, etwa 700 an der Zahl, zur Bekämpfung der Montenegriner ausgeshickt worden ist. Große Anstrengungen werden gemacht, um Irreguläre aus Albanien als Hülfe zu erlangen, und Berazgeshütze werden von den Türken auf die Skutari beherrshend-n Anhöhen gz- schafft. Abdi Pascha hat den Befehl über zum Entsaßze Antivaris bestimmte Truppen übernommen. Die Belagerung der Citadelle von Antivari fährt fort und Dynamit wird gegen die Mauern ange- wandt. Die Montenegriner haben au die Pässe zwischen dem See, dem Meere und den Höhen bei Muliri befestigt, so daß man glaubt, keine Macht, die bei Mu:-ici gesammelt werden könne, würde etwas ausrichten.“

Asiatischer Kriegsshauplaßt.

Konstantinopel, 23. November. (W. T. B.) Von Seiten der Regieruung werden folgende Nachrichten verbreitet : Der russishe Kommandant von Deveboyun hat Moukhtar Pascha schriftlih die Einnahme von Kars angezeigt mit dem Hinzufügen, daß die Truppen, welche Kars belagert hatten, si auf dem Marsche gegen Erzerum befänden. Gleichzeitig habe er Moukhtar Pascha aufgefordert, um eine Zerstörung der Stadt und Blutvergießen zu vermeiden, Erzerum zu übergeben. Moukhtar Pascha habe jedoch ablehnend geant- wortet. Die türkischen Blätter veröffentlichen heute die Nachricht von der Einnahme von Kars, behaupten aber, daß der Kommandant von Kars, Hussein Pascha, nicht gefangen genommen sei.

__ Der Speéezialkorrespondent der „Daily News“ in Weran-Kaleh telegraphirt vom 20. d. :

_ _„Gestera hielt der Großfürst Michael seinen feierlihen Einzug in Kars und nahm die Huldigungen der Einwohner entgegen. Dann begab er sich na der Citadell’, wo er seinen Offizieren ein Dejeuner gab. Später besuchte er die Forts Hafiz und Kanli. In der Ebene lagen die Todten Russen wie Türken noch unbeerdigt, aber die Verwund:ten waren entfernt worden. Der Großfürst dankte den Truppen im Namen des Kaisers, wobei mehrere Bataillone die Revue passirten und die Artillerie vor den er- oberten Befestigungen paradirte. Es ist jett festgestellt worden, daß die Garnison über 20000 Mann stark war. Nur 18000 Rufen waren bei dem Anariffe betheiligt. Die Stadt ist gefüllt mit kranken und verwundeten Türken in einem unreinen und verwahrlosten Zu- stande. Aerztlicher Beistand ist dringend nöthig. Das Typhusfieber greift um sich und die Kälte ift intenfiv. Morgen wird sich der Stab nach Kars bezeben. Tartaren und andere berittene Miliz plündern noch immer ungehindert, aber die Ordnung wird heute hergestellt werden. Die zahlreichen türkishen Kranken und Gefangenen verur- sachen croße Schwierigkeiten.“

Die Nr. 47 des „Central-Blatts für das Deutsche

Rei ch“, herausgegeben im Reichskanzler-Amt, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungssahen: Mittheilung, betreffend Rinder- pest; Bekanntmachung, betreffend die Gehaltszahlung an die Beamten des Patentamts; Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Finanzwesen: Goldankäufe Seitens der Reichsbank ; Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Ver- brausfteuern, sowie anderer Einnahmen für die Zeit vom 1. April 1877 bis zum Schlusse des Monat3 Oktober 1877, Münzwesen : Uebersicht über die Ausprägnng von Reich3münzenz Ueber- siht über die bis Ende Oktober d. Is. eingezogenen Lan- desmünzen. Zoll- und Steuerwesen: Errichtung einer Zoll- abfertigungsstelle und Befugniß eines Steueramts; Berich- tigtes Verzeichniß derjenigen Königlich preußischen Zoll- und Steuer- ämter im Innern, auf welche Begleitscheingüter unter Eisenbahn- wagen-Verschluß abgefertigt werden dürjen. Maß- und Gewichts- wesen; Bundesrathsbes{luß, betreffend die Anwendung abgekürzter Maß- und Gewichtsbezeihnungen. Marine und Schiffahrt: Be- ginn einer Seesteuermannéprüfung; Ertheilung eines Flaggenattestes. Post- und Telegraphenwesen: Versendung von Mustern mit Katalogen und Preislisten. Eisenbahnwesen: Eröffnung der Bahnstrecken Crefeld - M.-Gladbach - Rheydt und Neuß - Neersen. Konsulatwesen : Todesfall, Erequatur-Ertheilungen,. Nr. 43 des „Justiz-Ministerial-Blatts“ enthält ein Erkenntniß des Königlichen Ober-Tribunals vom 20. September 1877 über die Verfolgbarkeit der im Auslande von Deutschen begangenen Verbrechen 2c., wenn die deutsh: Reich8angehörizkeit zur Zeit der Strafverfolgung aufgehört hat.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Xanten, 20. November. (Cöln. Ztg.) Das Museum des „Niederrheinishen Alterthumsvereins“ ist in den leßten Tagen um mehrere Stücke bereichert worden, unter denen fi ein etwa 1a hoher Stein mit folgender Inschrift befindet (| bedeutet Ausgang der Zeile): D I.M.MIVL | MARTIVS | © LEG XXX.V.V | LEG XXII PRP.P | SILANIS | DVOBVS || COS. Der Stein wurde beim Bau eines Kellers der Roeffs\hen Bierbrauer:i an der Stelle einer alten römischen Töpferei unter den Trümmern von Dacziegeln gefunden. Die Schriftseitre war nah unten gekehrt und ist in Folge dessen vollkommen erhalten.

Soeben ist im Hirzelshen Verlage zu Leipzig der dritte Band von Theodor von Bernhardi's „Geschichte Rußlands und der europäischen Politik in den Jahren 1804—1831“ erschienen. Dieser dritte Band behandelt die Epoche vom zweiten Pariser Frie- den bis zum Kongr-se von Aachen und reiht \sih seinen Vorzängern hinsihtlich der Gediegenheit der arcivalishen Forschung, sowie R E der Eleganz der Darstellung würdig an. Diese Geschichte Rußlands ift bekanntlih ein Theil des umfassenden Sammelwerks: „Staatengeschichte der neuesten Zeit“. Das Unternehmen wird rüstig weiter geführt. Rie werden erscheinen: „Deutsche Geschichte zur Zeit des eutschen Bundes“ . von Heinrih von Treitschke (erster Band) und „Geschichte Portugals“ von S. Ph. Anstett in einem Bande. Weiter stehen in Aussicht: der dritte Band von Springers „Geschichte Oesterreibs*, „Geschichte des Kö-

nigreihs" der Niederlande von S. Brie, „Geschihte Belgiens“ von demselben Verfasser, „Geschichte Hollands" seit dem Jahre 1830 von

E ehen Gewande P E en Ai rve Zeu rite P R E idt A6 ice E A g Pa ne B a Rz Lm dtADÉ A n E L. E E E ani dnnn A Bij Hf awer H. rei ma f b AN » S i L fie E B E E E P L I T S E