1877 / 279 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Nov 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Luise Margarethe von Preußen sind heute Nahmittag | zu mehrtägigem Besuche der Großherzoglichen Familie hier ein- getroffen. Die Vertheilung der Parteien in dem seit dem 15. November eröffneten Landtag ist, abgesehen von einer Stimme, welche die liberale Partei gewonnen hat, dieselbe wie in der vorigen Session. Von den 63 Mitgliedern der Zweiten Kammer gehören 48 der nationalliberalen und 12 (statt früher 13) der ultramontanen Partei an. Eine Sonderstellung nehmen die drei Mannheimer Abgeordneten ein. Bei den Be- rathungen über die Wahlen beanspruchte die Freiburger Wahl dadurch ein prinzipielles Jnteresse, daß der Stadtrath und Bezirksrath die Verabreihung von Schulbüchern als eine Armenunterstüßung aufgefaßt und auf Grund dieser Auf- fassung eine große Zahl Urwähler (324) von den Wahllisten ausgeschlossen hatte ; wogegen sich im Hause manche Bedenken geltend machten.

Schwarzburg-Sondershausen. Sondershausen, 23. November. Ver Landtag des Fürstenthums ist durch Höchstes Reskript auf den 26. d. M. einberufen worden. Der wichtigste Gegenstand der Berathung wird die Gerichts- organisation sein. Der in der Landgerichtsfrage ab- geordneten Deputation des Gemeinderathes der Refidenz ist, der „Leipz. Ztg.“ zufolge, von dem Fürsten erklärt worden, daß aus überwiegenden Landesinteressen die Bildung eines eigenen Landes- gerihtes mit dem Siße in Sondershausen unthunlich erscheine.

Neuß j. L. Gera, 23. November. Der Bericht des Finanzaussch usses über den Ausgabe- und Einnahme- Etat für die Finanzperiode 1878—80 liegt jeßt gedruckt vor. Die „G. Ztg.“ hebt daraus hervor, daß der Aus\{uß bean- trage, es bei zwölf Steuerterminen zu je 29 500 ( Klassen- und Einkommensteuer mit 354 000 M bewenden zu lassen, da dur die vom Aus\huß beantragten Abminderungen der Ausgabe von einer Erhöhung der Klassen- und Einkommensteuer abge- sehen werden kann.

Lippe. Detmold, 24. November. Das Regierungs- blatt veröffentliht eine Ministerial - Bekanntmachung, durch welche der Landtag des Fürstenthums Lippe auf den 10, Dezember einberufen wird.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 23. November. Wie die „Presse“ berichtet, wurde in der gers Sizung der öster- reihischen Quotendeputation, welcher die Minister Fürst Auersperg, Baron Lasser und Baron Pretis beiwohnten, be- s{lossen, daß der Bericht über die Verhandlungen der öster- reichischen Quotendeputation ohne weiteren Aufshub an beide Häuser des Reichsraths erstattet werden solle. Der Bericht werde bereits an einem der nächsten Tage dem Minister-Prä- sidenten zugestellt werden, von welchem derselbe zu Beginn der kommenden Woche an die beiden Häuser des Reichsrathes

eleitet werden werde. Graf Andrassy wird, wie dasselbe Blatt mcldet, seinen Aufenthalt in Pest diesmal etwas früher als sonst abbrehen und in der Mitte der nächsten Woche nah Wien zurückehren. Die ersten Tage der Anwesenheit des Ministers würden wohl den Vorarbeiten für die Delegationen ge- widmet sein.

Pes, 24. November. (W. T. B.) Jm Abgeordneten- hauje wurde heute bei der Berathung des Strafgeseßes der Antrag auf Aufhebung der Todesstrafe U ARE

Schweiz. Bern, 23. Novembes. Der Bundesrd hat die interkantonale Konferenz zur Vertheilung der neucn Subventionen für die Gotthardbahn auf den 27. Dezember hierher einl erufen. Fm Gotthard-Tunnel hat zie Bohrung auf der Nordseite noch immer mit hartem Serpentin-Stein und auf der Südseite mit Schutt-Terrain zu kämpfen. Offizieller Mittheilung zufolge wird der Bundesrath von einer Antragstellung in den eidgenössishen Räthen, den Kan- tonen Bern, St. Gallen, Graubünden und Wallis, ihren Ge- suchen entsprechend, für das nächste Fahr Bundesbeiträge für die Nhein-, Marne- und Rhone-Korrektion zu ge- währen, absehen, weil die Frage der Herstellung des finan- ziellen Gleichgewichts im Staatshaushalte der Eidgenossen- jchast noch nit gelöst is, und jene Beiträge sich auf die beträchtliche Summe von 13 Millionen belaufen würden. Zu der neulichen Mittheilung übcr die leßte Sißung der nationalräthlihen Gleichgewichtskommission is zu bemerken, daß an den bisherigen Militärauslagen im Falle der Annahme der Kommissionalanträge ca. 13%, und nicht 1/ Millionen erspart werden würden. Der Große Rath des Kantons Bern hat die Berathung der Verfassungs-Revisionsfrage auf den Antrag der Kommission auf nächsten Dienstag verschoben. Ferner ge- nehmigte der Große Rath gestern das nächstjährige Budget mit 15 242 100 Fr. Einnahmen und 15 584 300 Fr. Ausga- ben, mithin mit einem Defizit von 342200 Fr. und ermäh- tigte die Regierung zur Auszahlung der diesjährigen fünften Subventionsquote des Kantons an das Gotthard- bahn-Unternehmen im Betrage von 139338 Fr. 21 Rp., wozu noch der Beitrag der Stadt Bern mit 13933 Fr. 82 Rp. kommt.

Großbritannien und Frland. London, 23. November.

Die „Morning Post“ ist ermächtigt, die jüngst von einigen Wochenblättern aufgestellte Behauptung von dem bevorstehen- den Rücktritte Lord Beaconsfields auf das deutlichste und bejtimmteste in Abrede zu stellen. Das genannte Blatt schreibt: „Der Premier hat sich niemals weniger mit solchem Gedanken beschästigt, als im gegenwärtigen Augenblickde. Es ist sehr zu bedauern, daß lebhafte Schriftsteller bei ihrem Eifer in kleinen Plaudereien mehr darauf sehen, dèr Gesell- schaft aufregende Dinge mitzutheilen, als die Wahrheit des Vorgebrachten zu erhärten. Es i} dieses um fo beklagens- werther, als müssige Gerüchte, wie das von uns nun zurück- gewiesene, einmal gedruckt, ihren Weg in das Ausland finden, und so an und für sich nachlässige oder thörichte Mittheilungen im Auslande Umlauf erhalten und zur Shwähung der Re- gierung im Rathe anderer Nationen dienen, die wiederholt versichert werden, es fehle der Regierung an Stetigkeit, und sie sei im Begriffe, o zug Fuhrer zu verlieren. Eine einfache Nachfrage würde unjere Kollegen überzeugt haben, die ge- dankenlos verbreitete Rus habe 26. November. ._T. B.) Nach einer Meldung

des „Standard“ ist mit Rücksicht darauf, daß der Einfluß der Vereinigten Staaten von Nordamerika durch Erwerbung eines rat und einer Kohlenstation auf den Sandwichs- nseln wesentlih vergrößert wurde, für® rathsam erachtet worden, permanent cin englisches Kriegsschiff in der

eine Begründung.“

Nähe der Jnseln zu stationiren, um die englishe Flagge zu repräsentiren.

Frankreich. Paris, 25. “-:orember. (W. T. B.) Der „Moniteur“ berichtet, bei den: gestrigen Empfange im Elysée habe sih der Marschall zu wiederholten Malen für die Wiederaufnahme einer Politik des Widerstandes ausgesprochen und hervorgehoben, daß er, indem er das neue Kabinet konstituirte, von versöhnlichen Jntentionen beseelt ge- wesen sei. Ohne sih unterwerfen zu wollen, habe er gedacht, einen Akt der Konzession zu machen. Er habe einen Wasffenstill- stand angeboten, welcher es gestatte, Friedensverhandlungen vor- zubereiten. Die Kammer abe dur eine heftige s eantwortet, welche das Staatsoberhaupt nicht annehmen könne. ede Konzession würde eine Kapitulation sein. Es sei für ihn eine Pflicht der Würde und der Ehre, die Stellung des Kampfes und des Widerstandes wieder einzunehmen. Der heute früh abgehaltene Ministerrath hat dem Marschall gleiche Entschlüsse kundgegeben. Es wurde beschlossen, daß das Miinisteriuum fortfahren solle, im Senat und in der Deputirtenkammer zu erscheinen. Nach einer Mittheilung des „Temps“ hat der Conseils-Präsident Rochebouet, als er mit seinen Kollegen gestern dem Kammer-Präsidenten Grévy einen Besuh abstattete, dagegen protestirt , daß man ihn als Bonapartisten bezeihne. Conseils-Präsident sei er uur au o tines militärishen Vor- geseßten, des Marschalls Mac Mahon, geworden, nachdem er es vorher abgelehnt habe, in einem politischen Ministerium ein Portefeuille zu übernehmen. Die „Agence Havas“ glaubt, daß der Senat vielleiht auf- gefordert werden würde, sich über dié Verfassungs- mäßigkeit des von der Deputirtenkammer gefaßten Beschlusses auszusprechen, den die Regierung für unge- seßlih halte, da das Recht des Präsidenten, außerhalb des Parlamentes stehende Männer zu Ministern zu ernennen, verfassungsmäßig feststehe. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, wird die Rechte in der Deputirtenkammer morgen die cFnitia:ive ergreifen, um die Berathung und die Votirung des Budgets vorzuschlagen.

W. November. (W. T. B.) Die Fournale be- sprechen die Frage der Auflösung der Deputirten- kammer. Der „Soleil“ meint, eine jolche würde eine Ver- wickelung, niht eine Lösung der Frage eri be Die „République française“ verlangt mit Entschiedenheit den Rück- tritt des Ministeriums und die Zusammenberufung des Kon- gresses der beiden Kammern, Die Journale bestätigen, daß gegenwärtig die Frage erwogen werde, ob man den Senat ersuchen solle sich ofen zu Gunsten des Ministeriums auszu- sprechen.

Ueber die öffentlihe Vergangenheit der neuen Mi- nister entnehmen wir der „Fr. Korr.“ Folgendes: Hr. v. Roche- bouet, welcher zuleßt die 18. Division in Bordeaux befehligte, ist 1813 geboren und wird daher nächstens die Altersgrenze erreichen, bei welcher er aus dem aktiven Dienste in die Re- serve übertreten muß. Er gilt für einen energischen, hochkon- servativen, von Hause aus bonapartistish gesinnten Militär, der seiner Zeit „für ausgezeichnete, am 2. Dezember 1851 geleistete Dienste“ zum Offizier der Ehrenlegion befördert wurde. Hrn. v. Banneville kennt man im Fn- und Auslande als einen geschulten Diplomaten, der feine Carriere unter dem Kaiserreihe mahte. Hr. Welche, zuleßt Präfeft in Lille und in einem früheren Müistérium die rehte Hanÿ des Hrn. von Fourftou, als dessen Gcnera]-Sekretär, war unter dem Kaiser- reih Maire-Stellvertreter * in Nancy. Die Eigenschaften eines tüchtigen Administrators werden ihm nicht abge- sprochen. Hr. Lepelletier war bisher Richter am Kassa- tionshofe, Hr. Dutilleul in der vorigen Kammer Mitglied der konstitutionellen Gruppe und früher Jahre lang Abtheilungs- direktor im Finanz-Ministerium, in welcher Eigenschaft er unter Thiers an den Unterhandlungen über die große Millardenanleihe von 1872 einen maßgebenden Antheil nahm. Herr Ozenne genießt in allen fremden Hauptstädten den Ruf eines hervorragenden Vertreters der französishen Freihandels- partei, er hat in der That bei allen D E seit 1861 zu Pathe gestanden. Hr. Graeff is Fahmann im Kommunikationswesen, Hr. Faye ein ausgezeihneter Astro- nom aus der Schule Arago's, den man allgemein als den Nachfolger Leverriers in der Direktion der Sternwarte be- zeihnete: am 14. Oktover ist er in der Vorstadt Passy als fonservativer Kandidat unterlegen, wie Hr. Dutilleul in Compiegne und Hr. Welche in Nancy. Der Vize-Admiral Roussin war zuleßt Generalstabs-Chef und Unter-Staats- sekretär im Marine-Ministerium; er soll sich um die Organi- sirung der Küstenvertheidigung verdient gemacht haben.

Versailles, 24. November. (W. T. B.) Jn der heu- tigen Sizung des Senats gab der Conseils-Präsident, General Rochebouet, folgende Erklärung ab: „Jn Folge der jüngsten Debatten in den beiden Kaminern hat der Präsident der Republik das Ministerium Männern anvertraut, welche das Programm haben, außerhalb des politishen Kampfes zu bleiben. Wir werden die GeseWæ des Landes ‘gewissenhaft beobachten, wir werden dem Marschall-Präsidenten die Unter- stüßung leisten, welhe er von uns verlangt. Frankreich be- darf der Ruhe. Nach der langen Periode der Agitation ist es von um so größerer Wichtigkeit, zu dieser Zeit die kommerziellen Transaktionen zu erleichtern und die Ausstellung des Jahres 1878 vorzubereiten. Wir werden uns mit allen Kräften bemühen, einen guten Stand der Geschäfte herbeizuführen. Es is unsere höchste Pflicht und das wirksamste Mittel, das Einvernchmen der öffentlichen Gewalten wiederherzustellen. Wir werden die repu- blikanishe Verfassung, welhe uns regiert, aßien und ihr Achtung verschaffen. Die Verfassung wird itakt aus unseren

Händen in die unserer Nachfolger übergehen, sobalo der Prä- sident der Republik den AugenbliC für geeignet erachten wird, um die Gewalt Ministern anzuvertrauen, welche dem Parla- mente entnommen sind. Bis dahin werden wir es uns nah Kräften angelegen jein lassen, die Ordnung und den Frieden

D Der Präsident d:r Republik ersuht Sie, uns ei dem Werke der Herstellung des Friedens zu helfen, und rehnet auf Jhren Patriotismus, um uns bei unserer Auf- gabe zu unterstüßen.“ (Beifall auf der Rechten. Die Linke verhielt sich s{chweigend.) Nach der Erklärung des Minister- Präsidenten begann der Senat die Abstimmung über die Wahl eines Senators auf Lebenszeit. Gewählt wurde Grandperret.

Jn der Deputirtenkammer gelangte dieselbe Er- klärung der Regierung, wie im Senat, zur Verlesung. Marcère brachte darauf sofort eine JFnterpellation über die Bildung des neuen Kabinets ein. Der Minister Wel he

erklärte, daß das Ministerium dieselbe beantworten werde,

aber den Wunsch hege, daß die Jnterpellation eine präzisere Fassung erhalte und an einem anderen Tage zur Diskussion gelange. Die Kammer beschloß jedo, sofort in die Diskussion einzutreten. Marcère begründete dana seine Fnterpellation und führte aus, die Minister repräsentirten keine Partei im Parlamente, sie repräsentirten nur die persönliche Macht. Der Widerstand gegen den Willen des Landes dauere bereits fieben

hre. Das einzige Mittel zur Wiederherstellung des Friedens ei das Zurückgreifen auf das parlamentarishe Reht. Der Redner ersuchte das Ministerium auf das Dringendste, dem Marschall-Präsidenten von der Wahrheit Kenntniß zu geben und auf diese Weise dem Lande neue Krisen zu ersparen. Der Minister des Jnnern, Welche, betonte das verfafsungs- mäßige Recht des Marschalls, ein Ministerium von Männern, die außerhalb des Parlaments stehen, zu ernennen. Der Mi- nister erflärte sodann, er wünsche Frieden und Versöhnung. Er sei entschlossen, den Versuch dazu zu machen, und werde ihn machen. Er sei Niemandem feindlih, er sei ein Diener des Geseßes. Er werde dem Geseße Achtung verschaffen, wie er es achte, und werde sih nur von dem Geiste der Rechtschaffenheit und der Liebe zum Vaterlande [eiten lassen. Der Deputirte Floquet führte darauf aus, daß das Ministerium nicht geeignet sei, um eine Beruhigung der Gemüther und eine Besserung der Geschäftslage herbei- zuführen. Demnächst begründete Jules Ferrey- folgende Tagesordnung: „Fn Erwägung, daß das Ministerium vom 23. November durch seine Zusammenseßung und Organisation eine Negirung der Rechte der Nation und der parlamentarischen Rechte ist, und die Krise, welhe seit dem 16. Mai fo {wer auf den Geschäften lastet, nur vershärfen kann, erklärt die Deputirtenkammer, daß fie niht in Beziehungen zu dem Mi- nisterium treten fann, und geht zur Tagesordnung über.“ Dieselbe wurde, nahdem Baragnon vergeblich für eine einfache Tagesordnung gesprochen hatte, mit 323 gegén 208 Stimmen angenommen.

Spanien. Ein der „Agence Havas“ unter dem 24. d. M. aus Madrid zugegangenes Telegramm bezeichnet die Nach- riht, daß die spanische Regierung eine Anleihe im Betrage ris F Mill. Pfd. Sterl. aufzunehmen beabsichtige, als un- richtig.

Italien. Rom, 25. November. (W. T.B.) Der Papst befindet sih, wie die „Agenzia Stefani“ meldet, andauernd sehr s{chwach. Die Deputirtenkammer war gestern nicht beschlußfähig.

Türkei. Konstantinopel, 24. November. (W. T. B.) Ein kaiserliches Jrade ordnet die Einberufung von 150,000 Mann Bürgergarde nah Konstantinopel und den Provinzen an, um während der eventuellen Abwesenheit der regulären Truppen dort die Ordnung aufrecht zu erha:ten. Die christlihe Bevölkerung ist aufgefordert worden, ebenfalls in die Bürgergarde einzutreten. Dmer Fewzi Pascha ist zum interimistishen Oberbefehlshaber der Bürgergarde ernannt worden. Nach hier eingegangenen Nachrichten is eine Ab- theilung Fnsurgenten n dem Distrikt von Feni Varoscch geschlagen worden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 24. No- vember. (W. T. B.) Die hierher telegraphirte Nachricht, daß vom 1. Fanuar 1878 ab die Zahlungen für Zollge- büh: en außer in Gold auch in Papierrubeln zu einem für je. eine Woche vorher bestimmten Course geleistet werden können, ist, nah an maßgebender Stelle eingezogener Erkun- digung, unbegründet.

Amerika. Washington, 24. November. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat gestern den Geseßentwurf angenommen, welcher den Artikel des Geseßes über die Wie- deraufnahme der Baarzahlungen aufhebt, nah welchem die Zurückziehung der Greenbacks in dem Maße erfolgen soll, wie der FiduciarUmlauf der Nationalbank sihch vermehrt und die definitive Wiederaufnuhme der Baarzahlungen auf den 1. Januar 1879 festgeseßt wird. Die Annahme des Gesetz- entwurfs erfolgte mit 133 gegen 120 Stimmen.

New-York, 25. November (W. T. B.) Der nord- amerikfanische Kriegsdampfer „Huron“ ist gestern am der Küste von Nord-Carolina gesunken. Von der aus 15 Offizieren und 119 Mann bestehenden Bemannung sind nur 4 Offiziere und 30 Mann gerettet worden. Unter den Todten: befindet sich der Kapitän. Nach hier eingegangenen Be- rihten aus Mexiko hätte der Präsident Porfirio Diaz den Wunsch, den Frieden zu erhalten, un? Truppen an die Grenzen gesandt, um im Verein mit den nordamerikanischen Truppen dies zu ermöglichen.

Süd-Amerika. Chile. Santiago, 9. Oktober. Der zum deutshenMinister-Residenten bei der Republik Chile er- nannte Geheime Legations-Rath Herr von Gül i ch, welcher sih am 11. August in Bordeaux eingeschifft hatte, ist nach einer glück- lihen Fahrt (um das Cap Horn) am 17. September in Val- paraiso eingetroffen und am 28. desselben Monats hier in Santiago von dem Herrn Präsidenten der Republik behufs der Ueberreihung scines Beglaubigungsschreibens em- pfangen worden. : i

Herr von Gülich, der übrigens der spanischen Sprache vollklommen mächtig ist, hat die bei dieser Gelegenheit zu hal- tende Anrede (unzgleich dem früheren Gebrauch) zur großen Befriedigung der deutschen Landsleute - in deutscher Span gehalten. Diese Anrede, sowie die in spanisher Spra erfolgte Erwiderung des Präsidenten, welche den wohlwollen- den Gesinnungen desselben für die in Chile ansässigen Deut- schen und dem Bestreben Ausdruck giebt, die zwischen beiden Ländern bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu erhalten und zu fördern, finden sich nebst dem Texte des von Sr. Ma- jestät dem Kaiser unter dem 20. Juni d. Js. Allerhöchst voll- zogenen Beglaubigungsschreibens im hiesigen Rcgierungs- Anzeiger veröffentlicht.

Der russischÞ-türkische Kr:eg.

Konstantinopel, 24. November. (W. T. B.) Jn Folge-

der von den gefangen genommenen englischen Aerzten Duglas und Pachell im russishen Hauptquartier zu Protokoll abgegebenen Erklärungen über das Auffinden

von barbarisch verstümmelten russishen Leichen.

auf dem Schlachtfelde bei Telish hat Kennet die englischen Aerzte durch ein Cirkularschreiben aufgefordert, im Falle ihrer Gefangennahme keine Mittheilungen zu machen, welche den

Russen nüßlich sein könnten. N E (W. T. B) Jm Ab

Pest, 24. November. eord-

netenhause brachte der Abg. Helfy eine Fnterpellation.

ein, dahing i talishen Frage noch immer nicht für angezeigt halte oder ob sie wenigstens nicht die Zeit für gekommen erachte, daß die Monarchie vermittelnd auftrete, und wenn keines von beiden der Fall sei, welhe Stellung das- Auswärtige Amt egenüber den neuesten Phasen der orientalischen Angelegen- heit einnehme.

London, 25. November. (W. T. B.) Nach einer Mel- dung des „Reutershen Bureaus“ aus Konstantinopel

ätte der englische Vertreter, Layard, die Es er-

[ten, bezüglih einer Mediation keinen ersten Schritt zu thun, sondern abzuwarten, bis eine Mediation formell bean- tragt werden würde.

London, 2. November. (W. T. B.) Aus Belgrad geht der „Times“ die Meldungzu, eine Einmischung Serbiens in den Krieg gelte als unvermeidlich, die serbishe Armee rüde E ins Feld, als man bisher angenommen, die Un- abhängigkeit Serbiens solle proklamirt werden, sobald die Skupschtina ihre Genehmigung dazu ertheilt habe, die Miliz gehe am 29. d. zur Grenze ab.

Europäiscer Kriegsschauplaßt.

St. Petersburg, 24. November. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Bogot vom 23. November. Am 22. November wurde von einer aus zwei Bataillonen Dra- gonern, zwei Sotnien Kosaken und 4 Geschüßen bestehenden Abtheilung gegen die türkishe Stellung bei Etropol eine Kekognoszirung ausgeführt. Als die Abtheilung mit dem Feinde zu plänkeln begann, machte sich bei den Türken eine große Unruhe bemerkbar, dieselben hoben fast ihr ganzes Lager auf, begannen ihre Artillerie wegzuführen und sandten einen Eilboten nah dem anderen nah Orkhanie. Der Commandeur unserer Abtheilung entschied si indeß, angesihts der Uebermacht des Feindes, der Möglichkeit der Ankunft feindliher Verstärkungen, sowie der eingetretenen Dämmerung dahin, nicht anzugreifen. Unsere Abtheilung zog sich, nahdem der Commandeur seine Aufgabe gelöst, nämlich die Streitkräste und die Stellung des Feindes ergründet hatte, in der Richtung von Lukowißa zurück. Als dies die Türken bemerkten, ralliirten sie si wie- der und ließen unsere Abtheilung durch ihre gesammte aus 200 Mann bestehende Kavallerie verfolgen. Der Commandeur unserer Abtheilung legte die 2. und 3. Compagnie des 11. Regiments in einen Hinterhalt, welche den Feind auf 200 Schritte herankommen ließen und sodann mit Gewehrsalven begrüßten. Die Türken, welche hierbei eine große Anzahl Leute verloren, stürzten in großer Verwirrung zurück und wurden durch weitere Gewehrsalven fast vollständig vernichtet. Unsere Abtheilung zog sih dann ruhig gegen Lukowißa zurü. Wir hatten unsererseits 3 Offiziere verwundet, 9 Soldaten todt, 27 Soldaten verwundet.

St. Petersburg, 25. November. (W. T. B.) ODf-

fizielles Telegramm aus Bogot vom 24. d. Gestern, nach zweitägigem Kampf nahmen unsere Truppen die {wer ugängliche, dur den gn sehr stark befestigte türkische Po- tion bei dem Dorfe Provet (Prawez) zwischen Ork L abe und Etropol ein. Der Ausgang des Kampfes wurde durch die Umgehungskolonne des Generals Rauch, bestehend aus dem Semenowski'schen Regiment und den Schüßenbataillonen Sr. Majestät entschieden. Der Feind, gegen 10 Bataillone stark, flüchtete in voller Unordnung. Das äußerst coupirte Terrain, die eingetretene Dunkelheit und die Ermattung der Truppen verhinderten die Verfolgung. Unser Verlust ist noch nicht genau festgestellt, aber niht bedeutend. Gestern 10 Uhr Morgens griffen zwei türkishe Tabors mit Kavallerie Tetewen an und wurden 4 A Nachmittags unter großen Verlusten zurückgeshlagen. Unjer Verlust betrug 2 Mann todt, 1 Mann verwundet.

St. Petersburg, 26. November. (W. T. B.) ODffi- zielles Telegramm aus Bogot vom 25. d. Gestern Abend 6 Uhr haben die Truppenabtheilungen des Prinzen Alexander von Oldenburg und des Flügel-Adjutanten Oberst Lubowißky unter dem Ober-Kommando des Generals Dande- ville die befestigte Stadt Et ropol eingenommen. Die Tür- ken flüchteten in großer Unordnung und wurden von den Dragonern verfolgt. Unser Verlust is sehr unbedeutend. Unsere Truppen hatten bei der gebirgigen Natur des Ter- rains große Schwierigkeiten zu überwinden, ihre Haltung war über alles Lob erhaben.

St. Petersburg, 24. November. (W. T. B.) Dffi- zielles Telegramm aus Bogot vom 22. d. Mts.: Nach dem 19. d. Mts. hat sih auf unserer Ostfront nichts von be- sonderer Wichtigkeit zugetragen. Am 19. d. Mts. entfalteten fh gegen unjere Stellung bei Marena 1000 Mann türkischer L und 100 Tscherkessen, dieselben zogen sich aber ohne

ampf wieder zurück, sobald das Sewski'’she Regiment vor- rücte. An demselben Tage verdrängten 3 türkishe Schwa- dronen unsere Vorposten bei Kossabin, nahmen einen Dra- goner gefangen, zogen si) aber zurück, als unsere Jnfanterie das Feuer auf sie eröffnete. Am 20. d. M. verdrängte ein aus 1 Bataillon, 1 Eskadron und 2 Geschüßen bestehendes türkisches Detachement unsere Vorposten von Omurkioi, zog sih nah dem Erscheinen unserer Reserve jedoch sofort hinter den Lom zurück. Am 21. d. M. versuchten feindliche be- rittene Abtheilungen drei Mal den Fluß Solenik zu passiren, wurden aber jedes Mal durch das Feuer unseres Kojakenpostens zurücfgeschlagen.

Konstantinopel, 25. November. (W. T. B.) Es cirkuliren hier verschiedene, völlig unbestätigte Gerüchte von einem Ausfall, den Osman Pascha versucht haben soll. Nach dem einen Gerüchte wäre derselbe in der Richtung gegen Rahowa, nah einem anderen in der Richtung gegen Loftscha unternommen worden.

Wien, 24. November. (W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ meldet aus Bukarest: Die rumänischen Divisionen Slaniceanu und Lupu sollen in ein Corps vereinigt werden, das ge pen Widdin zu operiren bestimmt ist; der bisherige General-Sekretär im rumänischen Kriegs-Ministerium, Oberst Falcojano, ist zum Generalstabs-Chef der rumänischen Armee ernannt. Bei einem am 22. d. in Bogot stattgehabten Feld- diner wurde vom Großfürsten Nicolaus ein Toast zu Ehren der rumänischen Armee ausgebraht. Die Ge- rüchte von Verhandlungen Osman Paschas in Plewna wegen einer Kapitulation beruhen bis jeßt nur auf dem Er- scheinen eines Parlamentärs Osman Paschas im russischen Hauptquartier.

(W. T. B.) Aus Cettinje geht der „Pol. Corr.“ vom 24. die Nachricht zu, daß Murici von den Montenegrinern

nd, ob die Regierung eine Aktion in der orien- :

beseßt worden ist. Die Türken haben die Schanzen bei Ana- maliti verlassen und sich nach Skadar zurückgezogen, wo sie von den fatholischen Albanesen mit Flintenshüssen empfangen wurden. Jn Folge dessen kam es bei Skadar zum Kampfe; die Montenegriner sind im Anmarsh auf Skadar. Aus Cattaro geht die Nachriht ein, daß das türkische Fort Chanj fapitulirt hat und ohne allen Kampf in die Hände der Montenegriner gefallen ist. Von den Montenegrinern wurde ein Angriff auf die türkischen Forts Haji und Nehaj vorbereitet.

London, 26. November. (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Cettinje von gestern, die Miriditen hätten sich

| EAER und seien bis in die Nachbarschaft von Skutari vor-

gedrungen.

Asiatischer Kriegsshauplaß.

__ St. Petersbur g, 24. November. (W. T. B.) Offi- zielles Telegramm aus Kars vom 23. d. Die Gar- nison von Kars bestand ‘aus 32 Bataillonen Jnfanterie, 2400 Mann Artillerie und einer Brigade regulärer Kavallerie. Außer den in den Spitälern gefundenen Verwundeten nahmen wir 17 000 Mann gefangen, darunter 5 Paschas und 800 Offiziere. Unsererseits operirten gegen Kars 39 Bataillone. Unser Verlust bei der Einnahme von Kars besteht in 1 General, 30 Stabs- und Ober-Öffiziere und 469 Soldaten an Todten und in 43 Stabs- und Ober-Offizieren und 1790 Soldaten an Verwundeten und Kontusionirten.

Statistische Nachrichten.

. Sterblichkeits- und Gefundheitsverhältnisse. Ge-

mäß den Veröffentlichungen des Kaiserlihen Gesundheits- amts sind in der sech8undvierzigst:n Jahreswoche von je 1000 Bewoh- nern, auf den Jahresdurchschnitt vecechnet, als gestorben ge- meldet: in Berlin 22,9, in Breslau 25,3, in Königsberg 18,7, in Cöln 21,9, in Franffurt a. M. 17,4, in Haunover 12,8, in Caffel A in Magdeburg 23,2, in Stettin 23,1, in Altona 29,1, in Straß- burg 18,6, in München 28,8, in Nürnberg 16,8, in Augsburg 41,9, in Dresden 20,6, in Leipzig 16,9, in Stuttgart 29,2, in Braunschweig 24,5, in Karlsruhe 18,0, in Hamburg 24,8, in Wien 24,6, in Buda- pest 36,6, in Prag 34,3, in Triest 34,7, in Basel 18,0, in Brüssel 23,7, in Paris 21,9, in Amsterdam 20,5, in Kopenhagen 18,7, in Stockholm 31,2, in Christiania 11,9, in St. Peterëburg 31,8, in Warschau 26,3, in Odessa 23,1, in Bukarest 30,0, in Rom —, in Turin 25,2, in Athen 32,0, in Lissabon 32,4, in London 21,2, in Glasgow 22,0, in Liverpool 22,7, in Dublin 28,2, in Edinburgh 16,9, in Alexandria (Egypten) 35,6, in New-York 20,8, in Philadelphia 16,3, in Boston 20,5, in Chicago 12,0, in San Franzisko 17,7, in Calcutta 37,0, in. Bombay 51,6, in Madras 96,5. __In der Berichtswoche waren an fast allen deutsh:n Stationen südlihe und südöstlihe Luftströmungen vorherrschend; nur gegen Ende der Wodbe hin mate \ih an den meisten Stationen Nord- westwind, in Carlsruhe Nordoslwind, geltend. Die Temperatur der Luft überstieg das Monatsmittel. Ni-dershläge fanden nur wenig statt. Das Barometer sank beim Wocenbegian; s\tiez jedoch den 12. rasch und behielt diese steigende Tendenz bis zum Wochen- \{chlusse bei.

_Die Sterblichkeitsverhältnisse in Deutschland erhalten sich auf ihrem günstigen Standpunkte. Die Sterblichkeitsver- hältnißzahl betrug, auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet 226 gegen 228 der vorhergegangenen Woche und zeigte sich namentlich die Sterblichkeit der höheren Altersflassen etwas geringer, während die des Säuglingsalters und die Altersklafsen bis zu 20 Jahren etwas erhöhter erscheint, Unter den Todesursachen zeigen die Infektionskrankheiten meist das gleiche Verhalten, wie in der vorangegangenen Woche. Nur Masern kamen etwas häufiger vor, vorzugsweise in Celle und London; in Krakau und Chemniß hat die Epidemie jeßt einen milderen Charakter ange- nommen. charlah und Diphtherie zeigt sich in den großen Städten des sächsisch-märkishen Tieflandes, Berlin, Leipzig, Magde- burz, sowie die leßtere name»tlich in Danzig, Halle, München, Wien, Budapest, häufig. Unterleibstyphen zeiaten überall Nach- lâsse, besonders in Berlin, in Bukarest is die Zahl der Todesfälle wieder vermehrt. 1 Todesfall an Flecktyphus kam in Beuthen, 2 Todesfälle an Trichinosis in Leipzig vor. Darmkatarrh- und Brech- durchfälle der Kinder zeigten sich im Ganzen, wie in der vorangegan- genen Wocbe, und erschienen în den Städten des süddeutshen Hoch- landes, in Berlin, Hamburg, Straßburg, noch immer verhältnißmäßig häufig. Ruhrtodesfälle mehren sich in Bukarest und Alexandrien. Die Poten haben in London und Wien weder etwas nachgelassen, veranlaßten aber in Triest, Krakau, St. Petersburg noch immer zahlreiche Todesfälle. In Rescht kamen noch bis Ende Oktober täglih 4-—5 Todesfälle an Pest vor. Jn Yokohama ist die Cholera ausg brochen und waren bis 17. September von den 16 davon erkrankten Japanen 6 gestorben ; die Behörden habea Maßregeln gezen die Weiterverbrei- tung der Seuche ergriffen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Bonn, 22 November. (Cöln. Ztg.) Die berühmten Neander- thaler Menscbenreste aus unferer ältesten Vorzeit sind dur Vermittlung des Hrn. Prof. Schaaffhausen für das Rheinische Provinzial-Museum hierselbst käuflich erworben worden, nach- dem von England aus nah dem Tode des bisherigen Besitzers, Prof. Fuhlrott in Elberfeld, bercits eia hohes Gebot darauf gemacht worden war. :

London, 23. November. Der Marquis of Bute hat si er- boten, die große, na Zeichnungen von Gilbert Scott zu errihtende

alle der Glas8gower Universität auf seine eigenen Kosten auen zu laffen. Das Gebäude wird 70—80 0900 Pfd. St. kosten.

Gewerbe und Handel.

Bei dec Magdeburger Allgemeinen Versicherungs- Aktiengesellschaft (Abtheilung für Unfallversihecung) kamen im Monat Oktober d. I. 448 Unfälle zur Anzeige: 24 Unfälle, welche den Tod der Betroffenen zur Folze gehabt haben, 5 Unfälle, in Folge deren die Beschädigten noch in Lebensgefahr s{weben, 45 Unfälle, welche für die Verleßten voraussihtlih lebenslängliche, theils totale, theils partielle Invalidität zur Folge haben werden, 374 Unfälle mit voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähig- keit. Von den 24 Todesfällen treffen 4 auf Steinbrüche, je 3 auf Brauereien, Zuckerfabrikea, Baugewerke, 2 auf Schneidemühlen, je einer auf einen Speicherbetrieb, Landwirthschaftsbetrieb, eine Papier- fabrik, Yahl- und Schneidemühle, Spiritusbrennerei, Brauerei mit Landwirthschaft, Cementfabrik, ein Eisenhüttenwerk und ein Puddel- und Walzwerk. j

Paris, 23. November. Wie die „France“ versichert, hätte das roße Modewaarengeschäft „zum Louvre“ (îagasins du ouvre) im Hinblick auf die herrshende Stockung der Geschäfte heute früh 409 Mitglieder seines Personals entlassen. Unmittelbar vor dem Weihnachtsmonat sei eine solche Maßregel doppelt auffallend.

Verkehrs:Anfstalten.

Die Trace für die projektirte Eisenbahnlinie (o Lichtenfels, welhe namentlih den Schienenweg von Cöln 2c. na dem östlihen Bayern und Böhmen abkürzen und die südliche Rhön mit ihrem Reichthum an Rohprodukten in den Verkehr ziehen soll, ist, wie gemeldet wird, auf Grund der Vorarbeiten folgender-

maßen festg-\tellt worden: Fulda-Gersfeld-Bischoféheim-Königshofen-

Sulzdorf-Saßloch-Lichtenfels.

Das „Regierungs-Blatt für das Großherzogtbum Sacbser veröffentlicht das revidirte Statut der Saal-Eisen- babn-(Sesellschbaft, de: Staatsvertrag vom 1. Februar d. F. nebst Statutnachtrag und das Privilegium vom 1. November, welches der Gesellshaft gestattet, Prioritäts-Obligationen in Höhe von 3509000 4 unter Zinszarantie der Großherzoglih sächsischen, der Herzoglich sahsen-meiningishen, der Herzoglich sachsen-altenbur- gischen und der Fürstlich {warzburg-rudolstädtischen Staatëêregierung zu emittiren. :

Met, 22. November. (Strßb. Ztg.) Am 1. Dezember wird das elsaß-lothringishe Eisenbahnneß durh eine für den Verkehr fehr wichtige Linie vermehrt werden; nämlich durch die eine direkte Verbindung ¿zwishen Meß und Straßburg herstellende Bahn von Remilly nah Rieding, die am genannten Tage dem Verkehr übergeben werden foll; dieselbe kürzt die Reise zwischen der Hauptstadt Lothringens und derjenigen des Elsaß um 2 Stunden ab.

Berlin, 26. November 1877.

__ Wie wir \con gemeldet, ist vor Kurzem eine im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten bearbeitete Karte, welcbe die Beleuchtung der deutschen Seeküsten darstellt, nebst einem Verzeichniß der Leuchtfeuer erschienen. Auf der Karte, welche bereits im Jahre 1876 für die internationale Ausstel- lung in Brüffel bearbeitet wurde, um ein allgem-ines Bild von der Beleuchtung der deutschen Seeküsten zu geben und daselbst auch au€- gestellt war, sind die bedeutenderen Leuchtfeuer dur kleine Flammen und durch Leuchtkreise, die Leuhtschiffe und die übrigen weniger weit sichtbaren Feuer dagegen nur dur fleine Flammen bezeihnet. Bei den wichtigeren der niht zu Deutschland gehörigen Feuer ist die be- leuchtete Fläche durch eine weiße Kreiélinie begrenzt. Das Feuer von Helgoland ist mit Rücksicht auf die hervorragende Bedeutung, welche dasselbe für die Beleuchtung der deutshen Nordseebuct hat, ebenso behandelt, wie die deutschen Feuer. Die Halbmesser der Leucht- freise entsprehen der Sichtweite des betreffenden Feuers, wobei die Augenhöhe in der Nordsee zu 4 m üb.r ordinär Hochwasser und in der Oftsee zu 4 m übr Mittelwafser angenommen ist. Jeder volle Leuchtkreis umfaßt die Zeit von 12 Mtnuten, so daß in demselben alle Veränderungen des Feuers fichtbar gemacht sind, welche innerhalb eines Zeitraumes von 12 Minuten eintreten. Die Beleuchtungskreise sind nur soweit durch die Zeichnung dargestellt, als sie sih über das offene Meer erstrecken, und ist, wo die Kreise in einander fallen, nur das carafkteristishe Feuer des einen angegeben, während der Begrenzungskreis des anderen Feuers dur eine punktirte Linie bezeichnet ist. Der auf das feste Land, sowie in die Binnenseen u1d Haffe fallende Theil der Leuchtkreise, sind _ in der Zeichnung nit berücksihtigt. Wo die Feuer auf Leutht- schiffen angebraht sind, ist dies in dem beigegebenen Verzeichniß der Leuchtfeuer besonders erwähnt. Die übrigen Feuer be- finden sich auf Thürmen und festen Gerüsten. Außer den in dem Verz-ihniß speziel aufgeführten, für eine größere Hérweite bestimmten Nebelsignalen sind die Leubtshiffe mit einec Glocke, einem Gong oder anderen Vorrichtungen versehen, mit denen bei nebligem Wetter in bestimmten Zeitintervallen Signale gegeben werden. So weit die Seeschiffahrt geht, find die Flüsse mit dem dunklen Ton des Meeres angelezt. Die Kanäle find dur rothe Linien und die kanalisirten Theile der Flüsse durch rothe Kreuze be- zeibnet. Das Verzeichniß der Leuchtfeuer giebt neben dem Namen und der Oeritlichkeit der Feuer die Art des Feuers 2c. an. Für die Nordsee werden 39, für die Ostsee 57 Feuer aufgeführt.

London, 26. November. (W. T. B.) In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wüthete ein. fur{chtbarer Sturm an der englishen Küste Die Zahl der zwishen Ramsgate und Deal ge- scheiterten Schiffe wird auf 30 angegeben, der Verlust an MenschenleLen ift sehr groß.

Das Krollsche Etablissement hat sein Weihnachts-Feier- kfleid angeihan : die Weihnachts8-Ausstellung, eine dem Berliner durch lange Gewohnheit liebgewordene Eigenthümlichkeit unter dea Weihnachtzfreuden, ist am Sonnabend eröffnet worden. Es sind die bekannten Rä: me des Etablissements, der Römer-, der Rittersaal und zwei kleinere Zwischenräumlichkeiten, die der Ausftellung wie in früheren Jahren gewidmet wurden, während auf der Bühne des Königsfaales die fegenspendende weihnactlihe „Tannenfee“ ihr Wesen treibt und in einigen ergreifenden Scenen die große und kleine Welt bis zu Thränen rührt. Der Römersaal ift durch die Kunst der Maler, Bildner und Tapezierer in das utopishe Sctlaraffenland verwandelt worden; nur der erste Schritt ist schwer, denn auch in Swlaraffia zahlt man Entree in großer und kleiner Münze, ist man aber einmal darin, dann hängen Ketten von gemünztem Gold und Silber vom Himmel herab, Braten unck fköstliches Geflügel fliegen, zum Essen angerichtet, durch die Lüfte und lassen sih mühelos ergreifen, Wein und köstliher Sekt fließt in Strömen aus Quellen und Bronnen, herrliche frische Früchte deten jeden Baum, jede Tafel; und über Allem thront auf chofkoladenem Throne der wohlgenährte Herrscher, dessen Motto ist: „Lerne nur das Glück ergreifen.“ Ueberschreiten wir den ersten Zwischensaal mit seiner Weihnachtslotterie und den Theaterfaal und treten in den zweiten Zwischensaal ein, so werden wir dur ein herrlihz2s plaftisches Miniaturbild der heiligea Stadt Bethlehem überrascht; alsdann bercitet auf den Höhepunkt der Ausftellung, der im Rittersaal zu suchen ist, das Halbdunkel ven Hundings Hütte vor. Ein woßlgelungenes Transparent zeigt uns hier Sigmund und Siglinde, an den Wänden erblickt wan altzermanishe Urnen und Gefäße, und über dem hell lodernden Herdfeuer hängt der brodelnde Kessel. Der Rittersaal endlih führt den Weihnachtswankerer in das sonnige und fommerliche Rheinthal, das durch eine Reihe von Trans- parenten und plastischen Gruppen nah dem Wagnerschen „Ring der Nibelungen“ dekorirt und belebt wird. Unter den Transparenten dürften hier als die wirkungs8vollsten „Siegfrieds Tod“ und der „Ritt der Walküre“ anzufükren sein, von denen das erstere auc von Tünst- lerischen Gesichtepunkten aus, eine werthvolle Leistung ift. Endlich mag noch von den plastischen Darftellungen die anmuthige Scene Sieg- e mit den Rheintöchtern und die brennende Walhali Erwähnung nden.

Gestern hat der leßte astronomische Cyclus des Phy- sikers Hrn. A. Böttcher im Conzertsaale des König- lihen Schauspielhauses begonnez. Derselbe handelt von den Kometen und Meteoren und illustrirt gleizeitig den Mechanismus des Planetengetriebes. Während in den bisherigen Cyclen die Weltsysteme, die sogenannten Yiebelflecke, der Firsternhimmel, die großen Planeten, die Sonne, der Mond, theils bildlih, theils mechanish-bewegli dargestellt und dur klare, faßlihe Vorträge er- läutert wurden, ließt der leßte Cyclus die vorhandene Lücke, indem er die Kometen und Meteore ihrer Erscheinung und Bewegung nach reproduzirt und ihre jeßt zum Theil erkannte Natur darlegt. Als unterhaltenden Theil der dieswöchentlichen Soirée bietet fe BVöttcher eine Wanderung durch das romantishe Spanien, welce in den ariteftonischen Prachtgebilden des Alhambra- Palastes gipfelt.

Die amerikanischen R Ats e - Sänger“ veranstalteten

am Sonnabend in dem Saale der Sing-Akademie ihr fünftes Ko n- zert; zu demselben hatte sich wiederum ein zahlreiches Publikum eingefunden, welches den interessanten und, abgejehen von dem guten Zwee, dem diese Konzerte dienen, auch musikalisch hervorragenden Leistungen lebhaften Beifall zollte. Das am Sonnabend veranstal- tete Konzert war das leßte in der Siog-Akademie. Die See werden nun noch zwei Konzerte in der Hof- und Domkirche ge en und zwar findet das erste daselbst am nächsten Mittwoch Abends

7 Uhr ftatt.