1877 / 289 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Dec 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Paltvadilinie mit Rücksicht auf den am 31. Dezember 1877 ab-

aufenden Handels- und Zollvertrag -om 9. März 1868? 2) Welche

Haltung hat die Königliche Staatsregierung im Bundeërathe des Deutschen Reiches eingenommen und wird le fernerhin einne F um die, Handel, Industrie und Landwirthschaft bedrohenden, du die zeitige Unsicherheit gesteigerten Nachtheile abzuwenden?

Nachdem \ich auf die Anfrage des Präsidenten der Staats-Minister Dr. Achenbach zur sofortigen Beantwortung der Interpellation bereit erklärt hatte, begründete der Jnter- pellant dieselbe.

Der Minister für Handel 2c. Dr. Achenbah bemerkte, daß er das Verlangen weiter Kreise, über die in der Jnter- pellation angeregten Fragen Auskunft zu erhalten, begreife, und bezeichnete es selbst als im Jnteresse der verbündeten Re-

ierungen liegend, dur eine authentische Erklärung die vielen alshen Gerüchte und Meinungen auf das rihtige Maß zurück- zuführen. Die Regierung sei dennoch augenblicklih nicht in der Lage, über die gestellten Fragen Auskunft zu geben, da die bereits abgebrochenen Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn jeßt wieder aufgenommen seien. Durch eine Erörterung chwebender Ver- handlungen könne man leit die eigenen Jnteressen shädigen ; zudem liege die Leitung der Verhandlungen lediglih in den Händen der Reichsbehörden.

Auf den Antrag der Abgg. Rickert und Dr. Meyer B trat das Haus in die Besprehung der Fnterpel- ation ein. Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) bezeichnete die vom Junterpellanten geäußerten Besorgnisse über die herrschende Ungewißheit im Lande für übertrieben und rieth, da der Abschluß der Handelsverträge zur Kom- petenz des Reiches gehöre, vorläufig ruhig das Ergebniß der Verhandlungen abzuwarten. Nachdem noch einmal der Abg. Aa von Schorlemer-Alst die Berechtigung seiner ip

ellung betont hatte, wünschte der Abg. Richter (Hagen) nur den Theil der Jnterpellation beantwortet zu sehen, welcher nah der Haltung der Regierung in der Vergangenheit frage. Dem gegenüber erklärte der Staats-Minister Dr. Achenbach, daß die gegenwärtige Haltung der Regierung in konsequentem Zu- sammenhange mit ihrer vergangenen stehe und us deshalb die Erklärungen der Staatsregierung, welche jedenfalls allseitig befriedigen würden, auf einen zukünftigen Zeitpunkt verschoben werden müßten. |

D.r Finanz-Minister Camphausen wies die Vorwürfe des Abg. Dr. Löwe, als ob die Staatsregierung niht mit der ge- hörigen Klarheit in die Zollverhandlungen eingetreten sei, als unbegründet zurück. Er halte es für einen ungeeig- neten Zustand, wenn diese s{chwebenden Unterhand- lungen in allen Landtagen der deutshen Einzel- staaten besonders erörtert würden. Der Abg. Dr. Braun trat der Meinung des Jnterpellanten, daß im Falle des Scheiterns der Zollverhandlungen der alte Zollvereinstarif wieder in Kraft trete, als einer irrigen entgegen. Fn einem solchen Falle blieben die deutshen generalisirten Zölle gegen Oesterreich dieselben wie bisher, bis sie auf gesezgeberi]hem Wege abgeändert würden, eine Ansicht, welche der Finanz-Minister Camphausen als richtig bestätigte. Derselbe warnte davor, sih die Ungunst der Lage noch s{chwärzer als nöthig auszu- malen. Damit war dieser Gegenstand erledigt. i

Bei dem Schlusse des Blattes ging das Haus zur zweiten Berathung des Etats der direkten Steuern über.

Eine im Reihs-Eisenbahn-Amt angestellte Ver- leihung der von demselben im April d. J. veröffentlichten Cas ung über die- Tödtungen und Drr G auf den Eisenbahnen Deutschlands ausschließlich Bayerns im Jahre 1876 mit der durch das Board of Trade im- August d. J. dem englischen Parlamente vorgelegten Ueber- siht der Unglücksfälle auf den gesammten englischen Eisen- bahnen in demselben Jahre liefert folgendes Ergebniß: Vit Ganzen verunglücten in Deutschland (aus- Wchließlich Bayerns) bei emer Betriebslänge von 25 066 km

(Ende 1876) 1835 Personen (456 Tödtungen und 1379 Ver-

leßungen), in England bei 27154 km Betriebslänge 5921 Perfonen (1197 Tödtungen und 4724 Verleßungen). Unter diesen befanden sih in Deutschland 75 Passagiere (15 getödtet und 60 verleßt), 1462 Bahnbedienstete (289 ge- tödtet und 1173 verleßt) und 298 andere Personen aus\{ließlich Selbstmörder (152 getödtet und 146 verleßt), in England 2022 Passagiere (139 getödtet und 1883 verleßt), 3273 Bahn- bedienstete (673 getödtet und 2600 verleßt) und 626 andere leer a aus\chließlich Selbstmörder (385 getödtet und 241 verleßt).

Durthschnittlih verunglückte in dem erwähnten Jahre in Deutschland je Ein Massayier von ca. 2366090, in England je Einer von ca. 266 215 überhaupt beförderten Passagieren (gegen 2 012 130 in Deut s{chland und 261 300 in England im Jahre 1875). Ferner fällt in Deutsch- land Eine überhaupt vorgekommene Verunglückung auf 13,7 km Betriebslänge gegen 4,6 km Betriebslänge in England (im Jahre 1875: 11,5 km in Deutschland gegen 3,8 km in England) und unter Berücksichtigung der größeren Länge mehrgeleisiger Bahnstreen Eine Verunglückung in Deutschland auf 18 km Bahngeleislänge gegen ca. 7 km Bahngeleislänge in England (1875: 14,8 km in Deutschland gegen ca. 6 km in England). :

Durch Unfälle im Betriebe (Entgleisungen, Zusammen- Ttöße 2c.) verunglücten in Deutschland im Ganzen 305 Peér- jonen, wovon 22 (darunter 3 Passagiere) getödtet und 283 (darunter 39 Passagiere) verleßt wurden. Dagegen werden in England im Ganzen 1545 Personen als im Betriebe ver- unglückt aufgeführt, darunter 64 getödtete (eins{hließlih 36 Pen und 1481 verlette (einschließlich 1245 Passagiere).

as den Umfang der einzelnen Un fälle angeht,

so betrug im Jahre 1876 in Deutschland die größte Zahl

der Tödtungen 2, die der Verleßungen 11, in England die

rößte Zahl ‘der Tödtungen 13 und der Verleßungen 116

Tant 2 resp. 13 in Deutschland und 7 resp. 70 in England im Jahre 1875).

Die in der heutigen Börsen - Beilage ab edruckte tabellarishe Uebersicht der Wochenausweise der deutschen Zettelbanken vom 30. November schließt mit rige summarischen Daten ab: Es betrug der ge-

ammte Kassenbestand 640 213 000 4, d. i. der Vorwoche gegenüber mehr 6 334 000 #4; der Wechselbestand im Betrage von 624 490 000 4 weist eine Abnahme von 3 589 000 46 nach, während die Lombardforderungen mit 82 202 000 46 eine

unahme um 3410 000 4 erkennen lassen; es belief fich erner der Notenumlauf auf 852 569 000 # oder 8 559 000 höher als in der Vorwoche, während dis „sonstigen täglich fäl-

ist ebundenen Verbindlichkeiten erscheinen mit S É um 7 000 M höher als in der Vorwoche.

Die Bundesraths-Bevollmächtigten : Geheimer Justiz? Rath S el d aus Dresden, Geheimer Finanz-Rath Dr. Heer wart aus Weimar und Staats-Minister Freiherr von Seebach aus Gotha sind von Berlin wieder abgereist.

Briefsendungen 2. für S. M. S. e sind bis incl. 12. Dezember d. J. nah Montevideo (via Marseille), vom 13. Dezember cr. bis auf Weiteres nah Valparaiso, diejenigen für S. M. S. „Freya“ vom 8. d. M. bis auf Weiteres nah Smyrna und diejenigen für S. M. Kanonenboot „Nautilus“ vom 6. d. M. ab bis auf Weiteres nah Sin- gapore zu dirigiren.

Bayern. München, 5. Dezember. Der von dem Staats-Minister von Pfreßschner jüngst in einem Aus- {uß der Abgeordnetenkammer in Aussicht gestellte Eisen- bahngeseßentwurf (ein Eisenbahnneß) soll, der „Allg. Ztg.“ zufolge, am nächsten Montag im Staatsrath zur verfassungsmäßigen Erledigung gelangen, so daß die Vorlage desselben an die Kammern in kürzester Zeit wird erfolgen fönnen. Jn derselben Sizung des Staatsrathes wird auch der neu ernannte Staatsrath und Staats-Minisler von Riedel eingeführt und beeidigt werden. Die Abgeordneten- fammer erledigte heute die Spezialdebatte über den Etat der Bergwerks- und Salinengefälle und ertheilte den Rech- nungsnachweisungen über den Betrieb der Eisenbahnen im Jahre 1875 ohne Debatte Anerkennung. Zu dem Antrage des Abg. Strauß auf Gehaltsaufbesserung der Schul- lehrer erklärte der Staats-Minister von Luß: wznn der Antrag Aussicht auf Annahme habe, so werde die Regierung denselben unterstüßen. Troßdem wurde derselbe mit 76 gegen 72 Stimmen abgelehnt. Die ultramontane Fraktion stimmte geschlossen dagegen. Sachsen. Dresden , 6. Dezember. Die Zweite Kammer bewilligte in ihrer heutigen Sißzung, nach Ab- lehnung des auf Aussezung der Berathung gerichteten An- trages des Abg. Lehmann und des Antrages des Abg. Stephani, die Richterbesoldungen vorläufig nur auf 7 Viertel- jahre, bis zum Jnkrafttreten der neuen Gerichtsorganisation, zu bewilligen, die Pos. 14—16a. des Etats des Justizdeparte- ments mit einer von der Finanzdeputation beantragten Spezialisirung des für außeretatsmäßige selbständige Richter und Referendare gestellten Postulats und nahm sodann den Gesetzentwurf, die Kraftloserklärung inländischer, auf den Jn- haber lautender Werthpapiere betreffend, mit mehreren von der Geseßgebungsdeputation beantragten Aenderungen ohne Debatte O an. : Jn dem Bericht des „W. T. B.“ über die Sizung der Zweiten Kammer vom 3. d. M. in Nr. 286 d. Bl. heißt es, der Minister von Nostißz-Wallwiß habe bei dieser Gelegenheit erklärt, „daß er gerade jeßt Aeußerungen in der Kammer für ungeeignet halte, welhe das Vertrauen und das freundliche Entgegenkommen zwischen benachbarten Staaten schädigen fönnten.“ Da die Mittheilung lediglich die Verhandlungen der Zweiten Kammer zum Gegenstande hat, so kann die an- gezogene Erklärung des Ministers über „Aeußerungen in der Kammer“ blos auf. Aeußerungen in der Zweiten Kammer bezogen werden. ‘Allein der Zusammenhang der Verhandlun- gen in den betref Nenograrhzsen Berichten lehrt, daß der Minister niht Aelißerungen in der Zweiten Kasnmer, son- dern vielmehr Aeußéèrungen, welche in der Ersten Kammer gehalten únd in der Zweiten Kammer von dem Abg. Dr. Stephani gerügt worden waren, im Sinne hatte.

Baden. Karlsruhe, 4. Dezenber. (Cöln. Ztg.) Wie die badische Regierung schon früher mit den Regierungen von Preußen, Sachjen, Württemberg, Hessen und dem Reichs- lande Elsaß-Lothringen Vereinbarungen zur Sicherung des Schulbesuhs getroffen hat, so ist dies neuerdings mit fast allen anderen deutschen Bundesstaaten (es fehlen nur noch Bayern und Braunschweig) geshehen. Man ist danach darin übereingekommen, daß die dem Großherzogthum angehörenden Kinder, welche sih in einem jener Staaten aufhalten und die einem der lehteren angehörenden Kinder im Großherzogthum nah Maßgabe der im Lande des Aufenthalts bestehenden Ge- seße wie Jnländer zum Besuche der Schule herangezogen wer- den sollen, und zwar niht blos der eigentlihen Elementar- \hule, sondern auch der sogenannten Sonntags- oder Fortbil- dungs\hulen, wo daneben eine solhe mit obligatorischem Charakter besteht. Kinder jedoch, welche sich durch ein Zeug- niß der zuständigen heimischen Schulbehörde darüber ausweisen, daß sie der nah der Geseßgebung ihrer Heimath normirten Schulpflicht vollständig Genüge geleistet haben, sind von fer- nerem Schulbesuch zu entbinden, auch wenn das am Orte ihres Aufenthalts geltende Gese eine größere Ausdehnung des obligatorischen Unterrichts vorschreibt.

(17:2 au E 2 G i A F TR A E R 1

Braunschweig. Braunschweig, 4. Dezember, Dem morgen zusammentrctenden Landtage werden außer den Justizvorlagen Entwürfe, betreffend den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten, und betreffend die Verpfändun- gen von beweglihen Sachen und Forderungen, zugehen.

Hamburg, 4. Dezember. Der Senat hat der Bürge r- \chaft das Staatsbudget für 1878 zur Mitgenehmigung vorgelegt. Dasselbé \ ließt mit einem aus den Ueberschüssen früherer Jahre zu dedenden Defizit von 1 832477 Á 50 S. Der Senat beantragt ferner die Ueberweisung eines Grund- stücks an die Deutsche Seewarte.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Der ungarischen Delegation mahte Graf Andrassy heute die Mittheilung, daß die gemeinsame Regierung von den Delegationen für kurze Zeit (3 i eine ele T l JFndemnität Zu verlangen beabsichtige.

inister-Präsident Tisza ersuchte die Mitglieder der De- den diesbezüglichen Ses möglichst bald zu

v en, damit auch der Reichstag sich bezüglih des Provi- oriums entscheiden könne. Gra MALe! y theilte ferner mit, daß er beabsichtige, ein Rothbuch vorzulegen, aus welchem die in den leßten Fahren befolgte auswärtige Politik beurtheilt werden könne; indeß werde die Vorlage erst in etwa drei Wochen erfolgen können,. da er für manche u veröffentlichenden Schriftstücke die Zustimmung der betref- ben Mächte einholen müsse. —- Die auf die Jndemnität

legation,

ligen Verbindlichkeiten bei einem Betrage von 183 805 000 4 sich um 657 000 # vermindert haben; die an eine Kündi-

bezüglichen Vorlagen dürften voraussihtlich morgen von der Regierung eingebracht werden.

Der gemeinsame Voranschlag für das Ja 1878, weder estern in beiden Delegationen eingebrackt wWUrDde, folgende Hauptziffern auf: Das Bruttoerfor- derniß des Ministeriums des Aeußern is} mit 5008 180 F[., um 670 200 Fl. ByS präliminirt, als für das laufende Jahr votirt wurde, und da die gar 7: Fey 511 600 Fl, somit um 645 900 Fl. geringer veranschlagt ist als für das

ahr 1877, stellt fich das Nettoerforderniß um 1 316 100 Fl. öher als für das laufende Jahr. Für das Kriegs-Ministerium werden insgesammt 106 742 606 Fl. gefordert, um 4027 796 Fl. weniger, als für 1877 votirt war. Da aber die Be- deckung aus eigenen Einnahmen um 434 182 Fl. geringer ver- anschlagt ist, stellt sich das Nettoerforderniß für Heereszwecke um 3593 587 Fl. geringer, als für 1877 bewilligt wurde. Für das gemeinsame Finanz-Ministerium beträgt das Erforderniß 171 052 Fl., somit nahezu dasselbe wie im laufenden Yahre. Für die gemeinsamen Vensionen wird, wie im laufenden Jahre, ein Betrag von 1 681 501 Fl. beanspruht. Für den gemeinsamen obersten Rechnungshof beträgt das Netto- erforderniß 129 422 Fl., um 2292 Fl. weniger als für 1877. Die Gesammtbilanz weist demnach ein Bruttoerforderniß von 113 731 167 Fl., oder nah Abschlag der Bedeckung ein Netto- erforderniß von 111 311 659 Fl. auf, welche Summe um 2 279 788 FI. geringer ist, als für das Jahr 1877 als unbe- decktes Erforderniß votirt worden ist. Für den Dispositions- fonds werden in diesem Jahre 440 000 Fl., um 100 000 Fl. mehr als im Vorjahre, gefordert.

7. Dezember. (W. T. B.) Jm Abgeordneten- hause brachte heute die Regierung einen Geseßentwurf ein, betreffend die zweimonatliche Verlängerung des Aus- A be mit Ungarn vom Jahre 1867, sowie betreffend die

erlängerung der Handelsverträge mit Deuts ch- land, Frankreich und Ftalien. Die Regierungsvorlage über eine theilweise Abänderung des Vertrages mit der Süd- bahn wurde in dritter Me angenommen.

Pest, 7. Dezember. (W. T. B.) Jm Abgeordneten- hauje wurde heute Seitens der Regierung ein Geseßentwurf vorgelegt, betreffend die Verlängerung des Ausgleichs mit Oesterreich vom Jahre 1867 auf 2 Monate.

Agram, 5. Dezember. Die „Agramer Ztg.“ veröffent- liht den Landesbudget-Entwurf pro 1878. Danach beträgt das Gesammterforderniß 3 312 234 Fl., die Bedeckung eben so viel. Das bedeutendste Mehrerforderniß stellt sich bei der inneren Verwaltung, und zwar mit 109 547 Fl. heraus. Die 45 Proz. sämmtlicher Steuern, welche Croatien für den autonomen Bedarf erhält, betragen 3 167 000 F[l., gegen jene des Jahres 1877 um 117 000 Fl. mehr. Die allgemeine Bilanz gegen dieses Jahr erscheint um 130 000 Fl. besser.

Schweiz. Bern, 5. Dezember. Ein von neun Mit- geen des Ständeraths eingebrachter Antrag ladet den undesrath zur beförderlihen Vorlage eines neuen Militärsteuer-Geseßentwurfes mit wesentliher Zu-

‘grundelegung des leßten Geseßes und zu Anträgen über den

einstweiligen Bezug der Geldkontingente der Kantone ein.

Sroßbritannien und Zrland. London, 5. Dezember, Der Vizekönig von Je erstattet in einem Telegramm an die Jndia-Office in London ausführlichen Bericht über die Lage der Dinge in den von der Hungersnoth heim-

esuchtèn Distrikten, in dem Zeitraum vom 18. bis 30.

ovember, und erklärt, er habe mehrere nordwestliche Kreise persönlich besucht und gehört, daß, wenn der Dezember-Regen Lünstig sei, die Hungersnoth ein Ende nehmen würde. An- dernfalls seien neuer Nothstand und weitere Ausgaben zu Nothbauten zu erwarten. Am Montag starb plötlich der General Lord Henry Percy, Bruder des Herzogs von Northumberland, im Alter von 60 Jahren.

Frankreich. Paris, 6. Dezember. (W. T. B.) Die Verhandlungen wegen Bildung eines parlamentari- schen Kabinets dauern fort. A Dufaure wurde gestern und auch heute wieder vom Marschall-Präsidenten empfangen. Jm Augenblick finden Besprehuingen statt, um dem Kabinet die Majorität der Kammer zu sichern, und hat das Comité directeur der Gruppen der Linken den Wunsch aus-

edrückt, mit Dufaure direkt verhandeln E dürfen. Jn den

eihen der Minoriät der Deputirtenkammer, namentli unter den Bonapartistén, herrsht große Unzufriedenheit über den Versuh des Marschalls Mac Mahon, ein parlamen- tarisces Ministerium zu bilden. Dieselben erklären bereits, daß sie nicht anstehen würden, mit der äußersten Linken gegen ein gemäßigtes Kabinet gemeinschaftlich zu operiren. e der Turnhalle der Rue des Martyrs fand unter dem Vorsiß Victor Hugo's gestern Abend eine von dem Comité für die Wahl Girardins berufene Versammlung statt, an welcher mehrere tausend Menschen theilnahmen. Nachdem Viktor Hugo die Kandidatur Girardins lebhaft befür- wortet hatte, ergriff Gambetta das Wort und führte aus, daß man in diesem Augenblick allerdings nicht wissen könne, ob diese auf den 16. Dezember ange)eßte Wahl aae stattfinden werde, da es niht gewiß sei, ob man noch auf acht Tage Sicherheit rechnen könne, aber schon die Aufstellung der Kandidatur Girardins sei eine eklatante Protestation. Alle anderen Kandidaten, namentlich Anatole de la Forge, erklärten, vor Girardin zurüczutreten, der einstimmig als Kandidat pr0o- kflamirt wurde. 4

7. Dezember. (W. T. B.) Das Journal „des Débats meldet, daß Dufaure vollkommen freie Be erhalten habe bezügli der Bildung des Kabinets. Dasselbe werde ein ho- mogenes sein und morgen konstituirt werden. :

Versailles, 6. Dezember. (B T. B.) Sämmtliche Berichterstatter der Budgetkommission legten in der heu- tigen Sißung der Kammer ihre Berichte vor.

Italien. Rom, 6. Dezember. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer begründete Ercole die von ihm eingebrahte Jnterpellation, betref fend die Beschlagnahme zweier italienischen Sciffe im Bosporus durch die türkischen Behörden. Ler Minister des Auswärtigen, Melega ri, betonte in seiner Antwort zunächst, daß die italienishe Regierung den Pflichten der Neutralität streng getreu bleibe, dabei aber [eichzeitig e Rechte und JFnteressen als neutrale Macht aufre{ht erhalte.

er Minister erörterte sodann die Beschlagnahme der Schiffe, forte, wie auch mit den anderen Mächten bereits wiederholt Mittheilungen auge O und erklärte, er glaube, das Recht sei auf der Seite Jtaliens. Da er aber noch nicht die Beweggründe kenne, welche die türki- schen Behörden zu h pág Vorgehen bestimmt hätten, #o müsse er sih jeder bezüglihen weiteren Aeußerung enthalten. Ange sichts ‘der freundschaftlichen Beziehungen Ztaliens zur Pforkt

wegen deren sowohl mit der

und unter Hinweis auf die Anstrengungen Jtaliens, der Türkei die Kalamität des Krieges zu ersparen, hoffe er zuver- sihtlih, daß die Pforte den Vorstellungen Jtaliens Gehör nken und die Schiffe freigeben werde. Die Frage sei übrigens nicht so ernst, wie von den Journalen dargestellt worden sei. Am S@luß fügte der Minister hinzu, indem Ztalien die. Rechte der beiden sequestrirt.n Schiffe vertheidige, trete es für die Sache des Fortschritts und der allgemeinen teressen ein, und würden dem zweifellos alle Mächte zu- U: Eine weitere Folge wurde der Jnterpellation nicht egeben. E S (W. T. B.) Die Regierung sendet ein Schiff nach Antivari, um die italienischen Unterthanen zu {üßen. Der Dampfer „Scilla“, welher als Stationsschiff nach der albanischen Küste abgegangen war, is wegen Unwetters nah Brindisi zurückgekehrt. Das Befinden des Papstes hat si in den leßten Tagen wieder gebessert.

Numänien. Bukarest, 7. Dezember. (W. T. B.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Schreiben des Fürsten Karl an den Minister-Präsidenten, worin der Tapfer- keit der rumänischen Armee bei der Eroberung von Rahowa rühmend gedaht wird. Die Deputirtenkammer hat eine Kommission ernannt, um dem Fürsten die Adresse der Kammer in Antwort der Thronrede zu überreichen.

Türkei. Konstantinopel, 5. Dezember. (W. T. B.) Der „Polit. Korresp.“ wird von hier gemeldet, es seien in den leßten Tagen im Schooße des Kabinets so erhebliche Differenzen zu Tage getreten, daß der Großvezier sih emüßigt geglaubt habe, um seine Entlassung nachzusuchen. er Sultan habe jedoch in den gegenwärtigen kritischen Momente das Entlassungsgesuch nicht annehmen wollen, und sei es dem persönlichen Eingreifen des Sultans zu danken, daß das Verbleiben Edhem Paschas auf dem Großvezier- posten gesichert sei. Bei den fraglichen Differenzen habe es sich übrigens um interne Angelegenheiten gehandelt.

Amerika. Mittel-Amerika. Costa Rica. San José, 29. Oktober. Nach amtlicher Mittheilung is der Gene- ral Pedro Quiroz zum ersten Präsidenten ernannt. Die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten übr: nimmt Dr. José Castro.

Der russisch-türkische Krieg.

Wien, 6. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Diskussion im Budgetausshuß der österreichischen Delegation über den Modus procedendi der Berathung er- flärte Graf Andrassy ein gleihartiges Vorgehen beider De- legationen {on in Anbetracht der äußeren Lage für wün- \{henswerth. Der Minister fügte hinzu, die öffentliche Mei- nung sei über die orientalische Frage nur wenig unter- rihtet ; die vorzulegenden Dokumente würden die Vergangen- heit klarlegen. Die österreichische Politik werde in ganz Europa als eine klare, zielbewußte anerkannt, dieselbe gehe im Einver- nehmen mit den anderen Mächten vor; Oesterreih sei maß- gebend in der orientalischen Frage und handle nur nach öster- reichischen FJnteressen.

London, 6. Dezember. (W. T. B.) Die „Times“ veröffentliht einen Konstantinopeler Brief „von einer Per- söónlichkeit, die einen Vertrauenspoîten bei einem hohen Würden- träger des osmanischen Reichs bekleidete.“ Der Brief ist vom 99. v. Mts. datirt und wird darin hervorgehoben, daß die Türk ei an einen Erfolg verzweifle und sobald Erzerum ge- fallen und die Straße nah Adrianopel bedroht fei, einen Separatfrieden mit Rußland schließen wolle und bereit sei, den Russen eher die freie Passage im Bosporus zu ge- ieren als ihnen zu gestatten, nah Konstantinopel zu mar-

iren.

Europäischer Kriegsschauplaß.

St. Petersburg, 6. Dezember. (W. T. B.) Offi- ielles Telegramm aus Bogot vom 5. d.: Am 3. d. Tailen bei dem Detachement des General Gurko zwei glänzende Gefechte statt. Erstens ging die Abtheilung des General-Majors Kurnakoff aus dem Passe von Slatißa vor und beseßte die Dörfer Kliskioi und Ffschopoletsh, indem sie die Türken zwang, sih in das befestigte Lager von Slatißa urn en, Gleichzeitig ging Oberst ‘raf Komarowsky gegen Slatißa von der Ostseite von Tetewen aus vor. Beide Abtheilungen sollen gegenwärtig \{chon in Fühlung mit einander getreten sein. weitens aber erkämpfte die Abtheilung des Generals Ellis die die türkische Stellung bei Arabkonak beherrshenden Anhöhen, west- lih von der Chaussee nah Sofia. Dieser Kampf e folgenden Verlauf: Als unsere Vortruppen die gedachten nhöhen erstiegen, wurden dieselben von Morgens 105 Uhr an bis Nachmittags 3 Uhr von 12 Tabors Türken angegriffen. Die heftigen Angriffe der Türken wurden von nur 4 russi- shen Bataillonen zurückgeshlagen. Einen Augenblick lang war die Lage unserer Truppen eine kritische, indeß triumphirte schließlich die Tapferkeit unserer Truppen, die Türken wurden nah dem dritten Angriff entschieden zurückgeworfen und cr- litten sehr große Verluste, die beherrshenden Höhen wurden von unseren Truppen genommen. Graf Schuwaloff führte darau bedeutende Verstärkungen herbei. Die Position ist stark befestigt worden. Noch am nämlichen Tage begann das Bombardement auf die türkishen Stellungen bei Arab- kfonak und Schandorinsk. Unser Verlust beträgt an 150 Mann. Nah der Aussage von Gefangenen befindet sich Mehemed Ali in Arabkonak. Gestern riffen 20—30 000 Mann Türken die russische Stellung bei aren an. Fürst Mirsky, welcher dort mit dem Siewsschen und Orelschen Regiment stand, wurde gezwungen nach Elena Fe U E. wo er, von drei Seiten einge- shlossen, bis 3 Uhr Nachmittags die feindlichen Angriffe ab- wehrte, verhältnißmäßig bedeutende Verluste erlitt und zuleßt gezwungen wurde, von Elena auf die vorher befestigte Position vor einer Shlucht bei dem Dorfe Set zurücfzugehen. Von allen Seiten werden dem Fürsten Ver ärtungen zuge- sandt. Heute Morgen 8x Uhr erneuerten die Türken ihre Angriffe mit Hestigkeit; troßdem hielt sich Fürst Mirsky in seiner Stellung. Die legten Nachrichten, von 54. Uhr Nach-

mittags, melden, daß die Türken ihre Angriffe eingestellt

haben. Die Verstärkungen für Mirsky sind im Eintreffen.

_ Konstantinopel, 6. Dezember. (W. T. B.) Ein Telegramm Mehemed Ali Paschas aus Kamirli von gestern meldet, daß sich die Russen auf Wratsche\h zurückzogen. Die Kanonade dauert fort, doch verzögert das schlechte Wetter entscheidende Operationen. Türkischer-

seits wird verbreitet: Eine von Saleh dirte Division aus Osmanbazar sei gestern egen Kesrowa gerüdckt und habe eine Kanonade gegen den Feind eröffnet. Leßterer habe in der Naht Kesrowa geräumt und sei gegen Tirnowa zurückgegangen. Kesrowa sei darauf von Saleh Pascha beseßt worden.

a Der W. „Presse“ sind folgende Telegramme zuge-

gen :

Si stowa, 3. Dezember. Die Truppen Mehmed Ali's und Schafir Paschas werden seit dem 28. v. M. aus allen Stellungen mit geringen Kämpfen und Verlusten hinaus- manövrirt und auf der Straße nah Sofia zurückgedrängt. Am 27. November verließen die Türken Orkyanie. Am 28. beseßte General Daudeville von Etropol aus die Positionen auf den Greota-Höhen, in Folge dessen die im Rücken bedrohten Türken auch Wratsche\ch am 29. räumten und sih, von der Kolonne des Generals Ellis von Orkhanie aus verfolgt, nah Araba-Kona k zurückzogen. Am 1. d. Mts. beseßte und befestigte General Ellis den Paß Baba-Konak und vereinigte sich mit Daudeville. Den Balkan-Uebergang von Tetewen nah Slatißa beseßte General Kurnakow.

Sistowa, 4. Dezember. Aus dem Schipkapaß wird von vorgestern Folgendes gemeldet: „Auf den Balkanhöhen liegt zwei Fuß hoher Schnee, wodur jede Truppenbewegung mit größeren Massen ungemein ershwert ist. Am Sonntag gelang es einigen russischen Freiwilligen, in eine von wenigen Türken bewachte Redoute einzudringen und vier Kanonen un- brauchbar zu machen. Alle Kranken und Verwundeten werden nach Tirnowa gebraht. Die Russen im Schipkapasse sind zur Ueberwinterung mit Allem wohl versehen. Fleish wird ihnen alle aht Tage von Tirnowa nachgeführt.“

Bukarest, 5. Dezember. Vorgestern fand eine heftige Kanonade zwishen Rustschufk und Giurgewo statt, wobei besonders die rumänische Batterie Nr. 13 in Aktion trat. Das Fort Egon wurde stark beshädigt. Dr. Luzere kam mit zehn Pflegerinnen aus England und stellte sih dem „Rothen Kreuze“ zur Verfügung. Das Armee-Kommando lehnte das Anerbieten ab, da die verbündeten Armeen mit Sanitätspersonal. dieser Art genügend versehen wären.

Aus Simnigtza, 1. Dezember, wird der „Pol. Corr.“

berichtet : : Fortschritt der russishen Offensive in West-

Pascha komman-

„Der allmähliche Bulgarien, die vollständige Lahmlegung der Armee Osman Paschas, das Mißlingen des ohne Nachdruck inscenirten Offensivstoßes Su- leiman Paschas, das siegreihe Vordringen der Russen bis auf einige Tagmärsche von Sofia, endlich der zweifellos erscheinende baldige Eintritt Serbiens in die Aktion deuten darauf hin, daß der Feldzug bald an einem entscheidenden Wendepunkte angelangt sein wird. Vor Allem ift das Mißlingen der zur Degagirung Plewnas angezeigten Operationen eine für die türkishe Sache höchst gefährliche Thatsache. Die Einnahme Prawcas und Etropols und die dadur nothwendig gewor- dene Räumung Orkhanies hat die türkischerseits auf eine Entsatzexrpedi- tion Mehemed Alis gehegten Hoffnungen auf ein Minimum herabgedrückt. Statt anzugreifen, wird Mehemed Ali sih glücklich {äßen müssen, wenn er dem Vorstoße der JNussen auf Sofia erfolgreich wider- stehen kann. Nach dem Gefechte bei Prawca sind nämlich die Russen in zwei Kolonnen vorgedrungen. Die eine verfolgte die sich zurück- ziehenden Türken bis Lazan (eine Meile von Orkhanie), die andere vereinigte sich mit der Kolonne, welche Etropol be- seßt hatte, und trat die Umgehungsbewegung an, welche bereits sig- nalisirt wourde. Durch diesen Marsh wurde der sogenannte Baba-Konak-Paß und das ganze Orkhanie-Defilee umgangen und die Behauptung dieser Stellung füc die Türken unmöglich gemact, wenn dieselben“ nicht in die Gefahr ge- rathèn wollten, von zwei Seiten in dem Defilee eingeklemmt zu werden. Wahrscheinlih werden nun beide russishe Kolonnen nah der Räumung Orkhanies sich am Abgange des Gebirges im Matinska- Thale vereinigen und dort in starker Stellung entweder den Fall Plewnas oder den Eintritt Serbiens in die Aktion abwarten. Zu einem Vormarsche auf Sofia felbst dürften die höchstens 22 000 Mann starken russishen Abtheilungen zu s{chwach sein. Im Falle also Mehemed Ali über genügende Kräfte verfügen sollte, um einer- seits zwischen Sofia und dem Baba-Konat-Passe eine Stellung einzunehmen, in welcher er die vordringenden russischen Kolonnen er- warten könnte, andererseits seinen Entsaßversuch zu unternehmen, bliebe ihm zu dem leßteren kein anderer Weg übrig, als entweder das Iskerthal hinunter bi gegen Telish vorzurücken, oder über Bergo- wica und Wraca von Westen her einen Entsaßversuch zu machen. Zu einem solchen Unternehmen gehört aber er|tens eine Operations- armee von mindestens 80 000 Mann, zweitens ein Observationscorps von 30 000 Mann gegen die serbische Grenze. Beides geht Mehemed Ali ab, fo daß er go genöthigt sehen dürfte, in und um Sofia in der strengen Defensive zu bleiben. Ueber die Möglichkeit, Plewna von Weften und Süden aus zu degagiren, is also von vornherein der Stab gebrochen. Betrachtet man ferner die vershiedénen von Suleiman Pascha markirten Offensivstöße, so wird man bald zu der U-ber- zeugung gelangen, daß auch von Osten aus \{werlich türkischerseits etwas zur Hinderung der Katastrophe bei Plewna geschehen kann.“

„Vor Plewna sagt der Korrespondent der „Times" im russishen Hauptquartiere zu Bogot in einem Berichte vom 29 No- vember giebt e: nichts Wichtigeres zu berihten, es müßte denn Osman Pascha einen Ausfall machen oder eine Entsayarmee er- scheinen oder die Russen einen Sturm unternehmen. Von diesen Dingen ift aber gegenwärtig keines sonderlih wahrscheinlich Die russish-rumänishe Armee hat jede vortheilhafte Position rings um

lewna beseßt und stark befestigt. Ihre Linien weiter vorzuschieben, ätte keinen Zwe, da das Terrain zwischen den beiden feindlichen Positionen tiefer liegt als diese. Der Beobachter hat gegenwärtig nur die täglihen Zwischenfälle der Belagerung zu verzeichnen. Frost und Thauwetter haben die Straßen wieder sehr \{wierig gemacht, doch gehen die russischen Zufuhren beständig von Statten.“

Wie n, 6. Dezember. (W. T. B.) Jn einer Meldung der „Polit. Korresp.“ aus Belgrad wird die Nachricht von einer angeblichen serbishen Ministerkrisis für unbegründet erklärt. Nur der Kriegs-Minister Gruics habe ein Entlas- sung8gesuch eingereiht, der Fürst habe aber dasselbe nicht angenommen. Auch von einer Sistirung der Krieégsvor- bereitungen sei nihis bekannt, im e sei nunmehr auch die Mobilisirung des zweiten Milizaufgebotes des serbischen Timok-, Morawa- und Javorcorps angeordnet und die bevorstehende Zutheilung von 8 russishen General- ad L Oran und. von 32 anderen russischen Offizieren an- gekündigt. ;

Asiatischer Kriegsschauplaßt.

Dem Wiener „Fremdenblatt“ wird aus Konstanlinopel, 4. Dezember, telegraphirt: „Aus Erzerum wird gemeldet

daß der Engpaß von Küllü, durch welchen die Straße na

Musk führt, si A in den Händen der Türken befindet, wodurch Moukhtar Pascha die Hülfstruppen aus Diar- bekir nach Erzerum marschiren lassen kann.“

__— Der „Kawkas“ bringt folgenden Tagesbefehl an die Truppen der kaukasischen Armee vom 1. Novem- ber aus dem Lager bei Weran-Kaleh:

„In Os der Nothwendigkeit, aus den von unseren Truppen gegenwärtig besett gehaltenen Sandschaks von Tschaldyr und

Kars in der kleinasiatischen Türkei ein befonderes Gebiet, das Karssche, zu bilden, befehle ih, vom 1. November dieses Jahres an sich an den Etat der Gebietsverwaltung zu: halten und von dem genannten Datum an die zeitweilig geltenden, von mir am 20. Mai und 13. Juni dieses Jahres bestätigten Etats der militärishen Volks- verwaltung in ver klcinasiatishen Türkei einzustell-n. In Sachen der inneren Verwaltung des Gebiets haben sich die Behörden an die von mir am 11. Juni dieses Jahres bestätigten Vorschriften der militä- rischen Volksverwaltung zu halten.“ Ober-Kommandirender, General-Feldzeugmeister Michael.

Statistische Nachrichten.

Nah Mittheilung des statistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei dea hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. No- vember bis incl. 1. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 209 Ehe- \{ließungen, 802 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 470 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Deutsches Land -und Volk“, herausgegeben von Prof. Dr. G. A. von Klöden und Fedor von Köppen, (Leipzig bei Otto Spamer), erscheint in zweiter gänzlih umgestalteter Ausgabe in ein- zelnen Heften à 59 s, fann aber auch in Bänden von 8—10 Heften bezogen werden und foll im Ganzen 12 Bände umfassen. Das Werk will die bedeutsamsten Züge aus der Natur, Geschichte, Fadustrie und dem Volkéleben Deutschlands in einer Reihe von lebensvollen Bildern vorführen , die zusammen ein treues G-sammtgemälde des deutshen Vaterlandes bieten sollen. Die ersten Hefte liegen in ge- \{chmackvoller Ausstattung mit zahlreihen Jllustrationen und Karten vor, und der erste Band soll bis Weihnachten vollständig erschienen sein. Die Herausgeber haben der Eirtheilung des Stoffes nit die politishen Grenzen, sondern die Gemeinsamkeit der Bodenverhältnisse, der wirthscaftlihen Interessen und der geshihtlihen Vergangenheit zu Grunde gelegt. Der erste Band bringt Bilder aus den Alpengegenden, dem Alpen- vorlande und aus der bayerishen Hauptstadt und wird dur eine gedrängte Geschichte der Entwickelung des deutschen Volksthums und eine Betrahtung über Stämme, Mundaxten und Wohnstätten des Volkes eingeleitet. Dem ersten Hefte ist das Jnhaltsverzeichniß sämmtlicher 12 Bände beigegeben, welches die Reichhaltigkeit des Fn- halts darlegt. Das Werk soll dazu beitragen, das National!gefühl zu heben und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit unter allen Le T 6 s

„Cin Stücken Eden benennt sih ein im Verlage der photographischen Gesellschaft hierselbst ershienenes Werken. V Dae selbe enthält ahtzehn anmuthige Originalzeichnungen aus dem Kreise des Kinderlebens von Friedrih Werkmeister, welhe von Prof. Bürkner u. A. meisterlich in Holzschnitt ausgeführt sind. Jedem der kleinen Bilder folgt in Reimen, welche dem kindlihen Begriff3ver- mögen und Gemüthsleben verständlich gehalten sind, ein von Hedwi ron Swykowska verfazter erläuternder Tert. Das kleine Buch bilde eine geeignete Gabe für den Weibnachtstisch.

Gewerbe und Handel.

Die Bilanz der Aktien - Brauerei - Gesellschaft Moabit {ließt mit einem Defizit von 2699 # ab. Auf Bier- Konto wurde ein Gewinn von 548 533 M erzielt. Der Verkauf von Flaschenbier hat einen Gewinn von 19697 #4. ergeben, die Mälzerei auf dem Viehmarkt (inkl. Nebenprodukte) einen solben von 20 361 M Dagegen absorbirte das Zinsenkonto 56 908 M4, in den Schanklokalen wurden 17 489 f Kosten verursacht, die Unkosten im Betriebe bes ziffferten sich auf 385 904 4; durch Abschreibungen wurden 111 457 4 absorbirt, und auf dem Konto für dubio]e Debitoren mußten 15254 4 zurückgestellt werden, so daß der erzielte Gewinn absorbirt wurde und jene Unterbilanz entstanden ist.

Die gestrige Generalversammlung der Berliner Kommerz- bank hat die Liquidation beschlossen.

Die gestrige a ¿ßerordentliche Generalversammlung des Bau- vereins Unter den Linden, in welher über Liquidation des Gesfellshaftsunternehmens Beschluß gefaßt werden sollte, war nit beschlußfähig. /

__ Amsterdam, 6. Dezember. (W. T. B.) Die Niederlän- dishe Bank hat die Goldpreise für Eagles, Goldbarren, dä- nische Kronen und Imperiales von 16574 auf 1656 pr. kg fein

herabgesetzt. Verkehrs-:Ænstalten.

Plymouth, 6. Dezember. (W. T. B.) Der Hamburger Posidampfer „Silesia“ ist aus Westindien hier eingetroffen.

Berlin, 7. Dezember 1877.

_Dem Gastspiel des Hrn. Theodor Wachtel an der König lihen Oper verdanken wir die Wiederaufnahme der „Lucrezia Borgia“ von Donizetti, welche gestern Abend unter vielem Beifall in Scene ging. Die Oper, welche im Jahre 1834 im teatro della scala zu Mailand zum ersten Male aufgeführt wurde, ist für die Musikgeshichte insofern von Bedeutung, als sie eine neue Richtung inaugurirte und dem eigenartigen Talente eines Verdi die Wege gewiefen. hat. Daß die Melodie nach Seite der Schönheit niht mehr vervoll- kommnungsfähig sei, weder in neuer Erfindung noch in künstlicher Verzierung dur brillante Fiorituren, hatte {on Rossini richtig erkannt und dem Orchester eine größere Aufmerksamkeit zugewandt. In den tragishen Opern Donizetti's aber tritt das Streben nach dramatisher Jllustration der Situationen und Effekte auf der Bühne noch weit deutlicher hervor. Und die Grellheit der angewandten Mittel entspriht dem einem Scauerdrama Victor Hugos entlehnten Texte mit feinen Entseßlichkeiten und seinen von irgend einem Libretto- fabrikanten plump aneinander gereihten unvermittelten Kontra!ten. Mit allen diesen gesteigerten Mitteln aber hat der Komponist eine eigentliche musikalische Charakteristik der einzelnen Figuren nicht erreiht, indessen auch wohl nicht erstrebt. Denn er mußte zunächst und vor Allem für seine Sänger dankbare Rollen \{reiben. Darin liegt auch der Grund für die Erscheinung, daß bei den widersprehendsten Charakteren die Behandlung der Singstimme eine ganz gleichartige bleibt, weil von den stereotypen Formen der her- gebrahten Nummern um keinen Preis abgewichen werden durfte. Diesen „dankbaren“ Rollen aber und ihren ohrenfälligen, durch eine es erfundene, fesselnde Orchesterbegleitung in der Wirkung edeutend n Melodien verdankt die Oper noch heute ihre Lebensfähigkeit neben weit gediegeneren Werken, die weder fo leicht entstanden sind, noch fo leiht genossen werden können.

Die gestrige Aufführung war eine recht gelungene, um so mehr, als die Hauptrollen mit den besten Kräften der Königlichen Oper beseßt waren, nämlich: Lucrezia: Fr. von Voggenhubcr, Orsini: e. Brandt, Alfonso: Hr. Beß und Gennaro: Hr. Wachtel. ie vortrefflihe Leistung des leßteren Sängers verdient um \o höher Anerkennung, als seine Rolle, obgleich fie einen Tenor ersten Ranges, wie ihn, erfordert, nicht eben zu den dankbarsten der Oper ge- hört. Dasselbe gilt eigentlich noch mehr von der Titelpartie, die in den dramatischen Momenten durch Fr. von Voggenhuber eine höchst wirksame Darstellung fand. Die höchsten Ehren des Abends erntete dagegen Hr. S als Herzog, der, obglei das zum Herzen dringende Tremolo feines herrlichen Baritons für den Charakter dieses Wüthe- rihs zu weich erschien, die Arie (Nr. 3): „Zum leßten Mal aur Erden“ mit dem Refrain: „Und tilge in der heißen Schlacht die Shmach mit Rees Blut“ auf stürmisches Verlangen da capo fingen mußte.

das bekannte Trinfklied des Orfini, von Frl. Brandt mit Feuer vorgetrazen, wie stets, da capo gefordert und in italienisher Sprache gewährt wurde, bedarf kaum besonderer Erwähnung.

Der Vorstellung wohnten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin und Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedri Carl bei.

E E T m E