1877 / 295 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Dec 1877 18:00:01 GMT) scan diff

der Herr. Vecredner gegen mich géreht wäre er ist ja heute Abend fchHr entgegenkommero gegen mich gewesen so würde ct, la»%e i, auch auf auderen Gebieten mir manches Verdienst zu- 1hreiben müssen. E Z

Ich bin Handels-Minister in der allerschwerfien Zeit geworden, die für einen solchen“ Minister nur denk%ac ist, und Sie Fônnen si faum vorsteilen, wie in einer solhen Periode an den lei- tenden Minister von %en verschiedensten Seiten die dringendsten, ein- gehendsten, s{merzli{hsten Hülferufe gelangen, wie sie von Personen der grö=ten Intelligenz und Integrität ausgehen, deren Verficherun- gen auf vollständiger Wahrheit beruhen, und wie s{chwierig es für denjenigen ist, der diesen Posten bekleidet, allen jenen, na allen nur denfbaren Aenderungen andrängenden Elementen zu widerstehen, die Wirthschaftspolitik derart zu leiten, daß sie sich nicht als eine wirth- \chaftliche Reaktion charakterisiren läßt. Jch glaube für mich das Verdienst in Anspruch nehmen zu können, dahin gestrebt zu haben, daß dasjenige, was im Wesentlichen unsere Gesetzgebung errungen hat, jeßt in der Noth der Zeit niht verloren gehe. Wenn ih weiter nichts geleistet häite, fo glaube id, würde dies ein Verdienst sein, was namentlich von Denjenigen niht unbeachtet bleiben sollte, die Geo die bestehende Gesetzgebung niht zurückgeshraubt sehen hten.

Dabei habe i allerdings mi den Rückfihten auf wichtige wirth- \chaftliche Bedürfnisse des Landes auf der anderen Seite nicht ver- {ließen fönnen, indem ich nit in der Lage war und bin, lediglih theoretishen Auffassungen zu folgen, sondern je nach der Lage der Verhältnisse den thatsählihen Bedürfnissen des Landes Rech- nung zu tragen habe.

Nun meint der Herr Vorredner, daß, wenn ih gestern erklärt hätte, ih würde, falls das Haus eine prinzipiell abweichende Haltung in Eisenbahnangelegenheiten in Zukunft einnehmen sollte, mzin Amt niederlegen müßen, er \clbst nit anerkennen könnte, wie ih in eine folhe Situation mit Rücksiht auf meine früheren Erklärungen ge- langen fönnte. Meine Herren, ih habe niemals den Saß hier vor dem hohen Hause vertheidigt, daß wir jeßt zum reinen Staatseisen- bahnsystem gelangen müßten und soliten.

Ich habe deshalb auch in der leßten Ss keineswegs aus- gesprochen, daß, wemi das Haus ein reines Staatseisenbahnsystem urgire, alsdaun für mi der Fall gekommen wäre, mein Amt nieder- zulegen. Ich habe das reine Staats8eisenbahnsystem nicht angestrebt und werde es auch nit ins Auge fassea, erkläre vielmehr offen, daß ih für die gegenwärtige Zeit einen folhen Schritt noch nit für ausführbar erahte. Was späterhin angestrebt werden wird, steht im Einklange mit den bisherigen Erklärungen der Königlichen Staatsregierung, wona sie sich in den Besitz dominirender Linien nab verschiedenen Richtungen seßen will, um auf diesem Wege eine cegulirende Einwirkung auf den Verkehr ausüben zu können.

Nun meint freilih der Herr Vorredner, daß unsere Maßnahmen offenbar zu einer großen Beunruhigung des Aktien besißenden Publifums führen müssen. Er hebt dabei ausdrü- li hervor, daß diese Bewegung allerdings spontan in die betreffenden Kreise gelange, ohne daß die Regiecung ihrerseits direkt dies verursahe, aber mittelbar sei die ganze Bewegung doch die Folge des Vorgehens der Staatsregierung.

Meine Herren! Was haben wir denn eigentlich bisher aut- geführt ? Wir laben eine Reihe großartiger Bähnenläcien bewilligt erhalten und zu bauen begonnen, auf der anderen Seite eine Anzahl meist unvollendeter Bahnen in Staatsbesiß übernommen, die, wenn diescr Scritt nicht erfolgt wäre, unzweifelhaft zum größten Theil nicht zur Vollendung gelangt und Ruinen geblieben wären.

Es sind dies Maßnahmen, die meiner Meinung eher zur Be- ruhígung als zur Beunruhigung der betreffenden Kreise führen fönnen. Es bleibt also nur der weitere Schritt, dominirende Linien zu erwerben. Meine Herren! Jch kann Sie versichern, daß auch diese Maßnahme s{werli geeignet sein kann, Unruhe unter den Be- theiligten zu verbreiten. Jch frage Sie, wenn es z. B. unsere Absicht sein könnte, die Rheinische Bahn zu erwerben, wie sollte dies auf den Besiß und den Wohlstand der Aktionäre einen Einfluß haben Fönnen, wie sollte die Möglichkeit einer solhen Intention Begünsti- gung in die betreffenden Kreise hineintragen können. Ih weiß wohl, man behauptet mehrfach Derartiges, aber den Beweis wird man niemals führen können. Jch frage weiter, wenn es in der Absicht liegen könnte, die von dem Herrn Vorredner erwähnte Berlin-Ham- burger Bahn zu kaufen, so wüßte ih in der That doch nicht, welchen andern Erfolg diese Intentionen habea könnten, als den Cours der Aktien zu steigern. Hierbei habe ich aber immer wieder hervorzu- beben, daß bei der mehrerwähnten Verkauféangelegenheit der Stettiner Bahn die ganze Sache zunächst von Seiten des Direktoriums anger:gt worden ist. Bon Seiten des Vorsitzenden des Direktoriums find Anerbietungen zuerst in vertrauliher Weise an die Königliche Staatsregierung gelangt und an diesen Aus- gangzpunkt haben sich die weiteren Verhandlungen ange- {chlossen. Es ist also von vornherein die Annahme fals{ch, daß durch die Initiative der Regierung eine Verkümmerung des Aktienbesites herbeigeführt worden sei. Meine Herren, ganz abge- sehen biervon, hat nun der Herr Abgeordnete darauf hingewiesen, wie bei der St.ttiner Bahn die Regierung gleichzeitig eine Maß- regel ins Auge gefaßt habe, die mit Nothwendigkeit dahin hätte führen müssen, die Courfe der Afkticn zu drücken, es sei dies die für den 1. Januar k. J. in A.ésiht gestellte Uebernahme der Zweig- bahnen. Ja, meine Herren, wenn der Herr Vorredner gere(t sein und die Vèrhältnisse in ihrem Zusammenhange beurtheilen will, so

saube ih, fann er diese Maßregel dech niht darauf zurück- Führen, daß der von ihm angedeutete Erfolg von mir bezweckt ge- wesen sei. Die Berlin-Stettiner Bahn hat ja gegen uns durch alle drei Instanzen einen Prozeß geführt, wonaw wir nicht berechtigt sein sollten, nabdem wir fünf Jahre hindur Zinsgarantie- zushüfse geleistet hatien, die Zweigbahnen zu übernehmen, Diesen Prozeß hat sie verloren, und ich frage, nachdem dies vorangegangen, war es denn nun nicht für den Staat geradezu eine E eit, die Uebernahme eintreten zu lassen? Hierzu kommt, daß in diesem hohen Hause, ohne daß eiu wefentliher Widerspruch erfolgt wäre es ift dies wenigstens in der znei leßten Jahren gesehen der Regierung dringend ans Hcrz gelegt worden ist, endli die Verhält- niste der Zweigbahnen zur Stammbahn zu regeln, daß die Ueber- nahme des Betriebes und der Verwaltung der Ersteren Seitens des Staates erfolge. Man verwies auf die ungünstigen Vertragsbestim- mungen und verlangte geratezu im finanziellen Interesse des Staates, daß die Regierung dieser Lage der Dinge cin Ende mache. Fasse ih dies alles zusammen, so ersceint jene Uebernahme der Verwaltung der Speiczren als eine folche, die unabhängig von dem Ankauf der Stammbahn besteht, Ich habe gesagt, daß ich augenblicklich jede Maßnahme bezüglich des Ankaufs der Skfammbahn meinerseits fistirt habe; ich warte ab, ob Seitens des Direktoriums weitere Offerten an uns gestellt werden möchtcn. Was in dieser Angelegen- heit alëdann sich abspielen wird, vermag i selbstverständlich heute niht zu übersehen; wichtig ist ja diese Bahn unbedingt für den Staat, das läßt fih nicht verkennen, und wenn es uns gelungen wäre, sie zu einem angemessenen Preise erwerben zu können, so würde dies ein guter Erfolg gewesen sein. Es ift aber nit gelungen, und wir werden uns demnach vorläufig bei dem negativen Resultat be- ruhigen müssen.

Bei dieser Gelegenheit habe i noch einmal auf den bekannten Brief zurückzukommen, den der Herr Vorredner wiederum erwähnte. Er suchte diesen Brief dahin zu interpretiren, day, in demselben den Aktionären angedeutet worden sei, wenn Ihr eine Entschädigungsrente von 55 beschließt, wird die Regierung zustimmen. Der Brief hat aber diesen Jnhalt nicht, und leßterer ist auch niht zwischen den Zeilen zu lesen. Er sagt, daß in Berlin sich ein Konfortium oder eine Vereinigung von Aktionären zu bilden im Begriff sei, welche an den Staat die Anforderung einer Rente von 54 °/o stellen wolle. Darauf if einfach dem Herrn Bank-Präsideaten kundgegeben, daß eine derartige Offerte Ausficht auf Erfolg nit haben werde und er gelegentlich darauf aufmerfsam machen möge. Wenn nun mein Brief

der Börse zirkulirt hat, ih weiß es nit, ih glauLe nah den aemachten Mittheilungen, daß es so sein wird wenn dieser Brief ih im Besiß von rren befunden hat, die ih überhauvt nit kenne und meines Wissens niemals gesehen habe, so ift das ein Zufall, für den ih nit verantwortliÞch gemabt werden kann. FIft er von dem Adressaten herausgegeben, so ist das die eigene That desselben, nit die meinige. Ih muß aber zugleich sagen, daß jeder, der diesen Brief gelesen haben sollte, wird anerkennen müssen, daß sein Inhalt durh- aus harmloser Natur ift und ganz gewiß nicht von der Wirkung seiv konnte, wie der Herr Vorredner befürbtet. JIch nehme auch nicht an, daß durch diesen Brief eine Beglaubigung derjenigen Mittheilun- gen erfolgt sein fönnte, die in der Börsenzeitung oder in anderen Blättern verbreitet worden find. F

Mei.i- Herren! Der Herr Vorredner ift dann noH auf andere Verhältnisse zurückgekommen, die gestern näher berührt worden sind. Fch meine zunächst die Rehte-Oderuferbabn uud die Oberschlesische Bahn. Er bemerkte hierbei, daß die Neutralität, die ih gegenüber der dort beabsichtigten Fusion zu verkündigen schiene, nicht gerecht- fertigt sein dürfte. Er verwies auf die Stellung der Regierung bezüglich der Fusion der Berlin-Dresdener und der Anhalter Bahn und fand mindestens mein gegenwärtiges Verhalten in Widerspruch mit dem früheren. Ich muß nun dem Herrn Vorredner darauf in erster Linie erwidern, daß ih von dieser ganzen Angelegen- heit überhaupt noch gar feine amtlihe Kenntniß habe und über- haupt nit weiß, ob seine Fusion jemals zu Stande kommen wird. Sollte sie zu Stande kommen, dann wird dies lediglich auf dem freien Willen der beiderseitigen Gesellschaften Lernen Soweit ih bisher in die Erwägung dieser Angelegenheit habe ein- treten Fönnen, mir liegt ja überhaupt gar nichts über die Sache vor würde ih a limine einen derartigen Antrag, wie ic offen erfläre, nicht zurückweisen, indem ih nicht annehme, daß die Rechte-Oderuferbahn in derselben Weise eine Konkurrenzbahn, wie dies die Dresdener Babn der Anhalter Bahn, ift. Die Rechte Oder- uferbahn hat eine selbständige Bedeutung, und ich kann sie wirklich nit blos als Konkurrenzbahn der Oberschlesishen Bahn auf- fassen, was der Herr Vorredner {on daraus eúùtnehmen wolle, daß ja früher diese Bahn der Obershlefishen Bahn einmal konzefsionirt gewesen ist, und daß sie erst später auf diese Konzession verzichtet hat.

Bei Deußz-Gießen bestritt der Herr Vorredner die ursprüngliche Absicht der Regierung, den Ankauf derselben herbeiführen zu wollen. Es steht also in dieser Beziehung Behauptung gegen Behaup- tung. JIch kann in diesem Augenkblick meine Vermuthung nicht näher begründen, daß sogar im Plenum dieses Hauses von der Regierung die Absicht ausgesprochen ist, die fraglihe Maßnahme zur Ausführung zu bringen. Jch will mich indeß hierbei nit weiter aufhalten, denn sollte der Ankauf ausgeführt werden, so wird dem hohen Hause ein Gesetz vorgelegt werden müssen, und es würde dann der Augenblick gekommen sein, über diese Angelegenheit weiter zu debattiren.

Im Zusammenhang mit all diesen Vorgängen kritisirte der Hr. Abg. Richter die Haltung der Regierung überhaupt und führte aus, daß alle Kräfte der Regierung in den Arbeiten angestrengt und er- \{chöpft wurden, welhe auf Erweiterung des Staatéeisenbahnnebes gerichtet sind. Die Regierung hätte aber, wenn fie sich mit ihrem gegenwärtigen Besitze begnügte, eine viel wihtigere Aufgabe, wenn sie den Lokalverkehr mehr heben wcllte. Meine Herren! Wir glauben nit, daß wir dem Lokalverkehr gegenüber unsere Pflichten und Aufgaben vernachlässigen. Noch heute hat der fer Präsident Shnen eine Mittheilung gemacbt, wonach eine Eisenbahn konzes sionirt werd:-n soll von Kiel über Edtkernförde nach Flensburg, eine Sekundärbahn, welcke unter Beihülfe des Staates zu Stande kom- men foll. Noch im Laufe dieses Jahres habe i selbst der Eröffnung einer größeren Sekundärbahn in Holftein beigewohnt, welche bei 10 Meilen Länge unter Unterstüßung des Staates gebaut ift, und ih darf wohl für die Königlihe Staatsregierung wie auch für diefes hohe Haus das Verdienst in Anspruch nehmen, daß wir jenem Landestheile, wo man si so außerordentlih rührig erwiesen hat, die Wohlthat dieser Eisenbahnverbindung zugeführt haben. Ich stehe nun auf dem Standpunkte, meine Herren, wie mir fast scheint, abweichend von dem Standpunkte des Herrn Vorredners, daß, wäh- rend ih die größeren Bahnlinien in der Hauptsache dem Staate zu- weise, bei den Sekundärbahnen mehr die Lokalinteressen herangezogen wissen will.

__ Wenn ich von diesem Grundsaße ausgehe, so darf ich die Er- Ilärung abgeben,, daß, abgesehen von wenigen Fällen, in denen eine Einigung innerhalb der Staatsregierung noch nicht zu Stande gekommen ist, bei allen Sekundärbahnen, deren Projekte mir vorge- legen haben, es meistens an dem Wichtigsten gefehlt hat, nämlich daran, daß die Lokalinteressenten nit geneigt gewesen sind, etwas Wesentliches für die Sache selbft zu thun. Kommen doch selbst An- träge an mich auf Herstellung von Sekundärbahnen, wo von den Interessenten selbs ausgeführt wird, daß sie nit einmal in der Lage find, die Kosten der Vorarbeiten zu decken und dafür den Staat in Anspruch nehmen. Auf diese Weise werden Lokalbahnen allerdings nicht zu Stande kommen, und ich glaube, der Herr Abgeordnete wird nit den Antrag stellen wollen, 26 ohne wesentlide Thätigkeit der Lokalinteressenten selbst die

egierung ihrerseits vorgche. Günstige Resultate liegen mir aber, abgesehen von dem schr tücbtigen {le8wig-holsteinishen Volkéstamm, der sehr ruhig und energisch sich auf diesem Gebiete zeigt, leider aus dem übrigen Theile der Monarchie kaum vor. Mit Ausnahme von vielleiht 2, 3 Fällen handelt es sich in den übrigen in der That nur um Projeftenmacherei. Jh werde überschwemmt mit allen möglichen Vorschlägen, denen jede reelle Basis fehlt, weil man nicht gewillt ift, selbst etwas für die Sache zu thun.

Nun untershäßt doch auch der Herr Vorredner das Reglement, welches Seitens der Regierung über den Betrieb von Bahnen zweiter Ordnung erlassen ist. Es hat dasselbe bereits einen schr wohlthätigen Einfluß auf die Eisenbahnen gehabt und wird die Möglichkeit bieten, auh noch weitere Erleichterung für den sekundären Betrieb einführen zu können. Der ad Norredner fragte nun; was habt Ihr gegenüber der Militär- und Postverwaltung gethan? Ich könnte dem Herrn Vorredner lange Verhandlungen darüber vor- führen. Er ist aufer Stande uns hier zu kritisiren, weil er jene Verhandlungen nicht kennt. Wir haben uns wiederholt bemüht wesentliche Erleichterungen herbeizuführen. Indeß, Sie werden doch nit verkennen wollen, daß auch auf der anderen Seite wichtige Interessen in Frage stehen, die ihre Wahrung im öffentlichen Jn- teresse finden müssen. Wir find nit müßig, im Gegentheil, wir find geneigt und gewillt und haben es mit einer ge- wissen Einheitlichkeit Mee gethan, diejenigen Inte. essen, die uns anvertraut sind, zu vertreten. Ich kann daher keineswegs den Vorwurf hinnehmen, muß ihn vielmehr ablehnen, daß die Staatsregierung auf die Beförderung des lokalen Verkehrs durch Unterstützung von Sekundäreijenbahnen nit bedacht sei. enn der Herr Vorredner mit scinen Ausführungen vielleiht auch darauf hin- deuten sollte, daß wir bisher noch nicht dazu übergegangen seien, die Sekundäreisenbahnen zu definiren, so kann i ihm jagen, daß wir uns über diese Frage sehr oft und lange beschäftigt haben, daß aber das Reful- tat darin bestanden hat, daß es zur Zeit überhaupt nit mögli sci, einen solchen Begriff zu firiren, und daß es au} ganz abge- sehen hiervon für die Entwidlung des sekundären Eisenbaln- wesens {ädlich sein würde, feste Definitionen und Normen s{on jeßt zu geben, indem dieses zue Gebiet sich derart im Flusse be- finde, daß es durchaus unzwe äßig erscheinen müsse, demselben durch folde Normen gegenwärtig spanishe Stiefel anzulegen. Es würde aber auch schwerlich der Fall eintrcten, wo aus diesem Grunde Seitens der Regierung Schwierigkeiten gemacht werden sonen: das Haupthinderniß bei der ganzen Frage beruht ci dem bekannten A und D, dem Gelde; haben Ste Geld, fo haben Sie auch Sekundärbahnen. Meine Herren! Wenn ih nun die KonfliktEzeit als diejenige Zeit bezeichnet habe, in welcher cine Re- aktion im Eisenbahnwesen eingetreten sei, so hat mi der Herr Vor-

redner, als i gestern das Geseß von 1859 über die Beseitigung der Bestimmung der Eisenbahnabgaben zur Amortisation des Anlage- fapitals der Eisenbahnen erwähnte, {hon damals dur einen Wink darauf aufmerksam machen wollen, daß dieses Gesez niht eigentli in die Konfliktsperiode falle. Das erkenne ih vollkommen an, das if ganz rihtig, aber die Folgen dieses Gesetzes und was damit im Uebrigen zusammenhängt, liegen alle in jener Zeit. Ja jener Zeit ist meist alles das veräußert worden, was man vorher zum Zwecke der Erwerbung der Privat- bahnen angesammelt hatte.

Zum Sw{luß komme ih noch auf die mehr erwähnte Kon- kurrenz der Staatsbahnen mit den Privatbahnen zurück. Hier wiederhole ih, daß meines Wissens mir nur zwei Bes{werden von Privatbatnen zugegangen find, und daß in diefen Fällen nah Möglichkeit Remedur eingetreten ist. Ich darf deshalb wohl au erwarten, daß, wo wirklich von unserer Seite niht zu billigende Maßnahmen er- folgen sollten, an mich Beschwerden gerichtet werden, und wenn ih unrecht entscheide, man fich bei diesem hohen Hause in der näcften Session weiter beschwert. Man wird dann ja die einzelnen Fälle prüfen können.

Nun sagt der Herr Vorredner, ih bätte ja anerkannt, daß die gegenwärtige Verkehrsleitung auf Umwegen als eine Krankheit anzusehen sei ; nur sei von mir bestritten worden, daß bier eine Îpe- zifishe Krankheit der Staatseisenbahnen vorliege.

Meine Herren! Allerdings sehe ih in einer ungehührlichen NVerkehréleitung eine Art von Krankheit. Frage ich aber nach der Ursache dieser Krankheit, und warum diesê Krankheit nicht zu be- seitigen sei, meine Herren so liegt diese Urfache wesentli an der Zersplitterung unseres Eisenbabnbe 18es. So lange diese vielen gesonderten Linien und Cifsenbahngeselschaften existiren, so lange wird dieses System bestehen. SIemehr Sie den Besiß des Staates vermehren, je mehr eine Einheitlichkeit im Eigenthum herbei- geführt wird, deïto weniger wird sih eine solche Klage erheben können, desto mehr wird diese Krankheit verschwinden. Der Herr Abg. Richter folge also dem Wege, den wir vorgeschlagen haben, und er wird dadurch die alleinige Befeitigung der von ißm beklagten Krankheit erreichen.

Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) bemerkte dem Abg. Richter gegenüber, die ganze Entwickelung unseres Eisenbahn- wesens beweise, daß die Zeit der Privatbahnen vorüber sei. Er erkenne an, daß der Staatsbetrieb zu manchen Bedenken Anlaß gebe, aber man könnte die Vorzüge der privaten und der Staatsbahnen vereinigen, indem man den Besiß in die Hände des Staates, den Betrieb aber in diejenigen von Privaten lege. Der Siaat müßte dezentralisirend im Lande eine größere Zahl von Kommissionen einrihten, welche die Zugkraft der Bahnzüge an große Fabrikanten und Unter- nehmer verpahte und ihnen überlasse, E bestimmte Waaren bestimmte Transportsäße festzusezen. Auf diese Weise werde man zu dem natürlihsten und zweckmäßigsten Tarifsystem fommen. Er habe dies nur andeuten wollen, um C, daß man ein großer Freund der vollsten Verkehrsfreiheit sein A und doch zugleich ein Anhänger des Staatsbahn- ystems.

Zu Kap. 17 Tit. 6 der Einnahmen Ostbahn bean- tragte der Abg. Dr. Hammacher, zu beantragen, taß die Kö- niglihe Staatsregierung den Betrieb der Hinterpommerschen Eisenbahn nicht übernehme, ohne vorher die Genehmigung des Landtages dazu einzuholen.

Der Handels-Minister Dr. Achenbach erklärte, daß er in dem vorliegenden Spezialfalle die Staatsregierung für ermäh- tigt halte, den Betrieb zu übernehmen, da der Landtag bereits- durch das Geseß vom 15. Mai 1856 seine Genehmigung daz ertheilt habe; im Uebrigen bitte er, die Etats- posit.on zu genehmigen. Der Abg. Richter (Hagen) unterstüßte den Antrag Hammacher, weil es si hier um einc konstitutionelle Ne handle, deren Folgen noch fue niht zu überblicken seien. Der Abg. Dr. Lasker sprach die Ansicht aus, daß durch die Erklärung des S die Frage cher verdunkelt als geklärt sei.

s handle sih darum, ob die Genehmigung des Hauses noth- wendig sei oder niht. Wenn sich der Minister heute nicht hierüber erklären könne, so bitte er, die Position von dem Etat abzuseßen und zur s{chleunigen Berichterstattung an die Budgetkommission zu überweisen. Der Handels-Minister Dr. Achenbach bemerkte darauf, daß er der Ansicht fei, daß es sich in dem vorliegenden Falle niht um den Austrag einer konsti- tutionellen Frage handele.

Das Haus trat dem Abg. Dr. Lasker bei, und überwies die Position an die Budget-Kommission zur s{chleunigen Bericht- erstattung.

Zu dem Kapitel: Hannoversche Eisenbahnen erwiderte der Handels-Minister auf eine Anfrage des Abg. Windthorst (Meppen), daß die Regierung zur Zeit niht in der Lage sei, über den Bau der Bahn Stade-Cuxhaven eine bestimmte Ant- wort zu geben, da die Aktiengesellschaft, welche den Bau über- nommen habe, mit den Arbeiten noch niht beginnen könne; die Been werde jedoch in nähster Zeit entschieden werden.

Bei Kapitel 27, Titel 3 von der Berliner Stadtbahn- gesellshaft zu erstattende Besoldungen und Wohnungsgeld- zushüsse für die zur Leitung des Baues der Berliner Stadt- eisenbahn bestellten Beamten 52 620 H erörterte der Abg. Dr. Dohrn das Verhältniß der Berliner Stadtbahngesell- haft zu der Deutschen Eiseubahnbaugesellshast und fritisirte die Operationen, die bei Gelegenheit cines Kaufvertragsabschlusses Seitens der Direktion der Stadt- bahngesellshast vorgenommen worden seien, der lebte- ren den Vorwurf des versuhten Betruges; Fcchtem seien die betreffenden Beamten noch héute in threr Stellung, obgleich ihnen die Ehre, preußishe Beamte zu sein, nicht mehr zutkomme. Der Handels - Minister Dr. Achenbah er- widerte, daß er in der betreffenden Angelegenheit zwar das Verfahren der Direktion der Stadtba wae reprobirt und andere Vorschriften gegeben be, na denen fernerhin verfahren werden folle; doch müsse er den Vorwurf des versuchten Betruges von der Direktion entschieden abwehren, da ihr in jedem Lalle der Dolus, einen Anderen

eine Anfrage des Abg. Dr. Virchow erklärte der Handels-Minister, daß der Vertrag die Direktion berehtige, Grundstücke zu überneh- men. Der Abg. Dr. Dohrn theilte noch mit, ein hervorragendes Mitglied des Magistrats t ihm gesagt, daß man mündliche Abmachungen mit der Stadtbahn-Direktion vermeide, weil solche von ihr niemals gehalten worden wären. Der Handels- Minister Dr. Achenbach bemerkte hierzu, daß viele Klagen über die Direktion daher entständen, weil dieselbe zu mannigfach in Anspru genommen sei. Der Abg. Dr. Lasker stimmte dem Abg. Dohrn materiell bei. Der Ausdruck „Betrug“ sei jedoch vielleicht zu hart, weil die Direktion mög icher- weise ohne betrügerishe Absicht nur aus Mangel an Takt und Verständniß gehandelt hätte. Der Abg, Dr. Virchow machte darauf aufmerksam, daß außer dem Ver- trage noch das Vers vorhanden sei, der Deutschen

in seinem Vermögen E zu wollen, fern Handel habe. Auf

Eisenhahntaugezrgan die Grundstücke abzunehmen. Der

n Dr. Dohrn nahm hierauf den Ausdruck „Betrug“ zurü,

weil derselbe vielleicht verleßender sei, als der Redner ihn hätte

e q Se my Sein sachliches Urtheil werde jedoch dadurch iht alteri

Der Abg. Dr. Thiel lenfte die Aufmerksamkeit der Re- gierung auf die Nothwendigkeit einer zweckmäßigeren Ausbil- dung der Eisenbahnbeamten. Der bureaukratische Weg, der dadur eingeschlagen sei, daß man die Verwaltungsbeamten nit speziell für ihren Beruf technish vordereite, führe noth- wendig zu einer erheblihen Schädigung ter Staatsinteressen. Der Handels-Minister erklärte, daß gegen den Standpunkt des Vorredners mancherlei Einwendungen zu erheben seien, auf die er jedo wegen der vorgerücten Zeit niht näher ein- gehen wolle.

Das Haus vertagte hierauf um 11i Uhr die weitere Debatte bis Freitag 7 Uhr Abends.

Der Präsident von Bennigsen theilte mit, daß ihm im Laufe des heutigen Abends von der Regierung ein Vertrag L die Fortführung der Verwaltung in Waldeck zugegan- gen sei.

Statiscische Nachrichten. :

Das Kaiserliche statistishe Amt veröffentliht im Heft 10 der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reiches für 1877 u. a. Nachweise über Erwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangeböri gkeit im Deutschen Reiche durch Auf- nahme und Naturalisation bez. Entlassung im Javre 1876. Es sind danach an Angehörige anderer Bundesstaaten 3981 Aufnahme-Urkunden ertheilt worden, welche sich im Ganzen auf 10 836 Personen erftreckten. Die Zahl der im Jahre 1876 nach azuderen Bundesftaaten entlassenen Personen betrug nur 1071, und dürfte die Differenz zwischen beiden Ziffern auf den Umstand zurückzuführen sein, daß die meisten derjenigen Personen, welche in den Verband eines anderen deutshen Staates aufgenommen wurden, die Entlafs- sung aus ihrem bisherigen Heimathéstaate nicht nacgesucht haben. Die Wiederverleihung der Reichs- und Staateangehörigkeit erfolgt an ehemalige Deutsche, welhe durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande ihre Staatsangehörigkeit verloren haben. Im Jahre 1876 sind 676 Urkunden hierüber ertheilt worden und betrug die Zahl. der wieder aufgenommenen Personen 2007. Von Teßte- ren habea sich bisher 1605 in Rußland, 190 in den Vereinigten Staaten von Amerika, 33 in Oesterreih, 27 in Frankrei, 26 in den Niederlanden, 23 in Großbritannien, 17 in Belgien, die übrigen in gecingerer Zahl in anderen außerdeutschen Ländern aufgehalten. Die Wiederaufnahme erfolgte zum größten Theil in den Pren ven Regierungsbezirken Danzig (995), Königsberg (165), Bromberg (77), Stettin (66), Posen (63), sowie im Groß- herzogthum Mecktlenburg-Schwerin (10), Hamburg (52) und Bremen (37). Gegen das Vorjahr hat die Zahl der wieder aufgenommenen Personen um 1728 abgenommen. Die Zahl der an Staatsfremde im Jahre 1876 ertheilten Naturalisationsurkunden belief si auf 1722, und zwar 690 an Familien und 1032 an einzelne Personen. Hierdurch sind im Ganzen 3634 Personen in den Staatsverband des Deutschéèn Reiches aufgenommen und gehörten von denselben nah ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit an: ODesterreih-Ungarn 912. Frankreich 647, den Niederlanden 622, Rußland 585, Belgien 96, Luxemburg 77, der Schweiz 45, Dänemark 44, Groß- britannien 37, Schweden 32, der Türkei 16, Jtalien 12, Spanien 1, den Vereinigten Staaten vcn Amerika 378, anderen außer- europäischen Staaten 25; von den übrigen 114 Naturalisirten ist die frühere Angebörigkeit niht angegeben. Die Zahl der nah außer- deutschen Ländern „aus dem Verbande des Deutschen Reiches ent- lassenen Personen betrug 9756, und zwar: 4614 nah europäischen Staaten (929 ua Frankrei, 902 nah der Schweiz, 687 nach Dâne-

mark, 676 na den Niederlanden, 602 nah O. sterrei&-Ungarn, 326 nah Großbritannien, 257 nach Belgien, 105 nach Rußland), 5139 nach außereuropäiscben Ländern (darunter 4509 nah den Vereinigten Staaten von Amerika); für die übrigen 12 ift das Land der Nieder- laffung nit angegeben. Im Ganzen find im Jahre 1876 6113 Per- sonen mebr entlafien als naturalisirt worden, gegen 1950 in 1875 und 9473 in 1874. Von den in Deuts{chland im Jahre 1876 naturalifirten Ausländern waren 2320 männlichen und 1323 weiblichen Geschlechts, während bei den ins Ausland entlassenen Staatsangehörigen das männliche Geschle{cht mit 7247, das weiblihe mit 2509 Köpfen ver- treten war.

Im preußischen Staate betrug im Jahre 1876 die Ge- sammtzabhl der Geborenen 1098593 (565801 männliche und 532 792 weiblihe); es waren hiervon 1 053 070 Lebendgeborene und 45 523 Todtgeborene, von den ersteren 975 487 ehelich und 77 583 außerehelich, von den [eßteren 41 146 ebelich und 4377 außerebelich Geborene Von den ehelich Geborenen batten einen evangelischen Vater 606 636 Lebend- und 26874 Todtgeborene, einen katho- lischen Vater 355 480 Lebend- und 13813 Todtgeborene, einen sonst christlichen Vater 2381 Lebend- und 108 Todtgeborene, einen jüdischen Vater 10990 Lebend- und 351 Todtgeborene. Die Zahl der Eheshließungen in 1876 belief sich auf 221 712, darunter befanden fich evangelishe Männer 146 024, kfatholishe 72692, fon dristlide 441, juúdishe 2555; evangelische Frauen 147 454, katholishe 71 273, sonst chriftlihe 390, jüdishe 2595. Sterbefälle wurden rerzeihnet 705 060, und zwar 374 493 männliche und 330 567 weiblihe. Davon waren, wie oben bemerkt, 45 523 Todtgeborene; es trafen ferner diefe Sterbefälle 254 180 männliche und 211 433 weibliche ledige Personen, 85 939 männliche und 6443 weibliche Verheirathete, 33 847 männlide und 54 146 weiblihe Verwittwete, 527 männliche und 565 weibiihe Ge- schiedene. Auf deutschen Schiffen auf hoher See sind auße r- dem 3 männliche und 8 weibliche Personen geboren, 204 männliche und 17 weibliche Personen gestorben. Nachträglich wurden im Jahre 1876 in die Negister eingetragen (aus früheren Jahren) als geboren 2530 männliche und 2465 weibliche, als gestorben 737 männliche und 536 weibliche Personen.

Zur Statistik der Bewegung der bayerischen Be- völkerung im Jahre 1876 entnehmen wir einem Aufsaße von Dr. Georg Mayr, welcher in der „Zeitshrift des Königlich baye- rischen statistishen Bureaus“ erschienen ist, folgende Mittheilungen:

Die Gesammtzahl der Geborenen (mit Einshluß der Todt- geborenen) beläuft sich in Bayern für 1876 auf 223 192. Dies ist der höchste bisher in Bayern beobabtete Jahreësbetrag an Geborenen. Da für 1875 im Ganzen 216 176 Geborene nachgewiesen waren, fo ergiebt sich cine Zunahme der Geburten vm 7016. Die Gesammt- zahl der im Jahre 1876 Gestorbenen (qleichfalls mit Einschluß der Todtgeborenen) beträgi 162059, Da für 1875 im Ganzen 164 847 Sterbefälle nahgewiesen waren, ergiebt sich eine Abnahme der Sterbefälle um 2788. Diese Abnahme ist um so beachtenswerther, weil sie ‘roß der nicht :nbedeutenden Zunah e ter Geburten ein- getreten ist, da an sich unter sonst gleiden Verhältnissen jede Ge- burtenmehrung wegen der hohen Kindersterblihkeit die Wahrfschein- lihfkeit der Mehrung der Sterbefälle in fich \{ließt. Die Gesamnit- sterblibkeit des Jahres 1876 ift hiernah zweifellos günstiger ge- wesen, als jene des Vorjahres. Die unehelichen Geburten zeicen im Jahre 1876 eine beahten8werthe Zunahme gegen das Vor- jatr, indem sie in der Gesammtzahl von 28 738 gegen 27 315 im Jahre 18375 nachgewiesen sind.

Gewerbe und Handel.

Ueber die Schädlichkeit des weißen bleihaltigen amerikanischen Ledertuhes macht das Kaiserlihe Ge- sundheits-Amt in seinen Veröffentlichungen Folgendes bekannt:

Mehrfach laut gewordene Zweis:l über die Schädlichkeit weißer bleihaltiger amerikanischer Ledertuche in ihrer Anwendung zu Kinder- wagenverdeckten haben das Gesundheits-Amt veranlaßt, eine Reihe diesbezüaliher Untersuchungen anzustellen, dæœen Resultate hiermit zur Kenntniß gebracht werden :

1) Zunächst wurde ein Stück weißen Ledertuches beschafft, welches

{on fast ein Jakr an einem Wagcn seine Dienste gethan hatte. Dasselbe hatte an ten Knickungsestellen mehrfache Löcher, war gelblih von Farbe, enthielt 34,6°/9 metallishen Bleies und zeigte bei Be- sichtigung unter 50 facher Vergrößerung zahlreibe Zerklüftungen des Farbanstriches, in deren Tiefe eine s{chwarze Masse sihtbar wurde, die fi als erster Anstrih aus einer Caoutchouclöfung erwies.

__ 2) Es fonnte daran liegen, zu erfahren, ob die aufgetragene Bleifarbe mit einem Lack- oder Delfirniß, oder einfach mit Del auf- getragen war: Eine Behandlung mit 90 °%/g Alkohol ergab, daß die- selbe mit einer Lackfarbe vermengt aufgetragen war. Dieser L:ck zeigte die Eigenthümlichkeiten des Dammar-Harzes. Es ift das sehr witig, da Lackfarben bei Einwirkung von Wasser (namentlih Regen- wasser) und Wärme sich zuerst aufbläßhen und beim Tronen springen und abstauben, resp. abblättern, was bei Oelfarben, wie die überall zu sehenden alten Oelfarbenanstriche an Fenstereinfafsungen beweisen, zwar au, aber weit weniger der Fall ift.

3) Es wurde ein Stück des alten gebrauchten Ledertuches 5 Minuten lang in destillirtes Wasser von 26 Grad R. Wärme ge- legt und das Wasser sodann auf Blei geprüft. Die angewendete Probe mit Ammoniumsulphid ergab rei{lichen Bleigehalt des Was- sers. Bei neuem Ledertuche gelang diese Probe nicht. Es erhellt dar- aus, daß bei altem, {on hart gewordenem Ledertuhe das Regen- wasser in die Spalten des Lakes eindringt und einen gewissen Theil Blei wie nach den Erfahrungen der Chemie vorauszuseßen war auflöft und daß beim Abdunsten des Regenwassers ein feiner Bleistaub zurückbleiben kann, der bei günstigen Verhältnifien (Be- wegung) sih der umgebenden Luft mittheilt.

4) Um zu ergründen, ob dzr verwendete La im Stande ge- wesen sci, Blei aufzulösen, und so, falls der erfte (Caoutchouc-) Veberzug dieses gestatt-n würde, in die Faser der Zengunterlage auf dem Wege der kapillaren Verbreiturg sammt seinem Bleigehalte über- zugehen, wurde ein Stück Ledertuchß mit absolutem Alkohol eine viertel Stöonde falt geschbüttelt, filtrirt; das Harz mit Wasser nieder- ges{lagen und filtrirt. Das Filtrat ergab mit Ammon:umsulphid reihlihen {warzen Niederschlag, somit Blei.

2 Die nächste zu erledigende Frage war nun die, ob die Zeug- unterlage aus Baumwolle oder Flachsfaser bestehe. Eine aus- gezogene Faser ergab sich unter dem Mikroskope als Baumwollfaser. Es ist dieses nicht gleihgültig, weil die Baumwollfaser eine wesent- lie größere fapillare Leitungsfähigkeit hat, als die Flahëfaser und au leiter dem Zerfalle unterliegt, als die bekanntermaßen viel haltbarere leßtere.

6) Um nun auf praktisem Wege Gewißheit darüber zu echal- ten, ob die untere Zeugfläche wirklich bleihaltigen Lak aufgenommen habe, wurde a. diejelbe mit Wasser angefeuhtet. Die Anfeuhtung gelang mit kaltem Wasser nicht, wohl aber mit heißem; es war also eine Substanz darin enthalten, welche die kapillare Leitung von kal- tem Wasser nicht mehr zuließ. b. Dieselbe mit Ammoniak-Ligquor empfänglich gemacht: Nun gelang die Anfeucbtung. e. Die empfäng- lih gemahte Flähe mit Ammoniumfsulphid angefeuhtet: Es er- folgte eine entschiedene Bleireaktion. Die untere freie Zeugfläche ist somit, troß der Zwischenlage voa Caoutchouc, bleihaltig.

7) Es mußte nun erfors{cht werden, ob die oberflächliche, der Ab- nußung vorzugsweise ausgesetzte, Fasershiht der lackfreien Zeugfläche au bleibaltig war. Zu diesem Zwecke wurde eine Quantität der- selben mit einem Meffer leiht abgescabt, der erhaltene feine Staub in Wasser suspendirt und mit Ammoniumsulphid geprüft. Die Reaktion zeigte reihlihen Bleigehalt der abgeschwabten Fafer.

8) Zur Beantwortung der Frage, ob diz untere freie, als blei- haltig erfannte Zeugflähe nun auch wirklich abstaube und si ab- nutze, wie man dieses von allen Zeugen, namentlich bei großer Trocken- beit der Luft eigentlich weiß, wurde eine runde, etwa 50 cm im Durchmesser habente Kuhensbachtel inwendig mit s{warzem (blei- freiem) Glanzpapier ausgefüttert, und glei wie eine Trommel mit dem Trommelfelle, mit neuem Ledertuche so überspannt, daß die Zeug- seite nah innen fam. Eine etwa 4 Stunde lang fortgeseßte Stoß- bewegung mit derselben ergab in der Schachtel circa 0,05 g Staub aus Baumwollfaser, der sih auf Zusaß von Ammoniumsulphid als in hohem Grade bleihaltig erwies.

% 2] F nserate für den Deutschen Reichs- u. Kgl. Preuß. Staats-Anzeiger, das Central -Handelsregifter und das Postblatt nimmt an: die Königliche Expedition

des Deutschen Reichs-Anzeigers und Königlich Preußishen Staats-Anzeigers : Berlin, 8. Wi. Wilhelm-Straße Nr. 32. M

Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen.

Steckbrief. Gegen den Kaufmann Franz Rudolph Kremke is die gerichtliwe Haft wegen Wecselfälshung in din Akten K. 934 77 bes{lofjen worden. Die Verhaftung hat nicht ausgeführt wer- den können. Es wird ersuht, den 2c. Kremke im Betretungsfalle festzunehmen und mit allen bei ihm fi vorfindenden Gegenständen und Geldern an die Königliche Stadtvoigtei-Direktion hierselb abzu- liefern. Berlin, den 11. Dezember 1877. König- lies Stadtgericht, Abtheilung für Untersuchungs- sachen. Kommission 11. für Voruntersuungen. Be- schreibung. Alter: 23 Jahre, geb. am 31. März 1854, Geburtsort: Berlin, Größe: 1 Meter 70/75 Ctm, Haare: dunkelblond, Augen: bl:u, Augen- brauen: dunkelblond, Kinn: [pig, Nase: gewöhn- lid, Mund: gewöhnli, Gesichtsbildung: länglich, Gesichtsfarbe: gesund, Zähne: gut, Gestalt: {mäc- tig, Sprache: deutsch, besondere Kennzeichen: Reine.

rehtsfkräfti

Steckbrief. Gegen den Maler Friedrich Julius Nobert Dallmann, geboren am 4. Juni 1850 in Sternberg, dessen Signalement unten folgt, foll eine Gefängnißstrafe von vier Monaten vollstreckt werden. Sein gegenwärtiger Aufenthalt ift nit bekannt. Wir ersuchen, denselben im Betreffungs-

lung I.

ehörde abzuliefern, welhe wir um Vollstreckung der Strafe und Nachricht zu unseren Untersuchungs- aften D. 5. 77. I. bitten. Berlin, den 3. Dezember 1877. Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Unter- suchungssaden. Deputation I. für Schwurgerichts- sachen. Signalement. Der Maler Julius Fried- rich Robert Dallmann ift 27 Jahre alt, am 4. Juni 1850 in Sternberg geboren, evangelischer Religion, 171 Gentimeter groß, hat hellbraune Haare, blaue Augen, blonde Augenbrauen, dunkelblonden Schnurr- und Backenbart, cvales Kinu, lange Nasse, gewöhn- liGen Mund, br-ite Gesichtsbildung, blasse Gesich18-

Sprache.

Off. ne Strafvollstreckungs-Requisition. Der frühere Redacteur der Havel -Zeitung, Wr. phix. Kluge, ; durch unser rechtskräftiges Erkenntniß vom 12. Ok tober 1877 wegen wiederholter öffentlicher Beleidi- gung zu einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten ver- eilt worden. Es wird ersucht, an dem 2c. Kluge, dessen Aufenthalt uns nicht bekannt ist, diese Strafe

1. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 2, Subhastationen, Aufgebote, Vorladungen | u, dergl,

zu vollstrecken und hierher zu den Akten K. 149, 1877

Mittheiluag zu machen. tsda ( zember 1877. Königliches Kreisgericht. Abtheilung I

Offene Strafvollstreckungs-Nequisition. Es wird erfucht an den dem Aufenthalte nah nit bes kannten Maurergesellen Friedrich Wilhelm Ockert, am 26. März 1847 zu Uebigau geboren, in Soldin ortéangehörig, eine N wegen einfachen Dieb- | an B Id stahls rechtéfräftig auferlegte zweimonatlihe Ge- | mit der Aufforderung vorgeladen wird, zur festge-

seßten Stunde zu erscheinen, au die zu seiner Ver-

theidigung dienenden Beweismittel mit zur Stelle zu bringen oder solche dem Richter so zeitig vor dem Abtheilung I. Termin: anzuzeigen, daß diese noch zu demselben Her eee werden können. Zugleich wird dem ¿fe hiermit gemäß §. 32 der Verordnung vom

3. Fanuar 1849 die Warnung gestellt, daß im Falle

fängnißstrafe zu vollstrecken und davon hierher zu den Untersuchungsafkten 0. 358 1877 Mittheilung zu machen. Potsdam, den 6. Dezember 1877. König- liches Kreisgericht.

Offenc Strafvollstreckungs - Requisition. Es wird ersuht, an dem Schiffseigenthümer Wilhelm | 3. / i L Schulze aus Sachsenhausen bei Oranienburg, am seines Ausbleibens mit der Üntersuhung und Ent- 95. Mai 1835 geboren, cine ihm wegen Diebstahls auferlegte Gefängnißstrafe von 3 Ta- gen zu vollstrecken und davon hierher zu den Akten 8. 91 1877 Mittheilung zu machen. mit Familie auf feinem befährt die Spree und Havel. Potsd Dezember 1877. Königliches Kreisgericht.

i ie ‘Gie, Es wird um Mittheilung des Aufenthaltsortes {ae festzunehmen und ihn an die nächste Gerichts 1) des am 14. Mai 1850 zu Reußen b. Xb. gebo- renen Ge atte Aae Fegenee: 2) E

17. Apri 2 zu eißenfe eborenen | un g D s t

Arbe August Anton Müller, 3) des am 29. Zuli | welchem der Angeschuldigte hiecrdurch mit der Auf- 1852 zu Köttichau geborenen Karl Heinze, 4) des am 6. Januar 1853 zu Teuchern Eduard Westphal, 5) des am 21. z1 Erfurt geborenen und in Lanzendorf ortêangehöri- gen Tischlers Georg E E a arbeiters Gustav 27. März 1851 zu Untergreißlau geborenen August | 3. Januar 1849 dice 1 N afti i j Burkhardt, ecsuht, da sich dieselben den Erjaß- alle seines Auébleibens mit der Untersuhung un

farbe, ist kräftiger Gestalt und spricht dic deutsche Pa E E on mob H L : u Entscheidung über ihr Militärverhältniß erhalten Bromberg, den 29. November haben. Der Landrath des Kreises Weißenfels. | Kreisgericht. I. Abtheilung. Der

Steckbriefs-Erledigung, Der unterm 15. Ok- eboren den 11. Juni 1815, ift tober E Hinter dem Vi

wiß erlassene Stecbrief i Breuer erledigt.

1877. Königliches Kreisgericht. I. Abtheilung.

Beffentlicchexr Nuzeiger.

| 5, Industrielle Etablissements, Fabriken und

Grosshandel,

| 9. Familien-Nachrichten. j

Potsdam, den 10. De-

A. Fe

Kreisgerich Schulze lebt Fahrzeuge l. 14,887 und Potsdam, 1A bei; Reservisten Knecht Felix Anwaltschaft vom 2. Novem

suchun Erlaubniß zum Auswandern,

eborenen Kar

riedri Kobold, u Weißenfels geborenen Hand-

dolph Schaf und 7) des am \hewêki hiermit e

keine endgültige

itnalienhändler und

Breuer aus di sb-March- Senne A zien ie Fe iet e Metewi an v or ping Namslau, den 11. Vezemdber bee LK

| 6. Verschiedene Bekanntmachungen. 3. Verkäafe, Verpachtungen, Submissionen ete. | 7. Literarische Anzeigen. 4. Verloosung, Amortisation, Zinszahlung | 8. Theater-Anzeigen.

u, s. w. von öfentlichen Papieren.

In der Börsen- beilage,

Oeffentlihc Vorladung. Gegen den Landwehr- mann, Wirths\schn Robert Carl Felske aus Osielsf, ist auf den Antrag der Königlichen Polizei-Anwall- haft vom 20. Oktober 1877 die Untersuhung wegen Verlassens des Bundeszebietes ohne Konsens eînge- leitet worden. Zur mündlichen Verhandlung ift ein Termin auf den 26. Februar 1878, Vormittags 9 Uhr, in unserem Gerichtszebäude, Zimmer Nr. 46, anberaumt, zu welchem der Angesch:ldigte hierdurch

{heidung in coutamaciam verfahren werden foll.

Bromberg, den 4. Dezember 1877. E I, Abtheilung. Der Polizeirichker.

Oeffentliche Vorladung. Gegen den Ersaß- Kletschewsfi, Ins Czabowsfi, aus Prust, ist auf Antrag der Polizei- er 1877 die Unter- i Serrasens ves en, zu ihrer Vertheidigung dienenden Beweismittel mit Zur mündlichen Verhandlung if ein Termin auf - A E S T 24 betiselbeis Léfo ebruar 1878, Vormittags 9 Uhr, in Termine anzuzeigen, l Ö erihtsgebäude Nr. 46 anberaumt, zu beigeshafft werden könn:n.

forderung vorgeladen wird, zur festgeseßten Stunde l | zu erscheinen, au die zu seiner Vertheidigung die- anuar 1851 zu | nenden Beweismittel mit zur Stelle zu bringen, oder solche dem Richter so zeitig vor dem l 6) des am | anzuzeigen, daß diese noch zu demselben herbeige-

schaft werden können. Zuglei wird dem 2c. Klet- . 32 der Vorordnuug vom

erwarnung gestellt, daß im

fahren werden joll.

ntseidung in contumaciam ver en_ (B f 1877. Königliches

- ung. D Steckbriefs - Erledigung aus Grünberg am

ene Steckbrief wird als Grünberg, den 8. De- Königl: Kreisgericht. 1. Abtheilurg.

é E SFnserate nehmen an: das Central-Annonccn- Bureaun der deutshen Zeitungen zu Berlin, Mohrenstraße Nr. 45, die Annoncen-Erpeditionen des „Jnvalidendank“, Nudolf Mosse, Haaseuftcin & Bogler, G. L. Daube & Co., E. S&lotte, Büttuer & LLinter, sowie alle übrigen größeren

Annoncen-Bureaus. - %

Die na&benannten Militärtflitigen als: 1) Jo- hann Neugebauer, geboren den 16. Kugust 1854, aus Königlich Grädit, 2) Carl Gustav Heinrich Paul Künzel, geboren den 18. Juli 1854, aus Prehar 3) Johann Carl Heinrich Herzig, ge- oren den 13. Juli 1855, aus Zobten, 4) Iohann Friedrich Wilhelm Kalkbrenner, geborea den 17. März 1855, aus Seiferdau, 5) Carl Robert Luge, geboren den 17. Dezember 1856, aus Groß- Wierau, 6) August Julius Lubig, geboren den 19. Januar 1856, aus Zedliß, 7) Mar Emil Hoff- maun, geboren den 8. Februar 1857, aas Hohen- Giersdorf, sind von der Königlichen Staatëanwalt- haft hierselbst ang-klagt, ohne Erlaubniß das Bundesgebiet entweder verlassen zu haben, oder si außerhalb desselben aufzuhalten, um fic dadur dem Eintritt in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen. Es ift deéhalb wegen des im §. 140 des Reichs-Strafgeseßbbus vorge- sehenen Vergehens die Unterfuhung wider 1te er-

Königliches * öffnet worden.

Die ihrem gegenwärtigen Aufenkt- halte nad unbekannten Angeklagten werden hier- dur zu dem zur öffentlichen mündlichen Verhand- lung der Sache auf den 28, März 1878, Vor- mittags 12 Uhr, im Schwurgerichts\aale hierselbst anberaumten Termine mit der Aufforderung vorge- laden, zur festgeseßten Stunde zu erscheinen und die

zur Stelle zu bringen, oder do fo zeitig vor dem

Im Falle des Aus- bleibens der Angeklagten oder eines geseßlich zu- läfsigen Vertreters wird mit der Verhandlung und Entscheidung der Sache in contawaciam verfahren werden. Schweidniß, den 1. Dezember 1277.

Termine | Königliches Kreiëgeriht. Erste Abtheilung.

Nachbenannte Personen: 1) Der Schuster Peter Conrad Böttger , geboren zu Tating am 24. April 1846, zuleßt in Tönning, Sohn des Johann Böttger; 2) der Buchbinder Boy Peter Lorenzen, geboren zu Katharinenh-erd am 1. August 1846, Polizeirichter. zuleßt daselbst, Sohn des Andreas Lorenzen in

L Er rineabeguk: 3) der Seemann Wilhelm Clafen Dencker, geboren in Tönning am 6. November 1848, zuleßt daselbst, Sohn des Niels Dencker in Tön- ning; 4) der Seemann Asmus August Heinrich Bundies, geboren zu Christian - Albrechts - Koog, Kreis Tondern, am 19. März 1849, zuleßt in Gar- ding, Sohn des Jacob Bundies: 5) der Seemann Peter Wilhelm Lütjens, geboren zu Tönning am

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