1877 / 299 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Dec 1877 18:00:01 GMT) scan diff

gierungskommifsar für diese Aenderung und das Haus trat

derselben ohne weitere Debatte bei. Der §. 98 und {hließ- lich das ganze Geseß in der beshlossenen Fassung wurden sodann einstimmi gene igt.

Um 4 Uhr t) ß der Präsident die Sitzung; zur näch- ften wird besonders eingeladen werden.

Die Rede des Ministers für die geistlichen 2c. Ange- legenheiten Dr. Falf bei der dritten Berathung des Staats- haushalts-Etats, welche in dem gestrigen Berichte über die (38.) Sißung des Hauses der Abgeordneten kurz erwähnt wurde, hat folgenden Wortlaut: h:

ch habe dem Hrn. Abg. Virchow na zwei Richtungen hin für das Wohlwollen zu danken, das er mir persönlich erwiesen hat. Er zeigte dasselbe zunächst gegenüber einer Nea des Hrn. Abg. von Schorlemer-Alst, indem er darauf hinwies, welch wunderbares Ver- langen es doch von demselben sei, von mir anzunehmen, daß ih alles Dasjenige als richtig anerkenne, worüber ih s{chweige. Ih glaube, es bedarf nicht vieler Ausführungen, dem Hrn. von Schorlemer selbst das klar zu machen. Ich shweige zu den Ausführungen der Herren aus dem Centrum, ih s{chweige zu den anderen Ausführungen, die ihnen entgegengeseßt sind. Was soll nun eigentlich richtig sein, oder glau- ben Sie, daß beide Ansichten gleichzeitig als richtig in mir Plaß haben? Es is überhaupt eine beliebte Methode der Herren aus dem Centrum, Sachen, auf die ih keine Antwort gebe, als von mir zugestanden anzunehmen, ja, man ersinnt bisweilen Dinge, die ih gesagt haben soll, und wenn ih dann darauf in der Presse nihts ant- worten lasse, da heißt es: die absheuliche Aeußerung ift von dem Minister zugestanden. Es if namentlich das Gebiet ich komme darauf noch zurück welches der p: Abg. von Schorlemer-Alst noch in einer anderen Beziehung berührt hat, auf dem mir neuerdings ein paar ganz entgegengeseßte Aeußerungen zugeshoben worden sind: da soll ih gesagt haben, es wäre mir eine besondere Freude, wenn ih sämmtliche klösterlihen Niederlassungen mit einem Federstrich weg- bringen fönnte; dänn soll ich aber wieder gesagt haben: ja, wenn ih die thatsählihe Entwicklung der Verhältnisse bei Ausführung der Klostergeseße vorausgesehen hätte, dann würde ih ganz andere, von den emachten wesentlih abweichende Vorschläge vorgelegt haben zur Be- chlußfassung der beiden Häuser des Landtags. Meine Be ih abe wirklih nicht ‘nöthig besonders hervorzuheben, Jeder von hnen braucht nur einen Blick in die Zeitungen zu werfen, um zu erfahren, namentlich in der jeßigen Zeit, was ih Alles gesagt haben n: Soll ih denn das Alles in irgend welcher Weise widerlegen assen und behaupten, ih habe es niht gesagt, und soll, wenn ih es niht bestreite, daraus gefolgert werden können, daß das Alles so richtig sei? Das ist doch wahrlich nit möglich. Wenn ih bei diesem Punkte etwas weitläufiger gewesen bin als vielleiht nöthig war, so wollen Sie es dem Umstande zu- ute halten, daß eben‘ auf Grund folcher künstlich hingestellten Neontumaziatfolain eine Menge Angriffe im Lande und in der Presse gegen mich geschleudert werden, um die Leute weiter „in Unruhe zu„erhalten.

Ein zweiter Punkt, für den ich dem Hrn. Abg. Birhow danke, das ift, daß er aussprah, ih könne nicht verantwortlich gemaht werden für grobe Ungeschiktheiten der einzelnen Beamten bei Durchführung der_ sogenannten Maigeseße. Meine ers wofür ih ihm aber gar niht dankbar bin, das ist für die

tehrseite der Medaille, die er uns auch zeigt. Es ist bisweilen hier im Hause und insbesoudere, irre ich niht, von dem Hrn. Abg. Virchow auf diese ungeschickten, diese streberishen Beamten und deren zweifel- lose Schuld hingewiesen worden. Wenn ih das selbst mit anhörte, so habe ih das hingehen lasen können, weil es ja zweifellos ist, daß manchmal Mißgriffe gemacht werden, ie in der höheren Instanz ihre Rektifikation zu finden haben, und i selbst habe hier ja ausgesprochen, daß ih häufig genug în der Lage sei, den Beschwerden, die über mir untergeordnete Organe erhoben werden, gerecht zu werden, aber der Peer Abgeordnete hat die Sache doch heute in einer so scharfen Weise ausgesprochen, und so illustrirt, wie ih mi nit entsinne, es bisher gehört zu haben, und da ist es denn doch Pflicht des vorgeseßten Ministers, ein Wort für diese angegriffenen Beamten einzulegez.

Meine Herren! Wenn Mißgriffe vorkommen, \o brauchen sie nicht immer zunächst auf Ungeschicktheit zu beruhen und noch weniger auf Streberthum, sondern in der verschiedenen Auffaffung über das Geseß und dessen Auslegung, von denen die eine objektiv für berechtigter anerkannt werden kann wie die andere, fie wurzeln in der verschiedenen Würdigung der Thatsachen; wo aber solche Ungeschiktheiten vorkommen, wo eine vielleiht vermeintliche Härte in Ausübung des Gesetzes fich zeigt, da möchte ih doch bitten, einen generellen Milderungs8grund nicht aus den Augen zu lassen. Jch wünschte dem Hrn. Abg. Virchow, daß er einmal seinen Wohnsiß nähme in einem derartigen Kreise, wo folche Dinge vorkommen, und bei aller seiner äußeren Kühle möchte ih doch seinem Wärmegefühl zu- trauen, daß es auch einmal überwallt gegenüber den fortwährenden Harzellirungen und Kränkungen, die in jeglicher Weise gegen die ein- zelnen Beamten, die zur Ausführung der Geseße ber fen find, gegen- Über den Angriffen, die in der {merzlichsten, ja ih möchte sagen in der raffinirtesten Weise vorkommen.

Dann meine Herren, möchte ich- Sie bitten, zwei andere Dinge zu erwägen. Glauben Sie denn, daß es dem preußischen Beamten- thum, namentli in seiner Ganzheit genommen, Freude mat, harte Gesetze auszuführen? (Rufe: Ja, ja! Unruhe.) Nun, meine Her- ren, das Wort unparlamentarischer Art, was Sie vielleiht eben ge- bört, als Sie si dort so bewegten, wie Sie es thaten, wird Ihnen wobl gezeigt haben, daß bei Weitem die große Mehrheit des Hauses nit cinverftanden ift mit Ihrer Ansicht.

Meine Herren! Es ist eine ganz einfahe menschliche Sache, daß es oft sehr {wer wird, derartige Geseße zur Ausführung zu bringen. Wie wird das aber herbeigeführt und wo- durch wird die Schwere noch erhöht? Dadurch, daß überall ein systematisher Widerstand geboten wird gegen das Geseß. Auch bei den unschuldigsten und gleihgültigsten Stellen muß widerstanden werden, und wenn die Betroffenen selbs auf diesen Gedanken nicht kommer} dann ist es Ihre Presse oder auch andere Mittel, die dafür sorgen, daß fie den Gedanken nun doch aufnehmen. Und wenn es klar ist, daß eine bestimmte Handlung zweifellos gegen das SOE find gewisse Kreise erfinderisch in Auffindung der Mittel, das Gese zu umzehen, und nun häufen si hinter einander derartige Dinge. Zu- erst wird versucht, gegen den flaren zweifellosen Wortlaut des Gesetzes aufzutreten, und wenn das nit gelingt, dann wird ein anderer Modus gesucht, der die Frage beantwortet: Wie kommst Du dennoch zu Deinem Ziel, und wie s{chlägst Du es ist das ja wohl ein parlamentarisher Ausdruck dem Geseß ein Swhnippchen? Meine erren, diese Art flandes ift e, die absolut zwingt auch die humansten Beamten, das Gesetz ernst auszuführen und sih daher dem E deéjenigen auêzuseßen, was der Hr. Abg. Dr. Virhow eine unberech- tigte Härte nennt. “Meine Herren, wenn die Beamten das Gefeß nicht zum Gespött machen wollen, müssen sie in den allermeisten s die von den Herren als Bedrückung E werden, fo

andeln, wie sie thun, Die Besserung ift einfa zu finden. Hören Sie auf, mit diesen Mitteln die Leute zu reizen, und die Härten in den Geseßen und in deren Ausübung verschwinden von selbst.

Es ift aber noch etwas Anderes. cine Herren, es ist nit

t, alles d Dn weiteres zu glauben, was von solchen Härten in

r Presse erzählt, ja, was in diesem Hause Ihnen mitgetheilt wird. Der Hr. Abg. Dr. Virchow o heute meines Erachtens auch etwas pr , verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, von dem ih

sagen muß, Sie können es eigentlich nicht verantworten. Sie sagen, die Ar Posen sei seit langem der Ablage- rungéort für schlechte Beamte, Noch zu® der Zeit, als ich nit im Dienste war, mi aber dem juristishen Studium widmete, da sah man allerdings die Provinz Posen für diese mir näher stehenden eamten, oder vielmehr für diese Beamten, denen ich auch hald an-

des Wider-

ehôren sollte, als eine Art von Verbannungsort an, nicht als Ab- agerungsort \{lechter Elemente. Man „fing, damals dahin, den- jenigen Männern, die die Unbequemlichkeit einer Anstellung in der Provinz Posen über fi nahmen, besondere Vortheile in Ausficht zu stellen, wenn i urüdckträten in die anderen Provinzen, und eben um so Vortheile willen suchte man si die guten Beamten aus. Und seit ich dem Dienst ange- höôre und einige Uebersicht gewommen habe, sei es auf dem Boden der Justizverwaltung, fei es auf dem Boden, den ih ießt des Näthsten zu vertreten habe, sei es in den allgemeinen Beziehungen, die an den Staats-Minifter herantreten, ift es stets die klar aus- esprochene Aufgabe gewesen, die besten Beamten für die Provinz

osen auszusuben, weil die Verhältnisse dort so {wer sind. Herr S Sie sind \{chlecht informirt gewesen, wenn Sie anderes auêspracben. :

habe jeßt den speziellen Fall zu berühren, der hier heute vorgebracht ist. Sie haben mir die Kostener Affaire wieder genannt, es thut mir ganz außerordèntlich leid, daf ich das Aktenstück, was heute vielleiht seine nüßlihe Verwendung hätte, niht hier habe, sondern daß es dem wesentlich interessirten Refsorthef, dem Minister des Innern vorliegt. Sie haben von dieser Tribüne die s{chwersten Behauptungen in eng auf den Landrath Delsa gehört, die That- sachen in sih \{lofsen, die das religiöse Gefühl ‘nit nur der Bethei- ligten, soridernalle Welt kränken konnten. Da soll der Mann gesagt haben : es wäre ihm gleichgültig, ob Blut flöfse, da soll der Mann bedeckten Hauptes in das Heili thúas der Kirche getreten sein. Das bestreitet er auf das Klarste und Unumwundenste, und eine weitläufige Beweis- antretung in dieser Beziehung liegt in dem Schriftsay vor. Jch be- daure wiederholt, daß ih dasselbe in dem Augenblick nicht vorlegen kann, so weit reiht meine Erinnerung, daß das im Schriftsaß fteht, was ich Jhnen angeführt habe. s

Nun, meine Herren, wenn Sie noch ein weiteres Beispiel haben wollen, daß auch hier in der Lebendigkeit der Rede Dinge behauptet wurden, die mit der Wirklichkeit in völligem Widerspruch stehen, so wollen Sie sich an den Abg. von Schorlemer wenden. Der Abg. von Schorlemer hat sich über ein Eingreifen in das Innere der Ordensniederlassungen, welche die Krankenpflege ver- folgen, beschwert; er hat gesagt, es würden dort Eingriffe, nament- lih in Bezug auf den Eintritt und die Verseßung Telder Persön- lichkeiten gemacht, welche das Ordenswesen gar nicht bestehen ließen ; ja ich glaube mi recht zu erinnern, daß er behauptete, in Bezug auf die Vagabonden würden die Anordnungen milder und gerehter getroffen werden, als in Bezug auf die barmherzigen Schwestern.

Meine Herren, wie liegt eigentlih dieser Fall? Das Geseß vom 31, Mai 1875 verordnet, dai die E op ungen, welche der Kranken- pflege allein dienen, ferner aufrecht erhalteu werden dürfen; neue

iederlafsungen dürfen nicht entstehen, wohl aber gestattet das Gesetz eine Aufnahme neuer Mitglieder in derartigen Niederlassungen mit Genehmigung der Minister des Innern und der geist- lichen Angelegenheiten. Es ist dabei, wie ich gern anerkenne, nicht blos der Gedanke, daß bei solchen weiteren Aufnahmen das Wegfallende erseßt werde, sondern es E die Auffassung der Staats- regierung immer gewesen, daß auch Aufnahmen eintreten können, die einem weiter gesteigerten Bedürfniß entsprehen. Aus welchen Gründen aber ist denn diese Bestimmung überhaupt in das Gesetz gekommen? Es ist ein persönlicher und ein sahliher Grund. Der persönlihe Grund ist der, daß mz1n Personen, die niht Herren ihres freien Entschlusses sind oder sein können, vor vorzeitigem Eintritt, aber nicht überhaupt vor dem Eintritt in solche Niederlassungen abhalten will. Der sahliche Grund i} der, daß entsprechenv dem Gedanken des Gese“ es nicht ein Uebermaß von Persönlichkeiten si der Ordensstation widme und in derselben thätig sei. (Ruf aus dem ms Auch bei der Krankenpflege?) Ja, auch bei der Kranken- pflege!

Was das Erste betrifft, die persönliche Seite, z ist es in Bezug auf den Neueintritt so, daß ih mich und ih glaube, es if das erschöpfend, daß ih mi nur ejues Falles erinnere, wo die be- treffenden Staatsh2hörden Bedenken gftragen haben, ohne Weiteres die Genehmigung zu dem Neueintritt zu gewähren. Der Haupttheil aber ift der, daß aus der einen Niederlassung in die andere Niederlassung Personen verseßt roerden.. Weil die “persönliche Seite bei diesen Per- E weniger in Betracht kommt sie gehören ja \{chon ciner

rdensniederlassung an —, hat man die leichteste Form gewählt, die sih. überhaupt denken läßt, man überläßt es den betreffenden Vorstehern, die einzelnen Niederlassungen der Personen ein- zuberufen und dann allmonatlich Mittheilung zu machen, von und woher sie die Personen übernommen haben, Was die sachliche Seite betrifft, so liegt es, und ich muß wiederholen, das entspricht dem Sinn des Gesetzes, in der Natur der Dinge, daß man die Aufnahme von Kräften, die nicht verwandt werden können an der Stelle, wo sie verwandt werden sollen, nicht zu genehmigen hat, und nur in dieser Richtung sind Maßnahmen getroffen worden. Worin bestehen denn diese Maßnahmen? Es is anzugeben der Grund, aus welchem die Verseßung erfog ist. Es ift deutlich esagt worden, daß es dabei sich nicht um innere Ange- egenheiten der Orden handle, sondern um die von mir angedeutete äußere Rüksicht. Es is dann auch mit Ausnahme sehr weniger Vorsteherinnen und Vorsteher von Nieder- lassungen die Sache in der leihtesten Weise behandelt worden, zumal die Regierung sich begnügt hat mit der Bemerkung: war früher in dem Mutterhause und ist wieder in dasselbe zurückgerufen worden, oder: ist an Stelle einer erkrankten Schwester berufen worden, oder : ist berufen worden, weil sich die ambulante Krankenpflege oder die Krankenpflege im Hause vermehrt hat. Meine Herren! Sehr häufig geschieht es, daß an dieser Kolonne statt -der Gründe sich ein Strich findet; und, wenn die Lokalbehörde rein Bedenken hatte, dann wurden auch diese Translokationen allmonatlich ohne ein Wort genehmigt. In der ganzen Zeit, in der ich die Ausführung dieses Gesetzes habe, nun 2# Jahre, wird, ih will die Zahl der Fälle hoh greifen, die Ziffer 5 noch- nit erfüllt sein, wo ein Bed:nken und eine weitere Recherche eingetreten ist. Und dann, meine Herren, bitte ich, noch einen Umständ zu erwägen, den die Herren nit erwähnen, weil er ihnen niht paßt; eine sehr große Zahl von Niederlafsungen ist und war gewidmet gleichzeitig er- ziehlihen und Unterrichts- und Krankheitspflegezwecken, und, meine Herren, wenn ih dafür gesorgt habe, daß diese erziehlichen Zwecke dem Geseße gemäß ein Ende Aen, daß also die Unterrichis- und erziehlihe Thätigkeit aufhörte, fo habe ich doch sämmtliche Per- sonen der Niederlassung, auch wenn sie früher und da hand:lt es fich um keine kleinen Ziffern lediglich mit Erziehung und Unter- richt sih beschäftigt haben, in der Krankenpflege belassen. Und nun möge Hr. von Schorlemer es wagen, nochmals zu sagen, daß die barmherzigen Schwestern \{hlechter behandelt würden wie Vagabundeu!

weiteren Verlaufe der gestrigen Sißung wurde

die dritte Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen 2c. Angelegenheiten fortgeseßt. Nach dem Staats-Minister Dr. Falk führte der Abg. Graf Bethusy- Huc aus, er und seine Freunde könnten die Hoffnung nicht aufgeben, daß den verführten katholischen Mitbürgern endlich werde bewußt werden, daß es sich nicht um einen Kampf des Protestantismus gegen den Katholizismus handele, N lediglich um Feststellung des Nechtes des Staates jeder Religions- enossenschaft gegenüber. Wenn diese Erkenntniß durhgedrungen

ein würde, dann würde auch die freiwillige Unterordnung nicht

ausbleiben ¡nöthigenfalls würde sihder StaatGehorsam erzwingen müssen. Der A g. Windthorst (Meppen) erklärte es für be- zeihnend, daß man allgemein anfange, zu reflektiren, ob die Gesetze hart seien oder nicht, ob die Härte im Gesetze oder in der Ausflihrungsmethode liege, das Verhältniß von Staat und Kirche due, und die. Abgg, Aegidi und Virchow hätten werthvolle Beiträge geliefert, Die fatholische hierarhische Einrichtung sei niht ein Accidenz,

Man geve auf die Basis, auf

we ( dtheil der Kirche. Diese könne keiner Territorialregierung das Recht zug „, ihrerseits das Kirchenrecht erft zu denongen und anzuerkennen. Der Streit könne nur gelöst werden durch ein Zusammengehen von Staat und Kirche, oder dur ihre völlige Trennung. Zum Frieden aber müsse man kommen, sonst gereihe dieser Kampf dem Staate zu größerem Unheil als der co ck

Das Haus begann nunmehr die Spezialberathung des A G Zur Entsäd L:

u . 127 Tit. 15 Zur Entschädigung der Geist- lichen und ‘Fir nbeamten für den Ausfall an Stolgebük nah Maßgabe des §. 54 des Geseßes vom 9. März 1874 und des Allerhöchsten Erlasses vom 18. März 1876: 500,000 M ag der Abg. Windthorst (Meppen) hinter den Worten: „zur Entschädigung der Geistlihen und Kirchenbeamten“ die

orte einzuschalten: „sowie der jüdischen Religionsdiener.“ Der Abg. Rickert ersuhte Namens der Budgetkommission das Haus um Annahme des Antrages. Die Kommission habe si unächst mit diesem Gegenstande nur bei BOGRAE einer etition des Rabbiners Dr. Meyer zu Hannover beschäftigt,

welcher auseinandergeseßt habe, daß er seit der Gültigkeit des Civilstandsgesetes beträchtlih in seinem Einkommen geschädigt sei, da in Hannover die Rabbiner vordem das Recht der selbst- ständigen Eheschließung gehabt hätten.

Der Staats-Minister Dr. Falk erklärte, daß er gegen die Annahme des Antrages Windthorst nihts zu erinnern habe.

Das Haus nahm den Antrag Windthorst an und erklärte zugleich die Petition des Rabbiner Dr. Meyer für erledigt.

Der Abg. Freiherr von Fürth beschwerte sich über Miß- stände in dec fatholishen Fakultät der Universität Bonn, namentlich darüber, daß bei den Dekanatswahlen regelmäßig altkatholishe Professoren e würden; die römisch-fatho: lischen Studirenden würden dadurch gezwungen, etwaige Dekanatsprüfungen bei diesen Professoren anzulegen,

Der Regierungskommifsar, Geheimer Regierungs - Rath Dr. Göppert erklärte die Beschwerde ogeid der Dekanats-

sondern ein wesentlicher

wahlen wegen der Natur der Dekanatsgeschäfte nicht für be- deutend; in dem Umstande, daß römisch-katholishe Studenten wissenschaftliche Examina bei altkatholishen Professoren machen müßten, könne eine toll Ga nicht gefunden werden. _ Bei Kap. 120 Katholische Geistlihe und Kirche er- widerte auf eine Anfrage des Abg. Fbah der Regierungs- fommissar, E Ober-Regierungs-Rath Bahlmann, daß in der Nachweisung über die auf Grund des ereus vom 22. April 1875 eingestellten Leistungen an katholische Geistliche rößere Summen als verausgabt aufgeführt - sind, als that- sächlich verausgabt seien, g Differenz beruhe aber, wie die Regierung schon in zweiter Lesung angedeutet, nur auf einem falfulatorischen Jrrthum.

Bei den Dispositionsfonds des Kultus-Ministeriums be- shwerte sih der Abg. Dr. Franz darüber, daß die Organe der Staatsregierung, die Subventionen, welche für Lehrer be- willigt würden, nicht blos mit Rücksicht auf die Stellung als Lehrer, sondern besonders mit RNücssiht auf die politische Gesinnung vertheilten. Fn Schlesien habe ein Kreis-Sch1’'- inspektor nur für den Fall einer staatsfreundlihen G-sinnung solche Nemunerationen in Aussicht gestellt. Eine derartige Verwendung der Dispositionsfonds würde die Korruption der Elementarlehrer nah si en,

Der Regierungskommissar Geheimer Ober - Regierungs- Rath Wäßöold erklärte, daß cir Verfahren, wie es von dem Abg. Franz geschildert worden sei, Seitens der Regierung nit Si werde. Wenn sih aber ein Lehrer agitatorisch staats- cindlich zeige, so sei es gewiß Ie zweifelhaft, ob ihm eine Unterstüßung gegeben werden solle.

Die Spezialberathung des Etats war damit etledigt. Der Etat isstt in Einnahme und Ausgabe auf 713 857 764 M und zwar 640 799 771 an fortdauernden, 73 157 993 M an einmaligen Ausgaben festgestellt.

Um 4 Uhr vertagte Kd das Haus,

Fn der heutigen (39.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher am Ministertische der Justiz Minister Dr. Leonhardt, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Staats-Minister von Bülow, und mehrere Regierungs- Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß von dem Finanz-Minister die Uebersicht der Rehnungen der Ober- Rechnungskammer für das Fahr 1876 und von dem Präsi- denten des Herrenhauses der Gesezentwurf, betreffend die Hessische Brandversicherung?-Anstalt, eingegangen sei.

Die zweite Berathung des Gesegentwirfs, be- treffend die Errichtung der Landgerichte und Ober- Landesgerichte, leitete der Referent, Abg. Löwenstein, mit einem längeren, bis zum Schlusse des Blattes währenden, Vortrage über die Vorgänge in der Kommission ein, und be- fürwortete deren Anträge, welche lauten :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

1) Den Entwurf eines Gesetzes, betrefead die Errichtung der Landgerichte und Ober-Landesgerichte, Nr. 22 der Drucksachen, in der aus der arliegenden Zusammenstellung ersichtlihen Faffung der Kom-e missionsb-\{lüsse anzunehmen.

2) Die auf die Bildung von Ober-Landeëgerihten und Lan d* gérichten bezüglichen Petition-n durch die Beschlußnahme über de 1 Gefebentwurf Nr. 22 der Drucksachen für erledigt zu erklären.

‘3) Die auf die Bildung von Strafkammern und Amisgerichten bezüglichen E der Königlichen Staatsregierung zur Kenntniß- nahme zu überweisen. i

4) An die Königliche Staatsregierung das Ersuchen zu richten. daß sie, unerah et der Annahme des Gesetes, betreffend die Errich- tung der Landgerichte und Ober-Landesgerichte, überall, wo die Orts- verhältnisse dies rathsam erscheinen lassen, mit den benacbarten Bundesstaaten in Verhandlung trete, oder die eingeleiteten Ver and» Ung fortseze, um unter Vereinigung bundes staatlicher Gebiets- theile zu einheitlichen Gerichtsbezirken örtlih zusammenhänzende und den Organisations8zwecken vollkommen entsprehende Landgerichte und Ober-Landesgerichte herzustellen.

Am Sonnabend, 15. d. M., hielt der Königliche gewerblihe Sachhverständigen-Verein hierselbst seine erste Sißung ab, und zwar fand dieselbe im Gebäude des Handels - Ministeriums satt. Der Verein ist bekanntlih auf Grund des E LLEE eßes gebildet und hat lid ordern der Gerichte Gutachten über Nachbildung gewerblicher Muster und Modelle zu erstatten. Als Vorsitzender fungirt der Ge- heime Ober-Postrath Professor Dr. Dambach; welcher au in den übrigen Sachverständigen-Vereinen den Vorsiß führt. Die Mitglieder bestehen aus hervorragenden Jndustriellen, Künst- lern, Gelehrten. Der Handels - Minister Dr. Achenbach eröff nete die Sißung persönlih und entwickelte auf die vom Vor- sißenden an ihn gerichtete Ansprache in t gehenDeT treffender Weise die Bedeutung des deutshen Muster Hußgesezes und. der Thätigkeit des Sachverständigen-Vereins. Nachdem der | Minister si noch die einzelnen Mitglieder des Vereins hatte

vorstellen lassen und sich demnächst entfernt hatte, begann der Verein seine eigentliche Thätigkeit, indem er in zwei inter- essanten Untersuchungssachen wegen Nachbildung von Modellen sein Gutachten abgab,

Die fünfte Sißung der Central-Moorkommission fand am 11. und 13. d. Mts. im Dienstgebäude des Land- wirthschaftlichen Ministeriums statt. Es wurde zunächst die Nomenclatur der Moore, die Bezeichnung der - wichtigsten Punkte für die Moorstatistik und die vorgelegten Dienst- verträge und Dienstinstruktionen für die Beamten der Moor- Betten in Bremen erledigt. Ein Bericht des Vor- standes des Haidekultur-Vereins für Schleswig-Holstein, betr. die Verhältnisse und die Entwässerung der an der Haaler

‘Niederung belegenen Moore, wurde von der Kommission mit

iner Empfehlung des in dem Bericht dargelegten Entwässe- r SAERE dem Minister für die Nr I An- gelegenheiten zur Kenntnißnahme überwiesen. Jn Beziehung auf ein Schreiben des Vereins gegen das Moorbrennen, betr. die Ver- meidung des Moorbrennens, wurde von der Kommission zunächst die Sammlung der bis jeßt gegen das Moorbrennen erlassenen Polizei-Verordnungen beschlossen, worauf die weite- ren Vorschläge gegen- das Moorbrennen erörtert werden sollen. Die vom Moorstationsdirigenten Dr. Fleisher und von Dr. Salfeld proponirten Versuche für das Fahr 1878 wurden von der Kommission angenommen: es sollen Versuche mit verschiedenen Kulturarten auf Mooren in Bremen, Fries- sand, Oldenburg 2c. gemaht werden. Ein vom Dr. enb (Königsberg in Pr.) in der Kommission gehaltener Vortrag über die Moore der Provinz Preußen, ihre Ausdehnung, Be- schaffenheit und Verwendungsfähigkeit zu tehnishen und Kulturzwecken soll wegen seines hohen allgemeinen ZJnteresses, os einem Beschluß der Kommission, gedruckt und verbreitet werden. Jm Anschluß an einen Bericht, be- treffend die in den Niederlanden bestehenden Vorschriften über die Ausnußzung von Torfstihen und Mooren, wurde von der Kommission eine Subkommission gebildet zur Festseßung von Bedingungen, welche bei Verpachtungen von Bi roten zur Torfnußung, zur Erhaltung eines ordentlichen ustandes zu empfehlen sind. Ein Antrag des Ministerial- Diretiors Marcard, betreffend die Anlage von Forstkultur- Versuchsgärten, zur Erprobung der auf Moor- und Haideboden geeignetsten Holz- und Kulturarten, wurde von der Kommission angenommen. Zunächst sollen 3000 H zu diesen Versuchs- árten im Gebiete der neuen Emsfkfanäle verwendet werden. Ferner wurde den Herren Lammers und Salfeld die Be- \haffung des Materials über die volks- und landwirthschaft- lihe Bedeutung des projektirten Kanals Bremervörde-Stade übertragen. Schließlih referirte Hr. Pogge - Blankenhof über die Verhältnisse des hohen Venns im Regierungsbezirk Aachen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Emil Adler in Görbersdorf, Arzt Blum in Freiburg (Lddrost. Stade), Dr. Linzbach in Poppelsdorf, Dr. Finkler in Bonn, Dr. Peusquens in Königswinter, ÞDr. Keller in Cöln, Dr. Jünger in Münstereifel, Dr. Ahtermann in Wesel und Arzt Monnier in Hitdorf.

Bayern. München, 16. Dezember. Der Etat des Staats-Ministeriums des Fnnern wird, wie der „Allg. Ztg.“ zufolge jeßt beschlossen ist, nicht mehr vor den Weihnachts- ferien im Finanzausshuß der Kammer zur Berathung ge- langen, vielmehr soll diese fusgejest bleiben, bis der Gescß- entwurf bezüglich des Verwa (NTANgEr Or Lno fes seine Erledigung gefunden hat, weil im Falle der Annahme des Gesetzentwurfs dies von Einfluß auf die Gestaltung des Etats des Staats-Ministeriums des Jnnern sein wird. Der Aus- schuß für den Verwaltungsgerihtshof will seine morgen wie- der beginnenden Berathungen jedenfalls vor Séluß dieser Woche zu Ende führen, damit der Referent in der Lage ift, während der Dauer der Weihnachtsferien, die sich möglicher- weise bis zum 2. oder 3. Januar erstrecken, den an die Kam- mer zu erstattenden Bericht tearbeiten zu können. :

17. Dezember. Der Art. 37 des T uri be- züglich des Verwaltungsgerihtshofes foll nah den neueren Vorschlägen, welhe in der Subkommission die Abgg. Hauck und Graf Fugger machten, folgende Fassung erhalten: „Gegenwärtiges Geseg tritt an einem durch Ver- ordnung zu bestimmenden Tage, j:doch nit früher in Wirk- samkeit, als bis die Umbildung des Staatsraths in eine un- besoldete Stelle und die geseßlihe Ordnung der Ver- hâltnisse der Amtsanmwmaltschaften ia ist und die Feststellung der Siße und Grenzen der Aemter der Zus und inneren Verwaltung nach Bewilligung der etatsmäßigen Mittel stattgefunden hat. Das Geseß tritt nach Erfüllung vorstehender Vorausseßung spätestens am 1. September 1879 in Kraft. Vom Tage der Wirkjamkeit des Gesetzes erlöschen alle entgegenstehenden Bestimmungen.“ Die Abgg. von Hör- mann und Dr. Völk beantragen dagegen : „Das gegenwärtig: Gesetz tritt am 1. Januar 1879 in Wirksamkeit“. Der erb- lihe Reichsrath Adolph Eberhard Frhr. von Gumppen- berg auf Pôttmes is gestern Abend gestorben. Derselbe

interläßt keinen männlihen Nachkommen, in Folge defsen die

ihsrathswürde auf die Linie Peuerbach, und zwar auf den Königlichen Kämmerer Ludwig Frhrn. von Gumppenberg- Feuerbach übergeht.

Sachsen. Dresden, 18. Dezember. Die Zweite Kammer trat heute in die allgemeine Vorverathung des Königlihen Dekrets über die Reform der direkten Steuern ein.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Dezember. (W. T. B.) Im Budgetaus\chuß der österreihishen Delegation Turde die auswärtige Politik besprochen. .Graf Andrassy hielt dabei einen agartn Vortrag und verlas tine große Anzahl diplomatischer Aktenstücke. Der Ausschuß spra fih im Staatsinteresse für die strengste Geheimhaltung aus, wählte indeß 2 Delegirte, welche im Einvernehmen mit der Negierung einen für die Oeffentlichkeit bestimmten Be- riht redigiren werden. Nach den Erklärungen des Grafen Andrassy spra der Obmann Herbst dem Minister für seine Res Aufklärungen im Namen des Ausschusses seinen : aus.

Frankreich. Paris, 18. Dezember. (W. T. B.) Die angetündigte Veröffentlichung des Herganges der mißlungenen Yersuche zur Bildung eines Ministeriums aus Mitgliedern der Rechten wird nicht stattfinden, n veröffentlichen die tonservativen Organe folgende Note: Mehrere franzö- !

sische und ausländishe Journale haben Thatsachen erzählt, welche sich im Elysée bei Gelegenheit der Bildung eines Ka- binets aus Mitgliedern der Rechten zugetragen haben sollen. Die politischen Persönlichkeiten, welche bei den Zwischenfällen der leßten Kcisis betheiligt waren, haben s\ih gefragt, ob es für sie niht geboten sei, die zahlreihen JFrrthümer zu berih- tigen, welche diese R enthalten. Sie haben einstim- mig erkannt, daß jede Berichtigung, sei es eine follektive oder eine individuelle, f e zwinzen würde, aus einer R As S, welche ihnen die Schicklichkeit auferlegt. Aber ie protestiren gegen alle Darstellungen, die man veröffentlicht hat. Dem „Moniteur“ zufolge werden 81 Präfekten- posten demnächst neu LELeRE werden. Die neuen Ernennungen für die Präfekturen werden voraussihtlich schon morgen offiziell publizirt werden, und dürften die Präfekten, welhe in Folge des Kabinetswechsels vom 16, Mai abgeseßt waren, ihre früheren Stellungen größten- theils wieder erhalten. Ein Cirkular des Ministers des ¡Fnnern weist die eye an, den Fournalen die volle Freiheit des Straßenverkaufs wieder zu gestatten.

19 Dientoer. (2. L. D.) : D ©

officiel“ veröffentlicht ein Dekret, dur welches die Genera l- räthe auf den 21. d. M. einberufen werden. Gleichzeitig wird die Ernennung von 83 Präfekten publizirt; von den abtretenden Präfekten haben eine Anzahl ihre Entlassung gegeben, andere sind ihrer Stellung enthoben worden. __ Versailles, 18. Dezember. (W. T. B.) Jn der heu- tigen Sißung des Senats verlas Pouyer-Quertier den Be- riht der Finanzkommission, welher sich für die Be- willigung der vier direkten Steuern und zweier Zwölftel des Budgets erklärt. Lucien Brun nahm im Namen der Rechten das Wort und bestritt der Majorität prinzipiell das Recht, das Budget zu verweigern und dadurhch das Leben des Staates gewissermaßen zu suzpendiren. Der Redner erklärte, die Rechte werde gemäß dem Antrage der Kommission stim- men, jedoch nicht, ohne ihre Bedenken dabei zu betonen. Die vier direkten Steuern, sowie zwei Zwölftel des Budgets wur- den schließlich einstimmig genehmigt.

Jn der Deputirtenkammer brachte Laissant von der Linken einen Antrag ein, betreffend die Herabsezung der Militärdienstpfliht von 5 auf 3 Jahre, sowie be- treffend die Aufhebung des Jnstituts der Freiwilligen. Der Minister-Präsident Dufaure legte einen Gesehentwurf vor, durch welchen das Geseh über D rePERT e Zen aufge- hoben und für die seit dem 16. Mai d. F. begangenen Prefß- inet eine Amnestie erlassen wird.

75m Senat und in der Deputirtenkammer wurde ein Dekret des Marschall-Präsidenten verlesen, durch welches die Session der Kammern für geschlossen erklärt wird.

Îtalien. Rom, 19. Dezembe-. (W.T.B.) Das amtliche Blatt veröffentlicht die Verfügungen, betreffend die Verl än- gerung der Handels- und Schifsfahrtsverträge Ftaliens mit Oesterreih, England, Belgien und der Shweiz bis zum 31. März 1878.

Türkei. Konstantinopel, 18, Dezember. (W. T. B.) Die türkischen Fournale bestätigen die auf Kreta herrschende große Aufregung und melden, Costaki Adossides, ein Grieche, und Salim Effendi, ein Türke, würden sih be- reits morgen als Regierungskommissare nach Kreta begeben. Mehrere kretensishe Führer, welche iu Griechenland wohnten, seien na Kreta zurücgefehrt. Unter der christlichen Bevölkerung von Sphakia herrschte große Aufregung. Die Pforte erklärt die Nahriht vom Tode Osman Paschas offiziell für unbegründet.

Afrika. Egypten. Alexandria, 16. Dezember. (Daily News.) Morice Bey ist heute auf dem Kanonenboot „Rambler“ von Suez abgefahren, um im Auftrage der egyp- tischen Regierung die Häfen des Rothen Meeres auf Stléveihamdict zu untersuchen.

ournal

Der rusisch-türkische Kriez.

London, 18. Dezember. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Konstantinopel von gestern Abend: Zur Richtigstellung der Auslegung, welhe der Cirkularnote der BTacte: betreffend die Mediation der Großmächte egeben worden ist, hebt man in türkischen N aNreSen

ervor, daß sich die Türkei keineswegs in der Kolle eines Be-

siegten an die Mächte gewendet habe, dieselbe befiße noch zwei Vertheidigungslinien, welche fie glaube vertheidigen zu fön- nen, Die Türkei wolle sich mit der Cirkularnote den von den europäishen Mächten aufgestellten Forderungen nähern. Der Krieg habe in Folge der Weigerung der Pforte diese Forde- rungen anzunehmen begonnen, er fönne beendigt werden durch die Konzession der Pforte, sih auf den Boden der Konferen- zen zu stellen.

Wie der „Cöln. Ztg.“ unterm 18. aus London tele- graphirt wird, soll das Kabinet bei seiner gestrigen Be- rathung abermals nicht s{lüssig geworden sein, im Gegen- theil hätten sich die Meinungen im Schooße des Mini/:eriums shroffer einander gegenübergestellt. Gestern waren in London wiederum allerlei unverbürgte Gerüchte über Rüctritte ein- jens Minister verbreitet. Die Türkei soll für den Fall

es “-ihtzustandekommens einer europäishen Vermittelung Sonderverhandlungen mit Rußland ofen in Aus- sicht gestellt, daneben aber auch die Möglichkeit eines english- türkischen Defensivbündnisses angedeutet haben. i L

London, 19. Dezember. (W. T. B.) Durch eine offi- zielle Bekanntmachung wird das Parlament nunmehr defi- nitiv auf den 17. Januar einberufen. Der „Standard“ bemerkt zu dieser D tmaGen , das Kabinet habe be- schlossen, das Parlament drei u eher, als rg beabsichtigt gewesen, einzuberufen, um demselben Maßregeln zur Beschlußfassung vorzulegen, welche dur den veränderten Stand der orientalishen Frage erfordert werden, sowie um einen Extrakredit zu verlangen zum Zwecke einer solhen Vergrößerung der britishen Kriegsmacht, wie sie die gegenwärtigen Zustände Europas erheishen. Die „Times“ Dg! Stsckieven den Schritt der Regie- rung und glaubt, daß die Jnteressen des Landes sich augen- blicklih in feiner Gefahr befänden.

London, 19. Dezember. (W. T. B.) Der „Standard“ meint in weiterer Ausführung, nicht die Schwäche der Türkei erheische eine Schwenkung der bisherigen englischen Po- litik, auch nicht die Siege der Russen, sondern die Freiheit welche die Kaisermächte Rußland gewährten, seine Siege nach Belieben auszunugzen, sei eine Gefahr für die englishen Jn-

teressen. England könne niemals die Beilegung des Streites unter solchen Bedingungen billigen und möge sogar U-sache haben, gegen einen direkten Frieden zwischen den Kriegführenden t. protestiren. England beanspruhe eine Stimme bei der

gelung der orientalischen Angelegenheiten. Um auf dieser Stimme bestehen zu können, adoptire die Regierung jede Maßregel, welche das Parlament zu sanktioniren angegangen werden würde.

Von den englishen Wochenzeitungen is es abermals „Saturday Review“, welhe auf das Ent- schiedenste jedwede bewaffnete Einmischung Englands, wie sie von türkenfreundlihen Blättern nah dem Falle Plewnas empfohlen worden, bekämpft. „Kein vernünftiger oder patriotischer Engländer sagt das Blatt sieht mit Zu- friedenheit das obere Thalgebiet des Euphrat in Händen Rußlands; aber die neutrale Politik, die von der großen Mehrheit des Volkes gebilligt worden, hat zur logischen Folge die Zustände, die jeßt wirklich eingetreten sind. .….. Gemäß dem französishen Sprüchworte {ließt der Wunsch des Zieles eine Billigung der Mittel ein, und umgekehrt führt Zula}sung des Mittels Duldung des Zieles mit sich. Wenn englisches Interesse vordem keinen Krieg mit Rußland verlangt hat, so bieten Kars und Plewna keinen Grund für Abweichen von solcher Politik.“

Wien, 19. Dezember. (W. T. B.) Die „Tages- press e“ glaubt, daß England nicht gerade gegen eventuelle russisch-türkishe Separatverhandlungen sei, jedoh aus der Materie derselben eine englishe Jnteressenfrage zu machen bemüht sei. Eine gewisse Gattung von Fragen dürfe nach Englands Auffassung nicht zwischen Rußland und der Türkei allein, sondern nur im vollsten Einverständnisse aller Mächte gelöst werden.

Konstantinopel, 18 Dezember. (W. T. B.) Die Besprechungen zwischen den Botschaftern der Groß- mächte unter si{ch und mit den türkischen Ministern haben, wie die hiesige „Agence Havas“ erfährt, keineswegs den Charafter einer Berathung auf Grundlage einer Mediation. Die Me- diationsfrage wird vielmehr zwischen den Mächten direkt ohne Betheiligung ihrer Vertreter in Konstantinopel behandelt.

Europäischer Kriegsschauplaßt. __St. Petersburg, 19. Dezember. (W. T. B.) Nah hier eingegangenen amtlihen Nachrichten ist Kaiser Alexander am Montag Abend 11 Uhr aus Bukarest nah St. Petersburg abgereist.

Konstantinopel, 18. Dezember. (W. T, B.) Einem Telegramm Suleiman Paschas zufolge hätten die russischen Truppen Totrafan bombardiri, ohne Schaden anzurichten. Bei ¡Flot Sakuduili hâtte ein leihter Zusammenstoß mit dem Feinde stattgefunden. Durch Rekognoszirungen sei festgescellt, daß Tcholaklar, unweit Tirnowa, von einem russishen Deta- hement nah einem furzen Kampfe beseßt worden sei. Die türkische Rekognoszirungsabtheilung sei in das Lager zurück- gekehrt, ohne Verluste erlitten zu haben. Eine von Berko- waß aus vorgeschickte türkishe Abtheilung habe die feindliche Kavallerie bei Torok zerstreut. Zur Vertheidigung der Balkanlinie werden Seitens der Regierung umfassende Maßregeln getroffen. Einem Telegranm Chafir Paschas vom 17. d. zufolge hätten die tür- kischen Truppen die Umgegend von Slatißa von den Rußsen gesáubert. Ein russishes Detachement fei gegen Po- tod vorgerüdt, alsdann auf Tschorlak zurückgeworfen worden. Bei Tscherbemkoi habe ein unbedeutendes Gefecht stattgefunden.

Konstantinopel, 18. Dezember. (W. T. B.) Einem der Regierung a::5 Nisch vom 17. d. zugegangenen Tele- gramm zufolge sind am genannten Tage serbische Vorposten auf den Höhen von Comert unweit Vetek erschienen. Es wurden denselben türkishe Hülfs-Miliztruppen, welhz aus Leskofscha zur Vertheidigung der Befestigungen herangezogen worden waren, entgegengesandt. 3 türfis.ze Rekognoszirungs- Abtheilungen drangen bis zu den serbischen Befestigun- gen bei dem Dorfe Tchamouslu vor. Nach einem leichten Kampfe zogen si die Türken in ihre früheren Pofitionen zurück. Die Verluste der Türken waren unbedeutend. Diz Civilbehörden haben Kourchoumlu bei dér Annäherung der serbishen Truppen verlassen. Aus Novibazar wird der Regierung unter dem 17. d. gemeldet, daß die türfishen Vor- posten sih vor denjenigen der serbishen Truppen zurüdgezogez hätten.

Belgrad, 19. Dezember. (W. T. B.) Telegramm. Gestern früh haben die serbischen die starke Position von Mramor besest. Fürst die Truppen in dieser Stellung besichtigt.

Aus Kattaro erfährt die „Pol. Korr.“ 18, die Feindseligkeiten zwishen der Citadelle von Antivari und den Montenegrinern seien momentan eingest-llt; di Montenegriner verkaufen den belagerten Türken Lebensmittel.

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Neichstags - Angelegenheiten. Im 1. Merseburger Wahlbezirk (Liebenwerda-Torzzu) if der Ober-Tribunal2-Vize-Präfident Clauswiß zu Berlin mit 329 gegen 2853 Stimmen, welchz der Rechtsanwalt Horwitz in Berlin erhalten hat zum Mitgliede des Reichétages wiedergewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Nah dem vom Königlich dänishen Minifterium des Jnneca veröffentlihten Jahresberichte über das Rettungëwesen an den dânishen Küsten sind im Jaxhrce 1876/77 im Ganzen 161 Schiffe verunzlückt, von denen 87 total verloren gingen. Es befan- den-sih darunter 32 dänishe Schiffe, 29 schwedishe, 23 großhbritan- nische, 26 norwezische, 19 deutshe, 12 niederländische, 5 russishe und 4 französishe, wihrend die Nationalität der übrigen 6 unb-kannt geblieben ist. Von den Besazungen der verunglü@&ten 161 Sthiffe verloren 12 Personen nahwzislid das Leben; von 6 dieser Schiffe hat der Verbleib der Mannschaft nicht nahzewiesen werden können. Gerettet wurden 790 Person-:n, davon 348 durchch eigene Hülfe, 213 durch Hülfe vom Lande, 72 theils durch eigene Hülfe, theils dur Hülfe vom Lande, 28 theils dur eigene Hülfe, theils dur Rettungs- apparate und 129 durch Rettungzapparate allein (87ducch Rettungs- boote und 42 durch Rafketenapparate). An den dânishen Küsten be-

nden sih 40 Rettungéstationen, welhe mit 25 Rettungsbooten, 38 Ra- etenapparaten und 1 Rettungsfloß ausgerüstet sind. Seit Begründung derselben (1. Januar 1852) bis zum Jahre 1876/77 sind 422 Schiffbrüche an den dänischen Küsten vorgekommen, bei welchen diese Rettungsftatio- nen thâtig waren. Die hl der Personea, welche in diejec Zeit durch Stationen gerettet worden find, betruz 3070, von denen 1589 durch Raketenapparate, 1324 durch Rettungsboote und 152 dur beide zusammen gerettet wurden. Daß das dänishe Rettungëwesen