Pest, 26. ember. Dem „Ellenör“ zufolge hat der Ministerrath über die De Ina, des Versamm- lungsrechts hier und in der Provinz Beschluß getan: — Minister-Präsident Tisza reiste heute nah Berlin, um feinen dortselbst studirenden Sohn zu besuchen.
Schweiz. Bern, 23. Dezember. Gestern Morgen haben ih die eidgenössishen Räthe nah einer kurzen Schluß- ißung bis zum 4. Februar vertagt. Jn der gestrigen Abend- fißung trat der Ständerath noch dem Beschlusse des A bei, nah welchem künftighin das 5-, 4-, 3-, 2- und 1-Deciliter- als Flüssigkeitsmaß im Detailgebrauche ge- stattet sein soll. Jm Uebrigen boten die Shlußverhandlungen nihts Bemerkenswerthes; die wichtigste Traktande, der neue Zolltarif, welcher bereits vom Ständerath erledigt wurde, wird vom Nationalrath erst im Februar in Berathung gezogen werden. — Gegenwärtig findet hier eine internationale Konferenz von Vertretern der Großherzoglich badischen und der eidgenössischen Regierung zur Verständigung in Sachen der streitigen Landesgrenze am Bodensee statt.
Niederlande. Amsterdam, 19. Dezember. (Leipz. Ztg.) Die gestern zum Abschlusse gelangte Budgetberathung der Zweiten Kammer der-Generalstaaten ging dies- mal besonders rasch und ruhig von statten. Die Mitglieder des neuen Kabinets hatten noch mit keiner Opposition zu kämpfen. Sobald das Ministerium mit den Reformentwürfen, die man von ihm erwartet, hervortreten wird, werden es jedoh die oppositionellen Fraktionen, wie die Sprache ihrer Organe es schon zeigt, an entshiedenem Wider- stande gegen die literalen Pläne des Hrn. Kappeyne und Jeiner Kollegen nicht fehlen lassen. Gestern, bei der Berathung Über das Einnahmebudget, welches in einer einzigen Sißung durchberathen und mit Sen genehmigt wurde, machte der Finanz - Minister die Mittheilung, daß die Regie- rung beabsichtige, für 1878 die Bewilligung zur -Negoziirung eines Anlehens für Eisenbahnbauten bis zu einem Betrage von 8 350 000 Gulden zu beantragen. ‘Außerdem wird für die Deckung vorhandener Defizite noch die Aufnahme eines Anlehens von etwa dreißig Millionen erforderlich sein. Dann werden die Defizite bis 31. Dezember 1878 gedeckt sein. Vom Jahre 1879 an würde man voraussichtlih wieder auf die indischen Beiträge, die in leßterer Zeit hauptsächlich dur vorübergehend gesteigerten Bedarf der Kolonien selbst, durch die Emanzipation der Sklaven und durch den Krieg in Atchin in Wegfall gekommen waren, rechnen können. — Heute hat die Kammer den zwischen den Niederlanden und der Schweiz abgeschlossenen Niederlassungs- und Handels- vertrag einstimmig genehmigt. Es kam sodann der Geseß- entwurf, betreffend die Revision der Eintheilung der Wahlkreise, zur Verhandlung, durch welchen die Zahl der Abgeordneten um sechs vermehrt wird, um dieselbe in Ueber- einstimmung mit der Zunahme der Bevölkerung zu bringen. Die antiliberalen Fraktionen kämpften die Vorlage mit großer Heftigkeit, schließlich wurde dieselbe aber mit 45 Stim- men gegen 31 genehmigt.
Großbritannien und Jrland. Calcutta, 27. De- zember. (W. T. B.) Die über die Finanzlage JFndiens erstatteten Berichte ergeben, daß sich die durh die leßte Pungeren as verursahten Ausgaben auf 9 250 000 Pfd.
terl. belaufên. ! j
— Ein ‘dem englishen Parlamente vorgelegter amtlicher statistisher Bericht über British-Fndien enthält folgende Daten: Der Flächenraum unter britischer Verwaltung beträgt 909 834 (engl.) Quadratmeilen mit einer Bevölkerung von 191 065 445 Seelen. Die Hindu-Staaten umfassen 573 052 Quadratmeilen und eine Bevölkerung von 48 263 978 Seelen. Einschließlih der französischen und portugiesischen Besißungen beträgt der Gesammtflächhenraum von ganz Jndien 1 484150 Quadratmeilen mit einer Bevölkerung von 239 978 595 Seelen. Unter den 191 000 000 Einwohnern von British-Fndien be- finden sih ihrem religiösen Glauben nah 139 343 820 Hindus, 1174436 Sikhs, 40867125 Mohamedaner, 2 838 851 Buddhisten und Jams, 897 682 Christen, 5 417 304 Anders- gläubige und 532 227, deren Religion niht gekannt ist.
Frankreich. Paris, 28. Dezember. (W. T. B.) Das „Fournal officiel“ veröffentlicht die Zurdispositions- stellung des Generals Bressolles. — Das „Fournal des Débats“ theilt über die Ursache der Zurdispositions- stellung des Generals Bressolles mit, dieselbe sei auf Grund der amtlichen Berichte erfolgt, weil der General die Trag- weite der ihm zugegangenen Befehle übertrieben und auf diese Weise den Charakter der Befehle, welche er beauftragt war, weiterzugeben, entstellt habe. Der Ge- neral habe dadurch dem Kapitän Labordère Anlaß zu den Bedenken gegeben, welche derselbe geäußert habe. Die den militärishen Behörden zugegangenen FJnstruktionen be- träfen die sofortige Ausführung von Sicherheitsmaßregeln, wie solche in dem Garnisondienste regelmäßig und ständig vor- gesehen zu werden pflegten. Der General Bressolles bestreitet seinerseits die ihm zugeschriebene Rolle und behauptet, die Be- fehle, als er sie erba ten habe, ohne Kommentare ausgeführt zu haben. — Siebenundvierzig Generalräthe des Seine- Departements haben einen Antrag unterzeichnet, in welchem sie eine allgemeine Amnestie nachsuchen.
— Das ege officiel“ vom 26. und 27. Dezember veröffentlicht außer dem hon erwähnten Dekret, durch welches der Telegraphen vertrag zwischen Frankreich und Deutsch- land vom 1. Januar 1878 an in Kraft geseßt wird, ferner die Ernennung von 75 Generalsekretären der Prä- fekturen; 22 Generalsekretäre wurden abgeseßt, von den übrigen wurden e, blos verseßt. A
— Der Minister-Präsident und Justiz-Minister
u an die General-Prokuratoren folgende beiden úndschreiben erlassen:
Paris, 24. Dezember 1877.
__ Herr General-Prokurator! Mehrere Ihrer Kollegen haben bei mir wegen des Sinns der telegraphischen Depesche angefragt, in welcher ih unter dem 15. d. M. anordnete, die Vollstreckung der Erkenntnisse in Preßsachen auf sich beruhen zu lassen und die ein- geleiteten Preßhrozesse zu suêpendiren. Der von der Regierung in der Deputirtenkammer eingebrachte Amyuestie-Entwurf bezeichnet deutlich die Natur und Tragweite der von decn Staatsanwaltschaften zu er-
reifenden Maßregeln. Dieser Entwurf bezieht sih auf alle Ver-
rechen, Vergehen und Uebertretungen, welche zwischen dem 16. Mai und dem 14. Dezember 1877 begangen und auf Grund besonderer Preß- geseßze bestraft worden sind, mit Ausnahme der Vergehen gegen die guten Sitten und der Verleumdutig gegen Privatpeksonen. Die rSCCETCTUN(EN des fliegenden Buchhandels und Maueranschlags-\ind also ausdrücklich in dieser Kategorie einbegriffen, wogegen der Entwurf auf kein ge- meines, in dem Strafgeseße vorgesehenes Vergêhen Anwendung findet.
Die Einbringung dieses Entrourfs muß die Suspension jeder Voll- \treckung eines IER und jeder Verfolgung in Preß- achen zur Wirkung haben. Wo die Vorladungen {on behändigt zus werden Sie hren Staats ten aufgeben müssen, die Ver- tagung auf ein nächstes Mal (àà prewier jour) zu beantragen. Ih bitte Sie, mir \{leunigst eine der seit dem 16. Mai auf Grund der Preßgeseße verhängten heilungen und eingeleiteten Ver- folgungen anfertigen zu lassen und zuzu llen; in dieser Liste wird mit Catiéton sein, wie weit die laufenden Prozesse gediéhen sind, wie das Urtheil in den bes{lofsenen Prozefsen lautete und ob die Verurtheilten ihre Strafe bereits an viae b om Ich fordere Sie auf, für die strengste Ausführung dieser sungen zu forgen & u j . Dufaure.
aris, 24. Dezember 1877.
Herr General-Prokurator! Die von dem Ministerium vom 14, Dezember eingeschlagene Politik der Beshwichtigung konnte die Suspension der Preßprozesse mit sich bringen; Rücksichten auf die Hitze der seit einigen Monaten erregten Leidenschaften gestatten einc gewisse Nahsiht für Wort und Schrift. Nicht so verhält es sich aber mit den Wahlvergehen. In einem freien, unter der Herrschaft des allgemeinen Stimmrechts stehenden Lande is es unerläßlih, daß die Wähler sich daran gewöhnen, dem Wahlgeseße um \o mehr Achtung zu bezeigen, je häufiger-der Wahlkörper in Anspruch genom- men wird. In allen Fällen, wo die zu Jhrer Kenntniß gebrachten Thatsachen Ihnen einen hinlänglich bestimmten Charakter zu tragen scheinen, fordere ih Sie auf, unverzüglich die geeigneten Instruktionen zu erlassen, daß die dreimonatliche Verjährungsfrist rechtzeitig unter- brochen wird. Jch bitte Sie, mir den Empfang dieses Rundschrei- bens zu bescheinigen u. st.w. J. Dufaure.
— 27. Dezember. (W. T. B.) Die Aufforderung der [ranzo Gen Behörden an Don Carlos, Frankreich zu ver- assen, erfolgte auf Ansuchen der spanischen Regierung. Zu- gleih ist demselben mitgetheilt worden, daß ein Ausweisungs- befehl gegen ihn erlassen werden würde, wenn er nicht frei- willig abreisen sollte. Wie der „Soir“ erfährt, wird sih Don Carlos morgen Vormittag nah Oesterreich begeben.
Ftalien. Rom, 27. Dezember. (W. T. B.) Die „Jtalie“ meldet: Der italienishe Botschafter in Paris, Cialdini, hat seine Entlassung gegeben. —
Das Finanzportefeuille wurde dem Senator Bargoni über- |.
tragen. Die Minister werden am Sonnabend den Eid leisten. Der König hat Nicoteva den Großcordon des St. Mauritius- und Lazarus-D rdens verliehen. *
Türkei. Konstantinopel, 27. Dezember. (W. T. B.) Der englische Vertreter, Layard, hat der Pforte eine Note überreicht, in welcher gegen die Freigabe der mit Beschlag belegten italienishen Schiffe durch das Prisengericht protestirt und zugleih verlangt wird, daß diese S als gute Beute erklärt: werden. — Mahmud Damat Pascha ist gestern wieder hierher zurückgekehrt. — Said Pascha ist nun- mehr definitiv zum Marine-Minister und Reouf Pascha zum Kriegs-Minister ernannt worden. — Die englische Flotte hat die Besika-Bai verlassen und sich nach Vourla, unweit Smyrna, begeben.
— Der Konstantinopel er Korrespondent der „Times“ \chreibt diesem Blatt aus Pera unterm 19. ds.:
„Die Situation is höchst kritish. Die Pforte hat keine diplomatischen oder politischen Schritte seit ihrer Note an die Mächte gethan, obwohl die rikitärischen Bewegungen mit Energie fort ctept werden. Die Kriegspartei, hat an Stärke gewonnen dur die An von Suleiman P
afchà, Hér, wie Einige glauben; nah |-
ciner militärischen Diktatuk strebt. Er empfiehlt" Widerstand à onutrance, und der Großvezier ' unterstüßt ihn. Die Berichte über die russishen Gräuelthaten haben unerwartet einen sehr wichtigen Einfluß “auf die Situation ausgeübt. Die- selben sind so abgeschmadckt - und unwahrscheinlich als die \{chlimmf{ten, die je in Umlauf geriethen .. . Solche Erzählungen von Beschimpfungen, die von Giaurs moslemitischen Unterthanen zuge- fügt worden, entflammen die leßteren natürlich zum Widerstande à outrance, Was die Kriegspartei hauptsächlich \tärkt, ist der Glaube, daß, wenn sie sich weigert, Frieden mit Rußland zu {ließcn, Eng- land zu ihrem Beistande erscheinen werde. Dieser Glaube wird bestärkt durch Telegramme aus England über die Einberufung des Parlaments zum Zwecke der Forderung von Kriegssubsidien und über große Bestellungen bei M N E Es wird ferner erklärt, vaß der englishe Botschafter völlig erwarte, England werde der Türkei Beistand leisten, und daß er kein Hehl aus dieser Erwar- tung mache, somit den Türken das stärkste Motiv liefere, den Krieg fortzuseßen. Die Kriegspartei wünscht ihren Standpunkt aus\{chließlich auf der Konstitution zu nehmen und verweigert alle weiteren Zugeständ- nisse. Ein Hinderniß gegen diese Lösung liegt in dem Umstande, daß die Konstitution thatsächlih ein todter Buchstabe. ist, indem kaum eine einzige der versprochenen Reformen ausgeführt worden ist. Jch hôre aus ziemlich guter Quelle, daß selbst die Ernennungen der drei christlichen Gouverneure im leßten Augenblick annullirt tvorden sind. Nichtsdestoweniger scheint die Friedenspartei, an deren Spiße Savfet Pascha steht, ehrlih wirkliche Reformen zu wünschen.“
Nuntänien. Bukarest, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Fürst und die Fürstin sind heute Nachmittag f ein- getroffen und von der Bevölkerung mit großem Enthusiasmus empfangen worden.
— (W. T. B.) Fürst Karl hat eine Ansprache an die geseßgebenden Körperschaften gerichtet, in welcher er daran erinnert, daß er, als er nah Rumänien kam, ver- sprochen habe, alle Geschile des Landes, ¡die guten wie die s{hlimmen, zu theilen. Er wäre stolz, eine Armee zu be- fehligen, welhe durch den Fall von Plewna der Geschichte der Nation ein neues ruhmreiches Blatt hinzugefügt habe. Er beglückwünsche \sih, wieder in der Mitte der Volks- vertretung zu sein. Am Schlusse seiner Rede drückte der Fürst seine Wünsche für die Unabhängigkeit Rumäniens aus. Der Kammer-Präsident Rosetti hieß in seiner Antwort den „Heer- führer und konstitutionellen Fürsten Karl“ willkommen und hob hervor, der gegenwärtige Krieg liefere den Beweis, daß das rumänische Volk seinen alten Tugenden treu geblieben sei. Diese Tugenden gehörten zu jenen, welche eine Nation der Erfüllung ihrer Geschike zuführten. Die Rumänen hätten mit ihrem Degen die Unabhängigkeit Rumäniens in die Berge des großen Balkan eingezeihnet. Die Geschichte würde die einzig dastehende Thatsache melden, daß Rumänien die schweren Tage des großen Krieges und den Durchzug einer PueR Armee überstanden und dabei alle seine bürger- bâle und konstitutionellen Freiheiten sich unversehrt erhalten
abe.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. De- zember. S C.) Der frühere Kriegs-Minister, General- Lieutenant Baron Cederström, der. Sieger von Bornhöved (Holstein), ist gestern Morgen in Jönköping im Alter von
- 97 Jahren gestorben.
Der russish-türkische Krieg.
St. Petersburg, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Agence générale russ e“ glaubt voraussehen zu können, daß das Médiationsverlangen, vas die Pforte an die Mächte gerichtet habe, werde abgelehnt werden, da nah den Sagzungen des öffentlihen Rechts eine Mediation nur da mög- lih sei, wo sie von beiden Kriegführenden begehrt werde, Anderen Falls wäre eine Mediation nichts wie eine Jnterven- tion. Ferner bemerkt das gedachte Organ, das Londoner Kabinet ermuthige dur die vorzeitige Einberufung des Par- laments die Pforte noch in ihrem Widerstande und werde: die Russen dadurch nur ges, auf Konstantinopel zu marschi- ren — ein Resultat, das das Londoner Kabinet gerade habe vermeiden wollen.
Wien, 27. Dezember. (W. T. B.) Die „Polit. Korr.“ meldet aus Belgrad von heute: Der österreichische diplo- matische Agent hat im Auftrage der österreihischen Re- gierung in Belgrad erklärt, De erhebe von vorn herein œntschiedenen Einspruch gegen jeden Versuch, die Aktio n Serbiens in eine Richtung zu E die die Jnteressen Oesterreihs als Grenzmacht tangiren könnte, was dur eine kriegerishe oder revolutionäre Aktion in Bosnien und in der Herzegowina geschehen würde. Die serbische Re- gierung habe in Folge dessen die formelle Versicherung ab- gegeben, daß dem Kommandanten des Drina-Corps die strikteste Weisung zugegangen sei, sich jeder Offensive gegen Bosnien zu enthalten.
London, 27. Dezember. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Konstantinopel von gestern, die Ant- wort Englands auf die türkishe Mediationsnote sei zwar noch nicht eingetroffen, gleihwohl habe der Vertreter Englands, Layard, Jnstruktionen erhalten, um die Pforte über mehrere Punkte zu interpelliren.
London, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Associa- tion für die Orientfrage hat in Bezug auf die früh- zeitige Einberufung des PRIs einen von dem Herzog von Westminster, dem Lord Shaftesbury und dem Parlaments- Deputirten Mundella unterzeihneten Aufruf erlassen, ‘in welchem es heißt, die öffentliche Meinung sei nicht unterrichtet und in Bezug auf die Absichten des Kabinets den verhängniß- vollen Deutungen derjenigen preisgegeben, die seit Jahresfrist alle Mittel erschöpft hätten, um das Land in einen Krieg zur Erhaltung des türkishen Reichs hineinzuziehen. Es erscheine deshalb dringend nothwendig, von allen Theilen der Bevölkerung eine klare und deutlihe Erklärung zu Gunstèn der Erhaltung der Neutralität und einen entschiedenen Protest gegen einen Krieg zur Unter- stüßung der Türkei zu erhalten, da sih nichts ereignet zu O scheine, was die verständige und weise Erklärung Lord
erby's, daß der Friede das größte e für England sei, irgend wie modifiziren könne. — Eine heute von Ver- tretern der Arbeiter unter dem Vorsiße Broadhursts abgehaltene Versammlung beschloß, ein Rundschreiben an die Gewexrkvereine. zu erlassen und dieselben zur Beschickung der
am Sonnabend auf Trafalgar Square stattfindenden anti-.
russishen Versammlung aufzufordern, um dort gegen je de Resolution zu Gunsten eines Krieges für die
Türkei zu protestiren.
Europäiscer Kriegsschauplaßt.
St. Petersburg, 28. Dezember. (W. T. B.) DOffi- zielles Telegramm aus Nicolajeff vóm 27. d. Mts. Einer Meldung des Flügeladjutanten Baranoff zufolge be- fanden sich auf dem erbeuteten türkishen Dampfer „Messina“ 785 Mann türkishe Soldaten, 4 Stabsoffiziere, 9 Oberoffiziere, 1 Marinelieutenant, 12 Frauen mit Kindern, viel Proviant und viele Kriegsgelder. Alle Gefangenen wurden zunächst nach Sebastopol gebraht. Dort sind 58 Mann im Lazareth untergebracht worden, während 14 Offiziere, 104 Unteroffiziere und die 12 Frauen mit den. Kindern durch den Dampfer „Rußland“ nah Odessa transportirt wurden, Nach Aussage der türkischen Offiziere gehörte der erbeutete Schraubendampfer zu drei von zwei Monitors eskortirten Dampfern.
Konstantinopel, 27. Dezember. (W. T. B.) Nah hier eingegangenen Meldungen ist das Wetter im Schipka- paß milder geworden. Das Bombardement wird von beiden Seiten fortgeseßt. Die Verluste sind nur unbedeutend. — Am Montag unternahm ein serbishes Detachement einen Angriff: auf Dubed, wurde jedoch gezwungen, sih wieder auf Klissura zurückzuziehen. — Sämmtliche Verwundete in Sofia, Kamarli, Slatiza und Philippopel follen nah Konstantinopel dirigirt werden. — Aus Pirot wird untex dem heutigen Tage gegenüber anderweitigen Nachrichten ge- meldet, daß die serbishen Truppen mit 2 Batterien das Bombardement gegen diesen Plat eröffnet und einen Angriff versucht hätten. Dieselben seien aber zurückgedrängt worden und hätten darauf ihre Artillerie in dem Dorfe Gradichendje unweit Pirot aufgestellt. — Nach einer Meldung aus Sofia von gestern hätten die serbishen Truppen am Sonnabend Novibazar angegriffen, seien aber zurücgeschlagen worden. Die Türken haben in Erfahrung gebracht, daß die Serben den Plan haben, Novibazar zu umgehen und über Mitrowißa und Us den Balkan zu erreichen.
ien, 27. Dezember. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“: Aus Belgrad von heute: Die Serben haben nah kurzem, aber erbitterten Kampfe Pirot eingenommen, dabei große Kriegsbeute gemaht und stehen vor dem Defilé von Krupaz. Nach einer eben eingetroffenen weiteren Nach- richt ist auch Leskowaß von den serbishen Truppen genom- men. — Aus Bukarest von heute: Gestern Nachmittag 4. Uhr traf Dsman Pascha hier ein. Derselbe blieb, da er von der Reise und durch die merzen seiner Wunde ange- L war, bis 6 Uhr i11 Eisenbahnwaggon und wurde ann auf einer Tragbahre per Swhlitten näh dem Hotel Broft übergesührt. Osman Pascha wird hier einige Lage verbleiben. Die Rückkehr des Fürsten Karl, welchem die ürstin Elisabeth bis Pitesti entgegengereist is, wird eute Mittag erwartet. Der Fürst wohnt nah seiner Ankunft einem Tedeum bei und begiebt si{ch dann zur Entgegennahme der Glückwünsche der Kammern in das Abgeordnetenhaus.
Bukarest, 25. Dezember. (Telegr. der W. „Presse“). Die Operationen bei Schipka und Kamarli mußten wegen Kälte sistirt werden. Die Vorhut des gegen Widdin operti- renden Corps beseßte am 22. d. M. Artscher-Palanka, 25 km von der Festung Widdin entfernt. Das Detachement dürfte jeßt vor Widdin angelangt sein. — Gestern trafen 630 t ü r- tishe Gefangene, Verwundete und Kranke nebst 10 Offi- zieren in fläglihem Zustande per Bahn hier ein und wurden
in die Hospitäler vertheilt. Nach den Türken famen 200 ver- wundete und kranke Memänen an. — Aus Konstantinopel wird den „Daily News“ über Syra FdE: _. eArmenierverweigern R I Nr de oute u leisten. ünfundzwanzig der ersten Einwohner des Dorfes livno in Bulgarien, sämmtlich Männer in Pes Verhält- nissen, wurden vor einigen Tagen von dem Gouverneur zu einer Zusammenkunft berufen, dann verhaftet und in Keiten a SERBtntiopel gesendet.“ — Weiter meldet derselbe Kor- respondent : k: ; „Die Russen sollen se{8s Stunden von Sofia im Orkhanie- aß stehen. Sie haber das Fort Vildez in Arabyatuak eingenommen, owie das Dorf Kamili am südlichen äußersten Ende des Parts: Die Höhen oberhalb Kamarli bilden die leßten von den Türken be- seßten Positionen zur Vertheidigung Sofias. Suleiman langte von Schumla am Mittwoch an und reiste gestern mit der rumelischen Eisenbahn weiter. Er hatte eine Unterredung mit dem Sultan. Es finden große Truppenbewegungen ftatt.“
— Aus Ale FAunr E wird dem „Reutershen Bureau“ unterm 24. ds. te gv aab „Die Hälfte des zur Verstärkung der türkischen Armee bestimmten egyptishen Kontingents ging heute von hier, wie gerüchtsweise verlautet nah Creta, ab. Die Truppen sind hauptsählich aus Schwarzen zu- sammengeseßt.“
Ragusa, 27. Dezember. (W. T. B.) Nach hier vor- liegenden Nachrichten haben die Montenegriner gestern unweit Dulcigne die Türken geschlagen und eine große Anzahl von Gefangenen gemacht.
Asiatisher Kriegsschaupkagz.
Konstantinopel, 27. Dezember. (W. T. B.) Ein Telegramm aus Erzerum meldet, die Russen führen fort, in der Ebene vorzurücken, um Erzerum einzuschließen, die Verbindungen mit dem Nordwesten seien bereits unterbrochen. Das Wetter sei schön, aber kalt. — Aus Batum wird un- ter dem 26. d. berichtet, daß das Geschüßfeuer der Russen fort- dauert, ohne indeß bemerkenswerthen Schaden anzurichten.
Konstantinopel, 28. Dezember. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden, jedoch amtlich noch nicht bestätigten Nach- rihten soll Moukhtar Pascha Erzerum verlassen haben.
— Aus Erzerum wird dem „Reutershen Bureau“ unterm 23. ds., Abends, telegraphirt:
„Der Schneefall hat aufgehört und das Wetter ist \{ön, wo- durh die russishen Operationen erleichtert werden. Russische aus Kavallerie bestehendé Rekognoszirungsdetachements erscheinen Häufig in den Dörfern der Ebene von Erzerum. Die türkische Telegraphen- verbindung ist bedroht und man glaubt, Erzerum werde in Kurzem belagert werden. da der Feind in überwältigender Macht angekommen ist. Die russishe Infanterie rückt in der Ebene vor und hat bereits vier Dörfer besetz*.“
Statistische Nachrichten.
Die Zahl der Angeschuldigten in den im Jahre 1876 beendigten Untersuchungen wegen Verbrechen und Vergehen betrug in Preußen (mit Ausschluß der Departements Celle, Kiel, Cassel, Wiesbaden und Frankfurt a. M.) nach den im „Just.-Min.-Bl.“ veröffentlichten statistishen Daten 170536 und zwar 14954 wegen Verbrechen, 155 582 wegen Vergehen (gegen 165 405 bzw. 13 941 und 151 464 in 1875). Unter den wegen Verbrehen Angeschuldigten befanden sich 12184 Männer und 2770 Frauen; 1059 Personen untér und 13 895 über 18 Jahre; 14760 Rückfällig waren 5994 Personen. Durch definitive Erkenntnisse wur- den verurtheilt 13 197, freigesprochen 1429 Personen. Außer Ver- folgung geseßt wurden 328 Perfonen. Von den wegen Vergehen Angeschuldigten waren 128 652 männlichen und 26 930 weiblichen Geschlechts; 9780 unter, 145 802 über 18 Jahre; 153 621 Christen, 1961 Juden, 9588 Rückfällige. Durch definitive Erkenntnisse wurden 129 037 Personen verurtheilt, 16 941 freigesprochen. Außer Ver- folgung geseßt wurden 8259.
— Ueber die Bewegung der Bevölkerung im Groß- herzogthum Hessen während des Jahres 1876 entnehmen wir den „Mittheilungen der Großherzoglih Hessishen Centralstelle für die Landesstatistik“ folgende Angaben: die Zahl der Ehe- \{chließungen im Jahre 1876 betrug 6982; die Zahl der Ge- borenen 35254 (18210 männl. und 17044 weibl. Geschlechts), darunter lebendgeborene ehelihe Kinder 31542 (16 294 männl, 15 248 weibl.); lebendgeborene uneheliche Kinder 2300 (1145 männl., 1155 weibl), demnach Lebendgeborene überhaupt 33 842 (17 439 männl., 16 403 weibl.);todtgeborene ehelihe Kinder 1290 (700 männl., 590 weibl.), todtgeborene uneheliche Kinder 122 (71 männl., 51 weibl.), demnach Todtgeborene überhaupt 1412 (771 männl., 641 weibl.). Die Zahl der Gestorbenen (eins{chl. Todtgeborene) betrug überhaupt 92 707, davon waren 11506 männlichen und 10901 weiblichen Geschlechts. i
— Nah der jüngst von Seiten des österreichi#chen Ackerbau- Ministeriums veröffentlihten Bergbaustatistik für das Jahr 1876 wurden in ganz Oesterreih im Jahre 1876 1750,62 Ctr. Gold- erze im Werthe von 12282 Fl. erzeugt. Die Erzeugung von Silber betrug 86 676 Ctr. im Werthe von fast 2} Millionen Gulden, d. h, um 3,12 %/6 mehr als 1875. — Das soeben ausgegebene dritte Heft des 13, Bandes der vom österreichishen Handels-Ministerium publi- zirten „Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr“ enthält die Statistik des österreihishen Postwesens im Jahre 1876. Die Ergebnisse des Brief- und Fahrpostverkehrs haben wir bereits mitgetheilt und tragen heute nur folgende Daten nah: Das Post-
ebiet der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder in der usdehnung von 300 190,90 Quadrat-Kilometer mit 21 565 435 Be- wohnern zählte mit Ende vorigen Jahres 11 Postdirektionen mit 4115 für den Manipulationsdienst bestimmten Postanstalten. Im Jahre 1876 wurden 28 Postanstalten neu creirt und 52 aufgelafsen, daher auch im Ganzen die Zahl der österreichishen Postanstalten gegen das Vorjahr (4139) um 24 si vermindert hat. Unter den 4115 Postanstalten befinden sich 452, welche gleichzeitig den Tele- praenen versehen. Die Zahl der tägli für Postbeförderung enußten Cisenbahnzüge betrug 893, um 114 mehr als im Vorjahre. Auf Wasserstraßen (Schiffahrt auf der Donau, auf Binnenseen und auf dem Meere) bestanden am Beginn des Jahres 1876 19 Fahrten mit Postbeförderung, von welchen auf Oesterreich unter der Enns 1, auf Oefterreich ob der Enns und Salzburg 4, auf Tirol und Vorarlberg 3 und auf das österreichisch-illyrische Küstenland 11 entfielen und welhe bei der einmaligen Courslänge von 21 343,26 km im ganzen Jahre 1 498 797 km durh- liefen. Das Personal bei den Po direktionen bestand aus 243, bei den ärarishen Postämtern aus 7192 und bet den nihtärarishen Post- ämtern aus 5341 Personen (darunter 245 geprüfte und 89 ungeprüfte Postmeisterinnen und 343 geprüfte weiblihe Expeditoren) und hat ih gegen 1875 um 225 vermindert. Die Gesammteinnahme des
ostbetriebes im Jahre 1876 betrug 14742 140 Fl. Die ordent- ihen Ausgaben bezifferten sich mit 14 990 880 Fl., die außerordent- lihen Ausgaben betrugen 149 120 Fl. Ohne die außerordentlichen Ausgaben zeigt mithin im Verglei zur Einnahme des Postgefälle im Jahre 1876 einen Ausfall von 248 740 Fl. mit Einrechnung der finanziellen Ergebnisse bei der Centralleitung und bei den österreichi- chen Postanstalten in der Türkei.
hristen und 194 Juden.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Nach einem im Haag eingegangenen Berichte über den Tod des Hrn. Shouw Santvoort ijt dieser kühne Reisende ein Opfer des Klimas von Sumatra geworden.
— Aus Bern wird der „Cöln. Ztg.“ unter dem 25. Dezember Sli: In Genf is gestern eie wichtige phyfikalische
ntdeckung gemacht worden. Hrn. Raoul Pictet ist in den Ateliers der Gesellschaft für Fabrikation physikalisher Instrumente die Flüssigmachung des Sauerstoffgases gelungen. Das Verfahren ist folgendes: Mittels doppelter Cirkulation von Schwefel- und Kohlensäure wird leßtere bei 65 Grad Kälte unter 4—6 Atmosphären Druck flüssig tropfbar gemacht. Die so flüssig gemachte Kohlensäure wird in eine 4m lange Röhre geleitet; zwei Pumpen mit kombinirter Thätigkeit bringen dann über dieser Säule eine barometrishe Leere hervor, welche sih in Folge des verschiedenen Druckes verdichtet. Jn diese erste Röhre, welche, wie angegeben, ver- dichtete Kohlensäure enthält, tritt eine andere Röhre mit kleinerem Durchmesser ein, in der ein Sauerstoffstrom cirkulirt, hervorgebracht in einem Generator, in welchem {ih Pottaschechloral befindet und der die Gestalt einer umfangreichen G l hat, deren Wände, um die Explosions- gefahr zu verhindern, sehr dick sind. Der Dru kann auf diese Weise bis auf 800 Atmosphären gebracht werden. Bei dem gestern angestellten Versuche zeigte sih {on bei 300 Atmosphären Druck ein flüssiger Strahl Sauerstoff an dem äußersten Ende der Röhre in dem Augen- blicke, in welchem dieses komprimirte und erkältete Gas von diesem hohen D:uck zum atmosphärischen Druck überging. Der große wissenschaft- liche Werth dieses Verfuches liegt darin, daß er erperimentell einen aus der mechanishen Theorie der Wärme zu folgernden- Say be- stätigt, indem er feststellt, daß alle Gase Dämpfe sind, welche in festen, flüssigen und Gaszustand übergchen können. - Bis jeßt sind nur Wasserstoffgas, Stickstoffgas und Sumpfgas noch nicht zum tropfbar flüssigen Zustande gebraht. (Nach einer in der französi- \chen Akademie gemachten Mittheilung hat zu gleicher Zeit Cailletet es fertig gebracht, Sauerstoff in tropfbar flüssigem Zu- stande darzustellen.)
— Das im Verlage der Gebrüder Kröner in Stuttgart er- scheinende Prachtwerk „Unser Vaterland“ ist bereits bis zur 8. Lieferung vorgeschritten. Text und Illustrationen derselben schildern in fesselnder Weise das herrliche Etshland, den Vinstgau, das Burggrafenamt, Meran und Pafseier. Die illustrative Schilde- rung im Tert rührt diesmal aus\chließlich von dem talentvollen Zeichner R. Püttner her, welcher folgende malerishe Punkte vor- führt: Drei Brunnen, Trafoi gegen die Ferner, Castellbell, Juval, Tarantsberg—Hochnaturns, Trautmannsdorf, Schönna und Schloß Tirol. Die Illustrationen zu Meran und Umgebung, welche viel- leiht in diesem Heste vermißt werden, sollen später in zwei Voll- bildern folgen. -Die Volbilder der Lieferung zeigen in der bekannten musterhaften Ausführung in Holzschnitt: „Die drei Zinnen, vom Monte Piano gesehen“, von G. Seelos, und „Tiroler Viehmarkt“, von Franz v. Pausinger.
— Von dem Großherzoglich oldenburgischen Ober-Bau-Inspektor O.Tenge ist in der Schulze'schen Hofbuchhandlung (1878) zu Oldenburg eine Monographie herausgegeben worden, welche den Titel führt: „Die Deiche und Uferwerke im zweiten Bezirk des zweiten Oldenburger Deichbandes.“ — Der Verfasser betrachtet die vorliegende Schrift als Vorarbeit und Anregung zu einer historishen Auffassung des umfangreihen Materials und dem- aemäß als eine Fortseßung der bezüglichen Werke der Deichgräfen Münnich (1692) und Hunrich (1767) bis auf die heutige Zeit. Nach Angabe des Verfassers ist die allmähliche Entwickelung der Deichbauten zwischen Elbe und Rhein in den leßten hundert Jahren besonders durch die Thätigkeit der Deichgräfen J. Nien- burg und H. C. Peters so bedeutend gewesen, daß in Hinsicht auf Stärke der Deiche und Güte threr Unterhaltung, also auf ihre Widerstandsfähigkeit im Allgemeinen, fast eine vollkommene Neubildung bewirkt “und die dem Lande durch di? Deiche gegenwärtig gewährte Sicherheit nahezu als eine absolute zu betrachten ist, wenn nicht bisher ganz unbekannte Er- eignisse eintreten. Vor allen Dingen is aber die Einführung der allgemeinen Deichordnung für das Herzogthum Oldenburg vom Jahre 1855 Epoche machend für die Verhältnisse der Oldenburger Mearschen gewesen. In einem Anhange hat der Verfasser die. tech- “nischen Resultate erörtert und zusammengestellt, namentlich: die Deiche im Allgemeinen und die UÜfershußwerke, vie Schlengen und Steindossirungen. — Dem Texte sind, in sauberem Steindruck, 13 Karten und 5 Figurentafeln, sowie eine Abbildung des dem Ober- Deichgräfen Peters auf dem Eckwarder Einlagedeiche errichtete Denk- mal beigefügt.
— Instruktion für Schiffer deutscher nach bremischen Bedingungen versiherter Schiffe in Havarie-Fällen, von H. Theodor Hach, Dispacheur. Bremen, Kommissions- verlag von E. Schünemann. 1878. — Das Verfahren in Havarie-Grofse-Angelegenheiten ist ein so komplizirtes, mit den generellen Pflichten des Schiffers so eng verbundenes und von mannig- faltigen Umständen abhängiges, daß eine ershöpfende Anleitung zu dem \chwierigen Geschäfte, ein- fehlerlose Havarierehnung aufzu- machen, dem Bedürfnisse entspricht. Diesen Zw:ck erfüllt die vor- liegende Arbeit, die niht nur eine Instruktion, sondern ein Leitfaden für jenen wichtigen Theil des Handels- und Seerechts ist, soweit er sih auf die Rehte und Pflichten des Schiffers (Kapitäns) bezieht und ihn der Nothwendigkeit überhebt, Lücken auszufüllen und Kon- troversen zu entscheiden. Die Pflichten des Schiffers, auf die sich die Instruktion bezicht. finden sich zusammengestellt und erläutert in fol- genden Gesetzen: im allgemeinen deutschen Handelsgeseßbuche; in der deutschen Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872; in den Ver- siherungsbedingungen der bremischen See-Versicherungs-Gesell schaften, revidirt 1875; in der deutschen Strandungsordnung vom 17. Mai 1874. „Der Schiffer muß diese e e an Bord seines Schiffes mit sich führen und sich mik ihrem Inhalte möglichst vertraut machen,“ wozu ihm die Hachen Instruktionen in hohem Maße behülflich sein werden. Wichtige Abweichungen fremder Geseßgebungen von den deutschen, namentli den bremischen, für „welche das Buch eigent- lich geschrieben ist; sind betreffenden Orts in Kürze angedeutet.
Gewerbe und Handel. i :
Die Ostpreußishe Südbahn kündigt sämmtlih: Prio- ritätsobligationen. Die Obligationen können gegen Empfang einer Prämie von 12 % in 4} proz. Obligationen konvertirt werden. Be- hufs Anmeldung zur Konvertirung is eine Präklusivfrist bis zum 24. Januar k. Ï. festgeseßt. y
— Die in det letzten außerordentlichen Generalversammlung der in Liquidation getretenen Rathenower Fabrik für Holzarbeit mit den Käufern des Etablissements vereinbarte Liquidatiznsrate ge- e nunmehr mit 6 . 75 H per Aktie in Rathenow zur Aus- ahlung. N Der „Cöln. Ztg.“ {reibt man aus London unterm 25. d. M.: „Wer seit Jahren um Weihnachten hier lebt, dem s der Unterschied zwischen sonst und jeßt hon auf den Straßen auffallen. Sie sind stiller, in den Kaufläden ist es leerer, vor den Schau- fenstern herrscht nicht das sonstige Gedränge, auf den Eßwaaren- Märkten nit das sonstige Treiben. Das thut der {male Verdienst, der die Mehrheit 8 Entbehrungen und S Engen zwingt und sih felbst in den behäbigeren Gesellschaftsklassen fühlbar mat, die nicht nah Pence sondern nach Pfunden zu rechnen Mos find.“
Wien, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Nationalbank beschloß, den Coupon für das zweite Semester mit 25,50 einzulösen ; im Ganzen werden demnach 46,50 oder 74%/o vertheilt.
Wien, 27. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen General- versammlung der Duxr-Bodenbacher Eisenbahn machte der
Prâsident die Mittheilung, daß die Société belge ihre Anträge zurüdck-
gezogen habe. Die Versammlung acceptirte darauf eine abermalige Vertagung, und zwar soll die nächste Generalversammlung Anfang Februar einberufen werden. Die beantragte Abänderung der Sta-
tuten, wona die Regierung fortan durch ein Mitglied in der Ver- waltung vertreten sein soll, wurde genehmigt. N
Verkehrs-Anstalten. Das Monatsbulletin über den Stand der Arbeiten am großea Gotthardtunnel auf Ende November weist folgende iffern auf: Fertiger Tunnel ohne Kanal und Nischen: 3640,1 m (Oftober: 3425,1 m), d. i. weniger als nah dem Programm: 2190,4 1m; fertiger Tunnel mit Kanal und Nischen: 3613 m (Oktober: 3396 m), d. i. weniger als nah dem Programm: 2217,55 m. Nach dem Vor- ans{lag für das am 1. Oktober 1877 begonnene 6. Baujahr sollen im Tunnel für 11 797 925 G: oder monatlich für 983 160 Fr. Ar- beiten ausgeführt werden. ie bisherigen Leistungen betrugen: im Oktober : 1 041 720 Fr., Differenz: + 68560 Fr.; im November: 848 925 Fr., Differen»: — 134235 Fr. Für Oktober und November ergiebt sich demnach ein Rückshlag von 75 675 Fr. Triest, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Lloydpost- dampfer „Jupiter“ ist mit der Konstantinopeler Poft heute Abend hier eingetroffen.
Berlím, 28. Dezember 1877.
Von dem im Verläge von S. Hirzel in Leipzig erscheinenden „Deutschen Wörterbuche“ der Gebrüder Grimm (fortg-seßt von Dr. Moriz Heyne, Dr. Rudolf Hildebrand und Dr. Karl Wei- gand) liegt nunme)r auch die 1. Lieferung des VI. Bandes vor, welch mit dem Buchstaben L beginnt.
Die Bearbeitung dieses Buchstabens hat Hr. Dr. Moriz Heyne übernommen. Der erste Artikel über den Buchstaben L in lautlicher Beziehung dehnt sich diesmal zu einer gründlichen vergleichend \sprachwissen\chaftlichen Abhandlung aus, die ater durh die Wichtigkeit dieses eigenthümlichen „semivokalen“ Konsonanten gerechtfertigt wird. Zahlreihe Beispiele illustriren in interefsantester Weise die rein theoretishen Erörterungen. Zu dem Artikel „Labander“ (\{les. Wort) = langer, {lafer Mensch, welches Wort auf mundartliches niederdeutshes und mitteldeutsches [labben, lappen, = \{laff und träge hängen zurückgehen soll — ist zu bemerken, daß in der Mark das Wort „Laban“ mit dem CEpitheton lang in demselben Sinne gebraucht wird, was für die Richtigkeit obiger Ableitung spricht. Bei „Lache“ wird die Entlehnung von dem lateinishen lacus abge- wiesen und das Wort vielmehr mit dem mittelhohdeutschen Zeit- wort lechen, austrodenen, altnordisch leka, tröpfeln, tropfen, mnl. [eken, fließen oder triefen mahen — in Verbindung gebracht. Das Zeitwort „lachen“, welches über alle germanischen Dialekte verbreitet ist, entbehrt dagegen aller sicheren Bezüge zu den urverwandten Sprachen ; auch die Zusammenstellung mit dem griechischen xa77aläv, xayáte (laut lachen) hat auf Sicherheit keinen Anspru. Selbstverständlih nimmt dieser Artikel nebst den von dem angeführten Zeitwort abgeleiteten und damit zusammengeseßten Worten einen erheblihen Raum ein. Das Wort „Lak“ wird auf das orientalische laca zurückgeführt, den Namen eines Farbstoffs, insbesondere das durch den Stich der Lak- \cildlaus auf den Zweigen von Feigenarten gebildete Farbharz. Es folgen dann die größeren Artikél „Laden“ (arca, cista) und „laden“ (onerare), nebst den Kompositen und Ableitungen. „Laffe“ wird von Labbe = Lippe, laffen = lecken abgeleitet. Die Bedeutung geht von dem leckenden, naschenden Kinde aus, und es findet sih auh deshalb häufig jung und Laffe formelhaft verbunden. Das Wort „Laffette“ ist französischen Ursprungs und aus afkût mit vorgeseßtem Artikel entstanden, ‘wobei das Geschlecht des alten deut- \cchen Ausdrucks „Lade“ auf den Gebrauch des Wortes als Femis- ninum eingewirkt haben mag. Daran {ließen sich die Artikel über das Wort „Lage“ in seinen verschiedenen Bedeutungen eigentlichen und übertragenen Sinnes, nebst den damit gebildeten Zusammen- setzungen, ferner „Lager“ und „lahm“ nebst Ableitungen und Kom- positen, „Laie“ kommt von 4aixós, lat. laicus (so von den Kirchen- vätern viel gebraucht, im Gegensaße zu dem geweihten Priester). Das Wort „Lakei“, von dem arab. lakijj (nach Littré: attaché à quelqu’un on à quelque chose) hat \szinen Weg aus Spanien nah Frankreich und von da erst zu uns genommen; in französischen Quellen aus dem 15. Jahrhunde:t finden sich =lacays, alagues, balagues, lagays und laquaiz für eine Art von Soldaten (,„ballistarii su sagittarii“),
„Lakriße“ leitet seine Abkunft von dem mittellat. liqui:itia, grie. Auxóppeta, Süßholzwurzel, her; „Lambertsnuß“, eine Haselnußart, ist entstanden aus nux lombardica, „Lampe“ aus dem griech.-lat. lampas, die Leuchte. Das gothische Wort „Land“ bezeichnete ur- sprünglich, entsprebend dem ruff., böhm. und poln 1ad (Reihe), wahrscheinlih den Theil oder die Reihe von Ackerflächen, die nah der ältesten deutschen Agrarverfassung jeder der Markgenossen jähr- lih zur Bebauung angewiesen erhielt. Das spanische landa, franz. lande = Steppe, geht auf das fkeltif{che Wort lann zurüdck, welches einen. „stächelihten Strauch“ bedeutet, also auf einer ganz anderen Begriffsverbindung fußt. Die unzähligen Komposita mit „Land“ nehmen einen bedeutenden Raum der Lieferung ein. „Landsknecht“ (oder die „Lantsknechte“) hießen jene Söldner zu Fuß, welche den auf Neugestaltung des Heerwesens und Einführung eînes stehenden Heeres gerichteten Bemühungen Kaiser Marimilians I., in den 8iger Jahren des 15. Jahrhunderts, ihre Entstehung verdankten. Mit dem Namen sind, im Gegensaß zu den Schweizer „Reisläufern“, Krieger gemeint, die aus den eigenen Kaiserlichen Landen geworben waren. Wahrscheinlich “aber is auf das Gegensäßliche, das in dem Worte ausgedrückt wird, außerhalb der Kriegerkreise nie recht Ge- wicht gelegt worden, denn ‘die alte Umdeutung „Lanzknecht“ („Lanbknecht“), die an die langen Spieße der Söldner anknüpft und dieselben fälschlid als Lanzen nimmt, hält sich noch immer vereinzelt bis auf die moderne Zeit. Das Wort „Landwehr“, in der Bedeutung der Gesammtheit der zur Landesvertheidigung aufgebotenen Männer, findet sich in der althoch- deutschen Form landwer bereits in einem fränkishen Kapitular von 847, wo es heißt: „nisi talis regni invasio, quam landwerî dicunt, quod absit, occideret, ut omnis populus illius regni ad eam repel- lendam communiter pergat,“ Von dem Eigenschaftswort „lang“ werden nicht weniger als 14 Hauptbedeutungen unterschieden und von „lange“, in ausshließlich zeitliher Bedeutung, 10 verschiedene Hauptanwendungen aufgeführt. Umfangreiche Artikel sind weiter die über „Länge“, „langen“, „längen“, „längs“ und „längst“. „Lappa- lie" wird erklärt durch Lappen (Lumpen), mit lateinis{er Endung, wie dergleichen Endungen wahrscheinlich dur die macaronische Poesie erzeugt wurden. i i
Die 1. Lieferung des VI. Bandes \{licßt mit dem oberdeutschen, volksmundartlichen Worte „Lappe“, „Lapp“ = homo stolidus, inep- tus. Die 2. Lieferung befindet sih bereits unter der Presse, ebenso wie die 10. Lieferung der 1. Abtheilung des IV. Bandes (G.), welche von Dr. R. Hildebrand bearbeitet wird. 4
Das nationale Werk nimmt sonach troy der groüen Mühwal- tungen, die die Per Cie erfordert, — namentlih was die Samm- lung der zahlreihen Citate und Belegstellen in Poesie und Profa aus unserem ungeheueren Literaturschate betrifft, welhe dem Buche einen fo eigenthümlichen, lebendigen Reiz verleihen — in neuerer Zeit einen erfreulichen, beschleunigteren Fortgang.“
Wiesbaden, 28. Dezember. (W. T. B.) Jn der vergangenen Nacht ist die neue Kolonnade nahe dem Kursaale abgebrannt. Der Schaden ist bedeutend, jedoch sind die Gemälde der Kunstaus- stellung gerettet.
Im Residenz-Theater sind die Vorbereitungen zu dem Lustspiel „Die Spiritisten“ von R. Elcho so weit gediehen, daß die erste Vorstellung für den Sylvesterabend, Montag, definitiv festgeseßt ist. In dieser Novität gelangt unter Anderem eine vollständige spiritistische Sißung mit allen Details auf der Bühne zur Darstel- lung. Die andere einaktige Novität des Sylvesterabends führt den Titel: „Die Stotterin“ und ist nach dem Französischen des Jules Renaud deutsch von Bettelheim bearbeitet. — Am Sonnabend, den 29., findet bereits die 50. Vorstellung von „Dora“ statt. ;
— Im National-Theater finden jeßt täglih unter vielem
Beifall Wiederholungen der Gesangsposse „100 000 Thaler“ mit denx Komiker Hrn. Grobeckter als „StullmölUer“ statt.