1901 / 44 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Feb 1901 18:00:01 GMT) scan diff

R E

{icht es im allgemeinen nur dann, wenn die Gesundheit des Be- treffenden den besonderen Anstrengungen dieses verantwortungsvollen Wenn ich andererseits bei einem Beamten, der den Ober-Postdirektor ftändig im Bezirk vertreten foll, sche, daß er s{lapp, daß er nicht gründlih

und aufreibenden Dienstes nicht mehr gewachsen ist.

ist, so muß ih sagen, ih habe mich in ihm geirrt. Jch bitte den Herrn Vorredner, sih einmal den preußischen Generalstab anzusehen ich bin selbst hindurchgegangen —. Meine Herren, mancher Generalstabsoffizier genügt auch nicht, er hat troßdem durch den Generalstab manchen Vortheil gehabt und tritt nahher zur Armee zurück. So liegt es auch hier. Jn der Regel sind es alfo Gesundheitsrücksichten, aber oft kann ih mich au der Ueberzeugung nit verschließen, daß der Betreffende seine Stellung niht genügend ausfüllt, und dann wäre es unrecht, wenn ih den jüngeren, mit so hoher Vollmacht betrauten Beamten in seiner Stellung ließe. Dann muß ih ihn wegräumen, muß ihn zum Postdirektor mahen. Den Vortheil hat er gehabt, weil er eben \. Zt. in den Post-Generalstab gekommen ist. Das läßt sih niht ganz vermeiden.

Ich glaube, damit habe id wohl alle Fragen beantwortet, die der Herr Vorredner berührt hat. j j

Ih fann also nur wiederholen, meine Herren, die Reichs- Postverwaltung is dabei, die Bestimmungen für die höhere Lauf- bahn neu zu ordnen. Hoffentlich ist die Zeit nicht fern, wo ih dem boben Haufe die Mittheilung machen kann, daß nah dieser Richtung den meiner Ansicht nah zum großen Theil berechtigten Wünschen der Postkassierer und Ober-Postdirektions-Sekretäre entsprochen worden ift.

Der Titel wird bewilligt. Bei den Ausgaben für die Ober-Post- und Ober-Telegraphen-Assistenten, Postassistenten und Telegraphen-Assistenten, Maschinisten, Mechaniker und Dachdecker-Aufseher, 39 304 700 #, wird folgende, von der Budgetkommission vorgeschlagene Resolution diskutiert:

a. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, durch cinen Nachtrags- etat für 1901 die Gehalts\tufen für die Bureau-Assistenten und Kanzlisten der Reihs-Post- und Telegraphenverwaltung sowie für die Ober-Post- und Ober-Telegraphen-Assistenten, Post- und Tele- graphen-As\sistenten und Postverwalter anstatt auf 1500, 1700, 1900, 2100, 2300, 2500, 2700, 3000 \ auf 1500, 1800, 2000, 2200, 2400, 2600, 2800, 3000 é festzuseßen.

b. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, auf eine Verkürzung der diätarishen Dienstzeit und Verbesserung der Anstellungs- verhältnisse der niht etatsmäßig angestellten Post- und Telegraphen- Assistenten hinzuwirken.

Der Referent, Abg. Dr. Paasche theilt mit, daß die Verwaltung troß des Beschlusses des Reichstages diefem nicht in der aus der Resolution sub a ersichtlihen Weise nachgekommen sei, daß in der Kommission darüber Verstimmung geherrscht habe, daß man sich aber nit habe entschließen fönnen, die höheren Summen einfach in den Etat einzustellen. Es handle sih um einen Bedarf von 1 700 000

Abg. Singer (Soz.) behauptet, auf den Postämtern zirkuliere ein von dem Kanzler des Präsidiums des Deutschen Flottenvereins, dem pensionierten Marine - Offizier von Beaulieu ausgegangenes Zirkular, in welhem unter Berufung auf eine Kaiferlihe Drdre aus dem Geheimen Zivilkabinet die Zeitschrift des Vereins, „Ueberall“, Preis jährlih 15 Æ, zum Abonnement empfohlen werde. Hier liege ein strifkter Widersyruh mit der Erklärung vor, daß die Ff nicht zu politischen Agitationen sich bergebe. Es liege zweifellos eine Beeinflussung vor, denn mancher Beamte werde auf die Zeitschrift abonnieren, der das Geld für fh und seine Familie viel besser brauchen könnte. Mit oder ohne Wissen des Staatssekretärs werde hier eine Agitation unter- stüßt. Was den Titel selbst betreffe, so habe man es hier mit einer wiederholten Mißachtung der Beschlüsse des Reichstags durch die ver- bündeten Regierungen zu thun. Die vorgelegte Refolution werde so lange wirkungslos bleiben, bis Preußen dem Bundes- rath gestatten werde, den Beschlüssen des Neichstags zu- zustimmen. Die Verkürzung der ODiätariatszeit auf fünf Jahre habe der Staatssekretär nah langen Kämpfen zugestanden: boffentlih werde der Uebershuß über die fünf Jahre in jedem Falle bei der definitiven Anstellung angerehnet. Der Staatssekretär sollte die Zahl der angestellten Beamten s\o- auffüllen, daß die Diätarienzeit in diesen Grenzen innegehalten werden könne. In Bezug auf die s{hwe- benden Prozesse babe die Regierung von dem Rechte der Verjährung erfreulicher Weise keinen Gebrauch gemacht. Nachdem die Post mit Nachzahlungen begonnen hätte, wären von den ver- bündeten Regierungen dagegen Bedenken erhoben worden. Das Reichs- geriht habe einmal günstig für einen Postassistenten entshieden. Er (Redner) würde lebhaft bedauern, wenn das Reichsgeriht anders entscheiden würde.

Die Wohnungsgeldfrage sei niht durch Theuerungs- 4 y 5M} Dio (Etota0 . T - 5 F 4 .

zulagen zu erledigen. Die Steigerung der Wohnungsmiethe sei der Ausdruck der Spekulation, die mit dem Grund und Boden getrieben werde, es

fei keine vorübergehende Erscheinung. durch eine geseßlihe Regelung in Ausgaben bezahlen zu können. Servis- und Wohnungsgeld müßten dabei getrennt bleiben. Die Sozialdemokraten würden zwar für die Resolution der Kommission stimmen, aber mit dem Bedauern, daß der Reichêtag sich niht zu dem Beschluß aufraffe, die erforderliche Summe in den Etat einzustellen und abzuwarten, ob die verbündeten Regierungen den Kampf mit ihm aufnehmen würden.

Abg. Dr. Müller-Sagan (fr. Volksp.): Der Vorredner hat bereits in der Hauptsache das Nöthige gesagt. Die offizielle ,Verkehrs- zeitung“ bat wiederholt die Erhöhung der Assistentengehälter gefordert und ihr Bedauern über die ablehnende Haltung der Regierung aus- gesprochen. Die Verwaltung ist also selbst von der Nothwendigkeit dieser Erböbung überzeugt, während die Reichêverwaltung \ih dem widersetzt. Wo bleibt da die Einheitlichkeit der Neichsverwaltung, von der Graf Bülow spra? Ich habe in der Budgetkommission eine andere Skala der Aszension für diese Beamten- vorgeschlagen. Dieser Antrag ist abgelehnt worden, und ih will ibn niht wiederholen. Es ist aber cin unwürdiger Zustand, daß der Reichstag eine Resolution vors{lägt, von der wir befürchten müssen, daß fie die verbündeten Regierungen ablehnen. Die Resolution ist aber das Mindeste, was wir verlangen können. Sollte es die Regierung wirklid auf einen Konflikt ankommen lassen? Eine raschere etatêmäßige Anstellung der Assistenten ist dringend nothwendig, um Wandel zu schaffen. Die Verwaltung hat sogar weiblihe Hilfskräfte eingestellt. Der automatishe Fern-

Man müßte daher die Beamten die Lage bringen, diese erhöhten

nit; da follte man doch nit so über die Titelsuht Anderer reden; urd wenn auch der Mann darüber erhaben ist, die Frau ist es nicht! Es ginge vielleiht sogar mit einem „Dr. post“. Die vorgetragenen Wünsche sollten also doch nicht ganz unbeachtet gelassen werden. Bei den Boslam teen dritter Klasse sind die Assistenten besonders \{leckt situiert. Sie müssen mit einem patriarchalis, Verhältniß begnügen, welches nit mehr modern und niht nah Jedermanns Geschmack ist. Aus Gevelsberg wird eine Beschwerde vorgetragen, wona der Vor- steher des Postamts die Unterbeamten, Briefträger u. |. w. zu allerhand Privatarbeiten verwendet, Hundewaschen, Kohlentragen, vor allem aber zur Agitation für den Flottenverein. ie Dinge müssen hier vorgetragen werden, weil der Appell an die Oeffentlichkeit an Ort und Stelle nihts genüßt hat. Ent- spricht denn eine solhe Verwendung der Stellung des Beamten. Was hat der Beamte mit den Privatneigungen und Arbeiten des Vor- stehers zu thun? Will er für den Flottenverein agitieren, dann mag er es thun, aber die Beamten soll er ungeshoren lassen. Für die Resolutionen immen wir und bitten Sie, sie anzunehmen; es wird damit bloß ein altes Unrecht gesühnt, keine neue Wohlthat erwiesen ; denn die hundert Mark fehlen den jüngeren Assistenten an allen Eken und Enden.

Abg. ller - Duisburg (nl.): Unsere frühere Stellungnahme, daß der Zusaß der hundert- Mark bei den leßten Gehaltsstufen erfolgen soll, war der Ausdruck eines Kompromisses. Seitdem is von uns wiederholt verlangt worden, daß die Zulage {hon bei den ersten Stufen einzutreten habe. In der Sache selbst sind wir einig; wir balten aber den Fall nicht für geeignet, zu einem offenen Konflikt mit der Regierung zu treiben, und ein solher würde entstehen. Daß die Parlamente nicht berechtigt seien, Summen in den Etat einzuseßen, ist eine Auffassung die ich nicht theile, die aber besteht, und dem müssen wir Rechnung trckgen. Die Anstellung aller Diätare nah 5 Jahren Beschäftigung ist, wie der Vorredner nachgewiesen hat, nit thunlich; aber es muß mit verstärkter Anstellung der Diâtare für die nächsten Jahre vorgegangen werden.

Abg. von Kardorff (Rp.): Herr Singer und seine Freunde machen fih die Sache sehr leiht; fie sind immer bei der Hand, alle möglichen nüßlihen und zweckmäßigen Ausgaben zu bewilligen, und wenn man nach der Deckung fragt, weisen sie auf die progressive Ein- fommensteuer hin. Dafür giebt es aber im Reichstage noch keine Mehrheit, eben so wenig wie für die Einseßung der höheren Summen in den Etat ohne Zustimmung der verbündeten Negierungen.

Nach einer persönlilen Bemerkung des Abg. Eickhoff bemerkt der

Abg. Werner (Reformp.), daß auch ihm zahlreihe anonyme Zuschriften von Beamten zugingen, aber diese Zuschriften wanderten bei ihm ungelesen in den Papierkorb. Der Abg. Müller-Sagan habe eine solde Reserveoffiziers-Rede gehalten, daß er nur ja niht mehr von der Militärfeindsaft des Freisinns reden möge. Es komme doch für die Tüchtigkeit der Beamten absolut nicht darauf an, ob sie Reserve- offiziere seien oder nicht. Unter dem Staatssekretär von Podbielski fei die Behandlung derBeamten eine anständigere geworden; Maßregelungen seien nit erfolgt. Der Wohnungsgeldzu\schuß sei nicht ausreichend; auch Theuerungszulagen seien in Erwägung zu ziehen. Die auf die Diätare und Assistenten bezüglihen Resolutionen müsse der Reichstag an- nehmen: der Beamte müsse so bezahlt werden, daß er keine Schulden zu machen brauche, namentli nit in der Zeit, wo der Beamte beirathen müßte. Wenn der Nessortchef das nöthige Nückgrat habe, werde er auch seine Forderungen für die Beamten zur Geltung bringen und sowohl den Minister von Miquel wie den Staatssekretär von Thiel- mann überzeugen.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Zuerst möchte ih mich gegen den Schluß der Rede des Herrn Vorredners wenden. Ich habe in der Budgetkommission und neulich au im bohen Hause erklärt, und muß diese Erklärung wiederholen, daß die Reihs-Postverwaltung jederzeit die vollste Unter- stüßung des Reihs-Schatamts gefunden hat, und auch bei dieser Ange- legenheit ist zu allen Zeiten das Neihs-Schaßamt bemüht gewesen, die Sache aus der Welt zu räumen. Ich glaube also nicht, daß der Herr Vorredner das Recht hat, eine Dissonanz zwischen mir und meinem Herrn Kollegen vom Reichs-Schazamt zu konstruieren. Im Gegen- theil, ich kann nur fagen, daß auf allen Gebieten, die das Verkehrs- leben betreffen, ich immer eine bercite Unterstüßung vom Reichs- Schatzamt erfahren habe. Meine Herren, ih habe meinen Erwiderungen.

abe absihtliÞ so lange gewartet mit

Ih muß daher nun eine ganze Reibe von Sachen behandeln, die alle die Herren Vor- redner berührt baben. Ich komme zunächst zu der die Assistenten betreffenden MResol i, die dem hohen Hause von der Budgetkommission zur Annahme empfohlen wird. Sie werden es verzeihen, wenn ih gewissermaßen olle Kamellen ausgrabe, aber ih muß immer wieder zurückgehen auf die alten Grundlagen. Wollen Sie bedenken, meine Herren, daß diese Anoimalie in der Skala der Dienstaltersstufen nicht von den ver- bündeten Regierungen hervorgerufen ist, sondern vom Reichstage selbst. Der Reichstag hat seiner Zeit binter die 2700 ( noch eine Stufe von 3000 Æ(Æ hbinsugeseßt, dadurch entstand die Anomalie. Nun will man die Sache umdrehen und die 300 {K Aufrückung in den Anfang der Stufenfolge legen und die leßte Stufe auf 200 M festseten. Das macht nach unseren Berechnungen jährlich rund 1260000 Æ, die dieser Beamtenklasse durch die anderweite Gliederung der Dienstalters- stufen zugewandt werden soll. Der Herr Abg. Singer ist daher meiner Ansicht nah nit berechtigt, zu sagen, hier liege eine Miß, atung der Wünsche des Reichstages vor. Nein, meine Herren, Sie wollen geneigtest erwägen, daß diese Anomalie durch die Beschlüsse des Reichstages geschaffen ist. Ih bin als Verwaltungschef immer dafür eingetreten, diesen Zustand, den ih \o vorfand, zu beseitigen. Bedenken Sie aber, daß die Aenderung nicht allein für den Post-Etat geshehen muß, sondern auch auf eine ganze Reihe anderer Etats auêsgetWhnt werden muß, und daß, damit nicht weite Kreise von Beamten unzufrieden gemacht werden, es unbedingt noth- wendig ist, gleichzeitig bei allen Nessorts mit dieser Umgestaltung vor-

sprechverkehr wird die Einstellung von 500 bis 600 Fernspreh- gebilfinnen zur Folge haben, und es ift eine Umfrage erfolgt, ob âltere Assistenten sich von Berlin verseßen lassen wollen. Für diesen | Fall sollen ihnen aber die Umzugskosten niht vergütet werden. Das | wäre sehr bedauerlich. 1899 wurden keine und 1900 nur wenige | etatômäßige Stellen geschaffen. 6000 neue Stellen sind nothwendig, | können aber natürli nit geschaffen werden. Manche Diätarien | verheirathen \ch unter dem doppelten Zwang der Verhältnisse; und da hôrt man, daß wi versezt werden, ihnen Nebenbezüge ent- zogen werden, und daß Beschwerden Widerwärtigkeiten zur Folge haben, nach dem Grundsaß: Wer s\sih beschwert, fliegt hinaus. Ueber- rashend ist es jedenfalls und giebt zu denken, daß die Abgeordneten diesmal weit mehr anonyme Zuschriften von Postbeamten erbalten baben, die \sich mit dieser Frage beschäftigen, als früher; sie fürchten offenbar Unannehmlich(keiten davon, daß fe sih überhaupt mit Abge- ordneten in Verbindung geseßt haben. Unter den über 30 000 Ober- Assistenten und Assistenten, von denen doch viele das Abiturienten- examen gemacht haben, werden nur äußerst wenige als Reserveoffiziere geführt, im Ganzen nur 15. Man hört, daß viele von ihnen für nicht qualifiziert erachtet worden sind wegen ihrer dienst- lichen Stellung. Darüber sollte uns doch der Staatssekretär Auskunft geben. In der Titelsuht stecken wir ja alle noch bis über die Ohren drin; Professor, Doktor, Geheimrath, ohne das geht's nun einmal

Reichstag

zugeben. So muß; 3. B. auch in Preußen bei der Justizbehörde das Endgehalt von Beamtenklassen auf 3000 Æ erhöht werden. Ich kann die Versicherung abgeben, daß, nachdem die Be- {lse der Budgetkommission erfolgt waren, \ich der Herr Reichs-Schatsekretär mit mir zusammengethan hat. Wir haben sofort einen neuen gemeinsamen Bericht auf Grund der Verhand- lungen an den Herrn Reichskanzler erstattet. Sie wollen doch, bitte, aus einer Sache, die wirklichß niht von den verbündeten Regierungen geschaffen ist, niht einen Konflikt hervorrufen; es liegt, wie ih glaube, nit im Interesse des MNeichstages, bier gewissermäßen ein Machtmittel ausspielen zu wollen, sondern ih meine, der fönnte hier offen und ehrlich anerkennen, daß er selbst diese Anomalie geschafen hat. Stellt der Reichs- tag den Mehrbetrag von 1260 000 Æ in den Etat ein, \o bedarf dies doch wieder der Zustimmung der verbündeten Regierungen. Die Heraufsezung des Endgehalts der Assistenten auf 3000 M hat zudem bereits stattgefunden, bevor ich meine Stellung antrat. Ich

Gehaltsftufe gezogen hat, kann doch von den verbündeten Regierungen nit sofort diskontiert werden. Sie werden wohl begreifen, daß die verbündeten Regierungen erst eine Reihe von Erwägungen werden anstellen müssen.

Was dann die „Verkehr8zeitung“ anketrifft, fo känn ich sagen, daß diese weder ein offizielles noch offizióses Organ unserer Verwaltung ist, obwohl ih gerne zugeben, daß Herren der Verwaltung an dér Herausgabe be. theiligt sind. Da steht oft manches darin, was mir au nit bequem ist, aber wenn der Herr Abgeordnete glaubt, ih lese die Zeitung vor der Drucklegung, so täuscht er sich. Ich habe doch wahrhaftig mehr zu thun. Das zur Klarlegung betreffs der Resolution. Jch würde mich wirklich freuen, wenn fie endlich durchgeführt wird, damit diese Angelegenheit, deren jährliche Wiederkehr mir wahrhaftig nit an. genehm ist, endlih aus der Welt geschaffen wird. Ich gebe zu, es ist eine Anomalie, und diese Anomalie zu beseitigen, bin ih als Chef der Verwaltung verpflichtet.

Die zweite Frage betrifft die Diätariatszeit. Ih wiederbol, was ih in der Budgetkommission erklärt habe. Ich halte es nitt für gut, wenn diese Zeit über fünf Jahre dauert. Weiter habe ih auf die Frage des Herrn Abg. Singer zu erklären, - daß die Zeit, die über fünf Jahre dauert und zwar rechnen wir sie nicht etwa vom Tage der Anstellung, sondern sogar vom Tage des gemachten Eramens an —, bei der Anstellung berücksihtigt wird. Insofern ist also das, was der Abg. Singer gesagt hat, nicht zutreffend.

Nun weiter, bedenken Sie geneigtest, daß wir in den Jahren von 1890 bis 1897 an Postgehilfen mehr angenommen haben, als wir bedurften. Jch habe infolgedessen im Jahre 1897 auf zwei Jahre die Annahme von Postgehilfen eingestellt, aber wir haben mit einem Ueberschuß der einzelnen Jahrgänge zu thun. Rechnet man also 4 Jahre Vorbereitungszeit, 54 Jahre Diätariat, so werden mir die Herren zugeben, daß wir bei der Anstellung im Jahre 1901 und 1902 mit den im Jahre 1892 eingetretenen Postgehilfen zu thun haben; wir haben also noch, um die ganze Schwierigkeit zu über- winden, die Jahrgänge 1893, 1894, 1895, 1896 unterzubringen. Mehrere Jahre wird also noch diese Schwierigkeit bestehen bleiben, während von mir {on im Herbst 1897 die Eiustellung weiterer Post- gehilfen inhibiert ist. Diese Uebergangszeit müssen wir überwinden. Der Vorwurf, daß zur Zeit in der Postverwaltung das Diätariat länger dauerte als in den anderen Verwaltungen, trifft übrigens nicht zu. In der preußischen Eisenbahnverwaltung beträgt die Zeit des Diätariats 6 bis 7 Jahre, bei der Justizverwaltung je nach den Oberlandes- gerihtsbezirken sogar 7 bis 8 Jahre. Also in der Postverwaltung stehen die Diätare noch immer wie es jeßt ist, um die Drehe des se{\sten Jahres besser, als sie in anderen Verwaltungen gestellt sein würden.

Um dem Abg. Singer

Uebelstand abzuhelfen, empfiehlt mir der Herr nun, mehr etatsmäßige Stellen zu \chafen. Ja, meine Herren, ih habe {on zu viel Beamte! Wes soll ih mit-. dem Uebershuß machen? Jh habe ja dem hohen Haufe verschiedentlich nachgewiesen, daß in dem Moment, wo ih die Zahl der etatsmäßigen Assistentenstellen erhöhe, mir nit nur die Diâtare zuwachsen, sondern daß ih ?/7 der neuen Stellen mit Militäranwärtern beseßen muß. Also, ih bekomme einen immer größeren Ueberfluß, das heißt einen immer stärker verdorbenen Magen. (Große Heiterkeit, Zuruf links.) Ja, meine Herren, das ist so. Ih habe mebr, als ich eigentlih ordnungsmäßig verdauen kann! (Heiter- keit.) Gewiß, meine Herren, ih muß mich aus dieser s{hwierigen Lage befreien. (Große Heiterkeit.) Sie werden also immerhin noch mehrere Jahre lang den Vorwurf erheben können, daß ein zu langes Diätariat besteht. Ich weiß thatsäblich nicht, wie anders ih die Schwierigkeit überwinden soll. Dann, was der Herr Abg. Dr. Müller (Sagan) angeführt hat worauf ih ihm nachher noch im speziellen antworten will —, das ift eine auch mir unerfreuliche Erscheinung, daß Assistenten zu Postämtern dritter Klasse kommen, dort Verwendung finden müssen und dort das ist eine von mir niht als richtig anerkannte Maß- regel in einem kleinen Wachtzimmer Wohnung nehmen sollen. Zu den Postämtern 111. Klasse gehören nicht Assistenten, sondern Ge- bilfen. Dur die Maßregel, die Herr Singer empfohlen hat, komme ih immer tiefer in das E]end hinein, denn ih bekomme Beamten in Stellen, wo ih eigentlich nur Gehilfen haben müßte.

Die große Frage des Prozesses der Militäranwärter anlangend, wollen die Herren geneigtest erwägen. Der Streit, um den es sih dreht, ift die Frage: ist bei der Bezahlung dieser Militäranwärter zu Grunde zu legen } des Einkommens einer diätarishen oder einer etatsmäßigen Assistenten-Stelle? Die Frage: ist der Betreffende in einer Diâtarstelle gewesen oder in einer freien etatsmäßigen Assistentenstelle? ist eine der knifflihsten Fragen, und wir sollten uns wirkli bior nit den Kopf darüber zerbrechen. Es handelt sich nit um einen Bundesrathsbes{luß von dem geht die Sache freilih aus, und da hat ja hon das Reichsgericht gesproWßen —, sondern es handelt \ich um den äußerst \{wierigen Nachweis: sind die Herren in eine frei gewordene etatsmäßige Stelle eingerückt, oder waren sie nur in einer Diätarstelle? Ich glaube, daß die Prozesse noch etwas lange Zeit dauern werden; aber ih freue mich, daß einige Herren jedenfalls anerkannt baben, daß die Regierungen den Verjährungseinwand völlig baben feblen lassen. Mir kann ja nur daran liegen, daß völlige Klar- beit in der Sache geschaffen wird und ih danach weiß, was dem Einzelnen noch zusteht.

Meine Herren, nachdem ih die drei großen Fragen, wie ih glaube, beantwortet babe, komme ih zu einer ganzen Anzahl von Spezial- fragen. Zunächst hat der Herr Abg. Dr. Müller (Sagan) an mi die Anfrage gerichtet, wie es mit der Einführung des automatischen Fern- sprehbetriebes in Berlin stehe, und ob infolge dessen eine ganze Menge von Beamten versegt werden solle. Jh habe zunächst zu erklären, daß wir ein kleines automatisches Versuhsamt in Berlin gebaut haben. Ob dieses ganze System \sih für uns eignen wird, das steht noch aus; die Entscheidung wird niht vor Mitte Mai erfolgen. Sodann kann ih binzufügen, daß mit diesem automatishen Betrieb, zur Zeit wenigstens, nit beabsichtigt is, den andern Fernsprechbetrieb etwa zu ersetzen, sondern wénn wir einen automatischen Betrieb einführen, so werden wir ihn nur nebenbei einführen. Vorläufig sind wir über- haupt noch nicht in der Lage zu sagen, ob dieses System sih für uns eignet oder nicht. Wie in allen solhen Sachen, liegt aber der Grund vielleiht anderswo, Herr Abgeordneter, und den will ih Xhnen auch sagen. Im Interesse einer Betriebsverbesserung haben wir verschiedene Fernsprechämter in Berlin zusammengelegt. So ift Amt V und Amt [1 vereinigt, es ist Amt V1 und das Schöneberger

meine, der Wesel, den der Reichstag durch die Zuseyung der leyten

Amt vereinigt. Durch solhe Zusammenlegung wird für die Inter-

en eine wesentlihe Beschleunigung- des Verkehrs herbeigeführt,

auf der anderen Seite ersparen wir dadur Fernsprehgehilfinnen, und diese Zusammenlegungen werden die Ursache sein, daß voraus-

{lih im Bezirk Berlin auf zwei Iahre hinaus wir keine Fern- sprechgebilfinnen mehr werden annehmen können.

Was nun die Anfrage wegen Verseßung aus Berlin anlangt, die an einige Beamte ergangen sein soll, so bin ih augenblicklih nicht darüber orientiert. Die Zusammenlegung der Aemter kann dabei wirklich niht mitspielen, denn dadurh werden 2, 3, 4 Verwaltungs- beamte frei, die wir ersparen. Ih möchte aber bei diescr Gelegenheit „eflären: Umzugskosten werden nur dann bezahlt, wenn eine Verseßung im dienstlichen Interesse erfolgt; das is ein ganz klarer Ver- waltungsgrundsaß. Wenn ein Beamter in eigenem Interesse seine grsezung nah einer anderen Stadt wünscht der Schulverhältnisse „gen oder aus sonstigen Gründen —, dann muß er der Regel nach zje Umzugskosten aus seiner eigenen Tasche bezahlen.

Was die Frage der Wahl von Assistenten zu Reserve-Offizieren anlangt, so hat der Herr Abg. Werner son, glaube i, dem Herrn Abg. Dr. Müller gesagt, daß sie eigentlih niht die Postverwaltung angeht, sondern an den Herrn Kriegs-Minister gerihtet werden müsse. J verstehe die Anfrage dahin, daß er die Frage an mich hat richten wollen: bereitet die Postverwaltung den Beamten Hindernisse? (Sehr ridtig! links.) Darauf habe ih ihm zu antworten: Die RNeichs8- Postverwaltung bereitet den Herren keine Hindernisse.

Hinsichtlih der Assistenten und der Frage des Titels „Ober- Assistent“, die ja kuxz gestreift ist, habe ih Folgendes zu sagen: Die Verfügung vom 1. Januar 1900, mit der weite Kreise, glaube ich, sh einverstanden erklärt haben, räumt mit diesem Titel auf. Es ist ganz klar, “daß von nun ab die Assistenten nur einen Titel zu führen baben; machen sie ihr Examen, fo werden sie nahher Sekretäre u. |. w. Es liegt nit in meiner Absicht, den Titel Ober-Assistent wieder einzuführen. Die Frage der Wohnungsverhältnisse der Assistenten bei Postämtern 111. Klasse habe ich {hon gestreift. Meine Herren, ih wiederhole, ih halte es nicht für rihtig, daß man einen Assistenten zwingt, in einem, an vielen Stellen wenigstens, mangelhaften Raum Unterkunft zu nehmen. Ich habe auch eine bezüglihe Verfügung, die von einer Ober-Postdirektion ergangen war, wieder aufgehoben. Jch glaube also, daß wir uns da in unserer Auffassung begegnen. Der Nißstand liegt zunächst darin, daß wir zur Zeit gezwungen sind, so viel Assistenten bei Postämtern 11. Klasse zu beschäftigen. Für einen jungen Anfänger, für einen Gehilfen, wären die Dienstwachtzimmer ganz geeignet; für einen Beamten, der schon älter ist, balte ih sie meistens nit für ausreichend.

Was nun den Postdirektor in Gevelsberg anbelangt, so gebe ih dem Herrn Abg. Dr. Müller (Sagan) darin vollständig recht. Ich hätte es auch für besser gefunden, der betreffende Postdirektor hätte es nicht gethan; aber auf der anderen Seite habe ich auch in der Budget- fommission schon erklärt, daß nah den von mir angestellten Erhebungen den Beamten ein dienstliher Vorwurf nicht trifft. Er hat die betreffenden Unterbeamten außer Dienst gegen Bezahlung verwendet. Aber troßdem ist mir kein Zweifel, daß es besser gewesen wäre, er hätte es nicht gethan.

Nun komme ich noch einmal zurück auf den Vorwurf, den der Herr Abg. Singer erhoben hat betreffs der Zeitschrift des deutschen Flottenvereins. Meine Herren, * Sie wollen zunächst, bitte, meinen Erlaß nachsehen, den ih \chon in der Budgetkommission zur Kenntniß der Herren gebraht habe. Ih möchte weiter den Herrn Abgeordneten fragen : Können Sie mir eine Verfügung von mir oder eines Ober-Postdirektors zeigen, die je an ein Postamt wegen der Zeitschrift „Ueberall“ des Flottenvereins ergangen wäre? Ich bezweifle es. Im Gegentheil, ih kann versichern, daß wir die Sache abgelehnt haben. Aber ich kann den Verein nicht hindern, daß er fih an mi oder an die Ober-Postdirektion wendet. Also ih meine: eine Beein- flussung von höherer Stelle, daß ih oder ein Ober-Postdirektor es für rihtig hielte oder empföhle, auf die Zeitung zu abonnieren, ist nicht erfolgt; das bestreite ih ganz entschieden. Herr Abgeordneter, fragen Sie doch einmal bis zur dritten Lesung herum, ob Sie eine solche Verfügung finden. Der Flottenverein hat \sih, wie an andere Dienststellen, so auch an die Postämter gewendet. Jch würde es auch für Unrecht halten, wenn die Verfügung von meiner Seite ergangen väre, man solle auf die Zeitschrift subskribieren.

Nun komme ih noch auf die vom Herrn Abg. Dr. Müller (Sagan) angeregte Angelegenheit des Mangels eines Briefkastens in einem Orte S(hlesiens. Der Herr Abgeordnete wird mir aber nicht ver- übeln, wenn ich ihm eine Postkarte vom vorigen Jahre vor lege. Da ist über den Briefkasten in FJägersbrunn, Gasthof „Menschenfresser“, bereits unter dem 19. September das Dankesvotum eingegangen, daß der Briefkasten da wäre. Der Herr Abg. Dr. Müller (Sagan) muß sich alfo wobl in der betreffenden Beschwerde vergriffen haben. (Heiterkeit.) Die Sache liegt hier zur geneigten Einsicht auf. Da steht drüber: „für Aufstellung des Brief- kastens recht herzlich dankend, habe sofort Aenderung der Karte vor- genommen“. Sie haben also wohl den Jahrgang verwechselt, Herr Abgeordneter; do das kann Ihnen sowohl als mir passieren. Es geht uns eben so viel durch die Hände, daß man \ich wirklich au einmal vergreifen kann.

Ich hoffe, meine Herren, ih habe damit alle Fragen, die an mi ergangen sind, berührt, und damit das hohe Haus in die Lage verseßt, objektiv die gänzen Verhältnisse beurtheilen zu können, die darin gipfeln, daß die Verwaltung unbedingt bestrebt ist, für die Assistenten alles zu thun, was eben mögli ist, und daß ih die wohlbegründete Hoffnung habe, daß in niht zu ferner Zeit auch noch bestehende Uebelstände beseitigt sein werden. (Bravo!)

Geheimer Ober-Postrath Neumann ersucht das Haus, die Resolution sub b abzulehnen, und führt aus, daß die Verwaltung nah jeder Richtung bereits das Mögliche gethan habe und die MNe- solution gegenstandslos sein würde.

Aba. Dr. Müller -Sagan: Ich glaube dem Staatssekretär alles, was er sagt, aufs Wort ; denno halte ih für sicher, daß die „Deutsche Verkehrözeitung“ nichts gegen die Intentionen des Staatssekretärs s{hreibt. Die Zahl der Assistenten ist in den leyten Jahren fast stationär A DEE Redner wendet sich dann gegen die Ausführungen

der Abgg. von Kardorff und Werner. : L

Abg. Kir\ch (Zentr.) spricht sich ebenfalls für die Annahme der von der Kommisfion beantragten Resolutionen aus.

Abg. Singer: Der Staatssekretär macht sih die Verantwortung wegen der Duldung politischer Agitation ungeheuer leicht. Also ex kann nihts dagegen machen, wenn die Vereine sih direkt an die Aemter wenden. Mas würde er sagen, wenn zur Agitation gegen die Getreide-

ille die würden? Das

Anspru genommen

Postämter in

die Aufforderung an den betreffenden Beamten im Einver- ständniß mit den vorgeseßten Behörden geschieht. Danach müßte doch der Staatssekretär Anklage erheben gegen E von Beaulieu wegen Vorspiegelung fals Thatsachen -und Miß- brauchs von Behörden. „In Wirklichkeit ijt dem Staatssekretär die Sache nicht ganz unbekannt, und er ahnt, daß von verschiedenen Seiten dieser Wunsch erfüllt wird, beide Augen zugedrückt werden und es einer Verfügung von seiner Seite garniht bedarf. Diese Dinge werden wir jeßt mit verdoppeltem Mißtrauen ansehen müssen, auch dann, wenn wir hören, daß er die bezüglihe Verfügung nicht erlassen hat, denn er hat nit verhindert, daß die nageordneten Behörden mißbraucht worden find.

Staatssekretär des Reihs-Postamts von Podbielski: Der Herr Abg. Singer kann si dessen versichert halten : würden mir \olche Wünsche vorgetragen, wie er sie angedeutet hat, so würde ih dem ganz unbedingt entgegentreten, umsomehr das sage ih dem Herrn Abg. Singer wenn diese Wünsche Tendenzen verfolgen, die vom Grunde meines Herzens aus ih nicht billigen kann. Und wenn Sie auch sagen, „das wären patriarchalische Verhältnisse, das wäre die Rube des Kirchhofs“, i ch habe das Bestreben, mit meinen Beamten nach einer Richtung hinzufühlen und zu denken: unser Gut und Blut einzuseßen zur Erhaltung des Deutscheu Reichs, wie es heute besteht. (Bravo! rets.) Was nun das Zirkular des Deutschen Flottenvereins anlangt, fo steht meines Erachtens in meiner Ver- fügung, die ih auch der Budgetkommisfion zugänglich gemacht habe, ganz klar, daß der Absaß von literarischen Erzeugnissen u. \. w. durch amtliche Einwirkung niht gefördert werden darf. Jch bin au heute noch immer der Ansicht, das soll nicht geschchen. Hier liegt der Fall aber ganz anders. Zunächst einmal, als diese Sache an mich beran- trat; habe ich mir gesagt, daß Mitglieder des Flottenvereins die Angehörigen der verschiedensten Parteien des hohen Hauses. bis zu den Herren der Fortschrittspartei sind. Fch habe in dem Flottenverein nicht eine politische Demonstration oder Bewegung gesehen, sondern eine Vereinigung all’ der Männer, die sich für die Erweiterung und den Ausbau unserer Flotte inter- essieren. Sonst würde ih dem ganz unbedingt entgegengetreten sein. Ferner bitte ih den Herrn Abg. Singer, zu beachten, daß keine Ver- fügung ergangen ist, den Absatz der Zeitschrift „Ueberall“ zu fördern. Wäre die Verfügung erlassen worden, so würde ich sie aufheben. Wenn Herr von Beaulieu etwa gesagt hätte, wir empfehlen, der Sache beizutreten, so würde ih das als einen Eingriff in das betrachten, worüber der Beamte selbt zu bestimmen hat. Jch habe nur gesagt: der Flottenverein dürfe die Zeitschrift den Dienststellen zur Ansicht \chicken. Das ‘ist meiner Ansicht nach ein bedeutender Unterschied. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Ja, glauben Sie mir, Herr Abg. Wurm: es is ein großer Unterschied, ob ih als Chef einer Verwaltung sage: ih empfehle dies zur Subskription dann ist es ein Druck auf meine Beamten, darüber bin ich mir nicht einen Moment im Zweifel oder ob i sage: ihr könnt es den Beamten zur Ansicht {icken. Ich glaube, Herr Abg. Singer, Sie werden nicht ein Wort in dem Schreiben des Flottenvereins finden, was dem widerspriht. Ich habe es ausdrücklih abgelehnt, die Zeitschrift zu empfehlen. Ich habe nur gesagt: ih gestatte, däß die Zeitschrift zur Änsicht geshickt wird. Aber, meine Herren, auch ohne daß ich das gestatte, hätte ih nicht verhindern können, daß die Zeitschrift den Postämtern zur Ansicht geschickt wird. Die Zeitschrift „Ueberall“ is ferner nicht dur die Vermittelung der Ober-Postdirektionen zu den Aemtern gelangt, sondern der Flötten- verein hat sie den einzelnen Aemtern direkt zugeschickt. Da es keine politische Frage ist, so kann ih darin nichts Böses sehen. Die vor- gesetzten Instanzen haben sih davon vollständig freigehalten.

Abg. Werner: Ih habe Herrn Müller keinen Wechsel der Ge- sinnung vorgeworfen; es war aber doch sehr auffällig, den Redner der Freisinnigen Volkspartei für die Reserveoffizier-Vorrechte eintreten zu hören. Ich kenne eine Menge Assistenten, die die Qualifikation zum Reserveoffizier haben ; viele davon werden es aber nicht, {on weil Je nicht die Mittel haben. Eine Klage darüber, daß sie bei der Wahl nicht berücksichtigt seien, ist mir aus den Kretjen der Assistenten noch nie vorgekommen. : i j i

Abg. Singer: Ein Verein, wie der Flottenverein, der von Anfang an die Marinepolitik der Negierung unterstüßt hat, der keine andere Daseinsberechtigung besißt, soll kein politischer Verein sein? Das wird wohl niemand glauben. Ich konstatiere nunmehr, daß es feststeht, daß der Staatssekretär um die Sache gewußt hat, und daß das Zirkular mit seiner Einwilligung in Umlauf gesetzt ist.

Abg. Dr. Müller -Sagan tritt dem Abg. Werner nohmals entgegen und verliest 15 Namen von Postassistenten, welche Reserve offiziere sind. ; s

An das Schlußwort des Referenten Abg. Dr. Paasche fnüpfen die Abgg. Dr. Müller-Sagan und Singer die Beschwerde, daß der Referent auch die Gründe der Minderheit der Kommission vorgetragen und dem Sinne nach für Ablehnung der Resolution plaidiert habe. Von den Abgg. Graf von Roon, von Staudy (d. kons.) und Kirsch wird das Referat gebilligt. Der Titel wird bewilligt, die Resolution sub a einstimmig, die Resolution sub b gegen die Stimmen der beiden Parteien der Rechten angenommen. ; :

Die Ausgaben für die Unterbeamten sind mit 46 474 210 M ausgebracht, mehr gegen den vorigen Etat 4967 830 M.

“Auf eine Anfrage des Abg. Cahensly erklärt der

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Die Verhandlungen in der Budgetkommission nah der Richtung waren außerordentlich \{chwierig und umfangreich. Es ergaben sich solche folossalen Schwierigkeiten, daß das als Höchstmaß an- zusehen war, was den Unterbeamten bewilligt wurde. Jch be rufe mich da auf Aeußerungen von Herren ih will Namen nicht anführen —, die ähnliches ausgeführt haben. Jch möchte weiter zur Klarstellung anführen, daß den Landbriefträgern beim Uebertritt in die Schaffnerklasse die etatsmäßige Landbriefträger-Dienstzeit wie Diätariat angerehnet wird.

ie Debatte wird darauf vertagt.

Scbluf 5%/, Uhr. Nächste Sihung Mittwoch 1 Uhr. (Antrag des Zentrums auf Gewährung von Präsenzgeldern und freier Eisenbahnfahrt.)

Preufstischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 30. Sihung vom 19. Februar, 11 Uhr.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1901 wird bei dem Etat der Bergz-, Hütten- und

Salinenverwaltung fortgeseht. Bei den Einnahmen aus dem Verkauf von Bergwerk

den mir vorhin erwähnte Zirkular betonl ausdrüdcklid, daß

produkten, welche auf 1560 538 990 M veranschlagt sind, d. h.

um 20529 480 M höher als im Vorjahre, beantragen die Abgg. Dr. Sch ulÿ-Bochum (nl.) und Sieg (nl.): ;

die Regierung zu êrsucten, für die Bodenerforshung reichlichere Mittel in Zukunft in den Etat einzustellen, insbesondere aber durch auf die Erscliezung von Minerallagern gerichtete Tiefbohrungen in den vorzugsweise ackerbautreibenden Provinzen des Ostens die Be- strebungen zur wirthschaftlichen Hebung dieser Landestheile möglichst zu unterstüßen.

Berichterstatter Abg. Graf von Bernstorff (fr. kons.) theilt aus den Kommissionsverhandlungen mit, daß die höhere Einnahme aus dem Kohlenverkauf zu erwarten sei, und daß die Regierung darauf rechne, . daß sie auch troß des eingetretenen Rückgangs der Koblenpreise eingehen werde. Der Minister habe in der Kommission ferner Mittbeilung von der Kündigung des Vertrages mit der Firma Cäfar Wollheim gemacht.

Abg. Dr. Shul-Bochum: Ich habe im vorigen Jahre darauf hingewiesen, daß der Koblenschaß der rbeinisch-westfälischen Gruben bet ihren Förderungen von jährli 100 Mill. Tonnen noch auf 12 193 Fahre reichen wird. Auch in Oberschlesien ist der Bodenreichthum an Koblen ebenso erfreuli, sodaß wir eine Erschöpfung unseres Kohlenvorraths nicht zu befürchten haben, um fo weniger, als no viele neue Gruben ershlossen werden können. Es ift jeßt noch die tehnishe Möglichkeit gegeben, unsere Bodenshäße aus einer Tiefe bis zu 1830 m auszubeuten. Wir \ind verpflichtet, unsere Boden- forschungen mit Eifer fortzuseßen. Wir sind bisher darin zu langsam vorwärts gegangen, deshalb ist es anzuerkennen, daß der jeßige Etat cine ganze Reihe neuer Stellen für Geologen vorsicht. Um eine Be- \{leunigung in der Bodenerforshung anzuregen, baben mein Freund Sieg und ih den Antrag eingebraht. Schon 1887 haben wir hier im Hause auf die Wichtigkeit von Tiefbohrungen zur Erforschung unserer mineralischen Bodenschäte hingewiesen. Wir können auf die Erschließung neuer Steinsalz- und Kali- lager rechnen. Jh denke bei meinem Antrag namentlich an die Ackerbau treibenden Gegenden des Ostens. Die Bohrungen müssen von Staatswegen erfolgen. Durch die Verbesserung der Technik werden wir auch eine höhere Verwerthung der Mineralscäße erreichen. Die starken urzeln unserer wirthschaftliben Kraft liegen zwar vorzugsweise in dem Boden, den der Pflug des Landmanns durh- \hneidet, aber cs gehen auch starke Wurzeln hinab in die Tiefe, wo der Bergmann niht nur für si, sondern auch für das Vater- land schafft.

Abg. Gothein (fr. Vgg.): In Oberschlesien sind in den leßten Jahren die Förderungsanlagen erheblih fortgeschritten, gleichzeitig sind auch die Kohlenpreise gestiegen. Dabei zeigt fich aber das merf- würdige Schauspiel, daß man in Oberschlesien auf der - Kömgs- grube die Preise weiter erhöhen will, während man fie auf der Königin Luisen-Grube herabseßen will. Diese Mittheilung ist mir von glaubwürdiger Seite gemacht worden, und sie erscheint mir um so glaubwürdiger, als der Minister neulich felbst er- flärt bat, er wünshe den Ausgleih dadurch herbeigeführt zu sehen, daß im Sommer die Privatgruben ihre Preise um 2X 3 er- mäßigen, die Staatsgruben sie um 2&4 „Z erhöhen, und es schadet nidts, wenn eine Zeit lang die staatlichen Gruben niedrigere Preise haben als die Privatgruben. Die Industrie kann folche Kohlenpreise, wie wir sie in den leßten Jahren hatten, nicht ertragen, und es ist die Aufgabe des Staats, darin mäßigend zu wirken. Infolge der theueren Kokspreise bat ein Theil des Hochofenbetriebs in Dber- {lesien eingeshränkt werden müssen. Zwei Roheisenwerke, die bisber ibre Koks selbst verbrauhten, geben jeßt täglich 7 bezw. 8 Waggons ab. Die Koks werden s{ließlich erportiert werden müssen. Der Staat muß \ich fragen, ob nicht die Zeit ge- fommen ist, die Kohlenpreise herabzuseßen, damit die Cisenindujstrie weiter arbeiten kann. Auch die privaten Kohlengruben follten ange- ichts der abges{wächten wirthschaftlichen E mit weiterer Preis- herabsezung vorgehen. Gern geht man al erdings niht an eine Preisermäßigung, auch der Fiskus nicht, denn dieser muß ja_ schon nach seinem Namen fiskalish sein. Für eine große \hlesishe Schiff- fahrtsgesellshaft ist die Preissteigerung im leßten Jahre so be- merkbar gewesen, daß die Dividende um 19/9 gekürzt werden mußte. Die „Pommerania“ braucht allein unter Abschreibung ihrer 5 Dampfer einen Uebershuß von 40000 Æ, sie hat aber im leßten Jahre nur einen Ueberschuß von 6760,05 4 erzielt. Wir haben es erlebt, daß die Syndikate die Preise Schritt für Schritt in die Höhe getrieben haben. Das ist bei steigender Konjunktur ganz natürlich. Das Bestehen von Syndikaten liegt lediglih im Interesse der Produzenten. Sie haben die Probe noch nicht bestanden, daß fie in Zeiten des wirth chaftlihen Rückgangs auch mit einer energischen Herabseßung der Preise vorzugehen wissen. Deshalb muß der Staat, der auch jeßt noch die Preise tieinli@ hoh hält, nah diefer Muyeung einwirken und dafür sorgen, daß die Kohlenpreise nicht länger auf ihrer ungesunden Höhe erhalten bleiben. j ;

Abg. Friten-Borken (Zentr. ): Wir stimmen für den Antrag Schult-Sieg unter der Vorausseßung, daß der Minister ihn acceptiert. Ich möchte an den Minister die Frage rihten, ob er davon überzeugt ist, daß die veranshlagte Einnahme von 150 Millionen Mark wirklich eingehen wird. Die Krisis in der Industrie ist hon viel stärker, als man aus den Zeitungen erfährt. Die Krisis in der Textilindustrie ist nicht abgeschwächt, sondern noch verstärkt. Dasselbe gilt für die Eisenindu!trie. Das Nobeisensyndikat und das Kohlensyndikat scheinen bereit zu fein, der notbleidenden Eisenindustrie entgegenzukommen. Dcshalb muß au der Staat an eine Preisermäßigung für Kohlen herangehen, und dann ist mir zweifelhaft, ob die Etats)jumme eingehen wird. Be Verschärfung der wirthschaftlichen Krisis ist gerade im leßten Vi jahre des vorigen Jahres eingetreten. Wenn auh die Etats einnabme nicht erzielt wird, so wird durch eine Herabseßung der jetzigen Kohblenpreise, unter welchen alles seufzt, doch der Allgemeindeil genügt werden.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Ich möchte mir zunächst gestatten, mih über den Antrag Herrn Abg. Schul (Bochum) auszusprechen. In diesem Antrage wird der Wunsch ausgesprochen, daß die Bodenerforshung, und zwar sowobl die agronomishe Vermessung, als auch die Tiefbohrung, in unserem deutshen Lande, besonders im Osten, in einem etwas \{nelleren Tempo vorgehen möchte. Ich theile diesen Wunsch voll ständig, und bin au seit lange1 Zeit bercits bemüht gewesen, successive die Bohrthätigkeit des Staates nach beiden Richtungen hin in ausgiebigerer Weise auszudehnen. Die Sache ist indeß mit einigen Schwierigkeiten verknüpst.

Was zunächst die agronomische Vermessung anbetrifft, so muß sie ja auf der Grundlage der topograpbishen Vermessungen des Großen Generalstabs ausgeführt werden. An die müssen wir uns an- \{licßen. Wit können nur dort vorgehen, wo der Gencralstab zuerst vorgegangen ist Wir bemühen tbunlidst, dabin zu wirken, daß die Großen Generalstabs in dieser Beziehung mögli mit der unsrigen im. Einklang steht, und die unsrige seinigen; soweit das zu erreichen ijt, wird das errciht. Es ijt ader nicht immer mögli, weil selbstverständlich für dic Vermesjungen des Großen Generalstabs au andere Gesichtspunkte maßgebend tund

Die uveite Schwierigkeit licgt in der Beschaffung des erforder- lichen Petsonals. Wir haben das Personal von Jahr zu Jahr ver» stärkt. Ar, meine Herren, os ist nicht so leicht, die crforderlihe Zahl geeigneter Geologen für dieie Thätigkeit zu finden. Vorschläge, die gemaht worden find orationêtech{niker für diese Zwecke zu verwenden, sind geprüft worden, haben sich aber nicht als annehmbar erwiesen. sodaß wir do immer auf unsere cigene Kräste angewicien

mit der

sind, die wir so sebr zu vermehren and zu verstärken demüht find, wie