1901 / 55 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 05 Mar 1901 18:00:01 GMT) scan diff

zu nehmen; andererseits ist aber einem Mißbrauche solcher erchtigungen, soweit es gesebßlih zulässig ist, energisch ent- egenzutreten, und auf eine- Verbesserung der Da rhrihecen Zustände nah Möglichkeit hinzuwirken. Zu diesem Zwecke Be die bestehenden Anlagen thunlichst einer regelmäßigen ufsiht zu unterstellen, die sih insbesondere auf eine

rüfung in der Richtung zu erstrecken hat, ob die vor- andenen Klär- und Reinigungsvorrichtungen in ordnungs- mäßigen Zustande erhalten und ihrer Zweckbestimmung entiprechend benußt werden, und ob die Abführung der Ab- wätiser nicht das durch die Interessen des Betriebes unbedingt gebotenc Maß überschreitet. Stellen sich bei der Beaufsichti- gung Vtißstände heraus, deren Beseitigung auf Grund des geltenden: Rechts oder der Genehmigungsurkunde verlangt werden tann, so wird es sih in der Regel empfehlen, zunächst mit dem Unternehmer in geeigneter Weise in Verbindung zu treten, um ihn auf gütlihem Wege zu veranlassen, Abhilfe- maßregeln zu treffen. Erst wenn dies Verfahren niht zum Ziele führt, ist im Wege polizeiliher Verfügung vorzugehen und das zur Beseitigung der Mißstände Erforderlihe im Zwangswege zu veranlassen.

_2) Gegen gewerbliche Anlagen, die einer Ge- nehmigung nach 8 16 a. a. O. nicht bedürfen, sowie gegen nicht gewerbliche Anlagen und Veranstaltungen jeder Art kann die Polizeibehörde auf Grund der oben u Il angeführten Bestimmungen bis zu ihrer völligen Unter- j ng einschreiten (vergl. Entsch. d. O.-V.-G. Bd. 23 S.254,

Um eine solhe Maßnahme thunlichst zu vermeiden, empfiehlt es sih, niht erst abzuwarten, bis schädigende An- lagen vielleicht mit erheblichen Kapitalsaufwendungen aus- geführt sind und ihre Wirkungen zeigen, sondern von vorn Ar den Unternehmer auf die Folgen einer unzulässigen Verunreinigung der Wasserläufe aufmerksam zu machen. Bei genügender Aufmerksamkeit und Befolgung der oben unter I gegebenen Anordnungen muß es den Polizeibehörden möglich sein, in dieser Weise rechtzeitig die erforderlichen Vorbeugungs- maßregeln zu treffen. Namentlih erscheint es zweckmäßig, gelegentlich der Ertheilung von Bauerlaubnissen für Anlagen, mit welchen die Gefahr einer Wasserverunreinigung verbunden ist, den Unternehmer ausdrücklih darauf hinzuweisen, daß * er für eine unshädlihe Abführung der unreinen Stoffe und Ab- wässer Sorge tragen müsse, widrigenfalls auf Grund der geseß- lichen Vorschriften polizeilicherseits gegen ihn vorgegangen werden würde.

Auf bereits bestehende Anlagen dieser Art findet das vorstehend unter Nr. 1b im Abs. 2 Gesagte sinngemäße Anwendung.

VI. Soweit es sih um cine Verunreinigung der Gewässer durch den Bergbau handelt, ist den Berg- behörden (Ober-Bergämtern, Revierbeamten) durch die ZS 196 bis 199 A. L.-N. die Aufgabe übertragen, jeder gemeinshäd- lichen Einwirkung des Bergbaues entgegenzutreten. Es ist jedoch bereits in dem gemeinschaftlichen Erlajse der mitunter- zeihneten Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten und für Handel und Gewerbe vom 7. April 1876 (vergl. Zeitshr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen Bd. 24 S. 23) angeordnet, daß die Bergbehörden fih in wichtigeren Fällen mit den Wasserpolizeibehörden ins Benehmen zu seßen haben. Dort is es auch bereits als zweckmäßig

ezeihnet, daß die Wasserpolizeibehörden Maßnahmen,

die auf den Bergbau zurücckwirken können abgesehen von den Fällen einer dringenden Gefahr —, thunlichst erst nah Anhörung der Bergbehörden und möglihst im Ein- verständnisse mit ihnen treffen. Bei diesen Bestimmungen kann es einstweilen sein Bewenden behalten.

20 Exemplare dieser Verfügung werden mit dem Bemerken beigefügt, daß ein etwaiger Mehrbedarf binnen 14 Tagen bei der Geheimen Registratur des Ministeriums für Landwirth- schaft, Domänen und Forsten anzumelden ist, da der Sat so lange stehen bleibt.

Berlin, den 20. Februar 1901.

Der Der Minister

Minister für Landwirthschaft, für Domänen und Forsten. Handel und Gewerbe.

Freiherr von Hammerstein Brefeld.

Der Minister Der Minister der der geistlihen, Unterrichts- öffentlichen Arbeiten. und Medizinal-Angelegenheiten. Jm Auftrage: Im Auftrage: Schulgt. Förster. Der Minister des Jnnern. Jn Vertretung : von Bischoffshausen.

An die Herren Ober-Präsidenten zu Danzig, - Breslau, Magdeburg, Hannover, Koblenz und Münster als Chefs der Strombauverwaltungen, sowie an die sämmtlihen Herren Regierungs- Präsidenten und den Herrn Polizei-Präsidenten zu Berlin.

É 2d S, 4: d Durchlaucht Abschrift diejer Verfügung erhalten Eure f E O: 7E Excellenz mit dem Ersuchen, über deren Durchführung und die dabei gemachten Wahrnehmungen und erzielten Erfolge binnen “Fahresfrist gefälligst zu berichten. Berlin, den 20. Februar 1901. Î Der er Minister Minister für Landwirthschast, für Domänen und Forsten. Handel und Gewerbe, Freiherr von Hammerstein. Brefeld. Der Minister Der Minister O der | der geistlihen, Unterrichts- öffentlichen Arbeiten, und Medizinal-Angelegenheiten. Im Auftrage: Jm Austrage: Schult. Förster. Der Minister des Jnnern, Jn Vertretung: von Bischoffshausen.

An die sämmtlichen Herren Ober-Präsidenten.

Î

| \hiff- und flôößbaren Flü

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Anlage [.

Hul an M E der bestehenden geseßlihen Vor- * schriften über die Reinhaltung der Gewässer. I. Gesetze, die für die ganze Monarchie gelten: 1) Feld- und Forstpolizei-Geseß vom 1. April 1880 (Gesez-Samml. S. 230). 8 27.

Mit Geldstrafe bis zu 50 46 oder mit Haft bis zu 14 Tagen wird bestraft, wer unbefugt

1) abgesehen von den Fällen des B Nr. 7 des GIN rge edes vom 30. Mai 1874 Flachs oder Hanf röthet;

t in Gewäßsern Felle aufweicht oder reinigt oder Schafe wäscht ; 3) abgesehen von den Fällen des § 366 Nr. 10 St.-G.-B. Gewässer verunreinigt. 2) Fischereigeseß für den preußishen Staat vom 30. Mai 1874 (Gesez-Samml. S. 197). S 43.

Es ist verboten, in die Gewässer aus landwirthschaft- lihen oder gewerblichen Betrieben Stoffe von solcher Be- \chaffenheit und in solchen Mengen einzuwerfen, einzuleiten oder einfließen zu lassen, daß dadurch fremde Fischereirehte geschädigt werden können.

Bei überwiegendem Jnteresse der Landwirthschaft oder der Jndustrie kann das Einwerfen oder Einleiten folcher Stoffe in die Gewässer gestattet werden. Soweit es die örtlichen Verhältnisse zulajsen, soll dabei dem Jnhaber der Anlage die Ausführung solcher Einrichtungen aufgegeben werden, welche geeignet sind, den Schaden für die Fischerei möglichst zu beschränken.

Ergiebt ih, daß durch Ableitungen aus landwirth- schaftlihen oder gewerblihen Anlagen, welhe bei Erlaß dieses Geseßes bereits vorhanden waren oder in Gemäßheit des vorstehenden Absatzes gestattet worden sind, der Fish- bestand der Gewässer vernichtet oder erheblih- beschädigt wird, so kann dem .Jnhaber der Anlage auf den Antrag der durch die Ableitung benachtheiligten Fischereiberechtigten im Verwaltungswege die Auflage gemacht werden, solche ohne unverhältnißmäßige Belästigung seines Betriebes aus- führbaren Vorkehrungen zu treffen, welche geeignet sind, den Schaden zu heben oder doch thunlichst zu verringern.

Die Kosten der Herstellung solher Vorkehrungen sind dem Jnhaber der Anlage von den Antragstellern zu erstatten.

Die leßteren sind verpflichtet, auf Verlangen vor der Ausführung Vorschuß oder Sicherheit zu leisten.

Die Entscheidung über die Gestattung von Ableitungen nah Abs. 2 sowie über die in Gemäßheit des Abs. 3 an- zuordnenden Vorkehrungen erfolgt, sofern die betreffende Ab- leitung Zubehör einer der im § 16 der Gewerbeordnung für den Norddeutshen Bund vom 21. Juni 1869 (Bundes- Geseßbl. S. 245) als genehmigungspflichtig bezeihneten An- lagen ist, in dem für die Zulassung dieser Anlagen an- geordneten geseßlichen Verfahren, in anderen Fällen nach demjenigen Verfahren, welhes über die Genehmigung von Stauanlagen für Wassertriebwerke festgeseßt ist.

S 44.

Das Röthen von Flahs und Hanf in nicht geschlossenen Gewässern ist verboten.

Ausnahmen von diesem Verbote kann die Bezirks- regierung, jedoch immer nur widerruflih, für solche Ge- meindebezirke oder größeren Gebietstheile zulassen, wo die Oertlichkeit für die Anlage zweckdienliher Röthegruben nicht geeignet ist, und die Benußung nicht geschlossener Gewässer zur Flahz- und Hanfbereitung zur Zeit nicht entbehrt werden kann. Í

S D0.

Mit Geldstrafe bis zu 150 # oder mit Haft wird bestraft: i

7) wer den Vorschriften dcs §8 43 oder den zur Aus- führung desselben getroffenen Anordnungen zuwider den Gewässern schädliche, die Fischerei gefährdende Stoffe zuführt oder verbotswidrig Hanf und Flachs in nicht geschlossenen Gemwässern röthet (S 44).

3) Strafgeseßbuh für das Deutsche Reich vom 3, Februar 1876 (Reichs-Geseßbl. S. 39). S 366.

Mit Geldstrafe bis zu 60 A oder mit Haft bis zu 14 Tagen wird bestraft :

10) wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequém- lihfkeit, Reinlichkeit und Ruhe auf den öffentlichen

A E Wasserstraßen erlassenen Polizeiverordnungen übertritt. [I. Gesetze, die nur in den sogenannten alten Provinzen (Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Westfalen und der Rheinprovinz)

gelten. : 1) Allerhöchste Kabine

t8-Ordre vom 24. Februar 1816, die Verhütung der 11e

5

Verunreinigung der und Kanäle betreffend (Geseß-Samml. S. 108).

Auf Zhren Bericht vom 18. d. M. seße Jh zur Ver- hütung der Verunreinigung der \chiff- und flößbaren Flüsse und Kanäle hierdurch fest: daß kein Beier von Schneidemühlen Sägespäne oder Borke und überhaupt nie- mand, der eines Flusses*sich zu seinem Gewerbe bedient, Abgänge in solhen Mengen in den Fluß werfen darf, daß derselbe dadurch, nach dem Urtheil der Provinzialbehörde, erheblich verunreinigt werden kann, und daß zeder, der awider handelt, niht nur die Wegräumung der den Wasser- lauf hemmenden Gegenstände auf seine Kosten vornehmen laïsen muß, sondern auch außerdem eine Polizeistrafe von 10 bis 50 Thalern verwirkt hat.

2) Geseß über die Benußung der Privatflüsse

| vom 28. Februar 1843 (Gesez-Samml. S. 41), ein-

| geführt in der Rheinprovinz durh Verordnung vom 9. Ja-

nuar 1845 (Geseß-Samml. S. D.

Das zum Betriebe von Färbereien, Gerbereien, Walken und ähnlichen Anlagen benußte Wasser darf keinem Flüsse zugeleitet werden, wenn dadurch der Bedarf der Umgegend an reinem Wasser beeinträchtigt oder eine erhebliche Be- lästigung des Publikums verursacht wird. ;

Die Entscheidung ANIEE steht der Polizeibehörde zu.

S 6,

Die Anlegitng von Flachs- und Hanfröthen kann von der Polizeibehörde untersagt werden, wenn solche die Heil- samkeit der Luft beeinträchtigt.

_ Se Für den Geltungsbereih des Rheinischen ets. Ordonnance du mois d’août 1669 gur le fait des eaux êt forêts. Titre XXVI. Article 42.

__ Nu], soït propriétaire ou engagiste, ne pourra faire . .. . dans les fleuves et rivières navigables et flottables, ni même y jetter aucunes ordures, immondices ou les amasser sur les quais et rivages, à peine d’amende arbitraire. :

Anlage Tk.

Q IARe für die Einleitung von Abwässeérn- in Vorfluther (Wasserläufe und stehende Gewässer). 1

Die Nugzung der Gewässer erfordert ihre thunlichste Rein- haltung und gebietet im allgemeinen gesundheitlihen und wirthschaftlihen Jnteresse, Shmußgwässer, wie solhe beim Wirthschafts- und Gewerbebetriebe, durch Abflüsse von Abort- und Jauchegruben, Dungstätten u. dergl. erzeugt werden, nah Möglichkeit von den Vorfluthern fernzuhalten oder wenigstens da, wo die Benußung der Vorfluther zur Ableitung geboten und eine \{hädigende Verunreinigung (siehe Ziffer 2) zu ge- wärtigen ist, Deer nad dem jeweiligen Stande von Wissen- schaft und Technik bestmöglich u reinigen.

_ Verunreinigungen von Vorfluthern geben zu östhetischen, wirthschaftlihen und hygienishen Mißständen Veranlassung.

Wässer, welche trübe, gefärbt, mit Geruh behaftet und von shlechtem Geschmack sind, erregen ästhetishe Bedenken ; sie können zugleih wirthshaftlihe Schädigungen verursachen, wenn das Wasser unterhalb für gewerblihe Zwecke, zur Be- wässerung von Feldern und Wiesen, zur Viehzucht oder zu Fischereizwecken Verwendung findet. Sie führen auch zu Pogieristben Unzuträglichkeiten, wenn Geruchsbelästigungen auftreten, wenn Ünterlieger auf den Vorfluther zur Entnahme von Trinkwasser oder Wasser für häusliche oder gewerbliche Zwecke angewiesen sind, und wenn durch iTebrsälcomimnnaa oder durch Vermittelung des Grundwassers der Eintritt des Vorfluthwassers in Brunnen möglich ist.

Enthalten die unreinen Wässer Ansteckungskeime, Gifte oder durch ihre chemishen Bestandtheile nachtheilig wirkende Stoffe, so drohen bestimmte Gesundheitsschädigungen. Von Ansteckungskeimen kommen für den Menschen namentlih die Erreger des Typhus, der Cholera und anderer Krankheiten des Darmkanals in Betracht, für Thiere diejenigen des Milz- brandes. Gifte und die oben genannten Stoffe wirken unter Umständen niht nur auf die Gesundheit der Menschen und Thiere (auch der Fische), sondern auch auf den Pflanzenwuchs \chädigend.

3

Bei der Beurtheilung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Einführung von Abwässern in die Vorfluther sind an erster Stelle maßgebend die Menge und Beschaffenheit der Abwässer einerseits und die Wasserführung und elchaffenheit des Vor- fluthers andererseits. Allgemein gültige feste Verhältnißzahlen für die Mengen giebt es nicht und können der Entscheidung niht zu Grunde gelegt werden. Die Entscheidung muß unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere |der größten Ab- wässermenge und der geringsten Wassermenge des Vorfluthers, für den gegebenen Fall S werden.

Ferner ist zu beachten, daß der Vorfluther für die Auf- nahme des Abwassers günstige oder ungünstige Verhältnisse bieten kann. Günstig sind im allgemeinen große Wasser- menge, hohe Stromgeshwindigkeit, kiesiges Bett, glatte, feste Ufer und Zuflüsse von Grundwasser oder anderen reinen Wässern, ungünstig dagegen geringe Wassermenge, fehlende Wasserbewegung, geringe oder wehselnde Stromgeshwindigkeit, Stauungen, s{hlammiges Bett, buchtenreihes Ufer, bereits vorhandene Verunreinigungen und unreine Zuflüsse.

D.

Unter günstigen Bedingungen hat ein Gewässer die Fähig- keit, zugeführte Shmußwässer in. einer von Fall zu Fall wechselnden Menge zu verdauen. Diese sogenannte Selbst- reinigung tritt um so cher ein, je größer die Wassermasse im Verhältniß zu den Shmußwässern und die dadurch bewirkte Verdünnung der leßteren ist, je reiner die Beschaffenheit der Vorfluthwässer is, und je rasher und gleihmäßiger fich die Mischung der lehteren mit dem Abwasser vollzieht. Deshalb ist es wesentlich, daß die Shmußwässer niht am Ufer und bei Wasserläufen nicht in ftilles, sondern in strömendes Wasser eingeleitet werden. Wo diese Verhältnisse niht gegeben sind, tritt eine Ablagerung der gröberen Bestandtheile an der Einleitungsstelle ein und kann dort zu Verschlammungen und zur Bildung von Fäulnißherden Veranlassung geben. Zur Verhütung folher Zustände ist öftere Räumung erforderlich.

Den biologishen Vorgängen kann bei der Selbstreinigung für gewöhnlih nur eine unterstüßende, aber keine ausschlag- gebende Wirkung beigemessen werden. A

Durch den Vorgang der Selbstreinigung wird die Gefahr der Uebertragung von Krankheitserregern durch eingeleitete Abwässer zwar vermindert, aber nicht sicher beseitigt.

6,

Sind die Vorausseßungen einer ausreichenden Selbst- reinigung nicht gegeben, so ist eine künstliche Nüinigüng der Abwässer erforderlich. Die Art dieser Reinigung (durch Bodenberieselung, Klärung mit oder ohne Desinfektion u. st. w.) fann nur von Fall zu Fall unter eingehender Prüfung der Gesammtverhältnisse bestimmt werden.

C.

Kommt die ordnungsmäßige Beseitigung größerer Mengen von Abwässern aus Orischaften, Gewerbebetrieben u. dergl. in Betracht, so sollte ihre Reinigung in erster Linie durch Boden- berieselung angestrebt werden.

8. Die Shmuhwässer und die ieder agea ee können

entweder gemeinshäftlich oder getrennt abgeführt werden.

Das erstere ist im allgemeiten dort zweckmäßig, wo für die Gesamintwässer genügend große und geeignete Bodenflächen wecks Berieselung zur Verfügung stehen. Dabei ijt jedoch Vorkehrung zu treffen, daß- die Nothauslässe, die zur Ent- lastung der Kanäle bei starken Ne dersagen in der Regel nicht entbehrlih sind, nicht zu oft und jedenfalls erst bei ge- nügender Verdünnung der Shmußwässer in Thätigkeit treten.

Die getrennte Abführung der Shmuß- und Niederschlags- wässer kann da von Nuhen sein, wo eine Berieselung bei beshränkten Bodenflächen c, eführt werden muß, oder von einer Berieselung ganz abgesehen und die Reinigung der

hmußwässer durch ein anderweites Klärverfahren bewirkt S Die getrennte Abführung der Niedershlagswässer bi-tet den Vortheil, daß Nothausläfse zur Entlastung der Schmußwasserkanäle nicht erforderlih sind. Sie bedingt aber noch eine besondere Prüfung, ob die Niedershlagswässer vor ihrer Einführung in den Vorfluther einer Reinigung bedürfen. Für diese Reinigung wird es in der Regel genügen, wenn die mechanisch entfernbaren Schwimm-, Schwebe- und Sinkstoffe zurückgehalten werden. A

Die Zusammenführung sämmtliher Schmußwäsßser eines Ortes empfiehlt sih in der Regel wegen der leichteren Durch- führbarkeit der Beaufsichtigung und zumeist auch wegen der Verbilligung des Betriebes.

Abwäsjer besonderer Art, namentlih aus größeren Ge- werbebetrieben, können oder müssen unter Umständen einer Behandlung für fih unterzogen werden. Dabei ist auch die Wärme des in Vorfluther und Kanäle eingeleiteten Wassers zu beachten; dieselbe foll 309 C. im allgemeinen nicht über- steigen. Die Zulu von wärmeren Abwässern ist nur nah genauer Erwägung des S zuzulassen.

1

Für Ortschaften, in welchen erheblihe Unterschiede hin- sichtlich der Menge und der Beschaffenheit zwischen den Ab- wässern während der Tag- und der Nachtstunden nachgewiesen sind, können ausnahmsweise die Forderungen für Tag und Nacht verschieden bemessen M

i

Auf ordnungsmäßige Beseitigung der bei der Reinigung sich ergebenden Rückstände und deren thunlihste Verwerthung für landwirthschaftliche Zwecke ist Rücksicht zu nehmen. Hierbei fann vielfah mit Nuzen eine Vermengung mit dem Haus- müll, Straßenkehricht oder e N vorgenommen 1werden.

1

Zur Unschädlihmachung der «in den Abwässern etwa ent- haltenen Krankheitserreger dient die Desinfektion. Von Fall zu Fall ist zu entscheiden, ob eine solhe dauernd oder nur beim Ausbruch ansteckender Krankheiten vorzuschreiben ist, oder ob einer Ansteckungsgefahr durh cine im Hause auszuführende Desinfektion der Fäkalien und sonstigen Shmußwässer wirksam begegnet werden kann.

Beim Bau von Kläranlagen is darauf Bedacht zu nehmen, daß eine etwa nothwendig werdende Desinfektion jederzeit un- verzüglih ausgeführt werden kann.

Die Desinfektion wird an Abwässern, aus welchen die Schwimm- und Schwebestoffe durch Vorklärung entfernt worden sind, mit geringeren Kosten und sicherer Wirkung vorgenommen, weil kleinere Mengen von Desinfektionsmitteln zur Abtödtung der Krankheitskeime genügen, auch kann der Erfolg leichter überwacht werden.

Für den praktishen Zweck, die Weiterverbreitung von ansteckenden Krankheiten zu verhüten, ist nah dem heutigen Stande der bakteriologischen Wissenschaft die Desinfektion als ausreichend zu erahten, wenn unter den hierbei in Frage stehenden Bakterien die koliartigen abgetödtet sind. Dieses ist anzunehmen, wenn nah der Ausfaat der zu untersuchenden Abwässerprobe auf Jodkalium-Kartoffelgelatine oder einem anderen für das Wachsthum der Kolibakterien günstigen, für andere Bakterien ungünstigen Nährboden die ersteren Keime nicht zur Entwickelung gelangen.

Deutscher Reichstag. 60. Sißung vom 4. März. 1 Uhr.

_Am Bundesrathstische: Kriegs - Minister, General der Infanterie von Goßler, Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski, Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Freiherr von Thielmann. Bus

Zur ersten Berathung steht der Geseygentwurf, be- treffend Aenderung des Geseges über das Post- taxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oftober

1871. Danach sind Gebühren für Postscheine über die Ein- | lieferung von Sendungen zur Post und Packkammergeld nicht | zu erheben, ebensowenig Fahgebühren für abzuholende Briefe |

und sonstige Gegenstände, sofern niht die Postverwaltung dem

Empfänger auf seinen Antrag ein ihm unmittelbar zugäng- |

lihes, verschließbbares Abholungsfah überläßt. Die Be- dingungen für die Ueberlassung solcher Fähher werden durch “Ore I

die Postordnung festgeseßt. :

Abg. Dr. Schädler (Zentrum) : Die hier vorgeschlagene Aenderung ist vom Handelsstande mit Freuden begrüßt worden. Zweifel könnte vielleicht die in Aussicht genommene jährliche Gebühr für die Postabholungsfächer hervorrufen. Jn Bayern hat man sich mit ciner einmaligen Gebühr von 18 Æ begnügt. Da es sih-aber um eine dauernde Leistung handelt, dürfte die jährlihe Gebühr vor- zuziehen sein. Ob dafür 12 oder 18 G zu zahlen sind, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Einer fommissarishen Prüfung bedarf die Sache nicht. ; l

Abga. Dr. Müller-Sagan (fr. Volksp.): Auch ih halte eine (e ( s U) i tommissarishe Berathung niht für nothwendig. Durch die neue Einrichtung wird die Post entlastet. Gegen die Gebühr habe id nihts, wohl aber dagegen, daß wir hier dem Verordnungswege einen weiteren Spielraum überlassen. Die Firmen haben bei dem Telephon verzeichniß s{lechte Erfahrungen gemacht. (&s müßte etne bestimmte (Grenze gesteckt werden, bis höchstens 20 ffX Jm übrigen freut es mi, daß der jetzige Leiter der Neichs-Postverwaltung fich den An forderungen des Verkehrs gewachfen zeigt, und ih will hoffen, daß von der Einrichtung der weiteste Gebrauch gemacht wird.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

JIch kann dem Herrn Vorredner nur versichern, daß ledig- lih die Pflege der Verkehrsinteressen maßgebend gewesen für den Geseßentwürf, den ih hier dem hohen Hause unter- breitet babe. Er ist, wie auch der Herr Abg. Dr. Schädler hervorgehoben hat, aus Wünschen der Handelskammern und der Geschäftswelt hervorgegangen, die auch bei den Ver- handlungen, die im Reichs-Postamt mit den Interessenten stattgefunden haben, immer wieder geltend gemaht worden sind. Wir haben feit einer Reibe von Jahren zwei Aemter im Reichs - Postgebiet zur hraktisWen Erprobung der vershließbaren Abholungsfächer eingerihtet, dás eine in Bremen, das andere in Manun- heim, und è&s hat sich bierbei {hon gezeigt, welch großer Unterschied es ist, ob wir die Einrichtung bei Neubauten oder in bereits bestehenden Gebäuden treffen. Jn Bremen hat die Ein- rihtung beinahe 30 000 Æ, in Mannheim aber noch nicht 6000 M gekostet. In Mannheim war damals bei der Einrihtung im Jahre 1882 ein neues Gebäude zu erbäuen, in Bremên mußte die Ein- rihtung in einem \{on bestehenden Gebäude getroffen werden. Wir haben es zur Zeit meistentheils mit bestehenden Gebäuden zu thun;

die Kosten der Einrichtung der letter boxes werden daher überall erbebliche sein.

Dann, meine Herren, ist es jedenfalls besser, eine jährliche Abgabe zu erbeben, wie der Herr Abg. Dr. Schädler bereits hervorgehoben hat, als eine einmalige. Glauben Sie niht, daß durch die Ein- rihtung der Fächer eine Entlastung der Postverwaltung eintritt. Wir kommen nur den Bedürfnissen weiter Kreise entgegen, die heute mit großen Schwierigkeiten zu fämpfen haben, daß sie alle an den Ausgabeschaltern thunlihst s{chnell abgefertigt werden. Ganz anders werden fünftig die Verhältnisse liegen, wenn jeder an sein Fah gehen und dort direkt abholen fann. Aber die Herren mögen auch geneigtest bedenken, daß wir besondere Beamte halten müssen, die die Sortierung in die einzelnen Fächer vornehmen; wir müssen näinlih besonders sorgfältig fortieren, um zu vermeiden, daß die Briefe in das unrichtige Fach gerathen. Ich glaube, Herr Dr. Müller (Sagan) wird mir auch zugeben müssen, daß eine wesentliche Entlastung für unsere Briefträger niht stattfinden wird. Der Briefträger muß feinen Weg doch machen, ob er einige Briefe fünftig weniger auszutragen hat. Auss{laggebend für unsere Unkosten sind wesentlich die theueren Sortierbeamten, die wir infolge der Neueinritung zweifellos halten müssen. Es erwachsen der Ver- waltung also nicht nur einmalige Einrichtungskosten, sondern auch laufende Unterhaltungskosten für Perfonal und dergleichen.

Ich möchte mih aber auch gegen die Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Müller (Sagan) wenden, betreffend die Zuschlags- gebühr für die Eintragung in das Fernsprechtheilnehmer-Verzeichniß. Meine Herren, wir haben im allgemeinen öffentlichen Interesse den Wunsch, die Fernsprehtheilnehmer-Verzeichnisse möglihst einfach zu gestalten, also wir sind dagegen, daß besondere Zusäße gemacht werden. Bekanntlich erfolgt die einfache Eintragung umsonst. Anders liegt es, wenn eine Firma irgend eine Empfehlung oder weitere Nachrichten diesem Buche einverleiben will; dann sind wir theurer, aber nicht etwa, um daraus eine Einnahme für uns zu schaffen, nein, um nicht das Buch bis ins Unendlihe anwahsen zu lassen. Es fann für. keinen Theilnehmer erwünscht fein, ein Buh etwa wte das Berliner Adreßbuch zu bêékommen, fondern er will ein leiht handlihes Buch haben. Also wir betrachten diese erhöhte Gebühr mehr als Prohibitivzoll, wir wünschen eben nicht, daß jemand über den Rahmen dessen, was er umsonst bat, wesentlich hinausgeht, und Herr Abg. Dr. Müller wird mir zugeben müssen, daß das allgemeine nteresse dahin geht, das Buch nicht zu umfangreich zu gestalten.

Bei dem Ihnen vorliegenden Geseßentwurfe, meine Herren, empfiehlt es fich meines Erachtens nicht, einen Höchstsaß wie Herr Dr. Müller vors{lägt, bis zu 20 ( in das Geseß aufzunehmen. Wenn wir fo tbeuer werden, meine Herren, kommt eben niemand, das liegt in der Sache selbs, und warum Einengungen machen, die meines Erachtens höchstens dazu” führen können, daß die Entwickelung der neuen Maßnahme niht \}o erfolgt, wie es das allgemeine Interesse wünschenswerth maht. Wir wünschen, uns keine weiteren Einnahmen zu hafen, als zur Deckung der durch die Neueinrichtung entstehenden Kosten nothwendig ist. Wenn die Herren den früheren § 8 des Posttargesezes nachsehen, so heißt es da: Gefachgebühren für abzuholende Briefe kommen nicht zur Erhebung —, und jeßt soll es beißen: es können Gebühren erhoben werden, fofêrn die Postverwaltung dem Empfänger auf Antrag ein ihm unmittelbar zugängliches, vershließbares Abholungsfah überläßt. Die verbündeten Negierungen haben sich ja übrigens schon festgelegt durch die Be gründung, in der am Schluß steht : Die Vergütungen follen zunächst auf jährli 12 bezw. 18 M festgeseßt werden. Es können ja aber andere Verhältnisse kommen, und das wird Herr Dr. Müller (Sagan) mir auch zugeben müssen, daß es niht wünschenswerth ist und den Interessen des Verkehrs nicht entspricht, bei jeder Aenderung, die dieser ge- bieteris{ fordert, immer erst wieder an das hohe Haus kommen zu müssen. Vergegenwärtigen Sie sid, meine Herren, was Herr Abg. Schaedler angeführt hat, z. B. die Frage der Badeorte. Da ist vielleiht ein Seebad, das bloß

Umständen

die bier gewünscht wird nätinlich, daß leberlafsung der Fächer durch die naturgemäße Korrektur hat sie darin, daß einfach, n wir mit der Gebühr zu hoch binaufgehen, kein i benußten wird. Ich bitte daher, meine Herren, genehmige! des Gesetzes, wie sie Ihnen seitens der verbündeten Regierungen vorgelegt ift. Abg=+ Dasbach (Zentr.) tritt für den Vorschlag des Abg. Müller, eine Marimalgrenze von 20 A festzuseßen, ein. Damit schließt die erste Lesung. Jn der zweiten Lesung erklärt der Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski: Meine Herren! Ih möchte mi noch einmal gegen den Antrag wenden. Wenn die Herren geneigtest mal die Verfassung des Deutschen Neiches nachsehen, fo lautet Art. 48 Die im Art. 4 vorgesehene Gesetzgebung des Reichs in Post- und Telegraphenangelegenheiten erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung nah den in der norddeutschen Post- und Telegraphenverwaltung maßgebend gewesenen Grundsätzen der reglementaris{hen Festseßung oder administrativen Anordnung über lassen ist. Wenn Sie im weiteren dann § 50 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Neichs vom 28. Oktober 1871 nachlesen, so ist dort vorgesehen, daß die Festseßung folher Gebühren dem Reglement vor behalten ist. Eine Mitwirkung des Reichstages bei der Festseßung older Gebühren ist nicht vorgesehen, und ih muß das hohe Haus bitten, nit durchß Annahme des Müller'shen Antrags Schwierigkeiten hervorzurufen. Ich glaube, die Materie is bei ihrer Einfachheit nit dazu angethan. Wenn einer der Herren Redner bei der ersten Berathung die Nothwendigkeit der geseßlichen Festlegung der Ge- bühren betont hat, so muß ich dem entgegenhalten: fo wichtig ist doch die ganze Sache niht, um ein Durchbrechen der hier thatsächlich vorliegenden geseglichèn Bestimmungen resp. der Bestimmung, wie sie im Artikel 48 der Verfassung vorgesehen ist, zu rechtfertigen. Abg. Dr. Müller - Sagan hält seinen Antrag aufrecht. Man dürfe der Postverwaltung keinen Blankowechsel ausstellen. i Abg. Dr. Marco ur (Zentr.) befürwortet im Interesse der kleinen Geschäftsleute eine variable Gebühr. Es handele si hier um eine

reine Geshäfts- und Zweckmäßigkeitsfrage. Die Gebühr könne ja

drei Monate Betrieb hat. Soll ih da nicht unter | »f A oro H oh » or T5 or nen böheren Saß nehmen können? Denn» hier |

2A o n I A x » und n io wmd 7 7 E e id die mg nur drei Monate und niht wie anderwärts |

ertheilen. Jhre |

ie Aenderung

später sogar ermäßigt werden, nachdem die Einrichtungskosten einmal erledigt seien.

Abg. Dr. Dertel (d. kons.): Die Verwaltnng wird die Sache jedenfalls kaufmännisc betreiben und sie möglichst billig machen, um fie populär zu machen. Legen wir 20 4 fest, so nöthigen wir förmlich die Verwaltung, au einen solchen Saß zu erheben. Der Staats= sekretär ist ein fo guter Geschäftsmann, daß wir zu ihm volles Vertrauen haben können. :

Abg. Bassermann (nl.) befürhtet niht, daß die Einrichtung werde fiskalisch betrieben werden, und \priht fch deshalb für die un- veränderte Annahme des Gesetzentwurfs aus.

Abg. Dr. Müller- Sagan glavbt, daß sein Antrag nicht miß- verstanden werden könne. Er habe eine böchste Grenze beantragt.

Der Gesetzentwurf wird unverändert angenommen.

Darauf wird die zweite Berathung des Reichshaus- halts-Eiats für 1901 bei dem Etat für die Verwaltung des Reichsheeres, und zwar beim Extraordinarium des sächsishen Etats fortgeseßt.

_Gestrichen werden 261 000 6 zum Erweiterungsbau eines Feldfahrzeugshuppens in Baugen, 5000 A für den Entwurf des Neubaues eines Dienfstgebäudes und Kasernements für das Bezirks-Kommando I1 in Dresden, 250 000 H als erste Bau- rate zum Neubau eines Kasernements für eine Eskadron Jäger zu Pferde in Leipzig. Abgestrihen werden 100 000 F von den geforderten 350 000 s zum Neubau eines Dienstgebäudes für die Jntendanturen u. \. w. in Dresden.

Die Kommission schlägt ferner vor, 75000 # zur Be- schaffung und Einrihtung eines Militärbegräbnißplaßes für die Garnison Dresden zu streichen.

Abg. Dr. Oertel beantragt, als erste Rate 25000 # zu bewilligen.

Königlich fächsisher Bevollmächtigter zum Bundesrath, Major Krug von Nidda empfiehlt die Annahme dieses Antrags und tritt der in der Kommission geäußerten Befürchtung entgegen, als könnte künftig jede Militärgemeinde einen eigenen Friedhof beanspruchen und von der Zivilgemeinde die Hergabe des Terrains fast unentgeltlich verlangen. Jn Dresden handle es \sich um ganz exceptionelle Ver- hältnijte.

Abg. Dr. von Frege-Weltzien (d. konf.) erklärt sich für den Antrag Oertel.

Abg. Gröber (Zentr.) glaubt, daß man die Rechtsfrage voll- ständig bei Seite lassen könne, ohne sich für die Zukunft zu engagieren.

Ünter Ablehnung des Kommissionsvorschlages werden dem Antrage Oertel gemäß 25000 A als erste Rate be- willigt. j :

Jm württembergischen Etat werden 5000 A für den Ent- wurf des Neubaus eines Dienstgebäudes nebst Kasernement für das Bezirks-Kommando in Ravensburg gestrichen.

Die Kommission s{hlägt ferner vor, 240 000 A zum Er- werbe und zur Herrichtung eines Exerzierplaßes für die Garnison Tübingen, leßte Rate, zu streichen.

Abg. Dr. Paasche (nl.) beantragt, 235 000 f zu bewilligen.

Königlich württembergisher Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ober-Kriegsrath von Schäfer befürwortet diefen Antrag.

Der Antrag Paasche wird angenommen.

Damit ist die Berathung des Militär-Etats beendet.

Es folgt die Berathung des Etats für das Rei chs- Militärgericht.

Dazu liegt folgende Resolution der Abgg. Gröber und Genossen vor:

den Reichskanzler zu ersuchen, zu veranlassen, daß die Ver öffentlihung einer Statistik über die Militärstrafsahen ergänzt wird dur eine Statistik über die bedingte und unbedingte Be- gnadigung in Militärstrafsachen.

Der Antragsteller weist darauf hin, daß die gewünschte Statistik für eine Verbesserung des Militärstrafrechts unbedingt noth wendig sei. Er sei in Veklegenheit gewesen, an welcher Stelle des Etats er seine Resolution beantragen solle. Vielleiht empfehle es si, die Ausgaben für das Reichs-Militärgeriht an die Spitze des Militär-Etats zu stellen.

Kriegs-Minister, General der Jnfanterie von Goßler:

Der Herr Abg. Gröber hat bei seiner mir bekannten Geistes \chärfe in diesem Falle das Formelle in den Vordergrund gestellt und ist auf die cigentliße Begründung der von ihm vorgeschlagenen NRe-

solution weniger eingegangen, weil er ganz geuau weiß, daß die Sache

1 Militär - Strafsachen rbaupt nicht giebt, und daß deshalb ion niht rihtig gewählt ist.

die unbedingte Begnadigung betrifft, fo hat der Herr Abg. Gröber darauf hingewiesen, es wäre erwünscht, für den Fall einer etwaigen späteren Aenderung des Militär-Strafgesezbuchs eine Statistik über diejenigen Vergehen, welde am meisten bei Be gnadigungen in Betracht kämen, zur Hand zu haben. Dieser Wunsch mag vielleicht bestehen, er {ließt aber die grundsäßlichhen Bedenken, die auf einem anderen Gebiete der Resolution entgegenstehen, nicht aus. Es handelt sich nämlich nicht um ein Begnadigungsrecht, weles für die einzelnen Kontingente von dem Kaiser ausgeübt wird, sondern dieses Begnadigungsrecht wird von den einzelnen Kon- tingentsherren, für die preußische Armee, also von dem König von Preußen, und zwar auf Grund der preußischen Verfaffung ausgeübt, die im Artikel 49 festseßt: „Der König hat das Necht der Begnadigung und Strafmilderung." Jch glaube nit, daß der Herr Abg. Gröber der Ansicht sein wird, daß eine Kontrole der Rechte der Landesberren dur die gesetzgebenden Faktoren des Reichs erfolgen fann, und daß der Bundesrath in der Lage sein wird, dieser Resolution, wenn sie beschlossen werden sollte, Folge zu geben. Auf Grund der Einwendungen, die vom staatsrechtlihen Standpunkte gegen diese Nesolution erboben werden müssen, kann ih nur befürworten, dieselbe abzulebnen, jedenfalls dürfte die preußishe Stimme im Bundesrath für diese Resolution niht abgegeben werden.

Abg. Beckh - Coburg (fr. Volksp.) macht darauf aufmerksam, daß es auch Begnadigungen gebe, die garniht vom obersten Kriegs herrn, sondern von anderen Kommandos ausgingen. Man müsse unterscheiden zwishen Begnadigung und Bestätigungsordre, also Voll streckbarkeitserklärung des Gerichtsherrn. Nach der Militär-Straf prozeßordnung seien die Militärgerichte in ihrer endgültigen Entschei dung unabhängig und nur dem Gefeß unterworfen. Nach der Inter pretation aber, die der Kriegs-Minister neulih den CREIRAgL O gegeben habe, handle es sih da niht um eine endgültige Entscheidung, sondern nm eine Art Gutahten. Der Gerichtsherr habe nur eine Vollstreckbarkeitserklärung zu erlassen, während dem obersten Kriegs herrn das Begnadigungsreht zustehe. Der Gerichtsherr könne mit seiner Vollstreckbarkeitserklärung eine Begnadigung nur verbinden unter Zustimmung des obersten Kriegsherrn nah Anhörung des Kriegs-Ministeriums. Die Verordnung, die dem wider- [prece, sei also mit dem Geseg nicht in „E R ringen. Allerdings könne der Finanz-Minister in seinem Pessort Strafmilderungen eintreten lassen, das stehe aber im Gejey. Bon einer Begnadigung und Strafmilderung durch den Gerihtsherrn stehe dagegen nichts im SEP Die Unabhängigkeit der Militärgerichte werde in Frage gestellt. Es sei zu wünschen, daß auch über diese Be-«

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