1901 / 64 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Mar 1901 18:00:01 GMT) scan diff

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auf Grund des PenKonsgeseßes einen Anspruch auf Pension baben. Die Aufnayme der Bestimmung über den Pensions- anspruch in das Gesey is der s{lagende Beweis dafür, daß der Gesetzgeber den Kreisarzt nit als vollbeshäftigten Beamten angesehen hat. Nach der gegenwärtigen Lage der Geseßgebung kommt also dem nit vollbeshäftigten Kreisarzt ein Anspruch auf Wohnungs- geldzushuß nicht zu. Nun kann ja die Gefeßgebung geändert werden, und der Antrag Ihrer Budgetkommission sieht auch eine solhe Aenderung vor. Aber es is doch immerhin mißlih, ein eben erst verabschiedetes Geseß, noch bevor es in Kraft getreten ist, iner Aenderung zu unterziehen.

Sehr viel gewitiger als die rechtlihen Bedenken find für die Medizinalverwaltung die Gründe der Organisation. Der niht voll- besoldete Krei8arzt bezieht, abgesehen von seinen privatärztlichen Ein- nahmen, ein festes Gehalt und außerdem für eine große Reihe amts- ärztlicher Handlungen Gebühren. Die Gebühreneinnahmen find an den verschiedenen Stellen außerordentlich verschieden; sie s{hwanken zwischen einigen wenigen, an manchen Stellen unter hundert Mark und mebreren tausend Mark. Wie es bisher gute und weniger gute Physikate gab, so wird es auch in Zukunft gute und weniger gute Kreisarztstellen geben. Die Medizinalverwaltung muß in der Lage sein, hier bis zu einem gewissen Grade ausgleichen zu können. Sonst würde ihr die Beseßung mancher Stellen gerade in den ärmlihsten Kreisen, für welche die Fürsorge eines Kreisarztes in erhöhtem Maße erforderli ift, völlig unmöglich gemacht werden. Die Medizinal- verwaltung muß hinfihtlich der Gewährung des Gehaltes na dem Be- dürfniß der einzelnen Stellen und Kreise bis zu-einem gewissen Grade indi- vidualifieren können. Dies ist keine neue Forderung. Allerdings beziehen gegenwärtig die sämmtlichen Kreisphysiker ein festes Gehalt von 900 H; daneben aber steht der Medizinalverwaltung ein Dispositionsfonds von 36 000 zur Verfügung, welcher bestimmt ist zur Gewährung von Stellenzulagen an Kreisphysiker in besonders {wer zu beseßenden Stellen. Dieser Disvositionsfonds soll zukünftig fortfallen. Der Ersatz dafür soll in dem Durchschnittsgehalt gegeben werden, sodaß die Medizinalverwaltung die Möglichkeit erhält, die Gehälter je nah dem Bedürfniß der einzelnen Stellen zwishen dem Mindestgehalt und dem Höcstgehalt abzustufen. Dieses Jndividualsystem ist, wie ih wiederhole, nicht neu. Es findet sih bei einer Reibe von Beamten- fategorien in gleichartigen Verhältnissen. Es {eint mir für die Kreisärzte in den nit vollbesoldeten Stellen angesihts der außer- ordentlichen Verschiedenheit in den örtlichen, in den amtlihen und in den Einkommensverbältnissen unbedingt erforderlih. Ih möchte glauben, daß auch Sie eine solhe Individualisierung als richtig an- ertennen werden.

Nun s{lägt Ihre Budgetkommission vor, neben dem Gehalt noch Wohnungsgeldzushuß zu gewähren. Das bedeutet einen Bruch mit dem Individualstellensystem. Ih möchte das an einem Beispiel er- läutern. Zu den Stellen mit reihen Gebühreneinnahmen gehören u. a. die Physikate in Altona und in Frank- frrt a. M. Die Medizinalverwaltung beabsihtigt, diesen Stellen nur das Mindestgehalt von 1800 Æ# zu gewähren. Tritt bierzu noch der Wohnungsgeldzushuß von 89 oder 900 Æ, so würde das feste Einkommen auf 2460 A und 2700 # gesteigert werden. Auf der einen Seite liegt zu dieser Steigerung kein Be-

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Kraft treten könnte. Deswegen bin ih in der Sache, was die finanzielle Seite der Sache betrifft, bereit, den Wünschen der Kom- mission gemäß ih weiß ja noch nit einmal, ob es au die Wünsche des hohen Hauses sind diese Mehrverwendungen zu machen, entgegenzukommen. Meine Herren, ih stehe genau mit meiner per- sönlidhen Ueberzeugung auf dem Boden des Herrn Kultus-Ministers, indem er die Bedenken gegen die Gewährung eines Wohnungsgeld- zushusses hervorhob. Zuvörderst bin ich mir als Jurist darüber gar- nicht zweifelhaft, und die Herren Juristen im Hause werden mir vielleicht beitreten, daß die Gewährung eines Wohnungsgeldzuschusses an einen Beamten, der zweifellos nicht im Hauptamt fungiert, sondern im Nebenamte, wo wir sogar in dem Geseße das Amt als dur Personen im Nebenamt und im Hauptamt bekleidet bezeichnen, daß, sage ih, nach dem Geseß über den Wohnungsgeldzushuß und nach dem Pensionsgeseß, die in dieser Beziehung übereinstimmen, wir es hier mit einem Beamten im Nebenamt zu thun haben, einem Beamten, der „nebenbei“ beschäftigt ist und daher einen Wohnungs- geldzushuß nicht erhalten darf.

Der Herr Berichterstatter hat ih merkwürdigerweise darauf berufen, daß wir diesen Mann durch ausdrücklihe geseßliche Gewährung des Pensionsrechtes der Gebühren bereits zu einem Manne im Hauptamte erklärt hätten. Wenn das geschehen wäre, fo dürfte er gar feine Nebenbeshäftigung treiben, wie das bei einem Beamten im Hauptamte der Fall ist. Aber umgekehrt, wenn der Beamte unter den Begriff eines „Beamten im Hauptamte" gebracht werden sollte, so giebt es doch nur zweierlei: entweder Beamte im Hauptamte, oder Beamte im Nebenamte; im ersteren Fall hätten wir ibm nit dur eine besondere geseßlihe Bestimmung ausnahmsweise die Pensionsberechtigung zu geben brauchen. Gerade, weil wir an- nahmen: an und für sich hat dieser Kreisarzt im Nebenamte eine Pensionsbere{tigung nit, haben wir dem allgemeinen Wunsch ent- sprechend, auch* den Gebührenbezug pensionsberechtigt zu machen, aus- drücklich und ausnahmsweise das Pensionsreht gegeben. Daraus folgt, wenn die Frage: wo beginnt das Recht auf Pension? im allge- meinen identisch ist mit der Frage: wo beginnt das Recht auf Wohnungsgeldzushuß? daß es völlig klar ist, daß man zwar wohl ausnahmêweise das erstere Ret, aber niht das zweite geben wollte. Dann hätten wir damals das Gese au in dieser Beziehung ändern müssen.

Fh glaube, wenn die Herren das prüfen, dann werden fie mir Recht geben namentlich die Herren Juristen in diesem hohen Hause daß, wenn das hohe Haus darauf bestände, Wobnungsgeld zu gewähren, wir dann ein besonderes Gese machen müßten. Das ist doch immer nihcht angenehm, nun wieder mit einem besonderen Gese ein anderes, das eben erft abgeschlossen ist, wie der Herr Kultus-Minister schon gesagt hat, zu ändern. Dagegen, wenn Sie sich entschließen, statt des Wohnungsgeldzushusses denselben Betrag durch Erhöhung des Mittelsaßes der Gehalte zu gewähren, dann brauchen wir kein Geseß, dann fönnen wir die Sache ohne weiteres erledigen. Wir brauchen dann au keinen Nactrags-Etat : wir®können den Etat dann gleih auf diesem Gebiete ändern.

Nun möchte ih aus meiner eigenen praftischen Erfahrung noch die Ausführungen des Herrn Kultus-Ministers, der sagt, es ist sachlich der Wohúungsgeldzushuß unzweckmäßig, den Herren ans Herz legen. Mir sind aus der Praris viele Fälle bekannt geworden, wo es {wer

dürfniß vor; andererseits erfolgt die Steigerung auf Kosten der bedürftigen Stellen und der bedürftigen Kreise. Als | Grund für die Gewährung des Wohnungsgeldzushufses wird an- geführt, daß diese Gewährung in dem Kreisarzte das Beamten- bewußtscin und das Beamtenpflichtgefühl mehr wecken würde. Ih möchte das als Trugs{luß bezeichnen und glauben, daß dem Wohnungs- geldzushuß eine zu große Bedeutung beigelegt wird. Ich nehme nicht an, daß nur ein einziger Kreisarzt aus der Gewährung oder von Wohnungsgeld irgend welhe Rückshlüsse auf aft und seine Amtspflihten ziehen wird. Weit ] einen mehr oder minder |

s Bewußtsein amtlicher Pflichten zuschreiben

die Gründe für die Gewährung von Wohnungsaeldzushüssen niht anerkennen. Ih muß vielmehr be- fürchten, daß die Einführung von Wohnungsgeld das Individualsystem der Besoldungso dazu führt, daß die an ih schon bevorzugten en noch weiter bevorzugt werden, und zwar auf Kosten der ärmeren Ich bitte das hok Staatsregierung z1 gehalts auf den

eóbhalb dringend, den Vorschlägen der

emessung des Durchscnitts-

] von 2700 A habe ich feinen

, sehr tüchtige Kräfte für die Kreis-

Medizinalverwaltung zu gewinnen und damit die erste und beste

Grundlage für eine gedeihliche Entwidelung und Förderung des Ge- sundbeitswesens au in den ärmeren Bezirken zu s{haffen.

(Bravo!

Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel: i

Meine Herren! Der Herr Kultus-Minister hat Ihnen shon gesagt, daß die Staatsregierung bereit ist, den Betrag, der zu verausgaben wäre dur die Gewährung von Wobnungsgeldz in einer | rehtlich und thatsählih gesicerteren geben; aber s{chweres Bedenken hat fie, i in der Form des Woh- nungsgeldzus{husses selbst zu gewähren. J babe mi perfönlich zu diesem Zugeständniß nit ents{lossen, weil ih die Regelung der Ge- halts- und Bezugsverbältnisse der Kreisärzte nah der Vorlage für | unrichtig oder ungenügend hielt; “aber einestheils ift man ja bei den heutigen Gepflogenheiten der Parlamente {hon gewohnt, daß di bereitgestellten Geldmittel nach oben abgerundet werden (Heiterkei und deswegen ist einem das gerade nicht etwas so besonders Neu (Heiterkeit.) Aber andererseits kann man ja über einen Betrag in diefer. bei einer neuen Organifation naturgemäß vers{iedener Meinung und ich vor allem habe mich deswegen ents{lofsen, jeßt noch dieses Zugeständniß zu machen, weil ih dringend mit der Staatsregierung, nainentlib mit dem Herrn Kultus-Minister wünsche, daß dem Inkraft- treten des Gesetzes zum 1. April keinerlei Hindernisse bereitet werden. Die Sache ist nun {hon einmal länger hingezögert, ein ganzes Jahr, die Vorbereitungen sind sehr weit gediehen, es sind dadurh Verhbält- niñe persönlicher Natur entstanden für Kandidaten, welche auf solche

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1. April vorbereiteten, vielleicht für ihre Wohnungsverhältnisse hon Anordnungen getroffen haben. Es würde bei der jeyigen Sah- lage im höchsten Grade mißständlich sein, wenn das Gesey am

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1. April wegen einer Differenz mit dem hohen Hause niht in

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hielt, einem tüchtigen Mann auf dem Unde eine Kreispbysikerstelle zu übertragen, bei dem geringen Gehalte, den er bisher bezog. Es is häufig auf dem Lande . keine genügende Privatpraris da. In einer ärmeren Gegend ist heute der Gewinn

| aus der Privatpraris gering und die Gebühren find erst recht gering.

Da nun belfen zu können, ist für die ganze Gegend von Wichtigkeit man liest häufig genug ausgeschriebene Aerztestellen, die niht beseyt werden fönnen wenn man gerade in folchen Verhältnissen den Gehalt möglihst boch stellen kann, während man vielleicht in den Städten gar feinen Gehalt brauchte und doch genug Aerzte bekommen könnte. Da ift die Stellung eines Kreisarztes an sich {on einträglich: sie fördert das Vertrauen, die Praris, und das Drängen der Aerzte auf Uebertragung von folchen Stellen ift in den Städten sehr ver- breitet. Hier thun Sie nun genau das Gegentheil, meine Herren. Wir wollen doch dem Lande eine Wohlthat erweisen, wir wollen der ländlichen Bevölkerung, die in dieser Beziehung oft. in der größten Schwierigkeit, in viel gröferer Schwierigkeit ist, unter die Arme greifen. Dem Kreitarzt auf dem Lande, in einem kleinen Orte geben Sie einen geringen Wobnungsgeldzuschuß und dem vielleicht mit boben Gebühren \{on dotierten Arzt in den großen Städten *geben Sie zuagleih auch den hohen Wohnungsgeldzushuß der großen Städte, indem sie den anderen den Betrag entziehen.

Ich habe lange garnicht begreifen können, warum gerade der doch in diesen Dingen so erfahrene Herr Berichterstatter Winckler fo ent- schieden auf der Forderung des Wobnungsgeldzuschusses besteht. Erst beute ist mir aus seinen Auéführungen die Sache klar geworden. Er sagt: Das ist doch eine zu große diskretionäâre Befugniß, wenn man diefe Art von Befoldungsregulierungen der Regierung iîin die Hand giebt; das müssen wir verhindern und daher müssen wir eine feste geseglihe Bestimmung über den Bezug des Wohnungsgeldzuschusses baben, damit die Diskretion nicht zu groß wird. Meine Herren, der Wobnungsgeldzushuß beträgt doch von dem Gebalte nur einen gerîitgen Theil. Wenn Sie 759/94 Diskretion geben, so sollten Sie nicht aus einem meiner Meinung nah in keiner Weise berechtigten Mißtrauen ih werde darauf gleich noch kömmen 25% unzweckmäßig verwenden, und so liegt die Frage eigentlich. Die Unzweckmäßigkeit dieser Verwendung habe ih {hon auseinander- geseßzt. Aber, meine Herren, der Herr Berichterstatter hat selbst zu- gegeben, daß die Regierung in der Kommission durch Erklärungen alles gethan hat in Beziehung auf die Art der Ver- wendung des Gehalts, zu welhem nah meiner Meinung auch der Wohnungsgeldzushuß gehören follte, um Willkürlich- feit auszuschließen. Wenn die Höhe des Gehalts wesentlich nah dem Gebührenbezug si richtet, so ist die Feftsezung des Gehalts do ein mathematishes Exempel. Da ift von einer Willkür garnicht die Rede; ih wüßte auch garniht, wo die Willkür herkommen follte. Man fann doch unmögli annehmen, daß ein preußishes Ministerium etwa aus Begünstigungsgründen solhe Gehaltskategorien maht. Der Herr Kultus-Mirtister wird, wie ih höre, niht jeden einzelnen Fall besonders behandeln und willfürlich verändern können, sondern im Großen und Ganzen Kategorien machen, sodaß man also nah den Gesammtvérhältnissen den betreffenden Kreisarzt gewifsermaßen in eine Gehaltéffala einreiht. Das {ließt auch {hon die Willkür aus;

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ih glaube - überhaupt niht an eine Willkür. Aber, meine I die Art der Gehaltsordnung ist do hier so viel: berathen worden so offenbar vom hohen Hause gebilligt, man kann fie aus, wenn man vernünftig regeln will, garniht anders machen, weil dieg |

bestimmte Verhältniß zwishen Gebührenbezug und Gebaltshöhe naty, gemäß rein individueller Natur ist; eine feste Regel beim Wohnungs,

geldzushuß kann man überhaupt nihï daraus fkonstruieren. Sol J

man Kreisärzte im Nebenamt hat mit dem Recht auf Gebüh

und Privatpraxis, konnte man die Gehaltsverhältnisse garnicht ver, nünftig anders ordnen, als es hier geschehen ist. Jn dieser Beziehung J ist au der Herr Berichterstatter ganz zufrieden; er giebt felber zu, j

daß man das nit anders machen fann, und deshalb, meine i, follie man fonsequent sein und den Wobnungsgeldzushuß fallen lassen, dagegen den Aerzten die Erhöhung des Gesammtbetrages auf den Gehalt zus{lagen.

Ich möchte bitten, meine Herren, wenn Sie das uicht obn F weiteres im Plenum thun können, aber do der Sache geneigt wären, | die Frage zu einer ja nur verhältnißmäßig kurzen Berathung in diz | Budgetkommission zurückzuweisen (Bewegung) und nah der jeßigen |

Stellung der Staatsregierung die Sache wenigstens noch einmal zy

erwägen. Eine wesentliche Verzögerung des Abschlusses des Haupt. j Etats kann ja dadurch nit herbeigeführt werden. Um fo meh, | ist es räthlich, wenn die Sache nochmals in d- Y

glaube i, Kommission geprüft wird, als die Kommission ja deu ‘guten Wilk | gehabt hat, den Kreisärzten noch etwas mehr zuzuwenden und nig minder eine mögliche Willkürlichkeit der Staatsregierung au zuschließen. Das ist ja alles zugegeben, aber wir haben fehr viele By

stimmungen in unseren Geseßen, die aus einem in fih unbegründeta # Mißtrauen hervorgegangen sind; ich könnte Ihnen ja viele Para j graphen aus der Strafprozeßordnung nennen, die lediglich dadur in dieser Form entstanden find, und dieses Mißtrauen war, wie sh | später zeigte, an si durhaus unbegründet. Jch glaube, Sie können | bier das Vertrauen haben, daß auch hier wegen des einen Viertels de *

Gehalts ebenso wenig verkehrt verfahren wird, wie es mit den drei

Vierteln unter allen Umständen der Fall sein würde, und empfehle 4

JFhnen daher noh einmal die Beseitigung des Wohnungsgeldzuschusses

und die Erhöhung des Gehalts, mit denen wir uns ohne weiteres ein: |

verstanden erklären können. Die rechtlihen Zweifel fallen dann voll:

ständig weg, wir brauen dann fein Gese, nah allen Richtungen wird die Sache einfacher und sahlich zutreffend. (Bravo! rets, an- #

haltende Bewegung.) Abg. Im Walle (Zentr.): Der Vortrag des Referenten, der ein

getreues Spiegelbild der Verhandlungen gab, hat mit Recht den Nachdruck *

darauf gelegt, daß troß der großen Schwierigkeiten, die fich ergaben, diz \{ließlihenBeschlüsse fast sämmtlich cinstimmig gefaßt find. Das Zentrun giebt dem System der Regierung, die Frage der nicht vollbesoldeten Kreisärzte individuell zu regeln, den Vorzug. Die eben gehörte Grklärung über die Absicht der Regierung, statt des Wohnungsgeldzufchusses eine Erhöhung des Durhschnittsgehaltes eintreten zu lassen, wird ja gewiß im Lande mit Freuden vernommen werden. Es bleibt freilich dz 2Iweifel, ob nicht dadur, daß alles in dem Ermessen der Regierung ver leibt, doch in Wirklichkeit in einzelnen Fällen Härten eintreten fönnta Wir haben aber das Vertrauen zu der Regierung, daß fie das woll verstandene Interesse des Landes auch hier wahrnehmen wird, m stellen uns auf den Standpunkt, den der Kultus-Minister so

entwidelt hat. Eine andere Frage ist die, ob niht das jeßt voni

Kommission auf 1800 Æ bemessene Mindestgehalt noch erhöht wtta

müßte; wir beantragen aus diesem Grunde die Zurückverweisungtt

Etatstitel an die Kommission zur nochmaligen Erörterung. Im

gemeinen ift die Regierung unseren fämmtlichen Wünschen fo læü

entgegengekommen, daß wir uns zu diesem Ergebniß nur beglük wünschen können.

Abg. Dr. Martens (nl.): Welche Schwierigkeiten die Matere hat, beweist am besten der ausführliche Bericht des Referenten, welchen au wir ihm nur unseren bésonderen Dank ausf\preda können. Der Redner entwickelt dann eine Neihe von Bedenken gege die finanzielle NOSARG, wie sie im Etat vorgesehen und - von de Kommission gebilligt worden is. Seine Ausführungen find aber nur zum theil zu verstehen. Anscheinend befürchtet det Nedner, daß die Einnahmen des Kreisarztes nah dem vor ges{lagenen System mit den höheren Lebensjahren, ü denen die Bedürfnisse und Ansprüche sich erhöhten, nicht mitsteigea, sondern sinfen würden. Prinzipiell balte er auh die. Gewährung Wohnungsgeldzushusses für das Richtige und könne den Gegengründen feine aus\hlaggebende Bedeutung beimessen. Der Wohnungégäld zushuß schaffe einen Ausgleih der Verschiedenheit der Gebühren un vermindere die Spannung zwischen den Mindest- und den Höchstsäßa des Gehalts ganz beträchtlich. Dem Antrag auf Zurückverweisuy an die Kommission {ließt der Redner sih an.

Abg. von Loebell (kons.): Die hinsihtlih der Befoldung

der Regierung und von der Kommission gefundene Regelung hat 8

allgemeinen die Zustimmung meiner Partei gefunden. Es ist nitt gut thunlich, von der Festseßung eines Grundgehalts abzusehen. Zu der Frage des Wohnungsgeldzuschusses stehen wir aber anders als d Regierung. Daß der Wortlaut des Kreisarztgeseßes unserer Aus- fassung widerspräche, kann nicht behauptet werden; ebenso wenig lä! ih ctwas Widerspreendes aus dem Wortlaut des Pensionsgeseße® berauslesen. Nach der ganzen Zweckbestimmung des Kreisarztgeseß& ist der größte Werth darauf zu legen, daß die Kreisärzte voll und ganz Beamte sein sollen, die \sich ncht mit der Privatprarts entschuldigen können, wenn fie zur Ausübung staatlicher, amtlicher Funktionen berbeigezogen werden. Der Kreisarzt foll die Privatprars ausüben, aber nicht damit der Staat svart, sondern damit der Arzt mit dem praktischen Leben in Verbindung bleibt. Hiervon ausgehend, fönnen wir nit zugeben, daß den Kreisärzten jeßt der Wohnung?- geldzuschuß verweigert wird. Die Herren sind in erster Linie Beamle und dann Privatärzte, niht umgekehrt, wie man es heute darstellen will. Ein besonderer gesetzgebkrisher Akt ist zur Gewährung, wie ih nachgewiesen zu haben glaube, nit erforderlich; sollten wirkli

Ungleichbeiten die Folge sein, sollte eine Stelle anders nit zu beeyen sein, so kann jeden Augenblick die Regierung dadurch abhelfen, day die Stelle zu einer vollbesoldeten mat. Nicht aus Mißtrauen wollen wir nicht alles dem diskretionären Ermessen der Regierung überlafjen, sondern weil wir eine feste Organisation wünschen. Wir halten deë- halb an dem Wohnungsgeldzushuß fest und sähen es lieber, wenn dié Angelegenheit noch ein Jahr zurückgestellt würde, als daß cin Stúd- werk geleistet wird. Für die Zurückverweisung würden wir daher erst dann sein, wenn die Resolutionen der Kommission abgelehnt würden.

(Séhlufß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

i; 64.

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(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Yize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister J; von Miquel: :

gh will ausführlicher auf die Sache nicht zurücfommen;_ ich „ill nur die Konsequenz, die der Herr Vorredner felbst, wenigstens -- die von ihm zugegebenen möglichen Fälle gegeben hat, daß, wenn Jan eine geeignete Besoldung und Gebührenbezug für den Physikus f dem Lande nicht haben könne, man nah diesem System des Kohnmgsgeldzushufses einen vollbésoldéten Beamten einstellen iste, ziehen. Also wenn der Physikus im Nebenamte nicht genug : thun hat, so foll man in die Stelle desselben einen Mann ein- llen, der auss{ließlih, ohne Gebührenbezug und ohne Privatpraxis, :aatégehälter beziehen würde. Das is} allerdings die Konsequenz; „x diese Konsequenz beweist eben die Unzweckmäßigkeit des Vor- ¿sages, den der Vorredner vertheidigt hat. Vollbesoldete Beamte und das ist eben das gewesen, was die fonservative Partei immer rtreten hat soll man nur da haben, wo die Beschäftigung des Physikus stark ist, daß sie im Nebenamte nit mehr versehen werden kann. Hier n wir nun auf dem Lande s{wach beschäftigte Physici im Neben- te, die wenig oder gar keine Gebühren beziehen. Die Stellen will X besetzen mit einem vollbefoldeten Beamten, der, wenn ich den \ platten Au8druck gebrauchen darf, darauf angewiesen ist, sein t zu beziehen, im übrigen aber Maulaffen feil zu halten. veiterteit.) Meine Herren, Sie sagen, Sie wollen diesen praktischen denn das is sein Wesen, zu einem vollen Beamten machen, d 8 diesem Prinzip heraus wünschen Sie, daß er den Wohnungs- dzushuß beziehe. Glauben Sie denn, daß Sie einen Arzt, der serer Zeit mit Privatpraris beschäftigt ist und s) mit niliher Thätigkeit, wofür er Gebühren bezieht, durch währung von Wohnungsgeldzus{uß zu einem wirklichen Gihäftigten Beamten machen? Er bleibt immer ein amier im Nebenamt, ob Sie ihm den Wohnungsgeldzushuß geben ri6t; das ist vollkommen gleichgültig. Ebenso wie ein Ober- ire nicht Richter wird, wenn Sie ihm den Titel Assessor geben ;

, bleibt immer Oberlehrer. (Heiterkeit.)

(s ist mir sehr angenehm, zu hören, daß der Herr Borredner {fich vor fürchtet, daß, wenn man jeßt keinen Wohnungsgeldzuschuß gäbe, n in spâter fordern würde. (Abg. von Loebell : Sicher!) Ganz nd gu niht. Die Lage dieses Arztes ist gar nicht für einen Vohnmzégeldzushuß angethan. Aber ih kann doch ebenso gut sagen, a Sie ihm jeßt den höheren Gehalt nit geben, was die Regie- 7 m anbietet, nämlih 450 M dur{s{nittlich mehr, dann kommt r udher und fordert einen höheren Gehalt, und das wird er doch n se eber thun, je größere Mißstände in der Praxis aus dem BdagSgeldzushuß sich ergeben, wo die Aerzte in den großen Sm mit hohem Gebührenbezug einen hohen Wohnungsgeldzus{huß immen und diejenigen auf dem Lande mit einem unbedeutenden Vinungsgeldzuschuß zufrieden sein müssen; dann wird Unzufriedenheit, # werden die Klagen kommen, dann wird man fagen, das ist eine lihmäßige Behandlung, und dann wird man sih allerdings der bung des Géhaltsbezuges nicht entziehen können. Also i glaube, è Gefahr, daß ein wêiteres Drängen nah Gehaltserhöhung ent- bit ist mindestens in beiden Fällen gleich. Aber hier besteht n: ganz bestimmte Grenze in der Höhe des Marimalbezuges. Denn, iben Sie für die Kreisärzte die Mittelsäße des Gehalts allzu sehr, h wird die Erschwerniß, die heute hon vorhanden ift, tüchtige Aerzte #r Annabme der vollbesoldeten Stellen zu bewegen, ja natürlich noch

Berlin, Freitag, den 15. März

Das Haus geht dann zu den einmaligen und außer- ordentlihen Ausgaben über. Bei der Forderung von 3800 als leßter Nate für die Berliner Sternwarte zu Untersuhungen über das Wesen der Elektrizität im Weltraum äußert fich

Aba. Wetekamp (fr. Volksp.) über die Möglichkeit, mit Hilfe der Kathodenstrahlen die Leuchtkraft der Gestirne zu messen, und empfiehlt die weitere Bewilligung der Mittel für diesen Zweck. Die Kathodenstrahlen hätten au für die Heilkunde eine große Bedeutung gewonnen. Er bittet deshalb die Regierung, das Institut weiter zu erhalten und es auf das Ordinarium zu übernehmen.

Für die Universität Breslau werden zur Erweiterung der chirurgischen Klinik und zur Verbesserung ihrer Einrichtungen 85 000 F gefordert.

Abg. G othein (fr. Vgg.) bittet, im nächsten Jahre in den Etat für Breslau Mittel zur Herstellung eines Raumes für die Vor- s von praktischen Uebungen in der gerihtlihen Medizin einzu-

ellen.

Bei den Ausgaben für die Universität Halle werden zur Beschaffung eines Dampf-Dreschapparats nebst Glattstrohpresse für das landwirthschaftliche Jnititut 13 000 F gefordert. Auf Antrag der Kommission wird statt „Dampf-Dreschapparat“ ge- sagt: Dreschapparat. |

Bei den Ausgaben für die höheren Lehranstalten sagt auf eine Anregung des Abg. von Strombeck (Zentr.)

Geheimer Regierungsrath Dr. Matthias zu, E Grwägung der Verbesserung der räumlihen Verhältnisse des Gymnasiums in Heiligenstadt ftattfinden foll.

Nbg. Kindler - Posen (fr. Volksp.) bedauert, daß in der Pro- vinz Posen keine Gelegenheit zur Ausbildung für die Berufe im Handelsgewerbe geboten sei.

Zur Unterstüßung von Schulverbänden wegen Unver- mögens bei Elementarschulbauten sind 13 Millionen Mark ausgeworfen. O

Hierzu beantragen die Abgg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.) und Genoffen:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Negierung zu ersuchen, das in den beiden [leßten Sessionen geforderte Schul- dotationsgesez nunmehr baldigst vorzulegen. i

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (sehr {wer verständlih): Meine Freunde wären eigentlih nit in der Lage, füt die geforderten 13 Millionen zu stimmen, ehe uns niht ein Schul- dotationsgesetz vorgelegt ist. Auch mit dieser Summe von 13 Millionen ist man nicht im stande, die allerdringendsten Nothstände zu beseitigen, ohne gleichzeitig mit einer besonderen Ordnung der Schulorganisation vorzugehen. Die Beihilfen werden jeßt vielfa nicht bei den Stellen

fie am nöthigsten sind, und man weiß garnicht, ob die

verwendet, wo | Li 1 sind, u d Vertheilung sahgemäß und richtig stattfindet. Durch Geld kann

man auch die Uebelstände, die auf diesem Gebiet vorliegen, nicht obne weiteres beseitigen. Die ganze Bevölkerung ist von einer Unzufriedenheit auf diesem Gebiete durchdrungen, daß man wirklich fragen muß, wie es“ in diesen Zuständen ?o weit hat fommen dürfen. Jn vielen Gemeinden tragen gerade diejenigen, welhe die Schullasten veranlassen, nihts für die Scul- unterbaltung bei. Zustände, die vor 100 Jahren berechtigt waren, werden noch immer fonserviert. Das sind Dinge, die mit dem ge- sunden Sinn der Bevölkerung nicht im Einklang stehen. Der Minister kennt diese Uebelstände besser als ih. Er hat im Vorjahre eine Statistik über die Stenerbelastung der Gemeinden zugefagt. Ich weiß nicht, welhes Ergebniß sie hat, aber sicherlih das, daß die Lasten ganz bedeutend sind. In diesem Etatsjahre sind Hunderte von Millionen übrig. Das ist doch gewiß ein günstiger Moment, die Sache in Ordnung zu bringen. Die Basis, auf der man die neue Ordnung vornehmen kann, ist doch gegeben. Denn es ift klar, daf wir es nur auf Grund des Kommunalprinzips machen müssen. Be- reits bei 17 000 von unseren 30 000 Volksschulen erfolgt die Lasten- vertbeilung auf dieser Basis. Von der Zentralinstanz aus kann dle Sache - niht gemaht werden. Auch darüber ist ein Einverständniß erzielt worden, daß die neue Schulordnung_ die Konfessionalität der Volksschule keineswegs beeinträchtigen darf, Jondern he 1m Gegen- theil noch verstärken muß. Ich habe {hon vor einigen Tagen gesagt, daß meine Freunde auf dem Boden der konfessionellen Schule stehen,

fißer. Wenn jemand {hon einen Gehalt von 4000 hat im Nebenamte, fi it in der Praxis, Gebühren bezieht, dann muß ih diesem Mann d hon ganz außerordentliche Summen bewilligen, damit er überhaupt neigt ist, eine Stelle im Hauptamt anzunehmen, wobei- er auf alles dis verzichtet. Jch habe niht dagegen gesprochen, um das Gese ndt zu benahtheiligen, daß wir hier cinen Minimalsa von 0 A angenommen haben; es wäre wohl richtiger, gar inen Minimalsay festzuseßen; denn die Verhältnisse liegen küfig so, daß der Arzt schon dur die Gewährung dieser Stelle V eine solle gute Assiette kommt, daß das Gehalt ganz dagegen prücktritt. Aber einen hohen, einen höheren Minimalsaß zu nehmen, d würde, wie gesagt, aus dem Grunde bedenklih sein, daß man knn um so s{werer tüchtige Aerzte für das Hauptamt bekommt, und ß wir an manchen Stellen solhe brauchen, das kann gar nicht bitritten werden, obwohl ih ja von jeher auf dem Boden des Gesezes gestanden habe, daß nicht prafktisierende Aerzte, die gar keine Griahrung im Leben machen, die in ihrer Gelehrtenstube sigen, im {ijen Ganzen weniger geeignete Physici sind als diejenigen, die in d Praxis täglich alle Lebensverhältnisse weiter kennen lernen. Also, ih habe mih dur die Rede des Herrn von Loebell nicht davon über- fugen können, daß die Stellung der Staatsregierung in dieser Frage idt zutreffend ist.

Abg. Brütt (fr. kons.): Wir sind mit der Begrenzung des Yinimums uñd des Marimums der Gehälter einverstanden. Es muß

idividnalisiert werden ; der Wohnungsgeldzushuß ist aber das Gegen-

kil von Jndividualisierung. Wäre die Budgetkommission direkt # die Frage gestellt gewesen, den Wohnungsgeldzushuß oder den ihlag des Ministeriums anzunehmen, so hätte sie sich bestimmt den ersteren entschieden. Den sämmtlihen übrigen Anträgen ommission stimmt meine Partei zu. Besonders empfehlen wir Annahme der Resolution b. n s Geheimer Medizinalrath Dr. Kirchner vertheidigt gegenüber der gîn Aeußerung des Vorredners die erfolgte Zusammenlegung mehrerer euen Kreise zu einem Kreisarztbezirk und weist die Berechtigung Verwaltung zu solchem Vorgehen nes j L, Abg. von Hagen (Zentr.) erklärt sich gegen die Zusammenlegung M Kreise Meppen mit Lingen und Aschendorf mit Hümmling; tiven und Hümmling hätten zusammenbleiben müssen. ; Vusgeteimer Medizinalrath Dr. Kirchner erklärt sich gegen diesen

di Darauf wird die Diskussion geschlossen, und sämmtliche

le Kreisärzte betreffenden Titel werden mit den Anträgen der

mitission an diese zurückverwiesen. Die Denkschrift wird t erledigt erklärt.

und bier im Hause sind wohl nur wenige, die anders denken. Die Kon-

fessionalität ist in der Verfassung festgelegt und hat sih im Volk ein- gelebt. Wenn man die Gemeinden fragen würde, ob sie Simultanschulen baben wollten, wenn sie dafür gar keine Lasten“ hatten, wurden he Iagen: Nein, wir wollen konfessionelle Schulen. Im ganzen Land ist nur eine Stimme. Wir wollen eine konfefsionelle Schule haben, eine andere brauchen wir nit. Wir müssen also au beim Schuldotationsgeseß den konfessio nellen Charafter der Schule sicherstellen. Ich fand neulih bcim Minister ein gewisses Mißtrauen gegen uns. Meint er etwa, daß wir den Charakter der Schule als einer Staatsanstalt alterteren oder gar aufheben wollen? Nein, das wollen wir nicht. An dieser Grund- lage ändern wir nichts, sie läßt sih mit unserer Forderung der Kon fe))ionalität vollkommen vereinigen. Auf allen Seiten des Hauses besteht der Wunsch, etwas zu stande zu bringen ohne Bedrängung des Gewissens irgend einer Partei. Mag doch der Minister Vertrauen zu diejem Hause haben, er wird den Erfolg sehen, daß die Aufgabe gelöst werden kann.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Der Gegenstand des Ihrer Berathung unter- breiteten Antrages hat im vorigen Jahre das hohe Haus schon be- schäftigt, als es sih um die Erörterung der Interpellation der Herren Abgg. Baensh-Schmidtlein und Genossen bandelte. Jch hatte datnals die Ehre, im Namen der Königlichen Staatsregierung Ihnen zu erklären, daß ih die Mißstände voll anerkenne, welche die gegen- wärtige, so sehr verschiedenartige, zum tbeil veraltete und zu Härten führende Gesetzgebung über die S{ulunterhaltungslast mit \sih führe, und es als Aufgabe der Königlichen Staatsregierung bezeichnet, aus- gleichende Gerechtigfeit, namentlih auf legislativem Wege, eintreten zu lassen. Aber ih habe auch gleichzeitig hinzufügen müßen, daß die Schwierigkeiten , welde einer derartigen legis lativen Ordnung entgegenstehen, ganz außerordentlich groß seien, und daß, bevor niht cine genaue zifernmäßige Grundlage für die finanzielle Tragweite gewisser geseßgeberisher Anordnungen ge- wonnen sei, an eine definitive Gestaltung eines derartigen Geseß- entwurfs nit hérangetreten werden könne. Jch babe dabei mitgetheilt, daß zu diesem Zweck die Aufnahme einer Steuer-Statistik von der Regierung in Angriff genommen werden würde, und endlich hinzu- gefügt, daß, um die dringendsten Mißstände und Härten auszugleichen, welche in Bezug auf die Sculunterhaltungtlasten zur Zeit beständen, die Königliche Staatsregierung in Aussicht nähme, für den Gtat des Jahres 1901 eine Summe von 10 Millionen Mark über die damals {on zu diesem Zweck gewährten Beträge zur Unterstüßung von be-

dürftigen Schulverbänden bei Volks\culbauten bereit zu stellen.

1901.

Meine Herren, diese Zusage hat die Königliche Staatsregierung in dem Ihnen vorliegenden Etaisentwurfe erfüllt. Aber ih halte es für meine Pflicht, Ihnen au über das weitere Vorgehen der Unter- rihtsverwaltung Aufs{luß zu geben, um fo mehr, als Sie daraus auch die Stellung der Königlichen Staatsregierung zu dem vorliegenden Antrage entnehmen werden. Meine Herren, es hat, nachdem die Vor- bereitung zu der statistischen Aufnahme getroffen war, \ih das Stati- tische Bureau, wie ich voll und mit Dank anerkenne, mit großer Hingabe und großem Eifer der Aufgabe gewidmet, die umfassende Statistik der finanziellen Belastung der gesammten Gemeinden und Gutsbezirke des preußishen Staates aufzuarbeiten, nach einzelnen Kategorien getrennt, die dann einen Maßstab namentlich für die Be- lastung der éinzelaen unterhaltungspflihtigen Verbände zu Schul- ¿weden ergeben. Die Statistik ist der Hauptsahe nah abgeschlossen ; wie umfangreihß und \{chwierig das Werk war, mögen die Herren daraus entnebmen, daß über 21000 Rüfragen des Statistischen Bureaus erforderli gewesen sind, um Unklarbeiten und verschiedene, nit ganz. stimmende Angaben in dem Urmaterial zu beseitigen bezw. lar zu stellen.

Nachdem diese Statistik der Hauptsache na seit einigen Wocherr vorliegt, ist die Unterrichtsverwaltung an die \{wierige Aufgabe, heran- getreten, daraus ihre Schlüsse zu ziehen, und auf der Grundlage, die ja Ihrerseits bei den verschiedenen Erörterungen dieses Themas schon als die richtige angenommen worden ist, auf der kommunalen Grund- lage, gewisse geseßgeberishe Gedanken für die Schulunterhaltungslast in eine festere Form zu bringen.

Es hat si aber aus den statistishen Feststellungen hon zur Evidenz ergeben, daß mit der bloßen Durchführung des fommunalen Prinzips die Frage einer gerechten Regelung der Volks\{ullast nicht gelôst sein würde, daß namentlich dadurch die Unbilligkeit der Be- lastung der Gemeinden im Verhältniß zu einander nicht {on voll beseitigt sein würde, welhe darin befteht, daß leistungsshwache Gemeinden und Verbände erst bis zur vollen Ausnußung ihrer Steuer- kraft in Anspru genommen werden müssen, ehe der Staat helfend eintreten kann. Nach dieser Richtung eine gewisse Ausgleihung ein- treten zu lassen, ist eine der shwierigsten legislativen Aufgaben, zumal zu berücksihtigen ist, daß Gutsbezirke, Patronate, Schulsozietäten in Betracht kommen, bei denen bisher das Kommunalprinzip noch gar nicht besteht. Kurzum, es werden so außerordentliche Verschiebungen eintreten, daß fie der Gestaltung fester legislativer Grundsäße und Entwürfe ein wesentliches Hinderniß bieten.

Meine Herren, es hat diese Steuerstatistik aber weiter {on die wertbvolle Klarstellung geliefert, daß die Belastung mit Schulbeiträgen nit in allen Fällen, überhaupt nicht allgemein denSteuerdruck verschuldet, der auf den betreffenden Kommunalverbänden ruht, daß im Gegentheil und das gilt namentlich für den Osten gerade die Belastung mit anderen Gemeindeabgaben zum theil eine außerordentli große ist, sodaß der Ausgleich vielleiht noch auf anderen Gebieten gefunden werden muß. Die Durchführung des Kommunalprinzips gestaltet sich also nit so einfah, wie vielleicht von mancher Seite gedaht wird. Es fommt insbesondere in Betracht, daß auch die in Aussicht stehende Ergänzung unseres Dotationsgeseßes möglicherweise von indirektem Einfluß auf die Orènung der ‘vorliegenden Frage der Schulunter- haltung sein wird.

Nun, meine Herren, wollen Sie meiner Versicherung Glauben

\Genken, daß die Unterrihtsverwaltung mit aller Kraft bestrebt ge wesen ist, diese große geseßzgeberifhe ' Aufgabe in eine Gestalt zu bringên, die es auch den anderen Nessorts ermöglicht, dazu eine bestimmte Stellung zu nehmen. * Es sind dabei betheiligt das Finanz- ressort, das Ressort des Innern, namentlich als Kommunalaufsichts- bebörde, endlich auh das Landwirtbschaftsressort aus ver {iedenen Gründen, die ih niht näher darzulegen brauche. Recbnen Sie alle diese Faktoren zusammen, so werden Sie mit mir zu der Ueberzeugung gelangen, daß der furze Zeitraum eines Rabres entfiel, von welchem der größte Theil auf die Beschaffung der statistishen Grundlagen nicht ausreichen fonnte, um die Frage auf einem so weittragenden Gebiete, wie es die Neuregelung der Volts- \Gulunterbaltung ist, zu einem angemessenen A {luß und zu ciner festen Gestalt zu bringen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß die | Hindernisse niht unüberwindlich find; aber andrerseits kann ih auch

für den Augenblick den Zeitpunkt nicht mit Sicherheit bezeichnen, zu | dem cin Geseßentwurf über die Unterbaltung der öffentlihen Volts- schulen dem hohen Hause vorgelegt werden fann. Es fommt dabei | in Betracht, daß legislative Vorbereitungen ecst dann eine feste Gestalt gewinnen können, wenn die betheiligten Ressorts über die darin zu vertretenden Gesichtspunkte einig geworden sind. Inwieweit dies bald zu erzielen sein wird, läßt sich zur Zeit nicht übersehen, da die Be- \prechungen erst kürzlih eingeleitet werden konnten.

Ih möchte an meine Ausführungen nocch die Bitte knüpfen, daß der Herr Abg. v. Heydebrand aus der gewissermaßen dilatorischen Stellung, die die Unterrihtsverwaltung noch einzunehmen genöthigt ist, nicht den von ihm angedeuteten S{luß ziehen wolle, als bâtte ich ein gewisses Mißtrauen gegen die bereitwillige Mitarbeit dieses hohen Hauses. Ih habe ein solches Mißtrauen nit; ih habe im Gegentheil volles Vertrauen, daß wir alle übereinstimmen erstens in der Anerkennung der Noth- wendigkeit einer geseßlichen Regelung der Schulunterhaltungspflicht und zweitens darin, daß ein allseitiges Entgegenkommen nötbig ist, um eine Materie, die nun seit beinahe einem Menschen- alter die Bevölkerung und deren Vertretung in diesem hohen Hause beschäftigt, zum Abschluß zu bringen, eine Materie, die bei gutem Millen aller Betbeiligten- äber hoffentlich bald zu einem gedeihlichen Ende geführt werden wird.

Aba. Freiherr von Zedliß und Neukir ch (fr. kons.): Ich abe s G orten des ftonservativen Redners nihts hinzuzufügen. s ganze Haus will endlich den Mißständen auf diesem Gebiete ein de machen, und alle Parteien wollen daran mitwirken. Es wird \sich aber niht allein um die Sculunterhaltungspflicht handeln, E es können damit einige Angelegenheiten des