1842 / 166 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Gleich darauf gelangte nach Putgir Diskussion die von Herrn Roebuck eingebrachte Bill, der zufolge die in der großen Wahl: Untersuchung abzuhdrenden Zeugen wegen ihrer eigenen Vergehen straflos bleiben blen, ohne weitere Abstimmung zur dritten Ver-

lesung.

Zuleßt ging das Haus wieder auf die Berathung des Tarifs im Ausschusse über und diskutirte lange über ein Amendement des Herrn Grimsditch, den Zoll von zweidrähtiger Seide auf dem jeßigen Maße von 1 Sh. 6 Pce. für das Pfund zu belassen, bei welcher Gelegenheit sich Herr Attwood sehr ausführlich ge: gen das Huskfissonsche System des freien Handels im Allgemeinen vernehmen ließ, Das Amendement des Herrn Grimsditch wurde aber mit 240 gegen 22 Stimmen wee Ln, Die ganze Klausel über die Seiden-Zölle wurde zuleßt unverändert angenommen.

London, 11. Juni. Die Times theilt folgendes Schrei- ben mit, welches angeblich von der Königin Marie Christine, von Paris aus, unterm 14, März, an ihren Schwager Don Carlos in Bourges gerichtet worden wäre, dessen Echtheit jedoch, gleich der eines früheren Schreibens der Königin an ihre Königliche Tochter zu Madrid, sehr verdächtig is :

¿An Se. Kdnigl. Hoheit D. C., Fnfant von Spanien u. \. w. Jn Folge der Antwort, welche Sie durch General N— auf Mein erste mündliche Mittheilung Mir haben zukommen lassen, glaube F nicht länger Anstand nehmen zu dürfen, JFhnen all’ das Vertraue zu Aegeugen welches Fhr persönlicher Charakter Mir einflôßt. Da Schicksal hat Mich wie Ew. Königl. Hoheit verfolgt, und was noch mehr ist, Jh bin für jeßt von Meinen erhabenen Kindern getrennt. Im Namen der heiligen Religion, die uns begeistert, so wie zum Wohl der Spanier, welche, mißleitet von einem Manne, den Jch mit Wohlthaten überhäufte , ihre heilige Pflicht auf einen Augenblick ver- gessen mochten, wollen Wir uns in einem Unternehmen vereinigen, das, wenn es auch nicht gelingen sollte, wie Fch es im verflossenen September gewünscht hätte, doch von dem Moment an, wo Wir in Gemeinschaft handeln, seine heilsame Wirkung nicht verfehlen wird. Gern wücde Fch vernünftigen Bedingungen, die Sie Mir vorzuschla- gen für angemessen halten möchten, Meine Zustimmung geben. Jhre wohlgeneigte M. C.‘/

Das obengenannte Blatt bemerkt bei dieser Mittheilung : „Ohne Zweifel wird dies Dokument die Aufmerksamkeit unserer Regierung erregen, die berechtigt ist, wenn sie dasselbe für echt hält, darüber eine Erklärung von der Französischen Negierung zu ver- langen. Wir sehen niht ohne Spannung weiteren Aufschlüssen ber diese Sache entgegen.“

Kürzlich sind aus den Archiven des auswärtigen Amtes zum Gebrauch für die Regierung die verschiedenen Akte, welche das Parlament und die vollziehende Gewalt Großbritaniens mit Be-

| sen so

zug auf den Sklavenhandel erlassen und abgeschlossen haben, be- sonders die neueren Verträge zur Unterdrückung desselben, geord- net und úbersichtlich zusammengestellt worden. Herr Bandinel hat sich dieser Arbeit unterzogen, und sein Werk wurde auf Be- fehl Lord Aberdeen's offiziell vertheilt. Es liegen in dieser Samm- lung zahlreiche Beweise vor, daß, sobald dergleichen Verträge ge- wissenhaft beobachtet wurden, sie auch von Erfolg waren und zu keinen gefährlichen Kollisionen zwischen den fontrahirenden Mäch: ten führten. Holland z. B., ein Land, dessen See: und Kolonial- Handel doch von höchster Bedeutung für dasselbe ist, schloß schon im Jahre 1818 einen Traktat mit England wegen gegenseitiger Durchsuchung, welchem 1822 und 1823 einige Zusaß-Artikel hin- zugefügt wurden, und es is seitdem keine Spur mehr von Sfkla- venhandel unter Holländischer Flagge vorgekommen. Aus dem Buche des Herrn Bandinel geht unter Anderem auch hervor, daß die Convention, welche im Jahre 1824 zwischen England und den Vereinigten Staaten in Bezug auf das Durchsuchungsrecht unter: zeichnet wurde, und welche das Geseß über den Seeraub, auf den Skla- venhandel angewandt, unmittelbar und gegenseitig für die Schiffe, Un: terthanen und Bürger beiderTheilezurGeltung bringen sollte, nicht des- halb die Ratification nicht erhielt, weil Canning sie verweigert hâtte, sondern weil die Amerikanische Negierung dagegen Beden- fen fand. Als vorzüglih ermunternd und wichtig wird aber das aus der Bandinelschen Zusamnienstellung sih ergebende Resultat hervorgehoben, daß die Maßregeln zur Unterdrúckung des Skla- venhandels sehr wirfsam sind, wenn sie nur mit Ernst und Eifer ausgeführt werden. Herr Bandinel thut dar, daß der Sklaven- handel jeßt nur noch unter den Flaggen Spaniens, Portugals, der Vereinigten Staaten und Brasiliens und in wenigen Fällen unter der Flagge Frankfreihs getrieben werde; er zeigt, daß, seit dem Abschluß des Traktats mit Spanien im Jahre 1835, der Spanische Sklavenhandel fask ganz aufge- hórt hat, und daß in Folge der Akte von 1839, welche Britische Kreuzer ermächtigt, alle im Sklavenhandel beschäftigte Portugie- sische Schiffe festzunehmen, die See auch von Sfklavenhändlern unter Portugiesischer Flagge beinahe völlig gesäubert is. Sobald die neuen Verträge mit Portugal ratifizirt sind, wird zwar jene Afte aufgehoben werden, aber dafúr wird durch diese Traktate derselbe Zweck, und auf gesezmäßigere Weise, gesichert seyn. Seit jene Maßregeln in Wirksamkeit sind, hat denn auch, wie sich er- giebt, die Sklaven-Einfuhr in Cuba und Brosilien sehr rasch ab- genommen. Vor dem Traktat von 1835 wurden nicht weniger als 40,000 Sflaven jährlich in Cuba eingeführt; im Fahre 1838 war die Zahl auf 28,000 gesunken, 1839 auf 25,000 und 1840 auf 14,470; es wurden also im Jahre 1840 nur noch halb so viel Sclaven in Cuba eingeführt als 1838 und fast nur ein Drittel so viel als vor dem Abschluß des Traktats mit Spanien, Jn Brasilien is die Abnahme noch stärker gewesen als in Cuba. Fm Fahre 1838 belief sich die Einfuhr von Negern, allein in Rio Janeiro, wie aus Britischen Kommissions: Berichten hervorgeht, auf 47,000 und in den anderen Häfen der Brasilianischen Küste auf eben so viel, zusammen also auf 94,000, Im Jahre 1839 wurde die Gesammt - Einfuhr nur noch auf 56,000 geshäâzt. Jm Jahre 1840 wurden nur noch 7122 in Rio Janeiro und noch weniger in den anderen Häfen eingeführt, so daß in diesem Jahr die Einfuhr nicht den sechsten Theil von der des Jahres 1838 betrug, Jn Folge dieser abneh- menden Zufuhr von Negern aus Afrika i der Preis der Leßteren in Cuba und Brasilien auf das Vierfache, in Porto Nico auf das Doppelte a Ii Doch dies ist nicht Alles, sagt Herr Bandinel, es fängt selbst in Cuba eine Stimme an, gegen die Sklaven: Ar- beit und den Sklavenhandel und zu Gunsten der reien Arbeit ad de deese Bethe? elix Mendelssohn-Bartholdy is hier angekom Konzerte des philharmonischen Vereins zu leiten, uet A derselbe in der St. Peters - Kirche auf dem Cornhill die Orgel

spielen. Belgien.

Brússel, 12. Juni. Jn der vorgestrigen Kammer-Si ung atte der Minister des Jnnern sie beklagt, daß man die Debatte ber das Kriminalgeseß so in die Länge ziehe. Herr Dolez erwie-

derte, dies sey natürlich, da die Regierung schwach wäre und sich von Anderen Befehle vorschreiben ließe, Herr Eloy de Burdinne bemerkte ebenfalls, es sey schon Alles gesagt, was zu sagen sey. Herr Delfosse entgegnet ihm, es sey nicht Jedem das Wis:

| der Prag-Dresdener

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| eingegeben, daß er gleih von vorn herein eine be- stimmte Meinung habe. Der Präsident fand diese Bemer- fung unparlamentarisch , und er Delfosse stellte deshalb in der gesirigen Sißkung den Präsidenten zur Rede, daß er die Opposition gleich tadle, aber die Beleidigungen der anderen Partei ruhig durchgehen lasse. Diese Aeußerung erregte einigen Sturm. Man verlangte die Tagesordnung, aber der Präsident erklärte, wean man blos einfach zur Tagesordnung übergehe, werde er seine Stelle niederlegen. Die Tagesordnung wurde darauf ver- worfen und förmlich erflârt, der Präsident sey in seinem Rechte gewesen, leßteres mit 50 Stimmen; 20 Mitglieder stimmten nicht mit.

Bei den nächsten Septemberfesken wird wieder ein Gesangs- Konkurs skattfinden, Mehrere Deutsche Liedertafeln haben schon ihre Mitwirkung zugesagt.

Deutsche Bundesstaaten.

m Dresden, 13. Juni. Der Wollmarkt hat, troß einer ziemlich ansehnlichen Masse von Wolle in allen Sorten, troß des \hönsten Wetters und der Anwesenheit von sehr vielen Fremden, ein wenig günstiges Nesultat gebracht. Wie es scheint, wollten sich die im vorigen Jahre gemachten Prophezeiungen, als würde 1842 den Wollverkäufern Erfreuliches bescheeren, an den bisheri- gen Frühlings - Wollmärkten nicht bestätigen. Ob die in dieser Woche sattfindenden Wollmärkte von Stettin, Kassel und Berlin bejsere Preise und größeren Absaß bringen werden, ob diejenigen Ende Juni zu Lúbeck, Magdeburg, Danzig, Hildesheim, ob die Julimärkte zu Braunschweig, Nürnberg, Hannover, Heilbronn, ob der Auguskmarkt zu Braunschweig, zu wÜnschen wäre es wahr: lich, da die Deutsche Wolle an der Auslralischen und Russischen immer bedrohlichere Konkurrenten findet, und namentlich die einst weltberühmte Sächsische Merinowolle bei allen Anstrengungen mit der Englischen nur schwer rivalisiren kann. Bei weitem günstigere Aussichten fúr den Deutschen Wollhandel eröffnen sich indeß, je- mehr der Zoll-Verein sein Gebiet erweitert, jemehr er den Meeres- füsten zustrebt, vor Allem aber jemehr sich das fontinentale Eisen- bahnneß ausdehnt.

Se. Durchlaucht der regierende Fürst Stourdza von der Mol- dau verweilte mit seiner Gemahlin und der Fürstin Ghika einige Tage in Dresden. Noch bemerkten wir außer vielen nach Böh- men oder in die Taunus-Bâder eilenden Russen, Polen und Eng- ländern, unter den Fremden, deren man im Monat Mai gegen 5000 (wovon 3320 in den Gasfthäusern) zählte, den Oesterreichi- schen Gesandten am Französischen Hofe, Grafen Appony.

Das so eben bei Rudolf Wiegel in Leipzig ausgegebene Schrift- chen „Über den Zustand der Königl. Gemälde-Gallerie zu Dresden 2c. von von Quandt“ verdient insofern große Beachtung, als ee, wenn auch in etwas formloser Darstellung, die Schäden, an welchen unsere weltberühmte Eallerie leidet, ausführlich bespricht. Seit 34 Jahren sind dieselben Gegenstand allgemeiner Klage ge- wesen. Die meisten Gemälde sind sehr vertrocknet, Meister und Schüler oft weit von einander entfernt, auch Gemälde niederen Ranges und schlechte Copieen vorhanden, die ausgemerzk zu wer- den verdienen, Die Lage der Gallerie, in der Mitte von Bür- gerhäusern, von Bäereien, Schmieden 2c. ist höchst gefährlich,

und die zweckmäßige Erbauung eines Museums und zwar in der Grundform eines Oblongiums mit Risaliten, etwa in einer hoch- gelegenen Vorstadt wünschenswerth. Der Bau würde gar nicht so bedeutend, wenn man das Museum nicht prächtig auszierte, und die Zahl der Geniälde auf die! Hälfte: ihres jeßigen Umfangs reduzirte. (Die bis .'Jest r restantirten Gemälde bilden grade ein Viertel der ganzen Sammtung.) Auf diese Weise könnte aller- dings das neue Museum nil #Million Rthlr, vollständig und schön hergeslellt werden. B12} fj

Göttingen, 4. Juni. (A: Z) Nach dem amtlich ange- fertigten und demnächst auszugebenden Verzeichniß des Personal- skandes der Universität beträgt die Gesammtzahl der Studirenden 728, worunter 249 Ausländer; und zwar 173 Theologen, 268 Ju- risten, 204 Mediziner, 83 zur philosophischen Fakultät Gehörige. Der Stand der Gesammtzahl is gerade derselbe wie im vorigen Semester, die Zahl der Ausländer hat sich aber um 11 vermehrt. Hieraus ergiebt sich die Unwahrheit der Nachricht, als habe sich die Frequenz abermals vermindert, Jn dem Jahre unmittelbar nach der großen Katastrophe im Jahre 1837 sank die Zahl der Studirenden von 909 auf 656; seitdem ist sie wieder von Jahr zu Jahr in die Höhe gegangen, wie man aus folgender, aus amt- lichen Quellen geschöpften Uebersicht der Frequenz der lebten vier Jahre ersieht:

Gesammtzahl. Meta

Winter-Semesler 1838 —39 656

Sommer-Semester 1839 664 203 Winter-:Semester 1839 40 675 216 Soinmer-Semester 1840 693 223 Winter-Semester 1840 41 704 231 Sommer-Semester 1841 703 211 Winter-Semester 1841 42 728 238 Sommer-Semester 1842 728 249

Die Nachwirkungen der Vorfälle von 1837 sind am fühlbar- sten in der Frequenz der philosophischen Fakultät geblieben; be- sonders sind wenige Philologen gegen früher hier, Der Verlust an Lehrern war in der philosophischen Fakultät, besonders im historisch - philologischen Fache am größten , denn zu den s{chweren Verlusken von Dahlmann, Gervinus, den beiden Grimm, Ewald und Weber kamen noch die in voller Kraft durch den Tod ge- brochenen Männer Otfried Müller und Herbart und der Abgang Ranke's nah Berlin. Hoffentlih kann binnen kurzem von der Acquisition eines ausgezeichneten Philologen berichtet werden.

Göttingen, 7. Juni. Sicherem Vernehmen nach, hat Professor Hermann. in Marburg den an ihn ergangenen Ruf an Otfried Müller?s Stelle angenommen und wird seine Vorlesungen im náchsten Herbst dahier eröffnen. Eine würdigere Wiederbe- seßung des seit zwei Jahren verwaisten Lehrfachs der Archâologie hâtte man nicht wünschen können, Es is hier allgemeine Freude darüber, da Hermann nicht nur als Gelehrter, sondern auch als

Mensch úberall hochgeachtet ist.

Braunschweig, 12. Juni. Se. Durchlaucht der Herzog ist von der nach Jtalien unternommenen Reise gestern in die hie- sige Residenz wieder zurückgekehrt.

Desterreich. j 4 Prag, 7. Juni. Durch die Umsicht des Chefs unseres Eisenbahnwesen e Projekt der Staatsbahn zwischen hier und Dresden nunmehr eine Wendung genommen, die aufs neue

u Dein ies: s cs die Seseas, Zune en E rigen Staats-Unternehmen erwogen werden. Na - üch die S für Auomittelun des Terrains

ection der Jngenieure abn, die früher schon von hiesigen Speku-

lanten projektirte Richtung durch das Elbthal einer genauen Un- tersuchung unterzogen hatte, geschah zufolge höchster Anordnung ein Gleiches in Beziehung auf die Tour nah der Reichenberger Gegend von Liboch an der Elbe über Hirschberg, Niemes, Gabel A Pankraß, wo die Bahn die Gränze Úberschreiten und vermit- telst der Zweigbahn von Zittau der Schlesisch-Sächsischen Bahn sich anschließen würde. Gegen die frühere D des EBAE bahn - Comités : daß nur in dieser Richtung eine Eisenbahn-Ver- bindung zwischen hier und Dresden möglich, hat sich nun durch die vorgenommene Untersuchung des Reichenberger Projekts die- ses leßtere als viel vortheilhafter herausgestellt. Nach den vorge- nommenen Nivellements is das Terrain von Libach gegen Nordo

bis Gabel sehr günstig und zwar unter einem geringeren Stei- gungs-Verhältnijse als 575; bei Uebersteigung des Gränz-Gebirges selbs ist die Steigung zwar etwas stärker und stellt sich auf 75 was aber durch einen leiht ausfúhrbaren fleinen Tunnel sehr 9 n- )fig umgestaltet werden fann. Uebrigens bieten die sanft abfal- lenden Seitenflächen des Gebirges hinreihend Raum und Mit- tel zur Verbesserung der Niveau - Verhältnisse, besonders wenn nah den DaR erigen Lokal - Ermittelungen die bei Hirsch- berg gewonnene Höhe beibehalten werden kann und mar nicht wieder in das Flußthal des Polzen herabzusteigen braucht. Zu dem entschiedenen Vorzuge, welchen daher der Ausspruch der Jngenieure dieser Nichtung vor jener im Elbthale schon rúdcksihtlih der Terrain-Beschaffenheit einräáumt, gesellen sich noch

d 6 wichtige Rüsichten, die in Beziehung auf zahlreiche e ac T ohe Merke T Sl B R ULaA die Pra -Dresdener

r Bron durch das e d slEbe Böhmen und die Lausiß schon im voraus als eine der frequentesten und wichtigsten von ganz Deutsch- land erkennen lassen. Während nämlich die Elbthal-Bahn, außer den 2 Spinnereien und einer Geschirr-Fabrik bei Telschen, weder dies- noch jenseits der Gränze Orte oder Gegenden berührt, die in irgend einer Be- ziehung zur Jndustrie stehen, Überdies für die Personen-Frequenz durch die Dampfschifffahrt und für den Güter-:Transport durch die wohl- feile Wasserfracht auf der Moldau und Elbe an Ertrag sehr be- einträchtigt werden würde, tritt die in östlicher Richtung zu füh- rende Bahn, bald nach ihrer Entfernung von der Elbe in die in- dustriereichsten Bezirke der Monarchie, von Bdhmisch - Leippa, Hayda, Reichenberg, deren Bevölkerung mitunter bis auf 17,000

eelen per Quadratmeile steigt ; jenseits der Moanse, auf dem Zuge nach Dresden, berührt sie die reichen und bevblkerten Städte der Lausib Zittau, Herrenhuth, Löbau und Baußen mit den um- liegenden großen Fabrikdörfern , von denen mehrere 10 12,000 Seelen zählen. Außer der Erleichterung des jeßt schon sehr be- deutenden kommerziellen Verkehrs zwischen Böhmen und der Lausis, verbindet diese Bahn Prag und die wichtigsten Jndustrie-Distrikte úber Zittau und Baußen mit Bunzlau, Liegniß und Breslau, dann über Bunzlau mit Frankfurt a. d. O., bringt uns hierdurch also rechts in direkten Verkehr mit Stettin, so wie links über Dresden mit Hamburg, wodurch in unserem Lande die große Ga- bel einer Bahn gebildet würde, welche den am Adriatischen Meere bereits so blühenden Handel mit der Levante, durch die Triesk- Wien - Prager Bahn, in kürzester Richtung zugleich mit der Ost: und Nordsee verbinden würde Resultate, die gewiß geeignet sind, dieser Richtung den Vorzug vor jener durch das Elbthal zu geben. Das einzige, was zu Gunsten der leßteren sprechen könnte, wäre die viel: leiht mögliche Abkürzung der Fahrt um 1 Stunde, was aber, gegenüber den angedeuteten, mehrseitigen, wichtigen Rüksichten, faum als Úberwiegend anerkannt werden dürfte, Sehr erfreulich ist Úbrigens die bereits erlangte Gewißheit, daß die Weisheit auch der Königlich Sächsischen Negierung dem Projekte der Prag- Dresdener Bahn in östlicber Richtung Über Zittau mit entschiede- ner Vorliebe zugewendet ist und bereits in diesen Tagen für die Zweigbahn von Löbau über Zittau an die Bbhmische Gränze die Detail-Nivellements vornehmen läßt, zur Bewerkstelligung des An- schlusses dieses Flügels an die bereits bewilligte Lausiser Bahn für die Verbindung Schlesiens mit Sachsen,

Die Brandschäden häufen sih in unserem Lande auf eine beunruhigende Weise, und außer zahlreichen Feuersbrünsten in den Dörfern is die Stadt Hollis im Chrudimer Kreise der dritte róßere Ort, welcher seit 4 Wochen beinahe ganz ein Raub der

lammen wurde, Tröstend übrigens is es, daß auch hier, wie bei dem Brande der Städte Paßau und Hirschberg, die uner- müdliche Wohlthätigkeit der Bewohner Bbhmens sich bewährt.

Schweiz.

Genf, 9. Juni, Die neue Verfassung is am 7. Juni an- genommen worden. Von 11,586 simmfähigen Bürgern haben nur 5430, weniger als die Hälfte, an der Abstimmung Theil ge nommen. Von diesen 5430 stimmten 4837 für Annahme, 543 für Verwerfung der Verfassung, 50 Stimmen waren verloren, Die Abstimmung is ganz ruhig abgelaufen. Die Wahl der Groß- râthe wird am 16. oder 17, Juni stattfinden.

Spanien.

Paris, 11. Juni. Auf telegraphischem Wege sind hier Nachrichten aus Madrid vom 7ten eingegangen, welche Folgendes melden : „Gestern hat der General Rodil das Kriegs-Ministerium und den Auftrag angenommen, ein Kabinet zusammenzuseben, dessen Chef er seyn soll. Man hat versucht, in Burgos die Con- stitution von 1812 zu proklamiren. Der General Hoyos ist von Madrid aus mit Truppen abgesandt worden, um jenen Versuch zu unterdrücken, Die Regierung hat energische Cirkulare gegen jede Bewegung dieser Art publizirt,

Türkei.

Konstantinopel, 25. Mai. (A. Z) Wie bereits ange- deutet , stellt die Pforte die Unruhen im Libanon als gänzlich bei- gelegt dar. Die Maroniten sind nach der Behauptung des Groß- WWesirs mit dem gegenwärtigen Zustand zufrieden, Omar Pascha habe sich als ihr wahrer Freund gezeigt, indem er die Anmaßun- gen der Drusen und deren Gewaltthätigkeiten gegen die Christen des Libanon unterdrúckt, den Leßteren es möglich gemacht habe, mit dem Seriasker Über die künftig zu tressenden Maßregeln frei zu fonferiren und so durch eigene Mitwirkung an dem Bau einer neuen Verfassung und Verwaltung Theil nehmen, deren wohlthätige Früchte sich bald im Gebirge fühlbar ma- chen werden, Auch beweist der Groß - Wesir durch die chrift- lichen Protestationen der vorzüglichsten christlichen Gebirgs - Chefs die Unmöglichkeit der Wiedereinseßzung der Familie Schahab oder der Erhebung irgend eines minder bekannten Maronitischen Scheiks zur Würde eines ersten Emirs. Selbst der seither in Konstanti- nopel anwesend gewesene Abgesandte der Maroniten, Murad-Bey, habe endlich die wohlmeinenden Absichten der Pforte einsehen ge- lernt. Die Pforte warnt die fremden Mächte vor jeder ferneren Intervention, die jeßt den Charakter einer wirklichen Aufwiegelung der gegenwärtig ruhigen christlichen, Bevölkerung des Libanon an- nehmen müßte. Dies wäre also das Resultat der durch den Groß-

errlichen Kommissar Selim Bey in Beirut angestellten Unter- uchungz sein Bericht ist eine unbedingte Rechtfertigung des Be-

R —— D E E EUE A E E

iasfers wie Omar Pascha's. Das Manöver E e s Bestehung und Gewalt bewirkte Erklä:

runa der Maroniten über ihre Zufriedenheit mit dem egenwär- Rin Zustand und fiber die Unzulässigkelk der Wiederherstellung eines chrisklichen Emirats is den nah dem Schlusse des Londoner Vertrags vom Jahre 1827 von vielen Griechischen Capitainen ein- gesendeten Erklärungen von Unterwerfung unter die Pforte, selbst

tes jeßt nah Beirut abgereisken maronitischen Mibsadiee Tréaes A suiten) dem Benehmen des damaligen Pa- triarhen Agathangelos zu analog, als daß man sich über den wahren Stand der Dinge täuschen lassen könnte,

Aegypten. j en, 24. Mai. (A. Z.) Die Handels - Verhäâlt- nisse Fedor d aaben sih nun so gestaltet, daß sie, allen unseren früher hegten Wünschen scheinbar entsprechend, in der Wirklich- feit Resultate (wenigstens für die nâchste Zukunft) herbeiführen, welche uns keinesweges befriedigen fönnen, Der Handel mit Baumwolle is allerdings frei erklärt worden, wird aber eben so wenig wie früher betrieben werden fönnen, weil der Vice-König als Konkurrent auftritt und höhere Preise als jeder andere bezahlt. So hat er denn auch bereits den Übrig gebliebenen wenigen Freibauern den Preis von 200 Piastern zugesichert, wie er sagt, um die Kultur der Baumwolle nicht ersterben zu lassen, was bei einem niedrigeren Preise der Fall seyn würde, im Grunde aber nur, um die Europäischen Kaufleute fern zu halten, denn diese können faum 140 Piaster bezahlen, und zwar in Folge des ungeheuren Ausfuhrzolls, der beinahe 33 pCt. auf den Werth ausmacht, während er ursprünglih doch nur 12 pCt. betragen sollte. Neue beschwerende Verfügungen zu den schon bestehen- den gefügt, werden den Handel mit anderen Artifeln ebenfalls sehr beschränken, um so mehr, als qute zwei Drittel des Aegyp- tischen Bodens in den Händen Mehmed Ali's, seiner Familie und seiner Satelliten sind, welche alle die Produfte ihrer Läânde- reien an einige wenige Begünsligte abseßen, der Masse des Handelsstandes aber nichts zukommen lassen werden. Es haben shon ähnliche Transactionen stattgehabt und Mehmed Ali selbs hatte vor kurzem den Ertrag von 30,000 mit Sesam ersk zu besáenden Fedanen an zwei seiner Günstlinge gegen Vor- {uß der Hälfte des Preises auf den angenommenen Ertrag ver- fauft. Auf die Vorstellungen des Englischen General - Konsuls, der darin eine S OMts der Jnteressen Britischer Unterthanen ah, wurde das Geschäft rückgängig gemacht, wird nun aber durch uctionen bewerkstelligt und zwar mit Vorschuß des ganzen Be- trages. Es ist dies die Rückkehr zu einem alten System, das den Kaufleuten großen Schaden brachte, indem Mehmed Ali ihnen in früheren Zeiten das Verkaufte oft erst nah zwei Aerndten ablie-

ferte und meistens mit ihrer Leichtgläubigkeit Mißbrauch trieb. Mehmed Ali verleugnet nirgends seinen Charakter, und da is

ein kleiner Vorfall, der fh gestern zutrug, wieder charakteristisch. Schon verschiedenemale waren ihm von den Marine-Soldaten Vorstellungen wegen des rückckskändigen Soldes gemacht worden, die er immer aber mit einem „Bacalum“ zu beseitigen wußte. Gestern nun umringte eine Schaar derselben seinen Wagen, als er am Hafen hinfuhr, brachte ihn zum Stehen und erneuerte ihr Geschrei um Brot fúr ihre Familien. Mit einer Bewegung des Zorns deutete Mehmed Ali auf die daselbst aufgehäuften Brennholz-Vorräthe und sagte: Esset Holz! Das nahmen die Soldaten aber wörtlich, fielen mit ihren Weibern über das Holz her und s{leppten davon weg, so viel nur jeder schleppen konnte, Heute aber werden überall Nachsuchungen nach diesem Holze an- gestellt und den unglúcklichen Jnterpretatoren regnet es Hiebe, statt

des gehofften Geldes oder vielmehr Brotes !

n A E R B R E Is e gun

Inland.

Berlin, 16, Juni, Der Staats-Minisker von Rochow hat Se. Majestät den Rönig in Folge seiner sehr angegriffenen Ge- sundheit um seine gänzliche Entlassung aus dem Staatsdienst ge- beten. Se. Majestät haben dies Gesuch jedoch nicht zu bewilligen, sondern den Minister von Rochow nur in Berüsichtigung der Gründe desselben von der Verwaltung des Ministeriums des Innern zu entbinden, und ihm einen mehrmonatlichen Urlaub zum Gebrauch der Bäder zu bewilligen geruht, mit dem Vorbe- halt, von seinen Diensten wieder anderweitigen Gebrauch zu ma- chen, sobald die Gesundheit des verdienskvollen Staatsmannes, wie zu hoffen, sich wieder ganz hergestellt finden werde. Bis dahin behält der Staats-Minister von Rochow seine Stelle im Staats- Ministerium und im Staats-Rath.

Stettin, 8. Juni. (Börs. Nachr.) Sicherem Verneh- men nach, wird die Eröffnung der Strecke der Berlin- Stettiner Eisenbahn zwischen Berlin und Neustadt nicht, wie allgemein seit- her erwartet wurde, schon am 1. Juli c., sondern ersk 10 à 14 Tage später erfolgen, und zwar, weil die Jnspection und Abnahme von Seiten der vorgeseßten Behörde noch diese Zeit kostet, wäh- rend andererseits die Bahn selbst, wie man hört, schon zum 1, Juli völlig fertig und fahrbar wird,

mam

Bemerkungen über das Verháltniß der Gymnasien zu den Universitäten, und zu den Bedürfnissen des Zeitalters.

(Schluß. Vergl. St. Ztg. Nr. 165.)

Noch weit unsicherer werden alle Folgerungen, welche aus ei- ner Vergleichung der Schülerzahlen in den untern und mittlern Klassen zu ziehen seyn würden; denn es wird immer gewöhnlicher selbst an Orten, wo sich Gymnasien befinden, Kinder nur erst dann in dieselben eintreten zu lassen, wenn sie schon in andern Lehranstalten zur Aufnahme in die mittlern Gymnasialklassen hin- länglich vorbereitet sind; daher is besonders die Schülerzahl in den untern Klassen der Gymnasien in beträchtlicher und immer- fort wachsender Abnahme, wie sich dies auch aus den oben ange- führten Durchschnittszahlen ergiebt. 4

Es fann fein Zweifel darüber bestehen, daß die Verminderung der Anzahl immatrikulirter Studirender, welche seit 1831 so sehr bemerflih wurde, nicht aus einer Verminderung des Wohlgefal- lens an wissenschaftlicher Beschäftigung hervorging, sondern allein dadurch erzwungen wurde, daß die Bewerbung um Stellen im Dienste des Staats und der Kirche den Bedarf an hinlänglich besoldeten Richtern, Verwaltern, Pfarrern und Lehrern bei weitem Überstieg, Die verminderte Zahl der Gymnasialschüler ist aber dadurch núür in soweit erkflärbar, als die Gymnasien zur Vorbe- reitung auf die Universitätsstudien dienen. War und blieb dieses auch bis in die neusten Zeiten die wesentlichste Bestimmung der-

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selben; so wurde der Gymnasialunterriht doch auch längstens schon von Schülern benußt, welche nicht zu den Fakultätsstudien der Universitäten vorbereitet, sondern nur mit einer edlern Bil: dung, als der bloße Elementarunterriht zu geben vermag, zu den manigfaltigen Stellungen im Leben übergehen sollten, welche außer: halb des besondern Gebiets jener Studien liegen. Das Bedürf- niß einer solchen Bildung ist aber in den neuern Zeiten sehr viel ausgebreiteter geworden, und fortwährend in schnellem Wachsthume. Der Staat fordert diese Bildung von den Oberoffizieren in seinen Heeren, und von allen Beamten in den technischen Zweigen der Verwaltung, deren Stellung sich einigermaaßen über den rein mechanischen Subalternendienst erhebt. Aber auch außerhalb die- ses weiten Kreises wird eine solche Bildung immer allgemeiner zum Bedürfnisse und selbs que Anstandepflicht für alle diejenigen, welche sich liberalen Besch ftigungen, das is: solchen widmen, welche neben mehr oder minder körperlichen Fertigkeiten, vor- nâmlich Uebersicht und Anordnung, überhaupt geistige Auffas- sung ihrer Aufgabe fordern. Der Landwirth, welcher sih ber den Bauer, der Fabrikant, welcher sih Úber den Handwerker, der Kaufmann, der sich über den Krämer erheben will, kann nur im Besiße solher Bildung Erfolg von seinen Arbeiten und Achtung unter seinen Genossen erwarten. Selbsk der mÜssige Rentner wird das Gespôtt der Kreise, worin er lebt, wenn er seine Genússe nicht wenigstens mit dem Scheine solcher Bildung zu würzen vermag. Nicht allein die Zahl der Menschen hat sich E raub welche dieser edlern Bildung bedürfen, sondern die Begriffe von dem Um- fange der Kenntnisse, welche zum Anspruche auf den Besiß dersel- ben berechtigen, haben sih auch in einem noch höhern Verhältnisse erweitere. Noch vor siebzig Jahren war ausserhalb des Kreises der Fakultätsgelehrten die Zahl derjenigen, welche solcher edlern Bildung bedurften, und der Umfang der dazu gehörigen Kennt- nisse so gering, daß es hinreichend erschien, Knaben und Júng- linge, die niht zum Stande der Fakultätsgelehrten Úbergehen soll: ten, den für diese bestimmten Gymnasialunterricht so lange benuz- zen zu lassen, bis die tehnishen Vorübungen für ihren Beruf sie von den Schulbänken abriefen. Sie brachten von diesen in das Leben mit diejenige Uebung des Gedächtnisses, und im Auffassen und Nachbilden eines mündlichen und schriftlichen Vortrages, welche der Erfolg eines jeden ernstlih und verskändig als Jnstru- mentalfenntniß beschriebenen Sprachunterrichts ist, ins Bescndere doch auch eine größere Fertigkeit im Gebrauche der Muttersprache, welche schon aus den Ueberseßungen der Schriften des klassischen Alterthums in dieselbe gewonnen wurde; endlich auch eine Kennt- niß der vielen in den Umgang der gebildeten Stände úbergegan- genen geschichtlichen Notizen, bildlichen Ausdrücke, Wörter und Sentenzen, welche die neue Zeit von der alten entlehnte. Wenn auch eine solche Ausstattung jeßt unzureichend erscheint; so hat sie doch keinesweges einen geringen Werth und erleichtert auch in die- ser Beschränkung schon sehr wesentlich den technischen, ämtlichen und gewerblichen Geschäftsbetrieb. Es muß, um Mißverständnissen vorzubeugen, hierbei ausdrúcklih bemerkt werden, daß auch der Umfang der Fakultätsskudien damals in so fern weit beschränkter war, als die sogenannten Kameralwissenschaften noch eben erst in den Kreis der akademischen Vorlesungen eingeführt, und die mei: sten Vorlesungen in der philosophischen Fakultät nur auf unmit- telbares Anwenden in den drei obern Fakultäten gerichtet wurden. Die Gewohnheit, in den Lehranstalten, welche für die Fakul: tâtsstudien in jener beschränfteren Ansicht vorbereiteten, auch úber- haupt den Unterricht fúr alle.-Bilduag zu -suchen, welche sich über den Elementarunterricht und die technische Anleitung erhebt, blieb auch späterhin um so mehr vorherrschend, als sich die höheren An- forderungen auf Bildung ausserÿalb der Fakultätsfreise doch nur allmählich entwickelten, und Jedermann geneigt ist, die Bildungs- stufe, worauf er selbst steht, zur Grundlage seiner Urtheile úber den Erfolg der e zu machen. Die Regierungen selbst seßten voraus, daß die Vorbereitung nicht nur fúr die Uni- versitätsskudien, sondern au für alle Lebensverhältnisse, welche noch ausserdem einer höhern Bildung bedürfen, zunächsk nur von den Gymnasien ausgehen könne, und bestimmten daher, daß dieje- jenigen, welche sich dem Dienste des Skaats unter solchen Ver- hältnissen widmen wollten, den Besiß derjenigen Vorkenntnisse nachzuweisen hätten, die der Gymnasialunterricht auf einer nach den Klassen desselben bestimmten Stufe verleiht. So war bei- spielsweise die Nachweisung solcher Kenntnisse, als zum Uebergange aus der zweiten Gymnasialklasse in die erste gewöhnlich erfordert worden, die Vorbedingung zur Aufnahme als Eleve für die mei- sten technischen Zweige der Preußischen Staatsverwaltung. Die Gymnasien Úberkamen hierdurch neben der Bestimmung, für die Universitätsstudien vorzubereiten, auch die, sich jährlich an Zahl und Bedarf von Kenntnissen mehrenden Schülern diejenige Bil- dung zu geben, womit sie zur Anleitung für jeden Lebensberuf Ceraeien sollten, welcher auch ausser dem Gebiete der Fakultäts- wissenschaften nach den Begriffen des Zeitalters wissenschaftliche Bil- tung erfordert, Mit den Fortschritten der allgemeinen Bildung werden zwar immerfort Kenntnisse, welche theils gar nicht, theils nur in sehr be- schränftem Maaße dem ältern Lehrplane der Gymnasien angehören, in solcher Ausdehnung Gemeingut, daß auch jeder durch Universitäts- skudien Gebildete derselben bedarf, um neben der Stellung im Leben, welche seine Fakultätswissenschaft ihm anweisk, auch dieje- nige eines Mannes von allgemeiner Bildung zu behaupten, Aber eine Erweiterung des ältern Lehrplanes der Gymnasien wird da- durch keinesweges bedingt. Jeder Studirende, welcher das Be- dürfniß fühlt, sich solche Kenntnisse anzueignen, wird dieselben durch akademische Vorlesungen neben seinen eignen Fakultätsstu- dien sehr viel zweckmäßiger „erwerben können, als es durch den Gymnasialunterricht BMS ist, Denn solche Kenntnisse werden auf den Universitäten von Lehrern vorgetragen, welche sich ausschließ- lich damit beschäftigen, und von Zuhdrern vernommen, welche reiferes Alter und richtige Würdigung ihres Werths zur würdigern Auffassung derselben befähige. Daß für hbhere und angewandte Mathematik und für die Naturwissenschaften einerseits, und fúr Länder- und Völkerkunde, neuste Staatengeschichte, und allgemeine politische Bildung anderseits mit solchen Mitteln auf Universi- tâten sehr viel mehr geleistet werden kann, als die Gymnasien mit den ihrigen vermögen, bedarf feiner weitern Ausführung, Zerstreuung durh die Manigfaltigkeit der Gegenstände des Wis- sens is in der Stellung eines Studirenden besonders in den pà- tern Jahren des Universitätslebens viel weniger zu fürchten, als in den Schülerjahren, und eine Verlängerung des gewöhnlichen ere tegrigen Zeitraums für die akademischen Studien in einen vierjährigen wird durch vollständigeres Ausreifen für das Leben, und demgemäß schnellere Fortschritte auch im Bereiche der Be- rufsgeschäfte reichlich belohnt. j Ganz anders stellen sich die Forderungen an die Gymnasien, wenn es nicht mehr ein gelegentliches Nebengeschäft, sondern wenn auch nicht der höchste, so doch der nächst diesem wichtigste Zweck derselben is, auch auf das Bedürfniß derjenigen Schüler RúÜcksicht zu nehmen, welche vom Gymnasium unmittelbar zur praktischen nleiktung für technische Verrichtungen Übergehen. Hier kann dem

spâtern Nachholen bei weitem weniger überlassen bleiben, diese

Schüler bedürfen vielmehr schon beim Eintritte in ihr neues Le- bensverhältniß einer Ausstattung mit solchen Kenntnissen, welche der âltere Lehrplan der Gymnasien nicht in sich begriff, und es ist sogar Ls, ihnen dieselbe so vollständig zu geben, als es bei minder reifer Urtheilskraft und mangelhaften Lebensansichten in diesem jugendlichen Alter nur irgend möglich bleibt, Denn Ge- legenheit, das Versäumte später nachzuholen, eröffnet sich ihnen mehrentheils nur zufällig, und der Trieb, sie zu benugen, wird ge- meinhin nur dadurch auf eregt, daß sie schon Bildung genug em- pfangen haben, um das Bedürfniß einer Erweiterung derselben zu fühlen. Der Lehrplan der Gymnasien hat daher um so dringen- der einer großen Erweiterung bedurft, jemehr die Zahl dieser Schü- ler wuchs, und jemehr die Deederiacen an dieselben sich steigerten. Auch diejenigen Schüler, welche für die Universitätsstudien vorbe- reitet werden, empfangen diesen erweiterten Unterricht schon des- halb, weil es unbillig erscheint, ibnen ein Bildungsmittel vorzu- enthalten, welches denjenigen dargeboten wird, die verhältnißmäßig doch für eine minder bobe Ausbildung bestimmt zu sein scheinen. Das hat aber die nachtheilige Folge, daß sie mit diesem Gymna- sialunterrichte sich im Leben überhaupt behelfen zu können glauben, und deshalb den vollständigeren zu benußen versäumen, welcher auf Universitäten dargeboten wird. Der verhältnißmäßig spärliche Besuch der akademischen Vorlesungen Über die vorstehend benann- ten allgemein bildenden Kenntnisse, deren Besiß das Zeitalter doch für unerläßlih achtet, wird nur hierdurch erflärbar.

Aus dieser Erweiterung des Lehrplans der Gymnasien ging nun die Nothwendigkeit obig vielerlei sehr verschiedenartige Kenntnisse gleichzeitig zum Gegenstande des Unterrichts zu machen. Die Dauer des Gymnasialunterrichts wird durch den Zeitraum, dessen die Menschen insgemein zur Entwickelung ihrer Geistes- frâfte bedúrfen, auf etwan aht Jahre oder wenig darüber be- schränkt, und is einer erheblichen Verlängerung schon deshalb nicht fähig. Die Zeit fúr den erweiterten Unterricht konnte daher nur

durch Verminderung des Aufwandes an Zeit auf Uebungen der förperlihen und geistigen Kräfte gewonnen werden, welche

bis dahin ausser dem unmittelbaren Bereiche der Schule gelegen hatten, theils indem die Zahl der Unterrichtsstunden vermehrt wurde, theils und am meisten wohl durch Erhöhung der Anforde- rungen an den Privatfleiß außer denselben. Es ist verschiedentlich beflagt worden, daß den Schülern die Zeit zur Stärkung des Körpers und zur freien selbstständigen Uebung der Geisteskräfte hierdurch zu sehr verfkúmmert, und der Gymnasialunterricht eben- deshalb für das Leben selbst minder fruchtbar werde, weil der Mensch bei dessen Benußung für seinen Beruf im Mannesalter derjenigen körperlichen Gesundheit, Gewandtheit und ausdauernden Kraft, des unbefangenen Blickes auf die Aussenwelt und des freien Aufschwunges in eigenthümlicher Geistesrichtung entbehre, welche durch freie Körper- und Geistesthätigkeit zu gründen, dem Gym- nasiasten zu wenig Zeit gelassen würde. Diese Klagen sind viel- faltig wiederholt, im Preußischen Staate besonders aber in den höchsten Kreisen der Regierung durch einen Aufsaß mit der Ueber- christ: „Zum Schuße der Gesundheit in den Schulen““, angeregt worden, womit die medizinische Zeitung des Vereins für Heilfunde in Preußen zum Anfange des Jahres 1836 ihren fünf- ten Jahrgang erdffnete. Zahlreiche Gegenschriften von mehr oder minder gediegenem Jnhalte erkannten zwar an, daß den Schülern allerdings jeßt ein größerer Aufwoand an Zeit und Kraft ange- muthet werde, bestritten jedoch, daß dieses gewöhnlich in einer der freien Entwielung ihrer Körper- und Geisteskräfte nachtheiligen Ausdehnung geschehe, oder gaben höchskens die Nothwendigkeit einiger Veränderungen im Lehrplane zu, um Besorgnisse, welche

sie doch nicht für erheblich hielten, jedenfalls zu heben. Wiefern der Lehrplan wirklih einer Verbesserung bedurfte, und wieweit Hinreichendes seitdem dazu geschehen ist, muß hier unerörtert blei- ben. Nur das ist hervorzuheben, daß in den neusten Zeiten die Neigung bedeutend zugenomnien hat, besondere Schulen für Die- jenigen anzulegen, welche nicht für die Universitätsstubien, wohl aber fúr Stellungen im Leben erzogen werden, worin wissenschaft- liche Bildung auch außer dem Bereiche der Fakultätswissenschaften nicht mehr zu entbehren ist. Der Vermehrung solcher Schulen und der Erweiterung ihres Wirkungskreises ist es nun beizumessen, daß die Zahl der Schüler auf den Gymnasien überhaupt, und besonders in den mittlern und untern Klassen derselben im Allge- meinen abnimmt.

Wären durch eine hinreichende Vermehrung solcher Real- oder hóhern Bürgerschulen die Gymnaslen ganz von den Rüksich- ten auf Schüler zu entbinden, die nicht für Universitätsstudien vorzubereiten sind, so könnten die Lehrpläne in denselben sehr ver- einfacht , eine kostbare Zeit zur freiern Entwickelung der Bad und Geisteskrâfle gewonnen, und dem reifern Alter in den spätern Universitätsjahren Gegenstände des Wissens aufgespart werden, die sodann mit bessern Mitteln und höhern Kräften vollständiger und gründlicher zu studiren sind. Aber die höhern Lehranstalten in armen s{wacch bevölkerten Landestheilen erhalten nur dadurch eine nothdúrftig lohnende Zahl von Schülern, daß sie für den Unter- richt der gebildeten Stände Úberhaupt sorgen und nicht ausschließ- lich allein fúr Universitätsstudien vorbereiten. Als einfache Real- schulen würden sie zwar sih wohl erhalten, weil der bei weitem größte Theil ihrer jeßigen Schüler nicht zum Studiren bestimmt is; aber die gebildeten Einwohner der Umgegend würden den Vor- theil verlieren, Söhne, welche zum Studiren bestimmt sind, wäh- rend der Schuljahre mit mindern Kosten in ihrer Nähe zu un- terhalten. Der Verlust dieses Vortheils würde nicht nur wenig begüterten Familien, sondern selbst ganzen Landestheilen sehr em- pfindlich werden, weil gemeinhin nur diejenigen als Pfarrer, Rich- ter oder Aerzte sih in entlegenen dürftigen Gegenden glúcck: lich fühlen, welchen sie als Heimath durch frühe Gewöh- nung und Familienbande werth geworden sind. Aber auch in dichtbevölkerten, wohlhabenden Landestheilen haben die Gym- nasien bei Vereinfachung ihrer Lehrpläne große Schwierigkeiten zu bekämpfen; ihr anhaltendes Bestreben, die manigfalti- den Gegenstände des Wissens, welche jeßt unter den ge- ildeten Ständen allgemein im Umlaufe sind, in das Gebiet des Gymnasialunterrichts zu ziehen, hat die Meinung verbreitet, daß der Unterricht in denselben schon în den Schulen auch für diejeni- gen beginnen müsse, welchen der jeßige Zustand der Universitäten mehr als jemals früher reiche Mittel darbeut, dieselben vollständi- gee und gründlicher in einem reiferen Lebensalter sich anzueignen. Bon dieser Ansicht aus wird die Rückkehr zu den ältern einfachern Lehrplänen denjenigen für einen Rückschritt gelten, welche den Werth der allgemeinen Bildung nur nah dem Reichthume als Scheidemünze seßen, womit der Verkehr im gemeinen Leben be- trieben wird, während das reine Gold des böhern Wissens nur dem ewöhltetens Umgange und den ernstern Geschäften vorbehal- en :

Sehr wahrscheinlich wird es einer ausgedehnten Umbildung auch der Universitätsstudien bedürfen, um die Gymnasien in ihre wahre Bestimmung, nämlich die Vorbereitung zu denselben, wi; der einzuseßken. Auch nur im Entferntesten E da Dich es úberhaupt einer solchen Umbildung bedürfe, und in