1842 / 204 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

von Mitternacht bis gegen 2 Uhr Morgens auf den Knieen vor dem Sarge ihres Sohnes zugebracht. Nur den dringenden Vorstel: lungen ihrer Damen gelang es, die Königin zu bewegen, sich einige we- nige Stunden des ihr so nöthigen Schlafes zu gônnen. Die Herzogin von Orleans zerfließt immer in Thränen, so oft sie die Todten- Kapelle betritt, nichtsdestoweniger besucht sie dieselbe fünf bis sechs- mal des Tages, Die Aerzte versuchen so viel als sie können, diese Besuche zu vermindern und abzukürzen, aber da die Herzogin, nachdem sie sich vor dem Sarge ihres Gatten in Thränen recht ergossen hat, auf mehrere Stunden die Ruhe und Fassung wieder erbâlt, so wünscht der König, daß man sie ungestört ihrem Schmerze nachhäângen lasse, damit sle bei der Leichenfeier um desto muthiger und stärker erscheine.

Der Postillon, welcher den Herzog von Orleans führte, als dieser aus dem Wagen stürzte, und der mit der größten Liebe sei: nem unglücklichen Herrn anhing, ist zwar nicht wahnsinnig gewor- den, wie man anfangs glaubte, er stel aber in eine Art blódsinni- ger Schwermuth, die jenem Zustande nicht schr unähnlich ist. Sobald er gewahr wird, daß Jemand ihn anblickt, so nähert er sich mit gesenktem Haupt und verweinten Augen, ausrufend: „Ce n’est pas moi qui a tué mon bon maitre Dieser einfache und ungeheucheite Schmerz zeigt, wie sehr der Herzog von Orleans von seiner Dienerschaft geliebt wurde.

Der so oft besprochene Handels : Vertrag zwischen Frankreich und Belgien ist endlich zu Stande gekommen. Die größten Schwie: rigkeiten, welche diesem Vertrage sih in den Weg legten, waren die Forderungen Frankreichs, welches verlangte, daß die Belgische Regierung nicht nur mehrere wichtige Zugeständnisse der Französi: schen Jndustrie einräumen, sondern auch die Einfuhr der Engli- {en Garn- Artikel in Belgien eben so hoch als in Frankreich be- steuern sollte.Das Kabinet derTuilerieen machte zu diesem Ende den Um- ftand geltend, daß wenn die Englischen Garn-Fabrikate einen niederen Zoll in Belgien als in Frankreich zahlten, es den Englischen Garnhänd- lern ein Leichtes wäre, mit ihren Commissionairen in Belgien sich zu verständigen, um dann diese Artikel als Belgische Fabrikate in Franfreih einzuführen. Die Engliche Garn-Jndustrie hätte dann von der Ordonnanz vom 26sten v, M. nichts mehr zu fürchten. Jedermann sieht die Richtigkeit dieser Schlußfolge ein. Wenn indessen Belgien sich herbeilassen möchte, diesem Begehren der Fran: zösischen Regierung zu willfahren, so war es andererseits zu fürch- ten, daß England Repressalien gegen andere Artikel der Belgischen Industrie anwenden würde, Belgien fand sich dabei, wie man zu sagen pflegt, zwischen zwei Feuern, und sah sih veranlaßt, den ersten Schritt zu einer innigeren Handels-Verbindung zwischen bei- den Ländern zu machen, und die Regierung gab dem oben angeführ- ten Begehren Frarkreichs nach, während sie noch dermalen boo mit England in Unterhandlungen is, damit die Tarifs-Erhdhung der Englischen Garn - Artikel in Belgien keine Gegenmaßregeln von Seiten der Briten hervorrufe.

T7 Paris, 19. Juli. Kein neueres Ereigniß hat einen o starken Beweis von der Anhänglichkeit des Französischen Volks an die jeßige Ordnung der Dinge gegeben, als der Eindruck, welchen der Tod des Herzogs von Orleans hervorgebrachte hat. Man darf dreist behaupten, daß die Nachricht davon in allen Theilen des Landes wie die Botschaft von einem dffentlichen Unglücke aufge- nommen worden, weil man Überall gefühlt hat, daß mit dem äâlte- sten Sohn Ludwig Philipps eine mächtige Bürgschaft des Beste- hens und der organischen Weiterentwikelung des jeßigen dffent- lichen Zustandes hinweggefallen ist. Nur die Parteien, deren offen ausgesprochene Zwecke nur über die Trümmer der herrschenden Verfassung hinweg zu erreichen sind, nur diese haben den Muth, den Unglúcksfall vom 13. Juli von dem Standpunkte ihres Jn- teresses aus zu betrachten, aber sie wagen doch tvenigskens nicht öffentlich zu gestehen, daß sle darin cinen unermeßlihen Gewinn für ihre Sache schen. Wenn man die späteren Eventualitäten bei Seite läßt, denen der Tod des Herzogs von Orleans das Thor geöffnet hat, so kann man doch schon jeßt mit der größ- ten Sicherheit voraussagen , daß derselbe eine gänzliche Umwand- lung in der bisherigen Partei : Politik hervorbringen wird.

Die ersten Wirkungen eines solchen Wechsels werden schon bei den Debatten Úber das Regentschafts-Geseß hervortreten. Die Regentschafts - Frage absorbirt alle anderen Jnteressen des Tages, und sie erscheint von Tag zu Tag größer und inhaltsschwerer, in- dem die öffentliche Meinung Zeit nöthig hat, um sich mit cinem s0 neuen Gegenftande vertraut zu machen. Jm ersten Augenblicke gab es eigentlich gar feine Ansichten über die zweckmäßige Lösung derselben, und daher der sonderbare Vorwurf der Oppositions: Blätter, daß die ministerielle Presse diesen Gegenstand auf eine unschicklich voreilige Weise zur Sprache gebracht habe. Die Op- position fand in dem Arsenale ihrer stehenden Meinungen und Argumente nichts, was sie den Vorschlägen der Regierungs: Jour- nale hâtte entgegenseßen fönnen, und fe suchte sich deshalb da: durch aus der Verlegenheit zu ziehen, daß sie erklärte, ihre Deli: katesse erlaube ihr nicht, neben dem noch offenen Sarge des Her- zogs von Orleans eine Debatte Úber die einstweilige Erbschaft der Anwartschaft desselben auf die Regierungsgewalt zu führen. Die stummmachende Wirkung dieses ganz ungewöhnlichen Zartgefühls dauert noch immer theilweise fort. Die meisten Organe der Oppo- sition beschränfen sih bis jeßt auf entfernte Andeutungen über die künftige Regentschafts-Ordnung, úber deren Zweck und Wesen sie noch durchaus feine bestimmte und mit ihren Jnteressen im Einklange stehende Meinung haben. Die Polemik dreht sich vor- läufig nur um den Punkt der Kompetenz der ordentlichen gese: gebenden Geroalt zur Erlassung eines gültigen Regentschafts-Beseßes. Dazu fommt daun noch die Frage, ob dieses Geseß ein allgemeines oder ein blos auf den gegenwärtigen Fall berechnetes seyn solle. Die Personen-Frage wird dagegen vorerst noch so viel als mbglich im Hintergrunde gelassen, weil man über deren vortheilhasteste Ent- scheidung auf vielen Seiten noch nicht wit sich selbs einig is. Sogar die Sympathieen, die sich bereits fúr den einen oder den des Enten fe M Betracht kommenden Haupt - Personen

, seinen ihne A pes vor einigen En hnen selbst heute minder sicher zu seyn,

ewiß is es, daß der vom Könige elb} au i

Entwurf des Regentschafts - Gesehes blos auf der egerosrtinue Fall geht, und daß er dem tee von Nemours die interimistische Regierung zuspricht. Es versteht ih von selbst, daß die Vollmacht der gewöhnlichen Legislatur zur Abfassung des Regentschafts- Geseßes in jenem Entwurfe als keinem Zweifel unterworfen stillschweigend vorausgeseßt wird. Daß das Kabinet in seinen Berathungen über diesen Entwurf die wesentlichen Bestimmungen desselben unverändert lassen werde, ist mindestens gesagt im bbch: sten Grade wáhrscheinlich. Ueber die vermuthliche ntscheidung der Kammern schon jeßt eine Meinung äußern zu wollen, würde voreilig seyn; man darf indessen immerhin annehmen, daß der hon hier und da angeregte Vorschlag einer aus mehreren Personen be- . stehenden Regentschaft in der Kammer, wenn auch einigen Anhang, do s{chwerlich eine Stimmenzahl finden wird, die auf die {ließ-:

liche Fassung des Geseßes von Einfluß seyn könnte.

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Der vorbehaltlich der Ratification durch die Kammern erfolgte Abschluß des Handels-Verträgs mit Belgien, hat einen sehr gún- stigen Eindruck hervorgebratht, und manche weit hinausgehende nationale Wünsche und Hoffnungen, die seit einiger Zeit ruheten, von neuem angeregt. Der Erfolg dieses ersken Versuchs einer ge- meinschaftlichen Volkswirthschaft zwischen Frankreich und Belgien wird bald lehren, ob und in wieweit jene Wünsche und Hoffnun: gen ihrer Erfüllung näher gerückt sind.

x” » Paris, 19. Juli. Der König wird am 26sten d. M. die Kammern in Person eróffnen; es wird mithin eine Thron- Rede und eine Adresse geben. Diese Präliminarien werden ver- hindern, daß man sich sogleih mit der Regentschafts: Frage be- schäftigt, deren Besprechung in der Presse bereits immer verwik- kelter wird, und schon giebt es entgegengeseßte Ansprüche und we- sentliche Meinungs-Verschiedenheiten Úber mehrere Punkte. Die Einen wollen ein definitives Gese Úber die Regentschaft, worin alle Eventualitäten vorhergesehen seyn sollen; dies if die Meinung des Herrn Molé und seiner Partei, die sie indeß vielleicht nur angc- nommen haben, weil sie Mittel zur Opposition werden kann. An- dere, und unter ihnen die Minister, glauben, daß ein Geseg für den gegenwärtigen Fall hinreicht, und daß man nicht alle zukünf- tige Chancen, die eine andere Regentschaft als die gegenwärtig in Aussicht stehende nöthig machen könnten, zu untersuchen brauche. Alle diese Schwierigkeiten sind so plöblich eingetreten, daß man noch nicht Zeit gehabt hat, sie gründlich zu erörtern. Es sind dies Übrigens Combinationen, die sich mittelst Angriff und Verctheidi- gung lósen, und die leider mit den wahren Jnteressen des Landes nicht in Verbindung stehen. Die Ausarbeîtung des Geseß- Ent- wurfs Über die Regentschaft ist den ausgezeichnetsten Mitgliedern beider Kammern Úbertragen worden und das Ministerium hat sich zu diesem Zweck mit den in der Politik und dem öbffentlichen Recht erfahrensten Männern umgeben. Es ist in der That eine Arbeit, die große Einsicht und gewissermaßen das Bewußtseyn der Zukunft verlangt, Die Oppositions-Blätter beschäftigen sich viel mit dem Herzog von Nemours; sie wollen in ihm nicht die nöthi: gen Eigenschaften eines Regenten finden und sprechen ihre Vorliebe für die Herzogin von Orleans aus. Es is dies übrigens das Terrain, worauf die Opposition sich bei der Erórterung des Re- gentschafts - Geseßes scheint begeben zu wollen,

Endlich hat Frankreich einen Handels - Traktat mit Belgien abgeschlossen; aber dieser Traktat hat keine ernste Bedeutung und regulirt nur einige Punkte von untergeordneter Wichtigkeit. Die Ordonnanz über die Leinen: und Hanf - Zeuge und Garne vom 26sten vorigen Monats hat dazu die Gelegenheit und den Vor- wand gegeben. Die Ordonnanz hat den Zoll auf fremde Leinen: Zeuge und Garne verdoppelt; aber kraft des Traktats mit Belgien wird der neue Tarif úber Leinen:Zeuge und Garne nicht auf dies Land angewendet und der alte Zoll von 10—12 Centimcn besteht fort, Diese Ausnahme ist wichtig für Belgien, denn es liefert uns in Folge derselben jährlich für 12— 13 Millionen Franken Leinen- oder Hanf -Zeuge und für etwa 3 Millionen Franken Garn. Die- ser Absaßweg existirte nicht mehr, wenn der Tarif vom 26. Juni auch auf die Belgische Gränze wäre angewendet worden. Es war naturlich, für diese Begünstigung auch einige Vortheile für unseren Handel und unsere Industrie zu verlangen. Diese Vortheile be- treffen unsere Weine, unsere Seidenwaaren, unser Salz und die Gleichstellung unserer Schisfe mit den Belgischen auf den Kanä- len Belgiens.

Die Zölle auf Französishe Weine sind verschiedener Art: zuerst der Gränzzoll von 2 Fr. für das Hectolitre Wein in Fäs- sern und von 12 Fr: für das Hectolitre in Bouteillen; dann der Accise-Zoll von 33 Fr. ‘fürdas-Hectolitre und endlich der Stadt- Zoll, welcher nach der Wichtigkeit der Bevölkerung der Städte variürt. Nach dem Traktat wird der Gränzzoll für das Hecto- litre Wein in Fässern auf 59 Cent. und in Bouteillen auf 2 Fr., der Accise-Zoll auf ein Viertel, also auf 24 Fr. 75 Cent. und der Gráänzzell auf Seidenwaaren auf 20 pCt. herabgeseßt. Dieser leßtere Artikel ist der Haupt : Gegenskand unserer Ausfuhr nach Belgien und repräsentirt eine jährliche Summe von 7—8 Millio: nen. Die Weine nehmen in dieser Beziehung erst den vierten Rang ein mit etwa 4 Millionen Franken, also 2 Millionen we- niger, als die Ausfuhr desselben Artikels nach England beträgt. Der Verkauf unserer Branntweine ist in Belgicn fast null, steigt dagegen in England auf 8— 10 Millionen Fr. Es repräsentirt also der Artikel, für den wir cine Ausnahme gemacht haben, einen jährlichen Werth von etwa 15 Millionen Franken, während die Französischen Artifel, deren Zölle Belgien vermindert hat, nämlich Weine und Seidenwaaren, nur etwa einen Werth von 12 Mil: lionen erreichen. Was die Schifffahrt auf den Belgischen Ge- wässern betrifft, so bestimmt der Traktat nur Ge enseitigkeit und in dieser Hinsicht macht Belgien uns kein Zugesländuiß, da seine Fahrzeuge auf unseren Kanälen schon seit langer Zeit dieselben Vortheile genießen, wie die unsrigen. Die Anwendung des Fran- zösischen Tarifs für Leinenzeuge und Garne isk nicht von großer Wichtigkeit für uns, denn die durch Belgien gehenden Englischen Waaren würden gezwungenerweise einen doppelten Zoll bezahlen, der dem durch die Ordonnanz vom 26. Juni festgeseßten Zoll gleichkäâme; es würde daher keinen Vortheil gewähren, für die Einführung Englischer Leinenzeuge und Garne in Frankreich den Weg durch Belgien zu wählen. Die Anwendung des neuen Ta- rifs auf die Belgische Gränze würde cin viel wirksamerer Schuß gegen die Englischen Leinenwaaren seyn. Jn dem vor kurzem mit Holland abgeschlossenen Traktat haben wir eine Herabseßung der Zölle auf unscre Weine erlangt; da aber in den Niederlanden wie in Belgien die Consumtions-Steuer schr bedeutend ist, so kann diese Reduction nicht von merklicher Wrvas Se uns seyn. Diese Wirkung ist vielmehr durch eine kurz nah Abschließung des Traktats er®

angene Bestimmung, welche den Accise-Zoll auf Weine um eben f viel erhöht, als der Gränzzoll herabgeseßt worden, völlig an-

nullirt. Um ähnliche Dinge in T zu verhindern, hat man

festgeseßt, daß, wenn eine neue Auflage ausgeschrieben wird, der Traktat sofort erlischt, und mithin der Leinen- Tarif auf die Bel: gische Gränze angewendet wird. Der Traktat hat, wir wiederho- len es, keine große kommerzielle Wichtigkeit; aber er ist ein Präce- denz-Beispiel und kann leicht als Grundlage für weitere Unter- handlungen dienen. Belgien findet beiuns einen unermeßlichen Markt, und, um ihn noch zu vergrößern, braucht es nur einige unserer Erzeug- nisse mehr zu begünstigen. Die Zölle auf unsere Weine sind ungeachtet der statigebüdten Reduction noch immer zu hoch, als daß wir da- von eine bedeutende Vermehrung der Consumtion hoffen könnten. Dasselbe gilt von unseren Seidenwaaren und einigen Luxus-Arti- feln, welche die Belgier nur sehr unvollkommen verfertigen. Da der ema abgeschlossene Traktat Steuer-Fragen berührt , so muß er den Belgischen Kammern zur Genehmigung vorgelegt wer- den und dann erst fann der König Leopold ihn ratifiziren. Man glaubt hier , daß Alles vor dem 15, August, bis zu welcher Zeit der neue Französische Leinen-Tarif auf die Belgische Gränze in An- wendung bleibt, abgemacht seyn werde.

Großbritanien und Jrland.

London, 19. Juli. Nach dem Herald is die Königin durch die Nachricht von dem Tode des Herzogs von Orleans bis ju Thränen gerührt worden und hat sogleich, wie auch der Prinz

lbrecht, ein eigens Kondolenz - Schreiben an den König der Franzosen abgesandt. :

Die Englischen Blätter enthalten jeßt sämmtlich Betrachtun- gen über den Tod des Herzogs von Orleans und über die Fol: gen, die dieses Ereigniß für Franfreih und die Europäische Po- litif haben fann. Es wird interessant seyn, darüber die Haupt- Stimmführer zu vernehmen. Wir geben daher zunächst hier, was die Morning Chronicle, das Organ der Whiggistischen Opposition, sagt: i

_ Je länger wir das furchtbare Mißgeschick, welches den Franzd- sischen Thronerben in der Blüthe des Lebens und der Hoffnungen hinwegraffte, ecwägen, um so mehr sind wir geneigt, es als ein schweres d p und als ciu Afahevollce Ercigniß für die ganze ci- vilistrte Welt zu betrachten. as hârteste Herz muß mit der tiefen Betrübniß der Königlichen Familie von Frankreich, mit der Verzwcif- lung der liebenswürdigen Wittwe des jungen Prinzen, mit dem seines Sohnes beraubten Vater, der in ihm den Erben sciner Macht sah, sympathisiren. Der aufrichtige Schmerz sciner Freunde beweist, daß er wirklich jene Liebenswürdigfkeit desaß- die das Gerücht ihm bei- legte, und das allgemeine Bedauern in Frankreich zeigt, daß er Eigen- schaften hatte, die bei der Nation günstige Erwartungen erregten,

¡Aber wenn wir von dem harten Schicksal des jangen Prinzen und von der Trauer der Familie und der Freunde zu einer ruhigen Betrachtung der wahrscheinlichen politischen Folgen desselven Pborge- hen, so wird das durch das allgemeine menschliche Gefühl erregte Be- dauern noch vermehrt. Die Folgen sind klar. Bei dem gegenwärti- gen getheilten und aufgeregten Zustande Frankreichs und bei dem Al- ter des Königs muß der Gedanke Besorgniß erregen , daß in kurzem cine Regentschaft cintreten und so lange dauern wird, bis ein Kind von wenigen Fahren die Gefahren des Kuaben-Alters überwunden und das Alter erreicht hat, wo Zeit und Gebrauch ihm gestatten, die Pflichten und die Autorität der Königlichen Würde zu Übernehmen. Der König der Franzosen is jeßt nahe an 70 Jahre alt, und obgleich noch im vollen Besiß seiner Kdrpec- und Geisteskcäfte, sind doch scit einiger au allerhand Ss Gerüchte über den Zustand sei- ner Gesundheit verbreitet. Es if cin furchtbarer Gedanke, daß Franfk- reich in kurzem den Gefahren einer langen Minorität ausgeseht seyn wird, und dieser Gedanke wird noch furchtbarer durch die Erinnerung an die häufigen Angriffe auf das Leben Ludwig Philipy's, so wie durch die Banca daß der Umstand, daß er allcin zwischen dem Laude und der verhältnißmäßigen Schwäche, wenn nicht Anarchie einer Mi- norität steht, hinreicht, die Gewalithätigkciten noch mchr aufzureizen, indem die mit dem Tode des Königs nothwendig eintretende Verwir- rung die Hoffnungen der Unzufriedenen erregt. ¿

¿Die Aussicht auf Ludwig Philipps Tod würde unter allen Umständen große Besorgnisse erregt baben. Niemals war der Ein-

der Energie und Einsicht cines cinzigen Mannes auf die wichtige Me der Angelegenheiten einer großen Nation sichtbarer. Seine Regierung is án beständiger und hartnäckiger Kampf mit der un- ruhigen Thorheit (slolly) eines Volkes, das an eine verständige Aus- úbung der constitutionellen Freiheit niht gewdhnt ist. Unterwerfung unter die Gesche und Regierungs-Formen, welche es sich selbs ge- geben, is dem Französischen Volke weder durch Gewohnheit, noch durch Ucberlegung eigenthümlich geworden. Die Minorität glaubt stets ein Recht zu haben, sich zu cmpdren und durch Waffen-Gewalt jede ihr ungüntltige Entscheidung der Majorität zu bekämpfen. Lud- wig Philipp’2 Energie hat bis zu cinem gewissen Grade die Wild- heit seines Volkes gebändigt, allein es ergiebt sich, das er sie nur in eine etwas weniger rohe Form verwandelt hat. Die Gewohnheit der Fnsurrection ist unterdrückt, aber nur, um durch unheilvollere Intriguen , welche aller Stabilität und allem Fortschritte feindselig entgegentreten und durh Hervorrufung der schlechtesten Tar, ten und Vorurtheile des Französischen Volkes erseßt zu werden. Wie verächtlich diese Leidenschaften, wie beklagenswerth diese Vorurtheile sind, haben die lezten Wahlen gezeigt, wobei die Opposition ihr Feld nur durch die siunlosesten Anrufungen der National- Autipathicen bchaupten konnte uud die Anhänger eines weisen und redlichen Mi- nisteriums nur dadurch ihre Sihe in der Kammer glaubten behalten zu können, daß ste dies gehässige Kriegsgeschrei wiederholten und thre Gesinnungen über den cinen Punkt verhchlten, worin ste mit der gesunden dffentlichen Meinung und den wahren JFnteressen ihres eigenen Landes durchaus übereinstimmten.

¿Die Welt würde in der That den cinzigen Maun, der bewiesen hat, daß er dies gefährliche Volk zu bändigen weiß, sehr vermissen. Ob er dics stets auf die beste Weise gethan, ob er nicht vielleicht zu weilen seinen Zweck durch gerechtere und verfassungsmäßigere Mittel hâtte errcichen, ob er für die Ruhe und eventuclle Verbessc- tung Frankreichs nicht hätte mehr thun können, wenn er sich zu- weilen nachgicbiger gegen die Gesehe, die Rechte des Volks und die dfentliche Meinung gezeigt hätte, das sind Punkte, die wir nach unserer Ansicht hier nicht zu wiederholen brauchen. Es is indeß nur Gerechtigkeit gegen Ludwig Philipp, wenn man zugiebt, daß er das Volk begreift , mit dem er es zu thun hat, und würde er dem- selben entrissen, so môchte es schwierig seyn, einen Mann zu finden, der die Eigenschaften besißt, die es Ludwig Philipp mdglich gemacht haben, sich in seiner shwierigen Stellung so lange zu behaupten. Wollten wir eine Meinung über einen o delikaten Gegenftand äußern, so würden wir sagen , daß nach unserer Ueberzeugung scin fester Wille und seine scharfe Urthcilskraft nur durch den Willen und die Urtheilskraft eines mit dersclben constitutionellen Autorität be- kleideten Mannes erseßt werden kann. Eine Autorität, die zwischen cinem r gr cinem Vormund und vielleicht einem Regentschafts- Rath getheilt ist, und in Gemeinschaft mit den wechselnden Launen zahlreicher Persouen und geschwäcnt durch die Offenkundigkeit ihrer kurzen Dauer ausgeübt wird, kanu das Französische Volk nicht auf wirksame Weise leiten.

¿Das Französische Gescß, wenn es noch dasselbe wäre, wie vor der Revolution, würde die Regentschaft während der Minderjährig- feit des G der Mutter desselben Übertragen. Die Herzogin von Orleans if eîne kluge und vortreffliche Frau; aber dieselben Eigen- schaften , welche bei dem gewdhnlichen Gange der Dinge in consti- tutionellen Ländern die Regierung einer Frau wünschenswerth er- scheinen lassen, machen sie doch, wie wir glauben, bei einem so schwankenden Zustande der Gesellschaft wie in Fraukrcich, unfähig- das Ruder zu führen. Die Herzogin ist überdies eine Deutsche und Protestantin , und ein großer Theil des Volks würde sic dieses lehz- teren Umstandes wegen mit Mißtrauen betrachten, und wie groß die Eifersucht und die Abneigung gegen Ausländer ist, wissen Alle, denen die Gesinnungen bekaunt stnd, die Herr Thiers und seine Freunde in Frankreich hervorgerufen haben. Unter diesen Umständen kann wohl nicht daran gedacht werden, der Herzogin von Orleans die Regentschaft zu Übertragen, selbst wenn ihre, bereits sehr ge- shwächte Gesundheit ihr gestatten sollte, die Pflichten derselben zu Übernchmen. Ohne S N wollen, welches Gewicht auf die früheren Beispicle der Französtschen Monarchie {u legen sey, scheint es uns, daß der did von Nemours der natürlichste Regent wäh- rend der Minderjährigkeit seines Neffen seyn würde. Durch sein na- hes Verhältniß zum Thron und dur andere Umstände besiht er gro ßen Einfluß und es ist Wen ert, daß das Gewicht desselben um Besten der Regierung setnes Neffen verwendet werde. Ueberdies ll er die Vorsicht und den Scharfsinn scines Vaters in hohem Grade besitzen.‘ ,

Die Berichte aus den Fabrifk-Distrikten werden von Tage

u Tage bedrohlicher, L es bis jeßt noch nit zum offenen

ufstande gekommen ist. n Salford und Manchester is eine Denkschrift berathen, und von 30,000 Jndividuen unterzeichnet

| worden, in welcher die Repräsentanten jener beiden Orte im Un-

terhause aufgefordert werden, darauf anzutragen, daß die Steuern nicht eher bewilligt werden sollen, als bis die Ursachen des Überall Reden Nothstandes durch Abschaffung der das Getraide, den

ucker und den Kasfee vertheuernden hohen Zölle beseitiget worden sind. Jn einer Versammlung des Vereins gegen die Korn - Geseße erklärte der Alderman Brooks geradezu, daß er das Land am Abgrunde einer Revolution glaube, und daß nur Steuerverweigerung die Aristokratie zwingen könne, sich des Elendes des Volkes zu erbarmen. Der Gewaltthat am nächsten stehen, wie es scheint, die Arbeiter in den Steingut- Fabriken, über welche schon in voriger Woche schr bedrohliche Nachrichten eingelaufen sind. Die Arbeiter, besonders auch die- jenigen aus den Kohlengruben, ziehen noch immer in Banden umher, indeß sind seitdem bedeutendere Truppenmassen aufgeboten worden, und man darf hoffen, mit Hülfe derselben, offene Gewalt- thâtigfkeiten zu verhindern.

Die Anti-Corn-Law-Konferenz hält hier in London noch fort- während ihre Sißungen, und sucht auf jede Weise die Regierung zu positiveren Hülfsmaßregeln gegen den Nothstand zu bewegen, als von derselben bisher ergriffen worden sind. Sie hat sich nach der bekannten Audienz beim Premier-Minisker durch eine Depu- tation an den Herzog von Sussex gewandt, und durch ihn eine Petition an die Königin Úberreichen lassen. „Neuerdings hat sie auch den Herzog von Wellington um Gehör angegangen, der ihr indeß durch ihren Präsidenten, Herrn Taylor, nur folgende Antwort hat zugehea lassen: „Feldmarschall Her: zog von Wellington entbietet Herrn Taylor seinen Gruß, Er steht nicht im Amt, in der Königin politischem Dienste (in the Queen's political service). Er is nicht betrauet mit der Ausübung einer politischen Gewalt. Er hat keine Autorität úber die, welche es sind. Er bittet, es ihm nicht zu verargen, wenn er es ablehnt, die Besuche Deputirter von „Associationen oder einzelner Herren anzunehmen, mit denen er über bffentliche An-

elegenheiten Unterhaltungen führen soll. Wenn indeß irgend ein

entleman für zweckmäßig findet, ihm schriftliche Nachweise oder Auskunft Úber irgend einen Gegenstand zu ertheilen, so wird er die Schrift mit Aufmerksamkeit durchlesen,

Velgienu.

Brüssel, 20. Juli. Das Journal de Bruxelles sagt: „Wir glauben bemerklich machen zu müssen, daß Belgien alle die- jenigen Vergünstigungen, die es durch den jeßt abgeschlossenen Handels-Vertrag den Franzosen gewährt, auch anderen Nationen E fann, sobald es unsere Regierung für angemessen er- achtet.“

Der regierende Herzog von Sachsen - Koburg: Gotha befindet sh in Ostende und wird daselbst die Seebäder gebrauchen.

Lüttich, 19. Juli, Die Einweihung der Eisenbahn mit der geneigten Ebene von Ans und die Enthüllung der Gretryschen Statue hat mit vieler Feierlichkeit stattgefunden. Sonntag fand die erste Befahrung der geneigten Ebene durch den Minister der offentlichen Arbeiten statt. s :

Montags wurde die Gretrysche Statue feierlih enthüllt. Die Herren Liszt, Fetis und Daussoigne wurden dabei als Ritter des Leopold-Ordens proklamirt. Abends gab man im Theater die Gretrysche Oper „Richard Löwenherz.“ M

Jn der gestrigen Sißung des Provinzial -Raths von Lüttich legte der Gouverneur eine ministerielle Depesche vor, welche an- zeigt, daß zu Paris am 16ten eine Convention abgeschlossen wor- den, welche Belgien der Wirkungen der Französischen Verordnung vom 26. Juni díeses Jahres cntdébe. Die Französische Regierung führt den alten Tarif auf der Belgischen Gränze cin. Dagegen reduzirt Belgien die Eingangszólle auf Wein im Faß um 50 Cent., um 2 Fr. für die Weine in Flaschen und auf Seidenwaaren um 20 pCt. Die Convention ist auf 4 Jahre abgeschlossen.

Deutsche Bundesstaaten. Dresden, 20. Juli, Se. Majestät der Ta von Würt- temberg sind unter dem Namen eines Grafen von eck hier an- gekommen.

anuover, 19, Juli, Gestern wurde auf der Hannover- Braunschweigschen Eisenbahn bei Lehrte der erste Spatenstich ge- than. Zur Feier dieses Ereignisses hatten sich die Beamten des Königl. Amtes Zlten und mehrere höhere Beamte aus Hannover cingesunn, Die Feierlichkeit begann bei der Ankunft der Beam: ten an Ort und Stelle gegen 7 Uhr Abends mit einem God save the King, unter welchem die Hannoversche See: und Handels: Flagge, die Landes- Flagge, und die allgemeine Eisenbahn : Flagge vor einem zu Ehren des Tages errichteten Laubzelte aufgerichtet wurden. Nachdem der Hauptmann Dammert, als Ober: Jnge- nieur der Bahn, eine kurze dem Zwecke entsprechende Rede gehal: ten, und der Geheime Kanzleirath Hoppenstedt, Referent in Eisen- bahn- Angelegenheiten bei dem Königl. Ministerium des Jnnern, einige Worte gesprochen hatten, that Leßterer die ersten drei Spa- tenstiche, und: brachte Sr. Majestät dem Könige ein Lebehoch, in welches sämmtliche Anwesende einstiimmten. Erst spät am Abend trennte sich die frohe Gesellschaft.

A Hamburg, 22. Juli. Gestern ereignete sich ein kleiner Unfall auf der Hamburg - Bergedorfer Eisenbahn, welcher keiner öffentlichen Erwähnung werth wäre, wenn nicht das Gerücht die Sache entftellen könnte. Die Altonaer Liedertafel gab ein Fest in Bergedorf; die Eisenbahn war deswegen ungewöhnlich stark be- sucht und es mußten einige Extrazüge expedirt werden. Unmittel- bar vor dem hiesigen Bahnhof durchschneidet die Bahn einen längs dem Stadtgraben führenden Weg, welcher, so oft ein Zug fommt, mittelst bd! erner Geländerthüren abgesperrt wird ; eine derselben war nicht Ls genug geschlossen, und ein starker Wind: stoß riß sie gerade in dem Augenblicke auf, als ein Wagenzug vorúberkam ; die Thüre schlug gegen die Locomotive, welche das Holzwerk derselben zertrúmmerte, ohne einen Aufenthalt zu finden; nur ein Letz ereagenee Theil der Thüre war in den Angeln hângen geblieben, und sreifte an die Fenster der nächsten Per- sonenwagen ; ein Paar Scheiben wurden zerschlagen und dadurch einzelne Personen, welche hinausgeschen hatten, verleßt, die Ver- lekungen waren aber glúcklicherweise ganz unbedeutend und be- schränkten sich auf ein Paar Schrammen im Gesicht, so daß alles in heiterer Stimmung die Or! fortseßte, und nur ein âltlicher Herr, welcher eine kleine Beule davon getragen hatte, sah sich veranlaßt, auszusteigen und zurückzubleiben. Die Frequenz der Bergedorfer Eisenbahn, durch das Wetter begünstigt, Übertrisst die Vowwareungen, welche man nach der Kalamität, die uns be- troffen hat, von einer Bahn hegen durfte, welche für jeßt, #0 lange die Forequagen in das Jnnere noch nicht beschafft, und au die Einrichtungen zum Transport der ländlichen Produkte noch nicht fertig sind, hauptsächlich auf Vergnügensfahrten berech: net seyn muß. Allmälig beginnen indessen auch schon die Land- leute der Umgegend, welche ihr Geschäft täglich in die Stadt führt,

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sich an das neue Kommunikationsmittel zu gewöhnen. Dieser Verkehr wird sich bedeutend mehren, wenn erst eine regelmäßige Zwischenstation festgeseßt, Gütertransport : Wagen eingerichtet, und die allerdings etwas hohen Fahrpreise herabgeseßt seyn werden.

Heute endlich wird auf einem der eingeäscherten Grundstúe am JZungfernstieg mit dem Wiederaufbau eines Hauses begonnen; seit gestern nämlih haben die meisten Grundbesißer in dieser Straße, und einige Tage vorher die Grundbesißer des Holzdam- mes und der Lilienstraße die Erlaubniß zum Bau erhalten, die der beiden leßten Gassen jedoch mit der allerdings etwas stórenden Bedingung, daß sie sich eine Erhöhung des Grundes der Straße gefal: len lassen müßten, falls eine solche nothwendig befunden werden sollte, Hoffentlich wird bald auch in anderen Straßen die sehnlichst erwartete Bau-EFrlaubniß gegeben werden, denn die dem Bau günstige Jahres- zeit droht abzulaufen und die Ungeduld der baulustigen Grundeigen- thúmer steigt in demselben Maaße. Sie ganz zu befriedigen, wird der mit Regulirung des Neubaues beauftragten Rath- und Bürger- Deputation schwer werden. Jn den meisten Gassen fann die Erlaubniß zum Bebauen nicht eher ertheilt werden, als bis der neue Stadtplan definitiv festgeseßt seyn wird, und das ist bei der Unzahl von Fragen, die dabei in Betracht kommen, keine fleine Aufgabe, Jm Allgemeinen zwar is Jedermann der Ansicht, daß nach cinem neuen umfassenden Plane der zerstörte Stadttheil wieder hergestellt werden müsse; fragt man aber den einzelnen betheiligten Grundeigenthúmer, so will mit wenigen Ausnahmen jeder am liebsten sein bisheriges Grundstúck in slalu quo behalten. Zudem wird die bei einem veränderten Plan nothwendige Expropriation ungeheure Kosten machen, und die Staatskasse ist begreiflicher Weise in diesem Augenblick nicht gra in der Lage, Pre Summen aufwenden zu können. Man kommt deswegen bei den desfallsigen Berathungen allmälig von den ersten, gleich nah dem Brande entworfenen Plänen zurück, und entschließt sich deswegen immer mehr, den Straßen so viel als möglich ihre alte Richtung zu lassen, und nur dort wesentlich zu ändern, wo wirklich eine Art Nothwendigkeit vor- liegt, im Uebrigen aber sih auf Verbreiterung und Alliniament der alten Straßen zu beschränken, und außerdem in den der Ueberschwemmung ausgeseßten Gassen Erhöhungen des Terrains vorzunehmen. Mit den hierauf bezüglichen Fragen steht denn auch eine bessere Regulirung des Wassersystems der von drei Flússen und einer großen Anzahl von Kanälen bewässerten Stadt in Zusammenhang, wobei namentlich auch eine zweckmäßige Ver- legung der Wassermühlen in Betracht kommt. Für diejenigen Gassen, auf welche diese Dinge und der neue Stadtplan voraus- sichtlich keinen Einfluß haben wird, sind einzelne Mitglieder der Deputation kommittirt werden, mit den Hauseigenthúmern das Nöthige zu verabreden, und auf diese Weise sind, wie gesagt, die Verhältnisse dreier Straßen bereits regulirt, und mehrere andere werden demnächst folgen. Die übrigen werden länger warten mússen, weil sowohl das Expropriationsgeseß als der Stadtplan erst einer Genehmigung Erbgesessener Bürgerschaft bedürfen werden, und die hierzu erforderlichen Vorarbeiten von der Depu- tation noch nicht beendigt sind. Es würde in diesem Augenblick sogar an einem Lokal zur Abhaltung eines Rath- und Bürger- Konvents fehlen. Denn das Waisenhaus, wo sie seit dem Brande gehalten wurden und künftig gehalten werden, wird gerade jeßt zur Aufnahme der verschiedenen Büreaus ausgebaut, und die Arbeiten dürften noch ein Paar Wochen dauern. Ueber die Anleihe sind nur noch Gerüchte im Umlauf, die ih ihrer Unzu- verlässigkeit wegen nicht zu wiederholen brauche.

HDesterreich. __ Wien, 19. Zuli. Der Kaiserl. Hof hat die Trauer fúr den Herzog von Orleans auf 16 Tage angelegt.

Schweiz.

Zürich, 18. Juli. (N. Z. Z.) Vorgestern verurtheilte das Kriminalgericht den Nachtwächter Koller, von dessen Hand der Studiosus Kirchmeier gefallen, zu funfzehnmonatlicher Gefangen- schaft; der Staats-Anwalt hatte auf 14 Tage Gefangenschaft an- getragen. Die Remonstration des «labenaliiken Senats liegt in den Händen des Regierungs - Raths und bietet ihm einen reichen

Stoff zur Erwägung. Jtalien.

Nom, 12. Juli. Geskern ist der Mörder des Schwedischen Grafen v. Palin durch die Guillotine hingerichtet und sein Kopf nach dem Urtheilsspruch eine Stunde lang auf dem Pfahl aus- gestellt worden. Ersk Nachmittags gegen 4 Uhr statt in der Früh konnte die Hinrichtung vorgenommen werden, bis dahin läugnete er frech alles ab und wollte von keinem geistlichen Beistand horen. Ob er bei der abgelegten Beichte endlich seine Schuld gestand, ist naturlich ein Geheimniß, doch ist es anzunehmen, da ihm als reuigem Süönder das Sacrament gereicht wurde.

Spauien.

Madrid, 12, Juli. Jn der heutigen Sißung der Depu- tirten- Kammer forderte Herr Gonzalez, chemaliger Minister der auswärtigen Angelegenheiten, seinen Nachfolger auf, zu erklären, ob seit dem Ausscheiden des Ministeriums der Repräsentant irgend einer fremden Macht Reclamationen wegen eines Handels-Traktats mit Spanien erhoben habe. Als der Minister dies verneinte, nahm Herr Gonzalez wieder das Wort und beklagte sich über die Unklugheit, womit man ihn an einem anderen Orte (im Senate) angreife, indem man dazu gewisse Privat - Konferenzen, die durch- aus feinen offiziellen Charakter hâtten, benuße. „Herr Marliani“, fügte er hinzu, „hat gesagt, daß ih wieder in das Ministerium einzutreten wünschte obgleich ich dies zurúckweise, so will ih nur bemerken, daß ih in jenem Falle meiner Rúckkehr ins Ministerium sicherer seyn würde, als Herr Marliani seiner Rückehr in den Senat. Herr Marliani rúhmt sich großer diplomatischer Kenntnisse, er besißt aber gar keine. Um dies zu beweisen, reicht es hin, an den Ausgang seiner Mission nah Wien, als Secretair des Herrn Zea Bermudez, zu erinnern; es ist dies die einzige di: plomatische Mission, die ihm jemals Übertragen worden ist. Was die Baumwollen-Frage betrifft, so ist es allerdings wahr, daß der Britische Botschafter mich mehrmals aufgefordert hat, Unterhand: lungen in dieser Bezichung zu erösfnen, allein ih habe mich stets geweigert, eher darauf einzugehen, als bis diese Frage von dem Kongresse entschieden worden.“ Schließlih verlas er noch cin Schreiben des Herrn Marliani, dessen Jnhalt die meisten Erklä- rungen desselben widerlegt. Herr Sanchez Silva bemerkte, daß der Englische Botschafter nicht ganz mit Herrn Gonzalez üúber- einstimme und behauptete, daß allerdings Vorschläge gemacht wor- den seyen, Die Kammer ging hierauf zur Tagesordnung über.

Portugal.

Lissabon, 11. Juli. Die Königin hat gestern die Cortes mit folgender Rede erössnet:

,„Würdige Pairs des Königreichs und Deputirte der Portugiesi= schen Nation !‘/

ligkeit an den und die Aufflärung des heiligen Vaters sind cine sichere VBE schaft für die Eihtraht und ohne irgend cine Verleßung der Prä-

¡Der freiwillig in diesen Königreichen kundgegebene National-

Wille bestimmt Mich, die heiligste Pslicht zu erfüllen und dic von Meinem erhabenen Vater, glorreichen Andenkens, autorisirte constitu- tionelle Charte pu Fundamental - Geseß der Monarchie zu erklären. Ihre Mission if

dieselbe erfüllen.//

es, dieselbe zu befestigen und Fch hoffe, Sie werden

¡Fh erhalte fortwährend von allen Souverainen, Meinen Alliir-

ten, erfreuliche Beweise der Freundschaft und Uebereinstimmung, und Meine Regierung sucht unausgescht unsere politishen und kommerz ziellen Verbindungen weiter auszudehnen.//

Mit großer Genugthuung habe Jch den Fnternuntius Sr. Hei- it Meinem Hofe ankommen schen. Die mannigfachen Tugen-

rogative der Krone, die Meine Regierung siets aufrecht erhalten wird für den Frieden in der Lusitanischen Kirche, dessen sie o sehr be- darf, für die Erhaltung der dentlichen Ordnung und der Ruhe des Gewissens. Mit großem Vergnügen zeige Fch Jhnen auch an, daß die Repräsentanten des Königs von Preußen und des Königs von Sardinien an Meinem Hofe angekommen und ihre Beglaubigungs- Schreiben überreicht haben / : S

¡Zwei Traktate, die Jh mit Jhrer Majestät der Königin von Großbritanien abgeschlossen habe, sind unterzeichnet worden und sollen Fhnen gleich nach der Ratification vorgelegt werden. Der eine der- selben betrifft die Unterdrückung des Sklaven-Handels, der andere hat den Zweck, die wechselseitigen Handels - und Schifffahrts-Verhält nisse mehr zu befestigen.// | :

¿Das Budget der Einnahmen und Ausgaben für das laufende Finanziahr wird Jhnen vorgelegt werden. H

¡Fch hose von dem Patriotismus der Cortes, daß Sie mit Eifer ihre Functionen erfüllen werden, um die Basts des neuen Finanz Systems definitiv festzustellen, die wichtigen Hülfsmittel der Kol0o- nieen zu entwickeln und alle Zweige der Verwaltung dieser König- reiche zu vervollkommnen.//

¡Die Session ist eröffnet.//

Die Eróffnungs-Rede wurde in der Deputirten-Kammer ge- halten, wo sih die Mitglieder beider Kammern versammelt hatten. Das Ceremoniell war dasselbe wie zur Zeit der vorigen Consti-

tution, nur trugen die Pairs Hermelin-Roben, die Deputirten da- gegen die ihren Beschäftigungen zukommenden Uniformen. Jm Ganzen waren etwa 50 Mikglieder beider Kammern anwesend. Die Gallericen für das Publikum waren gedrängt voll, und auf der Gallerie für das diplomatische Corps bemerfte man den Pôâpstlichen Nuntius. Auch die Herzogin von Braganza wohnte der Sißung bei. wohl aus.

Die Königin und ihr Gemahl sahen sehr Dem Vernehmen nach sollen die Kammern gleich nach der

Verifizirung der Vollmachten bis zum September vertagt werden.

Vereinigte Staaten vou Nord-Amerika.

Das Paketschiff „Britannia“, welches am 2ten d. M. Boston verlassen hat, ist am 16ten d. M. in Liverpool ange- fommen und bringt Nachrichten aus den Vereinigten Staaten, welche von größcrer Bedeutung sind, als die mit den leßten Paketschisfen eingetroffenen. Große Aufregung hat ein Beschluß des Prásidenten Tyler erregt, einer von dem ongresse angenom- menen provisorischen Tarif - Bill sein Veto entgegenzuseßen, ein Entschluß, durch welchen nah Ansicht Einiger jede geseßmäßige Zollerhebung vor der Hand unmöglich gemacht wird. Die soge- nannte Kompromiß- Akte vom Jahre 1833, welche einen gleich- mäßigen Zoll von 20pCt. eingeführt hat, lief am 1. Juli d. J. ab, und da die Verhandlungen im Kongresse úber den neu einzuführenden Tarif sich in die Länge zogen, so wurde im

Repräsentantenhause eine Bill eingebracht, durch welche der bestehende Tarif bis B 1, August prolongirt werden sollte, in der Erwartung, daß bis dahin der neue Tarif angenommen seyn wúrde. Dieser Bill hat nun der Präsident scine Sanction ver- weigert, weil er eine derselben beigefügte Klausel, welche sich auf die im September v. J. angenommene Akte wegen Verkaufs der Staatsländereien zur Deckung des Defizits in den Finanzen be- zieht, nicht billigen zu fönnen glaubt. Zugleich indeß erklärt der Präsident, daß, wenn auch die Kompromiß - Akte von 1833 am 1. Juli abgelaufen sey, doch den in derselben enthaltenen Bestim- mungen gemäß die Forterhebung der Zölle nach dem durch jene Akte festgestellten Tarif nah wie vor erfolgen könne, weshalb er denn auch sofort die zu dem Behufe nöthigen Circulaire an die Zoll- Beamten hat ergehen lassen. Die von dem Präsidenten der Kom- promiß-Akte gegebene Jnterpretation findet indeß mannigfachen Wi- derspruch und nach Angabe der New-Yorker Blätter haben die Jmpor- teurs in Masse beschlossen, die Zdlle fortan nur unter Protest zu bezahlen und die Sache vor den höchsten Gerichtshof zu bringen, und daß dieses Gericht gegen den Präsidenten entscheiden werde, soll die Ansicht vieler angesehenen Kenner des Rechtes der Ver- einigten Staaten scyn. Erfolgt aber eine solche Entscheidung gegen die Ansichten des Präsidenten, so werden die Folgen natúrlich so- wohl für den Staat wie für die Einzelnen der verderblichsten Art seyn. Ungeachtet dieser bedenklichen Lage der Dinge, und wiewohl die Schwierigkeiten, in denen sich der Schaß befindet, noch dadurch vermehrt werden, daß binnen kurzem Schaßkammerscheine zum Betrage von drei bis vier Millionen eingelöst werden müssen, scheint der Präsident doch noch auf einigen Kredit für die Ver- einigten Staaten in Europa zu rechnen, denn er hat mit dem

leßten Pafetschisfe einen Herrn Robinson nach England abgesendet,

der die vom Kongresse dekretirte Anleihe von zwblf Millionen in London unterzubringen suchen soll.

Ueber die Mission Lord Ashburton's und ihre Resultate brin- gen die Blätter der Vereinigten Staaten keine weiteren Nachrich- ten, und man beginnt daher zu befürchten, daß die früheren gún- s]tigen Berichte voreilig gewesen sind. Nach dem New Yort Amerikan sollen die in Washington versammelten Commissaire von Maine und Massachussetts in die Unterhandlungen wegen der Gränzberichtigung noch gar nicht eingetreten seyn.

Jn Rhode-Jsland hat eine Jnsurrection stattgehabt, die indeß sofort unterdrückt worden is, Ein gewisser Dorr hatte sich an die Spiße der Partei gestellt, welche eine Ausdehnung des verfas- sungsmäßigen Stimmrechts verlangte, und wiewohl von Seiten der Legislatur eine so große Bereitwilligkeit zu Konzessionen über diesen Punkt kundgegeben wurde, daß eine große Anzahl der Mit- glieder jener Partei alle dffentliche Agitation einstellte, doch fúr nöthig gehalten, eine gewaltthätige Demonstration zu machen. Er sammelte daher einen Pöbelhaufen von etwa 1500 Mann, und verschanzte sich mit denselben unter dem Schuße von 6 Kanonen. Als aber Truppen und Miliz unter dem Kommando des Majors M'Neill anrúckte, lief das Gesindel sogleich aus einander; 200 wurden gefangen, Dorr selbst entwischte, und war nach den leßten Nachrichten, obgleih die Regierung 5000 Doll. auf seine Einfan- gung ausgeseßt hatte, noch nicht aufgegriffen worden.

Die Aerndte, besonders von Weizen, wird allem Anschein nah in diesem Jahre in den Vereiaigten Staaten sehr reichlich ausfal: len und man rechnet wohl gar auf einen Ueberschuß von 30 Mil:

lionen Bushels Über den eigenen Bedarf. James Gammell, einer der nach Vandiemensland deportirten