1842 / 297 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 26 Oct 1842 18:00:01 GMT) scan diff

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Zur politischen Literatur.

Das Verhältniß der Staatsgewalt zu den Vorstkel- R U ihrer Untergebenen, Ein Beitrag zur Er- leichterung gründlicher Ürtheile über die Anforderungen, welche das Zeitalter an die Staats - Verwaltungen macht. Dargestellt von J. G. Hoffmann, Direktor des sta- tistischen Büreaus zu Berlin. Ï w tes

Unsere Zeit ist reich, man kann sagen überreich , an politischen SaUR Ne, Feder, der sih irgend befähigt glaubt, eine Jdee aus- zusprechen, greift nach der Per und schreibt über dfentliche Angele-

enheiten ; selbs unsere Dichter tragen ihre Empfindungen in das Reich der Politik und schreiben politische und unpolitische Lieder. Und doch finden wir unter der Unzahl von Schriften politischen Fnhalts, die täglich erscheinen, nur wenige von bleibendem Werthe. Das Meiste wird gelesen und vergessen, weil ihm die überzeugende Kraft fehlt. Eine brillante Schreibart, eine gewandte Dialektik, noch mehr die mit unerschütterlichem Selbstvertrauen hingeworfene Motivirung des raschen gleich fertigen Urtheils Über Fragen , die zu lösen ren taatsmáän- ner sih zur Aufgabe ihres Lebens stellen und gestellt haben , blenden gleichwobl nicht selten den Leser. Wo aber die feste, sichere Grund- age gereifter Fsadrung fehlt, da kann eine wenn auch noch so schdn eglättete Oberfläche doch nicht den Mangel tieferer Uebertes ung er- eßen. Es war uns deshalb ein äußerst wohlthuendes Gefühl, unter der Menge politischer Schriften des Tages einer zu begegnen, welche uns über das Verhältniß der Staatsgewalt zu den Vorstellungen ihrer Untergebenen aufzuklären mera, und unsere Hoffnung, daß sie uns erwünschte uff colne Úber die fich hieran knüpfenden Fragen der praktischen Politik geben würde, ward zur vertrauungsvollen Mewiy, heit, als wir in dem Verfasser den Mann erkannten , der bereits in bohem Grade die Anerkennung literarischen Verdiensies auf diesem Felde genießt, der bis in sein Greisenalter sich die Geistesfrische der Jugend erhalten und durch seine vieliährige Theilnahme an den be- deutendsten Staatsgeschäften seinem Urtheile über diese Dinge beson- deres Gewicht ju geben Bermag ;

__ Der würdige Herr Verf. der oben genannten Schrift verbreitct ein es und helles Licht über seinen Gegenstand. Wir erquicken uns an der Wärme, Tiefe und Klarheit seiner durch praktische Auf- fassung gründlichen Darstellung. Auf den allgemeinen Grundsaß, die Sitte herrscht, der Geist regiert, und auf beider Kraft beruht die Macht der Staatsgewalt , die nur dann ihrer hohen Bestimmung genügt, wenn sie vereint mit der Sitte herrscht und vereint mit dem Seiste regiert, pt sich die ganze Schrift. Jn die Menschenbrust sind Organe gelegt , in denen vor allem drei Haupt-Gefühle wur- eln , der Glaube an eine übersinnliche Macht , der instinktmäßige

rieb nach Selbstständigkeit, welcher das Bewußtseyn erzeugt , daß der Mensch fremden Zwecken nur dient, um die eigenen zu frdern, und das in Folge der Ausbildung dieses Bewoußtseyns auflebende Gefühl von der sittlichen Natur der Beweggründe seines Handelns und Wandelns im Verhältniß zur Außenwelt. Der Glaube erzeugt religidse Vorstellungen, der Trieb nach Selbstständigkeit mit jenem Bewußtseyn vereint die Menschen zum Staaten-Verbande , schaft Rechtsverhältnisse und er cut staatsrechtliche Vorstellungen, und das zuleßt genannte Gefüh endlich bringt sittliche Vorstellungen jur Reife. Diese drei Vorstellungen nimmt der Verf. zur Grund- lage der drei Haupt-Abschnitte der gehaltreichen Schrift, indem er im Laufe der “pro Dee: Verhältniß der Staatsgewalt zu den verschiedenen Arten und Modificationen dieser Vorstellungen dur die Natur und die allmälig sich bildende Sitte nachzuweisen sucht. Der Geist der vollklommensien Staatsgewalt erfaßt jene Vorstellun- gen in ihrem reinsten Licht und nähert sh \o der reinen Jdee des Staats; das durch die Sitte beherrschte Volk bringt er durch Regie-

. ren zu der Anerkennung seiner eigenen reinen Vorstellungen.

_ Wir übergeben die Eròôrterung der einzelnen im ersten Abschnitte (Seite 5—45) dargestellten Einflüsse der verschiedenen religiösen Vorstellungen auf die Staatsgewalt und beschränken uns nur darauf, auf die treflihen Gesinnungen und das milde überzeugende Urtheil des Herrn Verf. aufmerksam zu machen, das er in der Beantwor- tung der Frage, wie weit die Staatsgewalt sh cinen Einfluß auf kirchliche Verhältnisse gestatten dürfe, offenbart. Herrschen im Staate darf nur die Staatsgewalt; nur mit ihr und bewaffnet mit ihrer Macht kann daher eine Kirche herrschend seyn; indeß ist edle Tole- ranz gegen alle christlichen Religions-Parteien im Staate zu beob- achten, und die Befugniß zur dffentlichen Feier ihres Gottesdienstes muß ihnen allen zustehen. „Wo aber//, fährt der Verf. fort, „die gtope Masse der Bevölkerung bei weitem überwiegend einer christ- ichen Religions - Partei angehdrt, da gebeut der anderen eine sittlihe Verpflichtung eine solche Zurücgeis enheit, als zur Vermei- dung gegebenen oder genommenen Aergerntses erfordert wird, obwohl sie zur gleichen Ocffentlichkeit ihrer kirchlichen Handlungen berechtigt ist, Diese Schonung sind die christlichen Kirchen einander gegen - seitig schuldig um des Bandes der Liebe willen, welches fel imt- lich umfassen soll. Wo hauptsächlich die Staatsgewalt sich ein Einschreiten in die kirhlichen Verhältnisse ofen halten soll, das is da, wo mit der fortschreitenden uns der geistigen Anlagen religiòóse Vorstelungen sich ändern , Streitigkeiten neue Sekten und Spaltungen veranlassen und die neuen Richtungen der Lehre die Erreichung verständig aufgefaßter Staatszweke erschweren. Sie darf aber dabei nicht der freien Entwickelung der religiösen Vorstellungen hemmend entgegentreten , selbs wenn Le manche Nachtheile daraus erwachsen sieht, sondern dieselbe nur überwachen und die Nach- theile nur dadurch zu mindern suchen, daß sie für Verhand- lungen Über religidse Gegensiände nur solche s zuläßt, welche der Würde des Gegenstandes angemessen stnd. Die Sitte darf nicht verleßt, der Geist niht empdrt werden, um jene zu bessern, diesen zu belehren. Sehr treffend sagt der Herr Verfasser in Bezug hierauf: „Wenn weise Regierungen unbesonnene Menschen und widerstrebende Leidenschaften fern von dem Wirkungskreise halten, worauf ste der unbefangenen Entwickelung religidser Vorstellungen sidrend entgegentreten möchten, haben sie redlich gethan, was sie ver- mègen , und dürfen des Lohnes so weit gewiß seyn, als menschlicher Vorsicht Überhaupt vergönnt ist, sich dessen Genuß zu sichern.// Pn den beiden leßten Punkten dieses ersten Abschnitts werden noch ri nothwendigen Vorbehalte von D ARFE E gegenüber der D und die Wahrung der Rechte der in einem Staaten-Verbande Ü T4 tinander besichenden Kirchen wider gegenseitige Eingriffe gründ-

L A n und namentlich der leßte Punkt in besonderer Beziehun n Erwägung geen der Rômisch-katholischen Kirche in Deutschland

Die ftaatsrech{lich

weiten Hauvt. lich en Vorstellungen, welche der Verfasser im

dis zue Paupi sgewane e seiner S ane p ) im Verhält-

emäß, aus dem Gefühl dee, entwickeln ih, der Menschen - Natur ens anfängt, sich über s Triebes nach Selbstftändigkeit. Wo der zur Organisation des Staate Thier zu erheben, da sprossen die Keime bilden an, Aber sowohl Jnhaver dee Sre erne teltungen si zu derselben waren noch immer in t ér Staatsgewalt wie Untergebene ihnen die wahre Bestimmung des Si Borüellungen befangen, weil des Staats, nicht klar war. Fn Erlagts - Verbandes - die reine Jdee hauptsächlich Erhdhung persdnlicher M igung untergeordneter Zwecke- sehen auch noch gar Viele die eigentliche autommenheit, sahen und

Wir danken es deshalb dem verehrten Heren acütimmung des Staats. daß er diesen Punkt mit gewohnter Schärfe aundee ganz besonders, hat, Der Staat is ihm gdttlichen Ursprungs ; ¿ocigdt und erdrtert Weltordnung, der das Menschen-Geschlecht entsvrog, hoeans derselben kann nur in seinem Verbande seine Bestimmung eret) dies wahre Staatszweck ist die Erfüllung der Bestimmung des E Geschlehts. Anders und reiner müssen sich deshalb aus Mer Er schauung des Staats die staatsrechtlichen Vorstellungen der Untertha- nen entwickeln, als wie wir sie auf dem Wege. bistorischo. Unter, suchung entwickelt finden. Denn hier beruht der Staat theils auf

Grundherrlichkeit, theils auf Gemeindewesen, Jm ersten Falle is das

% Fa

A ZUS

Eigenthumösrecht am Boden Grundlage des Staats - Verbandes und t nicht d , sondern das Land den Staat aus; i folglich macht niche das Volk, sondern das Land den Staat aus, im

wesens fest und bahnen selbs irrigen Vorstellungen von dem lt- niß der Staatsgewalt zu den Regierten den Weg. Die besseren Vor- stellungen können nur durch Verbreitung echter B E gefördert werden. Fu p liegt eine guverlässige und dauerhafte roscchaft dafür, daß die Staatsgewalt ‘nur auf Erreichung des wahren Staats- zweckes und nur den Bedürfnissen und Kräften ihrer Untergebenen gemäß verwendet werde.

er Herr Verf. kommt so auf die Mittel zu sprechen, durch welche diese Bildung und mit ihr die reinen staatsrechtlichen Vor- stellungen vorbereitet werden. Wir verweilen gern bei diesem Ab- schnitte, weil hier gerade die Ruhe und die Mäßigung, das klare ge- sunde Urtheil, dur eine lange praktische D geläutert, und die tiefe gründliche Auffassung, verbunden mit streng logish geordne- ter Darstellung, welche den würdigen Verf. so sehr E im schönsten Lichte erschcinen. Fn dem Umfange der dentlichen Presse, dem Geist des Beamtenstandes und der besonderen Art von Theilung der Staatsgewalt zwischen Regierung und Untergebenen wurzeln die reinen staatsrechtlichen Vorstellungen. Da nichts auf der Welt schwie- eger ist, als die Verwaltung eines Staates, weil sie eben in alle Ver- hältnisse des menschlichen Lebens eingreift, so braucht fie u rer Un- terstüßung auch alle in ihrem Bereiche sich findenden Geisteskräfte, und der Herr Verf. sieht deshalb in der mdglichsten Freiheit der Presse für Aeußerungen über dfentliche Angelegenheiten „„ein wesentliches Erforderniß jeder wohlgeordneten Staats-Verwaltung.//

Als das zweite Hauptmittel , wodurch jene reinen Vorstellungen efdrdert werden, und welches die Staatsgewalt vorzugsweise zu ihrer nterstußung anzuwenden hat, wird uns der Geist des Beamtenstan-

des vorgeführt. Hier stoßen wir auf cinen wahren Schaß von Er- (res en, deren Resultate der verehrte Herr Verf. uns auf wenigen nhaltsshweren Seiten (54—61) wiedergiebt. „„Je mehr echte Gei- stesbildung, Verstand, Rechtlichkeit und Thätigkeit unter der Nation verbreitet und je mehr die Verwaltungsformen und der Geist, womit die Ben sich ihrer bedient, darauf gerichtet sind, die begab- testen und besten für den Staatsdienst zu gewinnen, desto weniger wird noch eine Veranlassung Übrig bleiben, neden dieser Unterstüßung noch andere außer der bereits vorbedungenen Schreib- und Druck-Freiheit herbeizurufen.-/ Wir kdnnen uns nicht über die Einzelheiten näher auslassen und wollen nur andeuten, wie der Herr Verf. die verderb- lihe Wirkung hervorhebt, die den Staaten aus den irrigen Vorstel- lungen ihrer hdchsten Verwaltungs-Behdrden über ihr Verhältniß zu jenen in zwei Setehungen oft erwächst; erstens aus dem Bestreben derselben nach glänzenden Erfolgen die sie verleiten, das ihnen beson- ders anvertraute Geschäft ohne Rücksicht auf dessen nothwendige Be- schränkung durch hdhere Staatszweckte zu betreiben, und zweitens aus dem in einer einseitigen Auffassung historischer Mane denden wur- zelnden Glauben an etnen Gegensaß zwischen den Jnteressen der Re- gierungen und ihrer Untergebenen.

Rach Besentigang dieser Verirrungen gewährt der Geist des Beamtenstandes und die Freiheit der Presse einem Staate die grie Garantie für die dffentliche Freiheit und das Glück und die Wohl- fahrt der Unterthanen.

Wenn Regierungen aber in jenen beiden Mitteln nicht hin- längliche Unterstüßungen finden, sih cinen vollständigen Begriff von den Bedürfnissen und Hülfsmitteln der Zeit zu verschaffen , so werden sie veranlaßt , diejenigen, welche guten Rath zu ertheilen fähig sind, mit zur Berathung über die dentlichen Angelegenheiten heranzuziehen. So kommt der Herr Verf. in folgerichtiger Gedan- ken- Verbindung auf das dritte Hauptmittel zur Förderung reiner staatsrechtlicher Vorstellungen, zu der Theilung der Staatsgewalt zwischen Regierungen und ihren Untergebenen, namentlich der Be- rathung dfentlicher Angelegenheiten durch Stände. Die Ausbil- as derselben auf historishem Wege, ihre Bedeutung und ihre Vor-

e

theile bei thatkräftiger Mitwirkung, entwickelt der Verf. mit von keiner Parteinahme getrübtem Geiste, aber er zeigt au ihre nach- theiligen Folgen A die Staats - Verwaltung. „Wären ständische Versammlungen immerdar nur Organe, laut und klar auszusprechen, was auf der Bildungsfiufe des Zeitalters und der Mitglieder des Staatsverbandes von den urtheilsfäbigsten unter ihnen für das Wirk- samste zur Erreichung des wahren Staatszwecks anerkannt wird, so würden Verfassungen, welche den Ständen einen solchen Einfluß auf die Staats-Verwaltung beilegen, die höchste Gewährleistung für eine weise und wohlthätige Regierung enthalten, welche durch mensch- liche Vorsicht erreichbar ist.// Aber diese Vorausseßung erweist der Herr Verf. nicht durch die Geschichte bestätigt, und er hält deshalb eine Theilung der Staatsgewalt zwischen Regierung und ständischen Körperschaften für „ganz entbhehrlih, wenn mit den Fortschritten der Bildung Einsicht und Rechtlichkeit alle Klassen der Nation nach den verschiedenen Stufen ihrer Empfänglichkeit dafür durchdringt, so daß ih in einer weit überwiegenden Mehrheit Achtung gegen T T und das allgemeine Sittengeseß ausspricht.//

Wir kommen nun zum dritten und leßten Haupt-Abschnitte der Schrift. (S. 95— 117.) Wenn der Mensch im Stande ist, gehoben und ht durh die Macht der Religion und der Staatsgewalt mit Erfolg nah Verbesserung seines Zustandes zu trachten, o ver- sucht er, sih seiner Umgebungen jeder Art zu seinem Nuyten zu be- dienen, und es erwachsen ihm daraus Pflichten und Rechte gegen die Außenwelt. Diese bedingen die Vorstellungen, welche der Verf. sittliche nennt, deren Einflüsse auf die Staatsgewalt er in dem dritten Abschnitte erörtert. Er zerfällt in zwei Abtheilungen, in die Einflüsse der Vorstellungen von der Beschaffenheit sachlicher Ver- hältnisse, d. i. besonders von dem Begriffe des Eigenthums, und in die Einflüsse der Vorstellungen von persdnlichen Verhältnissen, d. i. von Per- sonen- Rechten und Pflichten. Merkwürdig, aber wahr und frucht- bar, if die Vorstellung von der sittlichen Natur des Eigenthums. Eigenthum besteht früher als der Staat, aber es bleibt beschränkt ; doch mit der Ausbildung des Staats nimmt das Eigenthumsrecht, welches der Mensch in Folge des Staats - Verbandes und unter dem Schutze des Staats besißt , eine durhaus andere Natur an. Da es der Vortheil aller Menschen erfordert, daß Alles auf der Erde benußt werde, was zu nuten ist, so erhält jedes Ding einen Herrn, der es durch seine Kraft und Pflege zu höherem Nutzen bringt. Diese Dinge aber sind nur anvertrautes Gemeingut, und Eigenthum is nur der Lohn , den der Verstand oder Fleiß des Herrn aus dem Anver- trauten zieht. JFndem o der vorhandene Stoff ausgebeutet wird, \{chwillt die Masse der Nußungen, welche wieder unzählige Anstalten u gemeinsamen Nußen hervorrufen, um das Leben sicherer, leichter, hdner und edler zu machen. „Ein wahrhaft seliges Leben führt nur, wer Sittlichkeit und Wohlstand um sich her verbreitet; und die Macht, über Güter des Lebens zu gebieten , beglückt ihren Fnhaber nur dann wahrhaft, wenn- er mit ihr auch Verstand und Willens- kraft genug cmpsiug - sie solchergestalt ara zu verwenden.// Diese staatswirthschaftlihe Grundlage flüßt der Herr Verf. auf die religidse Vorstellung, daß „, der Mensch nur ein Haushalter Gottes sey im Reiche der Natur.// So is das Eigenthum im Staate auf- zufassen, wenn dessen Verhältniß zur Staatsgewalt richtig erkannt werden soll. Der Sre Verf. geht nun mit dieser seiner Grund- ansicht auf die besonderen Arten von Eigenthum über, die näher zu er- dôrtern uns hier der Raum nicht gestattet. Nachdem er die Verirrun- gen der Physiokraten gerügt hat, spricht er Über den Pauperismus und die Klagen der neuen Zeit Über einreißende Armuth und wach- sende Sittenlosigkeit , den ck immer nah vorwärts gerichtet , mit ciner scltenen Freiheit des Geistes. Es wird treflich nachgewiesen, wie weder die Armuth noch die Sittenlosigkeit in unseren Tagen im Zunehmen begriffen ist, wie aus „den veredelten Empfindungen, ver- mdge deren wir jeßt in vielen Fällen als Nothstand anerkennen, was vor 60 Jahren für ausreichende Versorgung galt // keine falschen Schlüsse von herrschendem Pauperismus gezogen werden dürfen , und daß, wenn debt mehr Entwendungen und Betrügereien gur richterli- hen Kenntniß gelangen, daraus noch keinesweges folgt, daß die Nei- L zu Bergen Vergehungen j uy hade JFnudessen macht

er Herr . mit Recht auf die noch zu schr vernachlässigte Fdr-

de des Arbeiterstainmes und di Besiges nicht zu C URANAn Ba K

M iche minder ledreeicch als- dieser erie Theil des r ere t if der zweite, über der V en von erstes

Verhältnissen auf die S alt.

durchgehen und verweisen den Leser im o A4 dies erdrterten Vorstellungen von dem Erb - Adel, der Vererbung von Rang- Verhältnissen und der Standesrechte. Aus jedem Saße Tcuds ten hier, wie in der ganzen rift, die reihen Erfahrungen des Herrn Verf. aus allen Verhältnissen des Lebens r/ und da jy eshickter Behandlung und Anordnung nur die Resultate dieser E;- ahrungen gegeben sind, die uns veranlassen, bei jedem Sage die Ver. dltnisse uns selbst auszubilden, so bessyen- wir in dieser kleinen Schriit einen Schaß von Belehrungen, die wir uns s{werlich aus volumi- ndsen Lehrbüchern vershaäsen könnten.

Wir wünschen aufrichtig , daß der würdige Herr Verf. sich noch lange dieser Rüstigkeit und Jugendkraft seines Geistes, zum Wohle des Staats und zum Heile der Menschheit, erfreuen mdge und be-

ta seine Schrift keinesweges , wie er cs erwartet , mit einem dbe- ränkteren R gi LeE = des R ete früberen a en Arbeiten erhalten haben, sondern stellen sie dem Be ur Seite, was wir überhaupt in dieser Art besien. B Pen

Der hierselbsi verstorbene Dr. Philipp Eberhard Bedcker hat durch leßtwillige Verfbguns de publicato den 21. August 1840, dem JFnstitut der Erwerbschulen cin Legat von 4000 Thlr. vermas, welches jebt fi unserer Kasse gezahlt worden is. Mit dankerfüllten Herzen das Andenken des verewigten Wohlthäters unserer Anftalt seg- nend, bringen wir diese Zuwendung zur dffentlichen Kenntniß.

Berlin, den 18. Oktober 1842.

Direction der Erwerbschulen.

Meteorologische Beobachtungen.

1842. Morgens Abends 23. Okt. 6 Ukr. 10 Ube.

Luftdruck .…. . | 331,368" Par. |/329,75" Par.| 328,98" Par.| Quellwärme 7/6° R. 5/5° R.| Flusswärme 5,9° R,

Nach einmaliger

Nachmittags | Beobachtung.

2 Ubr.

Luftwärme .…..|+ 14° R.|+ T,n° R.|+ ê Thaupunkt .….|— 2,0° R. |— 2,9° n. + 2,5° R. | Bodenwärme 9/1 „R, Dunstsätligung| 74 pCt. 41 pci. 75 pCt. | Ausdünstung 0/040 Rh, Wetter ...... bezogen. trübe. trübe. Niederscblag 0/076 Rb, Wind... 80. 80. SO. Würmewechsel 4-8,0" Wolkenzug - - - N SO. + 2,2° R. Tagesmittel: 330.09" Par... +4,9° R... 0,8" R... 63 pct. 80. Abends 6% Ubr Wetterleuchten und wenig Regen, Bet lin or B 6 r.8 Den 24. Oktober 1842. D i Pr. Cour. ith Taj Pr. Cour. Fondo a Brief. | Geld. f N} Brief. | Geld. St. Schuld-Sch.* 1035 | 1035 } Brl. Pots. Risevb. | 6 | 124 ps e Es 7 1025 102 |do.do. Prior. Obl. | 4 | 103 - Präm. Sch. der Mad. Lps. Riseub. |—| 1204 Seehandlung. |—| 9X 89%; } do. do. Prior. Obl. | 4 | 102k Kur- u. Neumärk. Bel. Aub. Kisenb. |—| 103% 102% Schuldrerschr. 102 1015 } do. do. Prior. Obl. /4| 1024 Berl.Stadt-ObI.*) |35| 1024| |[Düss Elb. Eisenb. |5| 61 60 Dans. do. in Thb. |—| 48 do. do. Prior. 0bl. 14 | 98 --- Westp. Pfandbr. 3z¿| 103 1025 | Rhein. Biseub. 5 80% fins Grossb. Pox. do. | 4 106 _—— do. do. Prior. Obl. | 4 99 Ostpr. Pfaodbr. —- 102% } Berl.-Frankf. Kis. | 5 | 101 100 ias, IN 1034 | priedrichodor |—| 134 13 Kue- u. Neum. do. 104 1034 Aale Géldntn- Schlesische do. 1025 —- zen à 6Th. |—| 104 93 Disconto. _— 3 4

*) Der Käufer vergütet auf deu am 2, Januar 1843 fälligen Coupov { pCt.

Auswärtige Börsen.

Amsterdam, 20. Okt. Niederl. wirkl. Sch. 524. Kanz-Bill. —. S2 Span. 154. 3% do. 20%. Pass. —. Ausg. —. Preuss. Präm. Sch. —. Pol. —. Oesterr. 108%.

Antwerpen, 19. Okt. Ziosl. —. Neue Anl. 157.

Hamburg, 22. Okt. Bank-Actien 1640. Engl. Russ. 1083.

Paris, 19, Okt. S3 Rente fin cour. 119 5. 37, Rente fin cour. 80. 15. Anl. de 1841 —. 52, Neapl. fio cour. 108. 50. 5% Spau. Rente 21%. Pass. 35.

Wien, 19. oki. 5% Met. 109. 47 1007. 3% 765. 24% —. 1% —. Bank-Actien 1617. Anl. de 1834 139%. de 1839 1095.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 25. Oft. Jm Schauspielhause: Der Liebestrank, Oper in 2 Abth., mit Tanz. Musik von Donizetti.

Dienstag, 25. Okt. Jm Opernhause: Zum Benefiz der Mad. Schrôck: Die Jäger, Schauspiel in 5 Akten, von Jffland. Hier- a ais Dlle. Fanny Elßler wird hierin die Cracovienne ausführen.

Zu dieser Vorstellung sind Billets nicht mehr zu haben, und findet eine Abend-Kasse nicht statt.

Donnerstag, 27. Oft. Jm Opernhause: Die Erholungsreise. Hierauf: Der hinkende Teufel. (Dle. Fanny Elßler : Florinde, als Gastrolle.) j

Jm Schauspielhause: 1)Clémence. 2) Le tyran d’une femme.

Königsstädtisches Theater. Dienstag, 25. Oft. Einen et will er sich machen. Posse mit Gesang in 4 Akten, von J. Nestroy. Musik von A. Müller.

Oeffentliche Aufführungen.

Königliche Kapelle, Jm Laufe dieses Winters beabsich- tigt die Königliche Kapelle auf Subscription einen Cyklus von 6 Symphonie-Soireen, zum Besten der Orchester - Wittwen- und Waisen - Pensions - Kasse, im Jagorschen Saale zu geben. Diese Soireen, in denen nächst den Werken von Haydn, Mozart und Beethoven auch andere Compositionen älterer und neuerer Zeit ausgeführt werden sollen, beginnen Montags, den 14, November, und werden so fort alle vierzehn Tage Abends von 7—9 Uhr stattfinden. Unterzeichnungen werden in den D Due Sa: von Trautwein, Breite Straße Nr. 8, und Bote und Bo, Jä- er: Straße Nr. 42, angenommen, und der Subscriptions - Preis, Rthlr. - den Cyklus, ist bei Ems der Billets, welche den Abonnenten zugeschickt werden, zu entrichten. Für eine einzelne

Soiree ist der Eintritts-Preis auf 1 Rthlr. festgeseßt. Sing-Akademie. Wie seit einer Reihe von Jahren, wird die Sing - Akademie auch in dem bevorskehenden Winter einen Cyflus von 4 Konzerten zu dem Abonnements-Preise von 3 Rthlr. veranstalten, in denen Händel's ‘„Messias“, am 24, November, Fesca’s Iter Psalm und Cherubin?s Messe in D-moll, am 15, De- zember, Haydn's Jahreszeiten“ am 12. Januar, und Spohr’s Oratorium „des Heilands leßte Stunden“, am 9, Februar, in den Abendstunden von 6 bis 9 Uhr, zur Aufführung kommen. Wegen Unterzeichnung hat man sich an den Hauswart der Sing-Akademie

zu wenden. s E ‘Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen.

5? do. 10Lf%. Ziusl. —,

Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober - Hofbuchdruderet.

fr E e R E:

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Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

Berlin, Mittwoch den B Oktober

Ne 297.

Fnhalt. Amtliche Nachrichten. Staats-Secretair des Admi-

Nußsßland und Polen. E nistrations-Raths. e, Vas Durchsuchungs - Recht Adam's F erigeeiten bei der

Frankreich. Paris. R beabsichtigten Handels- Verbindung Cielióhen Frankreich und Bel-

* neueste Oper. Brief aus gien.) s d Arland. London. Genesung des Franzd-

M f D tanten n Des Niederländischen Gesandten. Ver- mischtes. iederlande. aag. Generalstaaten.

Dentiche M ante dAcaten. Kelheim. Grundsteinlegung zur Befreiungs-Halle. Ulm. Festungsbau. Weimar, Festlich- keiten bei Hofe und in der Residenz.

Schweiz. Eisenbahn zwischen Genf und Chambery.

Spanien. Brief aus Madrid: (Die Cortes und die Parteien ; die MUiS Ad aide Coalition; Vermischtes.); aus Paris.

talonische Zustände.

Serbien. e lccang des historischen Ueberblicks der Serbischen Ereignisse.

Türkei. A etamtin ortl Diplomatische Konferenzen , die Sy- rischen und die Serbischen Angelegenheiten betreffend.

IJuland. Berlin. Halle. Gesenius |, Pleß. Anwesenheit Nerzogs von Anhalt - Côthen und Feier des Geburtstages Sr.

ajesidt.

Production, Einfuhr und Besteuerung des Eisens in Frankreich.

Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Se. Maste der König haben Allergnädigst geruht: Allerhöchstihrem Gesandten in Brüssel, dem Geheimen Lega- tions-Rath Freiherrn von Arnim, den Rothen Adler : Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub zu verleißen; und Den seitherigen Ober-Bürgermeister Schroener zu Halle zum Geheimen Regierungs- und vortragenden Rath im Ministe- rium des Jnnern zu ernennen.

Angekommen: Se. Erlaucht der Graf Alfred zuStol-

berg:-:Stolberg, von Stolberg. ege Excellenz der Kdniglich Niederländische Staats - und

Finanz-Minister, von Roch ussen, von Magdeburg,

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Zeitungs-Uachrichten. Ausland.

Rußland und Polen.

Warschau, 21. Oft. Se. Majestät der Kaiser hat durch Verordnung vom 11ten d. M. den außerordentlichen Staatsrath Thomas Lebrun zum Staats-Secretair beim Administrations-Rath des Königreichs Polen ernannt. :

Gestern früh begab sich der Großfürst Michael in Begleitung des Fürsten Statthalters von hier nah Jwanogrod, von wo die- selben heute wieder zurückgekehrt sind.

Auf Vorstellung des Fürsten Statthalters ist aus Rücfsicht auf die guten Gesinnungen und das lobenswerthe Verhalten des Guektsbesißers Albert Lempizki im Gouvernement Plozk dem Sohne desselben, Eugen Lewpizki, der im Jahre 1834 wegen Einverständ- nisses mit den Aufrührer- Banden, die damals das Königreich Polen beunruhigten, mit Vei lust seines Adels nah Sibirien ver- bannt wurde, die Rückkehr ins Königreich, jedoch ohne Zurückgabe seines fonfiszirten Vermögens, gestattet worden.

Frankreich.

Paris, 20. Oft, Das Schreiben des Lord Aberdeen an die Lords der Admiralität über die Mißbräuche, die einige Englische Ca- pitaine mit dem Durchsuchungs-Rechte getrieben haben, veranlaßt den Courrier français zu folgenden Bemerkungen: „Die Englische Reglerung scheint eingesehen zu haben, daß ihre Ehre es erheische, die barbarischen und Wubertbken Handlungen, die sih ihre Kreu- zer an mehreren Punkten haben zu schulden kommen lassen, zu desavouiren. Lord Aberdeen hat an die Lords der Admiralität ein Schreiben gerichtet, worin er erklärt, daß ein solhes Benehmen nicht zu rechtfertigen sey, und daß die den Offizieren der Briti- schen Marine ertheilten Jnstructionen nicht geleblich begründet wären. Man begreift die Wichtigkeit dieses Geständnisses, Es geht daraus hervor, daß die von der Britischen Marine gegen friedliche Stämme ausgeubten Gewaltthätigkeiten, die Vernichtung und die Plünderung der Comtoire, die gewaltsame Fortführung der Neger, welche Handlungen Lord Aberdeen nicht einmal zu rechtfertigen versucht, nicht als willfürlihe Brutalitäten der kommandirenden Offiziere angesehen werden dürfen. Jene Offiziere haben nicht ohne Jn- structionen gehandelt, sondern nur die ihnen ertheilten ausgeführt. Die Verantwortlichkeit ällt daher auf die Lords der Admiralität zurü, und sie trifft der von Lord Aberdeen dugtproctne Tadel. Das civilisirte Europa wird ohne Zweifel mit lebhaftem Unwillen vernehmen, daß mieden Befehle von Männern ausgehen konn- ten, die an der Spiße der Britischen Marine stehen, und daß die Englische Admiralität die Traditionen der Gewaltthätigkeit und der E welche sich bei dem Bombardement von Kopenha-

en fundgaben, nicht untergehen läßt. Und wenn irgend eine

ation des Kontinents sich Über die Beharrlichkeit wundern sollte, mit der wir auf die Abschaffung des Durchsuchungs-Rechtes drin: gen, so würde sie sh jeßt unseren Wunsch erklären können. Es ist in der That dringend nothwendig, die Gelegenheiten zu Kon- fliften zu unterdrücken, welche die Englischen Kreuzer und selbs? die Lords der Admiralität nicht zu vermeiden wissen. Wir müssen auf alle Exzesse von Seiten solcher Leute gefaßt seyn, die selbst

1842,

bei der Ausubung der Philanthropie ihren Gewaltthätigkeiten nicht Einhalt thun können.“ 2

Eine neue Oper von Adam, „der König von Yvetot“, roozu dem Komponisten wieder die Herren Leuven und Brunswick den Text geliefert haben, ist auf dem Theater der fomischen Oper mit großem Beifall gegeben worden. Dem Textbuch liegt das histo- rische Kuriosum zum Grunde, daß im Mittelalter die Besißer der kleinen Stadt Yvetot, einem alten Recht zufolge, wirklich den Königs- titel führten, der Mes von den Königen von Frankreich förmlich bestätigt wurde. ies ist denn in der Oper zu allerlei komischen Situationen benußt; auch haben die Verfasser das bekannte gleich- namige Lied von Beranger sehr geschickt in ihren Stoff ver- webt, Die Musik soll sich dem Bestén anschließen, was Adam bisher fomponirt hat. „Sie is leiht, munter und fließend“, heißt es in dem Berichte der Gazette musicale, „sie sprudelt wie Champagner, und zuweilen läuft auch etwas Wasser mit unter. Adam gehört nicht zu denen, welche nach den neuen und interessanten Zdeen streben, die das Studium des Kontrapunktes den Musiker finden läßt; er ist der Komponist der herkömmlichen, Überlieferten Gedanfen, der Mann des gewöhnlichen Maßstabes, in diesem Pdeenkreise ist er glücklih, und \o fonnte seiner neuen Oper der E

rfolg nicht fehlen.“ * París, 20, Oft, Seit drei Wochen bespricht die Pa-

riser “Presse das Projeft eines Zoll-Verbandes zwischen Frankreich und Belgien, worüber jeßt ernstlich unterhandelt wird. Die Frage wird natürlih auf verschiedene Weise betrachtet. Man hat die Politik hineingemischt und dadurch diese Angelegenheit noch mehr verwickelt, Die beiden Souveraine sollen sehr lebhaft diese Handels - Verbindung wünschen; das Belgische Volk scheint sie ebenfalls zu begehren; die Opposition, welche sie erfahren fönnte, würde daher wohl vorzüglich von Frankreich oder, von den auswärtigen Mächten ausgehen, die in dieser Vereinigung cin politisches Ereigniß oder eine direkte Verlez- zung der bestehenden Verträge sehen könnten. Das Kabinet, welches sich häufig versammelt, um die Grundlagen der Handels-Verbindung festzustellen, ist Über die Angemessenheit und Nüslichkeit dieser Vereinigung nicht einerlei Meinung. Es würde \{chwierig seyn, die Ursachen dieser Meinungs - Verschiedenheit genau anzugeben, und es ist wahrscheinlich, daß die speziellen und Privat-Jnteressen hierbei wenigstens einen eben so großen Antheil haben, wie die dffentlichen nteressen, Der Marschall Soult ist bei den Hútten- werken, Herr Cunin-Gridaine bei den Tuch-Fabriken, Herr Mar- tin (du Nord) bei den Steinkohlen - Gruben interessirt u. \. w. Nur die Herren Guizot, Villemain und Duperré sind vöóllig un- betheitige bei der Frage und treten daher aufrichtig der Ansicht des Königs bei. Herr Guizot scheint vorzüglich die poli- tische Seite der Frage ins Auge zu fassen, und gerade dieser Punkt ist es, der eine Opposition von Seiten der fremden Mächte hervorrufen könnte. Die der Vereinigung abgeneigten Minister leugnen nicht die politishen Vortheile, die aus dem vorgeschlagenen Arrangement hervorgehen könnten, allein sie gründen ihren Widerstand oder ihre Mißbilligung auf die Nachtheile, welche diese Vereinigung für die Jndustrie und den Handel Frankreichs haben wúrde. Aber selbst wenn man hier über die Hauptsache der Frage völlig einig wäre, so wäre doch die ana des Projekts noch im weiten Felde. Es müßten sich, einerseits, Französische Zoll-Beamte an die Belgische Gränze begeben; ein sehr déelikater Punkt, der sich schwer zur Zufrieden- heit beider Nationen würde reguliren lassen; unsere Monopole müßten ferner mit allen Lasten, die sie der Bevölkerung auferle- gen, von Belgien angenommen werden, und dieses müßte, um das Werk zu befesligen, für Alles, was das Zollwesen beträfe, die Ober - Leitung unseres Finanz - Ministers anerkennen. Alle diese Punkte sind zwar von den Kontrahirenden erörtert, aber nicht einmal provisorisch festgestellt worden. Auf der ande- ren Seite bedúrfte man, um dieses große Werk zu vollenden, der Zustimmung der Französischen wie der Belgischen Kammern. Diese leßteren werden ein neues System der indirekten Steuern, das weit drückender is, als das jeßt bestehende, zu sanctioniren haben. Dies is schon eine sehr große Schwierigkeit, allein es giebt noch eine andere, die nicht weniger ernstlich ist und die von den Französischen Kammern ausgehen wird, Werden diese die Handels-Verbindung, so wie sie von den beiden Souverainen ent- worfen und wie Herr Guizot sie vorlegen wird, gutheißen? Wir glauben nein, die Kammern werden nicht ihre Zustimmung geben,

weil zu viele Jnteressen dabei betheiligt sind und alle diese Jn- teressen theils in der Pairs-, theils in der Deputirten - Kammer repräsentirt sind. / i A Die Eisen-Jndustrie wird eines der Haupthindernisse für eine Handels - Verbindung beider Länder seyn. Man hat zwar darzu- thun gesucht, daß unsér Eisenhútten-Wesen weniger zurück sey, als man allgemein glaube; die Eisen- Production hat allerdings seit zehn Jahren sehr große Fortschritte gemacht, das Verfahren ist vervollfommt und die neue Methode ist an vielen Orten einge- führt worden; das sind unstreitig Vortheile, allein sie stellen fei: nesweges die Franzdsische Production der Belgischen gleich. Jn Frankreich wird das meiste Eisen noch mit Holz bereitet, und wie sinnreich auch das Verfahren seyn mag, wodurch es gelungen ist, eine Ersparung des Brennmaterials zu bewirken, so ist es doch nicht weniger wahr, daß das zur Eisen - Fabrication verbrauhte Holz ungeheure Summen kostet, Es fehlt in ranfreih feinesweges an Steinkohlen, unsere Kohlenlager gro vielmehr zahlreich und sehr ergiebig; allein einerseits ist die Gewinnung nicht organisirt, und andererseits sind die Com- munications-Mittel, um dies Brennmaterial in den Siß der Con- sumtion zu transportiren, unzureichend. Endlich, wenn auch wirk: lich der Betrieb in solchem Zustande wäre, daß er große Massen Kohlen lieferte, so müßte man, um den Vortheil, den dies Brenn- material gewährt, benußen zu kdnnen, zuvörderst alle Apparate mândern und die Hüttenwerke nah einem neuen Plan umbauen. ies fann nur das Werk der Zeit seyn, und es würde eine lange eriode dazu gehdren, um z. B. unser Hüttenwesen auf gleichen mit dem Belgischen und Englischen zu seßen, Die Anlegung

ganz neuer Hüttenwerke wird noch \o bald nicht die Beispiele von Decazeville, Ne und ie E Bie lionen verschwendete, haben die Kapitalisten abgeschreckt. Die seit einigen Een unternommene Gewinnung von Steinkohlen hat auch nur Verluste zur Folge gehabt; man vervollklommnet wohl das Borhandene, allein man läßt sih nicht in neue Unternehmur.- gen ein, aus Furcht, seine Kapitalien ganz und gar zu verlieren: Dies sind eben so viele Hindernisse fúr die Erweiterung und Ver- vollflommnung der Eisen - Jndustrie. Hierzu kommt noch, daß in vielen Begenden die Eisenhütten - Besißer zugleich Wald - Besizer sind und ihre Hüttenwerke mit dem Ertrage ihrer Wälder betreiben, Diese werden niemals die Steinkohlen statt der Holzkohlen anwenden. Man wird leicht begreifen, daß die Waldbesißer mit den Hüttenbesißern gemeinschaftliche Sache machen werden, Eine Herabseßung der Eisen- Preise würde eine Herabseßung der Holz: Preise nah sich ziehen. Wen sehen wir nun in der Pairs-Kammer? Die Herren Decazes, d Aligre, d’'Argout, Roy und Andere, sämmtlih Wald- und Hütten -Be- sißer, die sich bereits sehr lebhaft gegen jedes Vereins - Projekt, gegen jeden Handels: Traktat mit Belgien ausgesprochen. Man erinnere sih nur an die Rede des Grafen von Argout über die- sen Gegenstand in der leßten Session, um sih eine Jdee von der Gesinnung der Pairs- Kammer zu machenz denn Herr von Ar- gout sprach nicht in seinem Namen allein, er war in jenem Au- genblicke das Organ einer bedeutenden Fraction der Pairs - Kam- mer, vielleicht selbst der Majorität, wenn man aus dem Beifall schließen darf, den er erhielt, als er die Tribüne verließ. (Vergl. unten den besonderen Artikel Über die Französische Eisen-Jndustrie.) Noch andere Jnteressen, als die der Eisen-Jndustrie, werd:n die Handels-Verbindung bekämpfen ; wenn dieselben vielleicht nic tk so viel Repräsentanten in der Pairs-Kammer haben, so haben sie doch deren sehr viele in der Deputirten- Kammer. So würde die Leinen - Jndustrie, auf deren Wichtigkeit wir so "vielfach auf: merksam gemacht haben, und die bereits wegen des leßten Vertrags mit Belgien auffallend unzufrieden ist, eine mächtige Stimme gegen die Handels - Vereinigung mit Belgien erheben, Die gänzliche Unterdrúckung der Zoll - Linien würde in der That unse- rer Leinwand eine furchtbare Konkurrenz erdffnen und Bel- gien sehr wahrscheinlih einen Theil der Französischen Erzeug- nisse erseken. Wenden wir uns zu der Tuch - Fabricarion, so finden wir genau denselben Widerstand und eine zieinlich im- posante Anzahl Deputirte, welche das Jnteresse der Französischen Fabriken vertheidigen werden. Die Besorgnisse der Ackerbauer sind weniger gegründet, allein sie sind vorhanden und geben sich

eben so lebhaft zu erfennen, wie die der Jndustriellen, Sie fürcy- ten die Einfuhr des Belgischen Schlachtviehes, der Belgischen Leinen-Waaren und einiger anderen Artikel, die mit den Französi: schen Erzeugnissen konkurriren fönnten. Diese Besorgnisse sind unstreitig Úbertrieben, aber sie sind vorhanden und werden, statt einer vernünftigen, eine systematische Opposition erzeugen.

Die Minister, welche fúr den Zoll-Verein sind, können sich nicht alle die Schwierigkeiten verhehlen, allein sie zählen darauf, daß sie eine Partei in der Kamnier haben werden, die sich auf den rein politi- schen Standpunkt verseßen und eben deshalb das Ministerium nicht würden unterliegen lassen. Die Herren Thiers und Molé werden die Handels-Verbindung aus rein politischen Rücksichten unterstüßen; denn bekanntlich is der Erstere dieser beiden Staatsmänner dem Prinzip der Handels-Freiheit wenig günstig, und wenn ganz ein- fach von Jnduftrie und Handel die Rede wäre, so würde er fkei- nesweges fúr das in Rede stehende Projekt stimmen. Mit einem Worte, wie thâtig auh die Unterhandlungen betrieben werden, so betrachten wir doch den Handels - Verein zwischen Frankreich und Belgien als äußerst problematisch und auf künftige Zeiten verschoben. Bei dieser Angelegenheit hat man weniger die Mödg- lichkeit als das Bedürfniß zu Rathe gezogen. Man will handeln, man will etwas thun, denn die tiefe Ruhe, welche in der politi- hen Welt herrscht, is der ministeriellen Existenz fast eben so schädlich, als die stürmischen Diskussionen und Ereignisse.

Großbritanien und Jrland.

London, 19. Oft. Der Französische Gesandte if von sei- nem Unwohlseyn so weit wieder hergestellt, daß er das Zimmer verlassen fann. Herr Dedel, der Niederländische Gesandte am delgen Hofe, ist, vom Haag zurückfkehrend, hier wieder einge- troffen.

Pater Mathew dehnt in Jrland seinen Mäßigkeits - Verein immer mehr aus. Vor einiger Zeit hielt er eine Versammlung in Charleville, der úber 40,009 Menschen beiwohnten. Seine Rede vermochte über 20,000, den Mäßigkeits-Eid zu leisten.

__ Die Morning Chronicle theilt nah den neuesten Nach- riéthten aus Kanada mit, daß zu Montreal fünf Häuser, deren Geschäftszweig der Handel mit Bauholz war, Bankerott ge- macht haben.

Durch den Minister des Jnnern if dem Herzoge von Wel- lington der Auftrag geworden, den in den aufrührerischen Fabrif- Distrikten stationirt gewesenen Truppen, \o wie der Yeomanry, die Königliche Anerkennung für die von ihnen geleisteten Dienste auszusprechen.

Nach der Naval and Military Gazette is die Nach- richt von der bevorstehenden Ausrüstung mehrerer Linienschiffe ganz unbegründet; es werden vor Weihnachten gewiß keine Aus- rústungen der Art stattfinden, indeß hâlt man in den verschiedenen Ss jeßt 2000 Matrosen für jeden etwa erforderlichen Dienst

ereit.-

Niederlande.

Aus dem Haag, 21. Okt. Jn der zweiten Kammer der Generalstaaten stattete gestern die mit Ueberreichung der Kandida- tenliste für die Präsidentur an Se. Majestät den König beauf: tragt gewesene Kommission ihren Bericht ab, wobei sie an daß sie von der im Schloßhofe befindlichen Wache IOEO pri lih in Folge irgend eines Versehens nichk das agg: d

Honneurs begrüßt worden sey. aa KemiArsidenten ernannt

präsentirten Kandidaten Herrn