1842 / 298 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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anze dffentliche Rolle in der Sphäre der Klubs, der Reunionen, gene rade mit einem Worte des Parteitreibens gespielt ha- ben, entrüsten sich jeßt höchlih darüber, daß die Gegner des Zoll: Vereins sich gewissermaßen auch als Partei konstituiren, daß sie es sich herausnehmen, besondere Versammmlungen zu halten, und gemeinschaftliche Beschlüsse zur Vertheidigung ihrer Jn- teressen zu fassen. So steht der Courrier français nicht an, die fraglichen Deputirten einer durch das Geseß und durch alle parlamentarischen Grundsäße verbotenen oalition zu beschuldigen, ja, sie geradezu aufrúhrerische Monopolisten, sédi- tieux privilégiés, zu nennen. Solche ungemessenen Worte zeugen Úbrigens deutlih genug davon, daß die Anhänger der Jdee des Zoll - Vereins an der Realisirung ihres Wunsches zu verzweifeln anfangen. Die FreimÜüthigkeit, mit welcher sih der ebe Theil der Belgischen Presse Über das Projekt des Zoll-Vereins und Úber die von den Franzosen daran geknüpften politischen Hinter- gedanken ausgesprochen, hat manchen Enthusiasmus abgekühlt und manche sanguinishe Hoffnung heruntergestimmt. an wußte hier freilich von jeher, daß die Belgier weit davon entfernt sind, ihre politische Selbstständigkeit für die Ehre der Aufnahme in die Französische Nationalität aufopfern zu wollen; aber man war doch nicht darauf gefaßt, diese Willens-Meinung \o gerade heraus fagen zu hören als Antwort auf die lockenden Handels - Anerbie- tungen, die ihnen von Frankreich aus gemacht waren. Der Un- wille úber diese Ablehnung der glänzenden kommerziell - politi- schen Versprechungen Frankreihs macht sich in mehreren der hiesigen Journale aus die ergöblichste Weise Lufe. Die gescheid- testen unter den leßteren suchen sich indessen doch zu fassen, und sie entgegnen auf die Belgischen Protestationen mit aller Ruhe, die ihnen zu Gebote steht: daß Frankreich nie daran gedacht habe, und nie daran denken werde, sih Belgien gewaltsam einzuverlei- ben, daß es vielmehr ein solches Resultat einzig und allein von dem freiwilligen Entschlusse seiner Nachbarn erwarte. Seyen diese der politischen Vereinigung mit Frankreich Spa so stehe es völlig in ihrer Gewalt, ihre staatliche Selbstständigkeit zu be- haupten und sie würden daher ihren eignen Vortheil und ihre ganze Lage gänzlich verkennen, wenn sie die ihnen angetragene Handels-Einigung aus Furcht vor deren politischen Konsequenzen zurüweisen wollten. Ob nun solche Versicherungen großen Ein- druck in Belgien machen werden, skeht dahin, mag aber billig be- zweifelt werden.

Die leßten Nachrichten aus dem Britischen Nord - Amerika haben die Blicke des Publikums wieder auf die Kanadischen Ver- hältnisse gelenkt, die man ganz aus den Augen verloren , seitdem die Pacification und die politische Reform dieser Kolonie erfolgt war. Frankreich scheint sich für seine Amerikanischen Stammver- roandten nur in solchen Augenblicken zu interessiren, wo es in den Ereignissen eine Anregung für seine durchaus nicht aufgegebene Hoffnung ihrer Wiedervereinigung mit dem Mutterlande findet. Man wünscht hier lebhaft, daß Kanada sih von der Englischen Herrschaft emanzipiren mdöge, aber man giebt sich der sonderbaren JZllusion hin, zu glauben, daß diese ehemalige Französische Kolonie in einem f\olchen Falle wohl versucht seyn könnte, sich Frankreich von neuem anzuschließen. „Möge Kanada frei werden wenn es nicht wieder Französisch werden kann“, das sind die Worte eines der freisinnigsten und geistreichsten Patrioten, die sich für die Kanadischen Angelegenheiten interessiren.

Großbritanien und Jrland.

London, 21. Oft, Der Morning Herald meldet: „Auf sehr hohe Autorität gestüßt, können wir die wichtige und höchst erfreulihe Nachricht mittheilen, daß unsere huldreichske Souverai- nin fih in jenen zarten Umständen befindet, deren Anzeige von jedem loyalen Unterthan in den Reichen Jhrer Majestät nicht an- ders als mit dem herzlichsten Jnteresse aufgenommen werden kann. Sir James Clark, einer der Leibârzte der Königin, hat Zhre Majestät in der lebten Zeit häufig besucht. ZJhre Majestät hat seit einiger Zeit ihre Spazierritte eingestellt,“

Der Leeds-Mercury meint, es seyen in keiner Periode der Geschichte, die Herrschaft Napoleon?s ausgenommen, so viele Schläge von fremden Regierungen ogegen die Blüthe des Englischen Han- dels erfolgt, als seit dem Regierungs-Antritte Sir R. Peel's; in weniger als 10 Monaten seyen nicht weniger als 6 dem Englischen Handel feindliche Tarife bekannt gemacht worden, der Russische, Französische, Portugiesische, Belgische, Nord-Amerikanische und der Deutsche, und wahrscheinlih werde in kurzem der Brasilianische folgen, zum wenigsten habe die Regierung dieses Landes schon eine solche Absicht kundgegeben. j

Dem Globe wird aus Paris, angeblih aus guter Quelle, 5 gemeldet, daß tros aller Schwierigkeiten, die bisher dem Abschluß? eines Handels-Vertrages zwischen England und Frankreich entge-Z genstanden, diese Angelegenheit seit einigen Wochen zwischen dem# Gesandten von England (oder vielmehr dem ersken Gesandtschafts Secretair, der auch einer der Kommissarien war, als Herr Thiers *

sih mit der Sache beschäftigte) und Herrn Guizot wieder aufge: |

nommen sey.

Siebenundsechszig Bände Manuskript Händelscher Composi- tionen, die der Amanuensis des großen Tonsebers, Smith, ge- schrieben, sind von dem unlängst verstorbenen Dechant von Westk- minster, De. Jreland, in dessen Besiß sie waren, Herrn J. Leman Brownsmith an der Westminsterabtei vermacht worden. Die Sammlung enthält 33 Opern und Ouvertären, 22 Oratorien, den Chandos- und Krönungs-Hochgesang, Tedeum, Jubelgesänge, Serenaden u. \. w. Mehrere Piècen sollen noh unbekannt seyn.

Jm Hafen von Liverpool is jeßt eine so ungeheure Masse

von Amerikanischem Tabak vorhanden, daß man neue Lagerhäuser zur Aufnahme desselben einrichten mußte. Diese außerordentliche Anhäufung rührt, wie man glaubt, von der großen Vermehrung des Anbaues her, da in den Vereinigten Staaten viel Land mit Taba bepflanzt worden is, das früher Reis oder Baumwolle trug. Die Tabacks- Ausfuhr war 1838: 7,392,029, 1839 : 9,882,943, 1841: 12,576,703 Dollars an Werth; die Baumwollen: Ausfuhr betrug Dagegen 1838: 61,556,811; 1839: 61,238,982; 41841: 54,330,340 Dollars. Doch scheint die Noth der arbeitenden Klas- sen auch den Verbrauch beschränkt zu haben.

H London, 21. Oft. Man versichert, do i Wahrheit nicht verbürgen, daß Herr von Se Ain Sei leßten Besuche in Eu den Auftrag erhalten habe, er mdge versu- chen, von der Britischen Regierung eine Modification der Ver- trâge von 1831 und 1833 über das Durchsuchungs - Recht zu er- langen, welches Frankreich und Herr von St. Aulaire selbst bis zum 21, Dezember 1841 über ganz Europa auszudehnen bemüht waren. Ein solcher Vorschlag wird natürlich von der Englischen Regierung zurúckgewiesen werden. Jch fürchte jedoch, daß Herr Guízot zu M getrieben werden wird , die zur eventuellen Abschaffung jener Traktate führen müssen. Die Ausführung der vereinigten Jnstkructionen für die Kreuzer, wonach die Geschwader beider:Nationen nach der Küste von Afrika segeln, bleibt ihrer Will- für ssen, und wir haben erfahren, daß die Franzosen ernst

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lich daran denfen, die Vollmachten zurückfzuhalten, die sie, nach dem Geiste der Verträge, verpflichtet sind, den Englischen Schif- fen zu ertheilen. J dies jedoch auch nicht der Fall, so hat doch die Deputirten-Kammer das Recht, die Veranschlagungen für den Dienst an der Küste von Afrika zu verweigern, und somit fann die ganze Frage durch eine Abstimmung über das Marine-Bud- get entschieden werden.

Die Englischen Staatsmänner aller Parteien sind es müde, mit fremden Mächten zu unterhandeln, welche stets die ihnen innewohnende Schwäche als einen hinreichenden Grund anführen, um Konzessionen jeder Art zu verlangen, die man ihrer Stärke entschlossen verweigern würde. Der Augenblick, wo eine Frage zwischen England und Frankreich, zwischen England und den Ver- einigten Staaten, zwischen England und Spanien oder selbs Por- tugal zur Sprache fommt, suchen die Regierungen jener Länder Prinzipien und selb Stipulationen, die sie selbst, nach ihrem eigenen Geständnisse, gern anerkennen und annehmen würden, zu vermeiden, weil es, wie sie sagen, unmöglich sey, gegen die Volks- Vorurtheile anzukämpfen. ies heißt doch mit flaren Worten eingestehen, daß die Volks-Vorurtheile die Welt regieren, und ob- gleich die innere Politik des Kabinets der Tuilerieen eine sehr er- trägliche Kontrolle Über das Geschrei der Presse und der Factio- nen ausúbt, so giebt sih dennoch Frankreich in seinen auswärti- gen Verhältnissen das Ansehen, als lege es ein großes Gewicht auf einen Einfluß, den es daheim unterdrückt und Überwindet.

Es mag von England die Modifizirung jener Verträge wegen ihrer

Unpopularicät VElanGOR: denn ein anderer Grund is nicht vor- handen; aber zu gleicher Zeit ist die Existenz desselben Kabinets, welches jene Forderung stellt, ein hinreichender Beweis, daß Un- popularitât nicht die zerstöórende Macht hat, die man ihr beizule- gen bemüht is, Es isk Zeit, daß dies Argument ad misericor- diam von den Ministern großer Staaten weniger häufig benußt werde. Es giebt keine doppelte Verantwortlichkeit; was sie für recht halten, das sind sie verpflichtet, zu behaupten, und es heißt doch wirklih von einer fremden Macht mehr Nachgiebigkeit gegen volfsthümliche und unbegründete Launen verlangen, als sie selbst in ihrem Benehmen zu erkennen geben.

Sie werden bemerken, daß die Blätter, welche am meisten das Vertrauen der Regierung genießen, zuerst eine Maßregel ver- theidigt haben, welche die Erneuerung jenes abscheulichen Verfah: rens, in Kriegszeiten die auf neutralen Kauffahrtei-Schiffen an- getroffenen Britischen Seeleute zu pressen, unmöglich macht, Dies würde durch die förmliche und geseßliche Aufhebung des Matro- sen - Pressens überhaupt geschehen, denn wenn das Pres-

sen auf Britischem Grund und Boden verboten ist, so

würde es noch um so weniger anderswo geschehen dürfen. Jch glaube, der ganze S treit ist jeßt ein bloßer Wortskreit gewor- den und das Verfahren, welches seit beinahe dreißig Jahren außer Gebrauch gekommen is, wird unter keinen Umständen jemals wie- der erneuert werden. Jch bin gewiß, daß kein Englischer Rechts- fundiger behaupten wird, die Endlische Regierung habe irgend ein wirkliches internationales Recht, die Autorität der Britischen Krone selb úber Englische Deserteure durch Gewalt und jenseit ihrer natürlichen Jurisdiction auszudehnen. Jch lege daher nicht den eringsten Werth auf die DNaO derjenigen, welche in dieser Angelegenheit neuen Anlaß zur Entzweluung zwischen England und den Vereinigten Staaten sehen.

Niederlande.

Aus dem Haag, 22. Okt. Jn der zweiten Kammer der Generalstaaten hat die, Zulassung, zweier neugewählten Mitglieder, des Grafen van der. Bosch. und des Herrn Brouwer, zu vielen Erörterungen und Bedenken Anlaß gegeben, Die Wahlen zu den Generalstaaten finden befanntlich im Schoße der Provinzialstände statt. Es entspann sich nun eine Diskussion darüber, inwiefern die Ersteren zu untersuchen haben, ob die Leßteren bei den Wahlen immer streng nach den Vorschriften der Verfassung zu Werke gegangen, was von der Mehrzahl in Abrede gestellt wurde, da die Provin- zial-Stände dasselbe Recht wie die Generalstaaten haben, das Re- glement zu interpretiren. Beim Schluß der gestrigen Debatte ward das eine der beanskandeten Mitglieder, Herr Brouwer, zu- gelassen, während das andere, Herr Graf van der Bosch, ange- wiesen wurde, binnen drei Wochen seine Wahl-Aften zu vervoll- ständigen, da namentlich aus denselben nicht hervorgehe, ob er ein geborener Niederländer sey. h

Der Vertrag mit Belgien isk vorgestern von den beiderseiti- gen Bevollmächtigten paraphirt worden und bedarf nur noch

F der Ratification, um in Kraft zu treten. Die Reise des Finanz-

Ministers, Herrn van Rochussen, nah Berlin, soll mit dieser An- gelegenheit in Verbindung stehen, da der Minister mit Sr. Maje- stât dem Herrn Grafen von Nassau einige Arrangements in Be- zug auf das Verhältniß zur Société générale in Brüssel treffen will.

Schweden uud Norwegen.

Stockholm, 18. Okt. Die Stats-Tidning meldet, daß die Russische Regierung durch ihre hiesige Gesandtschaft zu erken- nen gegeben, daß von nun an Schwedische und Norwegische Han- delsschiffe in allen Russischen Häfen ohne Ausnahme gleiche Rechte mit einheimischen Fahrzeugen genießen und keinen anderen Abga- ben irgend einer Art als diese unterworfen seyn werden. Wie bekannt, fand eine solche Gleichstellung G nicht statt in den Russischen Häfen am schwarzen Meer, am Azowschen Meer und in gewissen Häfen an der Ostsee.

Eine neue Handelsstadt ist im nördlichen Theile von Anger- manland angelegt und Oernsköldsvik genannt worden. Jeder, der sih dort niederlassen will, wird berechtigt, Handel und Gewerbe zu treiben, ohne den in anderen Städten geltenden reglementari- hen Ordnungen unterworfen zu seyn.

Deutsche Bundesstaaten. Negensburg, 20. Oft. (A. Z.) Folgendes sind Worte Sr. Majestät des Königs bei der Grundsteinlegung zur Befrei- ungshalle: „Vergessen wir nie, was dem Befreiungskampfe vor- hergegangen, was in die Lage uns gebracht, daß er nothwendig geworden, und was den Sieg uns verschafft. Vergessen wir nie, ehren wir immer seine Helden! Sinken wir nie zurück in der

Zerrissenheit Verderben! Das vereinigte Teutschland, es wird

nicht úberwunden!“ j

Nachstehendes sind Toaste von Sr. Majestät ausgebracht bei dem am 419, Oktober zu Kelheim gegebenen Bankett:

1) „Unserem gemeinsamen Teutschen Vaterlande, das keinem anderen Lande nachsteht, das sich zu fühlen anfängt, das sich von keinen Fremden mehr wird unterdrücken lassen! Teutschland hoch!“

2) „Den Helden des Befreiungskampfes! So trinken wir denn die Gesundheit des Prinzen Wilhelm von Preußen und des Prinzen Karl von Bayern, Meines Bruders. Auf das Wohl aller Anwesenden und Abwesenden !

3) „Nicht nur auf das Wohl der Helden, sondern auch der Frauen, die sich ausgezeichnet in den Zeiten des Aufschwunges, vor Allen der Teutschen Fürstlichen Frau, der Prinzessin Wilhelm !“

Italien.

Padua, 10. Okt. Nachdem die hier vereint gewesenen Zta- lienischen Gelehrten am 28. September, so wie an den vorange- gangenen Tagen ihre Verhandlungen sectionsweise fortgeseßt hat- ten, ging am 29sten um 10 Uhr Morgens in dem großen Saale der Universität die allgemeine Schluß-Sißung des Kongresses vor sich, Se. Excellenz der Landes - Gouverneur und die Lokal-Ober- Behörden saßen auf besonderen Plägen, der Präsidentschaft gegen- úber; zur Rechten ein Kreis gewählter Damen und die Sections- Präsidenten; zur Linken die Secretaire und die Deputationen, indeß die úbrigen Theile des Saalraums mit den Versammlungs-Miktglie- dern nebst einer zahlreichen und erlesenen Menge von rern im ei- gentlichen Sinne besäet waren. Der General-Präsident eröffnete die Sißbung'mit der Anzeige, daß die von Seiten des Kongresses vor- ene Wahl eines General - Präsidenten für die zunächst in

ucca stattfindende fünfte Versammlung Jtalienischer Gelehrten auf den Commandeur und Staatsrath, Marquis Antonio Mazza- rosa, Direktor des öffentlichen Unterrichts in jenem Herzogthume, gefallen sey. Nachdem hierauf der Bericht des General-Secre- tairs über die Umstände, welche den vierten Kongreß begleiteten, und úber die Begebenheiten, welche sich während seiner Dauer zutrugen, angehört worden, lôste der General : Präfident, Graf

. Cittadella-BVigodarzere, die Versammlung mit einer dem Gegen: stande angemessenen feierlichen Rede auf,

Spanien.

A Paris, 21. Okt. Unter dem Datum vom 14ten l. M. erhalten wir heut aus Madrid interessante Aufschlüsse úber den Grund, weshalb der auf den 10ten des nämlichen Monates fal- lende Geburtstag der Königin Jsabella von Spanien, oe den bei Hofe Úblichen feierlichen Handfuß, begangen wurde. Vor dem Jahre unterblieb bei der nämlichen Gelegenheit die Aufwartung bei Hofe in Folge des Aufstandes in der Nacht vom 7ten auf den 8, Oktober. Dieses Jahr hinderte nichts diese Hof-Feierlichkeit, auf welhe die Spanier viel zu halten pflegen, und Espartero dachte ernstlich daran, sie mit großer Pracht begehen zu lassen, Zu diesem Ende versammelte er einen außerordentlichen Kabinets-Rath, woran, außer den gegenwärtigen Ministern, Herr Gonzalez, Herr Arguëlles und andere Staatsmänner, welche das Vertrauen des Regenten besißen, Theil nahmen, Die erste Frage, welche in dieser Sibung zur Sprache kam, war: welchen Plaß soll der Regent während des Handkusses einnehmen? Espartero verlangte auf der Estrade des Thrones zur Linken der Königin Zsabella zu stehen, weil bei ähnlichen Ceremonien die Regentin Marie Christine den nämlichen Plaß einzunehmen pflegte, Die Meinung der Minisker theilte sich bei dieser Diskussion, die Majorität derselben wendete sogleich dem Regenten ein, daß die Königin Marie Christine nicht in ihrer Eigenschaft als Regentin, sondern als Königin - Mutter und Wittwe Ferdinand?s VII. das Recht hatte, auf dem Thron neben ihrer Königlichen Tochter zu sißen. Selbst die Minorität des Kabinets gab zu, daß nah der Spanischen Hof-Etikette nur ge- frônte Häupter auf der Estrade des Thrones stehen dürfen, indem die úbrigen Mitglieder der Königlichen Familie nur auf den Stu- fen des Thrones ihren Plaß einnehmen. Da Espartero sah, daß er hierin seine Ansprúche vor dem Kabinet nicht geltend machen fönnte, beschloß er ein für allemal jede Empfangs-Feierlichkeit bei Hofe zu vermeiden, und mithin von nun an sowohl den Geburts- tag als den Namenstag seiner Monarchin ohne den úblichen Hand- fuß vorüber gehen zu lassen. Andere Betrachtungen mögen nicht ey t zu haben, den Regenten in seinem Vor- aße zu bestärken.

: Nicht so leicht dúrfte es dem Regenten werden, die Angele- genheit der auf noch weitere zwei Jahre S Ren Vormund- \chaft des Herrn Arguëlles mit den Cortes abzumachen, Privat- Berichte aus der sichersten Hand melden aus Madrid, daß meh- rere Deputirten gesonnen sind, dieser Angelegenheit als einer Oppo- sitionswaffe gegen den Regenten in der nächsten Session sich zu bedienen. Espartero selbst befürchtet, daß ihm diese Sache viel zu schaffen machen wird, und um je früher je besser damit fertig zu werden, berief er die Cortes früher, als anfangs beschlossen wurde, auf den 14. November zusammen, während die Einberufung sonst in der ersten Hälfte des Monats Dezembers hätte stattfinden sollen.

Die Geldverlegenheit der Spanischen Regierung vermehrt sich täglich mehr. Alle einsihtsvolle Männer stimmen darin úberein, daß namentlich das gegenwärtige Militair-System Spanien ganz zu Grunde richten werde. Als König Ferdinand VII], den Thron seiner Tochter Jsabella hinterließ, besaß Spanien nur 40,000 Mann stehender Truppen. Gegenwärtia, ungeachtet der Bürger- frieg beendet ist, stehen niht weniger als 130,000 Mann unter den Waffen. Bei den unheilshweren Finanz-Verhältnissen Spa- niens if dies eine entseßliche Lask, von welcher freilich die Existenz der bestehenden Regierung vorzugsweise bedingt zu seyn scheint.

55 Paris, 21, Oft, Der Spanische Geschäftsträger in der Schweiz ist vor 14 Tagen von Frankfurt über Brüssel hier in Paris eingetroffen. Man weiß, welche Aufgabe Herrn Carnerero in Frankfurt verfolgt, und daß er den nächsten Zweck seiner Reise, eine Audienz bei dem Fürsten Metternich auf dem Johannisberge, nicht erreicht hat. Herr Carnerero schien der Spanischen Regie- rung besonders geeignet, Unterhandlungen über ihre Anerkennung von Seiten der Deutschen Mächte einzuleiten, weil er ein Diplo- mat aus der alten Schule is, und weil er weder nahe noch entfernt bei der September - Revolution betheiligt war, zu deren Zeit er sich auf seinem Gesandtschafts -: Posten befand. Es wird versichert, daß Herr Carnerero namentlich beauftragt ge- wesen, die Ansicht zu bekämpfen, daß Espartero ein Beförderer und Repräsentant der Revolution in Spanien sey. Der Regent, heißt es, will vielmehr als der Damm angesehen werden, der sich dem Ueberfluthen der Revolution ent A und er macht besonders in dieser Eigenschaft Ansprüche auf das Wohlwollen der Kabinette, deren Anerkennung ihm bis jeßt noch fehlt, Herr Carnerero is mit dieser Darstellung der Rolle Espartero’s, allem Anscheine nach, nicht durchgedrungen ; der Hauptgrund seiner Zu- rúckweisung is indessen, den vorliegenden Angaben zufolge, wohl in der Rüsicht zu suchen, daß_die jeßige Ordnung der Dinge in Spanien noch zu precair sey, um eine Wiederanknüpfung der diplomatishen Verbindungen zu gestatten. Herr Carnerero zeigt sich übrigens mit dem Resultate seines diplomatischen Ver- suches in Frankfurt nicht ganz unzufrieden, sey es, daß ihn das- selbe wenigstens zu Hoffnungen für eine nähere oder entferntere Zukunft berechtigt, oder daß er nur der Maxime folgt, der zufolge man zum bóôsen Spiele gute Miene machen muß,

Wie die Tabacks-Fabrik in Barcelona, so ist auch die Tabaks- Fabrik in Santander auf Befehl der Regierung geschlossen wor- den. Diese Maßregel ist für die leßte Stadt 5 weit empfind- licher als für die erske, sowohl der größeren Ausdehnung der Fa- brif wegen, als auch weil die dadurch hervorgebrachte Geld-Circu- lation sih in Santander in einem weit kleineren Kreise bewegte,

als in dee Catalonischen Hauptstadt, Durch die fragliche Verfügung

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ind 800 Arbeiterinnen brodlos geworden, deren Loos um so mehr Be- S erregt, als die in der Königlichen Tabak s-Fabrik beschäftigten jungen Mädchen und Frauen im Rufe einer ganz besonderen Zucht und Ehrbarkeit skanden, so daß die Bezeichnung „Cigarrera“ in Santander schon an und für sich eine große Empfehlung war. Die Provinzial-:Deputation, das Ayuntamiento und das Handels- Kollegium der Stadt sind in Folge jener Maßregel sogleich zu einer außerordentlichen Versammlung zusammengetreten, und sie haben beschlossen, ohne Verzug drei Deputirte nah Madrid zu \chicken, um die Wiedererdffnung der Fabrik nachzusuchen. Die Aussicht auf einen glülichen Erfolg dieser Sendung hat bis jet am meisten dazu beigetragen, eine Stdrung der Ruhe durch die an ihrem Lebens-Unterhalte gefährdete Volksklasse zu verhindern.

Serbien.

Wir geben hier den Schluß der von der Allg. Ztg, gelie- ferten historischen Darstellung der Ereignisse in Serbien:

„Der Pascha und Schekib Efendi bezeichneten einige Jndivi- duen in Belgrad, um daselbst Ordnung zu erhalten, unter welchen der bisher verlarvte A. Simitsh und der provisorische Finanz- Minister in erster Reihe standen. Sofort wurden von Seiten der Türken Anstalten getroffen, den im Anmarsch gegen Belgrad be-

riffenen Wutsitsch aufs glänzendste zu empfangen, zu welchem nde Kanonensalven von der Feskung ertönten. Petroniewitsch fing an, die Regierungs-Kanzlei einzurichten, und es wurde sonach eine provisorische Regierung eingeseßt und vom Pascha bestätigt, bestehend aus dem sich so nennenden Anführer der Nation Wut- sitsh, dem Präsidenten der provisorischen Regierung Petroniewitsch, A. Simitsch, P. Stanitsitsh, dann den rebellishen Senatoren Ressawabß, Stoianowitsch, Petrowitsch, Gyuritsch, Juritsitsch, dem Ex-Appellations-Rath Weljkowitsch und dem Gerichts - Präsiden- ten Jvanowitsch. Während die Zahl der evt Menge vor Belgrad immer mehr anwuchs, hatte die neue Regierung, de- ren erster Schritt war, den jungen Ressawas in Freiheit zu seßen, die Entseßung des Fürsken Michael bereits beschlossen, und es wurde unverzüglich zu Ausführung dieses Beschlusses geschritten, was auf Seiten der versammelten Menge keine Schwierigkeit fand, da diese schon im voraus bearbeitet fast aus lauter Anhängern des Wutsitsch bestand und darum willig nachplapperte, was man ihr vorsprah. So hieß es denn einstimmig: „Wir wollen keinen Obrenowitsch mehr, der Sohn unseres Befreiers Czerny Dieser is der ae o ohn

Georg sey unser Fürst,“ des go Georg, der im Jahre 1813 Serbien fliehend verlassen und sich nach Rußland begeben hatte. Er heißt Alexander und

lebte früher zu Chozim in Bessarabien bei seiner Mutter, die von Rußland eine ansehnliche Pension bezog, Jm Jahre 1826 fam er nah der Wallachei und blieb dort bis zum Jahre 1839, wo er von Milosch?s Feinden nah Serbien eingeladen und später von dem Fürsten Michael als Adjutant angestellt wurde, welche Eigenschaft er bekleidete, bis er am 14, September zum Fürsten Serbiens proklamirt wurde. Kiamil Pascha und Schekib Efendi bestätigten die Wahl , hießen Überhaupt alle Schritte der Empö- rer gut, expedirten Couriere nach Konstantinopel, um auch von Seiten des Sultans Bestätigung einzuholen, und sandten sogar den Jusurgenten vor der Stadt eine große Anzahl Türkischer Zelte, um sie vor den Wechselfällen der Witterung zu schüßen. Der neugewählte Fürst erließ eine Proclamation an das Volk, in wel- cher er sih „Fürst von Serbien“ unterzeichnete. Indessen prote- tirten die vier in Belgrad beglaubigten Konsuln Rußlands, Oester- reichs, Englands und Frankreichs gegen diese Gewaltschritte und erflärten den Wuektsitsh für einen Rebellen; allein der Pascha und Schekib Efendi bedeuteten ihnen in unhöfliher Weise, daß sie als bloße Handels - Konsuln sich in diese Ange- legenheiten nicht zu mischen hätten, wodurch sich der Eng- lische Konsul so beleidigt fühlte, daß er beschloß, sich alsbald per- sónlich nah Konstantinopel zu begeben und dort Genugthuung zu holen. Jn fast gleichem Grade zeigt sich der Russische Gene- ral- Konsul Waschtschenko den neuen Machthabern abhold; auch die beiden anderen haben bis jeßt jede Communication mit dem rebellischen Gouvernement entschieden abgelehnt.

Plö6lih ging ein neuer Hoffnungsstern für die unterlegene Partei auf, indem der bekannte Kommandant des Uschißzaer Be- zirks, Mitschitsh, dem die Befehle des Fürsten Michael in Folge von Verrätherei nicht zugekommen waren, unerwartet auf den Schauplaß trat. Er erhob sich mit der bewaffneten Mannschaft seines Bezirks, welcher sich noch die waffenfähige Bevölkerung der der Familie Milosch am treuesten anhängenden Bezirke von Tschatschak und Rudnik, aus welcher Gegend Milosch gebürtig ist, anschloß; er rúckte etwa 10,000 (?) Mann stark bis an die Grânze des Belgrader Bezirks vor, Auf die Kunde hiervon seßte ihm Kiamil Pascha einen Bimbaschi mit der Aufforderung entgegen,

seinen Heerhaufen zu entlassen und sich der neuen E 4 un

fügen, wozu sh aber Mitschitsh nicht bereit finden ließ.

rúckte Wutsitsh mit einem vereinten Serbisch- Türkischen Corps ihm entgegen, das jedoch faum im Angesicht Mikschitsch?s erschien, als dieser von fast allen seinen Leuten verlassen wurde; sie liefen zu Wuktsitsch über, und er war genöthigt, eiligst die Flucht zu er: greifen. Seitdem hat sich das wohl ungegründete Gerücht ver- breitet, er sey ermordet worden.

Damit ist nun im Jnnern Serbiens jeder Widerstand gegen die neue Ordnung für den Augenblick beseitigt, und die Leiden- schaftlichkeit der neuen Herren glaubt sich deshalb um \o weniger Zwang anlegen zu müssen. Die gewaltsamsten Reactionen sind an der Tagesordnung; jeder nur entfernt Verdächtige wird auf die S Denunciation hin in den Kerker geworfen; die Gefängnisse sind so überfüllt, daß man bereits zu allerlei Aus- húlfsmitteln greifen mußte. Der Minister des Jnnern, Raje- witsch, war gleih beim Entstehen der Revolution in Kiupria, wo er sich in einer besonderen Sendung befand, den Jnsurgen-

ten in die Hände gefallen, Er wurde als Landesverräther erklärt |

und mit schweren Ketten belastet eingekerkert, Ferner wurden verhaftet der Bischof und der Erzpriester von Schabacz, der Gar- nisons- Kaplan Johann, die Konsistorial-Räthe Archimandrit, Me-

letius und Erzpriesker Stephanowitsch, nebst einer großen Anzahl -

friedlicher Männer, deren Vergehen einzig darin besteht, daß sie

früher so unglúcklich waren, sich den Haß oder die Ungunst Wut- | erhafteten

sitsh's zuzuziehen. Jm Ganzen wird die Zahl der auf 2000 angegeben; in den Gefechten mögen ungefähr 200 Men- schen umgekommen seyn. Viele Familien, namentlih Handels- leute, die schon seit 20 Jahren und darüber in Serbien ansässig waren, wurden aus dem Lande vertrieben unter dem Vorwande, daß sie keine Serbischen obwohl Türkische Unterthanen seyen; die wahre Ursache aber is, daß sie im Verdacht stehen, mit der Sache der Familie Obrenowitsch zu \ympathisiren ; ihre Waaren - Niederlagen mußten sie meist der Revolution prels- geben. Gegen 300 Jndividuen, welche, aus Oesterreich gebürtig, in Serbischen Staatsdiensten standen, wurden unter allen Arten gder Mißhandlung E. Einem derselben wurde ein Roß- alfter um den Hals gehängt, so führte man ihn unter Stok- streichen ins Lager, wo er mehrfältige Todesangst auszustehen

hatte. Ein Geistlicher wurde von Wutsitsh eigenhändig ermor- det, blos, weil er sich bescheidene Vorstellungen erlaubt hatte, daß es doch nicht gut sey, einen Fürsken nah dem anderen zu verjagen. Auch die Sbhne des Vice: Präsidenten des Senats, Mileta, befinden sich unter den Verhasteten. Auf die Vorstel- lungen, welche der greise Vater Mileta gegen die Verhaftung seiner Söhne bei Kiamil Pascha machte, antwortete ihm der an- wesende alte Ressawaß: „Deine Söhne sind anstatt des meinigen verhaftet, den ihr zum Tode verurtheilen wolltet, weil er euch gfvben machte, er sey von dem Fürsken Milosch gewonnen, das and ju insurgiren, Alles dies war jedoh erdihtet und blos darauf berechnet, euch irre zu führen, damit, während ihr euer Augenmerk ausschließlich auf jenen richtet, wir freies Feld zu unseren Plänen erhielten.“ Diese Erklärung gab der alte Ressa: waß in Gegenwart Kiamil Pascha's, Schekib Efendi’s und meh- rerer Serbischen Häuptlinge ab. Eine ähnliche falsche Rolle spielte der listige Alexa Simitsch, der sich gs im Anfang der Revo- lution zu dem Fürsten Michael verfügte mit der Frage, ob der Fürst ihn für treu ergeben halte und ob er darum sicher sey, was der Fürst bejahte, wodurch er diesem gleißnerischen Manne Gelegenheit gab, eines der thätigsten Werkzeuge zu seinem Sturze zu werden, wie derselbe denn auch furz nach der Wahl des neuen Fúürsken vermuthlich weil man fürchtete, daß durch den da- mals erfolgten Sturz des Groß -Wesirs Jzzet Mehmed Pascha die Serbischen Verhältnisse in Konstantinopel eine ungünstige Wendung genommen haben könnten in Gesellschaft Schekib Efendi's nach der Türkischen Hauptstadt aufbrah, um si dort u Gunsten der neuesten Ereignisse zu verwenden. Ueberhaupt fheint das Vertrauen der neuen Machthaber in Serbien in den leßten Tagen lockerer geworden zu seyn; man erzählt sich, Wut- sitsch habe in Folge ungünstiger Berichte aus Konstantinopel geäußert, wenn Alles mißlinge, so wolle er zum Mohammedanis- mus übertreten und dann erst Serbien und der Welt zeigen, was er vermöge. Ein zweites Zeichen, welches die Muthlosigkeit der provisorischen A andeutet, is der schon öffentlich besprochene Versuch, den Fürsken Michael zu vergiften, worüber ih mich bis zu peschlossener Untersuchung in keine weiteren De- tails einlassen will. Ob auch Kiamil darin verwickelt, wie man behauptet, wird sich zeigen. Heute nur so viel, daß unter den in Semlin als verdächtig Verhafteten sich namentlich der Schwie- ervater des jungen Rassawab, bei dem die viel besprochenen Baviere in Bezug auf dessen Komplott aufbewahrt waren, befin- det, daß ein Versuch einiger Semliner Bürger um Freilassung der Deschidigten erfolglos blieb, was immer gründliche Jnzichten ge- gen die Verhafteten vorausseßt, daß aber am Ende der Denun- ziant selbsk, gegen den sîch ebenfalls Verdachtgründe ergeben haben müssen, in Haft genommen ward.

Die Haupt:frage ist nun, wird die Pforte das Ergebniß der Instructionen und Plane des nun gestúrzten Jzzets, Hussein Pa- \cha’s, Kiamil Pascha’s und der Serbischen Rebellen bestätigen? Wird die mächtige Scbußmacht solches im Widerspruch mit den Traktaten von 1812, 1826 und 1829 geschehen lassen? Wird der freundnachbarlich e loyale Wiener Hof solch allem Recht Hohn sprechendes Verfahren an seiner Gränze gleichgültig mit an- sehen, dulden? Werden endlich die vereinigten fünf Großmächte, welche die Jntegrität des Türkischen Reichs verbürgt haben, zuge- ben, daß sich die Pforte durch so anerkannt \chlechte Organe, wie Wuesitsch :c., die Eingeweide durhwÜhlen lasse und so ihren eige- nen Untergang befördern helfe ?

Schließlich kann ich nicht umhin, durch einen neulichen Korre- spondenz - Artikel Jhrer Zeitung zaufgefordért, äuf die gegen den Fürsken Milosch, so wie auch gegen die Fürstin Liubicza lautge- wordenen Beschuldigungen zurückzukommen. Zwar zerfällt die Be- schuldigung hinsichtlich des Ressawaßschen Komplotts mit all den lächerlichen Details nach dem Gesagten in sich selbs, und eben so grundlos erscheinen die gegen die Fürstin Liubicza vorgebrach- ten Beschwerden Jedem, der nur einigermaßen mit den Serbischen Verhältnissen vertraut isk. Man darf kühn behaupten, daß, hâtte Fürst Michael dem Rathe seiner Mutter gefolgt, es jeßt gewiß nicht so Übel mit ihm sehen würde; aber der junge Fürst hörte vielmehr nur die Feinde seiner Eltern, und die nothwendige Folge hiervon war Kaltsinn gegen Vater und Mutter, welcher jeden Ein- fluß derselben paralysirte und ihm, entschuldigte ihn nicht seine Jugend, sogar zu hartem Vorwurf gemacht werden müßte, Ge- wiß empfindet Fürst Michael in seinen jeßigen bedrängten Ver- hältnissen, wo er von seinem Vater die deutlichsten Beweise auf- richtiger Theilnahme und Liebe fast täglich erhält, selbst, wie sehr

er gefehlt hat.“ Türkei.

Konstantinopel, 5. Oft. (A. Z) Am 28. September

fam (wie bereits erwähnt) Sami Pascha auf einem Aegyptischen Dampfschiff hier an. Der Zweck seiner Sendung is angeblich, dem Sultan die Danksagungen Mehmed Ali's für seine Erhebung zum Groß-Wesir ju Uberbringen. Doch soll Sami Pascha nech zwei Aufträge haben: 1) die schon lange beabsichtigte Heirath Said Pascha's mit der zwölfjährigen Schwester des Sultans zu ‘bewerkstelligen, und 2) dahin zu arbeiten, daß Said Pascha zum ¿General-Gouverneur von Syrien ernannt werde. ú Jn Betreff des Ultimatums der Pforte vom 26. September Iwegen der Syrischen Angelegenheiten bemerke ich nachträglich, daß ¿man allgemein Riza Pascha für dessen Urheber hält. Sir Strat- Ford Canning soll auf das hôchste gegen ihn aufgebracht seyn. Nach ¿dem Falle des unbeugsamen Jzzet Mehmed glaubte Sir Strat- Lord jeden Stein des Anstoßes entfernt und schloß sich zutrauens- Zvoll an den Ober-Hofmarschall an, um durch ihn die noch hângen- den Streitfragen auf eine günstige Weise beizulegen, in welcher FHoffnung ihn die versöhnliche Rede Riza Pascha's in der Kon- erenz der Repräsentanten der fünf Großmächte bei Sarim Bey nur noch mehr bestärkte. Wie groß war aber sein Erstaunen, als Fihm obige Note zu Gesicht kam! Er soll gleich am folgenden Tage Riza Pascha seine Verwunderung und seine Mißbilligung über dessen zweideutiges Benehmen in dieser Angelegenheit haben zu erkennen nten lassen, worauf dieser sich geäußert habe, daß ihm X jene Beschlüsse der Pforte eben so vortheilhaft für sie als Überein- sfimmend mit den Ansichten und Jnteressen der Großmächte er- schienen, indem sie ja weiter nichts als das von den Großmächten selbst gemachte Projekt enthielten, welches nur um etwas Weniges von der Pforte modifizirt worden sey. Was seine Aeußerungen in jener Konferenz betreffe, so sey es ihm nie in den Sinn ge- fommen, von der Ernennung unabhängiger Fürsten für die Ver- waltung des Libanons zu sprechen, /

A AEED Inland. Berlin, 26, Okt. Nachstehendes is die in dem heute aus-

gegebenen Blatte der Gesez-Sammlung enthaltene Allerhöchste Kabinets-Ordre, die Bücher-Censur betreffend : 5 R

(„Fndem Fch eine Revision der für das Censurwesen in Meinen Staaten bestehenden Verordnungen und Verwaltungs - Formen an- eordnet habe, will Fch, ohne die Beendigung dieser bei ihrer großen Wichtigkeit längere Vorbereitung und Zeit erfordernden Arbeiten abzuwarten, schon jeht die Presse von einer durch die Bundes-Geseh= ebung nicht geforderten Beschränkung befreien, indem Jch bestimme : die in Meinen Staaten erscheinenden Bücher , deren Text mit Ausschluß der Beilagen Zwanzig Drukbogen übersteigt , wenn #0- wohl der Verfasser als der Verleger auf dem Titel genannt ist, der Censur ferner niht mehr unterworfen seyn sollen. Auf Bücher, welche in einzelnen Lieferungen erscheinen, erstreckt ih diese Bestim- mung nur insofern, als der Text jeder Abtheilung Zwanzig Dructbogen Übersteigt. Von jeder hiernach ohne Censur erscheinenden Schrift muß Bernd anes Stunden vor ihrer Austheilung ein Exemplar bei der Polizei-Behdrde niedergelegt werden. Für die Befolgung dieser Vor- \{rift find der Verfasser und der Verleger, imgleichen der Drucker, dessen Name auf dem Titel oder am Schluß des Werkes BENS seyn muß, bei einer polizeilichen Geldbuße von 10 bis 100 Rthlrn. verantwortlich. Ueber die Fesiseßung dieser Geldbuße entscheidet der Ober - Präsident unter Vorbehalt des Rekurses an den Minister des “grad der Rekurs muß innerhalb 10 Tagen nach Publication des

esoluts des Ober-Präsidenten bei Leßterem angemeldet werden. Die bisherigen Strafgesche gegen die im Wege der Presse verübten Verbrechen, und namentlich die Bestimmungen im Artikel XV1, Nr. 2 und 3 des Censur-Edikts vom 18. Oktober 1819, bleiben auch in Be- ziehung auf diejenigen Bücher in Kraft, welche fortan von der Cen- sur befreit sind. Das Staats-Ministerium hat diese Ordre durch die Geseß-Sammlung zur dentlichen Kenntniß zu bringen.

Berlin, den 4. Oktober 1842.

riedrich Wilhelm. An das Staats-Ministerium.“ F

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Königliche Schauspiele. Aufführung von Meyerbeer's Robert der Teufel.

Zum erstenmale seit dem Erscheinen der „„Hugenotten// von Meyer- beer kam dessen ältere Oper „Robert der Teufel-- am 23sten d. M. wieder zur Aufführung. Das Süjet ist ein echtes Produkt der neue- ren Französischen Romantik: es kann mit den unförmlichsten Miß- geburten dieser Richtung den Vergleich bestehen. Die Franzd- sischen Romantiker folgen mit Absicht den regellesesten Ein- gébungen ihrer Phantasie, wenn man den verrenften Mä- nadentanz einer fiebertollen Einbildung so nennen darf, die keinem Gescß, weder der Sitte noch des Schdnen, mehr gehorht. Gänzliche Vernichtung der poetischen Wahrheit , unedles Haschen nah dem äußerlichsten Knalleffeft, Profanirung des Heiligen und möglichsie Frivolität sind die Charakterzüge zu jenem Bilde, welches uns zwar genugsam bekannt ist, allein bei solcher Gelegenheit, durch die Kraft dec Musik noch Ee hervorgehoben, uns nur aufs neue grauenhaft entgegentritt. enn wenn ein geistvoller Komponist das Unglück gehabt hat, einem solchen Dichter in die Hände zu fal- len, oder ihn zu wählen , weil er den Geschmack des Pariser Publi- kums kennt, #0 ist es ein eiiles Streben, mit der Composition die mißgeborene Grundform wieder ins Gleiche bringen zu wollen, viel- mehr wird die hehre Kunst zur E des Unsinns herabgewürdigt. Ein Suijet, wie Robert der Teufel, is inkurabel, und die Orthopädie, selbs eines großen Komponisten, verlorene Mühe.

Vielleicht interessirt es einige unserer Leser, die historische Wirklichkeit des Gegenstandes, die keinesweges poetischer Momente entbehrt, in wenig Worten kennen zu lernen.

Graf Robert ÎUl., aus dem Stamme derjenigen Normannen, deren Anführer seit dem Jahre 912 in der Bretagne festen Fuß gefaßt, von den schwachen Karolingern nah einander mit dem eingenommenen Lande belehnt worden waren, folgte 1028 seinem Bruder Richard Ul, als Graf der Normandie. Schwerer Verdacht fiel auf Robert, seinen Bruder vergiftet zu haben, eine Meinung, die, wenn man will, eine

Bestätigung in dem Umstande findet, daß Robert, nah unruhvoller, doch glückliher Regierung, plöblih die Herrschaft niederlegte, seinen Sohn Wilhelm 11. (den Eroberer) im zarteften Alter zurüdließ und mit LOEE Begleitern eine Pilgerfahrt nah dem heiligen Lande unternahm. Hier starb er zu Nicda in Bithynien im Jahre 1035, wie man glaubt, an Gift. Lappenberg in seiner Englischen Geschichte charakterisirt ihn also: j

¿Robert scheint hinlänglich durch den Namen des Teufels be-

eichnet, welcher ihm in einem Zeitalter gegeben wurde, wo dieser

ame nicht ein Gegenstand des Scherzes zu seyn pflegte. . . . Seine ungesiÜmen Leidenschaften, der Verdacht des Brudermordes , die ro- mantische Pilgerfahrt nah dem sagenreichen Orient, mehr als Alles der glorreiche Sohn (Wilhelm der Eroberer), welchen ein Kebsweib zu Ton ihm geboren hatte, haben ihn zum Gegenstande mancher Erzählungen gemacht , deren Würdigung wir den Landes - Histori- kern Überlassen müssen. Jn jenen Zügen, welche uns berichtet sind, von seinem Muthe, seiner Freigiebigkeit, Scherz- und Schwanklust, seiner Genußsucht, Herablassung und Diensifertigkeit, vor Allem auch der etwas prahlerischen Verachtung des Geldes und Besites, ist uns ein BANYLNE, der Normannen aufgestellt, und es is nicht zu verkennen, daß in ihm ein entferntes Vorbild des älteren Englischen Gentleman, so wie deutlicher des heiteren Vaters desselben , des Alt- Normannischen Ritters, gegeben ist.“/

Mancherlei Wunderbares hat die Sage der damaligen Zeit hin- zugemischt. Allein es ist ein weiter Weg von der Sage zum Drama, und was uns in der Sage anzichen kanu , siößt uns vielleicht zu- rúck, wenn Drama und Opera seria unmittelbares Mitgefühl, Rúhrung und Mitleid für die Personen verlangen , die sie unseren Augen redend, handelnd, singend vorführen. Scribe und Delavigne's romantisches Libretto hat ein vollendetes Zerrbild hingestellt. Ro- bert’s Vater ist hiernach der Teufel, aber ein sentimentaler Koßebue- scher Teufel, eigentlich ein wackerer Mann, der, wie es scheint, durch unglückliche Schicksale in seine dermalige Lage herunter geïommen, nun seinen geliebten Sohn sich zur tröstenden Gesellschaft mit in die Qual des höllischen Feuers herabzuzichen wünscht. Wer kann sich im Ernst gerührt odec ergrifen fühlen von den Situationen, Sentiments und Arien, die sih um das Pivot eines \o grandiosen Unsinns drehen? :

Wir sind nur darum näher auf den bekannten Gegenstand ein - gegangen, um die Wahrheit zurüctzurufen, daß bei einer ernsten Tondichtung das poctishe Süjet , auf dessen Grund sich das musi- kalische Gebäude erheben soll, und die angemessene Behandlung die- ses Suijets eine leider zu sehr vernachlässigte Hauptsache ist,

Auch în den Hugenotten sind diese Gebrechen und das damit zusammenhängende Streben nach Aeußerlichkeit nicht zu verkennen, ebenso fehlt das frivole Element nicht gänzlich; aber der Komponist hat das lehtere mehr zu unterdrücken gewußt, und die Musik trägt neben den obigen Mängeln im Ganzen einen edleren Charakter. Mdchte ein #o bedeutender Fortschritt zu der Hoffnung berechtigen können , daß Herr Meyerbeer mit der Heimkehr in sein Vaterland sich auch mehr und mehr der Musik zuwende, die wir mit gerechtem Stolze die Deutsche nennen, und die in einer edlen tiefen Auffas- 4 gerade mit Verachtung \chillernder Aeußerlichkeit , s{ch giebt. Daß er die innere Kraft dazu besißt, hat er in den Einzelheiten \o- wohl im Robert als in den Hugenotten bewiesen, und bei der reichen Erfindungsgabe, welche ihm selbs seine Gegner nicht abzustreiten ver- mdgen, müßte es ihm ohne Zweifel gelingen, wenn er mit ernftem Sinn einen würdigen Stof ergreift, auch ein Ganzes zu schaffen, das den Stempel hohen poetischen Adels trägt.

Die Aufführung litt an den Gebrechen des Alters. Man abstra- hirt zwar nicht gern von der Angemessenheit der äußeren Erscheinung,

drückt aber willig ein Auge zu, wenn dem Ohre dafür Ersaß wird.