1842 / 307 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

aller Demüthigungen und durch das Umgehen aller Hindernisse im Besiße der Gewalt bleibt.“

Es soll die Absicht des Herrn Guizot seyn, den Herrn von Bourqueney, jeßigen Geschäftsträger in Konstantinopel, zum Ge- sandten daselbst zu ernennen; R zweifelte man, daß der Graf Pontois auf diesen Posten zurückehren- werde.

Herr Olozaga is vorgestern von Brüssel ps eingetroffen. Er ist bis jeßt nur von dem Spanischen Geschäftsträger empfan- gen worden und hat sich im Ministerium der auswärtigen Ange- legenheiten noch nicht blicken lassen. Es heißt, er erwarte hier die Antwort auf Depeschen, die er vor aht Tagen nach Madrid ge- sandt habe, und die ihn wahrscheinlih nah Spanien zurückberu- fen werden.

Herr Logier, einer der Astronomen der hiesigen Sternwarte, hat vorgestern, gegen sieben Uhr Abends, in der Constellation des Drachen einen außerordentlih schwachen teleskopischen Kometen entdeckt, anscheinend ohne Schweif.

17 Paris, 30. Oft. Die Organe der Opposition der Linken fönnen sich noch immer nicht über die Verfassungswidrigkeit, die Unrechtmäßigkeit der Betten beruhigen, welche die Gegner des Projekts eines Französish-Belgischen Zoll-Vereins bei Herrn Fulchiron gehalten haben. Dieselben Blätter, welche die Reunion Odilon-Barrot, die Reunion Ganneron und wie die frúheren par- lamentarischen Klubs sonst heißen, als äußerst patriotische Anstal: ten unter ihren Schuß nahmen, dieselben Blätter rufen jegt aus, daß das Vaterland und die Verfassung in Gefahr sey, weil eine An- zahl von Deputirten sich die Freiheit nimmt, die Nachtheile einer Zoll- Verbindung mit Belgien in Berathung zu ziehen und sih über die geseßlichen Mittel zur Hintertreibung dieses Projektes zu be- sprechen. Die Erklärung dieser Jnkonsequenz liegt leider nur zu nahe. Der Courrier français und das Siècle theilten das Interesse, in welchem jene parlamentarischen Reunionen gebildet waren, und darum billigten sie dieselben mit Herz und Hand und Mund; dagegen sind die Zwecke der Versammlung bei Herrn Fulchiron den Wönschen dieser Blätter entgegengesebt, und nun stehen sie nicht an, die R RE feit solcher Versammlungen überhaupt zu leugnen, statt daß sie fich billiger- und verständiger- E darauf beschränken sollten, die Tendenzen derselben zu be- fampfen.

Jene machen Partei, welch? unerhdörtes Beginnen !

„Aber E Partei 2“ Ei, die versteht sich von selbst. Diesen Dialog hôrt man hier alle Tage aufführen. Die schlimme Seite des politischen Parteiwesens in Frankreich ist, daß es darin an Ueberzeugungstreue und an Grundsäßen mangelt, daß inner- halb seines Bereiches die Prinzipien alle Augenblicke den Erfor- dernissen der Taktik aufgeopfert werden. Dieses Verfahren trägt úbrigens seine Strafe in sich selbsk. Ueber dem häufigen Wechsel der Mittel verliert man in den meisten Fällen die Resultate, und die Gesammtwirkung dieses ganzen Treibens is die augenschein- liche Abstumpfung der öffentlihen Empfänglichkeit für politische Junteressen.

Großbritanien und Irland.

London, 29. Oft, Die Veränderung in der Constitution der Kolonie Neufundland, vermöge welcher namentlich die legis- lativen und exekutiven Functionen des dortigen Raths getrennt worden sind, ist am 23, September daselbst von dem Gouverneur Sir John Horvey amtlich proklamirt worden.

Das Arabische Kriegsschisf „Sultana“, welches die Geschenke

des Jmam von Muskat fúr die Königin úberbrachte, wird jest auf dem Werft von Woolwich völlig ausgebessert und soll Ende nâchster Woche seine RURore antreten. Die Zahl der Matrosen und Sklaven an Bord beträgt etwa 40; die Regierung hat ihnen Vorrâthe auf drei Monate an Reis, Zucker und Käse verabfolgen lassen; Fleisch wollten sie nicht annehmen, da sie dasselbe nur von solchen Thieren essen, die einer von ihnen selbst getödtet hat, Der Steuermann hat ein Englisches Mädchen geheirathet, und der Capitain wollte sih dieser Tage ebenfalls in der Kirche zu Woolwich mit einem jungen Mädchen, einer Waise, trauen lassen. Der Geistliche versagte aber die Trauung, so lange er nicht Überzeugt sey, daß der Bräutigam, der kein Wort Eng- lisch versteht, durch einen Dolmetscher von der Bedeutung der Ceremonie einen Begriff erhalten habe, und das Paar ging fort, um zu versuchen, ob man es zu Deptford trauen werde. Einer der Arabischen Matrosen hat Übrigens ausgesagt, daß der Capitain daheim schon zwei Weiber habe. Die Admiralität und das Feld- zeugamt haben befohlen, 12 Anker und 10 Zwölfpfünder, außer mehreren anderen Geschenken der Königin für den Jmam, an Bord der „Sultana“ zu bringen.

Der Herzog von Richmond, einer der reisten Gutsbesizer Schottlands, versammelte neulich in seinem Schlosse zu Huntley 200 seiner Pächter zum Diner. | Er erklärte bei dieser Gelegen- heit, daß er jeden seiner Pächter, der im Jahre 1841 einen Kon- traft abgeschlossen oder erneuert habe, desselben zu entbinden bereit sey, falls der Pächter sih dadurch unter den jeßigen Verhält- nissen, nah dem neuen Korngeses und dem veränderten Tarif, benachtheiligt glaube. Auch kündigte er an, daß er, um den neue- sten landwirthschaftlihen Fortschritten auch in Schottland den Weg zu bahnen, jährlich 100 Pfd. St. zu Prämien an seine Pachter für Verbesserungen in der Viehzucht verwenden wolle.

In seinem Börsen-Artikel sucht der Standard zu beweisen, daß ‘die Bankerotte im Getraidehandel durchaus nicht die Folge des von Sir Robert Peel eingeführten neuen Getraidezolls, sondern die Folge der reichen Aerndte seyen, durch welche die Speculationen in Getraide fehlgeschlagen wären, Wenn aber auch durch die reiche Aerndte mehrere Getraidehändler verldren, für das Land im Ganzen ey dieselbe von der größten Wichtigkeit, Dasselbe Blatte führt in seinem Börsen-Artikel auch an, daß einzelne Englische Hâuser im vergangenen Mai und Zuli in dem Schwarzen und dem Mittelländischen Meere Weizen zu 40 bis 45 Sh. das Quar- ter gekauft hâtten; dazu fomme die Fracht zu 12 Sh. und der jeßige Eingangszoll zu 18 Sh.,, \o daß diesen Häusern der Weizen bis England 70 Sh, zu stehen käme; wenn er aber in England zu Markt komme, \o könne er nach den jeSigen Getraide: Preisen E seiner s L 39 bis 40 Sh. verkauft werden Der

an demselben s i E o etrage daher die ganze Hâlfte des angeleg-

Jm Hafen von Portsmouth w Bord des Kanonenschiffs „Excellent“ ein anziehen vorgenommen. Jn Bezug auf Krie s: Dampfbdte, welche, wie man allgemein glaubt, die fünftigen eekriege entscheiden werden ist noch die wichtige Frage zu lôsen: wie können ‘die Dampfma- schinen’ im Gefecht ‘vor den feindlichen Kugeln ge{üßt werden? denn schlägt eine Kugel ein Loch in den Dampfkessel, so ist-das Schiff in demselben Augenblick kampfunfähig gemacht. Bis jeßt ist auf den meisten im aftiven Dienst verwendeten Kriegs-Dampf-

bóten der Kessel mit einer Einfassung ‘von 415 über einander ge- legten Metallplatten, deren jede 7-Zoll ‘dick is, geschügt. Da

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dition die Haltbarkeit dieser Schuß - Vorrichtung geprobt hat, so stellte man’ jeßt auf ‘dem obengenannten Schiff in Gegenwart der Admirale Codrington und Parker und vieler See: und Artillerie - Offiziere einen Versuch an, indem man auf eine eiserne Scheibe genau von dexselben Dicke mit Kugeln ver- schiedenen Kalibers gus der gewöhnlihsken Kampf: Distanz von 4 Englischer Meile {oß. Der erste Schuß, ein adtdliger Hohl: schuß aus einem Paixhans - 68Pfünder traf das. Centrum der Scheibe und bog sie, ohne durchzuschlagen, fünf Zoll tief ein, wo- bei die Kugel zurücksprang und zersplitterte. Die zweite, feste Kugel aus einem 32Pfünder traf den Rand der Scheibe, glitt ab und zersprang in zwei Stücke, Die dritte Kugel von gleicher Schwere blieb im Centrum der Scheibe stecken. Die vierte schlug, die steckende dritte Kugel mi‘nehmend, dur. Ungefähr zehn an- dere Schüsse zertrümmerten die Scheibe gänzlih. Man hat dem- nach die Ueberzeugung gewonnen, daß der bisherige Schuß der Dampfkessel unzureichend is. Zugleich aber hatte man Gelegen- heit, die ungemeine Zielfertigkeit der Englischen Schiffs - Artillerie zu bewundern, Die Offiziere der Oesterreichischen Fregatte „Bel- lona“’ wohnten dem Experiment bei,

Auf die Vollendung des Themse - Tunnels is \o eben eine Denkmünze erschienen, welche auf der Hauptseite Namen und Brustbild des Erbauers, Sir Zsambert Mark Brunel, und auf dem Revers die Zuschrift trägt: „Themse-Durchstich von Rother- hithe bis Wapping 1200- Fuß z angefangen ‘im Januar 1826; im Jahre 1828 um 600 Fuß gefördert; 180,000 Pfd. Se. von Ac- tionairen geliefert; wieder begonnen im Jahre 1836 durch eine Bewilligung von 270,000 Pfd. Ste. von Seiten des Parlaments und vollendet 1842.4 *

Ueber die Darstellung, welche der Verein gegen die Kornge- seße in seiner Adresse an das Englische Volk von seinen Geldmit- teln und ihrer Verwendung gegeben, bemerkt der Standard, die dfentlichen Vorlesungen gegen die Korngeseße und die ausge- theilten Abhandlungen gegen dieselben im abgelaufenen Jahre hät- ten höchstens eine Summe von 15,900 Pfd. Sterl. wegnehmen können; wenn nun der Verein doch 100,000 Pfd. Seerl., wie er selbst sage, verausgabt habe, so würden die übrigen 85,000 Pfd. Sterl. wohl dáju verwendet worden seyn, um die Unruhen der Fabrif-Arbeiter im Norden hervorzurufen und alles Unglúck der- selben herbeizuführen.

Der vierteljährliche Verkauf von Jndigo hier am Plabe wurde vorigen Dienstag beendet, Es waren zum Verkaufe 15,000 Kisten angekündigt; davon wurden jedoch 3350 wieder zu- rúckgezogen und 2400 von den Eigenthümern zurückgekauft, so daß nur etwa 9000 Kisten zum Verkauf famen. Davon wurden für England 2000 Kisten gekauft, fúr Rußland und Deutschland 4500 Kisten und für Frankreich 2500 Kisten,

Niederlande.

Aus dem Haag, 31. Oft. Heute hat eine aus Mitglie- dern beider Kammern zusammengeseßte Deputation de? General- staaten dem Könige die Adresse als Antwort auf die Thron-Rede überreicht, deren Jnhalt sie Saß für Sas rekapiculirt, ohne ec- was Wesentliches hinzuzufügen.

Belgien. X47 Brüssel, 30. Oft, Das Resultat der Wahlen, wodurch im ganzen Lande die Gemeinde-Räthe zur Hälfte wieder erneuert wurden, is jeßt bekannt. Wir“ haben bis zur Bekanntwerdung der Wahlen aller einigermaßen. bedeutenden Ortschaften gewartet,

jedoch weder die Syrische, noch bisher die Chinesis e See-Expe-

E E R Omn T E E

um fein voreiliges und ’einseithes Urtheil zu fällen, obgleich ' das Bülletin jedes Tages die Vernirithungen'“ bestätigte, zu welchen die Wahlen in der Haupkskadt einigermaßen berechtigt hatten, Jeßt ist auch nur eine Stimme vorhanden, unter Siegern und Besieg- ten; Jedermann, wäre es auch mit Bedauern, muß gestehen, daß nie die Wahlen entschiedener und in solcher örtlichen Ausdehnung liberal gewesen seyen, als in diesem Jahre, und wir sa: gen gewiß nicht zu viel, wenn wir behaupten, daß sie auf fatholisher Seite eine große Ueberraschung hervorgeru- fen haben. Bevor wir kurz einige Resultate mittheilen, ist es wohl angemessen, einen Blick auf die Vorgänge zurückzu- werfen, die nach unserem Dafürhalten Allen einigen Aufschluß Úber diesen Ausgang geben. JZhre Leser werden sich noch der leb- haften Kammer-Disfussionen erinnern, welche sih bei Gelegenheit der beantragten Aenderungen in der Gemeinde-Verfassung erhoben. Das Ministerium hatte einige Aenderungen, besonders in der Er- nennungsweise des Bürgermeisters gewünscht, welche dem Prinzipe nach von den gemäßigten Liberalen gebilligt, jedoch noch nicht hin- länglich durch die erst 5jährige Ausúbung des Gemeinde:Geseßes motivirt befunden wurden. Der katholischen Partei erschienen aber diese ministeriellen Anträge, wodurch die Regierung das Recht erhalten sollte, ausnahmsweise den Bürgermeister auch außerhalb des gewählten Gemeinde- Rathes zu ernennen, und auf die Finanzen der größeren Städte einen wirksamen Einfluß auszuüben, nicht hinreichend; sle verlangte vor Allem eine Abänderung im Wahl: geseße. Vor fünf Jahren, als es sih um die Gründung der Ge- meinde-Verfassung handelte, hatten die Anhänger dieser Meinun

sehr liberale, mehrere sogar extreme demokratische Grundsäße auE gestellt und dabei wahrscheinlich auf eine große Sympathie, beson- ders der niederen Bürgerklassen, für die katholische Richtung ge- rechnet. Als aber mehrjährige;Erfahrung ausgewiesen, daß beson- ders in den großen und mittleren Städten die liberale, der Ein- mischung der Geistlichkeit in politische Angelegenheiten abholde Meinung in stetem Wachsen begriffen war, glaubte sie gegen die- ses Uebel eine Abhúlfe suchen zu müssen und gerieth so auf den Gedanken, sämmtliche Städte über 12,000 Einwohner in drei bis acht Sectionen zu zerstückeln, sq daß jede Section und jeder Wäh- ler nicht mehr ‘über sämmtliche Kandidaten, sondern nur einen proportionsmáäßigen Theil derselben zu votiren hatte; ferner ver- langte sie, daß die Zahl der in jeder Section zu wählenden Mit- glieder des Gemeinde-Rathes nicht nach der Zahl der PMRDIAEs Wähler, sondern nach der Population einer jedèn Abtheilung be- stimmt würde. Die liberale Partei wollte auch hierin einé Schlinge erblicken, indem die volkreichen Stadtviertel meistens die ärmsten sind, und die Geistlichkeit in denselben gemeiniglih größeren Einfluß behalten hat. Wie dem nun sey, es wurden diese von den Häuptern der katholischen Partei in der Kämmer beantragten Veränderungen mit Entrüstung, auch von den gemäßigten Liberalen, aufgenommen und man erinnert sich noch, wie ein bedeutender katholischer Deputirter von Ant- werpen ‘sich, wie er sich ausdrückte, von einer Partei lossagte, welche nur Reactionen hervorrufen könne. Die große Mehrheit des Ministeriums war diesen OAIEN abgeneigt, suchte auch die Antragsteller zur Zurücknahme zu bestimmen; leider befand sich aber das Ministerium, um seine eigenen Anträge durchzubringen, in der Nothwendigkeit, sich auf die katholische Meinung stúßen zu mússen, und diese stellte dafür die Bedingungen, die über die Ab- sicht der Regierung : welt hinausgingen. Die Veränderun- gen ‘wurden "mit “einer | geririgen Majorität in der ‘De- putirten - Kammer “angenommen, der * Minisker ‘des Jnnern

die wenigsten Uebelstände verursachende Weise zur Ausübung, in- dem einerseits nur die möglichst geringe Zahl (3— 4) Sectionen gemacht und andererseits dieselben so in den Städcen angeordnet

lichster Proportion stand.- Freilich hat auf die ahlen die geringere Anzahl der Sectiónen wenig oder keinen Einfluß gehabt, da das Resultat in den größeren Städten, wle die Statistik der Bü- reaus beweist, auch wenn 8 Sectionen gemaht worden wären, dasselbe geblieben seyn würde, Was den Ausgang der Wahlen herbeigeführt hat, is die Aufregung, die dur die lesten Maß- regeln hervorgerufen wurde, und der entschiedene Wille der Ma- jorität, den ohne Hehl aufgestellten Grundsaß divide et impera durch Einmöüthigkeit in der Ausführung zu vereiteln,

In den 21 Städten, welche mehr als 12,000 Einwohner zählen und daher dem neuen Wahlgeseß verfielen, darf man zum wenigsten 15 rechnen, wo die liberale Majorität gesiegt, 2 wo sie unterlegen, 4 wo keine erhebliche Veränderung eingetreten is, am entschiedensten liberal sind die Wahlèn in Brüssel, Lüttich, Löwen und Tournay Lu die Wahlen von Lüttich und Löwen sind besonders in der Hinsicht bezeichnend, - als erstere der Sib des bekannten Bischofs van Bommel, die zweite der der fatholischen Universität is. Jn Antwerpen, wo es sich besonders um die Wahl des der katholischen Partei angehörenden Bürgermeisters han-

wiederernannt; wäre das frühere Wahlgeseß in Anwendung geblieben, so würde die Wahl gescheitert seyn. Ja Gent hatte bisher die oran-

gistische Färbung der Wahlen die gewöhnliche Eintheilung in Li- berale und Kacholiken ungenau gemacht; es haben sich aber seit dem Friedensschluß mit Holland die Orangisten und Liberalen ein- ander mehr genähert, und das katholische Element ist dadurch um so sihtbarer in eine geringe Minorität getreten. Jn Brügge, wo die beiden Parteien in Gleichgewicht sind, und in Mons, wo die liberale Meinung fast ausschließlich herrscht, is statu quo geblie: ben; in Courtray, Stadt dritten Ranges, is die liberale Partei unterlegen. Wir übergehen die E as Ortschaften, obgleich fich RL hier viel stärker, wie früher, die liberale Richtung kund gegeben hat.

Was man nun aber bei diesen Gemeindewahlen bedauern muß, is der fast ausschließliche politische Charakter, den sie ange- nommen haben, statt nah der administrativen Geschäftsfähigkeit zu fragen, wurde nur die politische Meinung in Betracht gezogen, ein Umstand, der freilich seine Erklärung in der Dura der E und der unvorsichtigerweise angeregten Diskussionen

ndet.

Man sieht aber jeßt aus dem Resultate der Wahlen, daß sich ein Wort, welches Herr Devaux vor zwei Jahren in der revue nationale aussprach, aber damals einen wahrhaften Sturm über das liberale Ministerium heraufbeschwor, daß nâmlich die Zukunft in Belgien der liberalen Meinung gehöre, vielleicht früher in Erfullung gehen dürfte, als es selbst exaltirte Liberale vermu- thet hâtten. Elne Partei stärkt sich immec durch die Fehler der anderen, und es sînd von der einen Seite in den leßten R bedeutende Mißgriffe begangen worden, Die katholischen Blätter möchten aber jebt gern glauben machen, es trâfe die Nie- derlage die Regierung und nicht die katholische Meinung, welche bleibe, was sie vorher gewesen. Es ist dies aber eine falsche und, wie uns dünkt, wenig ehrenhafte Darstellung der Sachlage. Die

anze die Wahlen dominirende Aufregung, wodurch das Resultat herbeigeführt worden ist, hatte in den leßten Veränderungen des Gemeinde-Gesebes ihren Grund, und Jedermann weiß, von wem und

brachte jedoch dieselbén'“ bei den jeßigen * Wahlen auf eine,

in welcher Absicht dieselben betrieben worden sind. Jm Gegentheil, die Regierung kann sich durch die jezigen Vorfälle stärken; sie hat aller- dings bei der bevorstehenden Ernennung der Bürgermeister die Ma- jorität der Gemeinderäthe wohl zu berücksichtigen, allein wenn sie sonst die Stellung einhâlt, welche der Minister des Jnnern bei sehr wichtigen Fragen, z. B. bei dem Elementar: Unterrichts- Ge- seße. mit Festigkeit behauptet hat, so kann sie der Unterstößung aller Gemäßigten versichert seyn. Eine theilweise Veränderung des Ministeriums wird nun an sich zwar nicht unmöglich, allein sie ist wegen der Stellung der Parteien in der Kammer sehr schwierig, und da das Ministerium die Absicht hat, in der bevorstehenden Session keine politischen, sondern positive, besonders Handelsfragen vorzutragen, so können wohl, bevor eine Aenderung gemacht wird, die Wahlen vom künftigen Juni, wodur die Kammer zur Hälfte erneuert wird, abgewartet werden.

Ueber die Handels-Frage, die jedoch keinen Fortschritt ge- macht, nächstens ein Mehreres.

Deutsche Bundesstaaten.

München, 30. Oft, Briefe aus Hohenschwangau melden die am 26sten Nachts erfolgte gEliehe Ankunft des Kronprinzen und der Kronprinzessin. Jhre Königlichen Hoheiten wurden zuersk unter einem Ehrenbogen an der Landgerichts-Gränze von dem Beam: tenstand und dann unter einem zweiten am Fuß des Schloßbergs von dem Fest-Comité empfangen. Ueberall waren die Wohnun- gen an der Straße festlichst geschmückt und beleuchtet, eine weite Strecke brannten bunte Lichter an beiden Seiten derselben, und das Schloß selbs skrahlte den erlauchten Ankommenden ebenfalls in brillanter Beleuchtung entgegen. Am Donnersta empfingen sie verschiedene Aufwartungen. Ueber die vorgestrigen Festlichkeiten, namentlich über die Berg : Beleuchtung, zu welcher seit Wochen alle Anstalten getroffen worden waren, sieht man heute näheren Nachrichten entgegen. ¿

Se, Majestät der König haben den Regierungs : Präsidenten der Oberpfalz und von Regensburg, Freiherrn von Zu-Rhein, zum lebenslänglichen Reichsrath ernannk.

Karlsruhe, 26, Oft. (A. Z.) Die Repressalien, welche der Kanton Aargau gegen die ihn betreffende Badische Zoll-Maß- regel ergriffen hat, stellen eine kuriose Art von Vergeltung vor, nämlich ‘eine solche, welche zunächst die Aargauischen Kantons- Angehörigen selber trifft, Indem Baden die Einfuhr einiger Schweizerischen Absaß - Artikel A der Grânze eines einzelnen Kantons beschränkte, schloß es sih nicht von dem Bezug dieser Artifel_aus, da linfs und ‘rechts von dem Kanton Aargau noch Schweiz genug übrig ist; der Kanton Aargau aber, in- dem er Badische Ausfuhr: Artikel, welche er bisher als Bedarf bei sich C nunmehr ausschließt, hat dafür feinen Ersaß (da die Badische Gränze links“ und rechts von ihm noch weiter reicht), als eben bei seinen Schweizer Nachbarn einzukaufen, welche dafür ihrerseits um so viel mehr ‘aus dem Badischen herúberholen müssen. Die Badische Zoll-Vèrordnung nahm dem Kanton Aar- gau einen Theil seines Verkehrs. weg, um dafur seine Nachbarn zu: begúnstigen; die Aargauische Repressalie besteht nun ‘darin, daß der Kanton von seinetwegen sich auch den anderen Theil des Ver- kehrs wegnimmt, und zwar ebenfalls zu Gunsten seiner Nachbarn.

Von der angekündigten Zeitschrift vaterländische Hefte, worin eine Anzahl Stände-Miktglieder aus der leßten zweiten Kammer ihre Ansichten über „innere Angelegenheiten“ niederzu-

wurden, daß die Zahl der Wähler mit der Eptiotton in mög:

; : L Yan .um nicht ihren delte, wurde derselbe in einer Section mit 17 Stimmen Majorität

jet das erste Heft. erschienen, Dasselbe ent-

, Zittel und Mathy. nder, Bassermann, 2 Hebels: Werken ‘entge-

auch Beiträge zur Charakteri- Freunden desselben zu erwarten

O beabsichtigt, i hâlt Aufsáße von Man sieht einer neuen Au gen, wobei, dem Vernehmen nach, stif des Verewigten: von- näheren

stehen.

Darmstadt, 1. Nôv. Se. Hoheit der Erbgroßherzog ist

zu einem Besuche : bei seinem Schwager, des Kronprinzen von

Bayern Königl. Hoheit, von hier nach Hohenschwangau abgereist,

ningen, 20, Oft. (Frankf. J.) Eine Verfügung

des Publi Konsistoriums u Hildburghausen“ vom 27, Juli be- stimmt, daß fernerhin den Zsraelitischen Schülern in christlichen Schulen nicht mehr, wie bisher, verstattet seyn solle, sich während des Unterrichts am Sabbath des Schreibens zu enthalten, indem dies im Allgemeinen die Schul- Ordnung stdre und diesen Schú- lern selbst zum Nachtheile gereiche, und eine Vernehmung des provisorischen Land-Rabbiners hierüber die Ueberzeugung begrün- det habe, daß jene Weigerung nur auf einer einseitigen Auslegung religiöser Saßungen E M A E O dae: i di ng aus, da raelitische Ae - r are wine indern aus falschem Vorurtheile die Vortheile der in christlichen Schulen zu erlangenden Ausbildung entziehen

werden. L Desterreich.

Triest, 24. Oft. (Oest, Lloyd.) Unsere Börse hat be- chlossen, pf oder mehrere geeignete Jndividuen nach Ostindien zu senden, zur Prúfung der dortigen Handels - Verhältnisse und Erforschung, ob zwischen jenen Ländern und unserer Monarchie nüßliche ‘Verbindungen anzuknüpfen seyen. Indem wir. diesen Schritt schon an und fúr si ganz zeitgemäß finden, hören wir nun mit Vergnügen noch, daß die hiesige Börse sich an die Han- dels-Kammer in Benedig gewendet, dieser Mittheilung von ihrem Plañne gemacht, und sie eingeladen habe, sich ihr anzuschließen. Wir wünschen von Herzen, daß die ältere Schwester nicht ver-

\chmähen möge, dieser Einladung der jüngeren zu entsprechen, Die vereinigten Kräfte würden weit sicherer das gemeinnüßige Ziel er- reichen, und die Gemeinschaft des von alten Zeiten her so hoch-F berühmten Venedig mit dem jugendkräftigen Triest würde sowohl! den zu durchforschenden Gegenden als der theilnehmenden Heimat ein Vertrauen einflößen, welches zu den schönsten Erwartungen berechtigen könnte,

Serbien.

Von der Serbischen Gränze, 22, Okt. (Schle s. 3.) Von den höchsten Beamten, nämlih den Ministern, sind zwei flüchtig, Protitsh und Radicsevitsch, einer Rajevitsch, der einen® Tag -in der Grube am Vracsar zubringen mußte, befindet sich inÿ Ketten, und nur einer, Stanitschitsch, hat sich den neuen Macht

habern angeschlossen. Vom Senate sind flüchtig: der PráâsidentF

Jephrem Obrenovitsch, dann die Senatoren Mileta, Wule, Antas Protifch, Golub, Herbez, Markovitsh, Milutin Schabaraz undd Ilia Popovitsh; der Senator Andrejevitsch wurde von den Re-F bellen ermordet, und Peter Tuzakovitsch, welcher bei Schabari den Re- bellen in die Panhs fiel, wird seit der Zeit vermißt; von17 Senats-Mit- liedern befinden sich also nur noch 6 beim Leben oder auf heimathlicher Erde. Dasselbe Verhältniß findet - bei fast allen Aemtern statt. Von der Geistlichkeit wurden die Konsistorial - Räthe Markovitsch und Josef Stephanovitsh ihrer Würde éntseut und in die Ver- bannung geschickt; der Garnison - Prediger Erzpriester Johann Stephanovitsch in Eisen gelegt, der Schabaczer Bischof Maxim. Saovitsch abgeseßt, und in gemeinen Mönchskleidern nach dem Bétge Athos in die Verbannung geschleppt. Dasselbe Loos traf den Erzpriestker Paulovitsh und den Erzdiakon Kovacsevitsch, Meh- rere gleich achtungs8werthe Geistlichen nd entflohen. Von den Be- zirfs-Prâäfekten sind die von Belgrad Jvanovitsch, von Semendria Pe- ter Popovitsch, und von Schabacz M. Simitsch dem Fürsten Michael auf Oesterreichisches Gebiet gefolgt, die Präfekten von Podrinje, Sol: datovitsch, von Uschize, Mitschitsch, von Rudnik, Wukomanovitsch, von Tschiupria, Georgievitsch, von Gurgussovacz, Petschanin und von Alexinacz, Radoikovitsch schmachten nach den fürchterlichsten Mißhandlungen, mit shweren Ketten beladen, theils im Kerker, theils in der shauderhaften Grube am Vracsar, die Präfekten aber von Ss Georg Popovitsch, von Poscharevacz, Georgie- vitsh und von Tschatschak Milo gy sind den an ihnen ver- úbten Grausamkeiten erlegen; von 17 Präfekten haben sich also nur 5 der neuen Regierung angeschlossen, und in die- sem Verhältniß get es durch alle Stände; von den 17 Prà- fekten, von den Gerichts - Mitgliedern, Distrikts - Kommandanten u. st, w. weiß man sogar nur einzelne anzuführen, welche unge- straft am heimathlichen Heerd verweilen durften. Die bei weitem größere Zahl s{chmachtet im Gefängnisse, irrt, Zuflucht suchend, umher oder wurde ermordet, Dem Postmeister in Kragujewacz wurde eine schwere Kette um den Hals gelegt und mit dieser wurde er an eine Mauer gefesselt, bis er den Geist aufgab; der Distrikts- Physikus Dr. Nicolitsch zu Poscharevacz, ein krüppelhafter Mensch, wurde der Art mißhandelt, däß man an seinem Aufkommen zwei: felt; ähnliche Behandlung widerfuhr dem ehemaligen Deputirten der Serbischen Regierung in Konstantinopel Miloikovitsch, einem Greis von mehr als 80 Jahren, der noch in Ketten liegend, sein

Ende herbeifleht. La-Plata- Staaten.

Montevideo , 23. Juli, Admiral Massieu de Clerval langte gestern früh aus Buenos-Ayres wieder hier an. Dem Ver- nehmen nach hatte Rosas auf die Nachricht von seiner Ankunft in Buenos - Ayres sich sogleich auf sein Landhaus begeben, was den Admiral bestimmte, unverzüglich hierher E

Mariano Mar, einer der ents{lossensten Anhänger des Dik- tators Rosas hatte am 16ten d. Buenos - Ayres mit 200 Mann verlassen, nah Einigen, um zu Admiral Brown zu stoßen und das Srl Dader von Montevideo zu verfolgen, nah Anderen, um an der Küste von Entre-Rios oder vielleicht in der Republik Uruguay zu landen. Lamadrid ist mit 500 Mann, die er in Bolivien zu- sammengebracht, in Zugay eingezogen und hat hier einen Gouver- neur eingeseßt, was auch Penalora in Rioja gethan hat. Rosas soll über den von dem Englischen Gesandten Herrn Mandeville kürzlich unterzeichneten Traktat sehr aufgebracht seyn. In Buenos- Ayres scheint eine Handels-Krisis unvermeidlich.

—————_ E Juland.

Berlin, 4, Nov. Der Artikel der Posener Zeitung vom 1. November über die Russisch-Polnischen Gränz- und Ver- kehrs:Verhältnisse ist nur aus Versehen in die gestrige Nummer der

faats- Zeitung aufgenommen worden; derselbe bedarf einer

| geschehene Unterzeichnung des sogenannten Kompromisses (der Ei-

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entlichen Berichtigung, Jn der näheren Erläuterung, welche die

pn E Dees 1. September d. J, hinsichtlich dieser Verhältnisse und deren neuerlich angeordneten Erleichterungen enthielt, war zwar nicht verkannt worden, daß ein umfassender wechselseitiger Handels - Verkehr beider Länder nur erst dann zu erwarten stehe, wenn Rußland aus allgemeineren Rücksichten sich bewogen sehe, von der Strenge seines rohibitiv- Systems nachzulassen: es wurde jedoch dargelegt, daß son jeßt Russischerseits dur die für die Russische und Polnishe Gränze erlassene Kaiserliche Ukase gewisse für den redlichen Verkehr sehr wesentliche Erleichte- rungen gewährt worden seyen. Diese Erleichterungen sucht nun die Pos. tg. als leere, der praktischen Bedeutun entbehrende Zugeständnisse darzustellen, Es widerstreitet jedo der Natur der Dinge, daß es niht zur Beförderung des Handels beitragen sollte, wenn z. B. Leinenwaaren, wie Batist- tücher :c., pro Pfund von 6 Silb. Rub. 50 Kop. auf 3 S. R. und resp. von 7 S. R. 50 K. auf 4 S. R.; Tischtücher, Ser- vietten, Handtücher 2c, sogar auf 1S. R. 20 K, herabgeseßt sind; wenn ferner weiße oder gefärbte Fayance: Waaren, die sonst mit resp. 7 S. R. 50 K. und 10 S, R. pro Centner belastet waren, jeßt nur 2 S. R. Zoll zu entrichten haben. Eine wei- tere Verkennung der Verhältnisse liegt in der Behauptung, als wenn die Verlegung der Russischen Consumtions-Kammern an die Gränze und deren Vereinigung mit den Gränz-Zoll-Aemtern erster Klasse dem Grânz-Verkehr keinen Vortheil gewähren solle, Die Preußi- schen Fracht-Fuhrleute, welche früher mit einer jugleich zoll- und consumtionssteuerpflichtigen Ladung nicht nur zur Visitation an der Grânze, sondern auch zur Reise nach der nächsten Gouvernements- stade im Jnnern genöthigt waren, um dort die Consumtions- Steuer zu erlegen, werden jeßt durch die Vereinigung beider Steuer - Aemter an einem und demselben Gränzorte unbezweifelt eine wesentliche Erleichterung erfahren. h

Was die Kartel-Verhältnisse und die angeblichen neuen Ver- haltungs- Befehle für die Russischen Grânz-Behörden betrisft, so ist hierselbst nichts Amtliches darüber bekannt geworden.

Anzeige.

Durch geneigte Verfügung des Königlich Belgischen Ministe- riums des Junnern sind die durch ihre Ausstellung in Köln auch hier berühmt gewordenen kolossalen Gemälde von Gallait und de Biefve in Brüssel der Akademie fúr die hiesige Ausstellung übersandt worden.

Das von Louis Gallait stellt vor: Kaiser Karl's V. Nieder- legung der Regierung in der Versammlung der Niederländischen Stände zu Brüssel am 25. Oktober 1555, Nach gehaltener feier: licher Anrede ist der Kaiser, damals erst 56 Jahre alt, von dem Throne, den er zum leßtenmale eingenommen, herabgestiegen und legt die Rechte segnend auf das Haupt seines vor ihm Fniecenden

ohnes, Philipp's IL, der weinend selne Hand füßt. Dies 41841 vollendete Gemälde ist 25 Fuß lang, 164 Fuß hoch. Das andere von C. de Biefve zeigt die zehn Jahr später

desformel der Verschwörung gegen Philipp 11) durch dreihundert Niederländische Edelleute im November 1565, ebenfalls zu Brüssel, als den Anfang der Befreiung Niederlands von der Spanischen Ca Dies Gemälde ist 1841 zu Paris vollendet, um ein

eringes weniger lang, allein eben so hoch als jenes. Durch Vergünstigung der Königlichen Akademie der Wissenschaften sind dieselben in deren Sigungs, Sgal aufgestellt, dessen Hauptwand sle ganz einnehmen. C:

Es ist Pflicht, nicht unerwähnt' u lassen, daß die Hauptstadt den Genuß, diese Gemälde zu (ehen der Gnade Sr. Majestät unseres Königs verdankt.

Das Bild Karl Rosenfelder's: „Die Freilassung des Dan- ziger Reformators Pankratius Klein aus der von den Bischöfen von Kujavien, Plock und Kulm über ihn verhängten Haft, auf Verlangen der bewaffneten Bürgerschaft Danzigs im Jahre 1537“, welches im sogenannten langen Saal aufgestellt is, hat der Dan- ziger Kunst : Verein, dessen Eigenthum dasselbe ist, für die leßten Wochen der Ausstellung geneigte hierher gesandt.

Berlin, den 4. November 1842,

Königliche Akademie der Künste.

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Die Eisenbahn von der Oder nah Preußen.

Unter dieser Aufschrift befinden sich in einer der neuesten Num- mern der „Börsen - Nachrichten der Ostsee“ einige Bemerkungen gegen den in Nr. 299 der Staats - Zeitung gegebenen Aufsaß, welcher die Richtung der fraglichen Eisenbahn über Frankfurt zu vertreten suchte, Wir sehen um so weniger an, unseren Lesern diese Bemerkungen mitzutheilen, je mehr der unparteiische Stand- punft, welchen wir dabei einnehmen, es uns nur angemessen er- scheinen läßt, auch die Gründe derer zu hören, welche sich berufen fühlen, im Jnteresse der Richtung über Stettin zu sprechen. Sie find folgende:

1) Wir sînd damit einverstanden, daß, wenn die Bahn über Stettin geht, nur die Richtungen über Stargard, Tempel- burg und Coniß auf Dirschau oder Mewe, und die auf Stargard, Ruschendorff, Schneidemühl und Bromberg in Betracht kommen können. Die leßtere wäre für Stettin vielleicht wichtiger als die erstere. Fúr Danzig und Königs- berg aber verdient die erstere den Vorzug, weil sie die Ver- bindung- zwischen diesen Städten und Berlin um 5 Meilen verkürzt. Auch ist die Bahn über Tempelburg für Hinter- pommern wichtiger.

Sowohl die Linie von Stettin Úber Stargard und Tempel- burg, wie die von Stettin über Schneidemühl, berühren keinesweges vorherrschend unfruchtbare und des Verkehrs entbehrende Gegenden, Es hat ihnen bisher nur an zu- reichenden Communicationen gefehlt, um den Verkehr zu be- leben. Stargard hält Ländsberg die Waage. Dramburg, Tempelburg, Coniß sind belebte Orte, und die Landschaften sind zum Theil recht fruchtbar. Daß das Terrain in der Richtung von Stargard auf Coni6 rößere Schwierigkeiten darbôte, als das in der Richtung Uber Küstrin und Schneidemühl muß bestritten werden, Nur in eigentlich gebirgigen Gegenden verdient es den Vor- zug, die Eisenbahnen auf großen Streken in Flußthälern zu führen; im Uebrigen dürften leßtere eher zu vermeiden seyn, da sie in der Regel ausgedehnte Damme nothwendig machen, deren Anlage und Unterhaltung sehr kostspieli ist, Das Terrain ist in der Richtung von Stargard au Koniß kei- nesweges \wierig, wie durch Nivelléments bereits dárge- than is, Die Flüsse, welche von der Wasserscheide zwischen Ponimern und Weskpreußen zur Ostsee führen, können in és: Richtung zum Theil oberhalb ihrer Quellen umgangen werden,

4) Jn Beziehung auf die Entfernung giebt unser Gegner selbsk ) De dab die u Mewe über Koniß und Stettin nach Berlin

63, über Schneidemühl und Küstrin 64 Meilen sey. Danzig und Königsberg würden also bei der Richtung über Stettin gewinnen.

5) Wird von Stettin aus weiter gebaut, so sind nicht 4, son- dern 8 Meilen Eisenbahn weniger zu errichten, als beim Anschlusse an die Frankfurter Bahn.

6) Jn fommerzieller Hinsicht befindet sich unser Gegner im vollständigsten Fertdum, wenn er annimmt, daß Frankfurt einen stärkeren Verkehr mit den Warthe-, Neßze- und Weich- sel-Gegenden habe, als Stettin. Umgekehrt ist der Verkehr von Frankfurt unbedeutend, im Vergleich mit dem, welchen Stettin mit diesen Gegenden unterhält. Der leßtere isk vielleicht zehnmal so starf als der von Frankfurt. Dies wird für diejenigen kaum des Beweises bedürfen, welche wissen, welche überwiegende Elemente des Verkehrs ein Sechandelsplaß darbietet.

7) In militairischer Hinsicht verdient eine Eisenbahn - Verbin- dung über Stettin mit i entschieden den Vorzug. Der Zweck einer solchen kann in dieser Beziehung nur \eyn, Truppen und Material aus dem Herzen des Reiches mdg- lichst rasch und sicher nah Danzig und Königsberg zu führen. Um möglichste Sicherheit der Verbindung zu erreichen, kommt es darauf an, daß die Eisenbahn so weit als möglich von der Grânze entfernt sey, damit nicht ein feindlihes Streif- Corps sie zerstóren fönne. Dies würde durch die Eisenbahn úber Stettin und Koniß erreicht, während sie doch noch ent- fernt genug von der Kúske wäre, um auch von dieser Seite nichts befürchten zu dürfen. ;

Die Gegend von Küstrin und Landsberg in der Richtung

nach Schneidemühl hat bereits gute Communications-Mittel

durch Fluß- und Chaussee - Verbindungen, während die zwi- hen Stargard und Koniß dergleichen bis jest entbehrt.

Wird in der lers Richtung die Eisenbahn geführt, so

wird das ganze Land mehr gleichmäßig mit guten Commu-

nicationen versehen.

9) Beim Bau der Eisenbahn von Stettin nah Berlin isk wesentlich darauf gerechnet, daß ihr der Personen: Verkehr von Hinterpommern und Altpreußen zufallen würde. Ent- zieht man ihr diesen, so wird Stettin, welches mit anzuer- kfennender Anstrengung jenen Bau größtentheils durch eigene Kräfte gefördert hat, sehr gegen Frankfurt benachtheiligt, welches durch die projektirte Schlesische Bahn, vielleicht auch durch eine nah Posen schon sehr gewinnen muß.

Wir râumen zwar ein, daß dies keine entscheidende Rüsicht seyn fann. Eben so wenig kann es aber auch als durchgreifend angesehen werden, ob eine oder andere kleine Stadt auf der zu wählenden Linie mehr Verkehr hat. Solche Rüsichten können bei Chaussee - Anlagen, nicht aber bei Errichtung von Eisenbahn- linien entscheiden. Abgesehen von dem Hauptzwecke der besseren Verbindung entfernter Provinzen , die auf beiden Richtungen er- reicht wird, kommt es wesentlich auf die kommerziellen und mili: tairischen Gesichtspunkte an, und diese sprechen, wie wir dargethan zu haben glauben, überwiegend für die Richtung über Stettin.

Für den Handel dieser Stadt würde übrigens eine Bahn von Stettin über Landsberg nach Posen von besonderer Wichtig- keit seyn. Es scheint indeß nicht, als wenn zu einer solchen für jeßt Aussicht wäre.

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Königliche Oper. Dou Juan. (Aufführung vom 30. Oktober.)

___ Wann endlich wird es ant kommen, daß wir det Don Juan in seiner echten und ursprünglichen Gestalt auf den Brettern erblicken werden! Wann werden wir von der lage des Deutschen Dialogs erlds seyn, welcher höchstens der Gallerie einige Aufheite- rung gewährt? Mozart’s Meisterwerk ist kein mit Arien untermisch= tes Sing- und Possenspiel, sondern eine musikalische Tragddie, deren tiefer Ernst durch die Folie des heiteren Scherzes, wie bei Shakespeare, nur um so wunderbarer hervorgehoben wird. Man kennt die geist- reiche, durchdachte Auffassung der Oper von dem Dichter und Kom- ponisten E. T. A. Hoffmann , eines trefflichen Richters auf diesem Felde; warum wird nicht einmal der Versuch gewagt , ihm praktisch zu folgen, wenigstens annähernd die poetische Bedeutung, die er der Oper beilegt , wiederzugeben ? Eine Uebersezung der Recitative , die Mozart in anmuthigster Leichtigkeit komponirt hat , dürfte weder eine so unüberwindliche Aufgabe, noch ein so großartiges Unternehmen seyn, als daß es micht der Mühe lohnen sollte, wenigstens den Versuch mit einer derartigen Auf- führung zu machen. Das jehige Publikum weiß die plat- ten Späße ohnehin schon auswendig und is darüber, wie wir glau= ben, völlig blasict. Die kommende Generation aber wird an der gänzlichen Einbuße derselben keinen großen Verlust zu beklagen ha= ben. Durch ein neues derarkiges Arran ement könnte sich das hiesige Feater um den Meister wie um das Publikum ein großes Verdienst erwerben.

Die freudig erwartete Aufführung der Oper vom lebten Sonntage wäre fast nicht zu Stande gekommen. Vor Bech ginn der Ouvertüre erschien ein unheildrohender Herold auf der Bühne und verkündete, daß wegen pldhlicher Unpäßlichkcit der Frau von Faßmann Frl. Hedwig Schulz, obgleich von langer Krankheit eben erst genesen , die Partie der Elvira ohne Vorberei tung Übernommen habe. Muß man hon hierfür der jungen Sän- gerin Dank wissen, so verdient sie ihn um so mehr dur die wohl- gelungene Lösung der übernommenen Aufgabe. Mit ihren \{dnen ungeschwächten Mitteln sang sie die {on dfter ihr anvertraute Par- tie besser als jemals; ja es wollte scheinen, als habe sie während ihrer Ruhéezeit sih eines früher bemerkten Fehlers entwdhnt , nämlich des Verschleppens der Töne, welches namentlich im Ensemble so unge- mein störend cinwirkte. Mdchte Frl. Schulz diesen günstigen Schein bei ihrem ferneren Auftreten zur Wirklichkeit bethätigen. Jhr zur Seite siand als eine sehr zierliche Zerline sowohl in Erscheinung und Spiel als auch im Gesange Frl Tuczeck, für deren natürliche Naive- tät und It nguneise diese Rolle sich vorzugsweise eignet. Nur vor einem hüte sich die Künstlerin : vor willkürlicher Abän erung der Melodieen. Es mag an si {on ein gewagtes Unternehmen seyn, Mozart verbessern zu wollen, aber in einer Oper, die so zum Gemein- gute geworden, wie der Don Juan, is es geradehin verleßend, wenn man statt der dem Ohre eingedürgerten Melodie pldylich eine fremd- artige Abweichung vernimmt; es ist ein Verstoß, bei welchem von Niemand ein Dank zu ärndten is. Neben diesen beiden jugend- lich kräftigen Stimmen konnte die der Madame Schoberlechner- welche die Anna sang, freilih nicht wohl ausreichen, Die schönen

Ensemblesiücke der Oper litten allzu sede unter dem Mangel einer durchgreifenden Oberstimme. So ging das herrliche Masken- Terzett wegen nicht zureichender Hdhe fast ganz verloren, indem die Sängerin das lang gedehnte hohe b einmal gar nicht und das zweite- mal nur unter zu sichtlicher Außrengung auszuhaltea vermochte. Jn den Arien zeigte zwar die Künfilerin abermals ihre treffliche Schule, die auch über die Gränzen der Natur hinaus gewisse Vorzuge zu

bewahren im Stande ist, allein auch hier sidrte neben dem Mangel