1842 / 348 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

râsentant ersken Ranges, der Aelteste (Doyen) des hiesigen diplo- S E und führte als solcher bei allen feierlichen Gelegen: heiten im Namen seiner Kollegen das Wort. Es fragt sich jeßt, ob dem neu anfommenden Pôpstlihen Nuntius Monsignor For- nari der Vortritt einzuräumen sey. Man möchte gern einen sol- chen Etikettenstreit meiden, und wie es heißt, habe man deshalb den Monsignor Fornari veranlaßt, daß er erst nach dem neuen Jahre auf seinem Posten an unseren Hof eintreffen mdge, denn bis dahin is es rein unmöglich, daß man mit Wien und Rom úber die Sache Rücksprache nehmen könne.

Großbritanien und Irland.

London, 10. Sept. Der Erzherzog Friedrich is schon heute von Windsor wieder hier eingetroffen; Prinz Albrecht begleitete Se. Kaiserl. Hoheit nah London, kehrte aber, nachdem Beide sch zu der hier veranstalteten Viehschau begeben hatten, nach Schloß Windsor zurúck. Der Erzherzog besuchte dann noch das United Service-Znstitut und die Horse Guards.

Nach Berichten aus New-York hatte die Britische Flotte am 20, September die Blokade des San Juan in Guatimala aufgehoben und war am Tage darauf nach Cusope abgesegelt.

Unter der Ueberschrift „Dampfschifffahrt nach Jndien um das Cap“ sagt der Sun: „Angenommen, daß ein Dawpfschisff nur acht Englische Meilen in der Stunde mache, so würde es, zwei Tage fúr Einnehmung von Kohlen und Wasser in der Saldana- Bay am Cap eingerechnet, die Fahrt ven Southampton nach Hong-Kong in 60 Tagen machen. Nöthigenfalls könnte es auch auf Ascension, in dex Saldana-Bay und zu Singapore Kohlen und Wasser einnehmen. Die Neise von England nah China um das Vorgebirge der guten Hosfnung ist nur um die Hâlfte länger, als der Weg über Aegypten, und zugleich wird dabei jeder Wechsel der Schiffe und der Land-Transit vermieden; da wir úberdies Kohlen und Wasser in unseren eigenen Kolonieen haben Fönnen, so würden wir, was ebenfalls wichtig ist, weder Frank- reih, Aegypten noch sonst einer fremden Macht Verpflichtun- gen schulden. Die Saldana-Bay is der sicherste und beste Hafen in Afrifa; vor allen Winden geschüßt, bietet er Wasser in Ueber- flufi und is zu jeder Jahreszeit leicht zugänglich. Natürlich müß: ten dort Niederlagen von Steinkohlen errichtet werden, und für die fleineren Dampfschiffe müßte man solche Niederlagen auch auf Ascension und zu Singapore anlegen. Die direkte Dampf- shiffffahrt nach China wird jedenfalls vom Cap aus einen weit kürzeren Weg nehmen können, als dies die Segelfahrt vermag.“

Die dffentlichen Thee- Verkäufe sind dieser Tage geschlossen worden, Die meisten Sorten wurden um 1 bis 4 Pence wohl- feiler abgegeben, als in der Oftober-:Auction, und waren zum Theil selbst zu diesen niedrigen Preisen shwer verkäuflich. Nach An- sicht der Mäkler wird die Fortdauer der jeßigen Preise einzig von den Quantitäten abhängen, welche während der nächsten Monate zu Markte gebracht werden. Kongo - Thee kostet gegenwärtig 1 Shill. 5 Pence (14 bis 15 Sgr.) das Pfund, und diese Sorte, von welcher die Compagnie nur noch 8396 Kisten vorräthig hat, ist verhältnißmäßig sehr unbedeutend gefallen, Die diesjährige

Thee-Einfuhr in London betrug bis zum 1. Dezember 29,421,386 Pfd., d. h. etwas úber 13 Millionen Pfund mehr, als während der ersten elf Monate von 1841, Abgegeben wurden dieses Jahr 32,479,911 Pfd., wovon 22,289,914 in London selbst verbraucht, 4,040,000 ausgeführt und 6,150,000 füstenwärts versendet wurden. Der jevige Vorrath beträgt 26,704,158 Pfd. oder fast 2 Millio- nen Pfd. mehr, als am 1. Dezember 1841.

Im Börsen: Bericht des Globe heißt es: „Was wir seit einiger Zeit besorgten, is jeßt eingetreten. Das Aufhören oder doch die Verminderung der Ausfuhr Britischer Fabrikate nach Nord-Amerika und der große Betrag der von dorther nach Europa verschifften Produkte haben den Cours so völlig zu unserem Nach- theile umgewendet, daß ein Abfließen der Baarschaften bereits be- gonnen und das leßte nah Boston abgesegelte Paketboot eine {were Goldladung mitgenommen hat, welche man auf 4—509,000 Pfd. St. anschlägt. Sollte dieser ersten Verschiffung eine Reihe von Baarsendungeu nach den Vereinigten Staaten folgen müssen, so wird eine baldige beschränkende Einwirkung auf unsere Umlauf- mittel nicht ausbleiben, da dieselben keinesweges bedeutend sind, obwohl der niedrige Zinsfuß dies vermuthen lassen könnte.“

Das Dn Oldenburg hat mit der Englischen Posk- Verwaltung eine ähnliche Convention abgeschlossen, wie Hamburg, Hannover und Bremen.

Vorgestern früh ereignete sich auf der London-Birminghamer Eisenbahn ein furchtbarer Unfall, wobei eine siebzigjährige Frau getódtet und drei Personen shwer verwundet wurden. Die Achse der Lokomotive war in der Gegend von Aylesbury gebrochen, und alle Bemühungen des Heizers, das Feuer zur rechten Zeit aus- zulöschen, waren vergeblich. Der erste Wagen wurde weggeschleu- dert, zwei andere über die Schienen getrieben. Bei näherer Un- tersuchung ergab sich, daß mit dem Eisen cin Betrug vorgegangen war; anstatt nämlich, massiv zu seym, war die Achse inwendig hohl. Der Schaden der Compagnie beträgt 2000 Pfd, Skt,

Belgien.

Brüssel, 12, Dez. Graf Hompesch ist als Attaché der Ge- sandt schäft in Paris beigegeben worden.

Monsignor Fornari ist zum Nuntius in Paris ernannt wor- den; seine Stelle in Brüssel vertritt der Jnternuntius und außer- ordentliche Gesandte Sr. Heiligkeit in Paris, Mons. Garibaldi.

Jn der Repräsentanten-Kammer machte Herr Devaux gestern Herrn Nothomb den Vorwurf, er lasse absichtlich den Gesandt- schaftsposten am Bundestage so lange unerledigt, um sich densel- ben bei E Austritte aus dem Kabinet offen zu halten. Herr Nothomb wies den Vorwurf zurúck und erklärte die Zögerung

dadurch, daß es {wer sey, ei ) desmächten zei As eine Wahl zu treffen, die allen Bun-

Deutsche Bundesstaate n. Karlsruhe, 8. Dez. Unser heutiges Staats: u L . - und 2 gierungsblatt enthält zwei Großherzogliche Berbrdnungen bom 24, November, wonach vom 1, Januar 1843 an die Direction der Forstz¿Domainen und Bergwerke von der Aufsicht und Leitung des Münzwesens entbunden, die Múnz-Verwaltung dem Finanz - Mi- nisterium unmittelbar untergeordnet, und die Führung der Haupt- Möénzrechnung der General : Staatsfasse übertragen; dann im Interesse der Geschäfts-Vereinfachung beschlossen wird, das Sali- nenwesen und die damit in enger Verbindung stehende Erhebung des Salz-Regals, gleichfalls vom 4. Januar n. J. an, von der Dírection der Forst - Domainen und Bergwerke an die Steuer- Direction zu Úberweisen, die Central-Salinen-Bergwerkska}e auf: zuheben, mit der Verfügung, daß die Revenüen-Ueberschü}se der Salinen- und Bergwerkskassen an die betreffenden Kreisfassen ab- geliefert werden sollen. Auch meldet dieses Sl er utgobeate die Ernennung des C A Referendar Eichrodt zum Direktor bei dem Ministerium nnern,

2400

Gotha, 12. Dez. Aus Koburg erhalten wir die Nachricht, daß die Frau Erbprinzessin an ihrem Geburtsfeste, am bten d., an einem Scharlach : Friefel erfranft is, welcher jedoch einen so regel: mäßigen und gutartigen Verlauf genommen hat, daß die Krank- heit durchaus keine Gefahr besorgen läßt,

Schweiz.

Bern, 1. Dez. (A. Z.) Jm Jahre 1841 wurde nah dem Bericht der Franzbsischen Zoll - Administration fúr 22,200,000 Fr. Waaren 1c. von der Schweiz nach Frankreich eingeführt; die Ein- fuhr von Franfreih nah der Schweiz betrug 39,400,000 Fr. Un- ter allen Völkern is (im Verhältniß zur Einwohnerzahl) die i dasjenige Land, mit welchem Frankreich am meisten ver- kehrt.

Basel. Der am 31, Oktober v. J. vom Hof-Prediger Dr, Zimmermann in Darmstadt erlassene Aufruf, sowie der von einem Schweizerischen Geistlichen gleichzeitig in der zu Bern versammel- ten allgemeinen Prediger - Gesellschaft gemachte Vorschlag für Gründung protestantisher Húlfs-Vereine ist nicht ohne Früchte geblieben, Die Baseler Prediger-Gesellschaft faßte die von beiden Seiten her angeregte Jdee auf. 130 Männer geistlichen und bür- gerlichen Standes traten am 14, April als protestantisch:kirchlicher Húlfs-Verein zusammen, Am 18. Oktober genehmigte man die von einer Kommission, an deren Spiße Professor Hagenbach, ent- worfenen Statuten. Der Verein hat den Zweck: „Zu Begrün- dung und Aufrechthaltung des kirchlichen Lebens unter den Pro- testanten nach Kräften und im Sinn echter christlicher Bruderliebe mitzuwirken. Zunächst wird er diejenigen evangelischen protestanti- schen Glaubensbräder berúcksichtigen, die entweder in nicht-protestanti- schen Ländern in der Zerstreuung und. in geistlicher Berwahrlo- sung leben und es noch zu feinem kirchlichen Gemeinde:Verbande gebracht haben, oder die, auch wo ein solcher Verband bereits be- steht, zur weiteren Fortseßung und Hebung ihres protestantischen Gottesdienstes der dazu nöthigen Mittel beraubt sind. Er wird aber auch da húlfreih die Hand bieten, wo innerhalb protestanti- scher Länder selbst das kirchliche Leben daniederliegt oder der Nach- hâlfe und Pflege bedarf. Mitglied des Vereins kann jeder (An: gehörige und) Freund der evangelischen Kirche werden, der sich zu einem, wenn auch noch so geringen jährlichen Beitrage verpflich- tet, Jedes andere Geschenk (ohne weitere Verpflichtung), so wie jedes Legat wird der Verein mit Dank gegen Gott und die Geber nach bestem Ermessen zur Erreichung seines Zwecks verwenden.“

Spanien.

Perpignau, 6. Dez. Die Berichte aus Perthuis von heute früh melden, daß Barcelona gestern kapitulirt hat. Die Bewohner von Girona, welche auf dem Marsche nach Barcelona begriffen waren, sind auf diese Nachricht wieder umgekehrt. Aus Barcelona sind weder Briefe noch Reisende angekommen.

Toulouse, 7. Dez. Barcelona hat sich am A4ten Abends ergeben und die Truppen Espartero's sind am 5tcn Morgens in die Stadt eingerúckt, Das Bombardement hatte am Zten um 11 Uhr Morgens begonnen und um 11 Uhr Abends waren be- reits 523 Bomben in die Stadt geworfen, Ein Theil der Häuser in den Vorstädten wurde durch die Kanonen des Forts Monjuich zerstört. Der Englische Konsul hatte dem General : Capitain van Halen angezeigt, daß er den Britischen Schiffen auf der Rhede die Weisung habe zugehen lassen, die National-Flagge aufzuziehen, und alle Fremde, von welcher Nation. sie auch seyen, jedoch keine Spanische Unterthanen, an Bord aufzunehmen,

55 Paris, 9. Dez. Die Nachrichten aus Perpignan, welche auf dem gewöhnlichen Wege eingetroffen sind, und die gleichfalls bis zum dten reichen, wissen nichts von den Ereignissen, welche durch den Perpignaner Telegraphen vom Aten und 5ten gemeldet worden, Obgleich nun Überdies die telegraphischen Depeschen von gestern Abend im heutigen Moniteur nicht erschienen sind, o daß es scheint, als zweifle die Regierung selbst an der Wahrheit derselben, so sind sie doch vermuthlih nur als übertrieben anzu- schen, Das Motiv solcher Uebertreibungen, an welche uns die Redaction der telegraphischen Depeschen aus Perpignan gewbhnt hat, ist bereits in Deutschen Blättern zur Sprache gekommen und mag deshalb hier unerörtert bleiben. Die Angabe von einem Aufstande der ganzen Provinz Catalonien trägt nach allen bisherigen Beweisen von der friedlichen Stimmung der großen Mehrheit der Ortschaften und Bewohner des Fürskenthums das Zeugniß seiner Un- glaubwärdigfkeit in si selb, Eben so wenig verdient auf den angeblichen Entschluß der Barceloneser, lieber die Französische Fahne aufzupflanzen als sich zu ergeben, Gewicht gelegt zu wer- den, Man weiß, wie weit die Franzosen oft in den Zllusionen ihrer nationalen Eigenliebe gehen. Daß übrigens die Beschießung von Barcelona wirklich angefangen sey, kann nicht füglich bezwei- felt werden. Mit welcher Wirkung und welchem Erfolge werden wir bald erfahren, Nach dea Angaben eines Gränzblattes hat sich Don Abdon Terradas mit einigen Anhängern nah Barce- lona geworfen, und is es seiner Energie und seiner Beredtsamkeit gelungen, den Lten Muth der Bewohner der Stadt wieder anzufachen, ie sehr die Stimmung der Barceloneser bereits herabgedrúckt war, davon zeugt -der Umstand, daß alle Tage Hun- derte von Mitgliedern der aufgelösten Freicorps und „Vaterlands- Schüßen“ in Port Vendres und auf anderen Punkten der Fran- zösischen Gränze ankommen. Es steht zu hoffen, daß die augen: blicklich von neuem angefachte kriegerische Exaltation der Barcelo- neser bald wieder einer besonneneren Auffassung der gegenwärtigen Lage Plaß mache, ehe die Mörser des Forts Monjuich djeser so reichen und blühenden Stadt einen, ernstlichen Schaden zugefügt haben, der fúr ganz Spanien ein \chmerzlicher Verlust seyn und der die aufrichtige Versöhnung Cataloniens mit der jebigen Re- gierung wahrscheinlich für immer unmöglich machen würde.

65 Paris, 10. Dik Die neuesten telegraphischen Nachrich- ten bringen bereits den Beweis, daß die Vorsicht des Moniteur, der die Depeschen aus Perpignan vom Aten und 5ten nicht unter seine Autorität zu nehmen wagte, keinesweges ejne Grund war. Die Madrider Blätter zeigen, daß die Ruhe in Valencia seit dem 21sten. bis zum 29sken nicht mehr gestört ist. Barcelona hat sich, den leßten Berichten aus Perpignan zufolge, am sten ergeben, ohne daß si der angebliche Aufstand der ganzen Provinz Catalo: nien bestätigt hätte. Die Depesche vom öten kommt freilich auf den Ausmarsch der National: Garde von Gerona zurúck, aber nur um zu sagen, daß. dieselbe auf die Nachricht von der Capitulation Barcelona’s wieder nah B drmiai gegangen sey. Vieileicht werden wir bald die weitere Be tigung erfahren, daß die Geroneser sich auch die Mühe des Umkehrens haben ersparen fônnen, denn man darf fast bezweifeln, daß Zurbano, der mit zweitausend Mann in stehen muß, sie erhaupt abe ausrüdcken lassen, voraus-

eseßt auch, daß sie wirklich das größte Verlangen: gehabt, den be- agerten Barcelonesern zu ülfe zu fommen,

F

Da die Post aus Barcelona seit mehreren Tagen ganz aus- eblieben is, so fehlt es an anderweitigen direkten Nachrichten Âber die Ereignisse vom Zten und Aten, die wir heute auf dem gewöhnlichen Wege in ihrem ganzen Umfange hâtten kennen ler- nen fönnen, Auch die Französischen Gränzblätter bringen nur höchst dürftige Angaben ‘über die Ereignisse, die der endlichen Ca- pitulation unmittelbar vorhergegangen. Die Beschießung der Stadt soll 30 bis 36 Stunden gedauert PoReG und es wird versichert, daß am 3ten von 11 Uhr Morgens bis gegen Abend über 500 Bom- ben in die Stadt gefallen seyen. orgen werden ohne Zweifel zuverlässige Details úber den Hergang der Dinge eintreffen, Erwähnung verdient eine zwischen dem General-Capitain van Halen und dem Französischen und Englischen Konsul geführte Kor- respondenz, obgleich sie noch dem vorigen Monáte angehört. Der General-Capitain von Catalonien ersuchte den Französischen Kon- sul, zu verhindern, daß Spanische Flüchtlinge durch Fxanzösische Schiffe an die Catalonische Küste geführt würden. Der Franzd- sische Konsul versprach dem General van Halen hierauf, in diesem Sinne zu thun, was in seinen Kräften stehe, und er zeigte lhm zugleih an, daß er die fraglihe Aufforderung au den 1 brigen Konsuln mitgetheilt habe. Jn Folge dieser indirekten Eröffaung nun erklärte der Englische Konsul dem General - Capitain, daß er nicht nur das Landen Spanischer Flüchtlinge auf Britischen Schif: fen, sondern auch die Aufnahme Catalonischer Aufrührer auf den Fahrzeugen seiner Nation verhindern werde, indem er glauben würde, sich einer Feindseligkeit gegen die Spanische Regierung schuldig zu machen, wenn er auch nur einen einzigen der Jnsur- enten unter den Schub der Britischen Flagge nähme, Diese rflârung hat in Barcelona und in ganz Catalonien ein peinliches Aufsehen gemacht, und sie wird nicht dazu beitragen, die Catalo- nier mit den Engländern zu versöhnen. Ob aber der Madrider Regierung selbst ein großer Dienst damit geleistet werde, wenn man die Anstifter und Oltigeten des Barceloneser Aufruhrs zu verhin- dern sucht, ihre Köpfe in Sicherheit zu bringen, das mag aus manchen wichtigen Gründen stark bezweifelt werden.

O Madrid, 3. Dez, Wir betrachten den Aufstand von Barcelona als beendigt. Der Regent hielt am Abend vor seiner Abreise von Saragossa im Theater eine Anrede an das versam- melte Publikum, worin er versicherte, daß er am 28sken v. M. in Barcelona einrúcken werde. Unseren leßten Nachrichten zufolge, wurde er in der That am 28sten im Hauptquartiere des Generals van Halen erwartet, Jn Barcelona selbst hatte eine Reaction stattgefunden. Einige Mitglieder der Volks: Junta, auch der Ge- neral Durando, waren entflohen, andere waren von der National- Miliz verhastet worden. Eine Kommission der leßteren errichtete am Abend des 28sten eine vermittelnde Junta, welche die Grund- lagen der mit dem General van Halen zu treffenden Uebereinkunft entwerfen sollte. Dieser bestimmte ihnen den folgenden Morgen 7 Uhr als die lebte Frist, in der sie die Wasfen in dem Fort las Atarazanas niederzulegen, oder die Eröffnung des Bombardements zu erwarten hâtten. Man erwartet demnach hier mit jeder Stunde die Nachricht von der friedlichen Unterwerfung der Stadt.

Bekanntlich richteten die in Barcelona residirenden Konsuln fremder Mächte am 22sten v. M. an den General van Halen eine gemeinschaftliche Mittheilung, um ihm zu erklären, daß die pon ihm angeseßte Frisk von 24 Stunden nicht hinreichend wäre, ium die ihrem Schuß vertrauten Personen in Sicherheit zu brin-

Fen. Diese Mittheilung hatte auch der Großbritanische Konsul Mnterzeichnet, Später soll dieser jedoch von der Hiesigen Englischen

Gesandtschaft Vorschriften im entgegengesesten Sinn erhalten ha: en. Jn einer Mittheilung, die er unterm 26stken v. M. an den

FGeneral van Halen richtete, sucht er sich zu entschuldigen, und

sagt, er für seine Person hâtte die von dem General angeseßte Frist für genügend gehalten, und nur aus RÜfsicht auf die übri:

Den fremden Konsuln seine Unterschrift zu der ihrigen gesebt. SDann fügt er hinzu, er hätte den im Hafen befindlichen Engli- chen Schiffen strenge anbefohlen, keinen einzigen Spanischen Un- Ferthan aufzunehmen; „denn“, sagt er, „wenn ich einen Aufrührer Mnter den Schuß der Britischen Flagge aufnähme, so würde ih

Mich als schuldig betrachten, eine feindliche Handlung gegen die Regierung begangen zu haben, bei der ih von der meinigen be- laubigt bin,“ Diese Erklärung des Konsuls hat hier einiges Mufsehen erregt Und scheint namentlich das diplomatische Corps

Bewegung geseßt zu haben, Ein monarchisches Blatt, der Sol, sagt darüber heute unter Anderem Folgendes: „Wir Wissen nicht, was der Großbritanische Konsul durch sein Benehmen

Am meisten verleßt, die allgemeinen Vorschriften des Völkerrechts, Sder die Würde und Unabhängigkeit der Macht, welche er vertritt.

Das Bord eines Schiffes *) ist, so wie der Grund und Boden eines Staates, ein Zufluchtsort, den jede Regierung das Recht zu bewilligen hat, und jede Regierung ist verpflichtet, die Unverleß- lichkeit dieses Zufluchtsortes zu behaupten, und feine fann diesem Recht und dieser Verpflichtung entsagen, ohne sich in ihren eigenen Augen und vor der Welt zu erniedrigen, ausgenommen den Fall, wo spezielle Verträge unter gegebenen Umständen das Recht und die Pflicht -einschränken und modifiziren. Auch hat die auf ihre Vorrechte und auf den Schuß ihrer Flagge so eifersúchtige Groß- britanische Regierung ihnen nie entsagt. Wir müssen daher das Benehmen des Konsuls, welches auch immer dessen Veranlassung seyn möge, als eine unglaubliche Verirrung ansehen u. s. w.“ Uebrigens scheint es doch im Jnteresse aller fremden Mächte selbst zu liegen, daß die wahren Urheber und Beförderer des Auf- standes von Barcelona dem skrafenden Arm der Gerechtigkeit nicht entzogen werden, Bekanntlich ist es eine Gewohnheit der Spa: nischen Liberalen, alles Unglück, welches sie anstiften, auf Rech- nung der Fremden zu schreiben. Der Regent erklärte der Natio: nálmiliz von Saragossa, er hâtte die Beweise in der Tasche, daß Ausländer die Urheber der Rebellion von Barcelona wären. Van Halen und der Gefe politico von Barcelona sprechen ebenfalls vòôn fremdem Golde, und ein ministerielles Blatt, der Espectador, sagt gestern gradezu, Franzosen hâtten am 14ten und 15ten die Gruppen der Aufrührer angeführt. Dergleichen Andeutungen füh- ren natürlich dahin, daß das unwissende Volk in jedem Fremden einen Feind und Verräther, gegen den man sich Alles erlauben Fönne, betrachtet, und es is daher -von hoher Wichtigkeit, daß vermittelst der strengsten Untersuchung die wahren Urheber der kaum unterdrúckten Rebellion an das Licht gezogen werden, Manche Einzelnheiten dieses Aufstandes sind für uns noch ein Räthsel, wenngleich der Ausbruch desselben längst vorbereitet war und nur durch ein Zusammentreffen von Umständen beschleunigt wurde, Die Revolutionairs von Barce- lona seßten voraus, daß Espartero nichts gegen sie vermögen werde, weil sie ihn zur Gewalt emporgehoben zu haben glaubten und weil er vor einem Jahre, als er ihrer gegen die Militair - Jnsur- rection bedurfte, ihre gränzenlosen Ex esse ungestraft ließ. Sie sahen, daß die periodische Presse, daß die Mehrheit der Cortes

*) Vermuthlich sind Kriegsschiffe gemeint,

(Der Korresp.)

die Regierung auf Tod und Leben bekämpfte. Die: Bevölkerung Wie: Reglerung auf durch das- Geheimniß, in welches die Unter- handlungen wegen des vielbesprochenen Handels-Traktats gebülle waren, beunruhigt; durch Schließung der Cigarren : Fabrif ward erade der dúrftigste Theil der Einwohner brodlos; von der Aus Fibung für den Kriegsdienst hatte sich Catalonien bisher durch Erlegung einer Summe freigekauft, jeßt sollte sie zum erstenmale stattfinden, und gerade unter diesen Umständen übertrug die egierung dem R L so eben den

aßenrauber gema ' : Uerige der Ur Amt in Barcelona, Der geringste Funken, der in den angehäuften Brennstoff fiel, mußte die. Flamme ent-

unden. en sh die Aufrührer in der Nacht vom pay Put verlassen. Woher kam nun der einmüthige Wider-

, nze Bevölkerung am 1ten leistete? und wie kann aa A Rie a6 ein General, der bis Moskau marschiren wollte, einen der festesten Pláge Spaniens nach einem schlecht an- geordneten Gefechte räumt, sich in eine Citadelle, die von Lebens- mitteln entblößt is, wirft, sich bei Nacht und Nebel aus derselben entfernt, und dadurch die Offiziere und Truppen, die er in den übrigen Forts im Jnnern der Stadt vereinzelt und. ohne Lebens- mittel zurügelassen hat, zwingt, sich unter den igen Be- dingungen an die Hefe des Volkes zu ergeben? Kaum haben die Eldpwrdner den Angriff zurückgewiesen, so scheinen sie vor ihrem Silege zu erstaunen, ja! zu ershrecken, und da die Stadt sih von ihren Behörden verlassen sicht, so werfen sich, wie überall, die Kühnsten zu Führern auf. Sobald aber diese mit ihrem politischen Programm hervortreten, ziehen sich die rechtlichen Bürger zurúck, und die berathende Junta, durch deren Herbeiziehung jene ihrer Sache eine bessere Farbe zu geben hoffen, besteht nur auf dem Papier. Der General van Halen erholt sich von seinem Schrecken, wartet das nothwendige Eintreten der Reaction ab und is froh, das Bombardement so lange aufschieben zu fönnen, bis der Regent sich unter den Wällen Barcelona’s befände. Denn nun fällt die Verantwortlichkeit einer so bedeutenden Maßregel auf diesen. :

So haben sich offenbar die Ereignisse gestaltet, und wenn endlich die Republikaner ihr Haupt kühn erhoben haben, so kann sich die Regierung am wenigsten darüber verwundern. Wurde doch in der amtlichen Gaceta selbst behauptet, die Republik sey freilih die vollkommenste aller Staatsformen, und die repräsen- tative Monarchie solle nur als Brücke zu ihr dienen! Heute geht die Gaceta darauf aus, die Behauptung derjenigen, welche die „Rebellion von Barcelona mit der glorreichen Revolution vom September“ in eine Linie stellen, zu widerlegen, „Leßtere Bewe- gung“, sagt die Gaceta, „war wegen ihrer Allgemeinheit, wegen ihrer Erhabenheit, wegen ihrer Heiligkeit (santidad) unwider- stehlih, und reih an wichtigen Folgen.“

Am 28sten befürchtete man in Sevilla den Ausbruch einer gegen den Regenten gerichteten Bewegung. Die Behörden trafen indessen Anstalten, ihr vorzubeugen, und da man am 29sten die Nachricht von dem schlechten Erfolge des Aufstandes von Barce- lona erfahren haben muß, so wird die Ruhe nicht unterbrochen worden seyn. Da alle Schiffe der Regierung von der Küste An- dalusiens nach Catalonien gesegelt sind, so hat man in Gibraltar diesen Umstand benußt, um das súdliche Spanien mit verbotenen Englischen Waaren zu versehen.

Herr Marliani is gestern von Paris hier eingetroffen,

Griechenland.

Athen, 28. Nov. (A. Z.) Die Prinzessin von Oldenburg ist am 23sten im besten Wohlseyn mit dem Dampfboot „Otto“ im Pirâeus angekommen. Die Fahrt war nicht ohne Beschwerlich- eit, indem ein so heftiger Sturm auf dem Wege zwischen Korfu und Patras wüthete, daß man genöthigt war, im Hafen von Pe- tala Schuß zu suchen und 24 Stunden dort zu ankern, bis der- selbe sih einigermaßen gelegt hatte.

Serbien.

Velgrad, 29. Nov, (A. Z) Herr von Lieven machte be- reits seine Aufwartungen bei Kiamil Pascha, bei dem Fürsten, bei Wutsitsch und Petroniewitsh, Er scheint ein Mann von großer Mâsßigung zu seyn, und man schmeichelt sich, daß er mit der jeßt herrschenden Partei sich versöhnen lassen werde,

Fürst Michael hat noch nicht alle Hoffnung auf die Wieder- Erlangung des Serbischen Throns aufgegeben, und scheint noch immer zu intriguiren, um seine Stellung, gegenüber der Pforte und den Einwohnern Serbiens, zu verbessern, Er läßt unter der Hand um eine Tochter des Fürsten von Samos, Vogorides, werben, in der Hoffnung, eine mächtige Stübe für seine Pro- Jefte in der Person dieses einflußreichen Mannes zu gewinnen; in Serbien wird von zahlreichen Emissairen der Versuch ge: macht, ihm die Herzen der Serben wieder zuzuwenden. Diese Emissaire sind von ihm nach allen Richtungen gqusgesandt wor- den, und selbst in Bulgarien sollen zwei derselben die Aufrwie- gelung der dortigen Chrisken versuchen, um die Aufmerksam- keit seiner Gegner zu theilen, ihre Thätigkeit auf mehrere Punkte zu zersplittern, Jm Belgrader Distriét, in dem von Kruschewaß und in der Nahie von Schabatsch haben in Folge dieser Umtriebe verdächtige Bewegungen stattgefunden, und die Behörden kamen durch die Verhaftung einiger Jndividuen zur Kenntniß einer ziem- lich ausgedehnten Verschwörung, in die namentli ein gewefener Minister des Fúrsten (Rajewitsch) verwickelt ist, Kiamil Pascha hat daher bei der Pforte um Verstärkung der Garnison Belgrad um 4000 Mann angesucht.

wem

“Inland.

Dússeldorf, 12. Dez, (Düsseld. Z.) Vorgestern wurde von den gesammten hiesigen Künstlern dem verdienten Direktor Herrn Schadow ein festlicher Abend bereitet. Obgleich derselbe heute in der Frühe auf zwei Monate nach Berlin reiste, so war diese Abreise jedoch weniger die Veranlassung zu dieser Festlichkeit, als vielmehr das allgemeine und tiefgefühlte Bedürfniß, eine Ge- legenheit wahrzunehmen, um dem verehrten Manne, dessen ausge- zeichnete Verdienste in leßter Zeit so vielfach angefochten wur- den, durch Wort und That Beweise der allgemeinen Liebe und Hochachtung zu geben. Jn dieser Beziehung wurde manches Erhebende beim Feske gesprochen; vor allem ernst und rährend war der Toast, den der Direktor selbst einer fröhli- chen Zukunft brachte, und in welchem die Liebe zu seinem Jnstitut und seinen Schülern überall edel durchblickte, Erfreulih war es, den geschäßten Landschafts - Maler Achenbach , dessen Namen eine Zeit lang als die Fahne einer gewissen Opposition angesehen wer- den konnte, wieder in freundschaftlicher und vertraulicher N - ed mit wen früheren Meister zu sehen. Einigkeit und Fröh- L e n e an weng anche Meinungs-Verschieden- , enfenden nern zu ge sich dem offenbare Verdienst nnern zu gestalten pflegt, beugte

ein die höchste

“seine Feigen u. s. w.

2401

Das Gebiet des Kriegs-Schauplates in Inner - Asien.

Zweiter Artikel. : (Schluß. Vergl. Staats=Zeitung Nr. 343 und 347.)

Kabul.

Zwischen dem Hindu Khu im N, und dem hohen schneebe- deckten Sufeid Kho im: S., von dem hohen Kund im O. an über den- Hindu Kusch bis zum Koh-i-Baba N dwesiwänes hinaus liegt die Hochterrasse von Kabul, die gegen S. in die Hochebene von Ghizni (Ghazna), gegen SW. in die Hochebene von Kanda- har übergeht, die gesonderte Theile Afghanistans bilden, aber doch zu einer und derselben hohen Plateaumasse gehören, mit deren Hochebenen hier das erhabene Ost-:Jran beginnt, Die Hochebene von Kabul ist die niedrigste dieser drei Länderstufen, aber zugleich die lieblihste und gesegnetstez das Plateau von Ghizni ist das höchste und fâlteste, das von L rahee hat wegen der Nähe der L „Sandwüslen bei fühlem Himmel zugleich die Plage der

uthwinde.

Kabul liegt dem Kohestan, d, h. dem Süd-Abhange des Hindu- Khu, am nächsten und is nach dieser-Seite hin Bergland; gegen SW. und S., wo das Land allmälig sich erhebt, ist es offen mit freiem Horizont und bildet Flachhbhen, von dden Felsstrichen, Klip- pen, Sand: und Kiesflächen durchzogen ; dazwischen ist der Boden zwar nicht unfruchtbar, aber wo die Quellen fehlen, sind trockene Steppen und Grasungen, und was sogleih den Charakter des Hochlandes verkündet, Mangel an Hochwald und selbst an Unter- holz; nur geringes Buschwerk und dorniges Gestrúpp, zu nichts als zu Kameelfutter geeignet, findet sich hier, Nur wo in einzel- nen geschüßten Thälern sih Wasser findet, da zeigt sich das cha- rafteristische Gewächs Afghanistans, der Mandelbaum. Die Zu- flússe des Kabul-Stromes von S, her sind unbedeutend gegen die, welche vom N. her, vom Hindu-Khu, ihm zustrômen.

Das Klima von Kabul is ein Terrassen-Kima im größten Maßstabe, Es herrscht hier schon das Troken- Klima von Per- sien vor, aber die Vorläufer der Monsun-Wolken wandern von O. bis hierher und bringen erquickenden Regen, der im übrigen Jran fehlt. Der Schnee bedeckt im Winter alle umliegende Höhen, aber in die tieferen Fluren des lieblichen Kabul-Thales dringt er nicht hinab, Auf den Bergen fällt er im September, in den Hochthälern im November, Die eigentliche Regenzeit fehlt hier schon, aber mit dem Keimen der Blüthen treten die befruchtenden Mairegen ein, die im östlichen Asien fehlen; hier is der in Jndien unbekannte Frühling mit jungem Laube und Blumen - Teppichen, wie in Europa; es fehlt hier die shwüle Sommerluft der Gan- ges-Länder, dagegen is hier reine Alpenluft, frishes Bergwasser und Europäischer Winter mit Schnee und Eis. Die Kälte (un- ter Lat. 34°, N.) i anhaltender als in England, der Sonnen- strahl in der reinen Atmosphäre eindringenderz; der Wechsel der

ahreszeiten ist sehr bestimmt und tritt plößlih und mit großer

eftigkeit ein, Alexander Burnes fand auf seiner Reise die Bâume in Lahore im Februar in voller Blüthe, in Peschauer im März, in Kabul Ende April, Jm Mai stieg das Thermometer Mittags nicht Über 14,2° R, bei Nordwind, der vom Schnee-Gebirge herab Küählung bringt und der vorherrschende Wind zu seyn cheint, da alle Bâume nach S. gebogen sind. , Mittags, ist es im Sommer sehr heiß, die Abende sind abér skets fühl, und nur im August \chlafen die Einwohner im Freiêtr auf ihrkn Balkons.

Das Obst von Kabulistan ist, berühmt und wird in Menge nah ZJadien ausgeführt, Datteln kommen hier nicht mehr vor, aber Trauben, deren es zehn verschiedene Sorten giebt, in solcher Menge, daß man, nah Alexander Burnes, drei Monate lang das Vieh damit füttert. Der Kabul-Wein isk “dem Madeira ähnlich, Kabul selbst ist berühmt wegen seiner Maulbeeren, Ghizni wegen seiner Pflaumen, die unter dem Namen Bochara-Pflaumen nach

ndien gehen, Peschauer durch seine Birnen, Kandahar durch Das Obft dient hier wohl mehr als ir- gendwo zur täglichen Nahrung des Volks. Burnes bemerkte hier die verschiedensten Arten Pfirsich, Aprikosen, Birnen, Aepfel, Quitten, Pflaumen, Kirschen, Maulbeeren, Wallnússe, Trauben und Granatäpfel.

. Die Stadt Kabul liegt nach Alexander Burnes unter Lat, 34° 245“ N. und Long, 71° 33/ O. Grw., ungefähr 6000 Fuß über dem Meere, also in einer Höhe, welche die des Grimsel: Spitals noch um 500 Fuß übertrifft. Von Often her sieht man die Stadt schon von den zehn Stunden entfernten Hbhen des Passes Luntabund und von dem Dorfe Butkhak macht sie einen imposanten Eindruck. Sie is auf drei Seiten von Húgeln um- geben, die einen engen Durchgang lassen, durch welchen die Straße nach Ghizni ‘und dem Kurd-Kabul-Passe führt. Die Hügel sind steil, nackt und felsig und beherrschen die Stadt vollkommen; über ihre Gipfel, so wie úber den Engpaß zwischen ihnen zieht sich eine Mauer hin, auf der sich von Strecke zu Strecke runde Thurme erheben. Von O. nach W. hat die Stadt eine Ausdehnung von einer und von N, nah S. von einer halben Englischen Meile, Sie isk von einem hohen, aber shwachen Erdwalle ohne Graben umgeben. Oestlich von der Stadt, und durch einen Graben von derselben getrennt, steht das Fort Bala:Hissar auf einem felsigen Vorsprunge, an dessen Abhange der Königl che Palast mit den Gârten und einem Basar liegt, mit besoñdèrem Wall und Graben. Oberhalb des Forts, auf einer die ganze Ebene beherrschenden An- höhe, befindet sich die Citadelle, in der ein Bruder Dosk Muha- med's einen Palast erbaute, den er Kulah-i-Ferindschi (Europäi- scher Hut) nannte, und der während der Anwesenheit der Briten in Kabul im Jahre 1839 dem 13ten leichten Jnfanterie-Regimente zum Hospital diente. i

Die Haupt-Basars erskrecken sih in der Richtung von W. nach O,, der größte, im Mittelpunkte der Stadt, ist eine breite Straße mit wohlgebauten zwei Stock hohen Häusern mit platten Dâchern, die eins vergoldet und bemalt waren. Burnes bewun: derte hier die große Menge der Stoffe, Seidenwaaren und Tü- cher. Abends werden die Basare durch Lampen erleuchtet, Obst- Buden, namentlich für getrocknete Früchte, sind in großer Menge vorhanden, und schon im Mai werden Trauben, Birnen, Aepfel, Quitten, selbst Melonen feil geboten ; außerdem ist auch Federvieh in Menge vorhanden. Für die Handwerke, für Papier, Bücher u. \. w, sind eigene Basare, Der bre Theil der Stadt besteht aus Fmußigen, engen, unregelmäßigen Straßen mit hohen, platt- gedeckten Häusern, die aus an der Sonne gedörrten Bakskeinen erbaut sind, Der Kabul-Strom durchschneidet den dichtgedräng- testen Theil der Stadt, der bei nassem Wetter sehr kothig is.

Jm Norden der Stadt liegt der von Timur Schah ange- legte Königs - Garten in der Mitte mit einem Sommer-Palast und auf allen Seiten von Obstwäldern umgeben. Es is dies jeden Abend der Sammelplaß des frdhlichen Volks von Kabul. An- dere S R unter dem Schatten herrlicher Maulbeerdäume führen vom Basar jum Ufer des Kabul-Stroms, das mit Pappeln und Weiden dicht bewachsen is, Fast alle Wege führen zwischen

Gârten und längs Wasserleitungen und fließenden Wassern hin, Vor der Stadt liegt auch das Grabmal Timur Schah's, der Ka- bul zu seiner Residenz erhob. Auf der anderen Seite der Stadt liegt das Grabmal des Sultan Baber, das er si selbsk ausge- wählt hatte; daneben sind die Gräber seiner Frauen und Kinder. Die Aussicht von da is ungemein schôn; man überblickt eine Ebene von- acht Stunden im Umfang, mit Feldern, Wiesen und Gärten bedeckt, von drei sich shlängelnden Flüssen durchschnitten, an deren Ufern unzählige Dörfer liegen, über die si die beiden vom Kabul- Strom bespülten Forts erheben. Gegen N. steigen über den grúnen Wiesengründen die halb mit Schnee bedeckten Berge von Puahman empor, und vor ihnen erblickt man das prachtvolle Grün des Landes von Jstalif am Ghorbend, wo die eaEen Gârten Ka- bulistans am Fuße der Schneeberge hinziehen. Gegen W. erhebt sid in den felsigen shwarzen Bergzügen das wilde Jagdrevier. Vögel in unzähligen Schaaren, wie Tauben, Drosseln, Amseln, Nachtigallen (Bulbul i buzar Dastan, d, h, Nachtigall von tausend Weisen, weil sie jeden anderen Vogelsang nachahmt), beleben diese Landschaft. Burnes sagt, er stimme vollkommen in Sultan Ba- ber’s Ausspruch ein: „Kabul is im Frühling durch sein Grüna und seine Blumen ein Himmel,“

Gisni *),

Zwanzig Meilen in sÚdwestlicher Richtung von Kabul entfernt, liegt die Stadt und Festung Gisni auf einem theils natúrlichen, theils fünstlih aufgeworfenen Felsenhügel, der zu der Felsenkette gehört, die, fast von O. nah W. skreichend, dies Thal von Kabul trennt. Auf dem höchsten Theil der Anhöhe, 8000 Fuß über dem Meere, ist die Citadelle erbaut, die am 23, Juli 1839 von Sir Jon Kean (jeßt Lord Kean) mit Sturm genommen wurde. Die

tadt ist mit einem Erdwalle, etwa zwei Engl. Meilen im Umfang, umgeben und hat eine Bevölkerung von etwa 16,000 Seelen,

An keinem Orte in Jran ist die Kälte so heftig, wie in Gisnf, Im Winter bedeckt tiefer Schnee das Land weit und breit und bleibt zuweilen nach Sr PARY E 060A noch fußhoch in der Stadt liegen. Es geht sogar die Sage im Wolke, daß die Stadt zwei- mal von Schneestürmen verschüttet worden, wobei alle Einwohner umgekommen seyen. Jm Sommer is dagegen die Hike sehr groß.

Der Landbau auf diesen hohen Flächen ist zwar mühsam, aber lohnend. Hauptprodukte sind der Krapp und das Obst; Gisni?s Aepfel und Pflaumen sind berühmt und werden in Menge nach Indien ausgeführt. Außerdem sind die skeilen und steinigen Thal: wände mit Weinreben bedeckt, die ein Produkt liefern, das selbs den Kabul-:Wein übertreffen soll.

Von Gisni erskreckt sich bis Kandahar, auf eine Länge von 48 Meilen, das Thal des Turnuk- Flusses, und zwar die ersten 30 Meilen, welche den höheren Theil des Thales bilden, in der Richtung von NNO. nah SSW., die “pas 18 Meilen von NO. nah SW., Es is auf jeder Seite von hohen, unfruchtbaren Bergrücken mit s{roffen, höhlenreihen Wänden eingeschlossen ; die Berge der Südseite trennen es von dem Thale des Urghesan- Flusses, die der Nordseite von dem fruchtbaren Thale des Urghun- daub - Flusses, Dieser leßtere Bergrúcken macht, etwa 3 Englische Meilen westlih von der Stadt Kandahar, einen Bogen von Nor- den nah Súden, vereinigt sich mit dem súdlichen Bergrücken und schließt so den Thalkessel bis auf einige Lücken vollkommen ab; durch eine dieser Lücken geht, etwas sÚdlich von Kandahar, die Straße nah Herat und durch eine andere , noch súdlicher, fließt der Turnuk,, um sich mit dem Helmund zu vereinigen. Die größte Breite des Thales beträgt an seinem unterem Ende, wo die Stadt Kandahar liegt, etwa 65 Meilen; höher hinauf nimmt fie schnell ab und beträgt an der schmalsten Stelle nur £ Englische Meile (etwa 7 Preuß, Meile), Einige Bergspiben erheben si an 5000 Fuß über die Thalsohle. Der untere Theil des Thales ist eine ôde, steinigte Wúste; der obere Theil, oberhalb Kelat - iz Gildschi, ist fruchtbar, mit vielen Bäumen Europäischen Ansehens, liegt aber auch 6000 Fuß über dem Meere.

Kandahar.

Von einer Höhe, die etwa der gleichkommt, wenn man den Brocken auf die Riesenkoppe stellt, steigt man von Gisníi durch das eben erwähnte Turnuk-Thal nach Kandahar hinab, welches in einer Erweiterung dieses Thales liegt und durch die kurze Tor- fanna-Hügelreihße von dem Flusse getrennt wird, Seine Hdhe über dem Meere beträgt etwa 3500 Fuß. Rings um Kandahar ist die Gegend durch Kanäle reich bewässert und mit Weizen - Feldern, Gemöüse- und Obskt-Gärten, Krapp- und Tabacks-Pflanzungen be- deckt; doch erstreckt sich dieser fruchtbare Strich Landes nicht weit, denn etwa eine Meile östlich von der Stadt ist eine dürre, sei nigte, wasserarme und baumlose Fläche.

Kandahar is eine beträchtlihe, in Form eines Vierecks er- baute Stadt mit einem 33 Fuß hohen. Erdwall und einem zehn Fuß tiefen und 24 Fuß breiten Graben umgeben. Jn der Mitte einer jeden Seite der Stadt befindet sich ein Thor, das mit einer Brustwehr und Schießscharten versehen isk. Mit Einschluß der auf den Thoren befindlichen, hat die Stadt 62 Thürme, auf welchen GeschÚß aufgestellt werden kann. Die Citadelle liegt an der Nord- seite der Stadt und is gut verschanzt. Von den vier Thoren ge- hen die vier Hauptstraßen aus, die in der Mitte der Stadt zu- Ret L z

as Klima von Kandahar hält die Mitte zwischen der ({chwü- len Hiße Jndiens und der Kälte von Gisni; der Se ist heiß, aber der Winter mild; Schnee fällt nie, und der leichte Eis- anflug, welcher sih etwa an den Rändern der Wasserläufe bildet, verschwindet, noch ehe es Mittag wird.

Die Bewohner Kandahars sind sehr betriebsam; ihre Haupt- beschâftigung ist Landbau, und sie versorgen die wandernden Ge- birgsvölker mit Getraide,

Eine Meile von der Stadt liegen die Ruinen von Alt-Kanda- har, die einen Raum von etwa einer halben Meile bedecken.

Quettah.

Dreißig Meilen \üdöstlih von Kandahar, unter Lat. 30° 11‘ N., liegt die kleine Stadt Quettah, Hauptstadt des Distrikts Shawol, 9500 Fuß über dem Meere. Sie besteht aus 400 elen- den Erdhütten mit flachen Dächern, die um ein Lehmgebäude, das auf einem Erdwalle steht und Fort genannt wird, herumliegen. Die zahlreichen Obstgärten enthalten Aprikosen-, Mandel: , Pfir- sih-, Pflaumen- und Apfelbäume, so wie s{hône Pappeln, an denen die Reben emporranken. Der Distrikt ist im Allgemeinen hügelig, felsig und ôde, besonders an der Südseite; wo indeß Damm-

rde vorkommt, wie an mehreren Orten in dem ndrdlichen Theile, da findet sich auch eine Üppige Vegetation und mannigfache Ar- ten von Bäumen, Gesträuchen und Kräutern, wie Kirschen, Man- deln, Hagedorn, Kreuzdorn, Wachholder, der hier 18— 30 Fuß hoch wird u, \. w, Etwa anderthalb Meilen von Quettah befin: det sich ein Wald dieser Art, der eine unerschöpfliche Quelle von

2) Ein Plan der Festung Ghuznk befindet sich bei Zimmermanns

Werk über den Kriegs-Schauplab in Funer - Asien.