1842 / 350 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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den Wirkungen derselben beigelegten größeren Bereich davon ab- weiche, daß also die gegen die Ratifizirung dieses Protokolls auf: gestellten Einwendungen eben so gegen die Fortdauer dieser Ver- trâge sprächen und sich auf gleiche Argumente stÜßten. Folglich laubts er sich veranlaßt, die Englische Regierung aufzufördern, ranfreih seiner Verpflichtung zu entbinden und Unterhandlungen über einen neuen, auf andere Prinzipien zu grúndenden Vertrag zu eröffnen. Herr von St. Aulaire war der Meinung, daß das Prinzip des lebten, zwischen den Vereinigten Staaten und Eng- land abgeschlossenen Traktats von der Art sey, daß er sehr füglich die Grundlage einer Uebereinkunft zwischen England und- Frankreich bilden könnte, und wie wir horen, seßte der Repräsentant Frankreichs ur Unterstüßung seines Verlanges aus einander, daß wegen des

Bustandes der politischen Meinung in Frankreich nicht nur das

Protokoll vom Dezember 1841 geschlossen, sondern auch die beste-

henden Verträge aufgehoben werden müßten. Lord Aberdeen ant-

wortete in Bezug auf das angebliche Präcedenz-Beispiel des Ame- rifanischen Traktats mit der Verneinung, daß dieser irgendwie auf den Stand der Verhältnisse zwischen Großbritanien und Frankreich hinsichtlih der Frage úber den Sklavenhandel passe. Bis zur

Zeit jenes Traktats mit Amerika habe, so sagte Se. Herrlichkeit,

noch kein den Sklavenhandel betreffender Traktat zwischen Groß:

britanien und diesem Lande bestanden. Die Amerikaner hätten also, weit entfernt, die Modification eines bestehenden Vertrages zu verlangen, vielmehr die Jnitiative ergriffen, um mit Englands

Gesinnungen zu sympathisiren, indem sie sih freiwillig erboten,

selbst wirksamere Maßregeln zu treffen, um dem Sklavenhandel

ein Ziel gu seßen. Die Amerikanische Regierung habe nach den

Volks-Ueberlieferungen in den Vereinigten Staaten und nach ih:

rer Verfassung ohne Zweifel die Verpflichtung nicht Übernehmen

können, ein Recht der gegenseitigen Durchsuchung zu gestatten, es sey also dort von diesem Prinzip gar keine Rede gewesen. Die

Regierung habe sich erboten, zu thun, was sie vermöchte, und Eng-

land habe dies Anerbieten nicht ablehnen können. Was Frankreich

betreffe, so sey die Lage hier ganz anders, da früher gegen das

Durchsuchungsrecht kein Einwand erhoben worden. Das Prinzip

dieses Rechts sey also hier ein integrirender Theil der Verträge

geworden, und es sey seit einer Reihe von Jahren in Ausführung gewesen, ohne daß man ein Wort der Klage oder Recrimination darúber habe verlauten lassen. Endlich erklärte Lord Aberdeen, daß, wenn die Französische Regierung ungeachtet der dem Grafen von St. Aulaire mitgetheilten Ansichten, mit Gewalt zur Auf- hebung der Verträge von 1831 und 1833 schreiten wollte, die

Englische Regierung sich genöthigt schen wúrde, den Botschafter

Großbritaniens von Paris abzuberufen.“

Der Globe hatte gestern Abend sein Blatt mit der Nach- richt eröffnet, daß die Minister entschlossen seyen, die jeßigen Korn- geseße wiederum abznändern und zwei verschiedene feste Zoll-Säte, je nah den Bedingungen, unter welchen fremde Länder die Fas brifate Großbritaniens zuzulassen geneigt seyn möchten, nämlich einen zu 12 und einen zu 6 Sh,, an deren Stelle seßen wollten, Der Standard aber glaubt heute diese Anzeige mit Sicherheit für durchaus ungegründet erklären zu fönnen. „Die Sache ist auch unmöglich“, fügt er hinzu, „da Großbritanien schon durch verschiedene Verträge mit Hinsicht auf die Verhältnisse gebunden ist, nah welchen es die Zulassung der Erzeugnisse jener Länder, mit denen wir Handel treiben, belasten will, Verträge, zu deren Uebertretung keine Modification unserer Korngeseße einen Vor- wand darbieten könnte.“

Eine der bedeutendsten Versammlungen der Gegner der Korn- geseße, um neue Fonds zur Förderung ihrer Zwecke zusammenzu- bringen, fand am Mittwoch zu Leeds unter dem Vorsiß eines der größten dortigen Fabrikanten, des Herrn Marshall, statt und wurde auch von mehreren Parlaments-Mitgliedern besucht. Un- ter diesen griff Herr Aldam das jeßige Zollsystem Englands im Allgemeinen an.

_ //ŒEngland//, sagte der Redner, „hat sein Handels-System auf einen solchen Fuß gestellt, daß es nur die für seine Fabrication erfor- derlichen Rohstoffe einführt und einige wenige andere Gegenstände, deren es nun einmal zu bedürfen glaubt, dadurch aber sich ganz außer Stand geseht, Repressalien gegen irgend einen feindseligen Darief des Auslandes zur Anwendung zu bringen. Unter solchen Umständen aber giebt es kein besseres Mittel, das Ausland auf andere Wege ju bringen, als die Erlaubniß freier Getraide-Einfuhr, denn die Erfah- kung lehrt, daß wir unseren Getraidebedarf aus jedem Lande Europas beziehen, und alle Länder, welche dadurch Vortheile genicßen, könn- ten durch die Gewalt, welche jener Getraidehandel in unsere Hände giebt, veranlaßt oder nôthigenfalls gezwungen werden, große Konzessionen zu machen. Ein freier Getraidehandel würde uns einen so mächtigen Einfluß auf die Handels - Verhält- nisse ertheilen, daß kein Europäischer Zoll-Tarif sih uns auf Fahre hinaus feindlich be4ecpan fönnte. Auch die Grundbesißer in England [lf kommen allmälig von ihren monopolistischen Fdeen zurück, wozu nsbesondere das verfchlte Resultat der neuesten auf wechselider Zoll- Skala beruhenden Korngesche beiträgt. Man hört von ihnen jeßt fast nur noch den Einwand, daß die freie Getraide-Einfuhr das Land vom Auslande zu sehr abhängig machen würde, cin Einwand, der indeß ebenfalls bald verschwinden wird, da man leicht zu der Einsicht kom-= men muß, daß England kaum abhängiger vom uslande seyn kann, als unter dem jeßigen Systeme. Man braucht nur daran zu denken, welches der Zustand von Lancashire seyn würde, weun die Zufuhr von Baumwolle auch nur ein paar Monate lang ausbliebe.//

Hierauf nahm Dr. Bowring das Wort. Er wies zur Be- kämpfung des Prohibitiv-Systems auf Rußland hin, wo ungeachtet aller Ukasen, welche die Bevölkerung nôöthigten, sich mit den schlech- ten und theuren Erzeugnissen inländischer Fabrication zu begnúgen, und ungeachtet aller bedeutenden direkten GeldunterstÜßungen, welche die Fabriken erhielten, leßtere doch nicht in Flor gebracht werden

danten: Er erwähnte der gespannten kfomnierziellen Verhältnisse, e che zum Nachtheile Englands und Rußlands durch das în ihnen ner spra er ber dn Lari des Deut Jun See e T e eutschen : i Gndes doch mehr aus dem Streben der n G ‘Mdee Te paften Einheit der Jnteressen, als aus feindseliger Stimmung ge- gen England erklärte. Als Beweis der Vortheile des freien Han- dels führte er endlich die Stellung der Schweiz an welche, durch- aus isolirt und von feindlichen ZoUl-:Systemen eingeschlossen mit- telst ihres Prinzips des freien Handels es dahin gebracht habe in manchen Zweigen der Fabrication selbst als Rival Englands auf: treten zu fönnen. Dann sprachen noch Oberst Thompfon d gende, daß im Verlauf des Abende Lar miuns erklärte der Vor: L y e ends Vereins unterzeichnet worden. Pfd, zu dem Fonds des : e Times berichtet Über mehrere, an verschie júngst gehaltene Versammlungen der G edeutend Va A Wt eine und hebt hervor, daß die Wortführer derselben, zu welchén unter Anderen: auch der Herzog von Rutland gehörte, {hre Ueber- zeugung dahin ausgesprochen hâtten, daß fernerer Widerstand ge- en: eine U ed oder Herabseßung der jezigen Getraide: 3oll-Sfala nicht: dur führbar sey, Und daß eine solche“ Reduction auch zugestanden werden könne, ohne daß die Ackerbau-Jnteressen darunter leiden würden, Bei einem Bankett, welches zu Yeovil in

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Dorsetshire bei Gelegènheit einer großen Viehschau stattfand und dem mehréère Gründbesiter beiwohnten, sagte unter Andèrem Herr Acland, früher ein eifriger Verfechter der bestehenden Korngeseße : „Wir dürfen nicht zu sehr darauf rechnen, daß die Legislatur uns auch

wird; die Zeit if efommen, wo für alle Jnteressen die? beste Sicherheit in vermehrter Jntelligenz: und in beharrlichem Streben nach Erzeugung der bestèn Waaren zu- dem wohlfeilstéèn Preise zu suethèn isk. Dies gilt für den Ackerbau wie für das Fabrikwesen, und ich hoffe, daß welche Veränderungen auch stattfinden (wie- wohl mir bekannt is, welche Veränderungen- beabsichtigt werden); das Gleichgewicht aller Jnteressen, der Vortheil Aller im Auge gehalten“ werden wird.“ Die Times’ spricht“ auch ganz offen ihre Freude darüber aus, daß unter den Grundbesibern die Zahl der Anhänger einer liberaleren Handels-Politik immer größer werde.

Es ist bereits des Streits erwähnt worden, welcher sich zwi-

chen den Whig- und den Tory- Blättern über die Frage ent- sponnen hat, wem das Verdienst der Beendigung des Krieges in China angerechnet werden müsse, ob dem Whig:Ministerium wegen der von ihm getroffenen vorbercitenden Maßregeln, oder dem Ministerium Peel wegen der Ausführung der von jenem entwor- fenen Plâne. Der Standard kbmmt auf diese Frage zurück und erläutert eine früher nur andeutungsweise hingeworfene Be- hauptung, daß nâmlih den Whigs auch nicht einmal“ das Ver- dienst des Entwurfs der jeßt durch den Erfolg bewährten Pläne zukomme, indem er bemerkt, daß Lord Colchester, ein erfahrener See: Capitain, schon vor zwei Jahren dem Ministerium Mel- bourne den Plan, bis zu dem Herzen des Handels-Verkehrs von China auf dem Jangtsykiang vorzudringen, in allen Details vorge- legt habe, daß dieser Plan aber von den damaligen: Ministern ohne Weiteres verworfen und ersk von dem Ministerium Peel wieder aufgenommen worden sey, welches die Ueberwachung der Ausführung desselben dem Schwager des Lord Colchester, dem General - Gouverneur von Ostindien, die Ausführung selbsk aber den schon früher in China angestellten, mit den Oerltlichkeiten be- fännten Befehlshabern der Flotte und des Heeres, Sir William Parker und Sir Hugh Gough, übertragen habe. Eben so vindi- zirt das genannte Blatt die Autorschaft des lebten erfolgreichen Operations : Planes in Afghanistan dem Herzog von Wellington, indem es zugleich behauptet, daß derselbe den ersien Zug nach Kabul auf das entschiedenste getadelt habe.

Während aus den meisten Fabrik-Diskrikten Englands gün- stige Nachrichten einlaufen und auch in Schottland, insbesondere in Glasgow, die Jnduskrie wieder einigermaßen aufzuleben scheint, lauten die Nachrichten aus Paisley, in der Nähe von. Glasgow, immer trauriger. Nach dem Glasgow Argus befinden- sich jeßt 9560 arbeitlose Fabrifk-Arbeiter daselbst, die Mittel des Unter- stúßungs-Comité?s sind gänzlich erschöpft, und dasselbe hat sich be- reits genöthigt gesehen, Schulden zu machen.

Nieverlande. Anisterdam, 11. Dez. (L. A. Z) Der Finanz- Minister soll sich jeßt ernstlich mit dem Plane beschäftigen, den Zinsfuß der 5proc, Staatsschuld herabzuseßen, und dadurch das Land eines Theils seiner großen Schuldenlast zu erleihtern. Schon vor dem Abschlusse des Vertrags mit Belgien war dies im Werke, konnte aber damals um \o weniger zur Ausführung kommen, da es nicht blos an dem nôthigen Baarvorrathe fehlte, um den Gläubigern, weiche sich elne solche Umwandlung nicht gefallen lassen möchten,

ge Kapitalien zurückzuzahlen, sondern da außerdem die 5proc. Staats-Papiere damals kaum Úber Pari standen. Nach dem Ab- schlusse dieses Vertrags hat sich dies geändert, und da Belgien außerdem ermächtigt ist, 2 Millionen von der jährlichen Rente von 5 Millionen, die es für Holland bezahlen muß, zu dem Fuße von 50 Fl. Kapital für 25 Fl. Rente abzulösen, und von dieser ihm so vortheilhaften Befugniß sicher Gebrauch machen wird, so erhâlt unser Finanz-Minister dadurch 40 Millionen Kapital zur Verfügung, was ihm die Ausführung seines Planes ungemein erleichtern wird. °

Belgien.

Brüel, 13, Dez. Der Fúrst von Chimay, früher Gesand- ter im Haag und zuleßt Gouverneur des Belgischen Luxemburg, ist zum diesseitigen Gesandten beim Deutschen Bundestage er-

nannt worden. Desterréich.

Wien, 11. Dez, (Oesk. B.) Der von der hohen Pforte zum Botschafter am Kaiserlichen Hofe ernannte Rifaat Pascha, welcher bekanntlich diesen Posten bereits früher mehrere Jahre hindurch bekleidet hatte, ist gestern hier eingetroffen und heute von dem Haus:-, Hof- und Staats: Kanzler Sr. Kaiserlichen Majestät, Fürsken von Metternich, empfangen worden, wobei er die Ehre hatte, seinen ersten Botschafts-Secretair, Schefik Bei, Sr. Durch- laucht vorzustellen.

Jtalien.

Nom, 5. Dez. (A. Z.) Der fúr den Holländischen Han- del im Adriatischen Meere früher so wichtige Hafen und Handels: plaß Ancona fam seit der Französischen Revolutión nah und nach um fast alle bedeutenden direkten Beziehungen zu den Niederlan- den. Engländer übershwemmen seitdem auch diesen Markt mit allen Arten ihrer Ausfuhr- Artikel, Meuerlich indessen hat das alte Verhältniß angefangen, sich wieder herzustellen, so daß die Holländische Regierung sich veranlaßt gefunden, ihr seit vielen Jah: ren vakantes Konsulat in Ancona aufs neue zu beseßen. Ueber die kirchlichen Verhandlungen mit Rußland verlautet nichts Zu: verlâssiges. Graf Potemfkin ist von Ancona wieder hierher auf seinen Posten zurückgekehrt.

Die im hiesigen Arsenal behufs einer sicherén Tiber: Dampf: schiffahrt erbaute große Fluß- Reinigungs-Maschine is vollendet. Die mit ihr angestellten Versuche fielen sehr genügend: aus. Dié Sâäuberung des Flußgebiets von Ripa grande bis zur Milvischen Brüke soll unverzüglich beginnen.

Palermo, 28. Nov. Nâch f A Stille hat seit drei Tagen der Aetna wieder ungeheure Feueimassen ausgeworfen. Wie es scheint, fließen die sehr bedeutenden Lävastrôme ‘in der Richtung von Brontez die bereits angerithteten Verheerungen sollen unermeßlich seyn. Bei ‘dem prächtigen Frühlinäswvéetter ist uns erlaubt, die ganze Nacht hindurch ‘herumzushwärmen und das seltene Schauspiel zu beobachten. Zahlreiche Fremde strömen herbei um dem Schauplas näher zu fes _In Syrakus wimmelt es von Arbeitern an den neuen Fe- sungewerken, Mehrere Militair-Jingenieurs find zu Leitung der rbeiten daselbst ‘ei getroffen, Es ward die Errichtung vön tele: O Linien über die ganze ZJrisel befohlen; bis jebt besteht nur diejenige von Messina hierher, ‘welche mit der von Neápel

ferner noch Schub gegen die Konkurrenz-des Auslandes gewähren.

Spanien.

65 Paris, 12. Dez. Nach mehrtägiger Unterbrechung er- halten wir heute endlih wieder die Barceloneser Blätter. Jch habe den Jmparcial vombten vor mir liegen, der nur in einem nicht einmal ganz defi bgsben Bogen erschienen is, und der sich wegen dieser Unregel gkeit, so wie wegen seines Nicht- erscheinens am ne En damit entschuldigt, daß seine Seßer zum Theile frank seyen und daß die Bomben großen Schaden in Fie E ear r cortie De Im qs r s

die leßten arcelona- mit folgenden Worten: 0 „2m Zten um Mittag wurde das Bombardement der Stadt von Monjuich aus eröffnet, und es dauerte bis nahe- an 2 Uhr des folgenden Morgens (also etwa 14 Stunden). Man nimmt an, daß im Ganzen etwa Tausend Bomben, Granaten und Kanonen- fugeln in die Stadt gefallen sind, und daß der angerichtete Scha- den sehr groß ist. Mehrere Hâuser sind abgebrannt, einige Läden vollfommen zerstört und viele Thúren von Häusern, Magazinen und Lâden durch die springenden Bomben. in Stücken geschlagen. Jn manchen Häusern sind die Fußböden durch, Bomben,- die nicht zündeten, durhbrochen. Glúlicherweise haben wir nur weni Menschenleben zu beweinen. Jnmitten des Bombardements sa man Haufen von Männern und Frauen singend durch die Stra- ßen ziehen, und es verdient Bewunderung, daß, troß der großen Gefahr und der allgemeinen Verwirrung, nicht der mindeste Exzeß begangen wurde. Äll jenes Unglúck is durh die Hartnäckigkeit einiger Tollköpfe Trib worden, die sih, ohne die mindeste Aussicht auf Hülfe von aufen, auf Leben und Tod vertheidigen wollten, Das größte Lob verdienen die Alkalden der Stadt- viertel für die Dienste, welche sle der unglücklichen Stadt in so fritischer Lage geleistet haben, so wie auch alle Bür- ger, die ihnen ihren Beistand geliéhen; und besonders die Mitglie: der der Junta, die zuleßt mit dem Herrn General - Capitain das Uebereinkommen traf (se puso de acuerdo),“

Diese Junta, die vierté seit dem Ausbruche des Aufruhrs, wurde am ten Morgens, nach der Einstellung des Feuers und nach einer neuen Aufforderung der Stadt durch den General van Halen, von den Pfarrgemeinden gewählt, Sie richtete nach eini- gen Stunden folgende Proclamation an die Bürger der Stadt :

„Barceloneser! Die die Stadt repräsentirende Junta, welche heute Morgen von den Pfarreien gewählt worden is, hat durch ihre thätigen und nahdrücklichen Bemühungen die Entwaffnung der Corps, welche fich dem allgemeinen Wohle widerseßten, zu Stande gebracht, und eine Kommission derselben, bestehend aus Herrn Francisco Puigmarti und vier anderen Miktgliedern, is abgeschickt, um dem- Herrn General-Capitain diese! befriedigende Nachricht zu überbringen. Barceloneser, bleibt ruhig, aber verharret in der imponireñden und entscheidenden Haltung, dürch welche die Ruhe, nach der wir uns sehnten, in wenig Augenblicken hergestellt ist. Auf diese Weise dürft ihr von Sr, Hoheit dem Regenten des Königsreichs Alles hoffen! Francisco Puigmarti, Präsident ; Francisco Belza, Secretair‘’; außer diesen noch einige dreißig andere Unterschriften.

Fast gleichzeitig veröffentlichte die Junta folgenden Bändo:

„Bürger! Der Augenblick ist gekommen, wo die Herrschaft des Geseßes wiederhergestellt werden wird, Die Junta hat sich Über- zeugt, daß der Herr General-Capitain weiß, welche Rücksichten der friedliche Bürger, der Feind des Aufruhrs verdient, und sie hat sich außerdem überzeugt, daß die Truppen, welche bereits mehrere Punkte der Stadt beseßt haben, die strengste Mannszucht beobach- ten werden. Demnach, und damit die Ordnung gesichert werde und jede Besorgniß verschwinden möge, verfügt sie: 1) Ein jedes Jndividuum, Bürger oder Soldat, welches eine andere Per- son wörtlich oder thätlich beleidigt, wird mit aller Strenge des Geseßes bestraft, 2) Alle Personen, welche sich. im Besiß von Waffen und Kriegs -Werkzeugen befinden , haben dieselben binnen 3 Stunden pünktlich dem Beamten abzuliefern, der beauftragt ist, sie auf dem Fort Atarazanas in Empfang zu nehmen, Me Viertelsmeisker patrouilliren mit einigen Bürgern in der Stadt, um die persónliche und Eigenthums: Sicherheit zu beshüßen. Einigkeit, Mitbürger, Festigkeit gegen jeden Böswilligen, wenn es unglücklicherweise noch Leute geben sollte, die darauf ausgehen, die Unruhe zu erneuern. Von heute an soll das Geseß- wieder herr- schen und nichts Anderes als. das Geseß (impere de hay mas la ley, y no mas que la ley)“

Eine dritte und lebte Proclamation der Junta zeigt den Bür- gern der Stadt die Auflbsung derselben an. „Barceloneser““, heißt es darin, „nachdem die von den Pfarreien erwählte Junta die Befehle des Herrn General-Capitains eingeholt und die Gewißheit erlangt hat , daß die Munizipal- Behörde wieder in ihr Amt ein- getreten ist, hält sie es für ihre Pflicht, anzukündigen, daß ihre Amts-Uebung aufhört, da ihr das Geseb nicht erlaubt, als Behörde fortzubestehen.“

Wie man sieht, ist in diesen verschiedenen Dokumenten von einem Zugestehen gewisser Bedingungen durch den Gene- ral van Halen nicht die Rede. Auch in dex Proclamation, welche der General-Capifkäin unmittelbar nah seinem Einrücken in die Stadt erlassen hat, wird davon nicht gesprochen, Diese Proclamation lautet folgendermäßen : :

„Catalonier! Heute: Morgen hat sich diese Stadt der recht- mäßigen Regierung unterworfen, Die Urheber und Haupt - Mit- schuldigen des shändlichen Aufruhrs, welcher alle Ortschaften, nicht nur dieses Distrikts, sondern auch des ganzen Landes in Bestürzung verseßt hat, werden vor Gericht gestellt werden, und die Schärfe des Geseßes wird auf ihre Häupter fallen, Jch verspreche mir, daß das gewerbfleißige Barcelona nicht wieder der Schauplaß blutiger Kämpfe seyn, daß in seinen Straßen nicht noch einmal das Geseß mit Füßen getreten und die von der Nation beschworene Verfassung in den Staub geworfen werden soll, Der verständige Sinn des ganzen Catalonischen Volks wird die Umtriebe der Par- teien vereiteln, welche den Catalonischen Wohlstand anfeinden, und die im blinden Ehrgeize darauf ausgehen, diesen klassischen Boden in Verwirrung und Anarchie zu stürzen, damit der Désöpotismus wieder auf den Thron steigen könne, Catalonier, seyd auf eurer Hut, lasset euch nicht durch Verführung und Treu- losigkeit fortreißen, damit nie wieder die Fahne aufgepflanzt werde, welche so viel Unglück verursacht hat. ertrauet auf den Eifer eurer Behörden und besonders auf den eures General - Capitains. Barcelona, am 4. Dezember 1842. Graf von Peracamps.“

Der’ General-Capitain, begleitet von seinem Generalstabe und

dèr Spiße von 3 Bataillonen, in die Stadt eingerückt, Der General Zurbano war ihm mit einem Bataillon vom Regimente del Jnfante vorausgegängen und hatte die Citadelle besezk. Der Regent und der General Rodil. waren am 5ten Abends noch nicht nach Barcelona gekommen, doch erwartete man sie für den folgenden Tag; ihre sofortige Rückkehr nah Madrid scheint indessen wahrscheinlicher. m 5ten herrschte die voll- kommenste Ruhé {n ‘der Stadt, aber das Volk zeigte sich“ in ‘großen

kommenden in Verbindung stehe.

Haufen auf den Straßen und bffentlichen Pläßen, Der General:

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von dem politischen Chef, war erst unm 4 Uhr Nachmittags, an

itain bat. außer seiner bereits. angeführten Proclamation am Js D da Einzugs einen Bando erlassen, durch dessen. ersten Artikel die: Stadt von dem Augenblicke- des ersten:-Schusses gegen die Königlichen Truppen an, bis- auf- Weiteres in Belagerungszu- stand erflärt wird. (Vergl. den weiteren Jnhalt desselben in der Staats-Zeitung von gestern unter Spanien.)

Ein zweiter Bando des Generals van Halen, datirt vom Sten, enthält im Wesentlichen folgende Bestimmungen: Art, 1, „Die-Militair-Personen, Seeleute und-bürgerlichen Beamten, welche an der Jnsurrection irgendwie neu genommen haben, haben- sich binnen 24. Stunden bei ihren Oberen: zu melden. Art. 2, Die in dem ersten Artikel bezeichneten Personen werden vor eine Militair - Kommission gestellt, um von derselben gericytet zu wer- den. Art. 3, Diejenigen, welche sich nicht binnen der geseßten Frisk melden, werden: erschossen, wenn sie der Gewalt später in die Hände fallen. Art. 4. Dieselbe Strafe trifft die Eigenthü- mer der Häuser, in welchen sich die fraglichen Personen verstecken. Art. 5. Gleichfalls haben si{ unverzüglich zu melden, die Milli: tairpersonen und bürgerlihen Beamten, die, ohne die Junten an- erkannt und ohne an dem Aufruhr Theil genommen zu haben, noch am 24. November, dem Tage, wo die Regierungs - Junta ihnen freien Abzug gestattete, in: Barcelona geblieben sind. Art. 6.

le in dem vorigen Artikel begriffenen Personen bleiben in ihren Aemtern suspendirt, bis sie beweisen, daß es ihnen unmöglich ge- wesen, die Stadt zu. verlassen.“ Dieser Bando is von dem Namens - Verzeichnisse der Offizlere begleitet, aus denen die er- wähnte Militair-:Kommission zusammengeseßt ist, welche die Sol- daten und Civil-Beamten, die an dem Aufruhr Theil genommen haben, richten soll. Die Kommission besteht, unter dem Vorsiß des Brigadiers Don José Muñoz, aus zwet Obersten, zwei Oberst: Lieutenants, zwei Oberst-Kommandanten (coronel primer coman- dante) und zwei Kommandanten, Sie wird ihre Sißungen in der Citadelle halten.

Ob man bereits Verhaftungen vorgenommen hat, ist ungewiß. Der Jmparcial erwähnt nur wie eines Gerüchts, daß man an zweihundert gefangene Bauern, die bei dem Aufskande im Rücken des Belazerungs - Heeres betheiligt gewesen, in die Stadt einge: bracht habe. Es bestätigt sich. nicht, daß die Barceloneser die Französische Fahne aufgesteckt haben, doch scheint es allerdings, daß einige Chefs des Aufstandes, nachdem sie sich. nicht mehr zu rathen und zu helfen wußten, den Französischen Konsul, Herrn Lesseps, sondirt haben, ob Barcelona vielleicht unter gewissen Vor- ausseßungen auf Französischen Beistand rechnen könne. Die Ant- wort des Herrn Lesseps, obgleich sehr vorsichtig gefaßt, mußte doch alle Zllusionen zerstören, die man sich in diesem Punkte hätte etwa machen fönnen. Was die angebliche Mitwirkung der Englischen Marine zur Belagerung Barcelona’s betrifft, so hat dieselbe nach den zuverlässigsten Nachrichten auch nicht indirekt stattgefunden. Hiesige Blätter haben den Verdacht erregen wollen, daß der „Formidable“ absichtlich auf den Sand FCUEO sey, um einen Vorwand zur Ausschiffung seinès Geschüßes und seiner Munition zu finden; allein die Barceloneser Blâtter es melden, daß die Lage dieses Schisfes \o kritisch gewesen, daß es 43 Ka: nonen habe über Bord werfen müssen. Die Weigerung des Eng- lischen Konsuls, Barceloneser Flüchtlinge an Bord Englischer Schiffe zuzulassen, hat übrigens in Barcelona, wie zu erwarten stand, die Erbitterung gegen die Engländer nur noch gesteigert. Auch hier in Paris hört man darüber manches scharfe Urtheil.

O Madrid, 5, Dez. Gestern wurde hier ziemlich allge: mein behauptet, am Nachmittage des 1sten wäre das Bombarde- ment gegen Barcelona eröffnet worden, Es ging sogar das abge- shmackte Gerücht, daß Englische Kriegsschiffe an diesem Bombar- dement Theil genommen hätten. Dieses Gerücht findet vielleicht in folgenden Umständen seine Erklärung. Das Englische Linienschiff „the Formidable“, von 84 Kanonen, Capitain Sullivan, das von Gibraltar nach Barcelona segelte, gerieth an der Mündung des Llobregat auf eine Sandbank , und feuerte, um Hülfe herbeizuzie- hen, mehrere Kanonenschüsse ab, die man in weiterer Entfernung vielleicht für den Anfang des Bombardements hielt.

Den bis diesen Nachmittag aus dem Lager vor Barcelona eingegangenen Berichten zufolge, musterte der Regent am 30sten die dort aufgestellten Truppen, begab fich dann auf den Mon- juih, und besichtigte die gegen die Stadt gerichteten Batterieen. Am selden Tage richtete der General van Halen an die neu eingeseßte Junta von Barcelona um 6 Uhr Morgens ‘abermals die Aufforderung, sich zu ergeben, und ihm binnen vier Stunden eine fategorische Antwort zu schicken, widrigenfalls er bombardiren werde. Die Junta antwortete, sie suche Herrin der Umstände zu werden, und befahl, daß alle Personen, welche seit dem 14ten die Waffen ergriffen hätten, dieselben binnen zwei Stunden in dem Fort Atarazanas ausliefern sollten, mit Ausnahme derjenigen Leute, welche das Vertrauen der Alkalden besäßen. Darauf ließ van Halen der Junta anzeigen, er werde, wenn man sl{ch nicht seinen Befehlen füge, am folgenden Morgen (den 1sten) das Feuer er: bfffnen. Am Asten (so berichtet die Gaceta von heute) nahm der Regent, nachdem er die Truppen aufgestellt hatte, sein Haupt- quartier in Sarria, und hielt dort an jene eine Anrede, in der er versicherte, daß der Thron Zsabella's Il. und die Constitution bedroht wären, er aber sich allen Gefahren ausseßen werde, um sie zu retten, Nachmittags stellten sich vier Mitglieder der am 28sten in Barcelona errichteten Junta ein, und wünschten den Regenten zu sprehen. Dieser nahm sie nicht an, sondern verwies sie an den Kriegs-Minisker, General Rodil, der ihnen dann erflärte, die Regierung, entschlossen ihre Würde zu behaupten, könne sich auf nichts anderes als unbedingte Unterwer- fung einlassen. Die Gaceta fúgt die ziemlich räthselhaften Worte hinzu: „der General Rodil versicherte der Kommission, die Regierung wäre durchaus nicht gegen die Stadt eingenommen (que por parte del Gobierno no hay prevencion alguna contra aquella poblacion).“ Jn seinen amtlichen Berichten nennt Ge- neral van Halen die Rebellen von Barcelona „Straßenjungen ‘“ (pillos), und dann sagt er, er hoffe, eine brúderlihe Umarmung (un abrano fraternal) werde bald alle Gemüther versdhnen.

Der Espectador (ein Organ des Ministeriums), sagt, der Aufstand von Barcelona wäre n Angeefrer durch Umtriebe des Auslandes, geleitet durch treulose Rathschläge eines Konsuls *), der unter heuchlerischer Larve mitten unter den Aufrührern eine Rolle spielte, und zu einem das Völkerrecht verleßenden, mit dem Kriegörecht in Wiederspruch stehenden konsularishen Tu- multe (asonada consular) seine Zuflucht nahm.“

So weit geht der Parteigeist!

Heute ist ‘ein Regiment Provinzial : Milizen hier eingerückt,

Und mehrere andere Regimenter nähern sich der Hauptstadt.

® Hiermit is offenbar der Franzdsische Konsul, so wie mit dem fonsulartichen Tumulte die Protestation aller Kon uln gegen die kurze ihnen zur Einschiffung gestattete Frist genieint. 10h 06s : : (Anm. d. Korr.)

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Bis-diesen Abend hat die Regierung feine weitere Nachrichten über die Lage von Barcelona bekannt gemacht, was um o auf- fallender is, da tâglih ein Courier aus dem Hauptquartier des Regenten eintrifft, und heute also Dpeiiden vom 2ten überbracht haben múßte. Privatbriefe aus dem Lager vom Asten melden, daß die Truppen vor Begierde. brannten, das in den Straßen von Barcelona vergossene Blut ihrer Kameraden zu rächen, Dennoch ist man hier überzeugt, daß die Stadt am 3ten friedlich Übergeben wurde.

Nach schr ift. Man meldet aus Algesiras, daß das oben erwähnte Englische Linienschiff „the Formidable“ am 26sken v. M. von Gibraltar auslief, nachdem der Bouverneur einen Courier aus Madrid erhalten hatte,

Madrid, 5. Dez. Die zur Zahlung des am leßten De- zember fälligen Semesters der 3proc. Schuld sind der Tilgungs- Kasse zur Disposition gestellt worden. Seit der Abreise des Regenten sind mehr als acht Millionen Realen an die Armee von Catalonien gesandt worden; auch verschiedene Jntendanten haben beträchtliche Summen erhalten.

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Inland.

Berlin, 16. Dez, Se, Majestät der König haben Aller- gnädigst geruht, die Annahme dem Staats-Minister Grafen zu Stolberg, des Großkreuzes vom Königlich Württembergischen Kronen - Ordenz dem Obersten und Gesandten von Radowiß, des Großfreuzes. vom Zähringer-Löwen:-Orden, und dem Hofrath de la Garde, Korrespondenz-Secretair Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm von Preußen, des Königlich Bayerischen Rit- ter: Kreuzes des Verdienst-Ordens vom heiligen Michael, zu gestatten,

Trier, 13. Dez. Nach dem diesjährigen Weine ist zwar noh wenig Nachfrage, doch beruht dies keinesweges auf einem Zweifel an der Güte des Produkts, sondern es liegt theils an den hohen Preisen, welche der Produzent fordert , theils auch daran, daß jeßt, wo mit Sicherheit auf den Wasser - Transport nicht zu rechnen is, die Kauflustigen es vorziehen, den Winter und den ersten Abstich des Weines, der zugleich auch ein richtigeres Urtheil úber dessen Güte und Werth gestattet, abzuwarten. Bis jeßt stehen die Preise des diesjährigen Weines, mit Ausnahme der ausgezeichnetsten Lagen, für welche ein Preis noch nicht ge- macht is, zwischen 165 und 250. Rthlr. das Fuder (880 Quart).

Der Viehhandel is im Ganzen in Folge der hohen Preise des Futters noch immer shwah. Nur gemästetes Vieh findet guten Abgang. Der Bergbau wird fortwährend lebhaft betrieben,

Die Schifffahrt hat erst in den leßten Tagen zu einer regen Lebendigkeit gelangen können. Vorzugsweise sind es Steinkohlen, welche noch vor dem Eintritte des strengen Winters herbeigeschafft werden sollen.

Bekanntmachung. Das vow dem Vereine der Landwirthe des Ober - Barnimschen Kreises gebildete Comité zux Anstellung von Versuchen über die Ae gs JaUtgreit und die Gelegenheits- Ursachen der Lungen- seuche des Rindviehs hat gewünscht, daß ihm Gelegenheit gegeben werden möge, vor einer Versammlung von Sachverständigen und

men-Verhältnisse

praktischen Landwirthen sowohl die Resultate der bisher unternom- menen Versuche als den Gang der ferner zu nehmenden Maßregeln zum Gegenstande einer gründlichen Besprechung und Berathung machen zu können. Auf die durch das unterzeichnete Kollegium bean- tragte Vermittelung Sr. Excellenz des Herrn Ministers des Fnnern hat des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiten Excellenz, sh bewogen gefunden , das Direktorium und Lehrer-Kollegium der Königlichen Thierarzenei-Schule zur Be- förderung des fraglichen Zwecks und zur Ueberlassung der Räume der Königlichen Thierarzenei-Schule für die beabsichtigte Versamm- lung zu veranlassen.

Demgemäß und in Folge weiterer Mergorerue mit dem König- lihen Direktorium der Thierarzenei- Schule hat die Zusammenkunft auf Freitag, den 27. Fanuar 1843, Vormittags 10 Uhr, in der gro- ßen Aula der Königlichen Dhierarzenei-Schule hierselbst können an- beraumt werden. :

Wir benachrichtigen davon hierdurch das Publikum und laden Alle, denen Sachkunde, Erfahrung oder Bedürfniß ein näheres Jn- teresse an dieser in landwirthschaftlicher wie in sanitäts - polizeilicher Hue wichtigen Angelegenheit erregt, zur Theilnahme diensterge-

enst cin.

Berlin, den 7. Dezember 1842.

Das Landes - Oekonomie - Kollegíum. gez.: von Beclkedorff.

Die Arbeiter - Klassen in Englaud und die jüngsten Bewegungen unter ihnen.

(Zweiter Artikel.) (Vergl. St. Ztg. Nr. 340.)

Das Armengeses. y

Die Armengeseßgebung jedes in seinen politischen Jnstitutio- nen einigermaßen vorgeschrittenen Landes hat einen doppelten Zweck. Einmal erstrebt sie nur die Linderung des Elends, das aus der Húlflosigkeit der in ihrem Bereiche sich findenden Jndi- viduen entsteht, das anderemal is ihr Endzweck die Unterdrückung der Herumstreicherei und Bettelei mit deren steten Begleitern, Faul- heit und Diebstahl. Der erste Zweck ist ein rein moralischer und betrachtet nur das Elend des Jndividuums, der zweite is ein po: litischer und erzielt die allgemeine Wohlfahrt und Sicherheit des Landes. Die Geseßgebung Englands, obgleich auch hier wie úberall entschieden und nachdrücklih, hat beides nicht vollständig erreichen können; sie hat sogar oft das Uebel selbst, das sie tilgen wollte, gefördert.

Aus den alten Verordnungen der Könige Englands bis zu Ende des 16ten Jahrhunderts erkennen wir, daß bis dahin die Armen dort vagabondirten, bettelten und stahlen; die Armengeseße waren noch ‘nichts weiter als gegen diesen Unfug erlassene Straf- geseße. Erst die 43ste Akte der Königin Elisabeth vom Jahre 1601 enthält ein vollständiges, von großer Weisheit und Staatsklugheit zeugendes Armengeseß, das bis zum Jahre 1834 in Kraft war und auch die Grundlage des gegenwärtig bestehenden verbesserten Armengeseßes (Poor-Law-Amendment Act) bildet, Die Haupt- Tendenz dieses alten Geseßes war, allen solchen Armen Unter- stüßung zu ewähren, die zur Arbeit unfähig wären, dagegen alle zur Arbeit Fähigen ohne Unterschied des Alters und Geschlechts nur unter der Bedingung, daß sie dafür arbeiten, zu unterstüken, Die Art der praktischen Ausführung dieses Grundsages durch Ar- menpfleger unter der Kontrolle der Friedensgerichte, die Theilung der Verwaltungs-Distrikte in Kirchspiele und die Ratenzahlungen

der Armen-Steuer sind unter gewissen Modificationen in das neue Geseß übergegangen, die wir an ihrem Orte näher erörtern werden,

Das Statut der Königin Elisabeth skeuerte zwar dem Vaga-

bondiren und Herumziehen der armen Klassen aus einem Kirch- spiel in das andere, aber hob es nicht auf. Daher wurden unter den folgenden Beherrschern Großbritaniens noch strenge Geseße dagegeu nöthig. Personen, die nah fremden Distrikten zogen, wurden wieder entfernt, wenn sie nah 40 Tagen nicht nachweisen konnten, daß sie im Besiß eines Gutes mit jährlihem Ertrage von 10 Pfund wären. Jndeß stieg dadurch wieder der Pauperismus der an einer Stelle gebannten Leute mit dem Mangel an Arbeik und Nahrung in diesen Orten, bis endlich Georg I. in seiner 9ten Afte vom Jahre 1723 neben den unter der

beth und Jakob 1. schon gegründeten Correctionshäusern zur Auf- nahme der Vagabonden und den Hospitälern für die Alten und Schwachen eine neue Art öffentlicher Anstalten Arbeitshäuser, die gegenwärtig über ganz England verbreiteten work -houses in den verschiedenen Kirchspielen einzurichten befahl.

oónigin Elisa-

Siese Mastezel hatte äußerst woohlthätige Folgen, und die Ar- nglands hätten in der Folge sich nicht so schlimnx gestalten können, wenn die Grundsäße des Statuts der Königin Elisabeth, das den Armen gegen gänzliche Hülflosigkeit sicherte und durch weise Zusäße jeßt vervollständigt war, ferner in ihrer Rein- heit aufreht erhalten wären. Aber diese gingen unter bei einer schlechten Organisation der Verwaltung des Armenwesens und der

mangelhaften Ausführung des Geseßes, unter dem die Beamten weder verantwortlih noch an dem guten Fortgang der Sache in-

teressirt waren. Als die Geseßgebung dies kleinere Uebel heilen wollte, förderte sie das größere, denn sie wich dabei von den ge- sunden Prinzipien der älteren Statute gänzlih ab. Die 22ste Akte Georgs 1Il, vom Jahre 1782, bekannt unter dem Namen „Gilberts Akte“, verbesserte Manches in der Verwaltung des Ar- menwesens , namentlich vereinigte sie mehrere Kirchspiele zu Cor- porationen zur Unterhaltung gemeinschaftlicher Arbeitshäuser für ihre Armen ; aber sle beging den unheilvollen Mißgriff, daß sie die arbeitsfähigen Armen von der Aufnahme in die Arbeitshäuser gänzlich ausschloß und diese aus\chließlich für die schwachen und ohnmächtigen bestimmte. Für solche, welche arbeiten konnten und wollten, aber feine Beschäftigung fanden, sollten die Armenpfleger im Kirchspiele Arbeit schaffen und, im Fall ihr Verdienst nicht zur Bestreitung ihres Unterhaltes auslangte, ihnen aus der Ar- menkasse das Fehlende zahlen. Die Folgen dieses Geseßes waren eine unglaubliche Vermehrung der Armen, eine unverhältnißmäßige Steigerung der Ausgabe von Armengeldern bei dem beständigen Anwachsen der Bevölkerung, Entartung der Sitten, besonders unter dem weiblihen Geschlechte, bei welchem in einigen Distrik- ten die Keuschheit aufgehört hatte als Tugend zu gelten, da ein Frauenzimmer auf jedes uneheliche Kind aus der Armenkasse Un- terstúßung erhielt, Faulheit der Arbeiter gerade da, wo die meisten Armengelder gezahlt wurden, und endlich eine Beeinträchtigung der fleißigen Arbeiter durch willkürliche Herabseßung des Arbeits- lohns von Seiten der Fabrikherren. Diese, als die ersten im Kirchspiel, in der Regel Armenpfleger, konnten den Arbeitslohn nach Belieben erniedrigen und dem Arbeiter aus der Armenkasse das fehlende zahlen lassen, wofür dieser wieder sorglos und nach- lässig wurde, da er Befreiung von der Noth fordern und erlan- gen konnte, als wenn es die Frucht seines Fleißes wäre. Solche Uebelstände machten denn das neue Geseß nothwendig. Eine Kommission hatte dieselben im Jahre 1832 in einem großen Be- richte, welcher der neuen Armen-Bill zur Grundlage diente, zu- sammengestellt.*) Die Bill ging in beiden Häusern mit großer Scimmenmehrheit durch und erhielt am 14, August 1834 mit der Königlichen Sanction Gesebeskraft.

Dieses neue Englische Armen - Geseß, auf den Grundsäken des alten Geseßes der Königin Elisabeth von neuem basirt, hat zum Hauptzweck, daß keine Person in England und Wales von den nothwendigen Subsistenzmitteln absolut entblößt seyn soll („absolutely destitute of the necessary means of subsistence“). Welche Mittel aber wendet die Regierung an, dies zu erreichen? Die Armen werden nach zwei Klassen unterschieden, denen das Geseß zu zwei verschiedenen Zwecken Unterstúsung gewährt. Die erske Klasse begreift ohnmächtige Arme, durch Alter oder Kör- pershwäche, Kindheit, plöblichen Unglücksfall, Wahnsinn,

Die zweite Klasse umfaßt arbeitsfähige Arme.

Das Charakteristische des Armengeseßes als Linderungmittel des Elends und der Hülflosigkeit der Jndividuen is in den für die Klasse der ohnmächtigen Viten getroffenen Vorkehrungen zu erkennen; als ein Polizei :- Geseß zur Unterdrückung der Faulheit, Bettelei und Landstreicherei erscheint es in seinen Anordnungen für die zweite Klasse der arbeitsfähigen Armen. Gegen die leßten ist es streng und gewährt, unter Aufhebung der Bestimmungen der Gilberts-Akte, nur unter der Bedingung, daß dafür gearbei- tet wird, eine Unterstüßung, gegen die ersken ist es mild und wohl- thâtig, und man fann anderswo kaum bessere Anstalten zur Un- terhaltung und Verpflegung alter und schwacher Armen finden. Das Haupt - Jnftitut zur Unterhaltung sämmtlicher Armen sind die Arbeitshäuser (work-houses), deren man gegenwärtig un- gefähr 600 zählt. Es sind Gebäude, halb Gefängniß, halb Hos- pital, wo ohnmächtige Arme gut verpflegt, arbeitsfähige dagegen, wenn sie den Schuß dieser Anstalten suchen, einer strengen Diszi- plin unterworfen, besonders eingekleidet, von gekochtem Hafer, Ge- múse und Wasser, außer zwei Rationen Schweinefleisch wöchent- lich, genährt werden und dafür schwerer Arbeit an Handmühlen sich unterziehen müssen. Das allein hat zur Uuterstüßung der ar- beitsfähigen Armen die Regierung gethan, und dieses einzige ist für diese fein Trost, sondern ein Schrecken. Man sollte glauben, daß bei dem entseblichen Elend unter den Arbeiterklassen diese Hâuser mehr gesucht würden, als es der Fall ist, aber jene Elen- den werden durch die Arbeiten an den Handmühlen zu sehr abge- \schreckt. Buret erzählt uns in seinem Buche Úber das Elend der Arbeiterklassen Englands und Frankreichs auffallende Beispiele von der Leere dieser Anstalten. „Jch habe mehrere Work-houses be- sucht“, sagt er, „und habe dort jene Maschinen, die Handmühlen, fast alle still stehend gefunden, weil die Unglücklichen, welche ver- dammt waren, sie in Bewegung zu seben, davor die Flucht ergrif- fen hattenz auch bin ih Überzeugt, daß die bitterste Noth, das \chrecklichste Elend einer solchen Wohlthat vorzuziehen ist, Es ist keine Wohlthätigkeits - Anstalt, die man errichtet hat, sondern ein Schrecken für die Armen!“ So berichtet er ferner, daß in Cuck- field (Sussex) sh immer mit dem Anfange des Winters einige hundert Arbeiter einstellen, von denen jedoch nur ungefähr 20 die Gasilichkeit der Work-houses in Anspruch nehmen ; 15 von diesen haben sie schon wieder bis zum 12. Januar verlassen.

Außer diesem Grund-Charakter is in dem neuen Armengesebe die administrative Organisation des Armenwesens das Wichtigste.

Im Sinne des alten Geseßes der Königin Elisabeth muß jedes Kirchspiel, deren es gegenwärtig in England und Wales 15,935 giebt, seine Armen unterhalten, Da jedoch viele dieser Bezirke

*) Report of the Commissioners of Inguiry, 1834.