1909 / 26 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Jan 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Boykotts bedienen, so gut muß den Arbeitgebern die Aus- sperrung von Arbeitern zustehen, aber nur für den Kriegszustand; if der Friede einmal ges{chlofsen, dann sollen solhe Maßregeln verpönt sein, Wenn ich mich recht enisinne, hat der Herr Abg. Sachse im November vorigen Jahres ähnlihe Ausführungen gemacht. Ja, theoretish mutet der Gedanke gewiß an; ich weiß nur nicht, wie er. praktisch ausführbar sein soll. Unsere großen Lohnbewegungen vollziehen sch niht so genau nach dem Vorbild von Krieg und Frieden, daß der Gesetzgeber eine ganz bestimmte Cäsur machen könnte. Es mag wohl zutreffen bet ganz großen Lohnbewegungen, welche ih auf große Gewerbszweige in weitem Umfange erstrecken, wo es -bei dem drohenden Ausbruch eines Streiks vielleicht noch im leßten Moment zu einer Einigung kommt Gott Lob, es ist ja neuerdings mehrfach auf Grund eines Tarifyertrages zu einer solen Einigung gekommen —, oder wo nah ausgebrohenem Kampfe auf dieser oder einer ähnlihen Grundlage der Friede ges{hlofsen ist. Aber neben diesen Lohnbewegungen saufen doch in der Praxis tagtäglich zahlreihe andere Lohnbewegungen her, bei denen man ebenso gut von einem latenten Friedenszustand wie von einem latenten Kriegszustand sprechen kanne wo die Aussperrungen von der einen und der anderen Seite, von hüben und drüben, \sich unausgeseßt fortseßen. (Sehr richtig! rets.) Ich halte also diesen Gedanken, so sympathish er mir zuerst \chien, für gesetzgeberish nicht zu verwirklichen.

Meine Herren, ich komme zu dem Fazit, daß der Weg der Spezialgeseßgebung nicht gangbar ist. Will man den materiellen In- halt des Koalitionsrechts regeln, dann kann man dies nur in alls gemeinen Formeln tun, nah denen gewisse Handlungen, die dem Ein- zelnen niht verwehrt sind, verboten sein sollen, strafbar sein sollen, sobald fie von einer Mehrheit von Personen ausgeübt werden. Das wäre also ein allgemeines Geseg über den materiellen Inhalt des Koalitionsrechts. Das aber wird von Ihnen in diesem Augenblick nit verlangt.

Das Ergebnis, zu dem ih gekommen bin, soll aber keineswegs besagen, daß ih bezügli des Systems der \{chwarzen Listen nun alles, wie es ist, {dn und gut fände. Meine Herren, abgesehen von dem Prinzip im Ganzen, richten si die Hauptbeschwerden, wie mir sckeint, dagegen, daß untergeordnete Beamte, welche vielleicht an den Begeben- heiten, die zu dem Kontraktbruch geführt haben, unmittelbar und persönlich beteiligt sind, darüber entscheiden, wer auf die Liste kommen \foll, und daß eine unparteiishe Prüfung nicht stattfindet, Und die weite Hauptbeshwerde gilt der Heimlihkeit des Verfahrens, dem Umstand, daß dem Arbeiter nicht mitgeteilt wird, wann und weshalb er auf die Liste gekommen ist, daß ihm damit die Möglichkeit ge- nommen wird, vor einer unpartetishen Stelle sein Recht zu suthen.

Meine Herren, wenn den Vorwürfen, wie ih sie eben bezeihnet Habe, die Talsachen entsprechen, so stehe ih nicht an, diese Verhält- nisse als \{arfe Mißbräuche zu bezeihnen.

Meine Ansicht dazu ift, indem ih zuglei einiges Vorangegangene zusammenfafse, die folgende: Shwarze Listen und darüber hinaus alle Maßregeln, wel{e von einer zur Verfolgung gemeinsamer Ziele ge- ‘bildeten Organisation ergriffen werden, sind nur dann zu rechtfertigen, wenn sie wirklich einem großen und gemeinsamen, vom Einzelnen niht zu erreihenden, ftaatlih an sch vertretbaren Ziele dienen. Aber au wenn folche Ziele vorliegen, wird es ohne Härten für den Einzelnen niht abgehen. Das geben ja au die Herren von der fozialdemokratishen Seite ohne weiteres zu. Sie gestehen die Härte,

‘die im Boykott des einzelnen Gewerbetreibenden liegt, unzweifelhaft

zu; aber sie sagen: wir verfolgen das große Ziel der Befreiung des Arbeiterftandes; wo Holz gespalten wird, da fallen au Späne.

Und, meine Herren, genau so if es auch auf der andern Seite: Wenn ih die Unternehmershaft sichern will gegen systematishe Angriffe der Arbeiterschaft, dann können auch hier Härten im Einzelnen niht vermieden werden. Aber man sol bei allen derartigen Maßregeln bedenken, daß sie eigentlich nit gegen den Einzelnen gehen, sondern daß es sich um ein allgemeines wirtschaftlihes oder soziales Ziel handelt, das erlangt werden soll. Nicht der einzelne Kontraktbruch, nit die einzelne Wider- feblihkeit, nicht die einzelne Tätlichkeit, nicht die Zugehörigkeit des Einzelnen zu einer gewerk\{haftlihen Organisation soll bestraft werden) sondern es handelt sich um das gesamte entgegenstehende System, gegen das Front gemacht wird. Weil dem aber so is, muß bei der Anwendung all der Mittel, die dem gemeinsamen Ziel dienen, auf das strengste darauf Bedaht genommen werden, jedes Glement des persönlichen Hasses, der persönlichen Verfolgung, der persönlichen Ravsucht auszuschalten. Man muß das Verfahren \o gestalten, daß diese Vorwürfe nicht erhoben werden können.

Wer, meine Herren ih komme dabei noch einmal auf den Kontraktbruß zurück —, wer die alltäglihen, ih möhte \fagen, die gemeinen Gründe kennt, die zum Kontraktbruh, zu Widerseßlichkeiten, zu Beleidigungen, zu Tätlichkeiten im einzelnen führen, wer weiß, wie da die Schuld von der einen nah der andern Seite hin und her \{wankt, wer weiß, wie oft die keinlichsten und ntedrigsten menschlichen Leitenschasten dabei eine verhängnisvolle Rolle spielen, der wird sich allerdings den einzelnen Fall genommen fragen, ob denn eine Aussperrung von 6 Monaten noch in irgend einem Verhältnis zur Tat steht.

Meine Herren, der Instinkt gerade des weniger gebildeten Ar- beiters für Gerechtigkeit, für Gerechtigkeit, ih möchte sagen, im Sinne des Naturrehts ist besonders fest und zähe ausgebildet (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten). Ueber diesen Instinkt kann man nicht ungestraft hinweggehen. Der deutsche Arbeiter, nicht als Ideal- individualität gedacht, sondern als Träger aller derjenigen deutschen Charaktereigenschaften, mit denen auch der realste Politiker und

Gesehgeber rechnen muß, verurteilt ebenso, wie wir alle, den Kontraktbruß (sehr richtig! rets), die systematische Heyerei und Aufwiegelei. Gr billigt es, wenn er nicht

gerade in einer Volksversammlung if (Zuruf: Auch in der Volks bersammlung!), daß das Unternehmertum gegen diesen Kontrakt- bruch usw. energish und mit aller Kraft Front maht. Er würde

_4a sonst alle Achtung vor dem Unternehmer verlieren. (Abg. Hue :

Ist das ein idealer Arbeiter?) Jawohl! Aber er hat eine Empfindung der Empörung gegen jede Ungerechtigkeit. (Abg. Hue: Da kenne ih die deutschen Arbeiter besser, Herr Staatssekretär!) Und, meine Herren, weil dem so ist, tre der Widersprüche des Herrn Abgeordneten Hue, durch die ich mich in keiner “Weise irre maten lasse, so ist es durhaus notwendig, daß bei dem Sperr- Tystem der shwarzen Listen die Vorfrage, ob der einzelne Arbeiter auf

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die Liste geseßt werden soll, auf das gewissenhafteste geprüft wird, daß die Entscheidung hierüber den untergeordnelen Aufsichis- beamten möglichst abgenommen wird, daß das Verfahren von jeder Heimlickeit entkleidet wird, damit der Arbeiter vor einer unpartelishen Stelle eine Nachprüfung veranlassen kann, ob er zu Recht auf die Liste geseßt worden ist. Und, meine Herren, eine derartige Publizität des Verfahrens würde den sichersten Shuß gegen Mißgriffe und Uebertreibungen bilden, auh ohne daß der einzelne Arbeiter genötigt wäre, den für ihn unzweifelhaft äußerst beschwer- lichen Weg der rechtlihen Klage zu beschreiten.

Was aber die Dauer der Sperre anlangt, \o sollten die Arbeit- geber bei ihrer Bemefsung immer bedenken, daß der Arbeitgeber als einzelner stets gegenüber dem einzelnen Arbeiter der wirtshaftlih Stärkere ist.

Ich bin in allen diesen Beziehungen namentlih mit dem Zechen- berbande in Essen ins Benehmen getreten. Sie wissen, daß seine Bestimmungen in Essen insoweit das Prinzip der Aussperrung ab- s{chwächen, als derjenige Arbeiter von der Liste wieder gestrichen wird, welcher auf der Arbeitsftelle, wo er mit Kontraktbruch sich entfernt hat, die Arbeit wieder aufnimmt. Ich weiß sehr wohl, es wird be- stritten, daß die Sache immer so gehandhabt wird. Fälle, in denen das Gegenteil behauptet wurde, sind mehrfach dur die Presse gegangen. Es i} hier selbstverständlih für mich nit der Ort, auf diese Einzelheiten einzugehen.

Weiter weiß ih: die Forderung wird bemängelt, daß der Arbeiter zu derselben Stelle zurückehren soll, wo er unter Kontraktbruch davon- gegangen ist, weil dieser Kontraktbruch häufig unter Verhältnissen stattgefunden hat, an denen der Beamte mit beteiligt gewesen ift, sodaß es von einem ehrliebenden Arbeiter nicht gefordert werden könne, zu derselben Stelle zurückzukehren. Das mögen Einzelfälle sein; an dem Prinzip selbs ändern sie nichts.

Nun hat mir der Ze@henverband mitgeteilt, daß {hon bisher in der Praxis der Arbeiter von seiner Aus\perrung Kenntnis erhalten habe, daß aber für die Zunkunft ausdrücklih Vorsorge getroffen sei, daß jedem Arbeiter von der Zehe, wo er abgelehnt werde, mitgeteilt werde, weshalb und wo er auf die Uste geseßt sei. -Ich würde es für einen wesentlihen Fortschritt und für ein praktisches Ergebnis auch unserer heutigen Verhandlungen halten, wenn dieses Ver- fahren überall, wo das Sperrsystem in Anwendung kommt, taisählich gehandhabt würde, und sür einen weiter dringend zu ers strebenden Fortschritt, wenn die Entscheidung darüber, wer auf die Liste kommen soll, aus den Händen beteiligter Beamter herausgenommen würde. Damit komme ih zum Shluß meiner Ausführungen. Ich ge- wärtige, daß mir wiederholt der Einwurf gemacht wird, weshalb ich niht zu geseßgeberischen Maßnahmen rate, wo ih do das Vorliegen gewisser Mißstände anerkennen muß. Meine Herren, die speziellen Gründe, welhe es mir nicht rätli erscheinen [afsen, den Weg der Gesehgebung zu beschreiten, habe ich Ihnen dargelegt. Ich bitte, hier noch eine allgemeinere Bemerkung anknüpfen zu dürfen. Wiederholt habe ich meine Meinung dahin „ausgesprochen, daß man Sozialpolitik niht allein mit Gesegen mat; im Gegenteil, ein Zuviel an Gesetzgebung dizkreditiert die Sozialpolitik (\ehr wahr ! reis Lachen bei den Sozialdemokraten) und \{chädigt fe namenilich dann, wenn die Geseze #|\ch an Probleme heran- machen, die ihnen an \i{ch unzugängliG sind. Die wirtschaft- lien Gegensäße zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird kein lebendiger Mensh, noch viel weniger ein toter Buihstabe aus der Welt bringen (sehr wahr! rets), und diese Gegensäße werden auch immer zum Kampf führen. Eine weihlihe Betrachtung ist da niht am Plaße; aber was gefordert werden muß, i das, daß mit anftändigen Waffen gekämpft wird (sehr wahr! links), daß fair play if. Jedoch auch darin kann die Gesetzgebung niht alles tun: nimmt fie heute die eine Waffe morgen is eine andere zur Stelle; und darüber, îin welhem Geiste der Kawpf geführt wird, ob mit dem Willen, den Gegner niederzuzwingen oder mit dem Ziele der Verständigung, kann keine Gesehgebung disponieren. Meine Herren, die {warzen Listen werden zum guten Teile ver- \{winden; fie werden reduziert werden, sie werden sich niht vor der Oeffenlichkeit halten können, wenn {ih berufsmäßige Kampf- organisationen in berufsmäßige Interessenorganisationen verwandeln (sehr wahr! rechts), wenn auf beiden Seiten die Notwendigkeit der Ver- ftändigung anerkannt wird (sehr richtig! rets), nicht auf dem Boden eines erträumten Zukunftsstaates, sondern auf der Erde, ‘auf der wir leben und arbeiten. Jch halte diesen Gedanken, den ih neulich in einer anderen Richtung mit einem bestimmten Ziele ausgesührt habe, fest; er wird uns wie dort so auch hier vorwärts führen. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Abg. Dr. Spahn (Zentr.) beantragt die Bes E der Interpellation. Der Antrag wird vom ganzen Hause unterstüßt.

Abg. Dr. Stresemann (nl.): Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit und Billigkeit, daß ein Arbeitgeberverband die Aussperrung eines Arbeiters auf längere Zeit höchstens dann vorschreibt, wenn es sich um sehr s{chwere Versehlungen des Arbeiters handelt, und diese um fell0 festgestellt find. Damit ist alles ausgedrückt an Bedenken gegen die shwarzen Listen, wie sie jeyt in der Bergbauinduftrie ge- handhabt werden, Wenn die Zechenverwaltung es für thre Pflicht und für ihr Recht hält, fih- dadurch gegen den Kontrakt- bruch zu \{chüßen, so muß sie auch diese Listen veröffentlichen. Das hat ein Urteil des Reichsgerihts ausgesprochen, und damit decken sich auch zum großen Teile die Ausführungen des Staatssekretärs. Würde diesen Bedenken Rechnung getragen, so würde den schwarzen Listen vieles von der verbitternden Wirkung, die sie ausüben müssen, genommen sein. Es handelt si ja nit um einzelne oder vereinzelte Fälle, die die Sicherheit und Sittlichkeit des Betriebes nit zu stôren vermögen; das Bedenkliche ist eben die außergewöhnlich große Zahl der unter Kontraktbruh Entlafsenen. 5400 Entlassene auf einer Liste sind doch der Beweis für eine Fluktuation, die den Betrieb taisählich in die allershlimmste Mitleidenschaft ziehen kann. Woher stammt dieses sort eseßte Wandern von einer Arbeitsflätte zur anderen? Man spricht von nicht ge- haltenen Versprehungen. Da kommt aber nur ein kleiner Prozentsaß in Betracht; bei einer größeren Zahl kommen do wohl die Gründe in Betracht, die früher {on mein Kolleje von Schubert und die heute der Staatssekretär angeführt hat. An sich hat doch der einzelne Arbeitnehmer kein Interesse daran, von einem Werk zum anderen zu wandern. Die Lohnsäte allein können nicht der Grund dafür sein. Wir haben viele Gegenden in Deutsh- lavd, wo die Lohnsäte geringér sind als im Bergrevier, und wo man do eine solhe Wanderung nit kennt. Die wirtschaftlihen und

ozialen Zustände, die zu der auh von uns als bedenklich erachteten aßregel geführt haben, A also ganz besonders gewürdigt werden. Das Vorgehen des Verbandes der bayerishen Metall-

{ industriellen ist von dem Interpellanten behandelt worden. Es etroffenen vor, die von uns den

liegen zahlreihe Petitionen der

Ausbau des Koaliiionsrechts fordern. Metallindustriellen bildet nur einen Teil eines Fachverbandes. Sein Vorgehen hat in der deutshen Industrie absolut kein Cho gefunden; die Industriellenverbände haben sch im Gegenteil agegen ausgesprohen. Weiter muß berücksihtigt werden, as der bayerishe Verband wenige Tage nah dem Erlaß dieser Kund- ebung bereits selbst den Beschluß sistierte und ihn naher aufgehoben at. Jh glaube nicht, daß es sich dabei nur um eine formelle Auf- hebung handelt ; zahlreiche Mitglieder des Verbandes haben niht nur den Erlaß, sondern au die Tendenz, aus der er hervorgegangen war, gemißbilligt. Der Deutschnationale Leipziger Handlungsgehilfen- verein und der Hamburger Verein von 1858 haben Zehntausende von Prinzipalen in ihrer Mitte, die si ganz energisch gegen jene Maß- nahmen verwahrt haben. Psychologisch erklärt fch das Vor- gehen nur dadur, daß der Bund der technisch - industriellen Verbände zuerst den gewerkshaftlihen Charakter hineingetragen hat in die Privatbeamtenbewegung, und damit eine Reaklion auslöôste bei jenen, welhe in der Betonung der gemeinsamen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern das Ziel erblicken. Noch haben wir erfreuliherweise in jenen anderen Vereinen das Zusammenwirken beider Teile. In jeder Beziehung möchte ich mich den Ausführungen des Staats)ekretärs über den Ausbau des Koalitionsrechts anschließen. Wenn einseitig dem Arbeitgeber etwas untersagt sein {oll, so würde ein A a dmenrles gegen die Arbeitgeber ge|{chafffen. Die Einseitigkeit der {chwarzen Listen findet ganz genau bei jedem Boykott wieder. Diese Einseitig- Tetten werden \sich aus dem wirt\haftlihen Kampfe nicht heraus- bringen lassen; sie werden sich weiter ausdehnen, und gerade in ihrer Ausdehnung liegt die Gewähr, daß auch ohne Ausbau der Gesehe die wahsende Organisation beider Teile zur Verständigung führen muß und wird. Sobald es #ch nicht mehr um lokalisierte Streiks handelt, um so größer wird auf beiden Selten das Ver- antwortlihkeit8sgefühl werden, und man wird sich auf der mittleren Linie der Verstäntigung zusammenfinden. Wir glauben an eine kommende Verständigung, wir hoffen, daß Arbeitgeber und Arbeit- nehmer ihre gemeinsamen Interessen erfüllen werden. Abg. Dr. Wagner (d. kons.): Auch wir bedauern sehr die wirtshaftlihen Kämpfe zur Anwendung von Mitteln geführt haben, die in hohem Maße bedenklih sind. In den Fällen der Boykotts und Aussperrungen werden N Existenzen vernichtet, die mit dem Kampfe an {ich nichts zu tun haben, und das ist das Traurigste an der ganzen Sache. Der heute {hon zitierte Staatsselretär Graf Posadewsky hat sich nicht nur gegen die Aussperrung, sondern mit derselben Schärfe gegen den Boykott ausgesprohen. Der Abg. Giesberts regte die Frage an, ob nit die Zeit gekommen wäre, das Koalitionsrecht in anderer Weise zu regeln als bisher. Wir sind gern bereit, in die Erwägung darüber einzutreten, aber nur unter der Voraus- eßung, daß die Regelung durchaus paritätisch erfolgen muß ür Arbeiter und Arbeitgeber, sodaß niht etwa ein Ausnahme- geseß gegen die Arbeitgeber zustande kommen kann. Wir billigen weder den Boykott noch die [hwarzen Listen. Geht man den Gründen nah, die zu beiden Erscheinungen geführt haben, so erkennt man zunächst, daß bei uns diese Kämpfe viel s{härfere Fotin angenommen haben als eiwa in England. Der Hinweis auf die. freiere Institution in England erklärt nichts, denn in dem noh viel freieren Amerika übt das System der s{chwarzen Listen eine noch viel unbedingtere Herr- haft aus als bei uns. In England denkt eben kein Arbeiter an die Anstellung solcher Machtproben; dort sind die Tarifverträge eine praktisheè Errungen\shaft der Trades Unions, während sie bei uns von den Gewerkschaften nur als eine Etappe auf dem Wege zur weiteren Vérgesellshaftung der roduftionsmittel angesehen werden. Die englishen Gemwerk- aften sind aber auch sonst lediglich auf praktishe Zwede gerichtet, und sie Melallen fich nur mit den Interessen threr eigenen Mitglieder. el uns liegen die Sachen wesentli anders; die freien Gewerkschaften bilden einen Teil der olitishen Organisationen, der sozialdemokratishen Bewegung. Bei uns fühlen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht als Glieder eines gemeinsamen E von denen jedes gleihmäßig an des anderen Wohlergehen beteiligt ist. Noch betrübender aber ist, daß die Methode, Unzufriedenheit zu säen, bereits bei der heranwathsenden Jugend beginnt. Der junge Mann ist kaum der Sule entwatsen, da wird ihm von den sozialdemokratishen Aposteln gepredigt, wie er in jedem Unternehmer ten Ausbeuter sehen soll. Unter folhen Um- ständen müssen die wirtshaftlihen Klassenkämpfe eine Swhärfe annehmen, die gar nicht tief genug bedauert werden kann, um so mehr, als diese Aufheßung in einem Lande „geübt wird, das ih in der sozialen Für}orge vor allen anderen Ländern der Welt hervorgetan hat. In der Zeit von 1895 bis 1906 sind von den deutschen Arbeitgebern 3645 Millionen Mark für die Arbeiterfürsorge aufgewentet. Jch stimme dem Staatssekretär durhaus zu, daß an ein Spezialgesey niht gedacht werden kann. pflichte ih ihm bei, daß das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Atbeitnehmern nicht aussließlich auf Geseßze gestüßt werden kann, sondern daß ein Vertrauensverhältnis bestehen muß, ein Pirtätg: verhältnis. Auf dem Boden des Klassenhasses läßt {ih das nie er- reihen. Auf ihm werden die Arbeiter im leßten Ergebnis nux Schaden leiden. Alle Versuche, durh Gesehe Mißstände zu beseitigen werden nit zum dauernden sozialen Frieden führen, wenn die Seele des Körpers sich nicht ändert und bessert. Die Mensch müssen besser werden, die moralishen Normen im wirtschaftlichen Leben mehr zur Geltung kommen. Wir erreichen den sozialen Frieden nur, wenn die religiösen Mächte im weitesten Sinne des aa wieder auch im wirtschaftlichen Leben den Ginfluß gewinnen der ihnen ebührt. Ih {ließe mit dem Wunsch: mögen alle bür erlich arteten dazu beitragen, daß wir uns auf diesem Boden ¡usammenfi d t Abg. Sachse (Soz.): Der Vorredner hat den englishen G d rh schaften ein Loblied gesungen ; diese aber kämpfen viel \{ärfer 8 bie deuishen, sie haben Streiks durhgeführt, die jahrelang gedaue f i e und kommen immer mehr zu der Ueberzeugung, da sie si g n Klassenstandpunkt stellen müssen, wenn sie die Arbeiter förd n ln: Auch wenn wir die englischen Gewerk schaftsbestrebun-en Vätten m ete man der Jugend genau dasfelbe sagen und S i n es x vor Augen stellen, Wenn die Arbeitgeber etwas menschli hr Elen o würden solche Kämpfe gar nit notwendig sein. D her nten usführungen hier im Hause die Arbeitgeber nit 0h nah solchen zumal keine geseßlihen Méknahmen in Aussicht eft f nlenken E der Hand. Daß fremde Arbeiter unter Ver gestellt sind, liegt au nit gehalten werden, massenhaft namentlich PEOUddeT die nate werden, ist die Regel. Wir haben erst in 9 nah dem Westen gelot| Stettiner Arbeitslose nah Oberschlesien h neuesten Zeit erlebt, daß \{önsten Versprehungen und unter Qu de, Yleppt wurden unter den 5 16, daß sie dann aber für 3,50 ba erung eines Tagelohnes von und Schlafräume hinein mußten 1 en in die elenden Kosthäuiee Gendarmerie aus den ZeWhenhäusern hi als. sie aufmudckten, E haben die Unternehmer vielfa di narsgelrieben wad blfahrts- einrihtungen autgenußt! Wir baben i, enannten Wo) holt Klage R gab die Gelsenkirdhenc ten Jahre" Hergwerks- aften den Arbeitern verbiet g ins Haus lassen, da en, eine Verbandszeitung® Brtrit zu 4 Sechenhäg nbtrfigern d Arbeterzeitungen 2 Pensionskassen, wie z. B. di ehren. e t dis Arbeiter vollstä S IE: Krupp\ce, sind dazu benußt, um E a R E zu machen. Sehen wir nicht an e nah 20 Jahren abkeh ensionskasse selbst, daß Arbeiter, wenn i Kasse verlustig gingen grober abgekehrt werden, ihrer Rechte an die ole Einri D Wenn die Arbeiter darauf hingewiesen werden, einfahe Konstati Ungen nur zur Versklabung führen, so ist das eine zugeben, daß, w erung der Tatsachen, Der Staatssekretär wird selbst An at Spreu Arbeiter einer solchen Fabrik wie Krupp nah dret, fie ihre Beiträ en abkehren, sie “dies nicht ohne Grund tun, nachdem ge zur Pensions und Unterslühßungskasse gezahlt haben.

(S{luß- in der Zweiten Beilage.)

Der Verband der bayerischen

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Au darin

en vor allem -