1878 / 14 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Jan 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Wenn Ti, gden Herren, diese Begebenheiten mit den bekannten Vorgängen in Marpingen zu einem Gesammtbilde zusammenfassen, so werden Sie, wie es mir \{heint, die Behauptuug als eine un- widerlegliche anerkennen müssen, daß es sich in Marpingen, auch s{hon vom 3. bis zum 12. Juli um Vorgänge handelte, welhe die Staats- regierung nit als gleihgültige ansehen durfte, ohne ihre Pflicht auf das Aeußerste zu verleßen. Sie durfte dies nicht, weil es si hier- bei, wie bereits erwähnt, um den ersten Ausbruch von Erregungen des Volkagemüths handelte, welche bei ihrer epidemishen Natur von großen ten für die geistige Gesundheit des Volkes be-

[leitet sind; siè durfte es aber auch nicht, weil diese Vorgänge, wenn

e sich selbst überlassen blieben, nothwendig zu -noch größeren Stö- rungen der öffentlihen Ordnung und Uebertretungen der Geseßze, folgeweise zu noch härteren Bestrafungen führen mußten.

Dieser leßtere Gesichtspunkt ist es im Wesentlichen, von welhem aus die Staatsregierung den drei formulirten Anträgen als unge- rechtfertigten entgegentritt, ihnen Folge zu geben ablehnt, und das bobe R bittet, die gleihe Stellung einzunehmen. :

as erstens die Erstattung der von der (Bemeinde Marpingen erhobenen Kosten der Militärerekution, sowie der Verstärkung der Gensd'armerie betrifft, so erahtet die Regierung beide Maßregeln für nothwendig und geseßlich. E

Unzweifelhaft erscheint es, daß, wenn in Folge der sogenannten Erscteinungen die Anziehungskraft der Quelle äußerte si erst in einem späteren Stadium fsich Tausende von Menschen aus der Nähe und Ferne in den erregtesten Stimmungen bei Tag und bei Nacht, Männer, Frauen, Kinder bis zu 8000 auf freiem Felde und im Walde zusammenfanden, dies Zustände sind, welche si selbst nicht übeclafsen werden durften, Denn mindestens und ganz abgesehen davon, daß die Zusammenkünfte außerhalb öffentlicher Wege, unter Beschädigung von Wald und Feld stattfanden, waren doch unter allen Umi.änden die geseßlichen Vorschriften über Pan nit beachtet, und es war [ergeweise nit zu dulden, daß solche Versamm- Iungen ohne obrigkeitlihe Erlaubniß, entgegen den §8. 9 und 17 des Vereinsgeseßes, stattfanden. Aber auch im Einzelnen wurde sa{lich korrekt verfahren. i

Der in St. Wendel wohnende Bürgermeister Woyti erfuhr von den seit dem 3. Zuli v. J. täglih zahlreiher werdenden Versamm- lungen am 12. Juli 1876 das erste Wort, und sandte einen Gensd’armen an Ort und Stelle zur Konstatirung des Thatbestandes. Auf dessen Meldung begab er sich am anderen Morgen mit dem Vertreter des Landraths des Kreises, dem Kreissekretär Besser und den drei in St. Wendel stationirten Gensd’armen nach Marpingen. In den Motiren wird ihm daher zu Unrecht der Vorwurf gemacht, daß er an Ort und Stelle keine Information eingezogen habe. Die Darstellung in den Motiven verschweigt, daß der Kreissekretär Besser in Vertretung des Land- raths mit drei Gensd’armen erschien, der nah Tausenden zäh- Tenden Menge Ruhe gcbot und die Aufforderung zur Räumung des He unter Verlesung des §. 116 des Strafgeseßbuches dreimal ergehen ließ, demnächst abèr, da die Menge eus ufforderung pas- siven Widerstand entgegenseßte, den erfolglosen Versuh machte, die Gensd’armen auf die Versammelten eindringen zu lassen. Indem der Kreis\sekretär Besser mit Recht annahm, as er mit den ihm zu Gebote stehenden Exekutivkräften dem Geseße Achtung zu verschaffen niht im Stande sei, requirirte er E Hülfe. Dieje Maß- Fe aut ebenso geseßlich zulässig, als durch die Umstände gerecht- ertigt.

Die Vorgänge beim Anrücken des Militärs am 13. Juli 1876 Abends bilden zum Theil den Gegenstand der bei dem Landgerichte in Saarbrücken eingeleiteten Untersuhung, und der Thatbestand wird daher durch den Richter festgestellt werden. Allerdings ift das herhei- gerufene Militär auf einem kürzeren Wege als der Landstraße dur den Wald nach der sogehannten Erscheinungsftelle geführt worden. Die Ls angeblich verursachten Beschädigungen können nicht be- deutend gewesen sein, wenigstens ist eine Beschwerde dieserhalben nicht er- boben worden. Der in den Motiven gegen das Militärkommando erbobene Norwurf, - daß dasselbe die versammelte Menge, ohne vorgängige Aufforderung zur Entfernung, nur nachdem dec Hauptmann einer unverftändlihen Trommelwirbel hätte \{lagen lassen, mit ge- älltem Bajonett auseinander gesprengt hätte, ist unbegründet.

bgesehen davon, daß nach Aussage von Zeugen der kom- mandirende Offizier die Menge durch Zuruf zur Entfernung aufgefordert hat, ist durch §. 4 der Verordnung vom 17. August

1835 und durch den in diesem Paragraphen in Bezug ge- nommenen §. 8 der Verordnung “vom 30. Dezember 1798 vor- eshrieben: „Sollte der versammelte Volkshaufen so zahlrei lein, daß der Zuruf niht auf eine vernehmliche Art geschehen könnte, o foll durch Trommelshlag oder Trompetenschall das Zeichen zur Entfernung gegeben werden,“ Dieses geseßlih vorgeschriebene Zeichen hat der befehlende Offizier gegeben und erst dann die Widerspenstigen auseinander treiben lassen, wobei aus der Menge Drohungen und Beleidigungen auf das Militär ausgestoßen worden sind, und ein Geistlicher der Menge zugerufen haben foll : „Weichet nicht Euren Leiv den, die Mutter Gottes wird Euch schüßen“, oder nach;einer anderen Aus- sage: „Betet! Die Mutter Gottes wird Euch helfen!“ Wenn das Militär die Versammelten niht in den Wald hineindrängte, sondern na der Ortschaft, so war dies (und es wird dies gerade als Kessel- treiben bezeichnet) eine Maßrezel größerer Milde. An dem Abend dieses Tages gegen 9 Uhr wurde eine bei der fogen. Gnadenquelle im Hâärtelwalde ausgestellte Feldwacht von einer mit Knütteln be- waffneten Rotte Männer bedroht und beschimpft. Nach dem Abzuge des Militärs war zur Verstärkung der Polizeikräfte in Marpingen ein entschiedenes Bedürfniß vorhanden, theils wegen der fortwährenden Versuche, sich im Härtelwalde zu ver- sammeln, theils zum Schuße des Waldes, theils zur Ueber- wachung des sehr große Dimensionen annehmenden Fremden- verfehrs und zur Aufrehthaltung der bedrohten öffentlichen Drd- nung. Auf die Gensöd’armen, welhe den Härtelwald bewachten, ist mit Steinen geworfen und mit Revolvern geschossen worden. zon allen Seiten ströômten Wallfahrer zu Tausenden nach Mar-

pingen, Gastwirthschaften wurden ohne Konzession, der Handel

mit Kannen zur Füllung des Gnadenroassers, mit Medaillen und

Gnadenbildern in großartiger Weise betrieben. Die Gemeindeverwal-

tung in Marpingen hat ihrerseits niht das Geringste dafür gethan,

die Polizeibehörde zu unterstüßen. Es hat in der Gemeinde Mar- pingen an allen Mitteln und Einrichtungen zur Durchführung der getroffenen polizeilichen Anordnung :n dfehii: die von der Gemeinde aufgestellten Wachen haben sih als gänzlich ungeeignet erwiesen.

Hiernach war es gerechtfertigt, daß die Regierung zu Trier die durch die außerordentlihen Umstände unabweisbar gebotenen, außerordent- lich: Cinrichtungen azordnete und die hierdurch entstehenden Kosten auf Grund der S8. 3 und 4 des Geseßes über die Polizeiverwaltung vom 11, März 1850 der Gemeinde Marpingen auferlegte.

__ Hinsichtlih des zweiten Wunsches, die Polizeiverordnung des Bürgermeisters Woytt vom 8. März 1877, durch welche der Zutritt zu dem der Gemeinde Marpingen gehörenden Härtelwalde unter- laat wird, außer Kraft zu ei bemerke ich, daß ein Antrag auf

ufhebung dieser Verordnung seither in die Ministerial-Instanz nicht gelangt ift. Demselben kann aber auch nicht Fe gegeben werden, weil le Verordnung von unbestreitbarer Geseßlichkeit ist und si als durhaus éveiniäkig bewährt hat.

Indem die Polizeiverordnung vom 8. März 1877 „das Betreten des Härtclwaldes jedem nicht der Gemeinde Marpingen Ange- hörigen untersagt und nur solchen Gemeindegliedern, welche durch die Lage ihrer anstoßenden Grundstücke ein Interesse habea, den Wald zu passiren, gegen einen vom Bürgermeister ausgestellten Er- Iaubnißschein gestattet“, verfolgt dieselbe den Zweck, die Personen, welche ih früher dort versammelten, des Nachts im Walde unzählige Lichie anzündeten und die Gensd’armen verhöhnten, aus der \og. Gnadenquelle Wasser {öpften und dea Wald durchEntrinden der Bäume, Entnahme von Erde, Zertreten der Pflanzen beschädigten, vom Walde ‘abzuhalten und die gänzlihe Devastation des Waldes zu verhüten. Die Seseßlichkeit diejer Polizciverordnung is von den Gerichten

dur vielfahe Terurtheilungen wegen Uebertretungen anerkannt worden. Wenn auch heute bei den großen Einnahmen, welche den Gémeindemitgliedern in Marpingen erwachsen sind, auf die Konser- virung dieses wichtigen Gemeinde - Vermögensobjektes nit der cnt- sprechende Werth ge egt wird, so werden doch auch wieder magere Jahre kommen und, wie ich höre, follen sie niht allzufern fein. Dann wird man es denjenigen Dank wissen, die den Wald vor gänzlicher Devastation behütet haben. Auch übrigens hat die Maz- regel sich bewährt. Die Erscheizungen im Walde, das Wassershöpfen S log. Gnadenquelle und die Devastation des Waldes haben aufgehört. : :

Drittens richtet si der Antrag Bachem dahin, daß gegen die betheiligten Beamten, insbesondere gegen den Bürgermeister Woytt, wegen des von ihnen beobachteten geseß» resp. ordnung8widrigen Ver- fahrens eingeschritten werde. /

Daß, soweit es sich um Anordnungen der leitenden Behörden handelt, objektive Ungeseßlichkeiten vorgekommen seien, hat kaum be- hauptet, ges{chweige denn nachgewiesen werden können, das etwa in ner Beziehung Erforderliche habe ih bereits auszuführen mir ge- tattet.

Von den in den Motiven dem militärishen Erekutionskom-

1 mando zur Last gelegten Handlungen wird der größere Theil bei Ge-

legenheit der {chwebenden Untersuhungen zur Sprache kommen, im Uebrigen wäre es Sache der Betheiligten gewesen, \. Z. Beschwerde bei den vorgeseßten Militärbehörden gegen die Einzelnen zu führen. Damals wäre es mögli gewesen, den Grund oder Ungrund dieser Beschwerden, welche die einzelnen Militärpersonen treffen, festzu- stellen. Daß die heute niht mehr ausführbar iit, liegt auf der Hand.

Was endlih den Bürgermeister Woytt anlangt, so sind sachlih die von ihm getroffenen Maßregeln als durchaus gerechtfertigt zu er- achten. Wenn er gefehlt hat, so geshah dies in Handlungen von nebensächlicher Bedeutung, welhe ih bedauere, welhe aber für die Hauptsahe ohne alles Gewiht bleiben. Wenn es rihtig ift, was ich einräume, daß er wegen thätlihen Ver- greifens an der Katharina Fuchs zu einer Geldstrafe von 50 M. verurtheilt worden ist, so hat er mit dieser Strafe die ihm zur Last gelegte Handlung gesühnt. Und wenn derselbe ferner, wie sich aus den Verhandlungen in der Untersuchungssache widér den Prinzen Radziwill ergiebt, ungehörige Aeußerungen gethan hat, so ist ihm dieserhalb bereits Seitens der ihm VorteleRien Be- hörde bie entspreheode Zurechtweisung geworden. Weiteres gegen den Bürgermeister Woytt zu veranlassen, würde die Staatsregierung um fo weniger für gere{tfertigt erachten können, als Woytt, abge- sehen von jenen zu mißbilligenden Handlungen, ih als ein pflicht- treuer und energisher Beamter bewährt hat. Von irgend welchem Ana sind aber diese ganz nebensächlihen Umstände in keiner

elte.

In der Hauptsache kann ich mi dahin resumiren: die gestellten Anträge sind dur die Vorschriften der Geseße nicht gerechtfertigt und die gegen die Staatsregierung erhobenen Vorwürfe sind durch die Thatsachen nicht begründet. Im Gegentheil, diese Thatsachen können bei unbefangener Prüfung keinen Zweifel darüber lassen, daß die Staatsregierung, um'größeres Unheil zu verhüten, verpflihtet war, dem Treiben und den sich daran knüpfenden Zuständen in und bei Marpingen mit aller Energie und unter Anwendung der von ihr gebrauchten ge- seßlihen. Mittel entgegenzutreten. Andere als geseßliche und noth- wendige Mittel sind niht angewendet worden, und ihre Durchführung ist von gutem Erfolge begleitet gewesen. Jn diesem Sinne erbitte ih das Votum des hohen Hauses.

Hierauf wies der Abg. Sello darauf hin, daß der Bürgermeister Woytt {hon einmal in seiner früheren Stel- lung gezwungen gewesên wäre, Verhaftungen mit einer unge- nügenden Polizeimacht unter einer religiös exaltirten katho- lishen Bevölkerung vorzunehmen. Damals sei er von der aufgeregten Menae gezwungen worden, seinen Weg nah St. Wendel resp. Dad Saarbrücken mit den Gefangenen durch drei katholische Dörfer zu nehmen. Er sei mit Steinwürfen ver- folgt worden, und nur mit Waffengewalt habe seine Person damals geschüßt werden können. r habe also aus Erfahrung gewußt, was er von einer so exaltirten Menge zu erwarten hatte, und hieraus erklärten sich seine energishen Maßregeln. Der Redner gab sodann, da er Referent der korrektionellen Appellklammex in Saarbrücken in der Marpinger Angelegenheit gewesen sei, eine detaillirte aktenmäßige Darstellung des Sachverhalts, wodurch der Be- richi des Abg. Bachem in wesentlichen Punkten richtig gestellt wurde. Es ging daraus hervor, daß die militärische Exekution nicht plöglich eintrat, sondern daß in den Zwischen- tagen zwischen dem dritten, dem Beginne der Erscheinungen, und dem elften Juli, dem Tage der militärischen Exekution, mehrere Maßnahmen des Bürgermeisters liegen, . die, weil der Auflauf noch niht so große Dimensionen angenommen hatte, nicht so energish waren. Es ging ferner daraus hervor, daß dic dritte Aufforderung zum Auseinandergehen von der ruhigen Menge wohl verstanden, und daß darauf mit böhnisGen Rufen aus der Menge geantwortet worden sei. Die Unter- suchung dieser Angelegenheit Pen sih so lange hingezogen, weil einestheils mit so vielen Personen über fo verschiedene Dinge zu verhandeln gewesen und weil anderntheils die Klar: legung eines planmäßigen Aufruhrs und die Ermittelung der Anstifter zu erzielen gewesen sei. Der Redner bezeugte. ferner als beisißender Appellrihter in dem Prozesse gegen den Bürgermeister Woytt wegen Mißhandlung der Frau Fuchs, daß der Bürgermeister zu seinem Verhalten durch das frehe Betragen der Fuchs arg provozirt worden sei und daß die Verurtheilung des Woytt nur erfolgt sei, weil das Gericht fast zu starr den Grundsaß festgehalten habe, der Beamte ibi lich nie und unter keinen Umständen zu einer ungeseßmäßigen tx b hinreißen lassen. Hätte man das nach der Verurtheilung stattgehabte frehe Verhalten dex Fuchs vor Gericht gekannt, dann wäre die Verurtheilung wohl chwerlich erfolgt. Er (Redner) protestire jedenfalls gegen die Jnsinuation, als ob das Gericht durh die Annahme mildern- der Umstände nicht seine Pflicht gethan habe. Schließlich er- wähnte der Redner, daß viele Einwohner Marpingens und unter ihnen namhafte Katholiken den Bürzermeister Woytt ihrer Achtung versichert hätten. Er bat um Ablehnung der Anträge.

Der Abg. Kaufmann fkritisirte das Verhalten des Polizei- beamten von Meerscheidt-Hüllessem und beklagte sih über das Verhalten der Gensd’'armen gegen die Leute, welche den Här- telwald bei Marpingen betreten hatten. Der Abg. Frhr. von Schorlemer-Alsst beantragte, den Antrag der um sieben Mit- glieder verstärkten Gemeindekommission zur Prüfung und ¡Be- rihterstattung zu überweisen.

___ Der Abg. Lipke bemerkte hierauf, die Ausführungen des Vorredners häfkten wenig oder gar nihts mit dem Antrage zu thun. Es handele sich im Grunde nur darum, ob die Staatsbehörden genügende Veranlassung gehabt hätten, anzu- nehmen, daß ein Vergehen vorliege, und ob fie die geseßlichen Maßregeln zur Verhütung desselben ergriffen haben. Durch die Erklärungen des Minist:ers sei das Letztere zur Genüge erwiefen worden. Wenn sich der Polizeibeamte im vorliegenden Falle ungescickt benommen habe, 0 hätte man fih über ihn beschweren fönnen. Was den Umstand detreffe, ob ein Vergehen vorliege, so gehöre er keineswegs zu Denen,

| die Berichterstattung fh, soweit dies zweckdienlih er

die Alle, welche Wundererscheinungen gesehen haben wollten, für Betrüger hielten. Aber gerade der Wunderglaube werde vielfach zu Betrügereien ausgebeutet. Denn wenn an einem Orte Wunder geschähen, so würden sie ihm nicht blos eine Quelle himmlisher Wohlthaten, sondern auch eine Quelle materiellen Vortheils. Vor den Muttergottesersheinungen wäre Lourdes eine arme unbedeutende Stadt gewesen, nach denselben ist sie reih geworden. Die Ereignisse in Lourdes glichen denen in Marpingen. Nur hätten sih die drei Kinder in Marpingen nit blos begnügt, die Jungfrau gesehen zu haben; auch der Teufel sollte ihnen erschienen sein. Vor dem Untersuhungs- richter hätten nun die Kinder auf die Frage, wie der Teufel eigentlih ausgesehen, geantwortet: Schwarz und weiß. Die Behörden wären gewiß berechtigt, dieser Sache näher zu treten; auch in Lourdes sei das zur Zeit ges{hehen. Man müsse abwarten, was die Untersuhung über diese Angelegen- heit ergeben werde, und er halte es für unstatthaft, vor dem Ende der Untersuhung diese Thatsachen einer Kommission zur Prüfung zu überweisen.

Als Antragsteller erhielt sodann nach Schluß der Dis-

kussion das Wort der Abg. Windthorst (Meppen), welcher darzuthun suchte, daß die größten Philosophen derartige Geisterersheinungen für möglih gehalten hätten. Ob sie vor- gekommen, wisse er nicht; er habe auch, ehe eine Entscheidung der kompetenten kirchlihen Behörde erfolgt sei, keine Veran- lassung, darüber nahzudenken. Eine Prüfung der Marpinger Erscheinungen sei wegen der Sedisvakanz in Trier unmöglich gewesen. Redner unterzog sodann die mehrerwähnten Maß- regeln der Behörden einer scharfen Kritik.

__ Der Antrag des Abg. Frhrn. von Schorlemer-Alst ebenso wie der Antrag des Abg. Bachem in seinen einzelnen Punkten. wurde abgelehnt. Schluß 5 Uhr.

Die Bewilligung von Allerhöchsten Gnaden- Len zu Kirchenbauten aus allgemeinen taatsfonds ist, nah einem Reskripte des Ministers der geistlichen 2c. Angelegenheiten vom 21. Dezember v. F., wenn die ern auch einzelnen Kirchen zu Gute kommen, doh feine Angelegenheit der evangelischen Landeskirche, vielmehr eine reine Staatssache. Dur das Geseh vom 21. Juni v. F.

oder dur die Allerhöchste FOLUng vom 5. September v. sei in den Ressortverhältnissen bezüglih dieses Gegenstandes eine Aenderung nicht eingetreten. Dagegen sei es selbst= verständlih, daß Anträge an die Centralinstanz nicht zu bringen sind, bevor niht auch das Konsistorium, als die firhenregimentlihe Aufsichtsbehörde gehört sei. Auch bleibe es der Regierung unbenommen, bei den TaerliS dbl für einen

könne, der Mitwirkung des Konsistoriums zu bedienen.

Bei dem Minister des Jnnern hatte ein Negierungs- Präsident beantragt, eine Polizeiverordnung der Regierung aufzuheben, welche die Ortspolizeibehörden anweist, sich der Ertheilung genereller Dispense. von der Polizeistunde zu enthalten.

Der Minister des Jnnern hat diesem Antrage nicht statt- gegeben. Zu einer derartigen Anweisung sei die Regierun ohne Zweifel befugt, und fei ihr eine folhe Befugniß auc) dur die neuere Geseßgebung (vergl. §. 39 des Zuständig- feitsgeseßes vom 26. Juli 1876) nit entzogen worden. Die betheiligten Gast- und Schankwirthe würden durch die ge- dachte Verfügung nicht unmittelbar betroffen. Gegen die, den erbetenen Dispens versagende Verfügung der Ortspolizei- behörde blieben den betreffenden Gast- und Schankwirthen die dur das Geseß normirten Rechtsmittel vielmehr offen, möge die Ortspolizeibehörde die Versagung nah eigenem Ermessen oder auf Grund der von der höheren Behörde ertheilten Anweisung ausgesprochen haben. Als eine orts- bezw. bezirts- po!izeilihe Verordnung im Sinne des Geseßes vom 11. März 1850 bezw. §8. 84 der Provinzial-Ordnung sei die lediglih an die nachgeordneten Polizeibehörden sich wendende Verfügung nicht zu betrachten.

Der Kaiserliche Botschafter Fürst von H ohenlohe ist nach Paris zurückgekehrt und hat die Leitung der dortigen Botschaft wieder übernommen.

S. M. Glattdecks-Korvette „Medusa“, 9 Geschüße, Komdt. Korv. Kapt. Hollmann, hat am 9. Dezember 1877 Para verlassen, ankerte am 19. dess. Mts. auf der Rhede von Bridgetown (Barbadoes), ging am 22. Nachmittags in See, erreihte am 23. Morgens Kingstown-Rhede (St. Vincent) und beabsichtigte am 3. d. Mts. die Reise nah St. Thomas fortzusegzen. |

S. M. Kanonenboot „Nautilus“, 4 Geschüße, Komdt. Korv. Kapt. Valois, ist, von Nagasaki kommend, am 11. De- zember 1877 Morgens in Hongkong eingetroffen.

Bayern. München, 14. Januar. Wegen Ablebens des Königs Victor Emanuel von Ftalien wird der Königliche H o f morgen auf drei Wochen Trauer anlegen.

15. Januar. Jn der heutigen Sißung des Finanz- aus\chusses der Kammer der Abgeordneten, in welcher mit dec Berathung des Etats des Kultus-Ministeriums begonnen wurde, erfolgte, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, die Mittheilung, daß der Abgeordnete Schels aus dem Auss{chuß und ebenso aus dem Klub der u tramontanen Kamu'erfraktion ausgetreten ist. Das Befinden des Staatsraths von Daxen- berger ist, nah dem heutigen Bulletin, ein hoffnungsloses. Aus Passau und einigen andern, bei der vielfah hon be- \sprochenen, projektirten „Waldbahn“ betheiligten Orten Niederbayerns ist eine aus 12 Personen bestehende De- putation hier eingetroffen, die im JFnteresse dieser Bahn heute mit den Staats-Ministern von Pfrebschhner und von Riedel tonferirte und auch dem Präsidenten der Abge- ordnetenkammer ihre Aufwartung machte. Das Referat des Abg. Crämer über den Eisenbahn-Geseßentwurf ist bereits an die Mitglieder des betreffenden besonderen Kammerausschusscs vertheilt worden und kann demnach in diesem in kürzester Zeit zur Berathung gelangen.

Sachsen. Dresden , 11. Januar. (Allg. Ztg.) Jn ihrer Verhandlung über das ordentlihe Ausgabebudget des Departements des Jnnern bewilligte die Zweite Kammer ohne Debatte 83720 4 für die gene Akademie der bildenden Künste, 60 000 4/6 für den Kunjstfonds, 1600 4 für das Rietschel-Museum und 2000 4 für das hiesige Kon- jervatorium der Musik. Eine Unterstüßung von 3000 M für das von Dr. Emil Peschel gegründete Koernecr-Museum wurde, auch na der warmen Befürwortung Seitens des Ministers von Nostiß-Wallwit, nur transitorisch bewilligt. Bei der die ordent- lichen Einnahmen und Ausgaben für die Landes-Heil-, Straf- und Versorgungsanstalten betreffenden Position kam zunächst die

Rede auf den zwischen der fächsishen und der schwarzburg-

rudolstädtischen Regierung abgeschlossenen Vertrag, nah welchem Schwarzburg-Rudolstädter, die zu ciner Strafhaft von mehr als ‘4 Monaten verurtheilt sind, gegen Entschädigung ihre Strafe in sähsishen Anstalten absizen können. Da dieser Vertrag ohne Genehmigung des Landtags zum Abschluß ge- langt ist, beschloß die Kammer, daß derartige Staatsverträge fünstighin den Ständen zur Genehmigung vorgelegt werden sollen, was auch der Minister bereitwilligst zusagte. Weiter lenkte der Abg. Ackermann die Aufmerksamkeit auf das Ueber- handnehmen des Vagabundenthums und ersuchte die Re- gierung, beim Bundesrath Schritte zur Beschränkung dieses Uebelstandes zu thun, und auch dur die Landesgeseßgebung oder auf dem Verordnungswege der Kalamität entgegenzuar- beiten. Der Abg. Roth gab den Wunsch zu erkennen, daß die Regierung der Kammer die Mittel an die Hand geben möge, um den Einfluß der Gefängnißarbeit auf die freie Arbeit be- urtheilen zu können, da viele unrichtige Ansichten in dieser Beziehung verbreitet seien. Endlich vertheidigte der Abg. Freytag die Sozialdemokratie gegen den Vorwurf, das Ver- brecherthum zu fördern, und erörterte ausführlih die Ur- sachen, aus denen, nah seiner Ansicht, die Zunahme der Ver- brechen zu erklären sei. Der Regierungs-Kommissar, Geh. Rath von Zahn, trat mehreren Behauptungen Freytags ent- gegen. Jnsbesondere bemerkte er, daß mit den Kinderbesse- rungsanstalten gute Erfolge erzielt worden seien: nur 7 Proz. der darin untergebrachten seien ganz verloren gewesen ein Verhältniß, das vollständig den in den berühmten belgischen Anstalten gewonnenen Ergebnissen entspreche.

_ Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. Januar. Die Mi- nister Tisza und Szell sind heute hier angekommen. Nach der „Pest. Korr.“ beabsichtigen die Minister in Wien zu bleiben, bis bezüglih aller Ausgleihs-Angelegenheiten eine vollständige Vereinbarung getroffen ist. Die Konferenzen mit der österreichishen Regierung beginnen morgen. Nach einer Meldung aus derselben Quelle wird das Rothbuch erst nach Wiederaufnahme der Verhandlungen der Delegationen zur Vertheilung gelangen.

Pest, 15. Januar. Der Finanzaus\chuß des Ab- geordnetenhauses diskutirte gestern über den Bericht zum Staatsvoranschlage. Der Präsident des Aus\c; usses betonte die Nothwendigkeit, Ersparungen anzustreben, damit endlih das permanente Defizit beseitigt werde. Der Finanz- Minister Szell erwiderte, jeder Minister strebe nah Möglich keit Ersparungen an, und die konstante s des Defizits beweise, daß diese Bemühungen nicht ohne Erfolg seien. Für das nächste Fahr seien neuerdings Eèsparungen im Betrage von 24 Mill. Gulden zu gewärtigen; außerdem würden die Einnahmen durch die Finanzzölle, die erhöhte Spiritussteuer und die Abänderung der Verzehrungssteuerrückvergütung eine Steigerung E Von dem veranschlagten Defizit von

-

18 Millionen entfalle die Hälfte auf Amortisationen, das wirk- -

liche Defizit E demnach blos 9 Millionen. Der Aus- {uß beschloß auf Antrag des Abg. Wahrmann im Berichte auszusprechen, daß er erst nah Lösung der s{webenden Aus- gleihsfragen in der Lage sein werde, die Mittel zur Besei- tigung der finanziellen Schäden vorzuschlagen.

Schweiz. Bern, 14. Januar. (N. Zürch. Ztg.) Der Bundesrath hat den s\{chweizerishen Gesandten in Wien, Herr von T\chudi, zum Abschluß eines Handels- vertrages mit Rumänien ermähtigt und ihm die be- treffenden Jnstruktionen ertheilt. Bekanntlich war mit diesem Staate bisher nur unterm 28. Dezember 1876 eine Erklärung vereinbart worden, wonach die beiden Staaten bis zum Ab- {luß eines Handelsverirages sich gegenseitig auf dem Fuß der meist begünstigten Nation gewisse Begünstigungen zwischen Oesterreih und Rumänien ausgenommen zu behandeln hatten. Der Staatsrath von Tessin hat dem Ge- meinderath von Lugano, wenn die Kosten der leßtjährigen militärishen Ofkkupation niht innerhalb fünf Tagen e werden, die Wiederholung dieser Maßregel an- gedroht.

Hrosbritennten uud Frland. London, 16. Januar. (W. T. B.) Dem he.ite stattgehabten Kabinetsrathe wohn- ten sämmtlihe Minister, mit Ausnahme Lord Derby's, bei. Lord Derby hütet noch das Zimmer, und ist es daher zweifelhaft, ob er morgen der Parlamentseröffnung beiwoh- nen wird.

_— Den neuesten, im „Reutershen Bureau“ eingetroffenen Berichten aus der Kapstadt (datirt vom 26. Dezember) zu- folge, hat si der Aspekt des Kaffern krieges friedlicher gestaltet. Botman, der erste Rathgeber Kreli's, hat sich dem Obersten Eustace ergeben, und Kreli selber bemüht sich, einen Vergleich mit den britischen Behörden zu s{ließen, die indeß darauf bestehen, daß er sih bedingungslos ergebe. Chiva, ein untergeordneter Häuptling, ist mit 200 Anhängern nah dem Gaica-Lande e tkommen.

Frankreich. Paris, 15. Januar. Das „Journal offi- ciel“ veröffentlicht den amtlidsen Ausweis über das Erträg- niß der direkten und indirekten Steuern im Jahre 1877. Die ersteren, für elf Monate in cinem Gesammtbetrage von 646 741 900 Fres., sind niht nur-pünktlich eingegangen, son- dern durch Vorauszahlungen noch um 30 458 400 Frcs. über- stiegen worden. Die Steuer von 3 Proz. auf das Einkommen der beweglichen Werthe, die auf 35 676 000 Fres. veranschlagt war, hat nur 34 142 000 Fres. ergeben. as Resultat der indirekten Steuern is hinter jenem des Jahres 18?6 (was offenbar mit der politishen Krise zusammenhängt) um 9 460 400 Fres. zurückgeblieben, hat aber immer noch die Voranschläge um 39 987 000 Frcs. überstiegen, wobei noch in Betracht zu ziehen is, daß das Jahr 1876 cin Schaltjahr ge- wesen war, und daß der seitdem abgeschaffte halbe Zehnte auf Salz in jenem Fahre 7 028 000 Frecs. abgeworfen hatte. Das Gesammterträgniß der indirekten Steuern belief sih im Jahre 1877 auf 2 088 381 600 Frcs. Noch immer im Fortschritte begriffen waren Entégiftrenteut, Stempel, Kolonial- und fremder Zucker, Verzehrungssteuer auf Salz, Schiffs- und andere Zölle, Dabak, Steuer auf Papier, Oele, Essig, Dynamit, ordinäre Eisenbahnfrahten und endlih das Biiekportó: die Ausfälle betrafen dagegen : den Fabrikationszoll für einheimi- schen Zucker, verschiedene Grenzzölle, die Steuer auf den Personenverkehr der Eisenbahnen, Pulver, Seife u. a.

_ Versailles, 16. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung der Budgetkommission erklärte der Finan z- Minister Léon Say auf eine an ihn gerichtete Anfrage in Bezug auf die Konvertirung der Rente, daß man, welche Meinung man auch von dieser Maßregel hegen möge, bei der gezenwärtigen Lage Europas nicht an eine solche denken dürfe.

Um eine Reform von einer solchen Bedeutung dur{hführen zu können, müßten die Bedingungen für den Frieven nah Außen durchaus gesichert sein.

Italien. Rom, 16. Januar. (W. T. B.) Der König und die Königin empfingen heute den Earl of Roden, welcher dem Schmerze der Königin Victoria über den Tod des Königs Victor Emanuel und ihren freundschaftlichen Gefühlen für König Humbert und dessen Gemahlin Ausdruck ab. Später empfingen der König und die Königin auch den bgesandten des Königs von Belgien, Baron Beyens. Der Erzbischof von Genua hat einen Hirtenbrief erlassen, in welchem er Messen und Requiems für den König Victor Emanuel anordnet und zugleich die S auffordert, dem Könige Humbert treue Unterthanen u sein. / (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Senats hiel- ten Präsident Tecchio und der Minister-Präsident Depretis Ansprachen, in welcher sie ihrer lebhaftenTrau er über das große Unglück, welches Jtalien durch den Tod des Königs Victor Emanuel betroffen hat, Ausdruck gaben. Depretis betonte, daß der einzige Trost für Jtalien in der Fortseßung der weijen Politik Victor Emanuels zu finden sei, und theilte s{ließlich mit, daß König Humbert die Mini- ster in ihren Stellungea bestätigt habe. Sodann vertagte sih der Senat bis zum 1. Februar. Der Deputirten- kammer wurde durch einSchreiben des Ministers der Auswärti- gen Angelegenheiten eine Adresse des ungarischen Unt er- hauses mitgetheilt, in welcher dasselbe sein Beileid anläßlich des Todes des Königs Victor Emanuel ausspricht. Der Vize-Präsident Desanctis übernahm es darauf, der ungarischen Volksvertretung den Dank des Hauses zu über- mitteln. Der Minister-Präsident Depretis theilte auch diesem Hause mit, daß der König Humbert das Ministeri::m bestätigt habe, sowie daß Se. Majestät am Sonnabend den Eid leisten werde. Depretis widmete darauf dem Könige. Victor Emanuel einen warmen Nachruf. Nachdem Desanctis seinem Schmerze über den Tod des Königs Victor Emanuel Ausdruck gegeben hatte, vertagte sih die Kammer als ein Zeichen der Trauer

bis zum Februar.

Der „Allg. Ztg.“ wird aus Rom unter dem 12. d. M. geschrieben: Jn den meisten größeren Städten Ftaliens sind Subskriptionen für ein dem König Victor Emanuel in Rom zu errichtendes großartiges Denkmal eröffnet worden. Es zeihneten zu diesem Zweck die hiesige Gemeindevertretung 100 000 Lire und jene von Venedig 20 000 Lire. Andere Monumente zum Gedächtniß an den ersten König von Jtalien werden, soweit {hon heute telegra- phische Mittheilung vorliegt, in Mailand (auf dem Domplage, welchem Zweck der Gemeinderath 100 000 Lire widmet), Neapel (auf dem Plebiscitplaße), Palermo (wo die Provinzial- deputation 30 000 Lire dafür zeichnete), Catania, Livorno, Rovigo, Verona u. st. w. gescßt werden.

Griechenland. B 16. Januar. (W. T. B.) L hat ein längerer inisterrath stattgefunden; die Nationalgarde ist zu den Fahnen einberufen worden.

Außland und Polen. St. Petersburg, 16. Fan:iar. (W. T. B.) Heute Vormittag um 11 Uhr fand in der- ka-

tholischen St. Katharinenkirche eine große Leichenfeier für

den König Victor Emanuel statt, der die Prinzessin Eugenie und die Herzöge von Leuchtenberg, sowie die Mi- nister, die Großwürdenträger des Reiches, die Hoschargen und das gesammte diplomatishe Corps beiwohnten. Der Kaiser hatte sich durch den Prinzen Suvaroff und den Baron Adler- berg, Beide Ritter des Annunciaten-Ordens, vertreten lassen. Das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten war durch den Baron Jomini und den Geheimen Rath Giers vertreten. Der Metropolitan, Erzbischof Fialkowsky, hielt den Gottes- dienst ab, Ftalienishe Sänger trugen das Verdi'sche Requiem vor. Die ganze Kirche war schwarz ausgeschlagen und mit dem Wappen des Haufes Savoyen geshmüdckt; der italienische Botschafter Nigra und die Sekretäre der Botschaft machten die Honneurs bei der Ceremonie.

Amerika. Washington, 14. Januar. (Reuters Bureau.) Der Gouverneur von Texas hat an den Präsidenten Hayes ein Schreiben gerichtet, worin er die Ausschreitungen an der mexikanischen Grenze rekapitulirt O ; A Texas bedürfe Schuß, aber keinen Krieg mit

exifo.

16. Januar. (W. T. B.) Der Schaßtsekretär Sherman hat die Finanzkommission benach: rihtigt, daß die Regierung den Vertrag mit dem Syndikat für die 4prozentige Anleihe axfgehoben und veshlosen habe, die Anleihe allgemein und dem Publikum zugänglich zu placiren. Zugleih hat Sherian einen darauf bezüglichen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Senat von Louisiana hat ein Vertrauens§votum für den Präsi- denten Hayes angenommen.

17. Januar. (W. T. B.) Nach einem Erlaß des Schaßsekretärs Sherman wird die Subskription auf die 4 prozentige Nationalanleihe am 26. d. M. eröffnet.

Der russisch-türkische Krieg. St. Petersburg, 16. Januar. (W. T. B.) Es

liegt bis jeßt noch nichts vor, als das türkishe Ersuchen um Waffenstillstandsverhandlungen; über die türkischen Sentiments selbst ist noch nichts bekannt. Die Fnstruftionen werden in unseren Hauptquartieren eingetroffen sein. Das türkische Ersuchen ist eine begreiflihe Folge der leßten Nieder- lagen. Selbstverständlih ist man nah den großen Opfern, die, unsere brave Armee gebracht hat, derselben shuldig, die Resultate ihrer Hingebung sicher zu stellen und nit eher auf einen Wasffenstiustand O geen, bis unser hartnäckiger Gegner alle erforderlihen militärishen Garantien gegeben hat und Sicherheit dafür erlangt ist, daß unser Erfolg durch den Waffenstillstand nicht gefährdei werden kann. Jm Publi- kum herrscht hierüber nur eine Stimme. Die Türkei wird es offen aufzugeben haben, in den Kreis ihrer Berehnung zu ziehen, daß ihr von England, aus, wo die Narlamentderdi: nung bevorsteht, eine Unterstüßung werden könne.

(W. T. B.) „Agence Russe“ meldet: Der Sul- tan hat direkte Mittheilung von der Entsendung von Server und Namyk Pascha in das russische L DiE gemacht. Dié Agence bemerkt hierüber, diese friedlihen Dis- positionen seien mit der Versicherung entgegengenomnen wor: den, daß cine Suspension der Feindseligkeiten erfolgen werde, sobald die durch die Oberkommandirenden mitzutheilenden Präliminarien angenommen sein würden. :

16. Januar.. (W. T. B.) Die „Agence générale Russe“ bringt einen Artikel über die augenblickliche Lage vom Gesichtspunkte der Thatsachen, des Rechtes und der Jnteressen aus. Die Agence erinnert an den Ursprung des Krieges, den Rußland gegen seinen Willen in Folge der hartnäckigen Weigerungen -der Türkei, den Rathschlägen und Beschlüssen der auf der Konferenz vereinigten Mä@hte Folge zu geben, begonnen habe. Die Mächte hätten die Türkei auf die Folgen ihrer Hartnäcigkeit aufmerksam ge- macht und sie ihrem Schicksal überlassen. Von diesem Augen- blie an sei für die Mächte nur ihr eigenes Interesse in Frage gekommen. Rußland hätte demnach beim Beginn des Krieges drei Janteressen im Auge behalten müssen: Das Jn- teresse der Humanität und das Rußlands, welches die erste Ursache des Krieges war, das Juteresse der angrenzenden Staaten und das der anderen Mächte, vorzüglih Englands, welches in löbliher und von Rußland freundschaftlih aufge- nommener Absicht gleich anfangs diejenigen seiner Fnteressen bezeichnet hätte, welche eventuell durch den Krieg t pi: wer- den könnten. Rußland habe diese Jnteressen zu respektiren versprochen und habe sie respektirt. Fn der That bliebe der Weg nach Jndien, der Suezkanal und Egypten, heute wie vordem die aus\chließlihe Domäne Englands, welche nicht im Entferntesten von Rußland bedroht sei. Bezüglich Kon- ftantinopels fei Rußland, heute wie zuvor, der Ansicht, daß

diese Frage Europa vorbehalten bleiben müsse, und daß -

Konstantinopel unter keinen Umständen einer der großen Mächte gehören dürfe. Die Jnteressen der angrenzenden Staaten habe Rußland gleihfalls im Kriege respektirt und werde sie ebenso im Frieden vertheidigen, wie au Oesterreich, das am unmittelbarsten interessi:t sei, den dringendsten An- reizungen von nnen, wie von Außen widerstanden habe. Die russishen Juteressen seien von Anfang an zusammenhängend mit der humanitären und bulgarischen Frage gewesen. Legitimirt durch die europäische Konferenz fei die Vertretung dieser Rußland überlassen geblieben, weil Rußland allein aus Gründen der Stammesgenossen- schaft und der Religion sich entschlossen habe, sein. Blut und sein Geld hierfür zu opfern. Sodann handle es si um die Kriegs:ntschädigung, die jedem siegreichen Kriegfüh- renden für die gebrahten Opfer gebühre. Ein Frieden, welcher diese B gegen eine wiederholte Nöthigung zum Kriege sicherstellt, müsse von Rußland als der fkrieg- führenden Macht, entsprechend dem Völkerreht, dem Gebrau und der Billigkeit, direkt geschlossen werden Bei diesem direkten Abschlusse habe Rußland üie JFnteressen der angren- zenden Staaten und die der anderen Mächte zu wahren, in- sonders die Englands, welches hauptsählih vabei interessirt sei, daß keine Veränderung des Standes der Dinge im Orient seinem Wege nah Jndien und seinem Einflusse im Orient Eintrag thue. Eine zu Stande gekommene Präliminar-Kon- vention würde Gegenstand cines Kongresses werden können, um alsdann in die internationalen Verträge überzugehen.

17. Januar. (W. T. B.) Jn dem öereits gestern ge- meldeten Artikel der „Agence générale Russe“ über die augenblicklihe Lage heißt es am Schlusse: Einen Frieden, welcher die Jnteressen Rußlands gegen eine Erneue- rung des Krieges {üßt, muß Rußland, wie dies dem Völker- rechte, dem Herkommen und der Billigkeit entspricht, direkt schließen unter Wahrung der Jnteressen der angrenzenden Staaten und der Jnteressen der übrigen Mächte, insbesondere derjenigen Englands, welches hauptsählich dabei interessirt sei, daß kcine Veränderung des Standes der Dinge im Orient seinem Wege nah Fndien oder seinem Einflusse im Orient Eintrag thue. Obwohl die Pforte s aus freien Stücken aus dem Konzert der europäishen Mächte zurückgezogen hat, und obwohl ke die übernommenen Verpflichtungen nicht erx- füllt hat, für welhck ihr gewisse Vortheile gewährt wurden, so werde doch eine zu Stande gekommene Präliminar-Kon- vention Gegenstand eines Monar werden und alsdann definitiv in die internationalen Verträge übergehen können. Da diese Frage so einfacher Art sei, so würde ein Mißverständniß derselben nur aus Mißtrauen oder überreizter Eigenlicbe her- vorgehen können. Jedes Mißtrauen könne beseitigt werden, wenn die darüber gegebenen Erklärungen eben so offen acceptirt werden, als sie loyal ertheilt sind.

Konstantinopel, 16. Januar. (W. T. B.) Lord Derby hat dem englischen Botschaster Layard die Antwort der Königin Victoria an den Sultan auf dessen Schreiben übersandt. Jn derselben wird den Sympathien der Königin für die Pforte Ausdruck gegeben und zugleich

erklärt, daß die Königin den Rathschlägen ihres Kabinets

folgen werde.

16. Janugr. (W. T. B) Die tküUrtifhen J0ltks nale haben die Anweisung erhalten, in Bezug auf Rußland eine gemäßigtere Sprache zu führen. Das Fournal_ „Wahr- heit“ wurde unterdrückt, weil es einen gegen den Kaiser von Rußland gerichteten Arukel veröffentliht hatte. Anläßlih der in Burgas stattgehabten Unruhen is das hiesige englische Stations\chiff heute nah Burgas abgegangen, um sich der dortigen Konsular-Agentur zur Verfügung zu stellen. Ebenso haben sich mehrere andere Daner von fer nah Burgas begeben, um die dortige Bevölkerung aufzunehmen und wegzuführen. Die türki- shen Unterhändler, Serwer und Namyk Pascha, sind heute in Adrianopel eingetroffen, werden von da bis Karxa- bunar noh die Eisenbahn benußen und sodann die Reise zu Wagen nach Kasanlyk fortseßcn, wo dieselben am Sonnabend oder Sonntag eintreffen dürften. Dem gegenüber geht hier indeß auch das Gerücht, daß die türkishen Bevollmächtigten in Adrianopel die Aeußerungen im engli)hen Parlament ab- warten wollten, bevor sie ihre Reise weiter fortseßen. Der englische Botschafter Layard hat mit Serwer und Namyk Pascha vor deren Abreise eine längère Unterredung gehabt.

17. Januar. (W. T-: B.) Die „Agence Havas“ meldet: Desterreich hat gleih England der P orte erklärt, daß es darauf halte, daß de: Friede nicht außerhalb seiner Betheiligung als Pariser Vercragsmacht abgeschlossen werde.

London, 16. Januar. (W. T. B.) Heute Abend hat in Exeter Hall cin großes Arbeitermeetiing unter dem Vorsitz: von Mundella stattgefunden, in welhem gegen jede Theilnahme Englands an dem Kriege Protest er- hoben wurde. Mundella \prach sehr encrgisch zu Gunsten des Friedens, indem- er die jüngsten Erklärungen Lord Car- narvons billigte und hervorhob, das größte Jateresse Englands sei die Aufrechterhaltung des Friedens. England habe der russischen Regierung seine Interessen bezeichnet, und leßtere habe erklärt, daß fie dieselben respektiren werde. Wenn die rusf.jhe Regierung wagen follte, sie zu verleßen, jo würde England stark genug und bereit sein, sie zu vertheidigen. Mundella

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