1878 / 35 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Feb 1878 18:00:01 GMT) scan diff

__ Abschiedsbewilligungen. ImaktivenHeere. Berlin, 2. Februar. v. Krenski, Gen. Mosde und Commdr. der E. Feld- Art. Brig. mit Pens., v. Kornatz ki, Oberst von der Armee, in Ser iquna seines Abschiedsgesues, mit Penf. und der Unif. des Inf. Regts. Nr. 25, zur Disp. gestellt. v. Hackewiß, Rittmeister a. D., zuleßt von der Kav. des 1, Bats. Landw. Regts. Nr. 2, der bedingte Anspruch auf Civilanstellung verliehen. 5. Februar. Nöldeke, außeretatsm. Sec. Lt. vom Feld-Art. Regt. Nr. 2, mit Pens. nebst Aussiht auf Anstellung im Zivildienst der Abschied be-

willigt.

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 9. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König ließen Sich gestern im Laufe des Tages von dem Minister des Königlichen Hauses, Freiherrn von Sg(leiniß, und dem Polizei-Präsidenten von Madai Vor- trag halten.

__ Heute nahmen Se. Majestät militärishe Meldungen , so- wie die Vorträge der Chefs des Militär- und des Civilkabinets und des Staats-Ministers von Bülow entgegen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag militärische Meldungen entgegen.

__ Gegen Mittag statteten die Höchsten Herrschaften mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Charlotte der Prinzessin Elisabeth, Königliche Hoheit, einen Gratulations- besuch zum Geburtstage ab.

Nachmittags gegen 2 Uhr begab Sich Se. Kaiserliche und Se, Bogen der Kronprinz zum Jagddiner nah Schloß

runewald.

Gestern wurdc eine Königliche Parforcejagd im Grunewald abgehalten. Mit derselben war die fünzig- jährige Jubelfeier der Parforcejagden verbunden.

___ Jm Laufe des Vormittags hatte sich im Palais Sr. Kö- niglichen Hoheit des Prinzen Carl das Jagdcomité versammelt, um dem Prinzen, Höchstwelcher seit fünfzig Jahren an der Spie des Parforcejagd-Vereins steht, seine Glück- wünsche darzubringen und einen prachtvollen silbernen Humpen zu überreichen.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl begab Sich als- dann zur Jagd, nah deren Beendigung im Jagds{loß Grune- wald ein Diner stattfand, zu welhem auch Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz eingetroffen war.

Den Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König brachte der Major von Gräveniß vom 1. Garde- B Een aus, der das Schwein ausgehoben

atte. Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz trank auf das Wohl des hohen Jubilars, Höchstwelcher in be- wegten Worten dankte und wünschte, daß das edle Vergnügen der Parforcejagd zur Belebung des Reitergeistes noch lange blühen möchte.

Nach Aufhebung der Tafel kehrte die hohe Gesellschaft nach Berlin zurück.

Der Bundesrath trat. heute zu einer Sißung zu- sammen. :

Aus Vdessa wird amtlich gemeldet, daß die Russische Dampsfschiffahrts- und Handelsgesellshaft, welche seit dem rühjahr vorigen Jahres ihxe Fahrten auf dem Schwarzen eere eingestellt hatte, diese wenigstens zum Theil wieder aufgenommen hat. Die wieder eröffneten Linien sind die Lokallinie nah Sewastopol und die Krim-Kaukasische Linie, deren Dampfer die Pläße Eupatoria, Sewastopol, Jalta, Theodosia, Kertsch, Novorossiesk, Sukhum und Poti anlaufen.

Jm weiteren Verlaufe ter gestrigen (63.) Sipung des Hauses der Abgeordneten beschäftigte sich das Haus mit der Berathung von Petitionen:

Der Kreisphysikus , tp e Dr. Wiener zu Kulm, petitionirt um Reorganisation des Medizinalwesens und Be- willigung von ausreichendem Gehalt 2c. an die Kreisphysiker.

Die Bu“ getkommission beantragte dur ihren Referenten Abg. Dr. Virchow, daß das Haus die Erwartung ausspreche, die Regierung werde baldig¡t einen Geseßentwurf über die mehrmals in nahe Aussicht gestellte Reorganisation des Medi- zinalwesens vorlegen, und über die Petition zur Tagesord- nung Legen

Der Regierungs-Kommissar Geheime Regierungs - Rath Bosse erklärte, daß die Regierung mit dieser Reform beschäf- tigt sei und daß es derselben hoffentlih gelingen werde, den geforderten Geseßentwurf bald vorzulegen.

Der Kommissionsantrag wurde angenommen.

Auf mehrere Petitionen, betreffend die Aufhebung der Brückenzölle bei Torgau und Wittenberg über die Elbe, bean- tragte die Kommission, die Regierung aufzufordern, bei Vor- legung des nächsten Etats auf Beseitigung der fiskalischen Brüdkenzölle, erforderlichen Falls im Wege der Geseßgebung Bedacht zu nehmen.

Das Haus genehmigte diesen Antrag.

Bei der Petition der Amtsvertreter Namens der Amts-- versammlung des Amts Stolzenau, den neuen Fährgeldtarif für die fiskalische E zu Stolzenau betreffend, hatte die Budgetkommission en Antrag gestellt, die Petition der König- lichen Staatsregierung zu nohmaliger Prüfung des Tarifs Le Anhörung der Amtsversammlung zu Stolzenau zu über- weisen.

Der Antrag der Kommission wurde angenommen.

__ Der Schiedsmann und Redacteur Liepmannssöhn hatte eine Petition dahin eingereiht , den Mister in geeigneter Weise zu veranlassen, auf eine Beshwerde des Pe- tenten über das Kammergericht materiell zu entscheiden. Der Petent hatte sih beschwert, daß er vom Kammergericht in ver- E Weise behandelt und von seinem Amte enseßt-wor-

en sei.

Die Justizkommission beantragte, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen. Nach kurzer Debatte wurde die- ser Antrag angenommen.

Eine Anzahl es welche den Elbumfluth-Kanal und das Preziener Wehr betreffen, sollten nah dem Antrage der Agrarkommission zum Theil durch Uebergang zur Tages- ordnung erledigt, zum andern Theil der Regierung als Ma- terial für ihre Erwägungen überwiesen werden.

eine erneute umfassende Prüfung, Beth Vollendung des gesammten Regu D Werles und Feststellung einer ander- weiten, den durch dasselbe herbeigeführten thatsählihen Ver- ältnissen entsprechenden Vertheilung der Lasten zwischen dem taate und den FJnteressenten unter eventueller Abänderung des Statuts vom 24. Juli 1868, soweit solche nothwendig er- scheint, zu überweisen. Hierzu beantragte der Abg. Frhr. von BUTeman , den Petenten die Kosten des Pretiener Wehrs zu erseßen. Nach einer kurzen Bemerkung des Regierungs-Kommissars wurde der Antrag Bonin-Heereman angenommen. Es folgte der Bericht der Agrarkommission über die Petition von Protokollführern der Spezialkommission für Aus- einanderseßzungssachen zu Mühlhausen in Thüringen um Er- wirkung der NVéisionsberechtigung. Der Berichterstatter Abg. Dr. Dammann beantragte im Namen der Kommission, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß sie den bei den Spezialkommissionen beschäf- tigten, vorzüglih bewährten Protokollführern gemäß den Re- solutionen des Hauses vom 2. März 1874 und vom 2. März 1877 eine angemessene Pensionsberehtigung in ähnlicher Weise, wie es früher bezüglih der Kommissarien und Feldmesser ge- schehen, beilege oder in anderer Weise dafür Sorge trage, daß denselben von dem Zeitpunkt ihrer Dienstunfähigkeit ab eine entsprehende Unterstühung zu Theil werde. Der Antrag wurde angenommen. Die Petition des Vorstandes der Gemeinde Rhumspringe,

werks Weinhagen an die Gemeinde Rhumspringe, wurde der Regierung zur Erwägung überwiesen.

Die Petition der Lippmühlenbesißer Brülle und Genossen zu Lippstadt, enthaltend Beschwerden über Entziehung des thren Mühlen nöthigen Wassers, beantragte der Bericht- erstatter Abg. Vogelèy im Namen der Agrarkommission, der Regierung mit der Aufforderung zu überweisen, zu veran- lassen, daß wenigstens vorab und bis zu einer anderweiten Regulirung s\chleunigst durch die Meliorationssozietät der Boer Haide die Wiedereröffnung des Rückleitungskanals,. sowie das Nüleiten des Wassers in die Lippe oberhalb der Stadt Lippstadt wieder hergestellt und erhalten werde.

Der Antrag wurde angenommen.

Die Petition des Kirchenvorstehers Winkelmann zu Münster, Amts Soltau, Provinz Hannover, hat das Beitrags- verhältniß zu den Lasten der betreffenden Gemeinden und Kirchen- und Schulverbände zum Gegenstande und führt aus, daß der Fiskus an seinem Grundbesiße in den Bezirken dieser Gemeinden und Verbände in ungenügender Weise zu den Lasten beitrage, beziehungsweise davon sih ganz losmache und daß die Beitragspflichtigen in Folge dessen in ungerechtfertigter Weise prägravirt würden.

Das Haus ging über die Petition in der Erwägung, daß die Frage, ob in den Kirchen- und Schulgemeinden, denen die Petenten angehören, der Fiskus zu den Kirchen- und Scul- lasten als dinglichen beizutragen Mde: im Rechtswege zu ent- scheiden sei, und ferner, daß gegenwärtig dem Landtage der Monarchie der Entwurf zu einem Kommunalbesteuerungs-

eseße zur verfassungsmäßigen Zustimmung von der König- ichen Staatsregierung vorgelegt sei, in welchem die Beitrags- leistung des Fiskus zu den Gemeindelasten geregelt werden werde, zur Tagesordnung über.

Der Vorstand des ‘Büxgervereins der Stadt Loiß in Neu- vorpómmern mwendet-s{h a das Haus der Abgeordneten mit der Bitte, bei der Staatsregierung dahin zu wirken, daß in den Städten von Neuvorpommern und Nügen, mit Ausnahme von Stralsund und Greifswald, die bestehenden veralteten Stadtrezesse durch die Städteordnung für die Provinz Schleswig- Holstein vom 17. März 1875 erseßt werden mögen.

Die Petition wurde der Staatsregierung als Nachweis d e einer Revision der Städteverfassungen über- wiesen.

Der Magistrat von Berlin hat seit dem Jahre 1869 den norddeutschen Bundesfiskus, später den deutshen Reichsfiskus von dessen im Stadtbezirke belegenen Grundstücken mit zu der Gemeindeeinkommensteuer veranlagt. Er hält si dazu beréh- tigt durch die Bestimmungen des §. 4 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 und des §. 1 des bestätigten Regulativs, be- treffend die r A einer Gemeindeeinkommensteuer in der Stadt Berlin, nah welchen physisBe wie juristishe Personen, welche, au ohne in dem Stadtbezirk zu wohnen, darin Grund- besiß haben oder ein stehendes Gewerbe betreiben, zu den auf den Grundbesiß ode: das Gewerbe und auf das aus jenen Ouellen fließende Einkommen gelcgten Lasten und Abgaben beizutragen verpflichtet sind.

Das Reich erkennt diese Berechtigung nicht an. Einen Exekutionsversuch hat der Minister des Jnnern inhibirt. Der Magistrat bittet, seinen Ansprüchen Anerkennung zu verschaffen. Die Kommission beantragte, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Der Regierungs-Kommissar, Geheime Regierungs-Nath Herrfurth, wies darauf hin, daß die preußishe Regierung an ihren im Kommunalsteuergeseß zum Ausdruck gebrachten Prin- zipien über die Besteuerung der Forensen festhalte, daß man es aber bei dem Reiche, welches die aus Landesgeseßen her- geleiteten Ansprüche dex Kommunalbehörden nicht anerkenne, mit einer vis major zu thun habe, gegen welche man eine Exekution niczt zulassen könne.

Nachdem der Abg. Þr. Meyer (Breslau) und der Refe- rent Abg. Götting den Kommissionsantrag empfohlen hatten, trat das Haus diesem Antrage bei. Schluß der Sißzung 4 Uhr.

Jn der heutigen (64.) Sißung des Hauses ck er Abgeordneten , welcher der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohnten, erledigte das Haus ohne Debatte in dritter Berathung den Gesezent- wurf, betr. die Aus dehnung verschiedener preußischer Gesetze auf den Kreis Herzogthum Lauenburg.

S e alsdann die dritte Berathung des Entwurfs eines Ausführungsgeseßes zum deutschen Gerichts- verfassungsges eve. Eine Generaldebatte fand nicht statt. Es lagen nur zwei Anträge vor; der erste zu 8. 20 von dem Abg. Dr. Horwitß, welcher lautet :

__ „Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Die ersten beid:n N des §./ 20 in folgender Fassung anzunehmen: Die Sige und Bezirke der Amtsgerichte werden dur den Justiz-Ministèr bestimmt. Dieselben können vom 1. Oktober 1881 ab nur dur Gefeß verändert werden.“

Dez (r Apel Dr. Leonhardt erklärte, daß er weder den Beschlüssen zweiter Lesung, noch dem Antrage Horwißz voll und ganz beistimmen könne. Er müsse die Verantwortung, welche aus der Ablehnung der Regierungsvorlage resultire,

___ Der Abg. von Bonin beantragte, diese nien Po- fitionen der Regierung zur Erwägung und als Material für

betreffend Veräußerung oder Verpahtung des Domänenvor-*

Außerdem sprachen hierzu die Abgg. Dr. Lasker, Schütt von Köller und Berger. Der Abg. Löwenstein beantragte, in dem Antrage Horwiß statt der Worte „dur den Justiz: Minister“ zu seßen: „durch Königliche Verordnung“, damit das Staats-Ministerium entscheidend mitwirke.

Mit diesem Verbesserungsantrage erklärte sich der Justiz- Minister Dr. Leonhardt gern einverstanden.

Der Antrag Horwiß mit dem Unterantrag Löwenstein, welcher eventualiter angenommen war, wurde abgelehnt, und der §. 20 nah den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt.

Der zweite der gestellten Anträge bezog sich auf den früheren §. 42,- der in der zweiten Lesung mit Stimmen- gleihheit abgelehnt war. Die Abgg. Kre, Thilo, Dr. Hor- wiß und Köhler (Göttingen) beantragten die Wiederherstellung in [Ender Fassung:

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

1) Hinter § 48 folgenden neuen Paragraphen einzuschalten: Das Ober-Landesgericht in Berlin is aus\{ließlich zuständig für die Verhandlung und Entscheidung: 1) über die nit zur Zuständigkeit des Reichs8gerichts gehörenden Revisionen gegen Urtheile der Straf- kammern in erster Instanz; 2) über die Revisionen gegen Urtheile der. Strafkammern in der Berufungsinstanz und über alle Be- schwerden gegen Entscheidungen der Strafkammern, sofern eine nah allgemeinen Landesgeseßen strafbare Handlung den Gegenstand der Untersuhuag bildet. In den unter Nr. 2 bezeichneten Beschwerde- sachen findet bei Zweifeln über die Zuständigkeit der 8. 388 der Deutschen Strafprozeßordnung entsprebende Anwendung. dh 2 s S. 49 hinter den Worten „Berlin ift“ einzuschalten das

ort „ferner“,

Der Abg. Löwenstein erklärte sih für Aufrechterhaltung des Paragraphen, worin ihm der Justi::Minister Dr. Leon- hardt beitrat, der ebenso die Nothwendigkeit der Wahrung der Rechtseinheit in Landesstrafsachen für Preußen hervorhob wie die Unmöglichkeit, mit dieser Aufgabe das Reichsgericht zu betrauen. (Schluß des Blattes.)

/ Nah der vom Reichseisenbahn-Amt aufgestellten, in der Ersten Beilage veröffentlihten Nachweisung über im Monat Dezember v. Js. beförderte Züge und deren Verspätungen wurden . auf 57 größeren Eisen- bahnen Deutschlands (exkl. Bayerns), mit einer Ge- sammtlänge von 25 924,75 km, an fahrplanmäßigen Een befördert : 11 862 Courier- und Schnellzüge, 77 760 Personen- züge, 37400 gemischte und 68464 Güterzüge; an außer- fahrplanmäßigen Zügen : 1001 Courier-- Personen- und gemischte, und 24994 Güter- resp. Arbeitszüge. Jm Ganzen wurden 588 187 887 Achskilometer bewegt, von denen 166 667 551 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 127 022 fahrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Perso- nen- und gemischten Zügen im Ganzen 1789 oder 1,41 pCt., (gegen 2,38 pCt. in demselben Monat des Vorjahres, resp. 0,72 pCt. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wur- den jedoch 863 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß 926 Verspätungen oder 0,73 pCt. (gegen 0,45 pCt. im Vormonat) der boiörderian Züge entstanden. Jn demselben Monat des Vorjahres at auf 55 Eisenbahnen 1670 Züge, oder 1,37 pCt. der beförderten Züge, sona 0,64 pCt. mehr. Jn Folge der Verspätungen wurden 308 Anschlüsse versäumt (gegen 517 in demselben Monat des Vorjahres, resp. 132 im Bormonat).

Jn den deutschen Münzstätten sind bis zum 2, Februar 1878 geprägt worden, an Goldmünzen: 1 165 337 820 # Doppelkronen, 365 299 450 #6 Kronen, 26 666 810 M halbe Kronen; hiervon auf Privatrechnung: 239 062-020 4; an Silbermünzen : 71 653 095 4/6 5-Markstüe, 97 810 892 6 2-Markstüccke, 146 426 666 #6 1-Markstüe, 71 486 552 A b0-Pfennigstüde, 35717922 M 80 20-Pfennigstücke. Gesammtausprägung an Goldmünzen: 1557 304 080 M6; an Silbermünzen : 423 095 127 M 80 „9.

__— Die vierzehntägige Frist für die Stempelung einer stempelpflichtigen Urkunde beginnt, nah einem Er- kenntniß des Ober-Tribunals, Senats für Strafsachen, vom 16. Januar d. Js., mit dem Tage ihrer Vollziehung durch Namensunterschrift resp. Namensunterschriften. Die be- wußte oder irrthümliche Vor- oder Nachdatirung einer Urkunde wirkt auf den Fristenlauf nit ein.

Bayern. München, 7. Februar. Der König hat den Landtag bis zum 16. Februar einschließlich verlän- gere In der heutigen Sißung der Abgeordneten- ammer wurden die lezten Postulate d-s Kultusetats erledigt: für Unterstüßung von protestantischen Geistlichen der Pfalz, dann für die Generalsynode, wobei der Abg. Beh über die Nothwendigkeit von Reformen in den Verhältnissen der protestantischen Kirche sprach; endlich der Etat des israeli- tischen Kultus. Die übrigen Ausgaben für kirhlihe Zwede wurden sämmtlih nah den Ausschußanträgen genehmigt. Bei der Berathung des Etats der Staats\chuld motivirte der Referent, Abg. Frankenburger, eingehend die bereits mitgetheilten Ausshußanträge, welhe nach einer sehr kurzen Erörterung zur Annahme gelangten. Jm weiteren Verlaufe der Sißung wurde der Etat der Straßen;-, Brücken- und Wasserbauten theilweise erledigt. Die Interpellation, welhe der Abg. Freytag bezüglich des dem Bundesrath vorliegenden Geseßentwurfs über die Stell- vertretung des Reichskanzlers an die Königliche Staatsregierung einreihte, wurde in der ultramontanen Kammerfraktion berathen und festgestellt, und zwar, wie die „Alla. Ztg.“ hört, auf Anregung des Abg. Jörg. Der Interpellant wünscht Aufs{hlüsse über die Stellung der bayeri- schen Staatsregierung zu dem genannten Geseßesvorschlage. 9. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer verlas in Abwesenheit des Abg. Prenas der Abg. Kapp die bereits anzekündigte Fnterpel- ation über die Stellung Bayerns zu dem dem Bundes- rathe vorliegenden Geseßéntwurfe, betreffend die Stellvéer- tretung des Reichskanzlers. Der Minister von Luß erwi- derte darauf, das Ministerium sei der Ansicht, daß über das Ziel und ten Zweck des in Rede stehenden Geseßentwurfes nur durch die Theilnahme eines seiner Mitglieder an den Sizungen des Bundesrathes ein Urtheil gewonnen werden könne. Der Minister von Mreßschner N ih deshalb nat Berlin begeben. Die Regierung sei also niht in der Lage, die erwünschte Auskunft zu ertheilen.

Sachsen. Dresden, 8. Februar. Die Erste Kam- mér bewilligte heute, in Uebereinstimmung mit dem Beschlusse der Zweiten Kammer, zur Erbauung eines Staats-Gym- nasiums in Leipzig die bei Pos. 7 des außerordentlichen

dem Hause überlassen.

Budgets geforderte Summe von 463 000 M Berechnungsgeld. Die Zweite Karimer bewilligte heute die Position für

rtführung und Vollendung der bei Uebernahme der Leipzig- Fe bener Eisenbahn im Gange befindlihen Bauten 2c, che von 9 034 860 6 mit Zustimmung der Staatsregierung n der Deputation auf 8 549 860 # abgemindert worden

e Die Abgg. Oehmichen und Klopfer be-

in dieser Höhe. Crworteten im Interesse der Arbeiterbevölkerung der betref- ; enden Gegend die baldige Jnangriffnahme des Baues der Linie Riesa-Lommaßsch-Nossen.

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 7. Februar. (Mgdb. Ztg.) Dem Landtage is auch ein zwischen dies- eitigen und sachsen-meiningenshen Kommissarien vereinbarter

ertrag über Grenzregulirung und Ablösung von Grundstückten, die zu den Orten Kranichfeld und Stedten ge- hören, vorgelegt worden. Diese Fluren haben gemischte

oheitsverhältnisse zwischen Sachsen-Weimar und Sawsen- Reiningen, die hon zu mehïfachen Differenzen geführt haben. Der Vertrag ist am 9. Oktover v. F. in Eisenach vereinbart und demselben zufolge die Leitung des Separationsverfahrens der Königlich preußischen General-Kommission in Merseburg ibertragen worden.

Schweiz. Bern, 7. Februar. (N. Zürch. Ztg.) Der Ständerath hat sich bei der Weiterberathung der Erspar- nisse im Militärwesen für die Beibehaltung der mili- tärwissenschaftlicen Kurse am Polytehnikum ausgesprochen.

(Sroßbritannten und Jrland. London, 7. Februar. (E. C.) Jm Unterhause gelangte gestern das Buttsche Pachtgeseß für JFrland zur Berathung, dessen zweite sung in Abwesenheit Mr. Butts durch Mac Downing be- antragt wurde. Zweck der Maßregel, führte derselbe aus, sei, die Gladstone’sche Reformgeseßgebung zu verbessern. Seit Erlaß jener Maßregel hätten sih die ungerehtfertigten Austreibungen der Pächter um 30 Proz. vcrmehrt. Gegnerischerseits wurde eltend gemacht, daß die Maßregel die Landbesiße: jeglichen Rechtes erauben würde, bis auf das, das Pachtgeld, das von jemand Anderem festgeseßt würde, wenn sie es kriegen könnten, einzu- nehmen. Auch der Sollicitor-General {loß sich dem Wider- stande an, da das Geseß durh Umwandelungen zeitiger Pach- tungen in dauernde (Erb-) Pachtungen in das Eigenthums- recht auf das Gewaltsamste A Er bestritt au, daß die Beziehungen zwischen den Landbesißern und Pächtern in JZrland unbefriedigend seien. Das Geseß wurde hierauf mit 986 gegen 86 Stimmen abgelehnt. Sir F. Eardley Vilmot erhielt demnächst die Erlaubniß, ein Geseß, betreffend die An- stellung eines öffentlihen Anklägers, einzubringen. (S. die weiteren Parlamentsverhandlungen unter „russisch- türkischer Krieg“. : :

8. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißzung des Unterhauses erwiderte der Unterstaats-Sekretär Bourke dem Abg. O'Clery, er habe keinen Grund anzunehmen, daß die Unverleßlichkeit des Vatikans und die freie Ausübung der Rechte des Kardinal-Kollegiums während des Kon- kÉlaves irgendw.e gefährdet sein würde.

(A. A. C.) Aus Calcutta wird unterm 5. d. M. telegraphisch berichtet: Die Deputation von 50 D\showakis, welche jüngst in das englische Lager kam, um Friedensanträge zu machen, hat das Hauptquartier verlassen, da sie die eng- lischen Friedensbedingungen für unannehmbar erachtete.

Frankreich. Paris, 7. Februar. (Fr. C.) Der den Regierungskreisen nahe stehende „Temps“ kann versichern, daß die Minister sih von der entschieden verfassungstreuen Haltung des Marschalls Mac Mahon sehr befriedigt er- klären. Was den Senat betrifft, so will die Majorität dieser Versammlung, demselben Blatte zufolge, gegen die Dringlichkeit der A mnestievorlage, welhe heute an sie gelangen wird, nihts einwenden, jedoh wie die Rehte der Deputirtenkammer, darauf bestehen, daß die Amnestie au auf die vor dem 16. Mai und nah dem 13. Dezember begangenen politishen und Preßvergehen ausgedehnt werde; gegen die Vorlagen, betreffend den Belagerungszustand und den fliegenden Buch- handel, gedenkt die Rechte des Senats ebenfalls keinen Ein-

spruch zu erheben. i

Versailles, 8. Februar. (W. T. B.) Die Depu- tirtenkammer genehmigte heute den Geseßentwurf, welcher bezweckt, zu verhindern, daß der Belagerungs- zustand ohne Genehmigung der Kammer verhängt werden kann, sowie den Gesezentwurf, betreffend die Freiheit des Colportageverkaufs der Zeitungen. Auf den Antrag Kerjegu's von der Rechten beschloß die Kammer, an dem Tage, wo in Paris die Trauerfeierlichkeit für den Pap stattfindet, keine Sißung abzuhalten. Die Linke enthielt sih bei diesem Antrage der Abstimmung.

Italien. Rom, 8. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Der Busammentritt des Konklave erfolgt in der, im dritten Stockwerk des Vatikans gelegenen, sogenannten Gallerie der geographischen Karten ; die Abstimmung wird wahrscheinlih im Konsistorialsaal vorgenommen werden. Der Papst hat Fn- struktionen hinterlassen, die heute praesente cadavere im Beisein der Kardinäle eröffnet werden sollen. Der Marschall des Konklave, Chigi, hat seine Funktionen bereits angetreten. Die französischen Kardinäle werden morgen, die österreichi- shen und spanishen am Sonntag und Montag erwartet. Nach einer Mittheilung des Kardinalvikars erfolgt die Leichen- feier in der Peterskirche. i i

(W. T. B.) Abends. Sämmtliche hier anwesende Kardinäle, mit Ausnahme der erkrankten Kardinäle Amat und Panebianco, find zu einer vorbereitenden Kon- gregarton wegen der Leichenfeier zusammengetreten.

(ah den neun Tage dauernden Exequien (Novendialen) er- folgt der Zusammentritt des Konklave. Der Leichnam wird drei Tage lang in der Sixtinischen Kapelle ausgestellt und sodann nach der Peterskirche übergeführt, wo er ebenfalls drei Tage hindurch ausgestellt werden wird.

9. Februar. (W. T. B.) Der Herzog von Aosta hat das Kommando über das römische Armee-Corps übernommen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 8. Februar. (W. T. B.) Der Großfürst-Thronfolger wird in den nächsten Tagen hier erwartet. Der italienische Botschafter in Berlin, Graf Launay, hielt heute seine feierliche Auf- fahrt bei Hofe, um dem Kaiser die Thronbesteigung des Königs Humbert anzuzeigen.

Türkei. Konstantinopel, 30. Januar. Man schreibt der „Pol. Korr.“:

fann, tragen in den Straßen Stambuls und Galatas ihre Leiden, ihre

| Pferde beraubt hatten. l | Pferde um den Spottpreis von 69 bis 70 Piaster kaufen.

Entbehrungen, ihr entseßlihes Elend zur Schau. Die wilden, räuberiscen Circassier komm-n gleichfalls von allen Seiten herbei und s{leppen ihre Beute mit. Mehr.re unter ihnen wurden von den Flücbtlingeu als Diejenigen erkannt, welche sie ihrer Werthsachen, ihres Viehes und ihre Dieser Tage konnt: man in Stambul In: den Straßen, auf den Bazars werden die andcren Beutestücke verschleu- dert, und zwar Leinwand ans Bulgarien, Teppiche, Frauenshmudck- sachen und Kirchengeräthschaften aller Art. Die ganze Stadt gleicht einem ungeheuren Bazar oder etner Karavanserei, wimmelnd non einer ganzen wandernden Bevölkerung, die nah einer neuen Hei- math zieht. Es is zwar der Befehl gegeben worden, die Circassier zu entwaffnen, indeß wurde derselbe nur zum Theile gus- geführt und ihnen ihre Hadshars, Jagdmesser und Revolver belaffen, hinreihend, um den Christen eine wohlbegründete Angst einzujagen. Die Debatten des osmanischen Parlaments haben in den jüngsten Tagen ein außerordentlihes Interesse gebot.n. In den Sißungen kam es zu wenig erbaulihen Enthüllungen über die Bestechlichkeit und Nichtswürdigkeit türkisher Funktionäre sowohl in den europäischen als asfiatischen Provinzen. Die Deputirten waren darüber in hohem Grade entrüstt und verlangten fogar die Abseßung und gerichtlide Verfolgung der Schuldigen. Ein armenischer Deputirter, RNupen Cffendi, hat indeß ganz richtig bemerkt, daß bereits in der vorigen S sfion ein gleicher Antraa be- züglich des Deftordas (Steuereinnehmer) von Salonichi wegen Ver- untreuung bei den Lieferungen für die Armee erboben worden sei, die Regierung denselben deßungeachtet auf seinem Posten belassen hätte, ohne Zweifel, wie der Abgeordnete ironisch hinzusügte, um ihm die Gelegenheit zu erleihtern, sein Vermögen zu vervollständigen. Wenn cinmal der Tag des Gerichtes für diese Leute herangebrocen fein wird, wird der Arm der Justiz jedenfalls bei den höchsten Regionen beginnen und insbesondere alle Paschas ausnahmslos treffen müssen.

Der rufssisch-türkische Krieg.

St. Petersburg, 9. Februar. (W. T. B.) Das sensationelle Telegramm Layards erregt hier um so mehr Besremden, als die leßten hier eingegangenen Nachrichten ein vollständiges Einvernehmen zwischen dem russishen Haupft- quartier und den türkishen Delegirten meldeten. Die tele- graphische Verbindung erreicht Adrianopel noch niht und nur dadur ist die Wirkung des Telegramms Layards erklärlich. Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt nah offiziellen Quellen, hon am 21. Januar seien den türkischen Delegirten die Bedingungen mitgetheilt, dieselben hätten alsdann neue Vorschristen aus Konstantinopel verlangt. :

London, 8. Februar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Oberhauses gab Lord Derby, in Beant- wortung verschiedener an ihn gerichteter Anfragen eine eben- solche Erklärung, wie Northcote im Unterhause über die Ent- jendung eines Theils der englischen Flotte nah den Dardanellen ab und füge hinzu, was die anderen Re- gierungen thun würden, sei ihm nicht bekannt. So lange der Waffenstillstand niht unterzeihnet gewesen, wäre die Regie- rung zu dem Glauben berechtigt gewesen, daß die Entsendung der Flotte in die türkischen G-wässer eine unweise und gefähr? liche Politik sein könne, da dieselbe von der Türkei als eine Er- muthigung zum Widerstande, von Rußland als ein Aft der Feindseligkeit und von dem englishen Volke als: der erste Schritt zum Kriege hätte angesehen werden können. Allein diese Einwendungen seien jeßt wegfällig und er hoffe, das Haus werde von der Mittheilung befriedigt sein, daß Seitens der Regierung eine Abweichung von dek {hon Cänge erklärten ünd unverände-t beobachteten Politik niht beabsihtigt sei. Lord Granville erklärte, obwohl die Entsendung der Flotte ein sehr ernster Schritt sei, so müsse er doch seiner Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß die Regierung diesen Schritt mit Vorsicht gethan habe, indem sie demselben soviel wie mögli einen europäischen Charakter gegeben. Derby erklärte s{hließ- lich, die Regierung habe wegen des Einlaufens der englischen Flotte in die Dardanellen einen neuen Firman von der Pforte nicht nahgesucht, der jüngst ertheilte fei noch in Krast

eblieben.

/ (W. T. B.) Jm Unterhause machte der Schaß- kanzler Northcote- dem Hause von den russisch-türkishen Waffenstillstands-Bedingungen, sowie von der Räu- mung der Vertheidigungslinien von Konstantinopel Mitthei- lung, und seßte dann den Ernst der Situation auseinander, wies auch auf die Besürhtungen über in Konstantinopel zu gewärtigende Ruhestörungen hin. Es fei in Fo!ge dessen, fuhr Northcote fort, zum Schußge von Personen und Eigenthum ein Theil der englischen Flotte nach Konjslan- tinopel beordert worden. Die englische Regierung habe dies den übrigen Regierungen notifizirt und dieselben einge- laden, dem Schritte Englands, falls sie dazu geneigt sein sollten, sich anzuschließen. Der Shritt Englands sei auch der russishen Regierung notifizirt worden. (Stürmischer Beifall.)

Auf eine Anfrage Gourley's antwortete Unterstaats- sekretär Bour ke, Rußland beabsichtige, die an den Donau- mündungen versenkten Torpedos während des Waffenstill- standes zu beseitigen und die Donausfs t vorläufig zu überwachen. Auf anderweite Anfrage Montague's erwiderte Schaßkanzler Nort hcote, es sei ihm nichts da- von bekannt, daß irgend ein Shuß- und Trußbünd- niß zwishen Rußland und der Türkei unterzeihnet worden sei, auch seien der Regierung weder von dem \{hwedishen, noch von dem dänishen Kabinet in Bezug auf etwaige Absichten Rußlands und Preußens - hin- sichtlih der Ostsee irgend welhe Mittheilungen ge- macht worden. Daß russische Truppen an der Ostsee konzentrirt worden, sei unbegründet, davon, daß dänische Truppen dislocirt worden, um in Schleswi ju landen, sei ihm nichts bekannt. Jm weiteren Verlaufe der Ver- handlung hob der Schaßkanzler Northcote bei der Mit- theilung des wesentlihen FJnhalts der Waffenstill- standsbedingungen T daß die gestrigen Meldungen Laya1ds sich sona als korrekt erwiesen hätten und erwiderte auf eine Anfrage Gladstone's, der Regierung sei auf die wegen des Vormarsches der russishen Truppen an das St. Petersburger Kabinet gerichtete Anfrage eine Ant- wort nicht zugegangen. Auf weitere Anfragen erklärte North- cote, die gegenwärtige Entsendung der englischen

¿lotte „nad Konstantinopel trage einen anderen harakter, als die vorige und Layard sei beauftragt, von der Pforte die Erlaubniß zum Einlaufen der Flotte in die Dardanellen zu verlangen. Ob Gallipoli in der neu- tralen Zone mit inbegriffen sei, sei ihm nicht bekannt. Der telegraphishe Verkehr mit Konstantinopel sei nur über Bombay und Alexandrien möglih. Das Haus ging hierauf in Comitésizung über die Kreditforderung der Re- gierung. Die Kreditforderung wurde von Richard bekämpft,

firung der Entsendung der englischen Flotte absehen, da eine folche jeßt nicht mehr als eine Drohung gegen irgend eine Macht angesehen werden, wohl aber Gutes bewirken könne dur den Schuß, den sie den Personen und dem Eigenthum der Regierung angedeihen lasse. Da nach der Mittheilung der Waffeustillstandsbedingungen eine zeitweilige Beseßung Kon- stantinopels beabsichtigt sein dürfte, so wünsche cr die Ver- legenheit der Regierung niht noch zu vermehren. Er hätte vielmehr gewünscht, daß das Haus der Regierung einstimmi Unterstüßung gewähren könnte, aber die Regierung ha noch nicht die geringste Andeutung gemacht über die Politik die sie auf der Konferenz zu befolgen gedenke, noch auch über die Art und Weise, wie sie den Kredit verwenden wolle. Alle Welt wisse, daß England viel mehr Geld zum Verausgeben in der Hand habe, als 6 Millionen, daher könnte die Votirung des Kredites ‘die Hände der Regierung auch nicht mehr stärken. Er frage, was die Politik der Re- gierung sei? Die alten Verhältnisse in der Türkei seien nicht wieder herzustellen. Angesichts des Waffenstillstandes sei eine bedingte Neutralität unthunlih; wozu daher ein Kredit zu mi- litärishen Zwecken? Er müsse jedoch der Regierung unter allen Umständen die Verantwortlichkeit überlassen und werde den Kredit nicht bekämpfen; er hoffe, die englishe Regierung werde in freundlihem Einvernehmen mit den übrigen Mächten handeln und das Kabinet eine Politik befolgen, welche die Billigung des Hauses finden lönnte. (Beifall.) Der Schaß- kanzler Northcote erklärte, die Regierung erkenne an, daß eine große Veränderung in der Lage der Türkei eingetreten sei und werde, so weit als möglich, die Jnteressen der der Türkei untergeben gewesenen Nationalitäten berücksichhtigen. Die Regierung wünsche in den Rath der europäishen Mächte einzutreten, um diese Punkte mit den Mächten zu berathen; sie habe keine selbstsüchtigen Absichten und wünsche au nicht, eine strikte Linie betreffs solher Punkte zu ziehen, wie die Durchfahrt durch die Dardanellen. England wünsche dort nur die Freiheit des Handels zu fordern und überhaupt über diesen Punki eine solche Lösung zu schaffen, die es einer einzelnen Macht unmöglich mache, die Dardanellen zu schließen. Bei dieser Frage sei der Handel der gesammten Welt interessirt. Der Zweck der Regierung sei, diéjes Jnter- esse zu wahren. Der nächste Punkt, welhen die Regierung im Auge habe, sei die Es der Verbindung Englands mit dem Driente. Ueber diese Punkte, an welchen andere Länder ein ebenso großes Jnteresse hätten wie England, wolle er (Northcote) indessen keine bestimmte Basis der Regierungs- politik entwerfen. Die Regierung werde ihr Möglicstes auf- bieten, um erstens eine gute Verwaltung für die Eingangs erwähnten Nationalitäten hinzustellen und zweitens um die Freiheit der Wasserstraßen für den Welthandel zu chern, drittens werde die Regierung versuchen, jeder Möglichkeit, das indishe Reih durh Egypien zu ge- fährden, vorzubeugen. (Beifall. ) Die Regierung fei bereit, auf der Konferenz diese Frage im versöhnlichsten Sinne zu diskutiren ; es werde vor allem ihr höchstes Streben sein, eine Lösung herbeizuführen, welche einen mögli{hst dauer- haften Frieden verheiße, denn die Besorgnisse und die Unge= wißheit der leßten Jahre seien unerträglih geworden. (Bei- fall.) Der Zwecck des Kredites sei folgender: England besiße nur eine kleine Armee, die aber einer rapi)en Vermeh- rung sähig sei. Ein Theil des Geldes werde dazu veraus- abt werden, um einen Theil der Armee mars{h- ereit zu halten, obwohl er hoffe, die Nothwendig- feit, das Geld zu diesem Zwelk zu verausgaben, werde gar nicht entstehen. Allein die Regierung ver- lange, daß ihr das Geld zur Verfügung gestellt werde, um die von ihr angenommene Politik unterstüßen zu können. Glad- stone erklärte sih mit den Ausführungen Northcote's zufrie- den, obwohl er nicht einsehe, wie dieselben die Kreditforderung unterstüßen sollten. Er hoffe, die Regierung werde von der Pforte die Einwilligung zur Einfahrt der Flotte in Konstan- tinopel erhalten. Er verstehe niht, wie England über eine zeitweilige Beseßung Konstantinopels klagen könne. Das Votum habe jedoch nichts mit den Zwecken der Regierung auf der Konferenz zu thun. Die Sprache der Regierung hinsichtlih dcr Dardanellen sei billig; was den Suezkanal angehe, so hätten die Mittelmeermächhte ein größeres Fnteresse an der freien Durchfahrt, als England. Obwohl er indessen die Erklärungen Northcote's so weit billige, so könne er doch niht vergessen, daß die erste Politik der Regierung auf die Wiederherstellung des status quo der Türkei gewesen sei. Er hoffe, daß diefe Politik jeßt ganz Uge worden, da die verschiedenen Nationalitäten der Türkei nicht für Rußland, Oesterreich oder die Türkei, sondern für sih existiren und nur die Civilisation derselben die Hauptsache sei. Rußland habe durch die von ihm gebrachte Dpfer das Recht verdient, die slavishe Bevölke- rung zu s{hüßen. Er (Gladstone) fürhte Oesterreihs Rolle auf der Konferenz. England möge diese Macht auf der Kon- ferenz bewachen. Oesterreih habe bei jeder europäishen Kom- plikation unglückliher Weise die Grundsäße einer Politik adoptirt, welche den verwandten Volksstämmen außerhalb der Grenzen Oesterreichs feindlih sei. Oesterreich habe mit großen internen Schwierigkeiter. zu kämpfen, diese dürften jedo keinen unheilvollen Einfluß auf die Lösung der s{webenden Frage haben. Zu solhen Zwecken dürfe England sich nie wieder mit Oesterreih vereinen. Er (Gladstone) habe ein billiges Reht zu verlangen, daß, da Rußland Konzessionen für die Unterthanen der Türkei ang habe, England nit zur Konferenz gehe, um diese Konzessionen gemeinschaftlih mit Oesterreich oder einer anderen Macht zu beschnei- den. Wenn aber die Politik der Regierung den von Northcote abgegebenen Erklärungen entsprehe und wenn sie mit Rußland kooperire, wozu brauhe man dann noch den Kredit? Die von der Regierung aufgestellten Basen für die Konferenz drohten nicht eine Kollision mit Rußland herbeizuführen, der Zweck des Votums sei daher nicht zu er- kennen und die Forderung selbs ohne Präzedenzfall und ver- fassungswidrig. Obwohl er bereit sei, die von der Regierung entwidelte Politik zu unterstüßen, so müsse er doh gegen den Kredit stimmen, weil derselbe nicht konstitutionell sei. (Beifall der Liberalen.)

9. Februar. (W. T. B.) Jm Unterhause wurde der Kredit s{ließlich mit 328 gegen 124 Stimmen ange=- nommen. Die hervorragenden Führer, darunter Hartington, enthielten sih der Abstimmung. Gladstone stimmte gegen dem Kredit. O nv wurde mit stürmishem Beifall der Ministeriellen begrüßt. :

a (W. T. B) Lord Northcote erklärte gestern im Unterhause, der türkishe Botschafter Musurus Pascha habe

,_ „In der Stadt ist Alles Verwirrung, Lärm und Aufregung. Die Flüchtlinge, deren Zahl bestimmt auf 100090 geschäßt werdcy

von Lord Hartington gebilligt. Leßterer will von einer Kriti-

Lord Derby autorisirt, die Angabe der „Daily News“, daß die englische Regierung die Türkei auf nit

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