1878 / 41 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Feb 1878 18:00:01 GMT) scan diff

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Devi a Di E E E A E

S I R V

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Oldenburg if unter dassung à la suite des 1. Garde- Dragoner - Regiments und des Oldenburgischen Dragoner- Regiments Nr. 19, von der Dienstleistung bei dem erst- genannten Regiment entbunden worden.

Der Bundesraths - Bevollmächtigte, Herzoglih an- a adi “ai Staats-Minister von Krosigk ist in Berlin ein- getroffen.

Zu den bevorstehenden Vermählungsfeierlichkeiten sind U. A. hier eingetroffen : der General-Lieutenant von Ober- niß, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 14. Division, von Düsseldorf, ferner Se. Durchlau(t der Prinz Gustav zu MOputs und Büdingen, General-Major à la suite der Armee, desgleichen der General-Major von Sannow, Commandeur der 43. Jn- fanterie-Brigade, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen, der General-Major Graf von Waldersee, Chef des Generalstabes X. Armee-Corps, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Herzoge von Anhalt, und der Oberst von Buddenbrock, Commandeur des Westfäli- schen Kürassier-Regiments Nr. 4, welcher zum Ehrendienst bei Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Oldenburg komman- dirt worden ist, sowie eine Deputation des 5. Westfälischen Jn- E Begnints Nr. 53 von Aachen resp. Jülich und cine eputation des 6. Thüringischen Jnfanterie-Regiments Nr. 95 von Gotha resp. Hildburghausen.

Vayern. München, 14. Februar. Die Abgeord- netenkammer hat die Einführung des Malzaufschlags n der Pfalz mit dem von dem pfälzer Abgeordneten Vaillant beantragten und von dem Finanz-Minister gebillig- ten Zusaße, daß, wenn das Reinerträgniß des Malzaufschlags in der Pfalz für die Finanzperiode mehr als 17 Millionen Mark betrage, die Mehreinnahme der pfälzischen Kreisgemeinde verbleibe, mit Ss Mehrheit angenommen. Der Etat der direkten Steuern wurde dem Ausshußani{rage gemäß, und die Erhebung derselben nach dem bisherigen Maßstabe nach kurzer Debatte genehmigt. Hierauf wurde der Entwurf des Finanzgeseßes nah sehr kurzer Debatte vorläufig angenommen. Die definitive Abstimmung findet erst nach der Vereinbarung mit der Kammer der Reichsräthe statt. Bei der in der 11. Abtheilung vorgenommenen Prüfung der Legitimation des als Ersaßmann für den Freiherrn von Griesenbeck kürzlih in die Kammer eingetretenen Abg. Erl hat sich ergeben, daß in dem Wakhlkreise Straubing die- jelben angeblihen Mängel und Verleßungen des Wahlgeseßes vorgekommen find, welche die Beanstandung der Wahlen von Schweinfurt von klerikaler Seite hervorgerufen hatten und wegen welcher nach Antrag der ultramontanen Minderheit der VII. Abtheil ng die Schweinfurter Wahlen kassirt werden jollen. Die 11. Abtheilung hat demzufolge ihre Beschluß- fassung über die Legitimation des Abg. Erl ausgeseßt, bis von den Kammern über die Schweinfurter Wahlen entschieden ist. «azn Betreff der leßteren stellt die liberale Mehrheit der Ab- theilung den Antrag, dieselbe für gültig zu erklären.

Sachsen. Dresden, 15. Februar. Die Erste

Kammer hat heute den Beitritt zu dem von der Zweiten Kammez angenommenen Antrage auf Vorlegung eines Geseß- entwurfs über die zur Regulirung durch Geseh geeigneten Verhältnisse der Universität einstimmig abgelehn.. Die BOetie Kammer beshloß ohne Debatte, bei der mittelst

öniglihen D. krets über die Begebung der dur das Gesetz vom 6. Juni 1876 geschaffenen 3prozentigen Rente und über die dafi:x vereinnahmten Beträge den Ständen gemachten Mittheilung Beruhigung zu fassen, und genehmigte sodann den Geseßentwurf wegen Beschaffung der zur Deckung der außerordentlihen Bedürfnisse der Finanzperiode 1878/79 gen Summe von 60 Mill. Mark durch Ausgabe 3 prozentiger Kentenanleihe mit einer von den Deputationen beantragten formellen Aenderung. Zugleich crtheilte sie der Staatsregierung die von derselben erbetene Ermächtigung, bis zu dem Betrage von 60 Millionen Mark neben der Begebung 3 prozentiger Rente auch mit Ausgabe übertragbarer, nah einer bestimmten Zeit wieder einzulösender Schaßscheine vor- ugehen, dergestalt jedoch, daß die zuvorgedahte Sunme dur en Gesammtbetrag der auf diesem doppelten Wege zu be- haffenden Mittel in keinem Falle überstiegen wird. Auf nfrage des Referenten erklärte der Staats-Minister Freiherr von Könneriß die Bereitwilligkeit der Regierung, über d:n Erfolg der projektirten Finanzoperation den Ständen eine Mittheilung zugehen zu lassen. Die Kammer beschloß sodann auf Antrag der Beschwerde- und Petitionsdeputation, bei dem von ihr auf die Petition der evangelisch-reformirten Kon- sistorien in Leipzig und Dresden, Abänderung des Parochia l- lastengeseßes betreffend, gefaßten Beschlusse, gegenüber “tpr ablehnenden Beschlusse der Ersten Kammer, stehen zu eiben.

Baden. Karlsruhe, 14. Februar. Die „Karlsr. Ztg.“ schreibt: „Wir sind ermächtigt, zu erklären, daß die in meh- reren badishen Blättern enthaltene Nachricht von bevorstehen- den und beschlossenen Verlobungen in der Großherzoglichen Familie jeder thatsählihen Begründung entbehrt.“

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 14. Februar. (Leipz. Ztg.) Bei der gestrigen Wahl' eines Landtags- abgeordneten an Stelle des verstorbenen Professors Þr. Hildebrand für den Wahlkreis Jena ist der o. ö. Pro- lb des Staatsrechts und deutschen Rechts Dr. Meyer da- elbst e Pg worden. Der Landtag beschloß heute de- finitiv die Aufhebung der das Landtagssyndikat betreffendèn Bestimmungen der Verfassung und ertheilte seine Zustimmung zu dem Geseßentwurf über die Ablösung grundherrliher Rechte der Kirchen, Pfarreien und Schulen zum 22zfachen Betrage.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 15. Februar. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat heute die Generaldebatte über den Zolltarif zu Ende geführt; von den Gegnern der Vorlage wurde Abgeordneter Auspiß, von deren Anhängern Abg. Skene zum Generalredner gewählt. Der Abg. Coronini beantragte die Einseßung einer aus 18 Mitgliedern bestehen- den Kommission, die sich mit der Herbeiführung von Erspar- nissen im Staatshaushalte beschäftigen soll.

(W. T. B.) Die „Neue freie Presse“ erwähnt ein Gerücht, wona der Reichsfinanz-Minister Baron Hof - mann in den Ren Tagen sih in besonderer Mission nah London begeben sollte. Von anderer, sonst wohlunterrichteter O ‘dieses Gerücht als gänzlih unbegründet hbe- zeichnet.

Schweiz. Bern, 14. Februar. (N. Zür. Ztg.) Der Ständerath hat heute die Beschlüsse des Nationalraths, be- züglih des Gesandtshaftswesens, acceptirt und den Rekurs der Zürcher Regierung, betreffend die vom Bundes- rath beschlossene Aufhebung des Banknotenmonopols, nah dem Beschlusse des Nationalraths und dem Antrage der Kommission mit 26 gegen 5 Stimmen abgewiesen. Der Nationalrath beharrt auf der Bestimmung über die Ver- steigerung der Kavalleriepferde, ebenso auf dem Beschluß, daß auf die Deckung des Defizits bei der Revision des Zoll- tarifs NRücksicht zu nehmen sei. Der Schluß der Session findet erst in der nähsten Woche statt.

Frankreih. Paris, 14. Februar. (Fr. C.) Der General d’Abzac reist heute mit einem Ordonnanzoffizier des Marschalls Mac Mahon nach Rom ab, um den Präsi- denten der Republik bei dem Leichenbegängniß Pius’ IX. zu vertreten. Der klerikale „Univers“ ist sehr ungehalten darüber, daß die französishe Regierung keinen außerordentlichen Ge- sandten zu den Trauerfcierlihkeiten nah Rom \chicke und unterlasse, was sie für dén König Victor Emanuel gethan. Der „Soleil“, welcher bis jeßt die Behauptung aufrecht erhal- ten hatte, daß die Konsistuttonellen des Senats am nächsten Sonnabend für keinen Anderen, als für den Herzog Dec azes stimmen würden, meldet heute, daß gestern in einer Versammlung, welche die Verfassungstreuen bei dem Grafen Bondy hielten, ein Brief dcs Herzogs zur Verlesung gelangt sei, der ihnen von diesem Vorhaben dringend abrieth, und daß die Gruppe hierauf ihren Bevollmächtigten den Auftrag ertheilt habe, die übrigen Fraktionen der Majorität des Séenats von ihrem Entschlusse, für die bevorstehende Wahl keinen neuen Kandidaten Satraiielien., in Kenntniß zu seßen.

Spanien. Madrid, 15. Februar. (W. T. B.) Die Cortes sind heute von dem Könige, in Gegenwart der Königin, mit einer Thronrede èrdiinet worden. Jn der- selben erflärt der König, er sehe mit Genugthuung, daß sein Volk und die auswärtigen Mächte die Wahl seiner Gemahlin gutgeheißen hätten. Er und die Königin würden ihre Kräfte dem Glücke Spaniens weihen. Der König spriht alsdann allen Souveränen und Staats-Ober- häuptern seinen Dank aus für die anläßlih seiner Hoch- zeit der Nation und ihm bewiesenen Sympathien. Die Thron- rede erwähnt weiter den Tod Pius? IX. und spricht die Hoff- nung aus, daß das Konklave eine Wahl treffen möge, welche die Eintracht zwischen Staat und Kirche sichere. Der König erklärt, er wünsche die freundschaftlihen Beziehungen mit den auswärtigen Mächten aufreht zu erhalten und glaube, daß der Aufstand auf Kuba, Dank den Opfern, welche die Nation gebracht, demnächst unterdrückt sein werde.

Jtalien. Rom, 15. Februar. (W. T. B.) Nah den Feierlichkeiten in der Sixtinischen Kapelle be- gaben si heute die Kardinäle in den Konsistorialsaal, wo der erste Empfang des diplomatischen Corps stattfand. Zuerst wurde der Botschaster Ocsterreih-Ungarns cmpfangen, hierauf der Spaniens; sodann wurden die Ge- sandten Bayerns, Belgiens, Brasiliens, Costaricas und Boli- vias eingeführt welche im Namen ihrer Herrscher und Regie- rungen ihr Beileid aus\sprahen. Der Kardinal Pietro dankte für die Kundgebungen der Souveräne und Regierungen. Morgen findet die zweite Feier in der Sixtinischen Kapelle und sodann der Empig des übrigen diplomatischen Corps statt. Der A ¿a tone Romans“ zollt dcr Behörde Lob für die getroffenen Sicherheitsmaßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Basilika. Aus Ftalien und aus dem Auslande ist eine große An- zahl von Prälaten und Priestern hier eingetroffen. ZU den in mehreren italienischen Städten für Pius IXR. veranstalteten Trauerfeierl1chkeiten hatten die kirhlichen Behörden Einladungen an die Civil- und Ne N Au an den ergehen lassen; Leßtere haben in Folge dessen auch an den Trauerfeierlihkeiten theilgenommen.

Amerika. Washington, 15. Februar. (W. T. B.) Der Senat hat heute die Abstimmung über die Silberbill und die dazu gestellten Amendements begonnen.

New-York, 13. Februar. (Per Kabel.) Die bedeu- tendsten Eisen- und Stahlfabrikanten im ganzen Lande haben ein Meeting in Philadelphia gehalten, in welchem Resolutionen angenommen wurden, welche die An- wesenden verpflichten, Alles zu thun, was in ihrer Macht Las um zu verhindern, daß der neue Tarifentwurf Ge- eeskraft erlange.

Der rusfssisch-türkische Krieg.

St. „Petersburg, 15. Februar. (W. T. B.) Die „Agence Russe“ sieht in Uebereinstimmung mit dem „ournal de St. Petersbourg“ und anderen Journalen in dem Eintritt der englischen Flottein den Bosporus troß des Protestes des Sultans eine Verlegung des Pariser Vertrages vom pad 1856.

Konstantinopel, 15. Februar. (W. T. B.) Namyk Pascha hat sich nah Adrianopel begeben.

16. Februar. (W. T. B.) Die Pforte hat bis jetzt keine Ermächtigung zur Einfahrt weiterer Panzerschiffe in die Dardanellen ertheilt. Die Russen sollen

estern in der neutralen Zone gelegene vorgeshobene Be- Rauen Konstantinopels ofkkupirt haben. Jn Adrianopel werden die Pa fortgeseßt.

London, 15. Februar. (W. T. B.) Die weitere heute veröffentlichte diplomatische Korrespondenz enthält u. A. folgende Aktenstücke. Lord Derby theilte dem Botschaster Lord Losft1.s in ciner Depesche vom 11. d. mit, er habe den Grafen Schuwaloff um genauere Aufklärungen gebeten darüber, ob der Einmarsch der Russen in Konstantinopel den Zweck habe, die Christen zu s{hüßen, oder ob es Rußland als Ehren- sache betrachte, seine Fahne in Konstantinopel zuglei mit der Englands und der anderer Mächte zu sehen. Am 13. c. theilte Lord Derby dem Botschaster Lord Loftus die bereits bekannte Antwort des Fürsten Gortschakoff mit. Lord Derby hebt in der Depesche den Unterschied hervor zwischen der Entsendung der Flotte dur eine befreundete Macht und der Beseßung Konstantinopels durch feindlihe Truppen. Leßtere wäre eine Verlezung des Waffenstillstandes und könnte Un- ordnungen hervorrufen. Derby {ließt mit der Erklärung, die englishe Regierung könne niht zugeben, daß die Entsendung der englischen Kriegsschiffe und der Einmarsch der Russen in Konstantinopel in irgend einem Zusammenhange stehen. Leßterer Schritt sei weder dur eine militärishe noch dur irgend eine andere Nothwendigkeit geboten; die Folgen

desselben könnten für die Bevölkerung von Konstantinopel un- heilbringend sein. Eine weitere Depesche Lord Derbys an Lord Lostus vom 13. d. berichtet über eine Unterredung, welche Lord Derby am 13. d. mit dem Grafen Schuwaloff hatt:. Lord Derby erklärte dem Grafen, daß die englische Regierung ernst- lih hoffe, die Russen würden keine Truppenbewegung gegen Gallipoli machen, noch irgend eine andere, welche die Ver- bindungen der englischen Flotte bedrohen könnte. Jn Eng- land würde man finden, daß eine solhe Bewegung die Sicher- heit der englischen Flotte bei der gegenwärtigen Lage der Dinge bebrolin könnte; er (Derby) würde keine Verantwortung für die R übernehmen, die sehr ernst sein könnten.

(1. L. B.) m Oberhause wurde heute Seitens der Regierung cine Bruns von Wichtigkeit nicht abgegeben.

Im Unterhause erklärte der Unter-Staatssekretär Bourke auf eine Anfrage des Abg. Lewis, in der Regierung zugegangenen Berichten heiße es, daß dic Russen einige Polen hätten aufhängen lassen, eine Mittheilung dieser Berichte sei indeß bis dahin unthunlich, wo die Regie- rung weitere Fnformationen erhalten haben werde. Jn Kon- stantinopel hätten sich Polen mit der Bitte um Schuß an Layard gewendet, leßterer sei jedoch von der Regic- rung bedeutet worden, daß Ausländern der Schuß Eng- lands nicht gewährt werden könne. Wohl aber sei es statthaft, Nothleidenden gute Dienste zu leisten, um ihnen das Gelangen nach cinem sicheren Ort zu ermöglichen. Auf die von Gla d- ssttone bereits gestern angekündigte Anfrage antwortete Schaß- kanzler Northcote, über die speziellen österrcihishen Jn- teressen, von denen der Graf Andrassy dem Fürsten Gortschakoff am 30. v. M. Mittheilung gemacht habe, sei er nicht infor- mirt. Auf mehrere von anderen Deputirten gestellte Anfragen erklärte Northcote ferner, er habe davon gehört, daß 1400 russishe Matrosen an die Donau gesendet worden seien, wisse indeß nihts davon, daß dieselben Bulgarien bereits passirt hätten. Die deutsche Regierung habe erklärt, daß sie unter den gegenwärtigen Umständen nicht beabsichtige, einen Firman zum Eivylaufen deutscher Kriegsschiffe in die Dar- danellen nahzusuhen. Eine Antwort Rußlands auf den Protest Englands betreffs der Beseßung von Konstantinopel sei niht eingegangen.

(W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldct aus Konstantinopel von heute: Die englischen Panzer- {chiffe „Alexandra“, „Temeraire“, „Sultan“ und „Achilles“ sind Morgens 8 Uhr bei den Prinzeninseln vor Anker gegangen, der „Agincourt“ und der „Swistsure“ sind bei Gallipoli geblieben, der „Raleigh“, „Hotspur“ und „Ruby“ befinden sich in der Besikabai.

(W. T. B.) Dem „Reutershen Bureau“ wird weiter aus Konstantinopel gemeldet, die Russen hätten am 15. d. M. die Redoute „Samidie“ beseßt, welche sich in den Vertheidigungslinien von Konstantinopel befindet. Ein Telegramm der „Times“ aus St. Petersburg, 15. d., will wissen, die türkischen Delegirten hätten cit dem Erschei- nen der englischen Flotte vor Konstantinopel die vollständige Autonomie Bulgariens für unzulässig erklärt.

Wien, 15. Februar. (W. T. B.) Nah einem der „Polit. Koruesp.“ aus Konstantinopel von gestern Abend zugegangenen Telegramme würde in dortigen diplo- matischen Kreisen ein Einmarsch der Russen momentan für weniger wahrscheinlich als in den leßten Tagen ge- halten, ebenso A das ohne Kollision erfolgte Einlausn der britishen Flotte zu ruhigeren Anschauungen über die Entwickelung der englisch-russishen Situation beigetragen. Daß die Passage der britishen Flotte durch die Dardanellen nur von einem türkischen Proteste begleitet gewesen sei, werde mit der angeblichen Entblößung der meisten Dardanellenforts aen a erklärt, die nah Tschataldja transportirt wor- en seien.

16. Februar. (W. T. B.) Wie dem „Telegraphen- Korrespondenz-Bureau“ aus Konstantinopel vom 15. d. gemeldet wird, sollen die Russen in Folge des De- peschenwechsels zwischen dem Kaiser Alexander und dem Sul- tan nicht in Konstantinopel einrücken, wie sie wegen der Ankunst der englischen Flotte beabsichtigten. Sie würden jedo vorrüdcken, um als Freunde einzelne strategishe Punkte in der Nähe von Konstantinopel zu beseßen.

Europäischer Kriegsschauplaßt.

Bukarest, 14. Februar. (Telegr. der W. „Presse“.) Die aus Bessarabien kommenden Linientruppen, vier Armee- Corps stark, w:rden bei Fsmail, Woslui und Kalarasch raillirt und dann zur Ablösung der Truppen im Balkan ver- wendet. Die Truppen diesseits des Balkan kehren über Rumänien zurück, jene südlih des Balkan werden seinerzeit nah Südrußland eingeschifft werden.

Asiatischer Kriegsschauplaß.

Konstantinopel, 12. Fedruar. (Telegr. des „Fremden- Blatt.“) Die Beseßung Erzerums durch die Russen ist eine vollzogene Thatsache; die dortige türkische Garnison hat sih nach Erzinghian zurückgezogen. Mit ihr sind auch die türkishen Staatsbeamten von dort abgereist. Dagegen hat der Bürgcrmeister der Stadt, Derwish Aga, mit Einwilligung der Russen sein Amt weiter behalten. Die Türken haben vor ihrer Abreise ihre ganze Munition, ebenso auch 108 Festungs- geshüße mit sih genommen. ZJhre Kranken befinden sich je- do noch in den Spitälern dieser Stadt und sollen nah und nach erst abgeholt werden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Washington, 16. Februar, Morgens. Der Senat hat die von der Finanzkommission zur Bland'schen Silberbill ge- stellten Abänderungsanträge mit großer Majorität genehmigt. Durch dieselben wird der die freie Silberausprägung be- treffende Artikel des Gesetzes beseitigt und die Ausprägung auf 4 Millionen Dollars monatlich beschränkt. Ferner wird durch die Abänderungsanträge die Einseßung einer Kommission bestimmt, welche sih mit den zur lateinishen Münzkonvention

ehörigen Ländern und anderen Ländern ins Vernehmen eßen l, um eine ratio commuvis für Silber und Gold her- beizuführen. Endlih wird die Regierung durch dieselben fue Ausgabe von Certifikaten für Silberdepots ermächtigt, welche bei der Bezahlung von Zöllen und Steuern in Zahlung ge- nommen werden dürfen. Andere Amendements wurden ab- gelehnt, die definitive Abstimmung über das ganze Gesetz ist noch nit erfolgt. Die Sißung des Senats war um 4 Uhr Morgens noch nicht beendet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 11. Februar. Wiederum ift einer der verdienstvollen Lehrer der Hochschule, der außerordentliche Professor der Philosophie, Hofrath, Ritter 2c. A. Th. Friß\che aus dem Leben geschieden. Er war als ausgezeihneter Philolog der Gottfried-Hermannschen Schule

bekannt. : Laud- und Forstwirthschaft.

Seit Anfang dieses Jahres erscheint unter dem Titel „Der deutsbe Garten“ in Friedr. Schulze's Verlag hierselbft, cine von O. Hüttig herauêgegebene und redigirte Wochenschrift für Gärt- ner und Gartenfreunde, welche dem gesammten Gebiete des Garten-, Mein- und Hopfenbaues mit ihren Hülfswissenshaften gewidmet ist. Dieselbe ist das Vereinsblatt der Gesellshaft der Gartenfreunde Berlins und zählt zu ihren Mitarbeitern Männer, welche in der Wissenschaft wie in der Praxis eine hervorragende Stelle einnehmen. Unter ihnen werden genannt: Prof. Dr. P. Asche:son, Dr. Bolle, Königl. Garten-Inspektor D. Bouché, Dr. Frhr. v. Canstein, Hof- Garten-Direktor Jühlke, Prof. Dr. K. Koch, Königl. Garteninspeltor W. Lauche, Dr. E. List in Würzburg, Gartenbau-Direktor Petzold in Muskau u. A. Ueber das Ziel, das si die Zeitschrift vorge- steckt, wird in dem der ersten Nummer vorgeseßten Vorworte unter voller Würdigung der anerkernenswerthen Leistungen der bis- her in Deutshland auf gleihem Gebicte thätigen Organe bemerkt, daß der „Deutsche Garten“ nach dem Vorbilde von „Gar- deners Chronicle“ und „Flore des serres“ ein Central-Organ für die deutsche Gärtnerkunst, diesen Begriff im weitesten Sinne aufgefaßt, herstellen solle. Der jungen Zeischrift soll nihts fremd bleiben, was den Gartenbau, ja was das Wissen von der Pflanzenwelt im Allgemeinen wie im Besonderen angeht. Dieselbe ift entslofsen, der Praxis wie der Theorie gleihmäßig Recbnung zu tragen, in zweifelhaften Fällen jedoch auf erstere, als dic in das bürgerliche Leben eingreifendere Potenz den Hauptaccent zu legen. Obwohl der „Deutsche Garten“ nach der Absiht der leitenden Kräfte ein Fachjournal in ausgedehntem Maße sein und für das Gesammt- interesse des Gärtners von Beruf einstehen soll, o wird er es sich doch zugleih zur Aufgabe machen, dem Gartenfreunde jeden Standes und auch der Frauenwelt, in ges{mackvoller Form auf allen Gebieten des Gartenbaues anregende Belehrung zu bieten. Aus dem reien Inhalte der bis jeßt vorliegenden 6 Hefte seien von größeren Aufsäßen u. A. nur hervorgehoben: „Der Gartenbau in den Sagen der Egypter, Inder und Griechen“, von O. Hüttig: „Ueber Wasser- und Sumpfpflanzen für Aquarien“, von Garten-Inspektor Bouché; „Die Hyazinthe, ihre Kultur, ihre Treiberei und ihre Krankheiten“, von C. Lackner; „Die den Kulturpflanzen \{chädlichen Insekten“, von Dr. Sorhagen; „Zur Geschichte des Gartenbaues“, von O. Hüttig u. f. w. Jede der Nummern enthält außer den größeren Aufsäßen eine Reihe von kleineren, interessanten und belehrenden Mittheilungen. Zur Erläuterung des Textes sind, wo es erforderlich schien, korrekt und sauber ausgeführte JUustrationen beigegeben, wie denn auch die typi- \he Ausstattung des Blattes nidts zu wünschen übrig läßt. Der Abonnementspreis für die empfehlenswerthe Zeitschrift beträgt nur 4 M6 vierteljährlich.

Gewerbe und Handel.

Das Programm der „Internationalen Ausstellung für die gesammte Papier-Industrie“, die vom 16. Juli bis 31. August d. J. im Ererzierhause in der Karlstraße hierselbst statt- finden wird, ist nunmehr endgültig festgestellt. Die Ausstellung be- zwet ein möglichst deutliches und übersichtliches Bild der gesammten Papierindustrie des JIn- und Auslandes zu geben, vm dadur zur

ebung der deutschen Papier-Industrie beizutragen. An der Ausstellung a si alle Industrielle, Gewerbtreibende und Interessenten der Pas- pierindustrie, sowie der damit zusammenhängenden Gewerbe betheiligen. Die ausgestellten Gegenstände werden in 8 Gruppen getheilt. Die erste Gruppe enthält: Rohstoffe und Bedarfsartikel zur Herstellung von Papier und Pappe, sowie für die Papiergewerbe;_ die 2. Gruppe: Maschinen und Werkzeuge zur Erzeugung und Verarbeitung von Papier und Pappe; die 3. Gruppe: Papiere und Pappen ; die 4. Gruppe: Papiere, soweit dieselben gestrichen, bedruckt oder gepreßt find; die 5. Gruppe: Papier- und Pappwaaren; die 6. Gruppe: Anwendung. des Papiers zu technischen und bauliéhen Zwecken; die 7. Gruppe: Papier-, Schreib- und Zeichnen- waaren und die 8. Gruppe: Geshihte und Literatur. Für Maschinen wird Betriebskraft geliefert, ebenso ist das Arbeiten- lassen innerhalb des Ausftellungsraumes nicht nur gestattet, sondern sogar erwünscht. Für die besten Leistungen werden Chrenpreise er- theilt. Ein etwaiger Uebersbuß soll zur Herausgabe eines ecingehen- den Berichtes über die Autstellung, sowie zu Preigaufgaben über wichtige, die Papierindustrie betreffende Fragen verwendet werden.

Auf dem hiesigen Rathhau}e fand am 13. d. M. die ordentliche Jahresversammluug des weiteren Ausschusses des Berliner Pfand- brief-Institutes statt. Jn dem Geschäftsbericht über das Jahr 1877 wird Tonstatirt, daß das Institut sih regelmäßig und kräftig entwickelt habe, und daß im verflossenen Jahre mehr als 7 Millionen Mark an Pfandbrief-Darlehen neu gewährt worden, Verluste aber nit vorgekommen sind. Demnächst wurde die Decharge ertheilt und der Etatsentwurf pro 1878 mit der Aenderung festgestellt, daß der Betriebsfonds, der jeßt 33100 beträgt, nicht weiter erhöht unnd daß der Gesammtübershuß des Verwaltungsfonds mit etwa 90000 Æ in den Reservefond fließen soll. Der weitere Aus\chuß erklärte sih gegen den Antrag, neben den Pfandbriejen à 5 und 45 % noch Pfandbriefe à 4.% herzustellen. Angenommen wurde ein Antrag, nah welchem der Aus\{uß seine Genehmigung zu Ver- äußerungen und Verpfändungen des Grundstücks des Pfandbriefs- Instituts ertheilen soll. E E :

Auf. die Aktien der in Liquidation befindliben Berliner Commerz- und Wechsel-Bank gelangen vom nähsten Montaz ab 40 °/ zur Auszahlung. / Man erwartet cin Gesammterträgniß von ca. 90%. i: Nah dem Geschäfteberiht der Kommerz- und Dis- kontobank in Hamburg hat das Institut einen Reingewinn von 1 061033 Æ gegen 1062212 A im Jahre 1876 erzielt. Das Effektenkonto der Bank weist bei einem Bestande von 5039 831 4 einen Gewinn von 349 293 M. gegen 175 672 & im Jahre 1876 auf. Das Konto-Kurrentgeshäft erzielte im Jahre 1877 ein Zins- und Provisionserträgniß von 706 312 4, gegen 584443 ( im Jahre 1876. Das Reservekonto, welches 1876 795 575 °/g aufwies, hat sich durch Zuschreibung von 39 779 M. für Zinsen und 23 603 4 Antheil am Ueberschuß auf 858957 # gehoben. Außerdem beträgt die cas E Ix ave saale ene 224 358 M, diejenige für as Poppenhusenshe Geschä : i

Rom, 15. Februar. (W. T B.) Die Einfuhr von Rin d- vieh aus den russischen Häfen des Schwarzen Meeres, des Asowschen Meeres, sowie aus den Häfen in der Moldau und Walachei ist verboten.

Verkehrs-Anstalten.

Triest, 15. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Vesta“ is heute Vormittag 11 Uhr mit der ostindischen Ueber- landpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

Berlin, 16. Februar 1878.

Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.) s Bei der heute fortgeseßten Ziehung der vierten Klasse 157, Königlih Preußischer Klassenlotterie fielen : 2 Gewinne à 30 000 4 auf Nr. 29 804. 75 366. 44 ee Gewinne à 15 000 auf Nr. 35 420. 49 237. 62 262. 9; 7 Gewinne à 6000 6 auf Nr. 12 219. 13 113. 23 440. 32 564. 56 638. 89 329. 91 437.

39 Gewinne à 3000 6 auf Nr. 2. 7007. 10 398. 10 803. 16 375. 20818. 22345. 26415. 28117. 28842. 29520.

37401. 39065. 45127. 45488. 52871. 54600. 54934. j li unter seinen Kunstgenossen au Eb d Nagreiy L i j l 1 l Zhren un u8zeiwnungen daz 55 217. 57 768. 58218. 59093. 61006. 64982. 65 355. | an eine Abnahme seiner Kräfte ist nit zu denken, ö g 5

65548. 66312. 72907. 77920. 78867. 81 933. 83 932. 84442. 84687. 90689. 91449. 92704. 94509. 94923.

53 Gewinne à 1500 M auf Nr. 4983. 5026. 5678. 6705. 9106. 9592. 11031. 14461. 15039. 15500. 15842. 19 674. 23973. 25984. 28103. 28 837. 29373. 30675. 32953. 33486. 34958. 35259. 36363. 42261; 43871. 43 974. 45142. 48458. 50813. 54925. 59010. 59610. 61 223. 62229. 64533. 64857. 65417. 68486. 71 702. 73125. 75530. 77170. 78436. 79316. 85 252. 87 810. 88 963. 89 781. 90718. 92513. 92958. 94317. 94 380.

71 Gewinne à 600 #4 auf Nr. 526. 3860. 5536. 6033. 6318. 7323. 8480. 9094. 9222. 10 350. 12 386. 12 721, 14 079. 14131. 14793. 17493. 17 880. 18!154. 18965. 19 901. 22 071. 23003. 24900. 25409. 26 947. 27 549. 28 769. 28 770. 31428. 31818. 35540. 38187. 39424. 42002. 46153. 46 694. 47900. 48405. 51 647. 52789. 53 839. 54 359. 54 997. 55943. 58389. 58934. 59443. 61 346. 61 487. 62026. 62587. 63007. 67104. 70072. 71 282. 73288. 74682. 76282. 76973. 77078. 79171. 79 382. 80710. 81842. 82397. 83015. 85715. 87 358. 89 174. 90 644. 92 637.

Deutsche geologische Gesellschaft.

Berlin, 6. Februar. Vorsitzender Hr. Websky Nach Vor- lesung und Genehmigung des Protokolls der Janrar - Sitzung meldete der Vorsißende zwei neue Mitglieder an, verlas ein Ein- ladungêschreiben des Sekretärs des internationalen Kongresses in Paris zu der am 19. August d. J. dortselbst stattfindenden Ver- fammlung und legte hierauf die seit Januar eingegangenen Drue- schriften vor. Hr. Reyer aus Wien sprach über die Beschaffenheit des Magma im Eruptions\{chlot der Vulkane und über massige Er- güsse. Redner leitete die Erscheinung, daß im Centrum der Vulkane Nch oft feldspathreihe Gesteine ansammeln, während basishe Massen als Ströme ausfließen, aus der verschiedenen Beweglichkeit des Magma ab. Ferner wurden das Verhältniß von Trachyt und Obsidian undalsdann die Eigenschaften der Massenergüsse mit Bezugnahme auf die Untersuhungcn der Herren v. Richthofen, Hartung und v. Fritsch näher betrahtet und ausgeführt, wie das tektonishe Verständniß derartiger Massen wesentlich erleichte:t wird durch Beobachtung des Streichens und Fallens der Schlieren in den eruptiven Ge- bilden. Hr. Weiß legte eine Anzahl Braunkohlenstücke von Senftenberg vor, welhe Hr. Direktor Merker an die geologische Landesanstalt eingesendet, und sprach über die in je- ner Kohle erkennbaren Blattabdrüke und Früchte. Von denselben kamen ferner einige Braunkohlenstücke mit ein- ges{lossene Samen zur Vorlage, welwe Hr. Schüß in Waldenburg eingeshickt hatte und die aus einem Kohlenlager bei Glitschdorf entstammen, welche der Senonenkreide angehören sollen. Hr. Beyrich gab hierzu einige geolcgishe Erläuterungen der Gegend von Glitschdorf und bemerkte, daß dort auch tertiäre Braunkobhlen- gebilde vortämen. Hr. Websky theilte ein Verfahren mit, vo-n Braunkohlen, wenn auch dieselben erdig seien, Dünnschliffe anfertigen zu können. Hr. Reiß verlas eine Ueberseßzung des Berichtes von Pater Wolff über den leßten Ausbruch des Cotopari im Jahre 1877 und knüpfte hieran einige tektonishe Erläuterungen Über diesen Vulkan. Hr. Websky legte eine Anzahl seltener Mine- ralien vor, welche derselbe für das hiesige mineralogishe Museum, als Samarzskit, Garnierit, Krennerit, Kjerulfin und Bunsenit, erworben, und erwähnte bei leßterem, daß die eigenthümliche, kugelige Bildung desselben die Echtheit als Mineral. in Frage stelle. Hr. Lossen machte auf cine Arbeit Kalkowsky's über das Eulengebirge aufmerksam, in welcher genannter Autor den Gabbro nicht als eruptiv ansieht. Nach einer Diskussion hierüber, an welcher sich die Herren Beyrich, Websky und Lossen betheiligten, wurde die Sißung ge|ch{lofsen.

In den Sitzungen des Wissenschaftlihen Kunstvereins vom 19, Dezember 1877 und 16. Januar 1878 referirte Hr. Dr. Fendler über das Werk von Crowe & Cavalcaselle: „Tizian, sein Leben und seine Zeit“. Deuts von Prof. Jordan.

Schon mit 9 Jahren soll Tizian sein erstes Bild gemalt haben, und nahe hundert Jahre war er alt, als ihm der Tod den Pinsel aus der Hand riß.

Die Kunst in Venedig diente zunächst praktishen Zwecken. Der Prunk des Orients und das leichte Leben der reihen Han- delsstadt beeinflußten vorzüglih ihre Entwickelung. Jn der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts befreien die Bellini die venezianiscbe Kunst von alterthümlihem Styl und hergebrahtem Goldgrunde. Sie gipfelt in Tiziano Vecellio aus Cadore. Er hat seine Vorgänger übertroffen und ist in der Totalität von seinen Nach- folgern nicht erreiht worden. :

Bis auf das Jahr 1321 läßt sich das Geschlecht Tizians zurück- führen. In diesem Jahre war ein Vorfahr Podesta von Cadore in #Friaul. Hier wurde der Meister 1477 geboren. Die Mythenubildung bemächtigte sich seiner, wie aller großen Männer, und so hören wir, daß er noch nicht 10 Jahre alt cine Madonna mit Pflanzensaft an sein väterlihes Haus gemalt haben foll. /

1488 kam Tizian nach Venedig. Seine Lehrer \{einen dort Giovanni Bellini und Giorgione gewesen zu sein. Die Verfasser nennen die Madonna im Belvedere in Wien als das früheste, be- glaubigte Werk des Meiiters |

An dieses {ließt sich „Die himmlische und die irdische Liebe“, bekannt durch den meisterhaften Stih Webers.

Dann folgen die Arbeiten für das Fontaco, das Kaufhaus der Deutschen in Venedig. Von diesen Gemälden ist nur noch eine als Judith geltende weibliche Figur erhalten. In diesen Werken ist an Stelle der Formenshönheit, auf welche die übrigen italienischen Schulen das Hauptgewicht legen , das koloriftishe Prinzip getreten.

Das Bild der Dresdener Galerie „Christus mit dem Zins- groschen“ ist als Hauptwerk dieser Zeit zu betrahten. Tizians Eigen- thümlichkeit ist in diesem Werke zu voller Meisterschaft entfaltet.

Reisen nah Padua und an den Hof von Ferrara verschafften dem Künstler zahlreiche Bestellungen. Er besaß wie alle großen Genies das Talent, die Besteller warten zu lassen. Nach Venedig zurück- gekehrt, war eine Sinekure an dem Fondaco der Lohn seines Strebens.

In Ferrara malte er Laura Dianti, die Gemahlin des Herzogs Alfonso von Ferrara. Man hat dem Bild: nachgespürt und glaubt es in der fogen. „Maiîiresse du Titien“, jenem dur Forsters Stich be- kannten Bilde, gefunden zu haben. Jedenfalls hat der auf dem Bilde befindlihe Mann Aehnlichkeit mit Alfonso's Porträt im Louvre.

1523 tritt Tizian in Beziehung mit Federico Gonzaga, Mark- grafen von Mantua. Er malte für diesen die anns die jeßt eine Zierde des Louvre ist. Mit diesem Bilde \{ließt Tizian die erste Periode feines Wirkens, die Periode, in der er noch unter eimen Einfluß steht. Jett folgt die zweite, die der freien, selbst

ewußten Meisterschaft. A :

Um diese Zeit {loß Tizian Freundschaft mit Pietro Aretino, der nah Venedig gckommen war und durch seinen Geist, wie \{cho- nungslose Malice d dort bald Alles tributär zu machen wußte. Es ershienen auch Sanfovino und Sebastiano del Piombo in Venedig, die die Stadt bald wieder verließen, jedo nicht ohne Ein- druck hinterlassen zu haben. : l

Das Beste unter den Bildern dieser Zeit ist wohl das im Kirchenbrande 1867 untergegangene Bild „Petrus Martyr“. Es ist das dramatish-bewegt-\te, das Tizian je gemalt. Man erkennt indirekt den Einfluß des großen Michel Angelo /

Kaiser Carl V. machte Lizian zu seinem aus\{ließlihen Porträt-

: maler. Vasari erzählt, Tizian habe 1000 Skudi für jedes Bild er- | halten. Am 10. Mai 1533 wurde er sogar vom Kaiser zum r A glei

grafen ernannt. So stand Tizian in seinem 60. Jahre unver

Ein Rival erstand ihm in Pordenone. Auch er war ad

/ durch die Gunst des Königs von Uagarn. Durch seinen Einfl

warde von Tizian die Rückzahlung seiner Staatspension verlangt; hierdurch gezwungen, vollendete er endlich das Bild der Schlacht von Cadore, wozu er kontraftlich verpflichtet war. Es ist ver oren gegangen und nur nah Nachzeichnungen von Rubens zu rekonstruiren. Die Koakurrenz hatte indessen bald ein Ende; denn \{on 1538 starb Pordeaone in Ferrara. Tizian trat in seine alte, dominirende Stellung zurück und wird jeßt auch seine Geldverlegenheiten los.

Auf einer Reise nach Rom, wo er sehr glänzend aufgenomm n wurde, malte er den Papst Paul I1IL,

1543 fehrte er nach Venedig zurück, wo er das Ecce homo vollendete. „Danae, den Goldregen empfangend“, sowie die Reihe Porträts seiner Tochter Lavinia, von denen ein \{önes Exemplar sich im Berliner Museum befindet, gehören dieser Zeit an. Ebenso die Reihe ron Darstellungen der liegenden Venus mit den verschiedeaen Varianten. Das \{önste Bild dieser Gattung, das in Dresden befindliche, soll indessen nach den Verfassern nicht von Tizians Hand feir.

1550 reiste Tizian an den Hof Carls V. nach Augsburg. Hier

lernte er Lucas Granah fennen und malte Johann Friedri von Sachsen. Auch Philipp II. von Spanien kaufte ihm fleißig Bilder zu hohen Preisen ab. Es sind dies die flüchtigen, weniger anziehen- den Bilder seiner leßten Zeit. _ Tizian hat im Ganzen ungefähr 1000 Bilder gemalt. Na dem übershrittenen 60. Jahre wird er fast noch produktiver. Vor Kum- mer in der Familie ‘und Vereinsamung fand er eine Zuflucht bei sei- ner Kunft.

„Tizian starb am 27. August 1576 an der Pest. Seinem Wunsche gemäß wurde er feierlih in der Kirche dei Frati bestattet.

Bekanntmachung der Sieger in der Konkurrenz, be- treffend eine Anleitung zur Anlage 2c. von Hausgärten für Lehrer auf dem Lande.

Um den von dem Verein in der Monats\crift I, O. E,

ausgeseßten, von Sr. Excellenz dem Hrn. Minister für die geistlichen, Unterrichts- und Medizinal - Angelegenheiten bewilligten Preis von 200 M. „für eine furze, populäre Anleitung zur Anlage, Bepflan- zung und Pflege von Hauégärten für Lehrer auf dem Lande“ sind bis zum festgeseßten Termin am 15. Oktober 1877 81 Bew?2rbungs- schriften eingegangen. Das Preisrichter-Kollegium, bestehend aus den Pes Königlicher Hofgarten-Direktor F. Jühlke, Potsdam, Könige iher Kammerherr v-n Behr auf Schmoldow, Gymnasial-Lehrer Friedr. Schneider II., Wittstock, Rentier Carl Lackner, Berlin, und Dr. L. Wittmack, General-Sekretär des Vereins, hat nach- dem die Schriften, behufs sorgfältigster Prüfung in einzelnen Serien bei den Preisrihtern abwe{selnd zirkulirt, in seiner Schlußs- sißung am 5. Januar d. J. der Arbeit Nr. 49 mit dem Motto: „Wo ein Raum, pflanz’ einen Baum, und pflege sein, er bringt Dir's ein“, mit 4 Stimmen gegen 1 Stimme den von dem Herrn Minister für die geistlichen 2c. Angelegenheiten ausgeseßten Preis von 200 M. zugesprohen. Die Publikation des Preisrichterspruches fand in der Vereinssißzung am 30. Januar ftatt, und ergab das ge- öffnete Couvert als Namen des Verfassers: Conrad Heinrich, erster Obergärtner und Lehrer am Königlichen pomologishen Institut in Proskau. Außerdem hatten die Preisrichter in Anbetracht dessen, daß noch mehrere sehr gute Arbeiten eingegangen waren, beantragt, daß noch folgende Preise ertheilt wurden:

1) Der Arbeit Nr. 54. Motto: „Vtle cum daulci“, eine silberne Vereinsmedaille. Verfasser: Großherzogliber Hofgärtner Fulius Hart- wig in Weimar. 2) Der Arbeit Nr. 60, Motto: „UVtile cum dalci“, eine bronzene Vereinsmedaille. Verfasscr: Herr Pastor E. Pfiter in Bulow bei Kalzig, Kreis Züllichau. 3) Der Arbeit Nr. 9. Motto: „Exemplum docet“, ein Ghrendiplom. Verfasser: Herr Landschafts-. gärtner O. Hüttig, Charlottenburg. 4) Der Arbeit Nr. 34. Motto: „Nicht ohne Mühe ijt Gewinn“, ein Chrendiplom. Verfasser: Herr Rechnungs-Rath Ferd. Adolf Hueppe in POLEIOsE bei Neuwied. 9) Der Arbeit Nr. 67. Motto: „Zum Nüßblihen das Schöne“, ein Ehrendiplom. Verfasser : Hr. Franz Goeschke, Obergärtner und Lehrer am pomologishen Institut in Proskau. 6) Der Arbeit Nr. 78. Motto: „Die Schule soll fürs Leben erziehen“, ein Ehren- diplom. Verfasser: Hr. Lehrer Julius Beeger in Leipzig; und wur- den diese Preise von der Versammlung einstimmig bewilligt. Die niht prämiirten Schriften können gegen Vorzeigung einer Abschrift des sie begleitenden uneröffnet gebliebenen Zettels bei dem General- Sekretär wieder in Empfang genommen werden,

Der Vorstand des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den preußischen Staaten.

_ Die französische Schauspieler-Gesellschaft des Hrn. Direktors Neumann im Saal - Theater des Königlichen Schauspielhauses brachte am Donnerstag: „Adrienne Le- couvreur“ von Scribe und Legouvé zur Aufführung. Das Stück, welches zuerst im Jahre 1849 im Théâtre Français gegeben: wurde und den damaligen glänzenden Erfolg vornehmlich der vor- züglichen Darstellung der Titelrolle durh Mle. Rachel zu verdanken hatte, ist die erste von jenen vier dramatischen Arbeiten, welche Scribe in Verbindung mit Legouvé verfaßte. Auf „Adrienne Le- couvreur“ folgten im Jahre 1851 „Der Damenkrieg“, „Die Erzählungen der Köpvigin von Navarra“, und im Jahre 1858 „Feenhände“. Alle vier haben sih auch auf der deutshen Bühne einge- bürgert und die efffektvolle Rolle der „Adrienne Lecouvreur“ ist mit Vorliebe auch von deutschen Schauspielerinnen gewählt worden. „Adrienne Lecouvyreur“ ist ein sehr ge\cickt zugeschnittenes und an=- geordnetes, fesselndes Theaterstüdck, welches die virtuose Bühnentechnik seiner Verfasser bekundet. Die Darstellung dur die gegenwärtige französishe Schauspieler-Gesellshast war eine im Ganzen recht lobenswerthe. Die Titelrolle spielte Mdme. Tessandier mit feinem fkünstlerishem Verständniß und Ebenmaß, so daß ihr wiederholt lebhafter Beifall zu Theil wurde. Eine wirksame Re- präfentation fand auch die Rolle der Prinzessin von Bouillon in Mdme. Conti. ‘Mdme. Dauvray brachte für die Rolle der Herzogin von Aumont nicht die nöthige Gewandtheit und vornehme Haltung mit. Die bedeutenderen Männerrollen waren in den Händen der Herren Ach (Moriß von Sachsen), Dalbert (Abbé von Chazeuil),. Demanne (Prinz von Bouillon) und Noël (Michonnet), von denen sih besonders die beiden leßteren warme Anerkennung erwarben.

Das Wallner-Theater wird am Montag bei glänzender Beleuchtung des Hauses die Vermäh lungsfeier Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen Charlotte und Elisabeth dur die Bialsche Jubelouverture und durch einen von O. F. Gensichen ge- dichteten und gesprochenen Prolog festlich begehen: E Aufführung gelan- gen au an diesem Tage mit Hrn. Friedrih Haa fe als Gaft die beiden Eee h n Lustspiele „Der Sclave“ und „Jch werde mir den Major einladen“.

Hr. Direktor Theodor Lebrun wird im National- Theater vorläufig nur zweimal, am Sonntag und Montag als „Hypochonder“, auftreten, weil den beliebten Künstler eine Verpflich- tung nah Bremen ruft. Später gedenkt derselbe dann eine sener besten Charafkterdarstellungen in dem genannten Theater vor- zuführen.

Im Stadt-Theater wird morgen, Sonntag, Frl. Therese v. Meersberg in dem Liederspiel „Eine verfolgte Unschuld“ von Pohl als Gast auftreten, und zwei Lieder-Einlagen aus ihrem reichen Re« pertoire zu Gehör bringen. Demselben geht das Repertoirestück „Die S E der Gesellschaft“ mit Hrn. Direktor Emil Hahn als „Kon« sul Bernick“ voran. Den Beginn des Abends bildet der bekannte Belly'she Schwank „Hohe Gäste“ mit Frl. Floessel, Hrn. Engels a. G. und Hrn. Mejo in den Hauptrollen.