1878 / 42 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Feb 1878 18:00:01 GMT) scan diff

der Regel beim Ende der Finanzperioden in Aussiht genommen werden konnte, diesmal das Bedürfniß eines Zuschusses hervor-

treten wird. der leßtverflossenen Rechnungsperiode vom

Schon der Abs{lu 1. Januar 1876 bis 31. März 1877 hat den Beweis geliefert, denen Ueberschüfsse

daß die Zeit der fetten Jahre, in

die Regel bildeten, vorüber is. Der Rechnunzsabschluß für 1876/77 wird, wie die Ihnen demnächst zugehende Uebersicht Über die Finanzergebnifse dieses Jahres näher darlegt, rechnung8mäßig bereits mit einem Defizit von etwa 1 300000 Æ abschließen. Dieses Defizit verschwindet indessen und verwandelt sich in einen nicht nennenswerthen kleinen Uebershuß, wenn die einmaligen Mehrausgaben der Marineverwaltung im Betrage von ungefähr 14 Mill. Mark, welche durch die Restbestände dieser Verwaltung vorläufig gedeckt worden sind, definitiv auf diese Restbestände übernommen worden, wie Ihnen das voa der Regierung vorgeschlagen wird.

Weit weniger günstig, als der Abschluß des S aN ae 1876 auf 1877, wird sich der Abschluß des laufenden Rehnungsjahres stellen. Denn es läßt sich schon jeßt übersehen, daß auf der einen Seite die Ausgaben bei verschiedenen Verwaltungszweigen den etat- In Ansaß überschritten haben und überschreiten werden, wäh- rend andererseits die Einnahmen in ihrer Gesammtheit in nicht un-

erheblihem Maße hinter den Ansäßen des Etats zurückbleiben werden.

Was zunächst die Ausgaben anlangt, so hat sich bei den fort- dauernden Ausgaben der Militärverwaltung ein Mehrbedarf über den Etat herausgestellt im Betrage von etwa 3 800 000 Æ. Diese Ueberschreitung i} zum größten Theil, d. h. bis zum Betrage von etwa 3 000000 Æ, dadur entstanden, daß höhere Naturalienpreise für die Verpflegung der Truppen gezahlt werden mußten, sowohl bei den Brotfrüchtcn, als bei der Fourage. Ich werde auf diesen Punkt etwas näher ei1gehen, und glaube, es thun zu sollen, weil derselbe au für die Berathungen des nächst-n Etats voa Interesse ist, da auch bei dem nächsten Etat der Mebrbedarf für die Militärverwal- tung hauptsählich aus den höheren Naturalienpreisen hervorgeht.

Nah den Mittheilungen der Königlich preußischen Militär- verwaltung haben fi die Preise für Roggen, Hafer, Heu und Stroh im laufenden Jahre höher gestellt, für den Ctr. Roggen um 31 s, für den Ctr. Hafer um 1 Æ 4 S, für den Ctr. Heu um 38 S, für den Ctr. Stroh um 1 4 33 H. Bei Weizen hat sich allerdings eine Minderausgabe ergeben, indem für den Centner 60 4 weniger bezahlt zu werden brauchten, als im Etat vorge¡ehen war. Indessen ift das nur von geringem Einfluß auf den Rechnungsabs{chluß, weil der Bedarf an Weizen im V:rhältniß zu dem Bedarf an den übrigen von mir genannten Naturalien sehr gering ist. In Folge dieser er- Hhöhten Naturalienpreise also ist einz Mehrausgabe von etwa 3 Mil- lionen Mark zu erwarten. Es kommen dazu noch bei der Militär- verwaltung und zwar bei den fortlaufenden Ausgaben: Mehrkosten für Transport- und Vorspannleistungen, bei der Remontirung und für Ersaß von Flurbeshädizungen bei den Truppenübungen, fo daß im Ganzen bei den bis jeßt genannten fortdauernden Ausgaben der preußischen M litärverwaltung ein Plus von etwa 3 800000

egenüber dem Etat zu erwarten ist. Es stehen jedoh dieser Summe

inderaus8gaben bei andern Zweigen der Militärverwaltung im Betrag von etwa 1 800000 A gegenüber. Hiernah ist bei den unter preußischer Verwaltung stehenden Kontingenten eine Netto- Mehrausgabe von etwa 2 Millionen Mark in Aussicht. Rechnet man dazu für das Königlich sächsische, für das Königlih württem- bergishe Kontingent und für die Nachtragsquote, die an Bayern zu zahlen ift, eine Summe von etwa 400 000 , so würde also bei den fortdauernden Ausgaben der Militärverwaltung eine Ueber- \hreitung von ungefähr 2400000 4 entstehen.

Bei anderen Zweigen der Reihsverwaltung sind ebenfalls Mehr- ausgaben über den Etat hinaus unvermeidlih gewesen, und zwar sind bei dem Reichskanzler-Amt in Folge des Ausbruchs der Ninder- pest im vorigen Jahre etwa 1 200000 #4 mehr verausgabt. Beim Etat des Reichstages wird sich eine Ueberschreitung der fortdauern- den Ausgaben um? etwa 75 000 M ergeben; es wird außerdem für die baulichen Aenderungen, die im Reichstag8gebäude stattgefunden E ein außeretatmäßiger Betrag von 3000093 6 zu verrech- nen sein.

Bei dem Auswärtigen Amt sind die Mehrausgaben im laufen- den Jahre veranschlagt auf 110000 4, so daß im Ganzen die vor- aussihtlihe Ueberschreitung in den Ausgaben die Summ? von etwa 4 085 000 M erreichen wird.

Dieser Summe gegenüber stehen nun Ersparnisse bei einzelnen Verwaltungszweigen. Cs sind bei den einmaligen Ausgaben des Reichskanzler-Amts als Ersparniß in Aussicht zu nehmen etwa 240 000 Æ, bei der Reihs-Justizverwaltung 20 000 4, bei dem all- gemeinen Pensionsfonds 200000 , an Zinsen der Reichs\{chuld

00000 A Zieht man diese Ersparnisse im Gesammtbetrage von 1 360000 A ab von der vorhin erwähnten Summe der Mehr- ausgabe, fo bleibt eine reine Mehrausgabe von 2 725 000 M

Bei den Einnahmen, meine Herren, jhat sich zunächst auf dem Gebiet der Zöllé und Verbrauchssteuern ein sehr erheblihes Zurück- bleiben der wirklichen Einnahmen gegenüber dem Etat herausgestellt. Es liegen mir die vorläufigen Rechnungsabschlüsse bis Ende Ja- nuar vor. Wenn man für die Monate Februar und März gleiche Einnahmen unterstellt, wie sie in den Monaten Februar und März 1877 erzielt worden sind, so ergiebt sich Folgendes: Bei den Zöllen eine Mindereinnahme gegenüber dem Etat von 9 876 000 M, ih lasse die hunderte weg bei der Rübensteuer eine Mindereinnahme von 7046000 Æ, bei der Salzstener eine Mehreinnahme von 379000 M, bei der Tabaksteuer eine Mindereinnahme von 146 000 Æ, bei der Branntweinsteuer und der Uebergangsabgabe von Branntwein 33 Millionen Mark. weniger, bei der Brausteuer und der Uebergangsabgabe 84 000 M. weniger.

Diese Mindereinnahmen, abzüglih der kleinen Mehreinnahme an Salzsteuer, betragen demnach 20 279 000 A Es geht dav.n noch etwas ab dur die Aversen, so daß man auf eine Mindereinnahme an Zöllen und Verbrauchssteuern im Betrage von rund 20 Mil- lionen gefaßt sein muß.

Ercebait Let es kann dies nicht überraschen, wenn man auf das Ergebniß hinsieht, welches auch in andern Staaten die Zölle und Verbrauchssteuern im vorigen Jahre geliefert haben. Jch er- innere daran, daß _ in Amerika nah der Angabe des Schaß-Sekretärs der Vereinigten Staaten bei den Zöllen allein im vorigen Jahre ein Minderertrag von 17 Millionen Dollars eingetreten ist.

Außer diesen Mindereinnahmen, auf die wir uns bei den Zöllen und Verbraucbssteuern gefaßt machen müssen, ist vorauszusezen, daß auch bei der Wechselsteuer ein geringerer Ertrag, als er etatsmäßi vorausgesetzt war, eintreten wird. Es wird diejer Minderertrag auf 375 000 f. zu schäßen sein; ebenso können wir bei der Post- und Telegraphenverwaltung und bei der Reichs-Eisenbahnverwaltung nicht darauf rechnen, daß der volle Betrag, wie er in den Etat eingestellt ist, erzielt werden wird. Es werden die Ueberschüsse der Post- und Telegraphenverwaltung und der Reichs-Eisenbahnen um je Ein und eine viertel Million zurückbleiben, also zusammen um 2,500,000 4 Es ergiebt si danach eine Mindereinyahme, einschließli der vorhin erwähnten bei den Zöllen und Verbrauchsfteuern von 22 875 000 4

Dieser Mindereinnahme stehen einige Mehreinnahmen gegenüber. Es hat sich nämli an Ueberschüssen aus dem Jahre 1875 in Folge von Ersparnissen bei der Restverwaltung ein Mehrertrag ergeben von 2 593 000 Ferner haben die Zinsen von angelegten Reichsgeldern bei dem Festungsbau- und Eisenbahnbaufonds mehr ertragen 1 190 000 Æ, und aus verschie*enen Einnahmen sind mehr zu er- warten 70000 «4 Wird der Gesammtbetrag dieser Mehreinnahmen mit 3,853,000 M4 abgezogen von den vochin erwähnten Minder- einnahmen, fo bleibt eine reine Mindereinnahme von 19 022000 M. Zähle i dazu den vorhin berechneten Mehrbetrag der Ausgaben von 2 125 000 Æ, so ergiebt sich im Ganzen voraussihtlih ein nit gedeckter Betrag von 21 747 (00

Ich muß der Vollständigkeit halber noch erwähnen, daß außer den Ausgaben, die bei diefer Aufstellung berüdsihtigt sind, noch eine außeretatsmäßige Ausgabe von 4650 000 Æ entstanden ist, bezw. entstehen wird in Folge der Verstärkung der Friedensgarnisonen in

Elsaß-Lothringen und der zu diesem wee veranstalteten Ver- legung von Truppentheilen nach den Reichslanden. Zur Unter- bringung dieser Truppeniheile waren Kasernementseinrichtungen nothwendig, die einen Kostena nd in der von mir bezeich- neten Höhe veranlassen. Jh habe diese Summe in dem von mir vorgetragenen Rechnungsabs{luß deshalb nicht berücksihtigt, weil ih von der Annahme ausgehe, das hohe Haus werde damit einverstanden sein, daß dieser Betrag niht durch laufende Mittel, sondern im Wege des Kredits demnächst zu decken sei. i

Meine Herren! Wenn ih mich nunmehr, nachdem ih Ihnen das muthmaßliche Ergebniß des laufenden Etatsjahres vorgeführt habe, zu dem Entwurf des Reichshauëhalts für das nächste Etats- jahr wende, so kann ich wmich dabei kurz fassen. Es ift dieser Etat in jeiner anzen Konstruktion vollständig dem Etat für das laufende Jahr nawgebildet, abg-sehen von der mehr formellen Aenderung, daß drei neue Spezial-Etats gebildet find. Die Abweichungen, die der Gtat g genüber dem laufenden Etat im Einzelnen enthält, sind dur die den Spezial-Etats beigefügten Bemerkungen, sowie dur die Bemerkungen in der dem Haupt-Etat anliegenden Denkschrift zur Genüge erläutert, so daß ich lediglih auf diese Erläuterungen Bezug nehmen kann. Ich will nur ganz kurz das Resultat, wie es in der letßztgedahten Denkschrift auf Seite 170 des Haupt- Etats Ihnen dargelegt i}, mit einigen Bemerkungen begleiten.

Es ergiebt sich aus diesem Abs{luß, daß der Mehrbedarf für das nächste Etatsjahr, abzüglich der Minderansätße, die bei einigen Verwaltungszweigen vorkommen, im Ganzen 11 466 000 Æ beträgt ; dazu kommen die Mindereinnahmen, ebenfalls nach Ab -.ug der bei einigen Verwaltungen, namentlich bei der Post- und Telegraphen- verwaltung, bei der Eisenbahnverwaltung und bei der Reichsdruckerei in Ausficht genommenen Mehrüberschüsse, ih sage, es lommen dazu die Mindereinnahmen bei den Zöllen und Verbrauchssteuern, der Wechselfteuer u. |. w. im Betrage von 16 993 000 (, so daß im Ganzen -der Ausfall bei den Einnahmen und der Mehrbedarf bei den Ausgaben sfih auf 28459 000 A berechnet.

Unter den Mehrausgaben sind die Hauptposten folgende: Bei der Verwaltung des Reichsheeres 4 262 000 #4, bei der Marinever- waltung 3 550 000 M, bei der Reichss{uld 3 301 009 M.

Bei der Militärverwaltung ist der Mehrbedarf von 4 262 000 wesentlich veranlaßt, wie ih vorhin {on zu bemerken mir erlaubt habe, dur die höheren Nat:ralienpreise, die in Folge der höheren Durchschnittsansätze, die dabei zu Grunde zu legen sind, in den Etat aufgenommen werden mußten, Es betragen diejenigen Zugänge bei den fortdauernden Ausgaben des Militär-Etats (ein- \chließ;lich Sachsen und Württemberg), die sih nur auf die bestehea- den Durchschnitts\äße und auf die vorhandenen Preisverhältnisse gründen, allein 3,2954533 Æ Also von dem ganzen Mehrbedarf von etwas über 4 Millionen Mark für die Militärverwaltung sind 3 Millionen dadurch herbeigeführt, daß höbere Preise in Autsicht genommen w?rden müssen; der Rest fällt auf Formationsänderungen, auf Gehaltszulagen und Erhöhungen und auf sonstige Bedürfnisse.

Bei der Marineverwaltung ist, wie bemerkt, ein Mehraufwand von 3} Millionen in Ausficht genommen, der dadurch begründet ift, daß die Marine nach Maßgabe des Flottengründungsplans sich jedes Jahr erweitert und dadurch auch mittelbar weitere Bedürfnifse für die Verwaltung entstehen.

Bei der Reichs\chuld ift in Folge davon, daß im vorigen Jahre die 4 prozentige Anleihe zum größten Tbeil begeben worden ist, cs find jeßt nur noch ungefähr 5 Millionen rüdständig ein ver- größertes Bedürfniß an Zinsen vorhanden, Dieses Bedürfniß vergrößert sich noch, wenn, wie Ihnen vorgeslagen ist, für das nächste Etatsjahr eine neue Anleihe ‘von 775 Mill. Mark aufgenommen wird. Es kommen hinzu die Zinsen der Schaßanwei- sungen, so daß hier ein Mehrbedarf von 3,301,000 (A vorausgeseßt werden mußte. j

Was sodann die Mindereinnahmen betrifft, die in Aussicht ge- nommen sind bei den Zölkétt End Verbrauchs\teucrn, so erinnert ih das hohe Haus, daß beidem laufenden Etat außer der Fraktions- berechnung, die gewöhnlih der Veranschlagung der Zölle und Ver- brauhs\teuern zu Grunde gelegt wird, noch ein Zusaß gemacht wor- den ist wegen der Zunahme der Bevölkerung und zwar bei den Zöllen und sämmtlichen Verbrauchsfteuern, mit Ausnahme der Bier- und Labaksteuer. Es war dies damalRyerechtfertigt durch die Ergebnisse des Finanzjahres 1876: heute würde es, wie ih glaube, niht ge- rechtfertigt sein, einen solchen Zuschlag zu machen. Wenn wir ins Auge fassen, was ih vorhin über den muthmaßlichen Minderertrag der Zölle und Verbrauchssteuern im laufenden Etatsjahr gesagt habe, würde es wohl sehr gewagt erscheinen, wenn die Reichsregierung Ihnen dieémal wiederum vorschlagen wollte, einen Zusaß wegen der Be- völkerung zu machen. Mit Rücksicht hierauf sind die Zölle und Verbrauchssteuern des nächsten Etatsjahres um 7} Millionen ge- ringer veranschlagt.

Was die übrigen Mindereinnahmen betrifft, so ist darunter der Pa das Zurüdbleiben der Ueberschüsse aus früheren Jahren.

aran läßt sih leider nihts ändern. Dieser Einnahmeausfall be-

trägt allein 11,493,000

_ Wenn Sie, meine Herren, den Gtat im Einzelnen prüfen, so wird sich Ihnen, wie ih glaube, die Ueberzeugung aufdrängen, daß die verbündeten Regierungen bei der Einstellung der Ausgaben überall mit der nöthigen Rücksicht auf die jeßige Finanzlage des Reichs vor- gegangen sind. Es ift überall nur das eingestellt, was im Interesse der Verwaltung nothwendig aufgewendet werden muß, und wenn auf manchem Ctat vielleibt ein Posten vorkommt, von dem man nit sagen kann, daß er absolut nothwendig sei, so sind diese Posten nicht von Belang. Sie werden sich bei näherer Prüfung über- zeugen, daß es sih hier um nußbringende Anlagen handelt, oder daß die Ausgaben nöthig sind, um nationale Zwecke zu erfüllen, die, wie ih glaube, die Billigung des Hohen Hauses finden werden.

_Was nun die Art und Weise betrifft, wie der in dem Etat an- scheinend nicht gedeckte Bedarf von 28 Millionen Mark gedeckt wer- den soll, so ist durch den Etat selbst dem Hohen Hause bekannt, daß die verbündeten Regierungen, von der Absicht geleitet sind, diesmal keine Erhöhung der Matrikularbeiträge eintreten zu lassen. Sie {lagen Ihnen vielmehr vor, den Ausfall durch Erhöhung der eigenen Einnahmen des Reichs zu decken.

__Die Gründe, welche die verbündeten Regierungen bestimmen, diese Haltung einzunehmen, werde ih heute niht vor Jhnen erörtern und zwar deéhalb nit, weil, wie mir scheint, die Tagesordnung dem im Wege steht; ich nehme an, daß es die Absicht ist, die Frage, wie der vorhandene Mehrbedarf zu decken sci, erst bei der Generaldebatte über die Steuervorlagen zu diskutiren. Ich kann deshalb heute nur meincn Vortrag mit dem Ausdruck der Hoffnung s{ließen, daß es bei dem ernsten Eifer, mit dem die Regierungen sowohl, wie der Reichstag das Wohl der Nation zu fördern béitrebt sind, gelingen wird, zu einer Verständigung zu gelangen, nicht blos über die Höhe des finanziellen Bedarfs des Reichs, sondern auch über die Mittel E S wie di:ser Bedarf in der zweckmäßigsten Weise zu decken ein wird.

_ Der Abg. Richter (Hagen) brachte in längerer Rede ver- schiedene Hülfsmittel in Vorschlag, um die im Etat in Ansaß gebrachten Mehrausgaben zu vermindern und bekämpfte die in Ansaß gebrahten Mindereinnahmen als das Ergebniß einer allzu pessimistishen Auffassung der Lage der Neichsfinanzen. Der Direktor im Reichskanzler-Amt Dr. Michaelis be- merkte hierauf, er müsse bestreiten, daß die Aufstellung des Etats von pessimistischer Auffassung diktirt sei. Die Zahlen seien ganz der Wirklichkeit entsprehend gegeben und die nothwendigen Sclußfolgerungen aus denselben gezogen. Er fürchte, die Mehreinnahmen von der Rübensteuer und dem Zuckerzoll, welche der Vorredner in Aussicht ge- stellt habe, würden nur Worte bleiben. Der Vorredner habe den vorliegenden Etat mit dem von 1872 verglichen ; eine ein- fache Vergleichung sei niht angebracht, sondern man müsse

nah der Entwickelung der Wirklichkeit urtheilen. Die Er-

höhung des Etats von 1873 habe einer Konjunktur entsprochen, die man als eine dauernde niht habe Gen können. Im Jahre 1872 hätten die durch eigene Einnahmen des Reiches nicht gedeckten Ausgaben 12è Prozent betragen, im Jahre 1875 sih die dur eigene Einnahmen nicht gedeckten Ausgaben auf 26 Prozent Aan 1876 und 1877 auf un- gefähr ebenso hoch, 1878 auf 27 Prozent. Un- ter solchen Verhältnissen könne man die Etats von 1878/79 und 1872 also nicht ohne Weiteres rergleichen. Das Reich habe den Einzelstaaten für Erleihterungen Raun gegeben und ihnen gestattet ihre Ausgaben zum Wohle der Bevölkerung zu erweitern. Wenn man heute die Matriklular- beiträge auf den Kopfbetrag zurückführen wollte, wie sie 1871 gestanden hätten, so würde man Mittel für das Rèich in An- spruch nehmen müssen, welche niht mehr disponibel seien. Der Vorredner habe es getadelt, daß man von dem Grund- saße, die Vermehrung der Bevölkerung bei den Veranschla- gungen der Zölle und Verbrauchssteuern in Rehnung zu ziehen, abgewichen sei; es sei dies nothwendig gewesen, weil die vorjährigen Anschläge si nit erfüllt hätten. Sein Trost, daß die Rübenernte einen besseren Ertrag haben würde , sei do nur eine Diskontirung der Zukunft; die Hinweisung auf den «Fnvalidenfonds sei auch nicht durchs{chlagend, denn ob man Schulden mache oder Kapitalbestände aufzehre, sei ziemlich gleih. Die Mittel für die Jndienststelung von Schiffen seien nothwendig, wenn die Marine nicht außer Stand sein solle, die ihr zufallenden Aufgaben zu erfüllen. Jm Uebrigen könne er nur bitten, den Etat einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

_ Während der Rede des Direktors Dr. Michaelis trat der Reichskanzler Fürst von Bismarck ein, begrüßte den Präsidenten die Herren am Tische des Bundesrathes und zahlreiche be- freundete Abgeordnete, nahm zunächst neben dem Grafen Moltke Plat, mit dem er si, sowie nachher auch mit dem Prä- sidenten von Forckenbeck längere Zeit unterhielt. Alsdann zog er sih in sein Konferenzzimmer zurü.

Die Abgg. Frhr. von Malzahn-Gülß und Dr. Lucius (Erfurt) betonten die Nothwendigkeit, in diesem Jahre schon in die Anbahnung einer Steuerreform einzutreten und hoben hervor, daß die höheren Ansäße des Etats für die Naturalver- pflegung der Truppen nicht zu hoh gegriffen seien. Der Abg. Rickert {loß sich der erhobenen Bemängelung der höhern Preisansäßge für Naturalien im Militäretat vorbehaltlich einer näheren Prüfung in der Budget- kommission an, hob dagegen hervor, daß im Uebrigen der Militäretat zu Ausstellungen keine Veranlassung gäbe; alle im Jnteresse der Wehrhastigkeit Deutschlands nothwendigen Ausgaben müßten jedenfalls bewilligt werden. Der Abg. Schröder (Lippstadt) nahm Veranlassung, die Durchführung der Münzreform zu kritisiren, empfahl Sistirung derfelbas und Einführung der Doppelwährung.

__ Der Direktor im Reichskanzler-Amt Dr. Michaelis bemerkte hierzu, auf die Frage, ob die reine Goldwährung oder die Doppelwährung den Vorzug verdiene, wolle er nit eingehen ; diese Frage sei bereits geseßgeberisch entschieden. Wenn der Vorred- ner aber behaupte, daß die Münzreform eine völlig zwedlose, Dies Me Maßregel gewesen sei, so theile das deutshe Volk diese Ansicht niht. Seit dein Jahre 1875 gehe die Ausschei-

dung des Silbers aus dem Perkehr mit einer solchen Vehe-

7 menz vor sich, daß die Verkäufe von Silber, die vorgenommen

worden seien, keineswegs ganz Ee gewesen seien. Dieser Umstand beweise, daß die Münzreform einem lebhaften Bedürfniß des Volkes entspreche. Der Vorredner habe sodann auf die enorme Höhe der Verluste hingewiesen, die aus dem Verkauf der Unmasse noch einzuziehender Thalerstücke erwachsen werde. Dieser Behauptung wolle er einige Zahlen entgegen stellen. Es seien an Einthalerstücken im Ganzen ausgeprägt 3951/, Millionen Thaler, von denen beim Eintritt der Münzreform noch 3673/4 Millionen einzuziehen übrig gewesen scien. Nach den Erfahrungen, die bei den Zweithalerstücken und bei den Zwei- und Einguldenstücken gemaht worden seien, würden circa 21 Prozent der Ausprägung bereits früher aus dem Verkehr gezogen sein. Das mache einen Betrag von 83 Millionen, nach deren Abzug also beim Beginn der Nünzreform noch 284 683 000 Thaler zirkulirt hätten. Hier- von seien bis jegt von Neichswegen 144 126 000 Thaler ein- gezogen, so daß im Ganzen noch 1404 Millionen übrig seien. Dieser Betrag repräsentire eine Silbermenge von 4 680 000 Bund fein. Bisher seien vom Reiche bereits 54 Millionen Psund verkauft, so daß also weit über die Hälfte des noth- wendigen Silberverkaufs bereits effektuirt sei. Der Vorredner habe ferner behauptet, der Silberwerth werde, nachdem die Reform durchgeführt sei, wieder rasch auf seine frühere Höhe emporschnellen ; er wünsche das von ganzem Herzen, aber wenn das geschehe, jo sei ja der Theil des Verlustes, der für das Reich durch die Preisentwerthung entstche, mehr als zur Hälfte ausgeglichen. Er bitte also, \sich dur die Ziffern des Abg. Schröder nicht irre machen zu lassen. Die Zahlen, die der Wirklichkeit entsprächen, bewiesen, daß die {hwerste Arbeit der Münzreform bereits gethan sei.

Jn ähnlichem Sinne spra sich der Abg. Dr. Bamberger aus. Die Debatte wurde hierauf ges{lossen und nach einigen persönlichen Bemerkungen der Antrag des Abg. Dr. Nieper, die Etats der Post- und e e AnD sowie der Eisenbahnverwaltung an eine besondere Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen, sowie der Antrag Rickert auf Ueberweisung einzelner Theile des Etats an die Budget- fommission angenommen.

Um 5 Uhr vertagte sih das Haus bis Dienstag 12 Uhr.

___— Wider deutsche (nit -bayerishe) Eisenbahnen sind beim Reichs-Eisenbahn-Amt in der Zeit vom 1. Oktober bis ult. Dezember vor. J. im Ganzen 102 Be- schwerden aus dem Publikum eingelaufen. Von ihnen be- ziehen sich 28 auf den Personenverkehr, 55 auf den Güter- verkehr und 19 auf andere Gegenstände.

Das Reichs-Eisenbahn-Amt hat von diesen Beschwerden als begründet erachtet 13, als unbegründet zurückgewiescn 13, wegen mangelnder Zuständigkeit der Reichsgewalt nit zur Kognition gezogen 24, auf den Rechtsweg verwiesen 17.

Die übrigen 35 Beschwerden wurden in den meisten Fällen mit Rücksiht auf den darin behandelten Gegenstand sofort an die zuständigen Eisenbahnverwaltungen abgegeben.

Betroffen von Beschwerden sind überhaupt 31 Bahn- verwaltungen. Unter diesen sind 15 mit je einer Beschwerde betheiligt, während die gon der auf jede der übrigen Bahnen fallenden Beschwerden sih zwischen 2 und 9 bewegt.

Von den zur materiellen Entscheidung des Reichs-Eisen- bahn-Amts gelangten 26 Beschwerden waren 50 Proz. als be-

gründet anzuerkennen.

Dur Allerhöchsten Erlaß vom 24. Dezember v. J. ist genehmigt worden, daß der Name der im Kreise Gladbach belegenen Stadt Dahlen in Rheindahlen umgeändert werde.

Die rage, welhe Stellung die Landespolizei- behörden fortan nah dem Uebergange der Fürsorge für den Chausseeneubau auf die Provinzialverbände den ausgebauten Kreis-, Gemeinde-, Privat-, Aktien- 2c. Chausseen gegenüber einzunehmen, und in welcher Weise und Ausdehnung sie bei Chausseeneubauten eine Prüfung der Projekte enen haken werden, wird dur den dem Land- tage der Monarchie zur Zeit zur Beshlußnahme vorliegenden Entwurf einer Wegeordnung geregelt werden. Bis zu einer olchen geseßlihen Regelung wird, nah einem Cirkularerlaß 1e Handels-Ministers vom 8. v. M., nach folgenden Grund- säßen zu verfahren sein. Durch die Uebertragung der Für- sorge für den Chausseeneubau und der Verwaltung und Unter- altung der vormaligen Staatschausseen auf die Provinzial- verbände ist das Recht und die Pflicht der Landespolizeibehörde und ihrer Organe, die Kreis-, Gemeinde-, Privat-, Aktien- 2c. Chausseen zu beaufsichtigen, niht berührt worden; ebenso unterliegt es keinem Zweifel, daß auch bezüglich der in die provinzialständische Verwaltung und Unterhaltung übergegan- genen früheren Staatschausseen den staatlichen Organen das Aufsichtsreht in derselben Weise, wie bezüglih der übrigen Chausseen und aller öffentlihen Wege überhaupt zusteht. Die Bezirksregierung hat daher darüber zu wachen, daß auch nah den zu Folge des Dotationsgeseßes eingetretenen Veränderungen den Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Verkehrs Genüge geschieht. Für die Ausübung des staatlichen Aufsichtsrehts in dieser Beziehung wird es indeß völlig genügen, die bautehnishen Mitglieder der Regierung sowohl wie die Landräthe und Lokalbaubeamten anzuweisen, bei Ge- legenheit ihrer Dienstreisen auch auf den Zustand der Chausseen u achten und erheblihe Mängel zu ihrer Kognition zu ringen; auch wird es sich empfehlen, an die provinzialständische Verwaltung das Ersuchen zu richten, die ordnungsmäßige Unterhaltung der Kreis- 2c. Chausseen gleihfalls durch ihre Organe Üüberwahen und die dabei gemachten Wahrneh- mungen zu ihrer Kenntniß gelangen zu lassen. Was die F.age anbetrifft, in welcher Weise und Ausdeh- nung die Projekte von Chausseeneubauten Seitens der Landespolizeibehörden zu prüfen sein werden, so ist die spezielle Revision dieser Projekte den provinzialständischen Organen zu überlassen. Die Regierung hat sich bei der Prü- fung der Projekte, die überhaupt nur insoweit zu erfolgen haben wird, als die Verleihung des Enteignungsrehts, das Recht der Wegegelderhebung und der sonstigen f. g. fiskalischen Vorrechte in Frage kommt, auf die in landespolizeilicher Be- ziehung und im Fnteresse des allgemeinen Verkehrs wichtigen Gesichtspunkte zu beshränken. Dabei sind die Regierungen noch darauf hingewiesen worden, daß es überhaupt im Interesse der durch das Dotationsgeses vom 8. Juli 1875 angestrebten Erweiterung der Selbstverwaltung sich empfehlen wird, bei der Ausübung des Aufsichtsrehts sowohl betreffs der Unterhaltung der Frdfiéven Staatschausseen wie betreffs der Prüfung der Chausfseeneubau-Projekte von einer jeden niht unbedingt gebotenen Einmischung abzusehen.

Die Ehefrau ist, nah einem Erkenntniß des Ober- Tribunals, vom 30. Januar d. F., im Geltungsbereiche des Allgemeinen Landrechts berechtigt, im Namen des abwesenden Gatten, auch ohne Vollmacht desselben, einen Strafantrag zu stellen. Einer nachträglichen Genchmigung dieses Antrages Seitens des wieder zurückgekehrten Gatten bedarf es nicht, vielmehr würde nur die ausdrücklihe Mißbilligung des Straf- antrages die Wirkung desselben wieder aufheben.

Nah dem Reichsgeseß vom 21. Dezember 1871, 8. 19, 2, betr. die Beshränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, sind innerhalb der strengen Zwischenrayons alle baulihen Anlagen unzulässig und auf Esplanaden nur solche Anlagen gestattet, welche nah dem Urtheil der Militärbehörde zur Vertheidigung dienen können. Jn Beziehung auf diese Bestimmung hat das Reichs-Ober-Handelsgericht, als höchster Gerichtshof für Elsaß-Lothringen, durch Erkenntniß vom 19. Oktober 1877 den Rechtssaß ausgesprochen: Die Anlage von Garten- lauben und Rebgeländen auf Esplanaden is nur mit Genehmigung der Militärbehörde statthaft. Sind diese An- lagen ohne eine solhe Genehmigung gemacht worden, so ist der Thäter strafbar, gleichviel ob die gemacht. n Anlagen that- sählih für schädlih oder unschädlih zu erachten sind.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich würt- tembergische Ober - Tribunals - Nath von Kohlhaas ist hier eingetroffen.

Bayern. München, 15. Februar. Die Dauer des Landtags ist bis zum 23. d. M. verlängert worden; die Königliche Staatsregierung beabsichtigt aber, wie die „Alg. Ztg.“ mittheilt, wenn die Vereinbarung beider Kammern über das Budget schon früher erfolgt es dürfte dies wohl Mitte der kommenden Woche der Fall sein die Vertagung des Landtages dann schon eintreten zu lassen. n dem Bud- get, wie es die Staatsregierung den Kammern Ende Sep- tember v. J. vorlegte, waren die Staatsausgaben und Staatseinnahmen mit je 227 557 220 /6 per Fahr veran- \hlagt; nach den Beschlüssen der Kammer der Abgeordneten aber berechnen sich die Einnahmen auf 221 633 348 4, die Ausgaben dagegen auf 221461880 ##, so daß sih vorerst ein Aktivrest von 171468 F ergiebt. Jn der heutigen Sißung der Abgeordnetenkammer verlas der Präsident zunächst das Königliche Reskript, welches den Landtag bis zum 23. Februar verlängert. Der Geseß- entwurf, betreffend die pfälzischen Eisenbahnen, wurde an den Eisenbahnausshuß, die Petition des Verwaltungsraths des bayerischen Gewerbemuseums in Nürnberg um Bewilligung einer Subvention von 2 Millionen Mark der Staatsregierung ur Würdigung überwiesen. Der Abg. Hauck beantragte eine

evision des Nota riatsgeseßes in der Rihtung, daß das Notariat unter Berücksichtigung der Bedürfnisse großer Städte in der Regel mit den Amtsgerichten vereinigt werde. Der ustiz-Minister trat diesem Antrage entschieden entgegen. Mehrere Redner sprachen gegen, einer für den Antrag ; {ließ- lih wurde derselbe mit ziemlih großer Mehrheit abgelehnt.

_ 16. Februar. Der Geseßentwurf bezüglih der Er- rihtung eines Verwaltungsgerichtshofss wird, wie es heißt, in der Kammer der Reichsräthe vor der Verta- fung nicht mehr zur Berathung gelangen. Die Kammer : ves ei dem Etat der Pensionen und Unterstüßungen vorgestern auch die 38 000 4 bewilligt, welhe die Kammer der Abge-

| ordneten an Stelle des von ihr abgelehnten Ministerial-

Dispositionsfonds in das Budget eingestellt hatte; in einem Nachtragsberiht des Aus\{husses der Reichsrathskammer wird nun aber bemerkt: nachdem die hohe Kammer „aus Rücksicht der Würde der Ressort-Minister und wegen Geheimhaltung der Petenten beschlossen hat, in den Etats derselben den Dis- positionsfonds aufzunehmen, welther von ihnen zu Unter- stüßungen benußt werden soll“, beantragt dcr Aus\{uß: den Etat der Vensionen 2c. um die in Rede stehenden 38 000 M wieder zu kürzen. Die Kammer hat diesem An- trag in einer heute Nachmittag abgehaltenen Sißung beige- stimmt. Ebenso hat dieselbe den Entwurf des Tax- und Stempelgeseßes in der von der Kammer der Abgeord- neten beshlossenen Fassung angenommen, so daß hierüber ein Gesammtbeschluß erzielt ist. Bezüglich des fchon im Juni vorigen Jahres an die Kammer der Abgeordneten gelangten Geseßentwurfes, die Abänderung des Art. 2 des Ge- seßes vom 10. Juli 1865, die Abkürzung der Finanz- periode betreffend, dessen Hauptbestimmung dahin geht: daß der Hauptetat über die Ausgaben der Militärverwaltung, und deren ordentliche Dotation den Kammern alljährlich und spätestens drei Monate nach der Festseßung des Reichshaushalts-Etats vorzulegen is, wird vom Finanzaus\s{chuß die Annahme mit oiner Redaktionsänderung eantragt, dahingehend, daß die erstmalige Vorlage nicht für die Zeitperiode vom 1. April 1877 bis 31. März 1878 für welche der Etat schon geseßzlih geregelt ist —, sondern für den jeweiligen Zeitraum vom 1. April 1878 bis 31. März 1879 zu erfolgen hat.

Sachsen. Dresden, 16. Februar. Die Erste Kammer trat in ihrer heutigen Sitzung den Beschlüssen der Zweiten Kammer betreffs des außerordentlihen Budgets für exortsezung und Vollendung der bei Uebernahme der Leipzig- Dresdener Eisenbahn im Gange befindlihen Bauten bei. Jn Betreff der Petitionen wegen der Landestrauer und der Einschränkung der geschlossenen Zeiten wurde, unter Ablehnung der von der Zweiten Kammer ge- faßten Beschlüsse, einstimmig beschlossen: „die König- lihe Staatsregierung zu ersuhen, das Mandat vom 16. April 1831 ciner Revision zu unterziehen und hierbei zu bestimmen, daß die Einstellung der Musik und öffentlicher Lustbarkeiten bei Landestrauer im einzelnen Falle durch Ver- ordnung bekannt zu geben sei, und zwar bei dem Tode des Königs in Dauer von nicht über 10 Tagen, bei dem Tode der Königin, einer Königin-Wittwe und des Kronprinzen, wenn er das 21. Fahr zurückgelegt hat, in Dauer von nicht über 5 Tagen, unter der Vorausseßung, daß in jedem Falle Musik und öffentliche Lustbarkeiten erst am Tage nach der M Beisehßung der Leiche wieder ihren Anfang nehmen dürfen.“

Hessen. Darmstadt, 16. Februar. (W. T. B.) Der

Großherzog begiebt sich heute Abend 7 Uhr zu den Ver- mählungsfeierlihkeiten nah Berlin.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 16. Februar. (W. T. B.) Die in dem Abgeordnetenhause in Wien und in dem Unter- hause in Pest eingebrahten Fnterpellationen über die orientalische Frage werden im Laufe der nähsten Woche von den Regierungen beantwortet werden. —+ Das Abge- ordnetenhaus beshloß heute mit 204 gegen 56 Stimmen, in die Spezialdebatte über den Zolltarif einzutrêten.

Schweiz. Bern, 15. Februar. (N. Zürch. Ztg.) Der Bundesrath hat zur Eröffnung der auf den 13. Mai hier- her einberufenen Konferenz zur Berathung einer inter- nationalen Vereinbarung, betreffend den Eisenbahn- frahtverkehr, und zur diplomatishen vertretung der Schweiz an derselben den Vorsteher des Eisenbahn- und Handelsdepartements, Bundesrath Dr. Heer abgeordnet. Als Referent wird ihm Hr. Prof. Dr. H. Fick in Zürich beigegeben werden; als Sekretäre mit berathender Stimme werden die Advokaten G. de Seigneux in Genf und Dr. H. Christ in Basel bezeichnet. Der Nationalrath hat dem Postulat des Ständeraths auf Untersuhung der Frage der Einführung einer Banknoten-, Sprit- und Tabaksteuer unter Namensaufruf mit 64 gegen 52 Stimmen zugestimmt. :

16 Februar. Der Nationalrath hat in Zustim- mung zu dem Beschlusse des Ständeraths sich für die Bei- behaltung der militärischen Fahkurse am Polytehnikum entschieden. Die vom Ständerathe beschlossene Bestimmung, betreffend Wiedereinführung der suspendirten Militärartikel durch die Bundesversammlung, ist verworfen worden.

Frankreich. Versailles, 16. Februar. (W. T. B.) Fn der heutigen Sitzung des Senats wurde von Seiten der Regierung ein Geseßentwurf vorgelegt, wona die Generalräthe mit Rücksiht auf die Weltausstellung hon zum 8. April ein- bexufen werden sollen. Die Versammlung beschloß die Dringlichkeit für die Vorlage. Jm weiteren Verlaufe der Sißung wurde die Wahl eines ständigen Senators vorgenommen. Dieselbe führte zu keinem Resultat. Carayon von der Rechten erhielt 135 Stimmen und Lefranc von der Linken 133 Stimmen. Am Dienstag findet eine aber- malige Wahl statt.

Spanien. Madrid, 16. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat Ayala zu ihrem Präsidenten gewählt.

Italien. wurde für den verstorbenen

(W: D. B.) Heute

Rom, 16. Februar.

König Victor Emanuel das feierlihe Requiem in der Pantheonkirche abgehalten. Die Minister, sowie die Hof- und Staatswürdenträger, die Botschafter und Gesandten mit ihrem Personal wohnten dem-

selben bei. Die Truppen hatten in der Nähe der Kirche Auf- stellung genommen. Die Börse und die Kaufläden waren ge- lossen.

I i 17. Februar. (W. T. B.) Ein Versuch der Jn tran- sigenten, ein einheitliches Votum der fremden Kardinäle zu erzielen, ist an dem Widerstande besonders der österreichischen Kardinäle gescheitert.

(H. C.)

Dänemark, Kopenhagen, 15. Februar. Das Folkething beendete gestern die zweite Lesung des Etats des Justiz-Ministeriuums und trat sodann in die Berathung des Kultus-Ministeriums ein, die heute fortgeseßt wurde. Die Anträge der Majorität des Budgetausschusses, also der ge-

Amerika. Was NRgeos, 16. Februar. (W. T. B.) Der Senat hat die Bland sche Silberbill bei der defi- nitiven Abstimmung, welche heute früh um 5 Uhr erfolgte, mit 48 gegen 21 Stimmen angenommen. Durch dieselbe werden die Silberdollars als geseglihes Zahlungs- mittel mit ihrem nominellen Werthe bei allen öffentlichen und privaten Zahlungen anerkannt. Ausgenommen hiervon sind die Fälle, in denen die Zahlung kontraktlich ausdrücklih anders stipulirt worden ist. Außerdem ermächtigt die Bill den Staatssekretär, monatlich Silber im Werthe von nicht weniger als zwei und niht mehr als vier Millionen Dollars zu Münzzwecken anzukaufen.

18. Februar. (W. T. B.) Die Blandsche Silber- bill ist in der vom Senate angenommenen Fassung heute der Repräsentantenkammer zugestellt worden. Jn leßterer werden Anstrengungen gemacht, um das vom Senate ange- nommene Amendement, durch welches die Silberausprägung qul 4 Millionen Dollars monatlich beschränkt wir d. zu mo-

ifiziren.

Der russisch-türkische Krieg.

St. Petersburg, 16. Februar. (W. T. B.) Wie der „Golos“ erfährt, ist dieDifferenz zwischen Gri echen- land und der Türkei durch Vermittelung des russischen Staatsraths Onou in folgender Weise beigelegt worden: Die Türkei wird keine Schiffe nah dem Piräus unv keine Truppen nah Thessalien und Epirus senden. Die griechische Regierung beruft ihre Truppen zurück und stellt die Feind- seligkeiten ein. Die europäischen Mächte werden auf dem Kongresse die Ansprüche und Rechte Griechenlands und del Beziehungen zu den griechischen Unterthanen der Türkei regeln.

17. Februar. (W. T. B.) Der „Regierungs - bote“ veröffentliht heute die Protokolle über die Frie- densbasen und über die Waffenstillstandskonvention, welche am 31. Januar, das erste von dem Großfürsten Niko- laus einerseils und Server Pascha und Namyk Pascha anderer- seits, das andere von den Generalen Nepokoitshißky und Levißly einerseits und Nedjib Pasha und Osman Pascha andererseits, unterzeichnet sind. Der Jnhalt dieser Protokolle stimmt mit dem bereits darüber Mitgetheilten überein. Der Waffenstillstand gilt ohne bestimmtes Ziel für die ganze Dauer der Friedensverhandlungen. Für den Fall, daß diese abgebrochen werden sollten, wird eine dreitägige Kündi- gung ausbedungen, nach deren Ablauf die Feindselig- Teiten wieder aufgenommen werden können. Das Ueberein- fommen ist für Serbien und Rumänien mit abgeschlossen wor- den. Montenegro soll E werden, sich demselben an- zuschließen. Der Kaiser Alexander hat diese Dokumente erst am Freitag erhalten. Dieselben sind von einer kurzen Notiz begleitet, in welcher konstatirt wird, daß die türkishen Bevoll- mächtigten ‘erst am 30. Januar die Autorisation zur Unter- zeihnung erhielten, welhe am 24. Januar von der Pforte abgesandt worden war. An demselben Tage habe der Groß- fürst noch die Militärbevollmächtigten ernannt, welche sofort in einer Sißung zusammentraten, um die Demarkationslinie fest- zustellen. Die Waffenstillstandskonvention wurde am folgen- den Tage, den 31. Januar, beendet und noch an demselben Tage allen Corpschefs zugesandt.

(W. T. B.) Das „Fournal de St. Petersbourg“ veröffentlicht ebenfalls P abumen ie über die Friedens- präliminarien und über die Waffen stillstandskonven- tion und beleuchtet zugleith in einem Leitartikel die räthselhasten Widersprüche und Jnkonsequenzen in den Aeußerungen der englishen Minister und ministeriellen Blätter. Das genannte Journal hebt besonders hervor, daß am 5. d. kein Grund zu Befürchtungen eines Vorrüdcktens der russishen Truppen gegen Konstantinopel vorlag, durch welche die „Morningpost“ das betreffende Telegramm Layards zu erklären sucht. Den für nächsten Dienstag in Aussicht gestellten Erklärungen des Fürsten Bismark in Bezug auf die orientalishe Frage wird hier mit größter Spannung entgegengesehen. Der Großfürst-Thron- folger wird am 18. d., Nachmittags 2 Uhr, hier erwartet. Die Großfürstin ist ihrem Gemahl heute entgegengereist.

(W. L. B.) Der „Agence RU] e“ zufolge isl Befehl nah dem Hauptquartier abgegangen, daß Gallipoli von den russishen Truppen nicht beseßt werden foll. Dasselbe Organ erklärt die mehr oder weniger beun- ruhigenden Wiener Telegramme der russischen Fournale über das Verhältniß zwischen Dester- reih und Rußland für gänzlich unbegründet. i

Konstantinopel, 16. Februar. (W. T. B.) Die

englische Flotte verläßt ihren bisherigen Ankerplat bei den Prinzeninseln und geht bei Gemlik in der Bucht von Mudania etwa 40 Meilen von Konstantinopel entfernt vor Anker, und zwar soll dies auf Wunsch des Sultans geschehen ein. Namyk Pascha ist zurückberufen worden und begiebt s nicht nah Adrianopel. Der französische Botschafter, Fournier, ist hier eingetroffen. Die Russen haben einige Redouten der Position von Tschataldja beseßt, sind aber noch nicht weiter vorgerückt. Der Sultan hat jeine Residenz von Yildiz Kiosk noch nicht verlassen. Safvet Pascha hat Jnstruktion erhalten, um die Friedensverhand- [lungen in Adrianopel zu beschleunigen.

17. Februar. (W. T. B.) Die englische Flotte, welche die Prinzeninseln verlassen hat, ist heute vor Gemlik eingetroffen. Die Russen haben in Folge erzielten Ein- vernehmens die neutrale Zone nicht überschritten.

London, 16. Februar. (W. T. B.) Heute Nachmittag fand in Trafalgar Square ein von etwa 2000 Personen be- suchtes Meeting statt. Es wurde zunächst eine Resolution angenommen, in welcher das Vertrauen der Vers l

u der Politik Lord Beaconsfields ausgedrückt wird. lsdann gelangte eine zweite Resolution zur Annahme, in welcher gegen die eventuelle Beseßung Kon}tantinopels dur die Russen, gegen die Erweiterung der russishen Macht im Schwarzen Meere, und gegen eine Verleßung der Fntegrität der Türkei protestirt wird. y Z

18. Februar. (W. T. B.) „Times“, „Daily News und „Standard“ sehen die gegenwärtige Situation heute bei Weitem friedl:cher an und glauben, daß die Kriegsgefahr vorläufig abgewendet sei. Der „Standard glaubt, die Rückbewegung der englischen Flotte nah der Mundania-Bai der Bereitwilligkeit Rußlands, von der Be- seßung Konstantinopels abzustehen , zuschreiben zu können. Die „Daily News“ erfährt, daß die Russen nach dem Abschlusse der Verhandlungen in Adrianopel, welcher, wie

mäßigten Fraktion der Linken, wurden meistens unverändert,

angenommen.

‘das Blatt meint, am Mittwoch erwartet werden dürfte, unz verzüglih Rumelien evakuiren würden.