1878 / 54 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Untersuchungen nothwendig sei. Man könnte dieselben mög- if Ti wissenshaftlihen Jnstituten überlassen; es sei aber zweifelhaft, ob fie dort mit Nußen Ÿ ellt werden könnten, die Laboratorien für Hhygienishe Zwecke Spezialinstitute sein müßten. Außerdem würden sich die Kosten dadurch nicht geringer stellen. Das projektirte Geseß gegen die Verfälshung der Nahrungsmittel werde nie- mals mit Wirksamkeit in Kraft treten können, wenn nicht andere untersuhende Stationen als die bisher existirenden vorhanden seien, welhe dem Richter das erforderliche Material an die Hand gäben. Der Abg. Hausburg lenkte die Auf- merksamkeit des Kaiserlichen Gesundheitsämts auf die große Kindersterblichkeit, die durch den verheerenden Einfluß der sogenannten Engelmacherinnen hervorgerufen werde. Aufgabe der Reichsregierung müsse es sein, diesem privilegirten Kinder- mord durch Errichtung öffentlicher unter Staatsaufsicht stehen- der Anstalten ein Ende zu machen. Der L von Winter {loß si den Ausführungen des Abg. Dr. Mendel an, in- dem er die öffentliche Gesundheitspflege mehr zu einer Auf- gabe der Selbstverwaltung als der staatlihen Organe zu machen wünschte. ]

E anse auf Ueberweisung dieses Etats an die Budget- kommission wurde abgelehnt und derselbe unverändert ge- nehmigt.

? Sierauf ging das Haus zur Berathung des Etats des Kaiserlichen Patentamtes über.

Die Abgg. Ur. Grothe und Dr. Hammacher sprahen den Wunsch aus, daß das Patentamt die bis jeßt noch nicht ge- fundene leitende tehnishe Kraft acquirire, welche dieses Amt niht im Nebenamt verwalte, sondern zu ihrem Lebensberuf machen könne. S

Der Vorsißende des Patentamtes, Ministerial-Direktor Dr. SFacobi, führte darauf aus, die E der Arbeit, mit welcher das Patentamt bei seinem Entstehen bedacht worden sei, hätte eigentlich größere Ansprühe nöthig gemaht, als der

vorliegende Etat enthalte; aber die Regierung habe es nicht g n Ins Fchon furze Seit nah dem Ent-

tür -anganchen gehalten, furze Bet stehen, A Summen für die Zwede der dauernden Ge- staltung zu verlangen. Aus den Ausführungen der Vorred- ner sei ihm nicht recht klar geworden, welche Stellung eigent- lih das von ihnen verlangte ständige, tehnishe Mitglied ein- nehmen solle. Ein technishes Mitglied fei gewöhnlih nicht für die Administrativverwaltung geeignet. qn dem Patent- Amt werde die administrative Leitung durh die ständigen Mitglieder, die tehnische durch die nihtständigen Mitglieder versehen. Eine Zurückstellung der e fu Mitglieder könne hierin nit gefunden werden ; vielmehr sollten dieselben mit den Fortschritten der Jndustrie in lebendigem Zusammenhang bleiben, was nicht möglih wäre, wenn ihnen gleichzeitig die s{chwierige Administration auferlegt würde. P

Nachdem noch der Abg. Pr, Braun (Wiesbaden) das Verlangen der Abgg. Dr. Grothe und Dr. Hammacher als im jebtigen ride materiell und formell ungere{htfertigt be- zeichnete hatte, wurde der Etat des Patentamtes unverändert genehmigt.

Es folgte die dritte Berathung des Auslieferungs- vertrages zwischen dem Deutschen Reih und Bra- filien. Auf eine Anfrage des Abg. Schmidt (Stettin) über den Stand der Verhandlungen wegen Abschluß eines Kon- ularvertrages mit Brasilien, erklärte der Bevollmächtigte zum

undesrath, Wirkliche Geheime e Po, daß i inde n 11ß 0in0 mfularnortragosg; mi Bra a nos gegen dertbeständen und troß der größlen Be- ucUhungen uo verschiedensten Versuche Seitens der Reichs- regierung nicht zu beseitigen gewesen wären. Zwar habe man Seitens der brasilianischen Regierung den deutschen Konsuln die Befugniß zugestehen wollen, in den auf die Schiffahrt bezüglichen Angelegenheiten direkt einzu- greifen, dagegen sih entschieden geweigert , dieselben zur Mitwirkung bei Nachlaßregulirungen von deutshen Reichs- angehörigen zuzulassen. Portugal und Ftalien hätten kürzlih einen jo beshränkten Konsularvertrag mit Bra- silien abgeschlossen. Nach dem einstimmigen Urtheil der dortigen deutschen Konsuln sei es aber für das Deutsche Reih vortheilhafter, die Sache jeßt noch in der Schwebe zu lassen und sich mit dem persönlichen Einfluß seiner Konsular- beamten bis zum Eintritt eines günstigeren Zeitpunktes zu begnügen, als nah dem Vorgang der oben genannten Staaten einen so ungenügenden Vertrag abzuschließen.

Nach einigen kürzeren Bemerkungen der Abgg. Zopf, Dr. von Bunsen (Waldeck) und Freiherr von Dücker wurde der Vertrag unverändert definitiv angenommen.

Auf den Antrag der V. Abtheilung, in deren Namen Abg. von Kehler referirte, ging das Haus über die wider die Wahl des Abg. Dr. Kraaz erhobenen thatsählich unbegründeten Beschwerden zur Tagesordnung über.

Es folgte die erste Berathung der Gesezentwürfe, be- treffend die Abänderung der E und betreffend die Gewerbegerihte. Die Generaldiskussion beider Vorlagen wurde verbunden und vom Präsidenten des Reichskanzleramts, Staats-Minister H ofmann, mit folgendem Vorirage eingeleitet :

Meine Herren! Es is Ihnen Allen erinnerlich, wie in der vorigen Session bei Berathung der verschiedenen Anträge, die in Bezug auf die Abänderung der Gewerbeordnung gestellt waren, das N einer Revision allseitig in diesem hohen Hause anerkannt worden ift. Ueber das Maß und die Richtung, in welcher. die Re- vision vorzunehmen sein würde, gingen allerdings die Ansichten weit auseinander. Von einer Seite des Hauses wurde eine vollständige prinzipielle Umkehr auf dem Gebiete der Gewerbegesetgebung ver- langt. Von einer anderen Seite war ein Gesetzentwurf eingebracht worden, der neben manthen beachtungswerthen Forderungen doch eine all- gemeine radikale Umgestaltung der jeßigen Gewerbeverhältnifse verlangte.

Diesen beiden Anträgen gegenüber bewegten fich die Vorschläge, die von den übrigen Seiten dieses hohen Hauses kamen, in engeren Grenzen. Sie ließen die Grundlage der Gewerbeordnung unberührt und. verlangten nur eine Abhülfe für gewisse Uebelstände, die sich darch die Erfahrung herausgestellt hatten. :

Es ist in der vorjährigen Session ein Beshluß des Reichstags in materieller Hinsicht zwar nit gefaßt worden, allein die dreitägige sehr eingehende und gründliche Berathung hat wesentlich zur Klärung der ganzen Sache beigetragen und der Gesehgebung ihre Aufgabe erheblich erleihtert. Es ist durch jene Berathung möglih geworden, diejenigen Punkte klar zu erkennen, in denen nah der Ansicht des hohen Hauses ein Bedürfniß zur Revision der Gewerbeordnun vorliegt, und e&8 wurde zugleich

ors: 19 von den Mitteln, mit welchen den vorhandenen Mängeln nah der Ansicht des Reichstags abzuhelfen sein würde, ein Bild zu machen. Hierdurch war für die verbündeten Regierungen ein Anhalts- unkt dafür gegeben, in welher Weise sie die von ihnen bereits ins uge gefaßte Revision der Gewerbeordnung weiter zu führen hatten.

Bei der Ausarbeitung der Entwürfe, die das hohe Haus heute

beshäftigen, ist man davon ausgegangen, daß es nothwendig sei, {ih

auf diejenigen Punkte zu beschränken, in denen zweifellos das Be- ani Vrbegen Abiubern der Gewerbeordnung vorlag und bezügli deren zvgleih über die durch welche den vorhandenen [- ständen abzuhelfen sei, bereits Klarheit gewonnen war.

Meine Herren! Indem nun die Entwürfe der Regierung \ih auf dieses Maß der Revision beshränkt haben, ist es natürli, daß sie den weitergehenden Wünschen nicht entsprehen konnten. Es war deshalb zu erwarten, m der Vorwurf der Halbheit, der Vor- wurf einer niht genügend erschöpfenden Behandlung der Sathe den Entwürfen nicht erspart bleiben werde. Dieser Vorwurf ift denn auch in der Presse vielfah gemacht worden, allein ich darf hoffen, daß das hohe Haus diesen Standpunkt der Beschränkung, welche die Regierung sich auferlegt hat, das Bestreben, nur behutsam und vor- sihtig zu Werke zu gehen, ich sage, ih darf hoffen, daß das hohe Haus diesen Standpunkt billigen wird. Denn, meine Herren, die- jenigen, welche den Entwürfen den Vorwurf der. Halbheit machen, bedenken zu wenig, wie viel bei dieser An- gelegenheit auf dem Spiele steht; sie bedenken zu wenig, welche Verluste der nationale Wohlstand erleiden würde, wenn durch ein zu rashes und ungeschicktes Eingreifen der Le ebung der Gewerbefleiß in seiner Eatwicklung gehindert, die deutsche Arbeit gelähmt würde. Jch glaube der Zustimmung des hohen Hau- fes zu begegnen, wenn i sage: die deutsche Arbeit ift ein viel zu werthvolles Gut, als daß man sie zum Gegenstande gewagter Erpe- rimente auf dem Gebiete der Geseßgebung machen dürfte.

Diejenigen Punkte, in welchen die vorliegenden Entwürfe Aen- derungen der Gewerbeordnung herbeizuführen beabsichtigen, liegen hauptsächlich auf dem Gebiete des Gr: Gerade hier war durch die Erfahrung dargethan, daß ih ißstände heraus- estellt haben, weil das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Ar- Leifrèn zu sehr gelockert war; namentlich wurde dies als cin UVebel- stand erkannt bezüglih des Lehrling*verhältnisses. Es war deshalb die Aufgabe der vorliegenden Entwürfe, zu:ächst auf diesem Gebiete Abhülfe zu \chaffen. Von Seiten der konservativen

raftion dieses Ha 1ses war der Antrag gestellt, um den von mir ezeihneten Mißständen abzuhelfen, allgemein, für alle Arbeiter, Arbei ts bücher einzuführen. Man hoffte von einer folchen allge- meinen Einführung der Arbeitsbücher niht allein den Vortheil, daß eine bessere Kontrolle polizeilicher Natur über die arbeitende Be- völkerung geübt werden könne, sondern man erwartete auch von der allgemeinen Einführung der Arbeitsbücher eine festere Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, man erwartete cine moralische Wirkung davon, daß der Arbeiter durch fein Arbeitsbuch an seine Pflicht egenüber dem Arbeitgeber, an die Pflicht den Vertrag zu halten, ständig erinnert werde. i /

Meine Herren! Die verblindeten Regierungen haben keineswegs das Gewicht dieser Gründe verkannt; wenn sie gleihwohl Bedenken trugen, den Antrag auf allgemeine zwangsweise Einführung vo1 Arbeitsbüchern fich anzueignen, so geschah es mit Rü- sicht auf die außerordentliche Schwierigkeit, welche die Durchführung eines folhen Grundsaßes in dem Falle finden muß, wenn dieselbe auf einen Widerstand der arbeitenden Bevölkerung {tößt. Es würden dann die wohlthätigen Folgen, die man von der Insti- tution der Arbeitsbücher erwartet, keineswegs erzielt, sondern es würde vermuthlich das Gegentheil eintreten, es würde gerade in das Arbeitsverhältniß ein neuer Grund des Zwiespalts hineingetragen und zur Festigung desselben bei einem Widerstreben der Arbeiter keineswegs beigetragen werden. : i : :

Die verbündeten Regierungen haben in Berücksichtigung dieser Schwierigkeit es für richtiger gehalten, einen mittleren Weg Ihnen vorzuschlagen, der darin besteht, daß Arbeitsbücher zwangsweise nur eingeführt werden für Arbeiter unter 18 Jahren. Wir glauben, daß bis zu diesem Lebensalter es sih aus Gründen, ich möchte sagen, der erziehenden Politik rechtfertigt, dem noch nicht vollkommen selbständig

ewordenen Arbeiter die Verpflichtung der Führung eines Arbeits- bus aufzuerlegen. Es wird au, wenn die Maßregel des Zwanges auf diese Grenze beschränkt s keineswegs zu erwarten sein, däß ihre Durch(führung auf allzuro e Schwierigkeiten stoßen werde. Für die älteren; Arbeiter von 18: Zakpen“. 14nd mebr ist fin Arbeitsbuch- ¿wang nicht in Vorschlag gebraht; die Regierung glaubt, day man es hier der natürlichen Entwickelung der Dinge überlassen kann und foll, ob die Arbeitsbücher sich einbrg-rn, oder uicht.

In einém Punkte hat der vorliegende S selbst dazu beitragen wollen, daß das Institut der Arbeitsbücher auch bei Arbeitern vom 18. Jahre an Eingang finde. Es ist ein bestimmter Vortheil an den Besiß eines Arbeitsbuhs gat nämli der, daß nur der Arbeiter, der ein Arbeitsbuch besißt, auch ein Recht darauf hat, ein Zeugniß von feinem Arbeitsherrn zu verlangen. Wenn man, meine Herren, das Institut der Arbeitsbücher überhaupt für zweckmäßig hält, wenn man dann einen Vortheil für die festere Gestalkung des Verhältnisses zwishen Arbeitgebern und Arbeitern erwartet, so kann diese Erwartung doch nur darauf beruhen, daß das Institut einem Bedürfnisse des gewerblichen Lebens entspriht. Ist das der Fall, dann darf man auch annehmen, daß, wenn die Arbeiter bis zu ihrem 18. Lebensjahre zur Führung von Arbeitsbüchern genöthigt sind, sie dann die Gewohnheit, Arbeits} bücher zu führen, auch späterhin beibehalten werden, und wenn es, wie anzunehmen, in Zukunft sür das Fortkommen des Arbeiters vortheil- haft ist, ein Arbeitsbuch zu besißen, so wird sih dann von Sl die Sitte. nicht durch direkten Zwang des Ges-ßes das Institut der Arbeitsbücher einbürgern. Sind die Borausepungen nicht da für eine solche Einbürgerung auf dem Weg der Gewohnheit und der Sitte, dann, meine Herren, würde eben auch der Zwang nicht das [leisten können, was man von ihm erwartet, sondern es würden eben t b N eintreten, die - vorhin anzudeuten ih mir er-

aubt habe.

Der zweite Punkt, in dem der vorliegende erste Entwurf eine Aenderung der Gewerbeordnung von wesentlicher Bedeutung enthält, betrifft das Lehrlingsverhältniß. In Bezug auf das Lehrlings- verhältniß hatten fich die Ansichten in der vorigen Session am meisten genähert. Es lag hier eine ziemlich umfassende Ueber- einstimm:ing der verschiedenen Parteien des Hauses sowohl hinsicht- lih des Ziels als hinsichtlich der Mittel vor. E

Unter diesen Mitteln nahm die erste Stelle ein die \chriftliche N des Lehrvertrags. Auch in dieser Beziehung, meine Herren,

at der Entwurf sih niht den Anträgen völlig anges{lossen, welche die s{hriftlihe Form des Lehrvertrags forderten. Der Grund ist der, daß, wenn die \chriftlice Abfassung als nothwendig für die Gültigkeit des Lehrvertrags erklärt wird, grade darin ein Mittel liegt, die im Geseß für das age: verhältniß getroffenen Bestimmungen zu umgehen. Auch hier glauben die verbündeten Regierungen, daß es richtiger sei, auf mittelbarem Wege, nämlich dadur, daß man an die schriftliche Abfassung des Lehrvertrags gewisse Vortheile knüpft, der Sitte, der Gewohnheit, den Lehrvertrag \chriftlich abzuschließen, Vorshub zu leisten, aber nicht durch ein direktes zwingendes Einschreiten des Geseßes das herbeizuführen, was man wüins{cht. Es sind daher bestimmte Vor- theile an die {chriftlihe Form des Lehrvertrags geknüpft, und zwar namentlich für den Arbeitsgeber die Möglichkeit, den Lehrling zwangs- weise in die Lehre zurückführen zu lassen, wenn er fie widerrechtlich verlassen hat. Auch der Anspruch auf Entschädigung, sowohl auf Seiten des Lehrherrn wie des Lehrlings ist an die Vorausseßung geknüpft, daß ein shriftliher Lehrvertrag vorliegt. Der Entwurf, der auch im Uebrigen manche Bestimmungen über das Lehrlingsverhältniß ent- hält, welche die biéherige Gewerbe-Ordnung nicht gekannt hat, will insbesondere das widerrechtliche Verlassen der Lehre durch Zulassung polizeiliber Zwangsmaßregeln verhindern, und die Auflösung des Lehrverhältnisses wegen Uebergangs des Lehrlings zu einem anderen Gewerbe oder Beruf in angemessener Weise erschweren.

Der dritte Punkt, in dem der vorliegende Entwurf von der Rg, wesentlich abweicht, betrifft die Beshäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken.

Meine Herren! Die Erfahrungen, die seit Erlaß der Gewerbe- ordnung gemacht und namentlich auch durch die stattgehabten Er-

den Gr tbe ur U , , Der Grund dieser Erscheinung liegt zum großen Theile darin, daß die j Rücksicht auf die Bedürfnisse der Jadustrie genommen Wir finden in der Gewerbeordnung allgemeime und unbedingte Vor- \{riften über die Beshäftigung von Kindern und jungen Leuten in den Ie, cine Milderung der Bestimmungen für einzelne diy Adria er ewerbeordnung | 1 das entgegenseßte System von demjenigen, welches die - englische Fabrikgésetzgebung befolgt hat. In England ging die Gefeßgebung davon aus, daß für bestimmte Fabriken Normen gegeben wurden, die si speziell an die Besonderheiten des betreffenden Fabrikations- zweiges ans{lofsen. e D cngli@en Fabrikgeseße entstanden, so daß es einigermaßen {wer ift, ì

Vorschriften zu ermöglichen. _di welcher jugendliche Arbeiter in der Fabrik beschäftigt nichi erhöht, aber in Bezug auf die Einth

größerer Spielraum gelassen, so daß diejenigen Fabriken , deren Be-

mittelungen über die Kinder- und Frauenarbeit in Fabriken dar-

ethan worden sind, haben zweifellos ergeben, daß die Bestimmungen Gewerbeordnung über die TXlGalianns jugendlicher Arbeiter in chgängig zur Ausführung gelangt sind, daß

ng vielmehr nur vereinzelt stattgefunden hat. niht genügende

Gewerbeordnung haben.

Bestimmungen der

ationszweige, eine Verschärfung derselben für andere ift nach

ausges{lofsen. Es if dies gerade

Es ist daraus eine große Mannigfaltigkeit der

darin zurechtzufinden. Zugleich sind in den englishen Geseßen

der Verwaltung ziemli weitgehende Befugnisse eingeräumt, wodurch die von dem Geseß aufgestellten Normen den speziellen Bedürfnissen einzelner Fabriken noch mehr angepaßt werden können.

Meine Herren! Die Folge davon, daß wir in der Gewerbe-

ordnung ganz kategorische, absolute Vorschriften haben, war die, daß auch da, wo man diese Vorschriften recht wohl ohne Schaden für die Industrie hätte anwenden können, eine \solbe Anwendung gleihwohl nicht stattgefunden hat, weil in anderen Fabrikationszweigen es eben nicht : un

ohne die Fabrikation in hohem Maße zu schädigen. J daraus ein Zustand entwickelt, der in der That niht länger fort- dauern kann. In einzelnen Theilen Deutschlands sind die Bestim- mungen d-r Gewerbeordnung mit Strenge durchgeführt zum Nach- theile der Industrie, im größeren Theile Deutschlands sind diese Be- stimmungen aber ein todter Buchstabe geblieben.

durchzuführen,

Bestimmungen eing Es hat sich

möglich war, die

Der vorliezende Entwurf hat auf Grund dicser Erfahrungen

Bestimmungen getroffen, die darauf hinauslaufen, die für die jugend- lichen Arbeiter in den Fabriken nothwendigen, hüßenden Vorschriften den Bedürfnissen der Industrie und der einzelnen Fabrikationszweige

anzupassen und dadur die vollständige Durchführung der geseßlichen Ti Im Ganzen ift die Zeit, während werden dürfen, Eintheilung Sor 2eit ift ein

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trieb es nothwendig macht, eine länger dauernde Arbeits\{chicht für

Kinder zu haben, dieselben an einzelnen Tagen während einer län-

geren Reihe von Stunden zu beschäftigen, ohne daß im Ganzen die auf eine Woche fallende Zeit der Kinderarbeit erhöht werden kann.

Es ist ferner Vorsorge getroffen, daß von der Verwaltung (1nd zwar nah Verschiedenheit der Fälle von der Landesbehörde oder dem Reichskanzler oder dem Bundesrath) in Nothfällen oder unter ganz be- sonderen Verhältnissen Ausnahme von den allgemeinen Regeln nach- gelassen werden können. Diesen auf Erleichterung des Fabrikbetriebs abzielende Bestimmungen stehen auf der anderen Seite Verschärfun- gen der bestehenden Vorschriften gegenüber, die der Gntwurf im In- teresse der Kinder und jugendlichen Arbeiter glaubt vorschlagen zu müssen. Diese Verschärfungen bestehen darin, daß, während die Ge- werbeordnung bei den Kindern unter 12 Jahren nur die regelmäßige Beschäftigung in Fabriken ausges{chlossen hat, der Entwurf absolut jede Beschäftigung der Kinder unter 12 Jahren verbietet.

Während ferner die Gewerbeordnung zuläßt, daß die jugend- lihen Arbeiter die vorgeschriebenen Arbeitspausen in den Fabrikräumen zubringen, in welchen gearbeitet wird, eine Bestim- mung, die leiht zu einer Umgehung der Vorschriften über die Pausen Anlaß giebt, so schreibt der Entwurf vor, daß die jugendlichen Ar- beiter während der Pausen sich in den Fabrikräumen nur aufhalten dürfen, wenn die Arbeit darin vollständig ruht.

Es it ferner dem Bundesrath die Tesugniß beigetegte bei ge- wissen Fabrikzweigen, die für die Gesandbns oder Sittlichkeit der ingendliden Arbe ter besonders aefäb¿ichfind, die besonderen Be- dingungen votzuscßteïven, unier bene. in folhen Fabriken überhaupt Kinder und junge Leute verwendet werden dürfen. Es - versteht sich von selbst, daß unter diesen Bedingungen au solche enthalten fein können, die das Arbeiten von Kindern und lungen Leuten in gewissen Fabrikräumen vollständig verbieten. Die Befugniß ist dem Bun - desrath beigelegt worden, weil es in der Natur der Sache liegt, daß bei derartigen Vorschriften hauptsächlich technische Erwägungen den Auss{lag geben müssen. Es ist aber zugleih Vorsorge dafür getroffen, daß der Reichstaz bei derartigen von dem Bundesrath zu erlassenden Vorschriften mitwirkt.

Meine Herren! Jh habe hiermit die wesentlihsten Punkte be- sprochen, in denen der erste Ihnen vorliegende Entwurf, die Gewerbe- ordnung abzuändern, bestimmt ist. Wenn ich nun noch einige Bemerkun- gen in Beziehung auf den zweiten, die Gewerbegerichte betreffen- den Entwurf hinzufügen darf, fo will ih nur darauf binweisen, wie ein diesen Gegenstand mitumfassender Entwurf bereits im Jahre 1874 dem Reichstage vorgelegt war, ein Entwurf, welcher zwar nicht durch eine Beschlußfassung im hohen Hause erledigt wurde, dessen Be- urtheilung von Seiten des Reichstags aber in der damaligen Generaldebatte einen vollständigen KAusdruck gefunden hat. An dem damals Pee Ee ist hauptsählich getadelt wor- den, daß die Gewerbegerihte mit den ordentlichen Gerichten ver- \{molzen waren. Es wurde ferner getadelt, daß man damals dur ein solches Geseß der im Werk begriffenen Justizgeseßgebung vorgriff. Die beiden Einwände und ic glaube, es waren dies die haupt- sächlichsten, die damals gegen den Entwurf gemacht worden sind, werden der jeßigen Vorlage niht entgegengehalten werden können ; denn hiernach sollen die Gewerbegerihte nicht als Anhängsel der ordentlichen Gerichte, sondern als ein ganz selbständiges Institut errichtet werden. Es ift ja vielleicht nicht wünschenswerth, daß eine derartige Spezialinstitution gegründet wird. Allein bei der Lage der Verhältnisse, wie sie sich im gewerblichen Leben herausgebildet haben, und zugleich mit Rücksicht darauf, daß das Gerichtsverfassungsgeseß selbst besondere Gewerbegerihte neben den ordentlichen Gerichten ausdrülich für zulässig erklärt hat, dürfte ein prinzipieller Wider- spruch gegen das Institut der Gewerbegerihte von dem angedeuteten Gesichtspunkt aus nicht zu erheben sein. :

Es liegt in diesem Entwurfe über die Gewerbegerichte eine ganz wesentliche und nothwendige Ergänzung des ersten Entwurfes. Denn, meine Herren, auch die besten Vorschriften über die Regelung der Arbeiterverhältnisse werden den vorhandenen Uebelständen nicht ab- helfen können, wenn nit zugleich dafür gesorgt wird, daß die Hand- habung dieser Vorschriften in einer zweckmäßigen, raschen, dem Be=- dürfniß des Gewerbebestandes entsprechenden Weise gesehen kann.

Ich möchte deshalb bitten, diesen zweiten Gesehentwurf im Zu- sammenhang mit dem ersten als eine nothwendige Ergänzung der dort vorgeschlagenen, materiellen Abänderungen der die Arbeiterver- hältnisse regelnden Vorschriften zu betrachten. s

Meine Herren, daß bezüglich der einzelnen Bestimmungen sowohl diescs zweiten Entwurfs, als auch des ersten sih manche Ausstellungen werden machen lassen, das will ich niht verkennen, Die Regierungen können den Anspruch nicht erheben, in allen Einzelheiten das absolut Richtige getroffen zu haben. Es kann den Regierungen vielmehr nur erioliusckt sein, wenn die beiden Entwürfe einer gründlich n Prüfung von Seiten des Loben Bu es unterworfen werden, und es versteht sih von selbst, daß alle Verbesserungsvorschläge, die aus dem Hause oder etwa in einer Kommission gemacht werden, ib einer entgegenkommenden Erwägung Seitens der verbündeten Regierungen zu Fineien haben werden.

Jch möchte im Interesse der Sache bitten, daß das hohe Haus auch seinerseits mit Wohlwollen die Entwürfe prüfen und seinerseits möglichst dazu beitragen möge, daß wir in dieser Session zu einer Verständigung über diesen ungemein wichtigen Gegenstand gelangen.

Der Abg. Acermann hatte gegen den ersten Entwurf einzuwenden, 1) daß betreffs der Sonntagsheiligung keine

präzisen Bestimmungen getroffen worden seien. Er wünsche den Sonntag unserer Vorfahren, der lediglih der Erbauung, Erholung und Ruhe gewidmet gewesen sei ; 2) daß die Arbeit :bücher nit obligatorisch eingeführt würden, was die Mehrzahl der Arbeitgeber und au ein Theil der Arbeiter wünschten ; 3) daß für den Lehrvertrag die obligatorishe s\christlihe Form nit beliebt worden sei; 4) daß bei dem Uebergang des der Bts zu einem andern Gewerk nicht die Entscheidung der Behörde eingeholt werden müsse; 5) daß man den Lehr- brief niht berückictigt habe; 6) daß die Arbeitszeit für Kinder von 12—14 Jahren auf 10 Stunden ausgedehnt werden könne, und 7) daß die Bestimmungen über die Fabrikinspektoren der Partikulargeseßgebung überlassen blieben. Dagegen habe er gegen den Entwurf über die Gewerbegerichte keine ernstlichen Bedenken. Redner stellte {hließlich noch Anträge seiner Partei über das Schankkonzessionswesen und die Wanderlager und Wanderauktionen in Aussicht und empfahl Verweisung beider Vorlagen an eine Kommission von 21 oder 28 Mitgliedern.

Der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Minister Hofmann, erklärte hierauf, die preußishe Regierung habe be- reits einen Gesegentwurf über die Schankkonzessionen ausge- arbeitet, der voraussihtlich in kurzer Zeit dem Bundesrath und demnächst dem Reichstag zugehen werde. Ueber die Wan- derlager und -Auktionen seien Erörterungen eingeleitet worden, deren Resultate jedoh noch nicht abgeschlossen seien.

Der Abg. Dr. Gensel äußerte sih-dahin, daß er im Großen und Ganzen mit der Vorlage, betr. Abänderung der Gewerbe- ordnung, einverstanden sei, einzelne Veränderungen würden sich in der Kommission bewerkstelligen lassen. Was den Geseßentwurf wegen der Gewerbegerichte betreffe, so be- grüße er es mit Freuden, daß den Gemeinden da-

urch die Möglichkeit der Einrichtung dieser so außer- ordentlich segensreihen FJnstitution erleihtere werde.

Der Abg. Walter erklärte zunächst, daß er nicht im Namen der Fortschrittspartei, der er angehöre, sondern ausschließlich in seinem eigenen Namen spreche. Den großen Erwartungen, die man von der Vorlage hege, {ließe er sih nicht an, die- jelbe sei jedoch immerhin pen den Zügellosigkeiten ge- wisser Arbeiterkreise ein Ziel zu seßen. Freilich gehe der Ent- wurf hierin noch nit weit genug; namentlich wünsche er die zwangsweise Einführung der Arbeitsbücher für alle Arbeiter. Die polizeilihe Zwangsmaßregel, durch die ein Lehrling zu seinem Lehrherrn, den er widerrechtlich verlassen, wieder zurückgeführt werden könne, halte er gleich- falls für sehr zweckmäßig. cs die Vorlage wegen der Ge- werbegerichte betreffe, so halte er die Zulassung einer Appella- tion an die ordentlichen Gerichte für unzweckmäßig. Jm Uebrigen hoffe er, daß die Vorlage wohl geeignet sein wer e, den Bedürfnissen zu entsprechen.

Hierauf vertagte das Haus um 43 Uhr die weitere Debatte. Der Präsident von Forckenbeck zeigte an, daß er die Stellvertretungsvorlage auf die Tagesordnung der Dienstags- sißung stellen werde.

Jn der heutigen (13.) Sißung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler-Amts, Staats-Mini Hofmann und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die zwischen Preußen und Waldeck abgeschlossene Militärkonven- tion vom 24. November 1877 nebst zugehörigem Schlußpro- tokolle eingegangen sei.

Die Uebersichten der Ausgaben und Einnahmen des Deutschen Reichs für die Rehnungsperiode vom 1. Januar 1876 bis 31, März 1877 wurden auf Antrag des Abg. von Benda der Rehnungskommission überwiesen.

Darauf wurde die erste Berathung der Geseßentwürfe, be- treffend die Abänderung der Gewerbeordnung und. betreffend die Gewerbegerichte, fortgeseßt. Bis zum Séhlusse des Blattes sprachen die Abgg. Freiherr Dr. von Hertling, Dr. Hirsh und Auer.

__— Die Eröffnung des 4. Brandenburgischen Pro- vinzial-Landtags fand gestern Mittag 12 Uhr in herge- brachter Weise statt. Die Abgeordneten hatten ih zuvor zu

emeinsamer Theilnahme an dem Sonntagsgottesdienste im

)ome zahlreich il iy vas und sih darauf nah dem Pro- vinzial-Landtagshauje begeben. Der Landtags-Kommissarius, Wirkliche Geheime Rath und Ober-Präsident von Jagow richtete folgende Ansp rache an die Versammlung:

Se. Majestät der Kaiser und König haben die Berufung des Provinzial-Landtages auf den Antrag des Provinzialaus\chusses ge- nehmigt, da die laufenden Geschäft: der Provinzialverwaltung eine Berathung und Beschlußnahme des Landtages nothwendig machten.

_ Ihre Thâtigkeit in der bevorstehenden Session wird vorzugs- weise durch die Gegenstände in Anspruch genommen werden, welche Ihnen - der Provinzialaus\{uß vorlegen wird, während die von meiner Seite zu „machenden Vorlagen nah Zahl und Bedeutung erheblich zurückstehen. Es ist hierin ein Beweis dafür zu erkennen, daß die Provinzialverwaltung nach allen Seiten des ihr geseßlih zugewiesenen Gebietes an 2uêdehnung und Einwirkung gewonnen hat und daß der mit deren Handhabung beauf- tragte Landes-Direktor und der ihm zur Seite stehende Aus\{uß e mehr in die Stellung eingetreten sind, die das Ges: ihnen anweist.

Ein neuer wichtiger Schritt in dieser Beziehung wird dur die jeßige Versammlung des Landtages bezeichnet und gefördert werden. Nach langwierigen und den bestehenden Gegensäßen gegenüber lange fruchtlos eblieb-nen Verhandlungen ist es endli gelungen, auf der durch die

eshlüsse des leßten Landtages gewonnenen und dur] die Aus- leihungsvorshläge des Provinzialaus\{chusses weiter ausgeführten Grundlage eine Vereinigung der Landarmenverbände der Provinz insoweit herbeizuführen, daß {on mit dem 1. April d. Is., also mit dem Beginne des neuen Etatsjahres, die provinzielle Landarmen- verwaltung ins Leben treten kann und wird. Für die Kur- und Neumark beruht dies auf den von deren Vertretern mit dem Provinzial-Aus\{huf}se vereinbarten Abkommen, für die Nieder- lausiß aber, welche sich bisher einem solchen nit angeschlossen, hat fih die Königliche Staatsregierung der Pflicht nicht ent- ziehen Eönnen, die „nothwendige Regelung auf Grund der in S. 128 der Provinzial-Ordnung ausgesprochenen Befugniß durch eine Allerhöchste Verordnung zu erwirken), welhe ich Ihnen mitzu- theilen habe. Die kleineren Landarmenverbände der Provinz, wie die Stadt Frankfurt und der Kreis Cottbus , sind bereits vertrags8- mäßig dem Provinzialverbande beigetreten und hinusihtlich der Stadt Potsdam waltet die gegründete Hoffnung ob ; daß der gleiche Beitritt in der nächsten Zeit erfolgen wird. Die abge¡chlossenen Verträge, in Folge welcher die Vereinigung felbst tos der staat- lihen Genehmizung bedarf, werden Ihnen durch den Provinzial - Aus\{uß vorgelegt werden.

Wie bekannt, haben Zweifel darüber obgewaltet, ob die vom Staate den Provinzen zum Bau und zur Unterhaltung von Chausseen überwiesenen Gelder au zu anderen, ähnlichen Zwecken, namentlich auch zur Unterstüßung des Baues von Sekundär-Eisenbahnen ver- wendet werden Fönnten. Jch bin beauftragt, Ihnen einen Gesetz- entwurf, welcher diese Zweifel beseitigen soll, zur Berathung vor-

Für die Theilnahme an der jeßt in der Ausflihrun riffenen Nevi der Gebändeskewerveranlacnug, sowie für die 4 egrifenen außerordentlicher Lasten in Kriegszeiten, werde ih Sie ersuchen, Ihre Erklärungen abzugeben und die erforderlichen Wahlen vorzunehmen. Sie werden aber auch durch Ihre Wahl einen Vorsitzenden an die Spite des Pcovinzialaus\husses zu ftellen haben, nachdem der vor- treff iche Mam, den Sie zu diesem wichtigen Amte berufen hatten und dcr ihm mit so vieler Treue und Hingebung vorgestanden, gewiß zu unserer Aller Leidwesen so früh und mitten in der unserer Pro-

vinz mit besonderer Theilnahme gewidmeten Thätigkeit von uns ge- nommen ift.

. Auf Grund der mir ertheilten Ermächtigung erkläre ich di Sißungen des 4. Provinzial-Landtages für eröffnet. m Unter dem Vorsiße des an Jahren ältesten Mitgliedes vollzog die Versammlung hierauf die Wahl des Präsidiums und Bureaus im Wege der Akklamation. Aus derselben gingen wiederum der Staats-Minister a. D., Freiherr von Manteuffel als Vorsißender, und als Stellvertreter desselben der Bürgermeister Hammer aus Brandenburg hervor.

Der Vorsitzende übernahm sein Amt mit einem Hoch auf Se. Majestätden Kaiser undKönig, in welches die Ver- sammlung dreimal begeistert einstimmte. Es folgte die Wahl der verschiedenen Kommissionen und die Feststellung der gestrigen Tagesordnung.

_— Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzo Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin, Máajor à la suite des Garde-Kürassier-Regiments 2c., ist von Urlaub hierher zurücgekehrt.

Der Bundesraths-Bevollmächtigte , Landes-Direktor von Sommerfeld ist aus Arolsen hier eingetroffen.

_— Das Llfitier- Coxps des 2. Brandenbur- gishen Ulanen-; egiments Nr. 11 is behufs Mel- dung bei Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog Rudolph, Kronprinzen von Oesterreih, als Uen Chef des gedachten Regiments, von Perleberg refp. yriß hier eingetroffen.

_ Der Kaiserliche Gesandte Grafvon Bran denburg ist nah Brüssel zurückgekehrt und hat die Leitung der gesandt- schaftlihen Geschäfte wieder übernommen.

Die für den Sommerkursus zur Central-Turn- anstalt kommandirten Offiziere sind von ihren resp. Gar- nisonen hier eingetroffen.

Bayern. München, 2. März. Durch Allerhöchste Entschließung ist das Geldverpflegungs - R NZNi für das bayerische Heer im Frieden mit der Bestimmung ge- nehmigt worden, daß dasselbe am 1. April d. J. in Kraft zu treten hat. Zugleich ist das Kriegs-Ministerium ermächtigt worden, in Bezug auf das Reglement etwa erforderlich wer- dende Erklärungen zu ertheilen und, soweit keine Abänderung materieller Vorschriften dadurch bewirkt wird, Ergänzungen eintreten zu lassen. Was die Einführungsgeseße zu den Reichsjustizges eßen betrifft, so vernimmt die „Allg. Htg.“, daß der \hwierigste Theil derselben, die S ordnung, nachdem dieselbe in der hierzu berufenen besonteren

mehr fertig gestellt ist, und daß auch die Vorarbeiten zu den weiter erjorderlihen Vollzugsbestimmungen dem Abschlusse nahe sind. Es werden demzufolge auch alle Vorlagen, welche Behufs ‘der Durchführung der Reichs-Justizgeseze den Kam- mern gemacht werden r!üssen, insbesondere au diejenigen bezüglich des Kostenpunktes, denselben nach der Wiederberufung des Landtags im bevorstehend.n Frühjahre in Vorlage ge- bracht werden können.

(Wes. Ztg.)

Oldenburg. Oldenburg, 1. März. Der gestern Abend von der Stadt gebrahte Fackelzug zu

Ehren des Hohen neuvermählten Paares ist glänzend verlaufen. Die Theilnahme der Bevölkerung war eine enthusiastishe. Der Vorsißende des Stadtraths, Dr. Rogge-

mann, bewillkommnete den Erbgroßherzog und die Erbgroß- gerzogin Namens der Stadt. Der Erbgroßherzog dankte vom

alklon des S{hlosses aus in einer von der versammelten Menge mit Begeisterung aufgenommenen Rede. Das Groß- herzoglihe und das Erbgroßherzoglihe Paar waren während der ganzen Bei vor dem Balkonfenster sihtbar. Während der Musikaufführungen wurden das Festcomité und die Führer des Zuges in das Schloß befohlen.

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Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. März. (W. T. B.) Gegenüber den Meldungen deutscher Blätter über eine Wieder -

aufnahme der deutsh-österreihishen Zollvertrag s-

verhandlungen schreibt die „Montagsrevue“, der öster- reichischen Regierung sei von einer Eröffnung neuer Vertrags- verhandlungen nichts bekannt, noch weniger von einem Termin für die Eröffnung derselben. Oesterreih erachte den Beginn neuer Verhandlungen, bevor derzautonome Zolltarif beschlossen sei, für ausgeschlos}sen.

Großbritannien und Jrland. London, 2. März.

(E. C.) Der hiesige italienishe Botschafter überreichte vorgestern der Königin seine neuen Beglaubigungsschreiben. Das Befinden des {wer erkrankten Earl Russell (früher Lord John Russell) hat sih neuerdings entschieden zum Besse: ren gewendet, und es ist Aussicht für seine Herstellung vor- handen. Auf der Werft von Chatham is der Befehl eingegangen, die Panzer\chif fe „Northamptox“, „Superb“, „„Belleisle“, „Monar“ und „Penelope“, sowie die un- gepanzerten Schiffe „Garnet“, Euryalus“ und „Cormo- rant“ aufs Schleunigste zur Abfahrt fertig zu stellen. Das Thurmschiff „Monarch“ soll hon am 21. d. M. bereit sein Die militärishen Vorbereitungen werden fort- während mit großer Rührigkeit betrieben. Jm Augenblick handelt es sich dabei vornehmlich um Bereitstellung des rosses durch Herrichtung von zahlreihen Fuhrwerken und Ankauf von etwa 500 Zugpferden. Daneben werden auch die ospital- E O vervollständigt. Ganz besonders rege Thätigkeit A t ferner in der großen Heeresbekleidungsanstalt zu imlico, in welcher die A Nee neuerdings soweit verstärkt wurden, daß die arine - Bekleidungsgegenstände für je ein Regiment innerhalb 24 Stunden hergestellt werden können. n Chatham wurden ungefähr hundert große Boote zum ebersegen von Pferden, Geschüßen und Fuhrwerken über Flüsse bereitgestellk. Die Entlassung von Mannschaften zur eserve findet gemäß einem vom Öberkommando des Heeres erlassenen ene bis auf Weiteres nicht mehr statt. Die Admiralität gab der Firma Yarrow u. Co. in Poplar Auf- trag zur sofortigen Erbauung eines Stahl-Torpedobootes von 85 Fuß Länge, 11 Fuß Tiefgang und einer Geschwindigkeit

zulegen,

von 21 engl. Meilen in der Stunde.

Kommission kürzlih zur zweiten Lesung gelangt war, nun- .

Frankreich. Paris, 1. März. (Fr. C.) Das „Journal officiel“ veröffentliht im Verfolg E Beit des Mi- nisters des Jnnern, von Marcère, über die Zweckmäßigkeit der Vereinigung des Post- und Telegraphendienstes, welche in anderen Ländern schon lange große Vortheile biete, ein Dekret des Präsidenten der Republik, demgemäß der Telegraphendienst, wie durch Dekret vom 22. Dezember 1877 der Postdienst, dem Finanz-Ministerium einverleibt wird, und zwar so, daß dem Minister des Jnnern die Rechte vorbehalten bleiben, welche Art. 3 und 4 des Geseßes vom 29. November 1850 ihm im Jnteresse der öffentlihen Ordnung hinsichtliz des Drahtverkehrs zwischen Privatpersonen verleihen. Der Unter-Staatssekretär im Finanz-Ministerium is mit der Di- rektion des Telegraphenwesens und den Ernennungen betraut, welche laut Dekret v. J. 1862 in die Befugnisse des Ministers fielen; auch is er ermächtigt, alle Maßregeln und Vor- kehrungen zu treffen, welche thm Behufs faktisher Vereini- gung des Post: und Telegraphendienstes erforderlich scheinen. Die Gruppe der Konstitutionellen des Senats hat sih gestern aufgelöst. Die Mehrheit ihrer Mitglieder if zu dem rechten Centrum, an dessen Spiße Hr. Daru steht, zurückgekehrt ; die Minorität zögert noch, fi offen dem linken Centrum beizugesellen. _Wahrscheinlih wird sie au ferner eine eigene Gruppe bilden, die aber mit dem Linken Centrum stimmt und dem Senat eine ministerielle und liberale Majorität sichert. Das rechte Centrum des Senats wird sich heute Abend bei dem Gra- fen Greffulhe versammeln, um sich über seine Neu- bildung zu einigen. Die Gruppe der Konstitutionellen ist ein- geladen worden, der Versammlung beizuwohnen; man glaubt, daß zehn bis zwölf der liberalsten Mitglieder derselben dem Rufe nicht Folge leisten werden. Die Recht e des Senats ihrerseits is im Laufe des heutigen Nachmittagszusammengetreten ; es ift eben- falls von ihrer Rekonstituirung die Rede. Da ihre Mitglieder sih U vollzählig einfanden, wurde die Sißung auf nächste Woche ver- agt.

Versailles, 2. März. (W. T. B.) Die Deputirten- kammer hat heute den Geseßentwurf, betreffend den Kol- portageverkauf der Zeitungen, mit der von dem Senate beschlossenen Abänderung angenommen.

Spanien. Madrid, 2. März. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißzung des Kongresses wurde ein Telegramm des Generals Martinez Campos verlesen, in welchem die Unterwerfung fast sämmtlicher Fnsurgenten auf Cuba mit dem Centralcomité bestätigt wird. Der Kongreß beschloß in Folge dessen, dem Könige sowie der Re- gierung, den Generälen und der Armee auf Cuba seine Glückwünsche darzubringen. Sämmtliche Mitglieder des Kon- gresses und die Minister begaben ly darauf in den Palast des Königs, um den}felben zu beglückwünschen.

Italien. Rom, 2. März. (W. T. B.) Heute fan die feierliche Jnvestitur desKönigs mitdem Hosen- band-Orden, in Gegenwart der Königin und der hohen Würdenträger, statt. Seit gestern waren hier die sonder- barsten Gerüchte über die Gründe verbreitet, welche zu der Bestimmung, daß die feierlihen Vorbereitungen zu der Krönung des Papstes und der Ertheilung des Segens durch den Papst eingestellt worden, Anlaß gegeben haben sollten. Man behauptete, daß von dem Vatikan Gegenbefehle ertheilt worden seien, aus Furht vor unehr- erbietigen Kundgebungen und Feindseligkeiten, welche die italienische Regierung nit verhindern zu-köniten erklärt hätte. Die „Agenzia Stefani“ bezeihnet diese Gerüchte als böswillig ausgestreute und erklärt dieselben für un- begründet, mit dem Hinzufügen, daß, wenn die angekün- digten Car agrvnge stattgefunden hätten, die E innerhalb wie außerhalb der Peterskirche sicherlih nit gestört worden wäre. Die Regierung hätte keinerlei Anlaß gehabt, si in dieser Beziehung Besorgnissen hinzugeben.

3. März. (W. T. B.) Der Ministerrath berieth gestern die Frage betreffs des Garantiegeseßes und sprah sih dahin „aus, daß das gedachte Geseß, weil es das öffent- liche kirhliche Recht des Staates MERe, einen verfassungs- mäßigen, organischen Charakter trage. Die „Ri- E erwähnt die Gerüchte, nah welchen der Minister

es Jnnern, Crispi, seine Demission gegeben hätie, wnd erklärt denselben gegenüber, daß der Minister nie daran gedaht habe, von seinem Amte zurückzutreten, welches ihm der König Victor Emanuel anvertraut und in welchem ihn der König Humbert bestätigt habe. Seine Gegner möchten wohl seinen Entschluß zum Rücktritt wün- schen, da sie Alles aufböten, ihn zu einem solhen Schritte zu drängen. Der Minister habe aber die Regierungsgewalt über- nommen, um den Bitten seiner Freunde zu entsprechen, welHe gewohnt seien, in ihm einen Verfechter der Jdeen der Linken anzuerkennen. Er werde sein Portefeuille nur in Folge eines Votums der Kammer niederlegen, welcher allein das Schiedsrichteramt in dieser Angelegenheit zustehe. Der Deputirtenkammer sollen Geseßentwürfe über die Wahlreform , über die Herabseßung der Mahlsteuer, über die Salzsteuer, die Tabakskonvention, den Handelsvertrag mit Frankreich, den allgemeinen Tarif und die Eisenbahn- konventionen vorgelegt werden. Wie die „Opinion'e“ im Gegensaß zu anderweitigen Meldungen wissen will, wäre der Kardinal Franchi um Staatssekretär ernannt wor- decn. Die „Agen zia Ste ani“ meldet zu dieser Ernennung, die zu dem Vatikan in Beziehung stehenden katholishen Mächte hätten, sobald sie von dem Beschlusse des Papstes, den Kar- dinal Simeoni als Staatssekretär zu bestätigen, Kenntniß erhalten, von einigen Kardinälen unterstüßt, Bemerkungen solher Art gemacht, daß der Kardinal Simeoni, welcher be- reits im Begriffe gestanden, von seinem Posten als Staats- sekretär Besiß zu ergreifen, sofort habe demissioniren müssen. Die Mächte hätten in der Bestätigung des Kardinals Simeoni zum Staatssekretär die Fortseßung einer Politik erblickt, welche sie als der gegenwärtigen Epoche entsprehend nicht Sen erachten können, Der Papst habe hierauf den Kardinal

E zum Staatssekretär ernannt. Die Krönung des Papstes hat heute Mittag unter dem herkömmlichen Ceremoniell, im Beisein der Prälaten und des diplomatischen Corps, in der Sixtinischen Kapelle stattgefunden.

_— 4. März. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ erklärt das Gerücht, der König Humbert habe ein Schrei- ben an den Papst Leo XlI. gerichtet, in welhem er ihm die au S ertheilt, daß die Mente Ruhe were auf: reht erhalten werden, für fals{ch; König Humbert habe dem Papste keinerlei Erklärung abgegeben.