1878 / 56 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

der Reichsregierung in einem unlôsbaren inneren Zu-

ammenhange fteht mit der ganzcn Stellung des Buns- debraths und seinen Rechten und Befugnissen. Man kann nun dcch nit wohl erwarten, daß die deutshen Regierungen zunähst cinmal zu der Organisation von Reichs-Ministerien die Hand bieten und im U-brigen die Zukunft, die Rechte und Befug- nisse, die ganze Existenz des Bundesraths einer ungewissen Zukunft vorbehalten würde. Diese Dinge mußten wenigstens zusammen be- handelt werden und darauf, meine Herren, werden die deutschen Re- gierungen unter allen Umständen bestehen müssen; würden sie das nit thun, so würden sie einfah den Bundesrath auf Gnade und Ungnade ausliefern, und wenn wir das erst einmal gethan haben, dann wären wir nicht cinmal vor dem Spott ob unserer Kurz- fichtigkeit sicher. E

Nun, meine Herren, Bundesrath selbstä1.digen verantwortlichen Reichs - Ministern gegenübersteben würde, das erlauben Sie mir durch ein Beispiel aus meiner Heimath zu illu- striren. Einem Württemberger wird das Verhältniß sofort klar, wenn er an den Königlih württembergis{hen Geheimen Rath denkt. An diesen Geheimen* Rath, meine Herren, der zusammen- geseßt ist“ aus nicht verantwortlidben hohen Beamten und aus den verantwortlihen Ministern, werden alle Ent- würfe der verantwortlichen Minister in wichtigen Dingen in Hinsidt auf Gesetzgebung und Verordnung geleitet; der Geheime Rath beschließt darüber bis in die letzten Einzelheiten und dann na erfolgter Genehmigung des Staatsoberhaupts bekommt der ver- antwortlihe Minister seine Vorlagen aus dem Geheimen Rathe zu- rüd, wobei er zu gewärtigen hat, unter Umständen entweder etwas ganz Anderes, als was er im Auge hatte, vor den Ständen des Landes zu vertreten, oder aber seinen Nücktritt zu nehmen.

Ein solches Verhältniß is nur möglih, wenn das betreffende Kollegium die äußerste Resignation übt und von Anfang an davon absteht, irgendwie prinzipielle Schwierigkeiten zu machen. Wir können uns in dieser Beziehung in Württemberg aar nicht besweren, und denno hat die württembergishe Abgeordnetenkammer seit Dezennien diese Ein- rihtung des Geheimen Raths bekämpft und angegriffen als inkonsti- tutionell, weil nämlich die Verantwortlichkeit der Minister ver- dunkelnd ‘und beeinträchtigend. Dabei besteht noch ein zweifacher Unterschicd. Die württembergischen Geheimenratbsmitglicder' können vom württembergischen Staats-Dberhaupt jederzeit entlassen werden wie die Minister, während das im Reich bezüglich der nihtpreußi- {en Bundesrathsmitglieder für den Kaiser anders liegt. Dann ift in Württemberg und das liegt im Reich wieder anders das Staa!s-Oberhaupt au nit gehalten, die Beschlüsse des Geheimen Raths, fo wie sie ausgefallen sind, an die Stände zu bringen. Das Staats-Ob:rhaupt kann auch die entgegenstehenden Anträge der Minister genehmigen. R

M.ine Heren! Wenn Sie in d:n Bundesrath selbständige, verantwortliche Minister bringen, dann, glaube ih, muß entweder der Bundeërath sih bequemen, überall, oder wenigstens öfter als es seiner Ueberzeugung entspriht, Ja zu sagen, oder aber cs wird die Minifterkrisis eine permanente. Der hohe Reichstag, meine Herren, wird sich ganz natürlich auf die Seite der ihm verar.twortlichen Reichs- Mir.ister Fllen, und dann beginnt der Krieg mit dem Bundesrath, zunächst auf dem Weg? des Verlangens einer Erweiterung der Rechte des Bundes-Präsidiums unter Abänderung des Art. 16 der Ver- fassung, und von da konsequent immer weiter und weiter in derselben Richtung. A

Deshalb, meine Herren, müssen Sie es nur ganz natürli fin- den, wenn die Regierungen fagen : keine verantwortlichen und selbständi- gen Reichs-Ministerien, wofern nicht ihr Verhältniß zum Bundesrath gleichzeitig klargelegt wird, und wofern nicht die Rechte der im Bundesrath vertretenen Regierungen in einer durchaus befriedigen- den und sichernden Weise verbürgt sind. S

Ob, meine Herren, überhaupt Bundesrath und selbständige

verantwortliche Neihs-Minister neben einander bestehen können, dar- über will ih jeßt niht absprehen; es könnte ja von Jemand eine Lésung gefunden werden, die ih vergeblih suche. Jch möchte be- zweifeln, daß ein jolhes Nebeneinanderbestehen je möglich sein kann, jedenfalls find wir noch weit von einer Lösung, und deshalb, meine Herren, möchte ih glauben, man sollte sich zusammenfinden auf dem Boden des gegenwärtigen Entwurfs, der allerdings kein eigentlicbes Otrtganisaticnsgeseß ist, der aber dem hervorgetretenen praktischen Be- dürfniß in einer praktishen Weise abhilft, und in einer Weise, bei der, wie ih glaube, auch diejenigen Regierungen bestehen können, welche an den Rechten festhalten, welche die gegenwärtige Verfassung ihnen gewährt. Daß wir dabei {hon weitgehende Konzessionen ge- macht haben, wird Ihnen ohne Zweifel von dem nachfolgenden Redner des Näheren auseinandergeseßt werden. ___ Der Abg. Windthorst (Meppen) erklärte, der Entwurf, 10 wie ex vorliege, habe seinen Beifall niht, weil er in si unklar fei und auf halbem Wege stehen bleibe. Dabei ver- kenne er niht die Nothwendigkeit, daß eine Stellvertretung eingerihtet werden müsse für den Fall, daß der Reichskanzler durch Abwesenheit oder Krankheit an der Ausübung seines Amtes behindert sei. Allein diese Einrichtung sei bereits vor- handen, und er sei der Ansicht, daß weiter nihts nothwendig sei. Denn wenn der Kaiser das verfassungsmäßige Recht habe, den Reichskanzler dauernd zu ernennen, so habe er folgerichtig auch das Recht, für De zeitw.iliger Verhinderung einen Stellvertreter mit voller Verantwortlichkeit zu substituiren. Wenn somit ein neues Gesey nicht exforderlih sei, in- soweit es -sich bei der Stellvertretung blos um Ab- wesenheit oder Krankheit des Kanzlers handele, so liege die Sache freilih anders, _wenn die Verhinderung aus der Ueberfülle der Geschäfte motivirt werde. Da sei allerdings die geseßlihe Regelung nothwendig. Er kon- cedire ohne Weiteres den Generalvertreter, aber weiter könne er nicht gehen und si namentlich mit dem nit befreunden, was für Herrn von Bennigsen die Hauptsache gewesen sei, mit der selbständigen Bildung von einzelnen Verwaltungs- zweigen, und namentlih eines Reichs-Finanzamtes. Der Nedner rügte alsdann mehrere Einzelnheiten der Vorlage und beantragte, nahdem er sich nochmals gegen die Bildung von Reichs-Ministerien ausgesprochen, s{ließlich die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern.

Hierauf nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort:

Als i zuerst bei Sr. Majestät dem Kaiser die Erlaubniß nach- fuchte, den Antrag ciuzubringen, der zu der Vorlage Anlaß gegeben bat, die uns heute beschäftigt, und uls zuerst diese Thatsache bekannt wurde, hat cs mi überrascht, aus den öffentlihen Blättern zu er- schen, daß an diese, wie mir sien, einfache, durch die augenblickliche Sachlage als geschäftlich nothwendig indizirte Vorlage sich ein so gesteigertes Maß vcn Befürchtungen einerseits wegen unitarischer Bestrebungen und von Wünschen und Hoffnungen andererseits auf Bestrebungen in dieser Richtung geknüpft hat. Ich glaube, daß auch unsere heutige Diskussion, die sich ja vielleiht noch auf morgen ver-

längert, im Auétland insofern einige Verwunderung erregen wird, als man son aus den èrsten Reden {ließen konnte, daß über das, was uns wesentlich beschäftigt, der Bundesrath und die große Mehrheit des Reichstags , wie mir {{-int, einig sind und einig tleiben werden. Man hat im Ausland vielleicht keinen ricbti-en Maßstab von der Neigung, die uns Deutschen beiwochnt, nit nur den täglichen Be- darf der Gesegebung zu absorbiren, sondern jede Gelegenheit zu er- greifen, die sich darbietet, um tiefergehende, fagen wir theoretische oder doktrinäre Erörterungen des eigenen Verfaîfsungszustandes, des Bodens, auf dem man steht, daran zu knüpfen. Es ist also will ih dabei für Leute, die uns nicht kennen, erläutern gewissermaßen ein Rendezvous auf heute verabredet, um eine der periodisch ein- tretei.den Kritiken unserer Verfassungsbestimmungen gegenseitig vor-

wie der

zur ebmen, die wir zuleßt, glaube i, 1874, vorher bei dem Münster- Twestenshen Antrag hatten und die uns ja allen frish in der Er- innerung sind. ; - : Ich freue mi, daß dem Gedanken, dieser Neigung durch Anträge eine praktische Gestait zu geben, von keiner Seite Ausdru Farben ist, ih meine nicht Amendements, ih meine Anträge auf Ver- fafsungsrevision. Denn ih würde es bedauern, wenn eine fo junge und recht mühsam zur- Welt gekommene Verfassung sie ist in der jeßigen Gestalt 6 Jahre alt, und wenn wir auf ihren ersten Ursprung zurückgehen, doch höchstens 10 Jahre alt nun von neuem funditas revidirt werden müßte. Jch bin wohl berechtigt, zu sagen: von Grund au, denn das Ershüttern der Fundamente, die behufs der Machtvertheilung zwishen den Regierungen, tem Reih und dem Reichstag gelegt worden sind, das Nühr-n daran mit der Erinnerung an die vergeblihen Versuche, die wir in Frankfurt a. M. vor einem

Menschenalter gemacht haben, um theorctisch die Sache rihtig zu erledigen, die Erinnerung daran und anz, die Neuheit der Ein- richtungen, an die Eigenthümlichkeit der Vergangenheit, an die mehr oder - weniger gewaltthätige Art, in der sie zum Theil be- seitigt wurde, sollte meines Erachtens jeden a*halten, an diese E

zu oft zu rühren und im Inlande oder im [uélande die Hoffnung oder die Befürhtung zu erregen, daß diese Verfassung, die jeßt dem Deutschen Reih das Maß von Einheit giebt, was es feit Jahrhunderten nicht gehabt Hat, jeden Augenblick in ihren Grundlagen angegriffen, ers{üttert werden 1nd zu der Frage Anlaß geben könnte: ist die Einzelregierung an eine modifizirte Verfassung, die ihr aufgedrungen wird, noch in dem- selben Maße sih zu halten moralisch verpflihtet, wenn Gelegen- heit und Versuchung an sie herantritt, wie fie es ursprünglich war ? Das ist der Grund, warum ih mich freue, daß die kritischen Reden, zu denen die Verfassung den Stoff eben hergegeben hat, fih nicht in bestimmte Anträge auf Aenderung oder Revision der Verfassung verkörpert haben. Das Reden an und für sich über dergleichen, was s.in könnte, was wünschenswerth wäre, was ideell, doktrinär rihtig wäre, ist ja an sich ein unschuldige® Ver- gnügen, aber so ganz unschuldig, wie die Herren annehmen, doch noch immer nicht. In manchen Beziehungen hat ein Antrag Vorzüge, deun die Reden müssen sich fast nothwendig darauf , beschränken, das Bestevende zu kritisiren, und es verbreitet si dadurch eine Empfin- dung, die ja die Herren, die es behaupten, sid vielleiht selbst cin- reden: daß das Bestehende cigentlid ganz unerträglich sei. /

Ich habe, bevor ich nach Berlin kam, in den Zeitungen einen gewissen Stimmungsausdruck gefunden, der mich zum Nachdenken brachte, was ift eigentlih in Deutschland geschehen, daß wir plößlich in einer so düsteren Stimmung in Beziehung auf die Zukunft, in einer fo niedergedrückten Stimmung in Bezug auf unsere Gegenwart uns befinden, wie die meisten Blätter in ihren Leitartikeln dieselbe schilderten. Es hieß überall: so wie es ist, kann nit bleiben, unser Zustand ist zu fürchterlih, es muß etwas geschehen, es muß geändert werden, so kann es nun einmal nicht bleiben. Nun, ist denn die Verfassung, unter der wir leben, wirklich so unpraktisch und so unbewährt? Theoretisch kann man viel darüber sagen; praktisch war sie der Abdruck dessen, was damals thatsählich vorhanten, und was in Folge dessen möglih war mit dcrjenigen Ausdehnung und Richtigstellung, die sih damals im Augen- blick machen ließ, Wir sind jedenfals weiter damit gekommen, als mit allen theoretishen Versuchen, und wenn ih Sie auf die Masse von Geseßen, namentlich aber auf die fortschreitende Konfolidirung dieser damals sehr locker aussecherden Verfassung hinweise, auf das Ansehen, dessen sich in ganz Europa diese unsere neue Einrichtung erfreut, und die nit vorhanden sein würde, wenn man unsere Ein- richtungen für so elend und unerträglich bielte, wie sie in öffent- lien Blättern geschildert wurden, wenn Sie sich dieses recht ver- gegenwärtigen, so werden Sie meine Empfindung verstehen, wie ich in der Einsamkeit des Landlebens darüber nachsann, was ift meinen Landsleuten Entseßliches geschehen, daß sie auf einmal so viel \{limmer daran sind als wie vor einem Jahr. Ist es vielleicht die verhältnißmäßige Ruhe und die stetige Entwickelung, in der wir uns im Vergleich zu andern Ländern befinden, ist es der äußere und innere Frieden? Gewiß trägt das viel dazu bei, denn thatenbedürf- tige Herzen, die gerade keine weitere, sie anregende und beschäftigende Aufgabe haben, als im Winter im Parlament das Volk zu vertreten, kommen nothwendigerweise im Sommer auf eine gewisse Unruhe, daß etwas geschehen müsse, das Emotionsbedürfniß wird so stark, daß cs nur dur Krieg oder innere Kämpfe oder durh eine den ganzen Geist des liefen Denkers beschäftigende Kritik der untersten Grundlage unserer Einrichtungen befriedigt werden kann.

Wenn alle unsere Volksvertreter in der Lage wären, wie ich und viele von uns, daß sie nebenher fo viel zu thun haben, daß sie froh sind, taß sie das Leben haben oder ihre Geschäfte besorgen kön- nen, dann glaube i, würden wir nicht fortwährend unsern Gesund- heitszustand in dieser bedenklichen und erregenden Weise untersuchen.

Ich muß sagen, wie diese Vorlage eingebracht wurde, so lag mir der Gedanke, daß daran sich eine Verfassungsänderung knüpfen könnte oder die Begehrlichkeit nah einer Verfassung8änderung sich knüpfen würde, zuerst ganz außerordentlich fern, und ih bitte um Erlaubniß, auf die Genesis der Vorlage etwas näher einzugehen, um den Grund und Boden, auf dem wir uns bewegen, trockener zu legen.

Als der Verfassung8entwurf für den Norddeutschen Bund zuerst zur Revision gelangte, da war der Reichskanzler durchaus nicht mit den bedeutenden Attributionen ausgestattet, die ihm dur den ein- fachen Saß, der sih heute im Art. 17 der Nerfaj;ung befindet damals glaube ich, Art. 18 zugeschoben sind. Er is damals durch Cine Abjtimmung in das jeßige Maß hineingewachsen, während er vorher einfach das war, was man in Frankfurt in bundestäglihen Zeiten einen Präsidialgesandten nannte, der seize Instruktionen von dem preußisden Minister der Auswärtigen Angelegenheiten zu empfangen hatte und der nebenher das Präsidium im Bundesrathe hatte. Daß damals der Art. 15 mit feiner Stellvertretungsklgusel das ganze Verhältniß des Reichskanzlers deckte oder des Bundeskanzlers, wie er damals hieß, darüber war Niemand in Zweifel, am allerwenigsten diejenigen, welche den Verfassung8entwurf vorgelegt hatten. Nun wurde dur den Art. 17 die Bedeutung des Reichskanzlers plößlich zu der eines Tontrafignirenden Ministers und nach der ganzen Stellung nicht mehr eines Unter-St1atssekretärs für deutshe Angelegenheiten im auêwärtigen preußischen Ministerium, wie es ursprünglih die Mei- nung war, sondern zu der eines leitenden Reichs-Ministers herauf- geschoben. Darauf trat auch die von mir sofort, von meinem da- maligen Vertreter, Herrn von Savigny, nit mit derselben Bereit- willigkeit anerkannte Nothwendigkeit ein, daß der Reichskanzler und der preußische Ministerpräsident ein und dieselbe Person sein müßten. Es hat mich das, wie ih fürchte, einen Freund gekostet, aber die Ueberzeugung war bei mir durchschlagend und deshalb lag auch die Frage, nahe, genügt denn der Vertretungsparagraph in dem Art. 15, zu dessen Crläuterung ih dech noch ein Wort sagen muß.

Es heißt darin:

Der Reichskanzler kann sich durch jedes andere Mitglied des S A vermöge s\ch{riftlider Substitution vertreten assen,

ganz allgemein im Anschluß an den Vordersaßtz, der lautet :

Der Vorsiß im Bundesrathe und die Leitung der Ge- \chäfte steht dem Reichskanzler zu. j

Da lagen nun mehrere Amendements vor, welche die Absicht hatten, die „Geschäfte“ den Kanzler noch mit Anderen theilen zu lassen und welche im Wesentlichen lauteten :

Der Vorsiß und die Leitung ter Geschäfte im Bundes- rath fteht dem Kanzler zu, also ungefähr so, wie man heute die Neigung hat, den Paragraphen auszulegen. __ Jeder, der die Revisionsverhandlungen nachlesen will, wird finden, daß diese Amendements ausdrüctlich abgelehnt und dadurch ausgesprochen wurde, daß niht nur der Vorsiß im Bundesrath, und nit nur die Leitung der Geschäfte im Bundesrath, sondern die Leitung der Ge\chäfte im Allgemeinen nach §. 15 dem Kanzler

z:stünde, und im Ans{luß an dicsen Ausspruch steht in der Ver- fassung die Substitutionsklagusel.

Nun kam in §. 17 die Kontrasignatur hinzu, ohne dort zu wiederholen, daß die Vertretung des Ka zlers in den Geschäften, wie es die Gesammtheit in Art. 15 meines Erachtens ausdrüctt, au für das Geschäft der Kontrasigratur maßgebend sein soll. J crinnere mich ganz gut, was uns verhinderte, diesen Punkt auf- zuklären. Mir schien es, ich möchte sagen, nicht \{icklich, so wie die Verfaffung lag, daß ein Neichskanzler mit der ministeriellen Kontrasignaturbefugniß \sich ohne eine in der R aus- drückiih ausgaesprohene Mitwirkung Sr. Majestät des Kaisers Jemanden substituiren könne, den der Kaiser als kontrasignirenden Minister aus der Hand des Kanzlers annehmen solle, und ih habe darüber damals meine Immediatvorträge gehalten, welche Ihnen den Beweis liefern können, \chriftlich und mündli, daß es durchaus kein lapsus und kein Vergessen gewesen ist, sondern habe Sr. Majestät dem König von Preußen damals gesagt, alle Abstimmungen, die über diese Angelegenheit gefaßt sind und damit in engerer Verbindung stehen, namentli über Anträge, welche auf „Reichs-Minister“ gerichtet waren, sind mit einer so kleinen Majorität gefaßt die Hauptabstimmung über den Antrazx des Hrn. von Bennigsen mit einer einzigen Stimme, es waren, wie ih glaube, 134 gegen 135 daß ich große Bedenken trug, in diesen Dingen wieder zu rühren. Wir konnten sehr leiht zu einer Abstimmung kommen, der gegenüber die Regie-- rungen lassen Sie mich einen vulgären Ausdruck gcbrauchen Strike gemacht hätten, und konnten in Verlegenheit kommen bezüg- li einer Vereinbarung. Jh war sehr froh, daß wir etwas halbweg Annehmbares, wenn au nur mit 1 Stimme Majorität, in der Be- ziehung gewonnen hatten, ohne zu einem Bruch der Verhandlungen mit den Regierungen zu kommen, die wir unmöglich vergewaltigen konnten, und ohne über das, wo sie zugestimmt haben, hinaus- zugehen. Es stand {hon damals fest, daß die verbündeten Regie- rungen nicht eingegangen waren auf die Anträge, die damals mit Einer Stimme Majorität abgelebnt wurden. Ich habe deshalb daräuf verzichtet, eine deutlihere Bestimmung über die Stellver- tretungsfrage auch im §. 17 anzuregen, indem ich Sr. Majestät dem Kaiser 1agte, das ijt eine Sache, die kann man in der dienstlichen Praxis reguliren, der Kaiser oder damals das Präsidium, der König von Preußen, kann dem Kanzler befehlen: Jch verlange jedes- mal meine Genehmigung zu geben, und der Kaiser kann denjenigen Kanzler, der sib dem nicht fügen will, an jedem Tage entlassen. Es ist also nit nöthig, daß das Schictlichkcitsbedürfniß erfüllt wird, auf die Gefahr hin, daß eine Majorität mit Einer Stimme gegen uns in einer tißlihen und \{wierigen Sache si bildet. 2

__ Ich bin also niemals zweifelhaft gewesen, zehn Jahre lang nit , daß ih als Kanzler ganz berechtigt wäre, durch Substitution mit Kaiserlicher Genehmigung mir cinen Gesammtstellvertreter zu \{affen, auf den au die Kontrasignatur übergehen würde. Jch war mir von H use aus um so weniger zweifelhaft darüber, als der Reichskanzler, mindestens bis zu der neuen Revision der Verfassung von 1870, viel- leicht bis zum Reichsbeamtengesetze von 1873 einfach ein preußischer Beamter war. Er war Beamter des Königs von Preußen in dessen Eigenschaft als „Präsidium“, wie man es neutral bezeichnet hat. Er war in diese ncue Qualität eines preußishen Ministers von dem ursprünglichen Gedanken eines preußischen Staatssekretärs aufgerückt. Hier konnte mir niht ein Zweifel beikommen, daß niht auch diesen preußischen Präsidial-Minister jeder andere unter Um- ständen auch in der Kontrasignatur werde vertreten können. Es ommt dazu, daß einfach dana gehandelt wurde, jahrelang. Es ift eine ganz beträhtlihe Anzahl von Königlichen Verordnungen, von Beamtenernennungen, sogar von solchen, die nah den jeßt aufge- tauchten Streitigkeiten zweifelhaft werden könnten, erfolgt, sogar riterliher Beamter, bei denen es zweifelhaft wurde, ob ihre Kom- petenz als Richter im obersten Reichsgerichte anzufehten wäre, wenn die Ernennung nicht vom Kanzler kentrasignirt ist, und wenn die Theorie der Unvertretbarkeit richtig wäre.

Die Lweifel, daß meine Berechtigung damals und noch jut, und zwar auf Grund des Art. 15 besteht, ind erst aufgetaucht, als der Hr. Abg. Hänel die analoge Debatte zu der von heute ctwa vor einem Jahre bei Gelegenheit meines damaligen Urlaubsgesuhs anregte und dort den Zweifel aus\prach, ob ich vertretbar wäre auf dem Gebiet der Kontrasignatur und Verantwortung, eine Frage, die der Hr. Staatê-Sekretär von Bülow in metner Ab- wesenheit dahin beantwortete, daß ih diese Vertretung nit bean- sprucbe, sondern daß i sie mit übernehmen würde. Ich habe mich damals, theils aus Unfähigkeit, zu streiten, cine Unfähigkeit, die aus meiner Krankheit hervorging, theils aus Friedensliebe dazu ver- standen, und habe den Kampf niht aufgenommen, aber ih habe die Zweifel, die mir entgegentraten, au nicht einen Augenblick getheilt, und ih habe mir damals gedacht, es ist besser, diese Zweifel in freundlicher Weise zu erledigen dur eine Gesetzesvorlage, von der ich glaubte, sie sei sehr leiht gemacht, da ih annahm, darüber, daß es nothwendig sei, würden alle einverstanden sein, als mi darüber mit einem so gewandten Dialektiker wie Hr. Professor Hänel ist, zu streiten. Deshalb fügte ih mi und hielt es für eine Sache, die an eiñèm Tage abgemacht sein würde, aber ih glaubte nit, daß ih damit diese bedeutenden Diskussionen hervorrufen würde, die mir {hon glei, wie die Sache bekannt wurde, aus den Zeitungen ent- gegengetreten sind, und die ih hätte vorahnen können, wenn ic in gesunder Lage die Reden, die meine Urlaubsstellung begleiteten, gelesen hätte. Jh muß auch gestehen, ih habe damals nicht ge- glaubt, daß ih wiederkommen würde, und es war mir einerlei, wie die Sache erledigt wurde. Wenn i also der Meinung bin, daß ih das Recht auf volle und auf Gesammtvertretung ohnehin laut der Ver- fassung habe, zehn Jahre geübt habe und noch heut besite, und daß diese Geseßesvorlage nur das Bedürfniß hat, demjenigen, welchem es ¡weifelhaft ift, eine fricdliebende und versöhnlihe Brücke entgegen- zutragen, fo bin i derselben Ueberzeugung allerdings nicht in Beo ziehung auf die Vertretung in einzelnen Ressorts; das kann man ohne zwingende Auslegung aus der Verfassung nicht herauslesen, und gerade in Bezug auf die einzelnen Ressorts bedarf meines Erachtens jeder Kanzler, nicht blos einer, der augenblicklih gehindert ist, einer gewiffen Vertretung.

Der leßte Herr Vorredner wollte dem ersten Satz der Vor- lage, der Gesammtvertretung, zustimmen, weil er sie für nothwendig hielt, er hat aber im Eingang seiner Rede nachgewiesen, daß sie eigentlich {on bestünde. Er war in dieser Bezichung ausnahms- weise derselben Meinung wie ich und wollte also etwas bewilligen, was ich na seiner Meinung schon habe, was er aber für nothwen- dig hielt. Dagegen das zweite wollte er ablehnen, allein ic bin überzeugt, daß es bei dem guten Willen bleiben werde, und daß die Mehrheit des Reichstags es bewilligen werde. Jch will den Bedarf einer Vertretung im Einzelnen gar nicht motiviren mit der Nothwen- digkeit einer Geschäftserleichterung, ich will ihn nur motiviren aus dem Mechanismus der Beziehungen der einzelnen Ressorts zu einander und zur Gesammtvertretung. Unter den einzelnen Ressorts befindet sih zuerst dasjenige, was am meisten Kontrasignaturen mat, Elsaß-Lothringen. Das Vertrauen des Reichstages hat seiner Zeit mich als Reichskanzler mit der Aufgabe beehrt, auch Minister für Elsaß-Lothringen zu sein. Diese Aufgabe vermag ih neben dem anderen nit zu leisten, sie ist an und für fih eine solche, die die Thätigkeit eines einzelnen geschäftskundigen und gesunden Mannes vollständig absorbirt. Wenn man bedenkt, in einem Lande von 13 Millionen Einwohnern, mit eigenthümlihen neuen und ge- spannten Verhältnissen und mit einer Geseßgebung, die die ministerielle und Königliche Gewalt viel weiter in Yas laufende Geschäftsleben hineinzieht als bei uns, so wird man \ih sagen, daß jemand, der alle Ressorts eines Landes von 12 Millionen Einwohnern vertreten muß, das niht als Nebenamt thun kann. Mein Bedürfniß war das Loskommen von dieser Aufgabe auf dem Wege der Gesetzgebung, durch ein Gesetz, welches erklärt, es braucht niht der Kanzler, es kann ein R Minister anderer Art sein, der ein weitläufiges und s{wieriges Amt versieht; ih habe es versucht und ih habe den Weg nicht gangbar gefunden. Auf diesem Gebiet würde ih deshalb einer vollen Stellvertretung bedürfen, auch

dann, wenn ih nicht beurlaubt bin und nicht in meinen übrigen Ge- schäften behindert bin und würde sie bei Sr. Maz:estät dem Kaiser von Hause aus beantragen.

Die Spezialvertretung ist ferner eine Nothwendigkeit, wenn man die ganz eigenthümlihen Beziehungen des Auswärtigen Amts zu allen übrigen Ministerien ins Auge faßt. Meines Erachtens soll der jedesmalige Gesammtvertreter des Kanzlers jederzeit derselbe sein, der den Minister-Präsidenten im preußischen Ministerium vertritt. Wenn überhaupt die Nothwendigkeit, die Zweckmäßigkeit vorgelegen hat, daß der Posten eines Reichskanzlers und der Posten eines preußischen Minister - Präsidenten in derselben La seien; wenn ich mi durch Enthaltung während eines Jahres von der Annahme preußi- scher Geschäfte davon überzeugt habe, daß dies absolut nothwendig ist, nicht weil der preußisbe Einfluß auf das Reich verloren geht, son: ern weil der deutsche Einfluß auf Preußen verloren geht, weil die Vertretung des Reichs in Preußen eine so starke sein muß, wie je nur der leitende Minister ausüben kann und nit ein bei- Mes Minister ohne Ressort deshalb bin ich der Ueberzeugung, daß der regelmäßige Stellvertreter des Reichskanzlers jederzeit der sein soll, der dieselbe Persönlichkeit in ihrer Eigenschaft eines preußischen Minister - Präsidenten innerhalb des preußischen Staats-Ministeriums vertritt; und ih erkenne es als einen Fehler, über den mich die Erfahrung belehrt hat, daß in früheren Zeiten während meiner Abwesenheit davon abgewichen worden ift. Wird dies System aber angenommen, fo ist es kaum möglich, daß wir in der Stellvertretung innerhalb des preußischen Ministeriums jederzeit einen sagen wir Finanz-Minister, denn der wird im Ganzen immer der natürlihe und geborene Vertreter des Minister- Präsidenten bleiben, weil er an und für sich nah unserer Organisation in allen Ressorts hineinzureden hat, also daß wir immer cinen Finanz-Minister haben, der zugleih im Stande if, Sr. Majestät dem Kaiser in auswärtigen Angele genheiten den regelmäßigen Vortrag zu halten und den Verkehr mit den fremden Botschaftern 1nd Ge- sandten zu führen. Dazu gehören gewiß technishe Seiten, deren Ausbildung man niht immer beim Finanz-Minister verlangen kann, es würde also meines Erachtens für das Auswärtige Amt in der Regel das Bedürfniß einer gesonderten Stellvertretung, die nicht in die Gesammtvertretung einbegriffen ist, eintreten.

Diese Gründe für die Vorlage, die ih Ihnen anführe, sind ja ganz hausbackene geschäftlihe Gründe, die prinzipiell nicht tief gre:fenz; aber die Vorlage und ‘die Art, wie sie besprochen i}, giebt mir doch Aulaß, auc die Ansichten zu besprehen, mit denen i, i kann nicht sagen, dieses Geseß ausführen möchte, denn sie hängen faum mit diejem Gese zusammen, sondern sie zu verwirklichen würdc auch ohne dieses Geses möglich sein. Jcch hake nur eine öffentlihe Aeußerung darüber aufgeschoben, weil ih das Be- dürfniß hatte zuerst noch im Bundesrath und im Meichétag die Ansichten über das von mir erstrebte Ziel zu kennen. _Das Ziel, was von mehreren Seiten, beinahe von allen, die günstig bis auf den leßten Redner sich ausgesprochen haben, als erstes und allein {on sehr bedeutendes bezeihnet worden ift, ist das einer Verbesse- rung, einer Vereinfachung der zwishen dem Reich und den Einzel- staaten getheilten Finanzverwaltung. Um das zu erreichen, wird es eine große Erleichterung gewähren, wenn wir ein gesondertes Reichs- finanz-Amt einführen, welches zugänglich ist, ohne durch den jedes- maligen Präsidenten des Reichskanzler - Amts ers dcn Zugang zu vermitteln, welches die Reichsfinanzsachen di- rekt aus rein finanziellem Standpunkt sowohl mit den Ministern der übrigen Einzelstaaten, als auch namentli mit dem preußischen Finanz-Ministerium verhandeln kann. Daß das erleihtert is, wenn das Reichsfinanz - Amt allein dasteht, glaube ih damit bewcisen zu können, wenn ih Sie bitte, zu er- wägen, wie sehr es ershwerti sein mußte zu der Zeit, wo das ganze Reicbskanzler-Amt unter dem gesclossenen On eines fehr sfach- kundigen Finanzmannes, des Hrn. Präsidenten Delbrück war. Da würde die Verständigung eines Finanz-Ministers eines Partikular- staats mit den dem Präsidenten untergebenen einzelnen vortragenden Räthen auf direktem Wege eine große Schwierigkeit gehabt haben. eere direkte Weg muß aber meines Erachtens unbedingt hergestellt werden.

Daß unsere Reichsfinanzleitung bisher niht die Ergebnis;e ge- liefert hat, die ich felbst von ihr wünsche und die das Reich von ir erwartet, mag ja zum Theil an den eigenthümlichen Richtungen und Ueberzeugungen der maßgebenden finanziellen Persönlichkeiten liegen. sonen wirksamer sind als Institutionen, so auch hier. Zum Theil liegt es aber doch in den Einrichtungen, die wir hatten, und die ih {on vorhin als fehlerhafte bezeichnete. Jh meine zwei Finanz- Ministerien, eins für das Reih, eins für Preußen, eins im Besitze der ergiebigen melkenden Kuh der indirekten Steuern, das andere im Besitz des ziemlich au8gebauten Bergwerks der direkten Steuern, die niht nothwendig dur unsere Institutionen gezwungen waren, sich zu ver- ständigen, oder eins die Meinung des anderen anzunehmen. Diese beiden großen Ministerialkörper, das ganze Reichskanzler-Amt in seinem Zusam- menhange und das ganze preußische Ministerium, haben mir \{ließlich den Eindruck von zwei Lokomotiven gemacht, die sich auf demselben Geleise befinden und \sich weder aus8weichen, noch aneinander vorbei- konnten, und keine fuhr rückwärts, um der anderen Plaß zu machen. Sie hatten ihre unabhängige Ueberzeugung, ihre unabhängigen Refssortberechtigungen, und je nahdem die Lokalität und die Umstände den einen begünstigten, zog sich der andere in einer gewissen Verstim- mung zurück, die eigentlich niht der Sache, hätten gelten sollen, sondern mehr im persönliben Ansehen lag. Indessen wir bleiben alle Menschen, und wenn man daher das Hinderniß nicht aus dem Wege räumt, so kommt man nicht zu einer Verständigung.

Die ursprüngliche Stellung des Neichskanzler-Amts, wie sie

unter dem Herrn Präsidenten Delbrück ihren Aufs{hwung nahm, war eine Institution, die zur Förderung der Ausbildung des Meichs- gedankens und des NReich8personals schr wesentlih beigetragen hat, die aber, bis zu einer gewissen Größe angeschwellt, nothwendig auf- hören mußte, weil sie vor die Alternative gesteut wär, entweder sich die übrigen Reichs-Ministerien und in erster Linie das preußische zu unterwerfen, oder neben ihnen eine Thätigkeit zu beanspruchen, welche die Friktionen dieser vielrädrigen Maschine noch bei weitem verstärken mußte, ohne uns vorwärts zu bringen. Ih glaube, daß Sie, wenn Sie den Mangel an Entwickelung ir unserem finanziellen System mit Recht tadeln, doch den Personen nicht allein, sondern au dieser Institution, der zu stark accentuirten reihsministeriellen Entwickelung, nit im Sinne der Verantwortlich- keit, aber im Sinne bureaukratischer Herrschafi, as Sie der einen wesentlichen Theil der Schuld dabei zuschreiben müssen.

Kann man nun dies Hinderniß aus dem Wege räumen ? Ich glaube dur ein sehr einfaches Hausmittel, welches ganz außerhalb der Tragweite diefes Gesetzes liegt, und welches ich die Absicht hatte, da ih von Sr. Majestät dem Kaiser die Genebmigung hierzu \{chon besaß, Ihnen zu bringen, sobald ih über die Tendenzen im Bundes- rath und im Reichstag Klarheit hatte, nämli, af demnächst in Bezug auf die Reichs-Finanzverwaltung dasselbe System eingeführt würde, welches in G auf die Reicbs-Kriegsverwaltung sich von Hause aus in Geltun efunden hat. Als die Reichsverfaftung ins Leben trat, so fand s, daß der Theorie nach der Reichskanzler unter den vielen anderen Janusköpfen, die er hatte, auch genau genom- men den eines Kriegs-Ministers besaß, auch den eines Marine-Ministers, und da habe ih proprio motu den von Ihnen als hcrrs{sücchtig mit- Unter beurtheilten Reichskanzler in seiner Macht vermindert, indem ih an Se. Majestät den Kaiser den Antrag richtete, zu befeblen, daß Berichte und Entwürfe zu Ordres nur mit der gemeinfschaft- lien Uni1erschrift des Kanzlers und des Kriegs-Ministers dem Kaiser, damali em König von Preußen, vorgelegt werden sollten, um auf diese eise niht nur in erster Linie dem Kanzler, sondern in ent- sheidender Linie Sr. Majestät dem Kaiser die Ueberzeugung zu ge- währen, daß dieser Bericht vom Kriegs-Minister selbständig geprüft war, er bereit war, seine Verantwortlichkeit dur Unterschrift zu übernehmen, er auch bereit war, den Text eines Ordre-Entwurfs durch seine Mit- Unterschrift zu sanktioniren. Nun ist es ja richtig, daß dadur der Kriegs-

Wie überhaupt in allen Sachen Per--

Minister dem Reichêtag gegenüber keine Verantiwortlihkeit \chrift- [i übernahm. Aber hat Ihnen die jemals gefehlt, wenn das Militärbudget diskutirt wurde? Sind Sie nicht in der Lage ge- wesen, sich an die Person des Kriegs-Ministers und nur an die fei- nige ohne Konkurrenz des Kanzlers jederzeit mit dem vollen Bewußt- sein, daß er Ihncn Rede und Anwort stehe, halten zu können? Es hat dieses Mittel dahin geführt, daß ein so \{hwieriges und wegen seiner Selbstär. digkeit sehr empfi1.dlihes Departement, wie das Kriegs- Ministerium, an dessen Spite ein Herr stand, der am allerwenigsten geneigt war, sich, wie man sagt, die Butter vom Brot nehmen zu lassen, der Feldmarschall Graf Roon, daß gerade diese Verwaltung ohne alle Schwierigkeit sich glatt entwickelt hat, si auch bereitwillig an allen Erlebnissen im Bundesrath im ganzen Reichéleben betheiligt hat, während die anderen Minister gar niht mehr hingekommen sind und den Bundesrath trockten gelegt haben. Und dabei kann ih nicht sagen, daß jemals ein ernstlicher, prinzipieller Streit zwischen dem Kriegs-Ministerium und mir in der ganzen pel gewesen \:i, es sei denn in einzelnen Finanzfragen, wo ja natürli, da ih die vices des Finanz-Ministers vertreten mußte, dieselben Kämpfe und Schwieriz- keiten, die früher zwischen dem preußi¡chen Finanz-Minister und Kriegs-Minifter waren, sich auf mi übertrugen, aber ic glaube, doch nicht auf den zehnten Theil des Volumens und der Schärfe an- \{wollen, wie es in früheren Budgetjahren in Preußen der Fall war.

__ Wenn si dort diese Einrichtung bewährt hat, warum soll es nicht mögli sein, für verfassungsmäßig zulässig halte ih es j:den- falls daß durch innere Dienstabmahung der nennen wir ihn Staatssekretär des Reichs-Finanzamtes in Beziehung zum preußi- schen Finanz-Minister gestellt wird. Ich bin darüber nah außen hin Niemand verantwortlih, wenn ih den Finanz- oder nennen wir ihn zur Unterscheidung einmal Schaßsekretär bitte, mir nie erhebliche Sachen, Geseßgebungssachen, vorzulegen, wenn er nicht die Unterschrift des preußischen Finanz-Ministers dazu mittringt, wenn i ferner mit dem preußishen Finanz-Minister verabrede, daß wir uns beide einer von mir erbetenen Kaiserlichen und Königlichen Verordnung unterwerfen, wonach ebenso wie in Militärfragen auch auf dem Gebiete der Finanzen Sr. Majestät nur vorgelegt werden soll, was der Finanz-Minister sanktionirt hat oder worüber wir beide uns geeinigt haben.

Ich glaube, daß Sie dann ohne Verfassungsverlezung, ohne

Schwierigkeit einen, allerdings nur auf Königlicher Verordnung basirten, Reichs-Finanz-Minister besißen, aber auf Königlicher Ver- ordnung beruhen die Ernennungen aller Minister; der König kann sie bekanntlich jeden Tag entlassen und wechseln. , Das ist meines Erachtens die wesentlihste Veränderung, die ih in der Richtung des hier Gewünschten gegenwärtig leisten kann, und gegenwärtig anftrebe, aber ih glaube beinahe, cs wird den Bedürf- nissen, die hier ausgesprochen sind, genügen. Der preußische Finanz- Minister wird dann noch mehr wie bisher nach der Ressortauffassung berufen sein, alle gesetßzgeberischen Vorlagen, die er hier macht, vor dem Reichstag auch zu vertreten, und wenn man mir dagegen einwenden könnte, daß der Schaßsekretär des Reichs dann ziemlich überflüssig wäre, so muß i das doch verneinen, denn das Reich und die übrigen Bundes- staaten bedürfen Jemand, der Reichsbeamtenqualität hat, um die Vermittelung zwischen den Präsidial- und preußischen Anschauungen und den Anschauungen der übrigen Staaten zu besorgen, Jemand, den sie auch als ihren Beamtea betrachten können und an den sie ein Ret haben sich zu wenden, wo sie nicht mit dem preußischen Ministerium zu verkehren haben, um Auskunft zu verlangen, wo sie in ihrem eigenen Reichsbureau den Be- amten finden können. Der unter Verantwortlichkeit des Kanzlers selbständig leitende Beamte wäre dann für mich ge- wissermaßen der deutsche Unter-Saatssekretär des Finanz-Ministers. mit dem ih direkt verkehre. Es mag ja diese Einrichtung ebenso gut wie manche andere eine dilettantische sein, aber sie ist eine prak- tishe im Kriegs-Ministerium gewesen, und ih \{chmeichle mir des- halb mit der Hoffnung, daß sie es auch auf diesem Gebiete sein kênne. Im Ucbrigen gehört allerdings dazu, daß, wenn sie ins Leben treten soll, daß wir auch Finanzen haben im Reich; so l:nze wir keine Finanzen haben, brauchen wir so wenig einen Finanz-Minister, wie ich einen Koch gebrauche, wenn ih keine Lebensmittel habe. Das Reich hat ja bisher seine Einnahmen - wesentlih nur in den Matrikularbeiträgen, denn diejenigen, welche aus Zöllen und Steuern fließcn, werden {hon jeßt unter der Leitung des preußischen Finanz-Ministers im Zollvereinswege von den einzelnen Regierungen erhoben und fließen dem Reich von da zu. Das Ausgabebudget zu machen, das besorgen eigentilich die einzelnen Ressorts in si, der Finanz-Minister hat nur zu streichen und das wird auch der jeßige \{chon thun. Also eine raison d'être, eine Berechtigung ins Leben zu tretcn, hat die Einrichtung nur dann, wenn wir Reichsfinanzen haben, und ih hoffe, wir werden sie uns schaffen. Vielleiht wird man mir den S(hluß auch umkehren und wird mir sagen: gieb uns die Ein- richtung, wir werden dann die Aufgabe, Finanzen zu \cafen, er- leihtern; man wird vielleiht auch jagen, das ist cine außeramtliche Zusage, es ist keine verbriefte, es ist auch kein Verfassunasartikel darin, oder man \{lägt es auch ganz ab nun, dann kann ih auch jo weiter leben, wie ih bisher gelebt habe.

Ich gehe sehr ungern hier auf ein Thema ein, welches nit zur Sache selbst gehört, aber von einem der Herren Borredner in ciner prägnanten Weise hier berührt worden ist und b:i dieser Einrichtung, wie sie mir vorshwebt, eine sehr viel leichtere Erledigung finden kann als bisher, weil dann die Person im Reih und in Preußen bei dieser Einrichtung identisch scin würde, nämlih der Gedanke, daß eine Finanzwirthschaft in Preußen und im Reich gleichzeitig erfolgen müsse. Ja, meine Herren, das halte ih für rechtlich ab- folut unmöglich, und ich würde mich, wenn hier im Reich Beschlüsse Über die preußische Verfassung in der Weise getroffen werden sfoll- ten, daß die Bewilligung von Reichssteuern abhängig gemacht würde von Einrichtungen innerhalb Preußens, im Namen Sr. Mas- jestät des Königs von Preußen dagegen verwahren müssen. Die Revision und Abänderung der preußischen Einrichtungen steht dem preußischen Landtag zuz fie wird aber da auch ganz unzweifel haft in dem gewollten Wege erfolgen. Jcch weiß gar nicht, wie man si die Sache anders denken könnte, wenn Preußen jeßt mit einem Mal über sein Budget hinaus 60 Millionen mehr bekäme; wenn es dann nicht den Weg beschritte, der von den darüber \prehznden Herren ge- wünscht ift, so müßte man ja voraussetzen, daß ein im medizinischea Sinn geistcskrankes Ministerium in Preußen regierte! Was foll denn Preußen mit dem Gelde machen? Es kann es doch nicht ver- graben, auch nit verschenken, es muß in irgend einer Weise dar- Über bestimmt werden! Nun kann die preußische Regierung auch nicht über einen einzigen Thaler bestimmen, ohne die Einwilligung des Landtags. Es wird also der ganz natürliche und nothwendige

all eintreten, daß die preußische Regierung dem Landtag den Vor-

chlag mat, fo und so*viel Steuern an die Provinzen, Kreise und Gemeinden abzuschreiben, so und so viel Steuern nazulassen, weil sie entbehrlih sind. Ich begreife gar nicht, wie etwas anderes gesche- hen könnte und wie man nit das volle Vertrauen zu der preußischen Regierung, zu dem preußischen Landtag haben kann, daß er diese res domestica bei sich verständig und ganz befriedigend ordnet. Wenn allerdings die Verbesserung der Reichssteuern davon ab- hängig bleiben sollte, wenn die Herstellung eines Zustandes, in welGen das gesammte Steuerbündel leichter zu tragen is als bisher, davon abhängig gemacht werden sollte, daß vorher gewisse politische Bedingungen erfüllt werden, dann werden wir uns in eincm vitiösen Cirkel befinden und nicht dazu kommen. Ich kann mir aber doch nicht denken, daß Jemand die Verantwortung über- nehmen wollte, einc zweifellose Verbesserung in unserem ganzen wirths{aftlihen Leben darum hintenanzuhalten, weil „tine gewisse olitishe Klausel in einem der Reichsländer existirt, die nicht nah Hinte Sinn geregelt ift. Jch glaube, die Unthunlichkeit dafür würde ganz einleuchten, wenn man den Spieß umkehrt und annimmt, die Regierung wollte ihrerseits die Besserung der wirthschaftlichen Lage, die Entwilkelung von fruhtbringend-n und zweckmäßigen Steuervorlagen, davon abhängig machen, daß ihr erst eine politische Konzession gemaht würde, also zum Beispiel, daß in Bayern das

Steuerbewilligungérecht vermindert würde. Wenn sie verlangte: fobald in Bayern der Art. 109 der preußischen Verfassung einge- führt würde, dann würden wir das und das thun, da würden wir cine Geseßesvorlage machen können, wie man sie sich nur wüns{t, dann würde sih doch ein Schrei der Entrüstung gegen eine solche Regierung gelterd machen. Wir sind niht an Gegenscitigkeit der Behandlung gewöhnt. Also wir ertragen das Analoge in Ruhe und seßen blos ein demüthiges non possunms entgegen. In diesem vitiössen Zirkel wird eben ein Ausweg durch Vertrauen gefunden werden können. Wenn man dieselben Perso- nen, die hier in Gestalt des Kanzlers und des Finanz-Ministers Ihnen gegenübersiter, im preußishen Land- tag wiederfindet, so werden diese s{chwerlich in der Lage sein, das dort nit wahr haben zu fönnen, was sie mit Ermächtigung ihres Landesherrn voa Preußen hier haben erklären und Rees können, auch wenn fein bestimmter Handel gemacht wird. Ich möchte daher ein Vorurtheil bekämpfen, welches \sich, wie ih fürchte, in unserer öffentlihen Meinung festseßt, nämli, daß Regierung und Volksvertretung zw-i Kêrper wären, die ein verschiedenes Interesse hätten, und daß man mit Ge- nehmigung einer Vorlage der Regierung eite Gefälligkeit erweisen könnte, welche diese mit einer Gegenkonzession beantworten müsse. Das halte ih für eine Verschiebung der Verhältnisse; wir leben unter demselben Dach, wir haben dasselbe Interesse, und cine Ver- kümmerung der Regierungsgewalt, ein Verfallen unseres wirthschaft- lichen Lebens, ih wüßte nicht, warum mir das mehr am Herzen liegen sollte, als einem unter Ihnen; was Sie aushalten, kann ih auch aushalten; wir haben das gleiche Interesse, . zu bessern, wenn das Dach durchregnet, und können uns nicht al: zwei Parteien hin- stellen, von denen die eine sagt: gieb mir erst das, dann will ih dir jenes geben.

Das erwähne ich blos ‘in Parenthese, wcil wir cuf einen falshen Weg gerathen, wenn wir uns in zwei gesonderte Lager ge- theilt denken. Diese Wand von Holz, die zwishen uns liegt, ift keine Scheide für unsere Gefühle, die wir für Reich und Land hegen, für deren gesammten Interessen, und wenn ih morzen nit mehr Kanzler, sondern Abgeordneter bin und da unten sitze und Einer von Ihnen hier oben, so wird es mir nie einfallen, anders zu denken în der Eigenschaft eines Abgeordneten über die Dinge, als in der Eigen- schaft als Minister.

Die akute Ministersäure, die in früheren Zeiten existirt haben mag, wo einer, sei es für den Absolutismus, sei es für seine eigene Herrschaft, vielleiht mehr als für das Land gekämpft und als das Seinige betrachtet hat, was er der Volksvertretung au Rechten ab- gewinnen konnte, die ist uns gründlih ausgetrieben, meine Herren, das gehört vergangenen Zeiten an. Wir erstreben und wollen, wie id schon öfter wiederholt habe, alle dasjenige Maß von Freiheit und Unabbängigkeit und freier Bewegung der Volksvertretung, was mit der Sicherheit und Stetigkeit unserer Einrichtungen überhaupt aur irgend verträglich ist, und etwas anderes erstreben Sie auch nicht, wir haben dieselben Ziele, und wenn wir über diese Wahrheit ganz zweifellos einig sind, dann, glaube id, wird auch diefe kranke Bläfse des Mißtrauens \{winden, die dem Minister gezenüber immer auf den Konfliktmoment rechnet und nur fragt, wie wird das Beschlossene da wirken, wie ftellt sih da die Probe auf das Exempel, wenn wir in Konflikt kommen? Ein Konflikt ist eine so unnatürliche Sache, und wenn er einmal kommt, pflegt sein Ausgang und sein Verlauf wenig von den einzelnen Klauseln, die man si gegenseitig {riftli gegeben hat, abhängig zu sein.

Ich erlaube mir nat diesem, vielleiht niht zur Sache gehörigen Grku18, auf den ih aber durch den Vorredner gekommen bin, auf die Einzelheiten in der Vorlage einzugehen, die von einzelnen er- wähnt sind.

Zunächst finde ih eine Notiz es ist unmöglich für mich, aus den zum Theil ausgedehnten Reden mich aller Säße zu erianera aus der des Herrn Vorredners. Weil ih von dem erwarte, daß er über- haupt niht mit uns stimmt, habe ich mein Gedächtniß nicht so angespannt, aber von dem vorhergehenden Herrn Redner, Herrn von Bennigsen, habe ih die Frage gehört, ob, wenn Se. Majestät der Kaiser einmal eine Stellvertretung crmächtigt hat, zu deren Aufhebung auch wieder eine Kaiserlihe Verordnung erforderli wäre. Ich halte das für zweifellos, denn eine Kaiserliche Verordnung bleibt für mich fo lange in Gültigkeit, bis sie dur eine neue aufgehoben ist. Ebenso halte ih es für zweifellos, daß derjenige, der eine solche Stellvertretung mit der Kontrasignatur überkommt und übernimmt, auch der alleinige Verantwortliche für das- jenige ist, das er kontrasignirt. Ueber die ganze übrige Art von Stellvertretung kann man ja zweifelhaft sein, aber unser heutiges Thema if ja vorzugsweise die Kontrasignaturfrage, und wer die nach dem E ausübt, trägt auch die Verantwortung ganz allein.

Damit will ich mi ja in keiner Weise los\agen von der Qua- lität der Verantwortlichkeit, welche, wie ih glaube, Herr v. Bennigsen die geschichtliche und politishe nannte, also für die Auswahl der Personen, für die Gefammtrichtung der Politik, das ist eine, die dem leitenden Minister niemals wird abgenommen werden können, und fo erklärt sih auch, glaube i, der Zusaß zu Art. 3, den wir deshalb nicht gemacht hatten in der ersten Vorlage, weil ih das eigentlich als selbstverständlich ansah, denn es würde das fehr {wer sein zu verhindern. Cin Reichskanzler, der überhaupt das WVertrauen des Kaisers niht mehr hat, der wird es nicht bleiben, oder es wird ganz

leihgültig sein, was er thut, wenn er es aber hat, so wird es immer die öglichteit sein, wenn sein Vertreter sagt, ih habe jeßt das Amt zu besor- gen, so wird der Kanzler sih an den Kaijer wenden und ihn bitten, ent- weder diese Vertretung abzufstellen, oder sie ruhen zu lassen. Es wird nicht praktisch sein, daß §. 3 wegfällt. Aber noch eins! Wenn für den Kanzler auch nur die Eigenschaft eines Premier-Ministers bleiben soll lassen Sie mich den Ausdruck gebrauchen, ohne daß ich da- dur in den Verdacht verfiele, ein Reihs-Ministerium zu erstreben : ih glaube, ic habe mi darüber zu oft ausgesprochen und bin au heute nicht bekehrt davon, ih halte den Bundesrath für eine bessere Einrichtung als ein Reichs-Ministerium, und wenn er nicht bestände, so würde ich beantragen, ihn einzuführen, id halte den Bundesrath für eine außerordentliß zwecck- mäßige Einrichtung, sie macht unsere Gesetzgebung leichter und besser, als ein Ministerium, und unterstüßt sie durch ein großes Maß poli- tisher Erfahrung aller Einzelregierungen ih sage also, wenn- ih das Beispiel eines Premier-Ministers für mich in Anspruch nehme, so versteht sih das blos auf den Gebieten, die nicht dem Bundes- rath, fondern den Kaiserlihen Beamten angehören, so würde ich auf diese Stellung nicht so weit verzichten können, daß ich ein Recht aufgebe, welches ich für das zweitwesentlihste des Premier- Ministers halte, nämli bei einer politisch wihtigen Maßregel, die nach seiner Meinung auf eine s{hiefe Bahn gerathen ift, ein Veto einzulegen. Diesen Gedanken giebt der §. 3 Ausdruck neben dem, daß vielleicht die übrigen Bundesstaaten das Recht nit aufgeben wollen, sih an den Kanzler auch im Fall der Vertretung mit ihrer orderung halten zu können. Im preußischen Minifterium hat der Minister-Präsident zwar kein Veto, da giebt es überhauvt keinen Minister-Präsidenten, nur einen Minister, der den Titel führt und die Debatte geshäftlih zu leiten hat und feine Kollegen bitten kann, aber zu sagen hat er nichts, auch kein Veto, und wenn sih jemals ein Minister-Präsident eines gewissen Einflusses auf seine veeubisdea Kollegen erfreut, so ist das doch gewöhnlich mehr das Erzebniß einer sehr langjährigen Dienstzeit und eines besonders hohen E von Vertrauen, dessen er . beim Monarchen genießt, aber nicht der Ausdruck der Institution. Der Feenies Minister- Präsident hat gar keinen geseßlichen Einfluß; also dieses Veto auch des beurlaubten Kanzlers halte ich doch für unentbehrlich, sonst \{chwindet das Maß von Verantwortlichkeit, was auch der Herr Abg. v. Bennigsen festhalten wollte, das für die Gesammtrichtung der Politik. Es wurde vorher erwähnt, daß einzelne Ressorts, ih glaube, es wurde gesagt, die mit erhöhter Dampfkraft arbeiten, unter Umständen einer finanziellen Kontrole bedürften. Ja, diese Kontrole kann do niht soweit gehen, daß Sie aus dem Finanz- Minister den Vorgeseßten eines dieser Ressorts machen, Es