1878 / 57 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

den von der Ableistung der Militärpflicht fordert,

ete er als einen weniger glüdcklihen und ntragte

die Ablehnung desselben. Darauf replizirie der Abg. Dr. Simonis und führte zu Gunsten dieses leßteren Antrages aus, daß die noch in minderjährigem Alter Ausgewanderten ils durch Pflichten gegen zurückgebliebene Angehörige, ils um einen Erwerb in der Heimath zu suchen, zurüdck- kehrten, daß sie meist hon in Frankreich threr Militärpflicht genügt hätten, und daß es deshalb eine Härte wäre, den Er- werb der Staatsangehörigkeit an die Bedingung eines no- maligen Militärdienstes zu knüpfen. Nach einem Schlußworte des- Abg. Winterer wurde der Antrag Bergmann angenommen. S@luß 4 Uhr. Nächste Sißung Freitag 12 Uhr.

Der Bundesraths-Bevollmächtigte, Königlih sächsische Geheimer Justiz-Rath Held ist hier angekommen.

S. M. gedeckte Korvette „Hertha“, 19 Geschütze, Komdt. Korv. Kapt. Pirner, ist, telegraphischer Nachricht ZU- folge, mit dem Geshwaderstab am 4. d. Mts. von Smyrna in See gegangen und am 5. d. Mts. im Piräus einge-

ofen.

S. M. Glattdecks-Korvette „Ariadne“, 8 Geschütze, Komdt. Korv. Kapt. von Werner, ist am 15. Januar cr., Nach- mittags, vor Punta-Arcnas in der Magelhaenstraße eingetroffen und hat am 16. dess. Mts., Nachts die Reise nah Valparaiso fortgeseßt. An Bord Alles wohl.

S. M. Kbt. „Albatroß,“ 4 Geschüße, Komdt. Corv. Capt. Mensing 1., ist, telegraphisher Nachricht zufolge, am 7. d. M. in Singapore eingetroffen. An Bord Alles wohl.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 5. März. (Leipz. Ztg.) Der Landtag trat heute wieder in die Be- rathung über die Proposition wegen Erhöhung der Do- mänenrente. Während der Debatte wurde zu den ver- Jciedenen, auf Ablehnung der Regierungsvorlage gerichteten Anträgen ein neuer Antrag zur Amen irung der leßteren dahin gehend eingebracht, daß nah Abzug der festen Domänen- rente und des proponirten Präzipuums der Hauptstaatskasse die weiteren Uebershüsse des Kammervermögens zwischen dem Staatsfiskus und dem Großherzoglichen Hause nur insoweit getheilt werden sollen, als der Antheil des leßteren die Summe von 50 000 F niht übersteict. Troß mehrstündiger Be- rathung kam die Angelegenheit doch nicht zum definitiven Ab- schluß, indem die Beschlußfassung nochmals ansgeseßt wurde.

Anhalt. Dessau, 5. März. (L. Z.) Aus dem dem Landtage zur Prüfung vorgelegten Rehnungsabschlusse der Landes-Hauptkasse ergiebt sih statt des vom Etat bestimmten Uebershusses von 12000 A eine Mehreinnahme von über 353 000, also ein Uebershuß von über 341 000 (darunter aus dem Salzbergwerke Leopoldshall über 177 000 M). Der Baarvorrath der Landes-Hauptkasse belief sich beim Be- g des Jahres auf über 2 Mill. An die Reichs-Haupt- asse wurden (theils baar, theils durh Ueberweisung von Resten) 11 500 000 /( an Rübenzücker-, Salz-, Brausteuern U. s. w. abgeführt.

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 5. März. (L. 3) Zwischen den Regierungen von Sachsen-Weimar, -Meiningen, -Altenburg, -Coburg-Gotha, Schwarzburg und Reuß j. L. ist auf 10 Jahre eine Uebereinkunft geschlossen worden, dur welche die gegenseitige Zulassung der für die einzelnen Gebiete dieser Staaten ausgestellten Jagd cheine und eine Erhöhung der Gebühren für diese Scheine auf mindestens 10 A festgestellt worden ist.

Schweiz. Bern, 5. März. (N. Zürch. Ztg.) Der Bundesrath t die s{hweizerishe Gesandtschaft in Paris beauftragt, der französishen Regierung die Prolon- gation des Handelsvertrages von 1864, welcher am 22. November 1875 von Frankreich gekündet worden ist und, nachdem man ihn bereits zweimal prolongirt hat, nun am 1. Mai d. J. zu Ende geht, bis zum 1. Januar 1879 zu be- antragen. Das unter dem 9. Oktober 1877 erlassene Ver- bot der Vieheinfuhr aus Ztalien is mit Rücksicht auf die eingetretene Bessexung in den Gesundheitsverhältnissen des Viehs in Oberitalien aufgehoben worden.

Niederlande. Amsterdam, 4. März. Der „Staats- Courant“ veröffentlicht eine Königliche Entschließung über die Miliz, welche „Zünglingen , die den Sckundärunterricht mit Erfolg genossen haben, sich dem höheren Unterricht zu- wenden oder fih den auf Handel, «Jndustrie oder Landbau Bezug habenden Studien widmen“, soweit das Interesse des * eidás dies gestatte, eine Abkürzung der Uebungszeit gewährt.

Großbritannien und Irland. London, 5. März. (E. C.) Der Ober-Befehlshaber des englischen Heeres, Herzogvon Cambridge, hielt gestern im Lager von Aldershot eine Besichtigung über sämmtliche bei den dort stehenden Regimentern eingestellten Rekruten und Soldaten von weniger als einem Jahre Dienstzeit ab. Die Gesammtzahl derselben bei der Jnfanterie, Kavallerie und Ar- tillerie beträgt gegen 6000, und die allgemeine Ansicht geht dahin, daß nur wenige davon nicht zu sofortigem aktiven Dienst verwendbar sein würden. Ein im Allgemeinen wenig bekannter Theil der englishen Wehrkraft ist die sogenannte Miliz-R eserve. A Name scheint anzudeuten, daß sie eine Reserve für die Mili „ei; dies ist indessen nicht der Fall, viel- mehr bildet sie in Wirklichkeit eine Reserve für das stehende Heer, und zwar ist sie zusammengeseßt aus Leuten, welche zur Miliz gehören und fd verpflichtet haben, für den Fall eines Krieges in Linien-Regimenter eingestellt ze® werden. Jn- deß werden hierzu nur Leute zugelassen, die von ihren vor- geseßten Offizieren für e befundeu worden sind. Jhre Gesammtzahl soll, geseß ichen Bestimmungen gemäß, ein Viertel der Stärke sämmtlicher Milizen nicht übersteigen. Gegenwärtig beträgt sie gegen 30 000 Mann. Geschaffen wurde diese Ab- theilung der Miliz im ag i 1867, d. i. zur Zeit, als die neuen Bestimmungen über die Dienstzeit im englischen Heere er- lassen wurden und es sih darum handelte, für den Nothfall sofort eine Reserve zur Hand zu haben. Eine solhe war nämlich, den übrigen Bestimmungen der damals erlassenen Parlamentsakte zufolge, nicht sogleih verfügbar, sondern es bedurfte dazu erst einer mehrjährigen Geltung der neuen Vor- schriften. Einem bei der Admiralität eingegangenen Tele- gramm zufolge, ist die in Malta vorgenommene Ausbesserung des (eo einiger Zeit auf den Grund gerathenen) Kriegs-

Aus Kalkutta wird dem „Reutershen Bureau“ unterm 3. d. M. telegraphirt: „Gestern wurde hier ein von ungefähr 700 Eingeborenen besuhtes Meeting abgehal- ten, in welchem Refolutionen angenorumen wurden, die gegen eine erhöhte Besteuerung opponiren und die Ansicht aus-

rüden, daß sowohl die gewöhnlichen, wie die Ausgaben für die Hungersnoth dur beträchtliche Einschränkungen und eine ökonomischere Verwaltung gedeck werden könnten. Es wurde einstimmig beschlossen, an das Parlament im Sinne der angenommenen Resolutionen zu petitioniren. Die den Dschowakis auferlegten Friedensbedingungen betreffen eine Geldbuße von 5000 Rupien, die Herausgabe von 25 englischen, 25 Gewehren der Eingebornen und die Verban- nung der Rädelsführer.“

Ueber den Verlauf des Kaffernkrieges wird der „Times“ unterm 12. v. Mts. aus der Kapstadt berichtet :

Ein Telegramm aus Ibeka besagt, daß Kapitän Upchers Ko- lonne am 7. bei Tagesanbruch von Kreli und Sandilli angegriffen wurde. Die Kaffern, welhe aus 3000 Mann in drei Divisionen bestanden, wurden mit einem Verlust von 200 Mann vollständig zersprengt. Man hält diesen Kampf für den entscheidendsten, der bis jeßt stattgefunden hat; Kreli hat die Flucht ergriffen, und San- dilli wird verfolgt. Kapitän Charles Boyes wurde in dem Chichaba- Gehölz getödtet. Gonzabele wurde von den Bürgerstreitkräften zurück- getrieben und ernstlich verwundet. Lieutenant Tripp stieß auf 40 Mann, die nach der Outas-Ansiedelung flohen, und Ulle wurden er- schossen. Die Nachrichten von der Zulugrenze sind friedliher Natur. Im Pondolande fangen die Eingeborenen an, beunruhigt zu werden. Von Natal werden zur Verstärkung der Streitmacht Blythe's in Kokstad 100 Maun abgesandt werden.

Frankreich. Paris, 5. März. Der „Soleil“, das

“lie v der Verfassungstreuen, veröffentliht folgende

ote: i: Mehrere Blätter haben von einer Spaltung gesprochen, die ih

im: Schooße des linken Centrums des Senats vollzogen habe, und hierüber ganz unrichtige Angaben veröffentliht. B.kanntlich pflegte sih eine Gruppe von etwa 35 Senatoren unter dem Namen der Konstitutionellen bei dem Grafen Bondy zu versammeln. Gbenso ist allgemein bekanút, daß der äußerst lebhafte Widerstand dieser Gruppe gegen jeden neuen Auflöfungsverfuc cs war, der im Dezember v. J. alle die verschiedenen Kombinationen, welche aufs Tapet gebracht wurden, um troß des Ausfalls der Wahlen vom 14.Oktober die Politik des Kampfes rteßen, vereitelte. Aber diese wichtige Frage hatte einen tiefen Zwiespalt hervorgerufen, und es war offenkundig, daß seit einiger Zeit die Geister zwei entgegengeseßten Richtungen gehorchten. Nah Wiedereröffnung der Session hatten die wenig wohlwollenden Gesinnungen der anderen Fraktionen der Se- natsmehrheit gegenüber den Verfassungstreuen \ich zu verschiedenen Malen unverhohlen geäußert : erst durch Abgabe weißer Zettel gegen die Wiederwahl des Herzogs d'Audiffret-Pasquier zum Präsi- denten des Senats, dann durch die Aus\{ließung des Generals Boissonnet anläßlich des zweiten Wahlganges für das Amt eines Quästors, nahdem er im ersten Wahlgange die meisten Stimmen erzielt hatte, endlich durch die Hartnäigkeit, mit der auf die Gefahr hin, die konservative Majorität zu brechen, die Kan- didatur des Herzogs Decazes abgelehnt wurde. Es war dies für die konstitutionelle Gruppe der Augenblick, ihre Einigkeit zu zcigen, indem sie die Kandidatur des ehemaligen Ministers der Aus- wärtigen Angelegenheiten ausdrüdlih unterstüßte. Aber wenn sie einig gewesen war, um diese Kandidatur aufzustellen , nahezu einig, dreimal dafür einzustehen, so konnte man sih nicht verhehlen, daß nicht alle Mitglieder der Versammlung die ungerechte und verleßende Ausschließung eines der JIhrigeun, welcher dem Land: so große Dienste geleist:t hatte, gleich tief empfanden. So standen die Dinge, als es galt, über die politischen Gesetze, welche das Kabinet, an dessen Spitze Herr Dufaure steht, : als Grundlage seines ministeriellen Programms genommen, entschèidênde Beschlüsse zu fassen. In einer Berathung bei Herrn von Bondy stellten sich neue Meinungsver- shiedenheiten heraus, indem die Einen der Ansicht waren, daß die Majorität des Senats mit gewissen Aenderungen und Vorbehalten die eingebrachten Geseße annehmen und auf diese Weise zeigen sollte, daß sie weder eine feindliche Haltung beobachten noch ein Ministerium ftürzen wolle, welchcs sie doch nit erseßen könnte, während die Anderen mehr zum Widerstande hinneigten. Unter diesen Umständen glaubten ungefähr zwanzig Mitglieder der konstitutionellen Gruppe, die mit ihren Kollegen nicht mehr überein- stimmten, sih mit der Erklärung zurückziehen zu sollen, daß sie, ohne der konservativen Partei untreu zu werden, aber fortan frei von Verpflichtungen, die nur sie gehalten und die Anderen ihnen gegen- über umgangen hätten, zu ihrer selbständigen Handlungsweise zurück- kehren und von den politischen Gesinnungen nicht lassen wollen, die ihnen ihr Benehmen im Monat Dezember eingegeben hat. Es ift also nicht, wie man behaupten möchte, eine Desertion, sondern eine Bekrästigung der Prinzipien, welche seit dem Anbeginn des Senats in seiner Mitte diese Gruppe von Männern haben entstehen lassen, die von den versöhnli{sten-Absichten beseelt, von der Gewalt ebenso unabhängig wie von den Parteien und ebenso ents{chlossen sind, die konservativen Interessen zu vertheidigen, als die regelmäßige Wirk- samkeit der Verfassung zu ermöglichen.

Und an einer anderen Stelle {reibt dasselbe Blatt:

/ Legitimisten und Bonapartisten wollen zwar das Mi- nisterium nicht stürzen und die Regierung nit unmöglich machen, aber sie wollen das Eine beständig beunruhigen und die Andere in ihrem Thun und Lassen hemmen. Ganz anders denken die Ver- fassungstreuen, welche dem Kolportagegeseß zum Sieg ver- holfen haben und der Ansicht sind, daß der Senat das Gesetz über den Belagerungszu stand und die Preßamnestie- Vorlage annehmen muß. So tritt die Meinungsverschiedenheit über das zu beobachtende Verhalten zwischen den Konstitutionellen und den übrigen Gruppen der Nehten immer \chärfer hervor, und eine Scheidung ist unvermeidlich. Sie haben sch daher ents{lofsen, den Berirag zu kündigen, welchen Andere {hon gebrochen hatten, und werden fortan die Kraft haben, die man besißt, wenn man sih selbst treu bleibt.

Italien. Rom, 7. März. (W. T. B.) Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, hat der Minister des Jnnern, Crispi, nah dem gestern Abend stattgehabten Ministerrathe seine De- mission genommen. Der Minister-Präsident Depretis ist interimistisch mit der Leitung des Ministeriums des Innern beauftragt worden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 4. März. pet Pet. Herold.) Anläßlich des Friedens\chlusses fand eute Mittags 124 Uhr im Winterpalais unter dem Donner der Kanonen von der Peter-Pauls-Festung ein Tedeum statt, zu dem die Hofdamen und Hofkavaliere, die Generale, Stabs- un5 Ober-Öffiziere der Garde, der Armee und dec Flotte und alle hoffähigen Personen befohlen waren. Gleich- zeitig wurde in allen Kirchen ein feierlicher Dankgottesdienst abgehalten. Als gestern Abend die Kunde von der Unter- zeihnung des Friedens wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt flog, strömten von allen Seiten große Volksmassen vor das Winterpalais und brachten dem Kaiser durch begeisterte, nicht enden wollende Hurrah-Rufe ihre Huldigung dar. Als Se. Majestät selbst, so berihtet der „Golos“, heraustrat, um sih dem Volke zu zeigen, stimmten Tausende von Stimmen gleichzeitig die Nationalhymne an, welche von Allen entblößten Hauptes gesungen wurde. Beg-Kuli, der frühere Herrscher von Kaschgar, welcher sich vor den siegreichen

hiffes „Raleigh“ beendet, und sollte dasselbe heute na Le Besika-Bai abfahren. | f ) Ó

Chinesen geflüchtet hat, ijt, wie die „Lurk. Wed.“ melden,

ch e,

am 18. Januar in Taschkent angekommen, Bis Os hatte ihn der bekannte fkirgisishe Abenteurer Ssadik Kenifsarin begleitet, war aber hier wegen einer erhaltenen Wunde zurückgeblieben.

Amerika. Washington, 6. März. (W. T. B.) Der Senat hat heute eine Bill angenommen, durch welche die Regierung zur Emission von 4prozent. Coupon- Bonds ermächtigt wird, deren Gesammtbetrag 100 Millionen Dollars nit übersteigen soll. Diese Coupon-Bonds sind in 50 ahren zu ihrem Nominalwerthe gegen baare Münze oder gegen Papiergeld, dessen geseßliher Cours seinem Nominal- werthe glei ist, einzulösen. Die Emission tritt an die Stelle einer früher genehmigten Anleihe gleicher Höhe.

Der russisch-türkische Krieg.

St. Petersburg, 6. März. (W. T. B.) Nachdem für die Natifikation des Friedensübereinkommens zwischen Rußland und der Türkei ein Zeitraum von längstens 14 Ta-

en festgeseßt worden, tritt für die Signatarmächte die Fest- ebung eines Kongreßortes in den Vordergrund, es is neuerdings hier mit Vorliebe auf Berlin gewiesen worden. Man wird von einer Entscheidung über den Ort aber erst sprechen können, wenn allseitige Erklärungen vorliegen. Als feststchend wird angenommen, daß, mag der Kongreß oder die Konferenz wo immcr tagen, an demselben nur die Signa- tarmächte o Theil nehmen, den betheiligten kleineren Staa- ten aber überlassen sein wird, ihre eins{lägigen Wünsche und Anschauungen dem Kongreß vorzutragen.

Konstantinopel, 6. E (W. T. B.) Savfet Pascha hat den Großfürsten Nikolaus eingeladen, den Sul- tan zu besuchen, Savfet Pasha wird heute definitiv nach Konstantinopel zurückehren. Die Abreise des Generals N nah St. Petersburg ist auf nächsten Freitag fest- geseßt.

London, 6. März. (W. T. B.) Ueber das Verhält- n1y der Mujelmänner in Bulgarien ist nach dem Te- legramm des „ReutershenBureaus“ aus Konstantinopel von gestern in dem Friedensvertrage bestimmt, daß die Muselmänner nach Bulgarien zurückehren dürfen, daß aber, wenn dieselben binnen zwei Jahren ihre Angelegenheiten be- treffs der ihnen gehörigen Güter nit geordnet haben sollten, die leßteren zu Gunsten eines Wittwen- und Waisenfonds verkauft werden.

_— (W. T. B.) Ueber den angeblichen Jnhalt des Friedensvertrages wird dem „Reuterschen Bureau“ weiter aus Konstantinopel gemeldet, das in den Festungen Bulgariens, einschließlich Schumla und Varna, befindliche Kriegsmaterial, solle Eigenthum der Pforte bleiben. 50 000 Russen, nämlich 6 Divisionen Jnfanterie und 2 Divisionen Kavallerie, würden ungefähr 2 Jahre lang Bulgarien beseßen und auf Kosten des Landes unterhalten werden, bis zur Bildung einer eingeborenen Miliz, deren Stärke zwischen Rußland und der Türkei weiter bestimmt werden würde. Die Truppe 1 der russishen Okkupationsarmee sollten die Verbindung mit Rußland über Rumänien und- ebenso über die Häfen des Shhwarzen Meeres aufrecht erhalten. Jn Varna und Bourgas würden die erforderlichen Depots ange- legt werden. Die Beseßung von Erzerum und Trapezunt werde in dem Friedensvertrage nicht erwähnt. Rumänien werde autorisirt, seine Forderung hinsichtlih der Kriegskosten- Entschädigung direkt zu stellen; für Serbien und Montenegro sei keine Krieg:kosten - Entschädigung in dem Vertrage stipulirt. Die in Bosnien und der Herzegowina rück- ständigen Steuern sollten niht mehr erhoben werden und die Nevenuen aus diesen Provinzen bis zum «Fahre 1880 den durch die Jnsurrektion Geschädigten zu Gute kommen. Etwaige Streitigkeiten oder Reklamationen sollen österreichische und russishe Kommissare entscheiden. Hinsichtlich der Dar- danellen würde bestimmt, daß dieselben für die Handelsschiffahrt frei sein sollen. Die von der Türkei abgetretene Dobrudscha tolle im Austaush gegen Bessarabien an Rumänien cedirt wer- den. Die Frage wegen der Grenzen zwischen der Türkei und Persien solle in kurzer Zeit geregelt werden. Die Ratifikation des Friedensvertrages solle in etwa 14 Tagen stattfinden, doch solle derselbe bereits jeßt obligatorish sein. Jm Friedensver- trag sei kein Kongreß erwähnt, auc sei darin von den Kapitu- lationen und von einer Allianz zwischen Rußland und der Türkei keine Rede. Montenegriner, welche in der Türkei reisen oder sich daselbst angesiedelt haben, seien den osmanischen Geseßen unterworfen, vorausgeseßt, daß dieselben niht dem internatio- nalen Rechte zuwiderliefen. Russische, osmanishe und bul- garische Kommissare würden den Tribut Bulgariens nah Maßgabe des mittlern gegenwärtigen Einkommens des Landes feststellen. Bosnien und die Herzegowina würden die Refor- men erhalten, die auf der Konstantinopeler Konferenz vereinbart wurden. Thessalien undEpirus würden eineOrganisation erhalten, ähnlich derjenigen, die Kreta im Jahre 1868 zu Theil wurde. Die Privilegien der Mönche russischer Abkunft auf dem Berge Athos würden aufrecht erhalten bleiben. Die Russen würden die Räumung des Landes unverzüglich beginnen, dieselbe würde in drei Monaten vollendet sein. Die Russen erhielten das Necht, sich in Trapezunt Behufs der Rückkehr einzuschiffen. Das asiatische Gebiet solle in sechs Monaten geräumt sein. Der Donaukommission blieben ihre Rechte ungeshmälert erhalten. Die Pforte verpflichte sih, die Schiffahrt auf der Donau auf ihre Kosten wieder herzustellen und die Privaten, welche durch den Krieg geschädigt worden sind, zu entshädigen. Für diese doppelte Ausgabe würden niht weniger als 500,000 Frs. bestimmt, welche von der Summe abgezogen werden sollen, welche die Donaukommission der Pforte \{chuldet. Bis zum Abschlusse eines neuen Handelsvertrages sollen die Tarife bleiben, wie vor dem Kriege. Die Türkei verpflichte \sih, auf gütlichem Wege die zwischen russishen und türkishen Unter- thanen obschwebenden Streitigkeiten zum Austrage zu bringen. Großfürst Nikolaus werde sih wahrscheinlich am Donnerstag nah Konstantinopel begeben. Wie demselben Bureau weiter aus Konstantinopel vom gestrigen Tage gemeldet wird, soll die Pforte der russishen Regierung zugestanden haben, ihre Truppen so lange in San Stefan zu belassen, als sich die englishe Flotte im Marmara-Meere- auf- halten würde.

7. März. (W. T. B.) Nach weiteren bisher ander- weitig nicht bestätigten Mittheilungen, welche dem „Reuter- hen Bureau“ in Betreff der Bedingungen des rus- ish-türkishen Friedensvertrag es aus Konstantinopel zugehen, soll die genaue Grenze Bulgariens folgende werden : &! Westen werde sie durch die neue und die alte Grenze

erbiens gebildet, gehe dann von Manta aus, überschreite

das Rhodopegebirge bei Mitrowißa, folge dem Laufe des Karassuflusses bis Jenidje am Aegäishen Meere, ziehe sich von Cavala aus am Ufer des Meeres entlang bis zur Mitte zwishen Cavala und Dede-Aghatsh, steige darauf nah Norden bis Tschirmen, gehe in einer Entfernung von 24 Stunden bei Adrianopel vorüber, über Kirfilissa nach Lule- Bourgas, laufe in gerader Linie bis nah Hekim-Tabiassi am Schwarzen Meere, gehe dann am Littorale entlang bis nah Mangalia, indem sie Varna mit umfasse und wende sich dar- auf nah Westen zurück bis nah Rafsova an der Donau. Die Eisenbahnlinien Salonichi - Mitrowiza und Dede- Aghatsh-Adrianopel bleiben bei der Türkei. Das Ge- biet von Montenegro solle Gatshko einshließen mit der Südostgrenze an der Boyana. Die Bestimmungen über die Schiffahrt auf diesem Flusse bleiben einem späteren Uebereinkommen vorbehalten. Petel - Zwornik im Westen und Senidje und Nishch im Süden gehören zu dem Territorium, daß an Serbien abgetreten werden solle. Ru- mänien erhalte keinen Gebietszuwahs. Die Wahl des künf- tigen Fürsten von Bulgarien solle in Philoppopel oder Tir- nowa unter Ueberwachung russisher Kommissare stattfinden. Das Soghanli- und Mozinegebirge sollen die Grenze des in Asien an Rußland abzutretenden Gebietes bilden. Die Gebiete der Dobrudscha, welche abgetreten werden sollen, würden die Distrikte von Tultscha, Köstendsche, Jsaktsha, Meschidje und Mat- hin umfassen. Russishe und türkishe Kommissare würden die neuen Grenzen in einem Zeitraum von 3 Monaten regeln. Die Kosten für die Unterhaltungen der türkischen Gefangenen seien innerhalb 6 Jahren in 18 Theilzahlungen zu entrichten. Die Pforte verpflicite sih, in Armenien Reformen einzuführen und die Bevölkerung gegen Ausschreitungen der Kurden und anderer O ae» nis zu vertheidigen, unter der Aufsicht russisher Kommissare.

A 6. März. (W. T. B.) Die „Politische Kor- respondenz“ meldet, die Eventualität des Zusammentrittes des Kongresses in Berlin gewinne stündlich an Wahr- scheinlihkeit. Der „Presse“ zufolge hat Graf A ndraf \y jüngst in einer Cirkfularnote an die Mähte das Zu- fsammentreten der leitenden Minister zu einem Kongresse in Berlin vorgeschlagen. Die Abhaltung des Kongresses in Berlin sei bereits so gut wie entschieden. ;

7. März. (W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ verweist auf einen Artikel des „Pester Lloyd“, welcher für die Okkupation Bosniens, der Herzegowina und Nord-Albaniens plaidirt und fügt hinzu, wenn sih Ge- fahren an unseren Grenzen vorbereiten, so unterliege es feinem Zweifel, daß wir unsere Existenz höher anschlagen, als den Fortbestand der jeßt hon auch ohne unser Zuthun aus allen Fugen weichenden Fntegrität der Türkei. Die „Presse“ bekämpft die Rathschläge einiger Blätter, daß Oesterreih unthätig bleiben solle und betont, das wäre eine Abdikation Oesterreihs als Großmacht und würde dessen sicheren Verfall herbeiführen. Die Kreditforderung spiße sich demnach zu der weltgeschichtlihen Frage zu, ob Desterreich als Großmacht fortbestehen oder abdiziren solle. Diese Frage hätten die Delegationen zu beantworten. E

Paris, 7. März. (W. T. B.) Der „Gaulois“, das „Paris- Journal“ und die konservativen Journale stimmen der in eincm Briefe der gestrigen Nummer der „République française“ ausgesprochenen Ansicht bei, daß Frankrei si jeder Theilnahme an einer Konferenz oder einem Kongresse enthalten müsse.

Aus dem Wolffschen Telegraphen-Bureau.

Paris, Donnerstag, 7. März. Die „Agence Havas“ verbreitet folgendes Communiqué: . Die in verschiedenen fran- zösischen Zeitungen ausgeprohene Meinung, daß Frankreich sih der Theilnahme an dem Kongresse enthalten solle, sei als keine ernsthafte zu betrahten. Die Zustimmung der fran- zösischen Regierung zur Betheiligung am Kongresse würde als gesichert angesehen.

St. Petersburg, Donnerstag, 7. März, Vormittags. Der „Regierungsbote“ erklärt gegenüber den von den Blâät- tera gebrahten Meldungen über die Friedensbedingungen, der in San Stefano unterzeichnete Vertrag sei dem auswärtigen Amte noch nicht zugegangen, er werde erst demnächst von dem General Jgnatief überbraht werden. Alle Kombinationen über die Fricdensbedingungen seien demnach verfrüht.

Statistische Nachrichten.

Nach dem im neuesten Bande der Zeitschrift des Königlich preußischen statistisben Bureaus veröffentlichten Aufsaß des Dr. Gngel Über die motorischen Kräfte und die Umtrie 8maschinen der preußischen Industrie nah der Gewerbezählung vom 1. Dezember 1875 wurden jener Zeit ungerechnet die Maschinen der reinen Landwirthschaft, des Post-, Telegraphen-- und Eisenbahn- betriebs, der Militär- und Marine-Etablissements, aber mit Ein- {luß der Schiffsmaschinen in Preußen in 59 210 Betrieben (16519 Groß- und 42700 Kleinbetri:ben) Motore von 932 633 Pferdekräften (690 431 im- Groß-, 242 202 im Kleinbetriebe) verwendet.

Von den Motoren waren in 5337 Betrieben 6991 Göpel Thier- kraft, 13 499 Bockwindmühlen 4 Pferdekraft = 53 996 Pferdekraft), 3714 holländische Windmühlen 8 Pferdekraft = 29 712 Pferdekraft), 21 802 Wasserwerke (191 667 Pferdekraft); Dampfkraft in 15 575 Be- trieben mit 31526 Kesseln (in 13 912 Betrieben 25 998 stationäre Maschinen von 628 849 Pferdekr1ft; in 2320 Betrieben 3080 trans- portable Maschinen von 27 314 Pferdekraft; 1520 Dampfhämmer von 29018 Pferdekraft und 2496 115 kg Gewicht), in 557 Be- trieben 579 Gasfraftmaschinen von 805 Pferdekraft, in 164 Betrieben 170 Heißluftmaschinen von 299 Pferdekraft. ; E

ie Windkraft, obwohl sie die billigste ist, wird nur in 152 Groß- und 17 061 Kleinbetrieb-n, meist Getreidemühlen, benutt, die Wasser- kraft dagegen in 21 802 Bctrieben mit 191 667 Pferdekraft, wovon 122 998 Pferdekraft auf 19 227 Kleinbetriebe und 68 669 Pferdekraft auf 2575 Großbetriebe fallen. Bei weitem ausgedehnter ist die Be- nußung der Dampfkraft. Wenn man den obigen Zahlen ‘die 6606 Lokomotiven mit 1895 922 Pferdekraft hinzurechnet, welche im Jahre 1875 guf den preußischen Eisenbahnen im Betrieb waren, so erhöht sih die Zahl der im Dienste der Industrie und des Handels und Verkehrs stehenden Dampf-Pferdekräfte allein hon hierdurch auf 2 552 085, in denen e:n Werth von 855 270 760 M. stedt.

,_ Wenn man die benutzten Pferdestärken (932 635) auf die Gesammt- heit aller Erwerbthätigen (3 625 918) vertheilt, so kommen auf jeden einzelnen 0,26 oder auf 100: 26. Die meisten Maschinenkräfte fallen auf Erwerbthätige bei der Lohndrescherei (auf 100: 360), demnächst bei dem Berg:-au (104), der Industrie der Nahrungs- und Genuß- mittel (72), der Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe (47), der chemi- [hen Industrie (42), der Papier- und Lederindustrie (35), den Ver- kehrsgewerben (31), der Industrie der Steine und Erden (18), der

Textilindustrie (17), der Industrie der Steine und Erden (12), der Metallverarbeitung und der Mascinenfabrikation (12), der In- dustrie der Holze und Schnittstoffe (11) u. . w. : Die meiste Naturkraft (376 939 Pferdekraft) nimmt der Berg- bau mit dem Hütten- und Salinenwesen in Anspruch, sodann die Industrie der Nahrungs- und Genußmittel (278 875 Pferdekraft), in dritter Reihe die Textilindustrie (75 664 Pferdekraft). J Auf 1 Motorenbetrieb kommen im Ganzen 16,2 Pferdestärken, auf 1 Dawmpfmotor-nbetrieb 43,9. In vielen Industriezwei- gen aber sind die “Motoren erheblih stärker; so kommen z. B. in den Hochöfen und Stahlhütten, Eisen- u. \. w. Streck- werken auf 1 Motor 245,5 Pferdekraft, auf einen Dampfmotor 426,6 Pferdkraft; in den Salzbergwerken 215,5 bzw. 233,5; in den Stein- Tohlecbergwerken 397 bzw. 438,1; den Spiegelglaefabriken 244,8 bzw. 243,5; den Schwarz- und Weißblechfabriken 419,5 bzw. 527,7 : den Jutewebereien 135,8 bzw. 135,8; den Wasserwerk-n 154,4 bzw. 152,6; in der Schiffahrt 256,3 bzw. 2563. Aub die Großindustrie ist nur theilweis mit Motoren versehen ; auf 27 003 Hauptbetriebe ohne, kommen nur 16 510 mit Motoren; in der Kleinindustrie stehen 1580 803 Betriebe ohne Motore 42 788 mit Motoren gegenüber. ) i Was die geographische Vertheilung der verschiedenen Naturkräfte betrifft, so fallen von 1000 Pferdekräften , durch Wind erzeugt, auf den Regierungsbezirk Posen 96,8, Schleswig 76,8, Potsdam 73,8, Breslau 72,8, Magdeburg 63,9, Liegnitz 56,8, Merseburg 55,8, Cs a. O. 52,3, Gumbinnen 48,5, u. \. w., in den westlichen rovinzen ungleich weniger, in den Regierungsbezirken Wiesbaden, Coblenz, Trier und Sigmaringen 0,0. / ; Die Wasserkraft wird tesonders im Regierungsbezirk Arnsberg (von 1000: 104,7) benußt, demnächst in der Provinz Schlesien (Re- gierungsbezirk Breslau 57,3, Liegnitz 75,3, Oppeln 50,4), dem Re- gierungsbezirk Caffel (55,3), der Landdrostei ilde8heim (48,1), den Regierungsbezirken Merseburg (45,4), Trier (42,1), Wiesbaden (41,9), FSranffurt a. O. (40,7) und den übrigen Bezirken der Rheinprovinz (38,7—30,6), und am wenigsten in den Regierungsbezirken Sigma- gden (00% Gumbinnen (7,8), den Landdrosteien Stade (4,6) und urich (0,0).

Rücksichtlich der Dampfkraft steht ebenfalls der Regierungsbezirk Arrsberg mit 226,7 vom Tausend obenan; dann folgt Düsseldorf mit 177, Oppeln 83,7, Trier 48,9, Aachen 46,4, Cöln 40,2, Magde- burg 35,7, Breslau 35,5, Merseburg 33,3, Sranffurt 27,1, Potsdam 26,8, Berlin 22,5, Liegniß 224 u. st w. Am \{chwächsten ist die Dampfkraft vertreten in der Provinz Preußen (7,8—2), Pommern (14—1,9), Posen (6,5 uud 4,8), den Regierungsbezirken Erfurt (4,4), GIT y his Cassel (6,5), Sigmaringen (0,2) und den Landdrosteien

L Lat je ¿ s 5

Die Gaskraftmaschinen sind hauptsälich in Berlin (193,1 vom Tausend) und dem Regierungbezirk Düsseldorf (168) vertreten, in größerer Anzahl au in den Provinzen Sachsen (32,(—23,7) Bran- denburg ohne Berlin (34,3 und 38,6), Hessen-Nafsau (23,6 und 44,7) und den übrigen Bezirken der Rheinprovinz (80,8—20,8) erg x 9 den Regierungsbezirken Arnsberg und Minden (20,3 un 0). : : (

Heißluftmaschinen werden besonders im Regierungsbezirk Düfsel- dorf (204,7 vom Tausend) und in Berlin (133,9) verwendet. /

Wenn man alle benußten Naturkräfte zusammenrechnet, so finden die meien (181,4 vom Tausend) _im Regierungsbezirk Arnsberg Verwendung, demnächst folgen Düsseldorf (134,7), Oppeln (71,3), Trier (13,4), Breslau (43,3), Aachen (42,2), Merseburg (37,8), Magdeburg (36,4), Liegnitz (36,3), Cöln (34,8), Frankfurt (32,1), Potsdam (30,4) u. \. w., die wenigsten in den Landdrosteien Stade (5,5) und Aurich (2,7) und den Regierungsbezirken Stralsund (4) und Sigmaringen (1,9). i

Nach der Zählung vom Jahre 1861 waren . in Preußen, ohne Swleswig-Hol "ein und ohne die Lokomotiven 7894 Dampsmaschtnen von 167 793 Pferdekraft im Betriebe; 1875 wukden in demselben Gebiet 28 370 Dampfmaschinen von 645 559 Pferdekraft gezählt, also nah 14 Jahren 20476 Maschinen (259%) und 477 776 Pserde- kraft (285/69) mehr. Die Zunahme der Pferdekräfte hat besonders dcn Bergbau, Hütten- und Salinenbetrieb“ (+ 299 896) betroffen, demnächst die Textilindustrie (4- 44370). Dabei hat die dur- \chnittlihe Stärke der Maschinen fih nur von 21 auf 23 Pferdekraft erhöht. Die Zahl der Lokomotiven hat sich in Preußen von 1867 bis 1876 von 2205 mit 575 310 Pferdekraft auf 6790 mit 1936 393 Pferdekra1t, also um 308 bezw. 336% vermehrt. ;

Folgende Zahlen, obwohl sie nicht d:mselben Zeitraum ent- sprechen, bewcisen do, daß Preußen im Dampfmotorenbetriebe eine hervorragende Stellun einnimmt. Es betrug die Zahl der Dampf- maschinen in den Vereinigten Staaten von Amerika (1872—73) 53 124 mit 3 818319 Pferdekraft, Grof:britannten (1870—72) 52 440 mit 3 336 267 Pferdekraft, Frankrei, (1874) 38 666, Preußen (1875) 39 684 mit 2519513 Pferdekraft, Belgien (1860—72) 9340 mit 293 768 Pferdekraft.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Egyptologe Joseph Bonomi ist am 3. d. M. in Wimbledon Park bei London in seinem 82, Lebensjahre gestorben. Von 1824 bis 1844 weilte. derselbe in Egypten, “wo er während der leßten zwei Jahre seine Forschungen im Verein mit Dr. Lepsius und anderen von dem König Friedrih Wilhelm IV. nach Egypten ge- sandten deutschen Gelehrten betrieb. Jn der Literatur hat er sich durch sein Werk „Niniveh und dessen Paläste“ bekannt gemacht.

Von dem „Lehrbuch der politishen Oekonomie" von Karl Heinrich Rau, welches in einer vollständigen Neubearbei- tung von Adolph Wagner und Erwin Nasfe in der C. S. Winterschen Verlagéhandlung in Leipzig und Heidelberg erscheint, ift nunmehr der erste Theil des fünften Bandes, welcher die von Adolph Wagner bearbeitete „Finanzwissenscha ft“ umfaßt, in zweiter, we- sentlih umgestalteter und vermehrter Ausgabe publizirt worden. Der- selbe bildet zugleih die siebente Ausgabe des 1. Bandes der Rau- schen Finanzwissenschaft. Dieser erste Theil enthält zunächst in der Einleitung die vier allgemeinen Abschnitte: „Der Staat und die Finanzwirthshaft", „Charakterisirung der Finanzwirthschaft als Wirthschaftsart“, die Definition des Begriffs „Finanzwissenschaft. und „die Entwicklung der Finanzwissenshaft und ihrer Literatur“. Der spezielle Theil dieses Bandes is in zwei Bücher gegliedert, von denen das erste in zwei Kapiteln „die Ordnung der Finanzwirthschaft und den Finanzbedarf" behandelt, während in dem zweiten die Lehre von den „ordentlichen Einnahmen der Beur: schaft“ vorgetragen wird. Auch dieses zweite Buch zerfällt in zwei Kapitel, von denen das erste die „allgemeine Betrachtung und Haupt- eintheilung der ordentlichen Einnahmen“ umfaßt, während das ¡weite Kapitel die Lehre von dem „Privaterwerb der Finanzwirthschaft entwickelt. :

/ Der i. J. 1872 vollständig erschienene erste Theil der Wag- nerschen Neubearbeitung der Rau’shen Finanzwissenschaft ist sit einiger Zeit vergriffen. Hr. Wagner bemerkt in dem Vorworte zu dieser neuen Ausgabe, daß er Anfangs gesonnen gewesen, sih für dieselbe auf eine Revision zu beschränken. Indessen habe sih ihm eine tiefergreifende Umgestaltung \{ließlich doch zweckmäßiger er- wiesen, um mehr Einheitlichkeit der sahlihen und formellen Behand- lung in diesem Bande wie zwischen den einzelnen Bänden des Lehrbuches herzustellen. In der jeßigen zweiten Ausgabe seiner Bearbeitung des ersten Theiles der Finanzwissenschaft habe ihn daher das Bestreben geleitet, diesen Band überall in grundsäßlihe Uebereinstimmung mit seiner (Wagners) „Grundlegung“ der Allgemeinen Volkéwirthschafts- lehre zu bringen. Dadurch seien besonders in der Einleitung und im ersten Buche, welches von der „Ordnung der Finanzwirthschaft und dem Finanzbedars“ handelt (entsprehend dem ersten Buche von den eStaatsausgaben in der vorigen Ausgabe) sehr umfassende und ein- greifende Umgeftaltungen nothwendig geworden. Vieles seideshalb hier gänzlich neu bearbeitet und von Rau habe nur Einzelnes herüber- genommen werden können. Auch im zweiten Buche, von der

ordentlihen Einnahme im Allgemeinen und vom Privaterwerb,

seien viele Veränderungen erfolgt. Namentlichß sei überall in den Untersuhungen über die Beibehaltung oder Veräußerung der einzelnen privatwirthschaftliden Erwerbêzweige neben dem Ge- sibtspunkte des Produktionsinteresses, welcher Rau mit den früheren Nationalökonomen und im Ganzen au noch ihn in der Neube- arbeitung der 6. Ausgabe fast allein beshäftigt gehabt hätte, der Gesichtspunkt des volkswirthschaftlichen Ver!heilungs- und des sozial- politisben Jnteresses zur gebührenden Geltung gebracht. Dadurch hätten sich manche prinzipielle Abweichungen von Rau und hie und da au von der leßten Ausgabe ergeben. Die jeßige Behandlung des Gegenstandes liefere auf diese Weise zugleih eine Ergänzung der mehr theoretishen Unterstüßungen über die Organisation der Volkswirthschaft vnd den Staat, sowie über die Rechts- ordnung des Kapitals und des Bodens in der „Grundlegung“ durch die mehr praktishen Erörterungen aus dem finanz- wissenshaftlihen Gesichtspunkte. Die Theorieen der Grund- legung hâtten dabei gewissermaßen eine „Probe“ erfahren, die anzustellen dem Bearbeiter erwünsht gewesen, um so manche Punkte in der Grundlegung genauer und mit steter Rücksi.ht auf die prafk- tishe Durchführung zu prüfen. Es sei dadur die Verbindung zwischen den theoretishen und praktischen Theilen des Lehrbuches, soweit Hr. Wagner leßtere zu bearbeiten übernommen, hergestellt worden. Darauf lege er vom Standpunkte seines Systems der poli- tischen Oekonomie aus besonderen Werth. Immerhin hätten aber im zweiten Buche manche Abschnitte von Rau’s Werk ohne große Veränderungen herübergenommen werden können, besonders in der Lehre von den älteren Domänen und der Bewirthschaftung dex Forsten. Freilichß mag sich im Ganzen das, was von Nau noch direkt herrührt, nachdem es {hon in der vorigen Ausgabe auf weniger als die Hälfte vermindert worden, jeßt räumlich auf niht ganz ein Secbstel beschränken. Was namentlich an literarishen und historisch - statistishen Materialien, fowie an CEinzelausführungen Rau’'s noch geeignet erschien, ift beibehalten. Das Betr-ffende ist stets besonders bezeihnet worden. Ueber die prinzipiellen Abweichungen von Rau und Wagners voriger Ausgabe wird mehrfach in den Noten gesprochen, in welchen auch einzelne streitige Punkte der Systematik begründet werden, z. B. ob und a: weit gewisse Gegenstände, wie das Domänen-, Forst-, Eisenbahn- wesen, oder, in der Lehre von den Ausgaben, die Besoldungspolitik, d2s Militärwesen in die Finanzwissenschaft gehören oder wenigstens hier so eingehend behandelt werden dürfen. Zur Beib-haltung des Abschnitts von dea Eisenbahnen in dieser Ausdehnung in der vor- liegenden Ausgabe hat sich der Verfasser“ 1. A. auch dur& den Um- stand bewogen gefunden, daß der dritte Band des Lehrbuches (vom Verkehrswesen) noch für mehrere Jahre ausstehen werde. Wie Hr. Wagner weiter mittheilt, beabsihtigt derselbe neben dem zweiten ® Theile der Allgemeinen Volk8wirthschaftslehre zugleih den zweiten Theil der Finanzwissenschaft zu bearbeiten. Wahrscheinlich werde leßterer noh vor jenen beendigt werden und erscheinen.

Gewerbe und Handel.

Nach einer amtlichen Bekanntmahung der Kaiserlich russi- sen Direktion der Leuhtthürme, vom 23. Februar, haben die Leucht- thürme des Shwarzen Meeres, mit Ausnahme deter von Suchum, Richelieu und Woronzow, ihre regelmäßige Beleuchtunz wieder eröffnet.

Auf die Aftien der hiesigen, in Liquidation befindlichen Makler-Vereinsbank gelangt eine fernere Rate von 41% oder 29 M per Stück vom 12. d. M. ab zur Rückzahlung. Bisher sind bereits 20 % auf diese Aktien zurückgezahlt worden, so daß ih der Gesammtbetrag der Rückzahlung auf 241 9% echöht. :

Nach dem Rechenschaftésberiht der Oberlausitzer Bank in Zittau für 1877 bezifferte sich der Bruttogewinn auf 201 339 4 An Verlusten ift der Bank ein Betrag von 4335 erwachsen; außerdem machte sich auf aus früheren Jahren herrührende Außenstände die Abschreibung von 53 872 Æ erforderli. Nah Ab- zug der Verwaltungsunkosten, Depositenzinsen-Verluste an Effekten (12326 M.) und Abschreibungen (63 936 4) verbleibt ein Nettogewinn von 90858 4, der nach Vorschlag: der Verwaltungéorgane in der Weise zur Verwendung gelangen soll, daß auf die Aktie 3% Divi- dende gezahlt und 858 4 auf neue Rechnung vorgetragen werden.

Amsterdam, 6. März. (W. T. B.) In der heute stattgehabten Zucker-Auktion der Niederländishen Handelsgesell- \chaft waren 321 Faß und 525 Barrels Surinamzucker angeboten und wurde Alles zu 26-—29 Gulden verkauft. i

Paris, 5. März. (Fr. C.) Aus Montceau les Mines (Departement Saone et Loire) wird gemeldet, daß am Sonntag Morgen daselbft auf dem Plate vor dem Stadtbause eine Mafsen- kundgebung der Bergleute stattfand. Da die Schreier ihre Hoch- rufe auf die Strikenden nicht einstellen wollten, licß der General Gallifet, der mit Truppen von Dijon gekommen war, auf die Menge schießen, und wie es heißt, follen bei diefer Gelegenheit fünf Personen verwundet worden sein. Der Präfekt, der Unterpräfekt und der Maire eilten auf den Lärm herbei und bewogen die Arbeiter, ih zurückzuziehen. In Epinal ist die Ruhe wieder hergestellt.

Von „Salings Börsen-Papiere“ ist der ¡weite Tleil der fünften Auflage, bearbeit:t von W. L. Hertslet, im Verlage der Haude- und Spenerschen Buchhandlug erschienen. Der Band behandelt die Staats-- und Lotterie-A leihen 2c. und hat in Folge von neuen Anleihen einige Vermehrungen er}ahren , die räum- lich durch Fortlafsung gekündigter oder amortisirter Anleihen ausge- glichen werden. Mit neuen Anleihen erscheinen: Deutschland, Preußen, Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Sachsen, Amerika, Nor- wegen, Desterreih, Ungarn, Rußland und Schweden, die Städte Berlin, Cöln und Elberfeld; mit neuen Pfandbriefen: die Central- landschaft, die Westfälische Landschaft, das Ungarische Bodenkredit- Institut, die Scwedische Reichshypothekenbank; auch die Kruppsche Anleihe wird aufgeführt. Die vorliegende Bearbeitung läßt die gleiche Sorgfalt der Zusammenstellung erkennen, die an den früheren Auflagen zu rühmen war.

Berlin, 7. März 1878,

Die Königin-Augusta-Stiftung für die Berliner Feuerw-hr hat, nah dem soeben erstatteten Jahresberichte, im ver- gangenen Jahre nit mehr vermocht, den statutenmäßig an die Stif- tung herantretenden Ansprüchen durch die aufkommenden Zinsen und die laufenden Beiträge zu genügen; es mußte daher ein Theil der außergewöhnlichen Zuwendungen herangezogen werden. Dessen- ungeachtet hat sih das Kapitalvermögen der Stiftung um 3900

vermehrt.

welche das Widchertsche Lustspiel „Der Narr des Glücks“ im Wallner-Theater dur die meisterhafte Leistung O rich Haase's als Graf Fresinau noch immer ausübt (auch am leßten Sonatag mußte wieder das Orchester geräumt werden), können doch nur noch wenige Wieder- bolungen der genannten Vorstellung stattfinden, da der Künstler den Wunsch hegt, sich noch in mehreren seiner alten Glanzrollen dem hiesigen Publikum zu zeigen. Es haben deshalb bereits die Proben zu dem „Königslieutenant“ begonnen, und die Aufführungen des Lust\pi:-ls „Der Narr des Glücks“ erreichen vorausfichtlih mit dieser oche ihr Ende. - n Sn der 2. Berliner Dper im „Woltersdorff-Theater hat dieser Tage die Herzoglih koburgishe Kammersängerin Frl. Gerl einen neuen Gastspiel-Cyclus als Amina in der „Nachtwand- [erin mit wohlverdientem Beifall begonnen. Die weiteren Partien, in denen die trefflihe Künstlerin noch hier auftritt, werden die Susanne in „Figaros Hochzeit“, die Rosine im „Barbier“, die Zerline in „Fra Diavolo“ und die Isabella in „Robert der Teufel“ sein. Im Osftend-Theater hat Fr. Collot-Eisenmann ein nur auf wenige Tage ber-chnetes Gastspiel als „Elisabeth“ in

Troß der großen Anziehungskraft,

Laube's effektvollem Schauspiel „Graf Cfsex“ mit Erfolg eröffnet.