1878 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Mar 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Der Gesetzentwurf wurde einer Kommission von 14 Mit- gliedern überwiesen.

Es folgte der Antrag des Abg. Dr. Zimmermann:

Den Reichskanzler zu ersuhen, dafür Sorge zu tragen, daß dem Reichôtage bald thunlichst eine Gesezesvorlage gemacht werde, wo- durch das W-cselstempelsteuer-Geseß vom 10. Juni 1869, besonders der §. 2 desselben, mit der neueren Gesetzgebung in Uebereir stimmung

gebraht wird. E , : Der Antragsteller rekapitulirte die Geschichte des Antrages

der den Zweck gane, den Stempelsteuertarif, der noch nad dem alten Münzsystem berehnet sei, in Uebereinstimmung mit der Markrehnung zu bringen. Schon mehrere Male habe der Antrag dem Hause vorgelegen, ohne indessen ein anderes Resultat zu erzielen, als die Erklärung der Regierung, daß sie der Frage näher treten werde. Es handle sich allerdings nicht um eine bloße Umrechnung des Tarifs, die vielfah zu Bruchpfennigen führen würde, sondern man müsse gleichzeitig eine Abänderung der einzelnen Säße vor- nehmen, die an der Tendenz des Geseßes, den Wechselverkehr mit # pro Mille zu besteuern, möglichst festhalte und zugleich eine Abrundung nah Maßgabe des gegenwärtigen Rehnungs- systems herbeiführe. Das Bedürfniß der Geschäftswelt nah endlicher Regelung der Angelegenheit sei ein dringendes; er empfehle deshalb die Annahme des Antrages. |

Der Kommissar des Bundesraths, Geheimer Regierungs- Rath Aschenborn, erklärte, daß die Regierung aus dem Votum des Hauses Veranlassung nehmen werde, die Aufgabe ihrer Lösung entgegenzuführen. Wenn dies bisher nicht geschehen sei, so habe dies seinen Grund darin, daß die Regierung die Regelung der Frage zwar für nothwendig, niht aber für fo dringlih gehalten habe, daß man damit nicht warten könne, bis die in Aussicht genommene generelle Revision der ge- sammten ns zur Ausführung komme.

Unterstüßt sei die Regierung in dieser Ansicht worden dur den Umstand, daß Petitionen im Sinne des vorliegenden Antrages von keiner Seite eingereiht worden feien. Die Berichte der Handelskammern hätten allerdings die Frage mehrfach angeregt, aber nur im Zusammenhange mit der Forderung einer anderweitigen Abstufung der Jntervalle des Tarifes. Diese leßtere Frage bedürfe einer sorgfältigen Erwägung. ;

Der Abg. Dr. Zimmermann erwiderte, daß er den Nahweis der Dringlichkeit seines Antrages für überflüssig gehalten habe, nachdem die Regierung selbst die Nothwendigkeit anerkannt habe. Für die Dringlichkeit des Antrages sprachen sich au die Abgg. Dr. Reichensperger (Crefeld) und Dr. Bamberger aus. Leßterer nahm noch wegen eines bei der Praxis der Reichsbank vorgekommenen Spezialfalles Veranlassung, die Regierung schon jeßt um eine mildere Handhabung der Straf- bestimmungen gegen die bona fide wider die fomplizirten Wechselstempelvorschriften Fehlenden zu ersuchen. y

Der genannte Kommissar des Bundesraths konstatirte, daß er ausdrüdlih die Bereitwilligkeit der Regierung aus- gesprochen habe, die im Antrage bezeihnete Frage auch unabhängig von der allgemeinen Stempelsteuerfrage zu regeln, wenn das Votum des Hauses die Dringlichkeit anerkennen sollte. Den Mangel an Petitionen habe erx nur des- halb hervorgehoben, weil von Mitgliedern dieses Hauses aus- drüdlih solche Petitionen provozirt worden seien; wenn das Publikum gleihwohl dieser Provokation niht Folge gegeben habe, so sei er berechtigt gewesen, seinen Schluß daraus zu ziehen. Der von dem Vorredner angeführte Fall einer stren- gen Auslegung des Wechselstempelgeseßes sei nicht. von einer

erwaltungsbehörde, ‘sondern von einem kaufmännischen Jn-

stitute ausgegangen. Die Regierung sei deshalb kaum in der Lage, in der vom Vorredner gewünschten Richtung etwas zu thun, da man es der Geschäftswelt durhaus nicht verdenken Tönne, wenn sie Angesichts der Gefahr, in Stempelstrafe zu verfallen, rigoros vorgehe.

Darauf wurde der Antrag des Abg. Dr. Zimmermann angenommen.

Einige seiner Beschlüsse, welhe das Haus aus Anlaß von Wahlprüfungen gefaßt hat, erklärte es durch die stait- gehabten Ermittelungen auf Antrag der Wahlprüfungs-Kom- mission für erledigt.

Um 35 Uhr wurde die Sißung geschlossen und die fol- gende auf 15 Minuten später anberaumt.

Nach der Eröffnung derselben nahm das Haus ohne De- batte den Antrag des Abg. Dr. Franz an, den Reichs- kanzler um die Sistirung der gegen den Abg. Stößel {hwebenden Strafverfahren während der Dauer der Session zu ersuchen.

__Es folgte die erste Berathung der Entwürfe eines Ge- rihtsfkostengeseßes, einer Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher und für Zeugen und Sach- verständige.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staatssekretär Dr. Sen leitete dieselbe mit folgendem Vortrage ein:

as unterm 20. Januar v. J. ergangene Ausführunasgeschß zur Civilprozeßordnung beftimmt in seinem §. 2, daß für den ganzen Umfang des Reiches eine Gebührenordnung erlassen werden solle, und das Einführungsgeseß zur Gerichtsverfassung macht diese davon abhängig, daß die Gebührenordnung gleichzeitig mit der Gerichts- verfassung ins Leben trete.

Die heute nachträglich auf die Tage2ordnung gesetten Entwürfe haben die Aufgabe, jenen Vorbehalt der Prozeßgeseße einzulösen. Dazu würde es allerdings uur, wenn man den Vorbehalt blos wört- li hätte cinlôösen wollen, eines Gebührengeseßes im Civilprozeß bedurft haben, denn nur von dem ist die Einführung der Gerichts- verfassung abhängig gemacht. Aber fo wie man sich an die Auf- stellung dieses Gesetentwurfs begab, erkannte man es als eine natür- liche Konsequenz, auch das -Gebührenwesen des Kriminalprozesses in den Bereich dieser Reform zu ziehen, deégleihen die Gebührcn im Konkursverfahren nicht auszuschließen, weil das Konkursverfahren ohne das dazu gehörige Gebührengeseß ein urvollständiges geblieben wäre, überdies aber auch Ihre Kommission, die das Konkursgesetß zu berathen hatte, ganz auedrüdlich sich dahin erklärt hat, dat unter allen Umständen die Gebührenordnung mit dem Inslebentreten der Konkursordnung selbst ins Leben gerufen werden müßte.

Mein Wunsch wäre allerdings nun noch einen Schritt weiter gegangen ; ih hätte nämlich sehr gern auch die Gebührenordnung für die Rechtsanwälte gleichzeitig geregelt, um mit einem geseßgeberischen Swlage, wenn ih mich so ausdrücken darf, das ganze gerichtliche Ge- bührenwesen geseßlich zu ordnen. Es mußte aber davon Abstand ge- nommen werden, denn ih war davon überzeugt, daß, wenn irgend ein Geseß nicht blos am grünen Tis der Behörden gemacht werden dürfe, es dazu vielmehr der thätigen Mitwirkung aus den Kreisen der Betheiligten selb bedürfe, es die Gebührenordnung für die Advokaten wäre. Diese Betheiligung aber herbeizu- führen, ingbesondere angesehene Advokaten zu kommissarischen Berathungen einzuberufen, dazu reichte die Zeit, und ih will ganz offen gestehen, reihten auch die Kräfte niht mehr aus, und es war somit die Gefahr, daß, wenn man do versucht hätte, auch dieses Geseß zu Stande zu bringen, vielleißt es umgekehrt gegangen und au die übrigen Entwürfe unvollcndet geblieben wären.

Somit liegen Ihnen jeßt nur diese 3 Geseßentwürfe vor. Vor allen Dingen war aber noch dafür, daß die Gebührenordnung für die Advokaten a eßt wurde, der Umstand maßgebend, daß die Advo- katenordnung felbst noch nicht fertig ist, und man diese doch als nothwendige Grundlage für die Gebührenordnung braut. Es steht zu hoffen, daß es gelingen wird, in dieser Session die Advokaten- ordnung fertig zu stellen, und dann foll fich unmittelbar die Fertig- stellung der Slibernorbnung für die Advokaten daran anschließen.

Wende ich mich nach diesen Vorbemerkungen über die geshicht- liche Entwickluag, in der diese Geseßentwürfe entstanden find, zu dem Inhalte derselben, so würde es wenig angebracht sein, wenn ih überhaupt, namentlih bei dieser vorgerückten Zeit, versuchen wollte, au nur in der allergedrängtesten Kürze Ihnen den Inhalt der Ettwürfe darzulegen. Auch will ich mich der captatio bene- volentiae enthalten, indem ih die Schwierigkeiten darlege, die gerade bei diesen tig og zu bewältigen waren. Es war vielleicht mehr noch die Dede des Stoffes, welche diese Aufgabe geseßgeberisch geradezu zu einer peinvollen gemacht hat, und ich fürchte, meine Prren, Sie wcrden ctwas von dieser peinvollen Arbeit mit zu kosten ekommen.

An die Stelle von 67 zur Zeit im Reiche geltenden Gebühren- ordnungen soll eine einheitlihe Gebührenordnung treten, und diese einheitlihe Gebührenordnung foll aufgebaut werden auf Prozeß- gefeßen, die wir zwar nun seit Jahr und Tag in den Gesetzblättern haben, die fich aber noch” nicht in der praktischen Uebung gezeigt haben, und von denen darum Keiner, weder in diesem hohen Hause, noch irgend ein Anderer weiß, wie sie praktish in der Nehtsübung spielen werden. Diese anomale Lage bei der Aufstellung des Gesetz- entwurfes hat nun-die natürliche Folge gehabt, daß man die Ge- bührensäße und bei einer Gebührenordnung kommt es doch \chließ- lich und hauptfächlich auf die Tarifsäße an, das liegt im Wesen einer Gebührenordnung, daß man diese Gebührensäße im Ein- zelnen lediglich auf Probabilitätsrechnungen hat aufbauen müssen, und j sorgfältig man auch bei diesen Probabilitätêrechnungen zu Werke gehen mochte, Niemand kann zur Zeit die Gewähr dafür übernehmen, ob man doch nicht vielfach fehlgegriffen hat.

Zu diesem, ih möchte sagen, unbefangenen Bekenntniß bestimmt mich namentlich auch noch die Erinnerung an einen geseßgeberischen Vorgang, den wir vor einigen 20 Jahren in Preußen durbgemacht haben. Dort wollte man die Gebührenordnung, welche auf Einzeln- säten beruhte, in Pauschsäße umwandeln, und legte den Kammern einen dahin formulirten Geseßentwurf vor. Aus Gründen, die nit mit diesem Geseße zusammenhängen, war es überhaupt niht mögli, den Gesetzentwurf durhzuberathen, und nun benutzte die preußische Regie- rung den ihr gewordenen Ausftand, wie unerwünscht er auch war, dazu, um bei einer Reihe von Gerichten Berehnungen darüber anstellen zu lassen, wie sih die alten Säße zu den neuen Pauschsäßen ins Verhältniß stellen würden, um zu erproben, ob ihre Vorausseßung, das neue Geseß würde ganz dieselben Gebühren wie das alte bringen, \ich auch bewahrheiten möchte. Es wurden nun zahlenmäßige Auf- stellungen bei einer Reihe von Gerichten gemacht, ivdem man eine Anzahl von Prozessen ua den alten und den neu beabsichtigten be- rechnete; und was ergab sich? Die ganze Vorausseßung war eine falsche gewesen; das neue Geseß würde mit seinen Gebühren viel weniger eingetragen haben, ja, es würde einen Ausfall bis zu 18% der Einnahmen zur Folge gehabt haben. Wenn nun das in einem Staate möglich war, wo man nur eine Gebührenordnung zu ändern hatte, und wo man diese Gebührenordnung änderte an der Hand eines Geseßzes, das seit lange in Uebung gewesen war, wenn man da dennoch eine solche Fehlrechnung anstellen konnte, wieviel mehr muß es jeßt {on als mögli an- erkannt werden, daß wir in diesem Geseßentwurf vielfah in den Tarifsäßen werden fehlgegriffen haben. ¿

Der egen ei das auch selber an, indem er in einem seiner Shlußparagraphen ausdrücklih vorbehält, es solle dieses Gesetz nach etwa 5 Jahren revidirt werden und bei dieser Revision sollten, je nah den Erfahrungen, die sich gezeigt haben, die Gebühren herab- gemindert oder erhöht werden können. Wird mir nun dex Einwand gemacht, daß danach ‘daë*@esct selbst fich als ein bloßes Provisorium einführe, gewissermaßèn als ein gesetzgeberishes Experiment ankündige, und will man dies dem Gesetzentwurf zum Vorwurf machen, so bin ich nicht in der Lage, diesen Verwurf ablehnen zu können. Aber ich weiß auch nicht, wie man anders bei diesem Gesetze als experimentirend verfahren soll, zu einer Zeit, wo wir die Prozeß- geseße heute noch nicht aus praktisher Erfahrung kennen. Einen leitenden Gedanken mußte freilich dieser Umstand bei den verbündeten Regierungen hervorrufen, nämlih den: vor Allem darauf zu sehen, daß die einzelnen“ Gebührensäße nicht so niedrig gegriffen wurden, daß daraus die Gefahr eines großen Ausfalles in den Finanzerträgen entstände, und diese Rücksicht hat zur Folge gehabt, daß allerdings wohl die Gebühren hie und da hoch gegriffen sein mögen, obgleich, wie ih hinzufügen darf, solche -Personen, welche den N genau und besser kennen wie ih, behaupten, troß dieser hohen Ge- bührensäße würde fich wahrscbeinlich dennoch in einzelnen Staaten, namentlich in Preußen und Bayern , ein Ausfall an Gebühren ergeben, namentlich weil das bei den neuen Geseyzen eingeführte Mahnrerfahren, wenn es sich bewährt und darum häufig gebraucht werden sollte, einen großen Ausfall an Gebühren herbeiführen dürfte. Das gilt allerdings nicht von allen Staaten, ja ich muß erklären, daß einzelnen Staaten eine große Erschwerung durch diese Gebührenordnung auferlegt wird, name tlih denjenigen Staaten, die sich zur Zeit einer fehr billigen Handhabung der Justiz zu erfreuen haben, oder soll ih sagen, eine solche besißen; denn an sich ist es mir noch sehr zweifelhaft, ob eine billige Justiz ein wün- \chens8werthes Gut ist, und ob sie nicht vielfach die Gefahr der Pro- zeßsucht in jenen Staaten nährt. Beispielsweise hat Württemberg eine ganz außerordentlich billize Justiz, ja die Strafjustiz wird dort ganz umsonst gehandhabt, und es ift darum allerdings eine starke Anmuthung, die man an diesen S:aat macht, daß er seinen jeßigen Gebührenzustand eintauschen soll gegen den, welchen wir ihm mit den neuen Geseßen geben wollen. Aber, meine Herren, diese Eingriffe sind, nahdem man einmal in den beschlossenen Prozeß- geseßen gesagt hat, die Gebührenordnung ist ein Theil der neuen Gerichtsrerfassung und ohne eine Gebührenordnung kommt keine Gerichtêverfa}jung zu Stande; wie schwer der einzelne Staat sie auch tragen mag, nicht zu vermeiden.

Veberdies wird ja, ergiebt es sih, daß Säße in unserer Ge- bührenordnung zu hoh gegriffen sind, es sehr leiht möglich werden, in einigen Jahren, nahdem die Erfahrungen uns zur Seite stehen, diese zu hoh gegriffenen Gebührensäte zu erniedrigen ; dazu wird auch in jedem Reichstage sehr gern die Hand geboten werden. Ganz außerordentlich s{hwer, ja unmöglich würde es aber sein, wenn wir zu niedrig gegriffen haben und die Bevölkerung in den einzelnen Ländern sich an diese niedrigen Säße gewöhnt hat, dann zu einer Erhöhung zu \chreiten. Darum bitte ih im Voraus, sich bei Be- rathung der einzelnen Säße ja nicht vor der Vergleichung in den- jenigen Ländern, welche jeßt diese niedrigen Gebühren haben, all zu sehr bestimmen zu lassen und die angenommenen höheren Säße herabzuseßen. Denn darüber, mei.e Herren, waren bei allen verbün- deten Regierungen die Finanzverwaltungen einig, daß sie keinen we- sentlichen Ausfall an den Intraden, die aus der Rechtspflege kom- men, ertragen fönnten. Daß es troy alledem \chwierig sein wird, zu diesem Geseße die Zustimmung, zu bekommen, darüber bin ih nicht zweifelhaft: denn ih weiß, welche große Selbstverleugnung die verbündeten Regierungen haben aufwenden müssen, um bei Auf- stellung dieses Entwurjes denselben so weit zu bringen und zu reifen, daß er Ihnen heute hat vorgelegt werden können. Sie werden des- Give einer gewiß nicht geringeren Selbstverleugnung bei Jhren

era!hungen bed. rfen, und doch dürfen wir hoffen, daß es dem ge- genseitigen Entgegenkommen in dieser Selbstveranlagung gelingen wird, weil es eben gelingen muß, \c{ließlich hier zu einem Ein- vernehmen und einem gedeihlihen Ausgange zu kommen.

__ Der Abg. Dr. Bähr (Cassel) bemerkte, es sei ein empfind- licher Mangel der Vorlagen, daß ihnen nicht ein Geseßent-

wurf über die Anwaltskosten beigefügt worden sei. Es käme darauf an zu wissen, wie hoh si die Prozeßkosten im Ganzen beliefen. Bei der Berathung der Vorlagen sei es erforderlich, daß die Prinzipien, nah welchen die Anwaltsgebühren be- handelt werden sollen, soweit als thunlich der Kommission mitgetheilt würden. Erst auf dieser Grundlage könne man beurtheilen, wie die Vorlagen auf das ganze Prozeßverfahren wirken würden.

Die drei Vorlagen wurden an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen. (Schluß 4# Uhr.)

Das Herrenhaus nahm in seiner gestrigen (18.) Sitzung, welcher mehrere Regierungskommissarien beiwohn- ten, und welche von dem Präsidenten Herzog von Ratibor um 2 Uhr 20 Minuten eröffnet wurde, zunächst geschäftlihe Mit- theilungen entgegen. Fürst Hermann von Haßfeld-Trachenberg war in das Haus neu eingetreten und wurde vom Präsidenten Namens des Hauses begrüßt. Seit der leßten Sißung hat das Haus mehrere Verluste erlitten. Der Ober-Bürgermeister Geheime Regierungs-Rath. Beyer (Potsdam), Ober-Bürgermeister Prüfer (Dortmund) und Major von Bredow Briesen sind ver- storben. Das Haus erhob sich, das Andenken der Verstorbenen ehrend. Zur Feier der Vermählung JZhrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen Charlotte und Elisabeth hatte das Präsidium des Hauses an Se. Majestät den Kaiser und Se. Kaiserliche und Königlichen Hoheiten den Kronprinzen und Prinzen Friedrih Carl die Glückwünsche des Hauses scrift- lich dargebraht. Se. Majestät der Kaiser und König hatten bei Gelegenheit eines Gala-Balles Ens genom- men, dem Präsidium für dieses Glückwunschschreiben Dank zu sagen und den Präsidenten beauftragt, diesen Dank dem Hause mündlich zu übermitteln. Von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, wie auch von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrih Carl waren Dankschreiben eingegangen, welche durch Verlesung zur Kenntniß des Hauses gebracht wurden.

Demnächst trat das Haus in die einmalige Schluß- berathung über den Bericht, betreffend die Verwaltun des Hinterlegungsfonds für das Jahr 1877. Auf Antrag des Referenten ‘Herrn von Tettau wurde dieser Bericht für erledigt erklärt.

Hierauf erfolgte die einmalige Schlußberathung über den neunundzwanzigsten Bericht der Staats\chulden-Kom- mission, betreffend die Verwaltung des Staats- shuldenwesens im Fahre 1876. Auf Antrag des Re- ferenten, Grafen von der Schulenburg-Angern, beschloß das Haus ohne Debatte, die Berichterstattung der Staats\chulden- Kommission über die Verwaltung des Staats\huldenwesens im Fahre 1876 durch den Bericht vom 7. Januar 1878 auch seinerseits als erledigt zu erklären.

Nächster Gegenstand der Tagesordnung war der münd- lihe Bericht der Petitionskommission über Petitionen.

Herr von Schöning berichtete über die Petitionen des Landesdirektors der Provinz Preußen, resp. des Provinzial- Auge der Provinz Brandenburg und des Verwaltungs- Ausschusses des kommunalständishen Verbandes des Regie- rungsbezirks Cassel, wegen Erwirkung eines Geseßes zur Ausführung des §8. 36 des Reichsmilitärgeseßes vom 2. Mai 1874, betreffend die Reisekosten und Diäten für die Zivilmitglieder der Ober-Ersaßkommissionen. Der Referent stellte Namens der Kommission dn Antrag, diese Petitionen der Königlichen Staatsregierung mit dem Ersuchen zu über- weisen, die Tagegelder und Reisekosten der bürgerlichen Mit- glieder der Ober-Ersaßkommissionen auf die Staatskasse zu übernehmen. Der Regierungskommissar, Geheimer Regierungs- Rath Haase, erklärte sich gegen diesen Antrag, ebenso au Herr Hasselbach, während die Herren Graf Arnim-Boigenburg und von Knebel-Döberiß denselben befürworteten. Bei der Ab- stimmung wurde der Kommissionsantrag mit großer Majo- rität angenommen.

Graf Brühl berichtete Namens derselben Kommission über die Petition von Besißern von Wiesen- und Acergrundstücken in der Dornburger Elbniederung, welche sich über die Ver- fümmerung der Vorfluth beshweren, und beantragte, über diese Petition zur Tagesordnung überzugchen. Ohne Debatte \chloß sih das Haus diesem Antrage an.

Demnächst wurde eine Anzahl von Petitionen als zur Erörterung im Plenum nicht geeignet erachtet.

Den leßten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Wahl von zwei Mitgliedern für die Staatsshuldenkommission. Auf Antrag des Herrn Hasselbach wurden die bisherigen Mit- glieder, die Herren Graf zur Lippe und Dr. Fleck, wieder- gewählt. Dieselben erklärten sih zur Uebernahme dieses Amtes bereit. Um 34 Uhr wurde die Sißung geschlossen.

In der heutigen (19.) Sißung des Herrcr- hauses, welcher der Vize-Präsident des Königlichen Staats- Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen, der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs-Kommissarien bei- wohnten, und welche der Präsident Herzog von Ratibor um 113 Uhr eröffnete, ertheilte das Haus dem Präsidium zu- nächst die Ermächtigung, Sr. Majestät dem Kaiser zu Allerhöchstdessen bevorstehendem Geburtsfeste die Glüd- wünsche des Hauses darzubringen. Von Seiten der König- lihen Friedrih-Wilhelms-Universität sind für die auf den 22. d. M. anberaumte Festfeier Einladungskarten ergangen. Dann trat das Haus in die Tagesordnung, :

Der erste Gegenstand derselben war der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über den Geseß- entwurf, betreffend die Kreisverfassung im Kreise Her- zogthum Lauenburg. Der Referent der Kommission, Herr von Winterfeld, empfahl die unveränderte Annahme des Geseßes nah den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses. Nachdem auch die Herren von Simpson-Georgenburg und von Thaden den E ip Kommission unterstüßt hatten, beshloß das Haus

emgemäß.

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war der Be- iht der Justiz-Kommission über dcn Entwurf eines Au sfüh- rungsgeseßes zum deutschen Gerihtsverfassungs- gel eß. Zur Generaldiskussion nahm zunächst der Referent

raf zur Lippe das Wort, um die Beschlüsse der Kommission, welche einstimmig gefaßt worden sind und im einigen Para- aren entgegen den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses die

S Irane wieder hergestellt haben, zur Annahme zu empfehlen. 4

Nachdem der Justiz-Minister Dr. Leonhardt der Kommission seinen Dank für den Eifer, mit dem sie das Gese durchberathen, ausgesprochen und die gefaßten Beschlüsse derselben dem Hause zur Annahme warm empfohlen hatte, wurde die Generaldis- kussion geschlossen, und das Haus trat in die Spezialdis- fussion ein.

Den §8. 1 empfahl die Kommission unverändert in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung anzunehmen. Dr. Dernburg nahm tzierbei Veranlassung, Gs die Vorschriften des Geseßes vom 6. Mai 1869 über die Ausbildung der jungen Juristen und dessen Mängel, die er namentlich in den Bestim- mungen ‘finde, welche [eine dreijährige Universitäts- Studienzeit und vierjährige Thätigkeit als Referendar vor- schreiben, hinzuweisen und sich für ein umgekehrtes Verhältniß auszusprehen. An der Diskussion betheiligten ih die Herren Dr. Beseler, welher dem Dr. Dernburg beipflichtete, und von Winterfeld und’ von Wever, welche für die Bestimmungen der Vorlage eintraten. Auch der Justiz-Minister Dr. Leonhardt sprach sih wiederholt für Aufrehthaltung der Bestimmungen des Geseßes vom 6. Mai 1869 aus. Das Haus genehmigte bei Schluß des Blattes den §. 1 des Geseßes nah dem un- veränderten Beschluß des Abgeordnetenhauses.

Jn der heutigen (65.) Sißung des Hauses * er Abgeordneten, der als Regierungs-Kommissarien der Geh. Ober-Finanz-Rath Loewe und der Geh. Justiz-Rath Oehl- \{läger beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß das Prä- sidium Se. Majestät den Kaiser, sowie Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen und Se. Königliche Hoheit den Prinzen Friedrich Carl aus Anlaß der Ver- mählungen der Prinzessinnen Charlotte und Elisabeth be-

lüdckwünsht hätten und daß diese Beglückwünschungen

huldvoll entgegen genommen worden seien. Weiter theilte der Präsident mit, daß der Geseßentwurf, betreffend die Fertigstellung der Berliner Stadte1senbahn, ein- gegangen sei.

Das Haus wandte sich zuerst der zweiten Berathung des Geseßentwurfes, betreffend den Forstdiebstahl zu. Zu 8. 1, welcher lautet : :

„Forstdiebstahl im Sinne dieses Gesetzes ist der in einem Forst oder auf einem anderen hauptsächlich zur Holznußung be- stimmten Grundstücke verübte Diebstahl: 1) an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt is ; 2) an Holz, welches durch Zufall abgebrochen oder umgeworfen, und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang gemacht worden ist; 3) an Spänen, Abraum oder Borke, sofern dieselben noch niht ian einer ums{lossenen Holzabl1ge sich befinden, oder noch niht geworben oder eingesammelt sind; 4) an anderen Wald- erzeugnissen, insbsondere Holzpflänzlingen, Gras, Kräutern, Beeren und Pilzen, Haide, Plaggen, Moos, Laub, Streuwerk , Nadelholz- zapfen, Waldsämereien und Harz, sofern dieselben noch nicht ge- worben oder eingesammelt sind.“

lagen folgende Anträge vor : von dem Abg. Freiherrn von Fürth:

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

In §8. 1 Nr. 4 Alinea 1 das Wort „Gras“ zu streichen, dagegen in Alinea 2 des §. 1 Nr. 4 nah dem Worte „Pilzen“ einzuschalten die Worte: „sowie das unbefugte Graëschneiden ;“

von dem Abg. Rauthe :

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Den letzten Absaß des §. 1 zu streihen und Nr. 4 dieses Paragraphen an Stelle dez Kommissionsbeschlusses dahin zu fassen: „4) an anderen Walderzeugnissen, sofern dieselben noch nicht geworb:n oder einge- sammelt sind“ ;“

von dem Abg. Reichensperger :

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen dem §8. 1 am Schlusse beizufügen: „in welchen jedoch eine höhere Strafe, als die im §. 2 dieses Geseßes bestimmte, niht angedroht werden darf ;“

von dem Abg. Schröter (Barnim):

„Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: T. den 8. 1 folgendermaßen zu fassen: Forstdiebstahl im Sinne dieses Ge- seßes ist der in einem Forst oder auf einem andern hauptsäcblih zur Holznußung bestimmten Grundstück verübte Diebstahl: 1) an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt ist; 2) an Holz, welches durch Zufall abgebrochen, oder umzeworfen und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang ge- macht worden ist; 3) an Spânen, Abraum oder Borke, sofern die- selben noch nicht in einer ums{lossenen Holzablage sich h - finden, odr noch nicht geworben oder eingesammelt sind; 4) an Holzpflänzlingen, Laub, Streuwerk, Nadel- holzzapfen, Waldsämereien, Saft und Harz, sofern dieselben noch nit geworben oder eingesammelt sind; 5) an anderen noch nicht geworbenen oder eingesammelten Walderzeugnissen, soweit dieselben, abgesehen von der auf die Werbung oder Einsammlung verwen- deten Arbeit, einen allgemeinen Werth haben.

In der Diskussion ergriffen die Abgg. Seydel, Beleites, Rauthe, Bähr (Cassel), Schröter (Barnim) und Löwenstein das Wort. Bis zum Schlusse des Blattes war die Debatte über §8. 1 noch nicht beendet.

Der soeben im Verlage von G. Reimer in Berlin er- schienene Jahrgang 1880 des „Nautischen Jahrbuches“, welcher vom Reichskanzler-Amt unter Redaktion des Pro- fessors Dr. Tietjen herausgegeben worden ist, bildet eine seinem wc- lentlihen Fnhalte nah unveränderte Fortseßung der früheren, auf Veranlassung des Königlih preußishen Ministeriums für Pa Gewerbe und öffentliche Arbeiten von dem ver-

orbenen Professor Dr. C. Bremiker herausgegebenen Jahr- gänge des Werkes.

Nur die den Ephemeriden folgende Tafel-Sammlung ist in La Punkten geändert und durch neue Zusäße vermehrt worden.

Die vorgenommenen Aenderungen betreffen :

1) Tafel VIIlI. Korrektion für Temperatur, welche \ih jeßt auf die Thermometerskale nah Celsius dra df

2) Tafel IX, Korrektion für Barometerstand, welche für die Eintheilung der Barometerskale in Millimeter berechnet worden ist.

3) Tafel XXI[. Länge und Breite verschiedener Stern- warten, bei deren Zusammenstellung die in der Nähe der O gelegenen Warten besondere Berücksihtigung gefunden

aben.

Die neu hinzugekommenen Tafeln find:

1) Tafel X. Verwandlung der Thermometer- und Barometerskalen.

_2) Tafel XXlV. Lage und Einrichtung der Zeitball- ponen zu Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg, Kiel und eufahrwasser.

3) Tafel XXV. Mittlere Ortszeit des Hoh- und Niedrig- wassers in Cuxhaven für 1880.

4) Tafel XXVI. Unterschied zwischen den Ortszeiten des Hochwassers an verschiedenen Punkten der deutschen Nordsee- küste und der Hohwasserzeit in Cuxhaven, nebst Angabe der mittleren Fluthhöhe.

5) Tafel XXVIIT, Unterschied zwischen den Ortszeiten des Ae an verschiedenen Punkten der niederländischen, any chen, französishen und britischen Küste und der Hoch- was}serzeit an der London-Brüce.

Der Jahrgang 1881 des Werkes wird voraussihtlich noch Um Laufe dieses Jahres erscheinen.

Se. Durthlaucht der Prinz Friedrich Wil- helm zu Hohenlohe-Fngelfingen, General-Lieutenant à la suite der Armee und General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist zu den Sißzungen des Herrenhauses hier eingetroffen.

_— Der Bundesraths-Bevollmächtigte, Bürgermeister der freien Hansestadt Bremen, Gildemeister is hier einge- roffen.

Der General - Lieutenant Baron von der Golg, Commandeur der 13. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Münster hier angekommen.

Briefsendungen 2. für S. M. S. „Augusta“ sind bis auf Weiteres nah Hongkong zu dirigiren.

Bayern. München, 12. März. Für die Landkreise des Wahlbezirks Shweinfurt, deren Wahl von der Kammer kassirt wurde, sind die Urwahlen auf den 4. April L. F. aus- geschrieben worden. Der Minister von Pfeuffer kehrt ray von seinem 14tägigen Urlaube aus Süd-Tyrol hierher zurü.

Sachsen - Weimar - Eisenah. Weimar, 12. März. (Lpz. Ztg.) Der Landtag bewilligte heute der Großherzog- lihen Staatsregierung die Mittel zur Unterstüßung der durch die Typhusepidemie im Winter 1875/76 in weiteren Kreisen bekannt gewordenen Gemeinde Frankenhéim auf der hohen Rhön bei der Anlegung eines Schußzwaldes, mit welchem dieselbe den Ort und die nähstgelegenen Flurtheile zu um- geben beabsichtigt, um ihre. dur die allmähliche Entwaldung der dortigen Hochflächen heravgekommenen wirthschaftlichen Verhältnisse nachhaltig wieder aufzubessern. Ein anderer An- trag der Regierung, mit welchem dieselbe postulirt hatte, ihr die Summe von 1 Million Mark zur Verfügung zu stellen, um damit das Projekt einer s{malspurigen Sefundär- bahn von Salzungen nah Vacha im Werrathal mit einer Abzweigung in das Fuldathal bis Kalten- nordheim zur Ausführung zu bringen und zu diesem Zwed mit der Fabrikfirma Krauß und Comp. in München wegen der General-Entreprise und Betriebsübernahme und mit den be- troffenen Gemeinden wegen der Uebernahme gewisser Ver- pflihtungen abschließen zu können, fand zwar im Allgemeinen ebenfalls keine ungünstige Aufnahme im Landtage; Leßterer mochte si jedoch, der ausführlichsten Darlegungen und Empfeh- lungen von Seiten der Regierungs - Kommissare ungeachtet, nicht ents{hließen, dem Antrage sofort zu entsprehen, sondern beschloß nach längerer Debatte, dem Antrage seines Aus\hus}ses gemäß, die Regierung zu ersuchen, ihm erst noch die Verträge mit dem Bau- und Betriebsunternehmer und mit den be- theiligten Gemeinden in definitiver Fassung vorzulegen und eine nohmalige Prüfung des für die Schienenlegung in Aus- sicht genommenen Hartwigschen Systems, sowie eine Berech- nung des Bauaufwands für Oberbau auf Schwellenunterlage zu veranlassen.

Desterreich-Ungarn. Wien, 13. März. (W. T. B.) Jm Abgeordnetenhause erklärte in Beantwortung einer «Interpellation wegen dex Grenzsperre der Minister- Präsident Fürst Auersperg, es seien bereits durch den Minister der Auswärtigen Angelegenheiten bei der deutschen Regierung und dem schweizerishen Bundesrathe Schritte gethan, um eine Aufhebung der Grenzsperre zu erzielen und den freien Transport von Vieh zu ermöglihen. Jm weitere Verlaufe der Sitzung wurde die Generaldebatte über das Budget beendet und mit sehr großer Majorität be- \{hlossen, in die Spezialdebatte desselben einzugehen. Die ersten vier Kapitel des Budgets wurden genehmigt. Das Haus wählte s{ließlich einen Ausshuß von 18 Mitgliedern zur Berathung darüber, auf welhe Weise Erspärungen im Staatshaushalte zu erzielen seien. Die „Wiener Abend- post“ verösfentliht ein Handschreiben des Kaisers, d. d, 13. d., an den Fürsten Auersperg, in welchem der Kaiser der ihm gewordenen tröstenden Kundgebungen der innigsten Theilnahme und aufrichtigsten Betrübniß über das Hinscheiden seines Vaters mit besonderer Rührung ge- denkt und der gesammten Bevölkerung der Monarchie für die aufs Neue bewiesene Treue und Anhänglichkeit an das Kaiser- haus seinen herzlihsten Dank ausspricht.

Schweiz. Bern, 12. März. (N. Zür. 4 Der Bundesrath hat heute beschlossen, den eidgenössischen Räthen den Entwurf eines neuen Gesetzes, betreffend den Mi- litärpflihtersaß, vorzulegen, und das Militärdeparte- ment mit der Ausarbeitung desselben beauftragt.

Niederlande. Amsterdam, 10. März. (Leipz. Ztg.) Von dem Minister für Handel, Schiffahrt und Jndustrie ist an die Generalstaaten ein Geseßentwurf, O die „Anlegung und Verbesserung einiger asser- ssttreckden zur Förderung der ati Gen Schiff- Fahrt GUneE Nach diesem Entwurfe soll ein Kredit von 30 Millionen Gulden bewilligt werden, welhe während sechs Jahren, und zwar in jedem Jahre 5 Millionen, auf Unter- nehmungen zu diesern Zwecke verwendet werden sollen. Es wird beantragt, einen Kanal von Amsterdam durch das Geldersche Thal nach der Ober-Waal (zur Herstellung einer im Junteresse des Handels von Amsterdam längst gewünschten, rasche- ren Kommunikation nach Cöln hin) anzulegen, die Wasser- straße von Meppel bis in die Zuidersee, die Wasserstraße zwischen Amsterdam und Rotterdam an Alphen vorüber zu ver- bessern und gleiche nothwendige Unternehmungen in den Pro- vinzen Drente, Overyssel, Groningen, Friedland 2c. auszu- führen. Jn den Handelskreisen ist diese Vorlage mit der größten Besriedigung aufgenommen worden. Die Pläne für die Trockenlegung des südlichen Theiles der Zuidersee treten damit freilih in den Hintergrund. Wie aus dem Haag mitgetheilt wird, hat das Ministerium Kappeyne den von ihm bei seinem Amtsantritte zurücckgezogenen bezüglichen Entwurf, welhen das Ministerium Heemskerk bei den General- staaten eingereiht hatte, einstweilen bei Seite ge- legt. Die mit der neuesten niederländisch-ostindishen Post eingetroffen Bataviaschen Journale vom 1. Februar theilen mit, daß nah telegraphishen Meldungen des Gouverneurs aus Kotta Radja die feindlihen Atchinesen zwar nicht so unruhig mehr sind und keine größeren Angriffe mehr wagen, daß sie aber doch On, hier und da auf die Beglei- tungsmannschasten von Transporten zu schießen.

Großbritannien und Jrland. London, 12. März. (E. C.) Am 1. künftigen Monats geht die Verwaltung

sämmtlicher Gefängnisse Schottlands, nah den Bestim- mungen einer im vorigen Fahre erlassenen Parlamentsakte, aus den Händen der Lo O in diejenigen der Regierung über, und von demselben Zeitpunkte ab werden die damit verbundenen Kosten, die bisher durch lokale Ab- gaben gedeckt wurden, dem Schaßzamte zur Last fallen. Um die Anzahl verfügbarer Schiffe im Mittelmeere vergrößern, ist der Befehl nah Malta ergangen, dort heimkehrenden Kriegsfahrzeuge anzuhalten. Das erste, welches von dieser Maßregel betroffen wurde, war der „Flying Fish“, der sich auf der Fahrt von Ostindien nah Spithead befand, wo die Mannschaft ausgelöhnt werden sollte. Zwischen der englishen Regierung und der Eastern Teleycapy Com- pany wurde ein Vertrag geschlossen, demzufolge leßz= tere sofort mit der Legung eines Telegraphenkabels zwischen Tenedos und Siros vorgehen wird. Gladstone erhielt hon im Laufe des gestrigen Taaes untec der Hand eine Ansrage aus Leeds, ob er diese Stadt im Parlamente vertreten wolle, falls er von den dortigen Liberalen einstimmig dazu eingeladen würde. Er antwortete darauf, daß er jedwede Entschließung bezügli eines neuen Wahlbezirks noch einige Zeit hinauszuschieben gedenke. Wie verlautet, wird auch Manchester sh um seine Kandidatur bewerben. Wie „Daily News“ erfährt, wurde die Erklärung Gladstone's, daß er nicht wieder für Greenwich kandidiren wolle, dadurch her- vorgerufen, daß der liberale Verein von Greenwich sich ana schickte, zwei Kandidaten für die nähste Wahl aufzustellen, während Gladstone schon seit einiger Zeit vorhatie, die Ver=- tretung von Greenwich aufzugeben.

_ Frankreich. Paris, 12. März. (C. Ztg.) Der Be- riht des Kriegs-Ministers, welher dem Setetentwunle über die Einberufung eines Theiles der Territorial- Armee vorangeschickt ist, lautet: „Das Geseß vom 24. Zuli 1875, betreffend die Organisation der Armee, giebt dem Kriegs- Minister (Artikel 30) das Recht, in den Schranken, welche ihre Einübung erheischt, die Leute zusammenzuberufen, aus denen die Territorial-Armee besteht; der Mangel an Hülfs- quellen gestattete aber bis heute nicht, diesem Theile unserer militärishen Streitkräfte die normale Entwickelung zu geben, welche er erhalten muß. Es ersheint möglich, Man dafür zu sorgen. Die Verlängerung des gegenwärtigen Zu- standes würde übrigens die Stärke unserer ncuen Militär- verfassung gefährden. Wir verlangen deshalb von gn einen Kredit, welcher uns gestattet, dieses Jahr einen Bruch- theil der Territorialarmee einzuberufen und zu gleicher Zeit der E der einberufenen Offiziere Uniformen zu liefern. Die für nöthig erahtete Summe beträgt 5 457 000 Fr. Sie ist etwas höher, als die, welhe wir in das Budget von 1879 ein- schreiben werden, da eine erste Einberufung mehr Unkosten ver- ursaht. Um jedo die Ausgabe in der möglichst engen Grenze zu halten, haben wir die Absicht , die Einberufung zu drei verschiedenen Perioden vorzunehmen, so daß die Zahl der aus den Magazinen zu entnehmenden Kleidungsstücke relativ gering ist. Außerdem werden alle mit dem Wohlergehen der Leute verträglihen Ersparnisse gemacht werden. Endlih wird die Einberufung fast aus\chließlich hon eingeübte Leute der beiden Altersklassen von 1866 und 1867 (im Ganzen ungefähr 131 000 Mann) betreffen. Wir haben die feste Ueberzeugung, daß die Schäßungen nicht überschritten werden.“ Die zwei Bataillone, welche seit vierzehn Tagen Montceau-les-Mines beseßt hielten, haben Befehl erhalten, nah Dijon zurü{zukehren, woraus man schließen darf, daß der leßte Widerstand der Strikenden gebrochen ist.

Türkei. Konstantinopel, 13. März. (W. T. B.) Der Admiral Hobart Pascha, der heute Abend an Bord des „Zzzedin“ abgeht, um an der Küste Griechenlands_zu kreuzen, wird bis Gallipoli von zwei englischen Militär-Attachés be- gleitet sein. Der Herzog von Edinburgh wird heute das im Colfe von Jsmid befindliche Geshwader verlassen und sich nach Malta begeben.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 13. März. (W. T. B.) Der General Fürst Dondukoff-Korsakoff ist gestern von Odessa nah dem Hauptquartier abgereist. Der Vertreter Rußlands beim Vatikan, Fürst Urussoff, geht demnächst nah Rom. Am N hat die Eröffnung der Eisenbahnlinie Perm- Ekaterinoslaw statt: P zum ersten Male hat ein Eisenbahnzug den Ural passirt.

Dánemark. Kopenhagen, 11. März. (H. C.) Am Sonnabend hat die Meinungsver|chiedenheit, deren Existenz in der Partei der vereinigten Linken seit dem 8. No- vember v. J. wiederholt zu Tage getreten is, zur Auflö- sung der Partei geführt, indem der Führer der Radikalen, Berg, mit 20 anderen Mitgliedern des erolkethings seinen Austritt aus der Partei angemeldet hat. Die moderaten Mit- glieder der Linken des Folkethings zählen mindestens 40 Mit- glieder, die Rechte und die Mittelpartei (Nationalliberalen) etwa 39, so daß also die Annahme des Budgets pro 1878/79 in der Fassung, wegen der die drei leßtgenannten Fraktionen sich verständigt und die in ihren wesentlihsten Punkten bereits mitgetheilt worden, gesichert ist. Die dritte Lesung des Budgets nahm heute im Folkething e Anfang. Die Verhandlungen, welhe von dem Wortführer der Majorität des Budgetausschusses, Grafen Holstein-Ledreborg, eröffnet wurden, trugen bis zum Abgange der Post einen rein geschäft- lichen Charakter. Von den Nadikalen hatte sich noch keiner vernehmen lassen.

Afrika. Egypten. (W. T. B.) Einem von mehre- ren Pariser Zeitungen veröffentlihten Telegramme aus Alexandrien zufolge sollen Goeschen und Joubert die Theilnahme an der von dem Khedive vorgeschlagenen Enquete über die Hülfsquellen Egyptens abgelehnt haben. Das Comité der englischen Gläubiger. hatte die Erlärung abgegeben, es würde keine Abänderung der Verpflihtungen des Khedive zulassen und im Falle, daß die gegenwärtigen Einnahmen nicht hinreichen sollten, es als die Aufgabe der Enquete-Kom- mission ansehen, die Zinsen der Shuld niht zu reduziren. Dagegen würde es die Aufgabe der Kommisfion sein, die Steuern umzuformen, um die unverkürzte Zahlung der A zu sichern, namentlich, indem sie eine gleiche Be- teuerung für sämmtliche Ländergebiete Egyptens herstelle auch für die Ländereien des Khedive, die den vierten Theil Egyptens ausmachten und von denen bisher keine Steuern erhoben worden wären. Der englische und der fran- zösische Konsul in Egypten hätten gzutéintdna Schritte ide um den Khedive zur Erfüllung seiner finanz:-len Verpflich- tungen anzuhalten.

E T I it Ai a E F E l R R E O r C De R r E R E R E E T D (Ut bade D i Sr C C R E can ot i R jd s L j