1878 / 81 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Apr 1878 18:00:01 GMT) scan diff

Vorstehende Verfügung wird mit dem Bemerken ver- öffentlicht, ee den Bewerbungen : y der Geburtsschein, 3 da Gesundheits ttest ein Gesundheitsattest, i R ein Zeugniß über die erworbene Schul- resp. Lehrerinnen- Bildung, i i 5) ein Zeugniß über die erlangte turnerishe Ausbildung und Seitens der Lehrerinnen auch über ihre bisherige Lehrthätigkeit, : : i j 6) Seitens Derjenigen, welche niht Lehrerinnen sind, ein amtliches Führungsattest beizufügen find. ; Berlin, den 28. März 1878. y Königliches Provinzial-Schul-Kollegium. Reichenau.

DELT&RKRLM&aGUnga. Nachricht | : über die Bruns der Handarbeitslehrerinnen. Für die Prüfung sind die Monate Mai und September jeden Jahres festgeseßt. : Die Anmeldung zu derselben erfolgt in den Monaten April resp. August jeden Jahres bei dem Königlichen Pro- vinzial-Schul-Kollegium zu Berlin unter Beifügung folgender Schriftstücke: i 1) eines selbstgefertigten Lebenslaufes, auf dessen Titel- blatt der vollständige Name, der Geburtsort, das Alter, die Konfession und der Wohnort der Bewerberin angegeben ift; 2) eines Tauf- bezw. Geburtsscheines ; i 3) der Zeugnisse über die bisher empfangene Schulbildung und die etwa schon bestandenen Prüfungen; 4) eines amtlihen Führungsattestes und 5) eines von einem zur Führung eines Dienstsiegels be- On Arzte ausgestellten Attestes über den Gesundheits- ustand. 6 E Bei Ablegung dieser Prüfung haben Diejenigen, welche die Befähigung für den Res in Mittel- und höheren Töchtershulen zu erlangen wünschen, 2 ein selbstgefertigtes, shulgereht genähtes Manns- oberhemd, 2) ein Frauenhemd, 3) ein Paar selbstgestrickte Strümpfe, 4) ein Tuch mit Buchstaben, sowohl in Kreuzstich als gestickt, und 5) ein Stopftuch mit einer gewöhnlichen Lein- wand- und einer Köperstopfe vorzulegen. l Solche Personen, welche nur die Qualifikation für den Unterricht in o Gemeindeschulen nachsuchen, haben 1) ein Frauenhemd, 2) ein Mannshemd (nit Oberhemd) von öberer Leinwand, 3) ein Paar Strümpfe mit den nöthigen Muakesserungen; als Haeneinstricken 2c., 4) ein Zeichentuch, jedoh nur mit einem Alphabet und den 10 Ziffern, 5) eine einfache Leinwandstopfe vorzulegen. i Die Arbeiten sind nicht ganz zu vollenden, damit noch etwas unter Aufsicht zu fertigen übrig bleibt. L Am Tage der Prüfung ist eine Examinationsgebühr von 3 6 zu entrichten. Berlin, den 27. März 1878. : Direktor Supprian.

Unter Bezugnahme auf vorstehende Nachricht bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß wir ¿E Prüfung der Handarbeitslehrerinnen, welhe in öffentlihen Schulen Unterricht zu ertheilen beabsichtigen, einen Termin auf den 6. Mai d. F. und die folgenden Tage anberaumt haben, und daß wir zu demselben nur Anmeldungen berücksichtigen können, welche bis zum 25. April d. J. bei uns eingegangen sind.

Berlin, den 27. März 1878. i

Königliches Provinzial-Schul-Kollegium. Reichenau. i

4%iges vormals Nassauisches Staats-Anlehen von Fl. 1000000 d, d. 1. Oftober 1851. :

Bei der am 9. cr. stattgehabten 27. Verloosung der Partial- Obligationen des unter Vermittelung des Bankhauses der Herren M. À. von Rothschild & Söhne in deo rats a./M. negoziirten 4°soigen vormals Nassauischen Staats-Anlehens von 1 000 000 Fl. d. d. 1. Oktober 1851 sind die nachverzeichneten Obligationen zur Rüdczahlung auf den 30. Juni 1878 gezogen worden:

Litt, A, à 1000 Fl. = 1714 Æ 29 S. Nr. 26 30 89 = 3 Stück über 3000 Fl. oder 5142 M 87 s.

Litt. B, à 500 Fl. = 857 14 S. Nr. 18 97 108 155 190 199 231 235 260 267 285 289 348 429 442 454 462 528 550 644 706 754 = 22 Stüd über 11000 Fl. oder 18857 M 08 g.

Litt. C. à 300 Fl. = 514 A 29 S. Nr. 6 157 197 203 223 251 259 325 328 399 502 525 541 568.627 661 668 674 712 757 809 819 829 892 914 987 993 = 27 Stü über 8100 Fl. oder 13885 M. 83 S.

Litt, D. à 100 Fl. = 171 Æ 43 9. Nr. 6 104 114 126 141 187 211 214 333 337 372 375 395 434 442 447 508 537 571 662 685 686 705 806 933 955 1027 1032 1037 1038 1047 1056 1128 1170 1179 1181 1269 1338 1368 1381 1389 1406 1470 1490 1563 1611 1680 1721 1762 1819 1837 1946 1949 1986 1992 1993 = 56 Stüd über 5600 Fl. oder 9600 4 08 4. Summa: 108 Stück über 27700 Fl. oder 47 485 M. 86 4.

Die Inhaber dieser Partial-Obligationen werden hiervon mit dem Bemerken ete daß sie die Kapitalbeträge, deren Ver- zinsung nur bis zum üdzahlungstermine stattfindet, sowohl bei dem Bankhause der Herren M. A, von Roth- {ild & Söhne zu Frankfurt a. M., als auch bei der Königlichen Regierungs - Hauptkasse in Wies- baden, bei jeder anderen Königlichen Regierungs- Peapttalle, der Königlichen Staatsshuldentilgungs-

asse in Berlin, der Königlichen Kreiskasse in Franfk- furt a./M., sowie bei den Königlichen Bezirks-Hauptkassen in Han- nover, Lüneburg und Osnabrück gegen Rückgabe der Partial- Obligationen nebst den dazu gen nach dem 30. Juni 1878 verfallenen Coupons Ser. 11, Nr. 7 und 8 und Talons erheben Tönnen. Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unent eltlich zurüdck- Dien Zinscoupons wird von dem zu zahlenden apital zurüd-

alten Y

Soll die Einlösung von dergleichen Obligationen weder bei dem vorgenannten Bankhause, noch bei der Königlichen seglernugs- Ee hier oder der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a./M., ondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so sind die be- treffenden Obligationen nebst den Coupons und Talons 14 Tage vor dem Verfalltermine bei dieser Kasse einzureichen, von welcher dieselben vor der Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden find.

üdständig sind noch: aus der Verloosung auf den: 30. Juni 1876 Litt, B. Nr. 606 662,7Litt. D. Nr. 1505 1509 1761 1895 1981, 0 Gun 1877 Tat B, Ne. 78 121 254 529 733, Litt. C. Nr. 11 62 128 134 304 730, Litt, D. Nr. 243 386 639 694 704 708 792 793 820 1173 1286 1523 1572 1637 1725 1859 1922.

Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zu deren

Einlösung aufgefordert. Biesbaden, den 12. März 1878. Der Regierungs-Präsident. v, Wurmb.

Dekraäanntmadung

Nah Vorschrift des Geseßes vom 10. April 1872 (Geseyz- Samml. S. 357) sind bekannt gemacht:

1) der unterm 10, Dezember 1877 der AUerhöchs vollzogene Tarif, nach welchem das Damm- und Brükengeld für die Benußung des Prosna-Dammes und der darauf belegenen Brüden“ zu Boguslaw im Kreise Suesen bis auf Weiteres zu erheben ift, durch das Amts- blatt der Königlichen Regierung zu Posen, Jahrgang 1878, Nr. 5 S. 65, ausgegeben den 30. Januar 1878;

2) das unterm 26. as 1878 Allerhöchs vollzogene Statut für den Voigtshöfer Meliorationsverband im Kreise Röfsel dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 10 S. 39 bis 43, ausgegeben den 7. März 1878; :

3) der Allerhöchste Erlaß vom 9. Februar 1878, betreffend die Verleihung des Enteignungsrects an die Mt eOudo Neuß bezüg- [ih der zum normalmäßigen Ausbau des Erftkanals auf der Strecke von der Stadt bis zu seiner Einmündung in den Rhein und zur Herstellung eines Leinpfades auf dem retsseitigen Kanalufer erfor- derlihen Grundstücke, durch das Amtsblatt der Königlichen Regie- rung zu Düsseldorf Nr. 10 S. 87, ausgegeben den 9. März 1878;

4) das Allerhöchste Privilegium vom 13. Februar 1878 wegen Ausgabe auf jeden Inhaber lautender Obligationen der Stadt St. Wendel zum Betrage von 130000 #, dur das; Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 12 S. 85 bis 87, ausgegeben den 22. März 1878.

Nichtamltliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 4. April. JFhre Majestät die Kaiserin-Königin besuchte gestern mit Jhren hohen Gästen D des Vereins der Künstlerinnen im Akademie-

ebäude.

Heute findet bei Ahr ali Kaiserlihen Majestäten

im Palais eine musikalishe Abendunterhaltung statt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Vormittag mit Sr. König- lihen Hoheit dem Prinzen Wilhelm zur Schnepfenjagd in das Spandauer Revier.

Abends wohnten die Höchsten Herrschaften der franzö- sishen Vorstellung im Schaujpielhause bei.

Der Bundesrath hielt Zert eine Plenarsizung unter Vorsiß des Präsidenten des Reichskanzler-Amts, Staats- Ministers Hofmann.

Nach Feststellung der Protokolle der leßten Sißungen wur- den Vorlagen, betreffend a. den Antrag Preußens wegen Abände- rung der §8. 30 und 33 der Gewerbeordnung; b. den Entwurf eines Geseßes wegen Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres; c. den Entwurf einer Ge- schäftsordnung für das ODber-Seeamt, sowie d. der Bericht der NReihsshulden-Kommission über die ihrer Beaufsichtigung unterstellten Fonds-Verwaltungen den zuständigen Ausschüssen überwiesen.

Von der Denkschrift über die Ausführung der Gesetze wegen der Aufnahme von Anleihen für Zwecke verschiedener Reichsverwaltungen, sowie von dem am 12. März d. J. zu Bern unterzeichneten Nachtragsvertrag zu dem Vertrage mit der Shweiz und Jtalien über den Bau 2c. der Gotthard- Eisenbahn wurde“ Kenntniß genomméeff.

Ueber einen Antrag, betreffend das Pensionsverhältniß mehrerer Beamten der ial hs soll in einer der näch- sten Sizungen Beschluß gefaßt werden.

Ausschußberihte wurden erstattet über a. sta- tistishe Erhebungen über die Tabakfabrikation u. s. w. Der bezügliche Geseßentwurf wurde mit einigen Aenderun- gen genehmigt; b. die Termine des Finalabschlusses und der Abrechnung der Kassen für das veränderte Etatsjahr. Die bezüglichen Ausshußanträge wurden genehmigt ; c. die Vergütung der Umzugskosten für einen pensionirten Stations-Controleur aus Reichsfonds. Der betreffende Ausschußantrag wurde angenommen ; d, die Diäten der zollamtlihen Begleiter von Eisenbahn- zügen. Die bezüglichen *Ausschußanträge wurden angenom- men; e. eine Eingabe wegen der Abfertigung von übergangs- abgabepflichtigen Liqueuren in Flaschen. Es wurde ableh- nende Bescheidung beschlossen; f. die Eingabe des Ma- gistrats in Schwedt wegen des zu leistenden Beitrages zu den Kosten für den Bau eines Militärlazareths daselbst. Dem Antrage soll eine Folge niht gegeben werden ; g. Ergänzungen des Entwurfs zum Reichshaushalts-Etat für 1878/79. Der Entwurf wurde nah Maßgabe der Aus\huß- anträge genehmigt. i

Endlich wurden folgende Eingaben vorgelegt und den be- treffenden Ausschüssen überwiesen: a. die Eingabe deutscher Preßhefe-Fabrikanten d. d. Rosto, den 26. März 1878, betreffend die Beibehaltung des jeßigen Zollsaßes für Preßhefe bei Abschluß eines neuen Handelsvertrages mit Désterreich-Ungarn; þ. die Eingabe des Direktoriums des Cen- tralverbandes deutsher Fndustrieller zur Beförderung und Wahrung nationaler Arbeit, betreffend den Gesetzentwurf wegen Abänderung der Gewerbeordnung; c. die Eingabe der Aeltesten der Kaufmannschaft von Magdeburg, betref- fend die Reform der Statistik des auswärtigen Waaren- verkehrs; d, die Eingabe deutscher Gold- und Silberwaaren- fabrikanten, betreffend die geseßlihe Bestimmung des Fein- gehalts von Gold- und Silberwaaren; e. die Eingabe der Handelskammer in Hanau vom 28. März d. J., betreffend statistishe Erhebungen über die Tabakfabrikation u. f. w. Eine Eingabe der Handelskammer in Hanau vom 28. v. Mts., betreffend statistische Co über die Tabakfabrikation, hat durch die heutige Beschlußfassung über den Gegenstand thre Erledigung gefunden.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr traten heute zu einer Sißung zusammen. ;

A E A S ATTA E Ai an.

Jm weiteren Verlaufe der gestrigen (28.) Sißung des Reichstages begründete der Abg. Kiepert seinen An- trag auf Rücckgewähr der Eer für allen zu gewerblihen Zwecken benußten Alkohol und Denaturirung desselben nah Maßgabe der At Be- nußung. Der Antragsteller wies auf die Ungleichheit hin, die zwishen dem engeren norddeutshen Steuerverband und den süddeutschen Staaten bezüglih der Besteuerung des Spiritus bestehe. Diese Verschiedenheit begünstige die Spiritus konsumirende Jndustrie Süddeutshlands so sehr, daß die Konkurrenz Norddeutschland wesentlich ershwert werde, und daß man jeßt sogar daran denke, zum Schuß der nord- deutschen Essigfabrikation eine Uebergangsabgabe zu erheben und

dadurch die Zollgrenze zwischen Nord und Süd noch zu ver}ärken. Diesem Uebelstande sei radikal abzuhelfen, wenn man ien zu ewerblichen Zweckten bestimmten Spiritus steuerfrei lass: und o die Branntweinsteuer zu einer reinen Getränkteuer mache. Der „Verein zur Wahrung der Jnteressen der emischen Ee Deutschlands“ IaEe nachgewiesen, daß es müglih ei, den Spiritus für industrielle Zwecke absolut zuverlässig zu denaturiren ; die Möglichkeit einer Steuerdefraudation sei also ausgeschlossen. Die Konsumtion des Spiritus würde da- durch außerordentlih gesteigert und die landwirthschaftliche Produktion “unterstüßt werden. Der Ausfall an Steuer: prive eventuell durch eine Schanksteuer leiht gedeckt werden önnen.

Der Abg. Uhden unterstüßte im Jnteresse der norddeut- {hen Landwirthschaft, die von dem Brennereibetrieb vielfach bedingt werde, den Antrag des Vorredners. Ebenso sprach der Abg. Richter Pagen) sein Einverständniß mit dem Antrage aus, verwahrte sich aber dagegen, daß er dur sein Votum s der Einführung einer neuen Schanksteuer zur Deckung des Steuerausfalls zustimme. Der - Abg. Frhr. Nordeck zur Rabenau bemerkte, er halte die Frage für zu wichtig, als daß dieselbe einfah durch Verordnung geregelt werden könne. Deilid di bedürfe es dazu eines Geseßes. Am besten würde reilih die Frage gelöst werden, wenn die süddeutschen Staaten sih entschließen könnten, zur Herbeiführung einer einheitlichen Besteuerung die Hand zu bieten.

Der Kommissarius des Bundesraths, Geheime Ober-Regie- rungs-Rath Huber, erklärte hierauf, bereits im Jahre 1876 seien die einzelnen Bundesregierungen um Aeußerungen über diese Frage ersucht worden, die meisten hätten sih auc schon im zustim- menden Sinne geäußert, nur die preußishe habe noch nit geantwortet. Alle übrigen Bundesregierungen hätten die hohe Bedeutung der Frage anerkannt, auch technische Erörterungen eingeleitet, über deren Ausfall aber Berichte noch nit vorlägen. Es handele sih darum, eine absolut sichere Denaturirungsmethode zu finden, denn die Erfahrung in England sei keine bon: ders gute. Nach Berichten werde der methykisirte Spiritus dort troß dieses Zusaßzes getrunken. auch angeregt worden sei, könne er nicht eingehen, sie sei Gegenstand einer Jnterpellation, die in den nächsten Tagen werde beantwortet werden. Jn Bezug auf die formelle Pans des Antrages müsse er noch bemerken, daß es sich hierbei nicht um Anordnungen, sondern um ein Gese handeln würde.

Der Abg. Dr. Braun bemerkte, er theile diese leßte Ansicht des Kommissars des Bundesraths und \sprach den Wunsch aus, daß es gelingen möge, recht bald auch in Bezug auf Bier- und Branntweinbesteuerung zu einer Uebereinstimmung des Nordens mit dem Süden zu gelangen.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen, und der Antrag des Abg. Kiepert fast einstimmig angenommen.

Die Petition der Handelskammer zu Crefeld um Steuer- befreiung des zu gewerblihen Zwecken verwendeten Spiritus wurde durch den soeben gefaßten Beschluß für erledigt erklärt.

Mehrere Berliner Brauereien, an der Spihe die Vereinsbrauerei der Berliner Gastwirthe, beantragten, dem Artikel 12 der Maß- und Gewichtsordnung vom 17. August

1868, welcher die Weinfässer dem Eichungszwange unterwirft, -

folgenden Zusatz zu geben:

„Auch den Brauern ist der Bierverkauf nur in solchen Fässern

gestattet, auf welchen die den Rauminhalt bildende Zahl der Liter deutlich angegeben ift.“ - ;

Begründet wurde dieser Antrag damit, daß der Begriff „Tonne“ im Laufe der Zeit vollständig willkürlih geworden sei; die Mehrzahl der Brauereien ließe die Gefäße nah Gut- dünken anfertigen; außerdem hätten viele Bierverleger und Restaurateure eigene Tonnen mit einem weit grö- ßeren Fnhalt als dem normalmäßigen Jnhalt von 120 Litern. Wolle nun cine Brauerei die Kundschaft nicht verlieren, so sei sie gezwungen, dieses Gefäß zu füllen. Diese Geschästspraxis habe aber alle Grenzen der Möglichkeit soweit über)hritten, daß eine Reorganisation dringend geboten er- scheine. Zugleich lag eine Petition des Vorstandes des Oranien- burger Thor-Bezirksvereins zu Berlin vor, welher nah Maß- gabe eines Vereinsbeschlusses ohne weitere Ausführungen die obligatorishe Eichung der Schankgefäße aus Gründen des öffentlichen As fordert.

Die Petitionskommission beantragte, die Petitionen dem Bundesrath zur Kenntnißnahme und insoweit zur Erwägung zu überweisen, als eine amtlihe Beglaubigung des Raum- inhaltes der Biergefäße durh das Eihungsamt ins Auge ge- faßt werde.

Der Abg. Rittinghausen bemerkte, er halte die Eihung der Schankgesäße für bedeutend wichtiger, als die der Bierfässer. Le den Schankwirthen und den Bierbrauern beruhe die

äuschung auf Reziprozität; das sei aber nicht der Fall bei den Bier konsumirenden arbeitenden Klassen. Der Abg. Dr. Braun erklärte, diese Frage nicht als eine Kastenfrage der arbeitenden Klassen behandeln zu wollen, sondern vom Standpunkte der Gerechtigkeit und der öffentlichen Ordnung für die Gesammt- bevölkerung aus, und da halte er die vorgeshlagene Maß- regel für durhaus wünschenswerth. Dieselbe sei auch im Deutschen Reich vollständig durchführbar. Als Beweis führte Redner sein früheres engeres Vaterland Nassau an, wo ein Eichungszwang der Schankgefäße von 1849 an bis zur Ein- verleibung in Preußen bestanden habe.

Der Antrag der Kommission wurde angenommen. Ï

Der Meßger Peter Wingaryß zu Eller, Kreis Düsseldorf, bat um Gewährung einer Eig für das auf polizei- lihe Anordnung verscharrte Fleish eines nach der Abschlach- tung rinderpestkrank befundenen Ochsen. Der Reichstag gab dem Gesuche keine Folge und überließ dem Petenten die Be- shreitung des Rechtsweges.

Die Petitionskommission E, die Petition des Ver- eins deutscher Spiritusfabrikanten, betreffend die Sn die nes Hamburgs,

lenum für ungeeignet erachtet.

zur Erörterung im

Der 6 von Kardorff beantragte die Besprechung der- en

selben im Plenum, der Abg. Dr. Klügmann den Uebergang zur Tagesordnung.

Der Abg. von Kardorff motivirte seinen Antrag damit, daß wegen der Freihafenstellung Hamburgs und der daraus fol- genden Privilegien sich dort ein Handel mit russishem Spi- ritus entwickelt habe, welher dem Nen Spiritushandel

roßen Schaden zufüge. Eine solche s eines heils der deutschen Staatsbürger auf Kosten der übrigen könne man nicht zugeben. Der Abg. Pr. Klügmann suchte dagegen die statistishen Angaben und thatsählihen Unterlagen, worauf die Petenten ihr Petitum begründeten als nit be- gründet darzuthun. Er glaube, daß mit der Exkludirung des russishen Spiritus vom Hamburger Markte derselbe niht vom

Auf die Essigfrage, die

Weltmarkte vershwinden, der Markt werde höchstens nah Kopen-

en oder den Niederlanden verlegt werden. Außer dem rus sischen

piritus konkurrirten auch noch viele andere Spiritusmengen mit dem deutschen. Es sei au für die deutshe Fabrikation heilsam, wenn fie an ihrer Nordgrenze große Weltmärkte habe, wo sie lernen fönne, wie sie für den internationalen Konsum fabriziren müsse. Er bitte, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen. Gegen die Petition sprachen \ich auch die Abgg. Möring, Mosle und Richter (Hagen) aus. Der Abg. Rohland präzisirte die Stellung der Minorität der Petitionskommission , welche für die Besprehung der Petition im Plenum gestimmt habe, dahin, daß dieselbe R adeas den Standpunkt des Abg. von Kardorff getheilt habe; sie habe aber Ee, daß Hamburg durch seine Freihafenstellung in Ver- indung mit den ihm gewährten Differentialtarifen eine Schädigung des deutschen Sprithandels verursache. Diese Sachlage habe im Plenum zur Besprehung kommen müssen; dieser Zweck sei jeßt erreicht; auch er werde jeßt für Ueber- gang zur Tagesordnung stimmen. Aus dem gleichen Grunde zog auch der Abg. von Kardorff \{ließlich seinen Antrag zurück, womit der Gegenstand erledigt war.

Es folgten Petitionen, und zwar zunächst der Antrag des Abg. Dr. Karsten und Gen. auf Besprehung der Petition der Handelskammer zu Kiel. Leßtere bittet, dafür einzutreten, daß nicht Flensburg, sondern Kiel zum Siße des Seeamtes für die shleswig-holsteinische Küste bestimmt, eventuell aber in Kiel ein zweites Seeamt für den südlichen Theil der gedachten Küste (von Schleimünde bis Dawshöft). errichtet werde. Die Kommission beantragte Uebergang zur Tagesordnung.

Der Abg. Dr. Karsten motivirte die Petition mit der größeren Frequenz der Schiffahrt in Kiel, die sih zu der in Flensburg wie 3 : 1 verhalte. Der Abg. Stephani erneuerte den Antrag der Petitionskommission auf Uebergang zur Tagesordnung, weil es sich hier nicht um Reichs-, sondern um Landesangelegenheiten handele, welche die Kieler Handels- inner beim preußischen Ministerium zur Sprache bringen müsse.

Hierauf zog der Dr. Karsten seinen Ls zurück, und das gs beschloß den Uebergang zur Tagesordnung.

s folgte der mündliche Bericht der Kommission zur Vor- berathung der Post-, Telegraphen- und Eisenbahnverwaltung über die derselben überwiesenen Petitionen.

Die Petition der Telegraphenbeamten zu Bremerhaven auf Stellung in eine höhere Servisklasse, wurde nah Urzer Befürwortung durch den Referenten Dr. Nieper und den Abg. Mosle dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen, um bei der nah dem Gesez über die Quartierleistung für die be- waffnete Macht während des Friedenszustandes vorzunehmen- den Revision der Tarif- und Klasscneintheilung der mit Ein- quartierung belegten Orte berüdsihtigt zu werden.

Um 4 Uhr vertagte sih das Haus bis Freitag, 11 Uhr.

Nah der Allg. Gerichtsordnung durften Juden in Pr o- zessen zwischen Christen und Juden als Beweisze ugen nicht gelten, wenn sie von der jüdischen Partei als Zeugen vorge- 1hlagen worden waren. Diese Beschränkung wurde im Jahre 1847 dur das Judengeseß für inländishe Juden aufgehoben, blieb aber in Bezug auf ausländische Juden, welche als Zeugen vernommen werden sollten, bestehen. Das Reichs-Ober- Handelsgericht, I. Senat, hat nun durch Erkenntniß vom 11, März d. L ausgesprochen, daß die Bestimmung des Deut- schen Reichsgeseßes vom 3. Juli 1869: „alle noh bestehenden, aus der Verschiedenheit religiösen Bekenntnisses hergelciteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte werden hierdurh aufgehoben“, auch dem Ausländer innerhalb des deutschen Reichsgebiets das bürgerlihe Ehrenreht, in einem Rechtsstreit als Zeuge eidlih gehört zu werden, verleiht, ohne Rücksicht auf sein religiöses Bekenntniß und unter Be- seitigung bis dahin bestandener territorialer Beschränkungen.

Jn Beziehung auf den Taubenfang im Freien ist dur das Allg. Landreht im feldpolizeilihen Jnteresse ver- ordnet, daß die Tauben Gegenstand des nach 8. 114 a. a. O. Jedermann zustehenden Thierfangs sein sollen, sofern \sih nicht der Eigenthümer zugleih im Besiße einer verhältnißmäßigen Acerfläche in der Feldflur befindet. Diese Bestimmung ist dur die spätere Gesezgebung nicht aufgehoben worden , hat vielmehr im §8. 40 der Feldpolizei - Ordnung vom 1. No- vember 1847 und noch neuerdings durch §. 135, IV. Nr. 3 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, an dessen Stelle jeßt 8. 84 des Geseßzes, betreffend die Zuständigkeit der Ver- waltungsbehörden, vom 26. Juli 1876, getreten ist, wiederholte Anerkennung gefunden. Sind jedoch die Tauben nit im Freien betroffen worden, so sind, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals, vom 7. März d. J., die Tauben sowohl der berehtigten wie der nihtberehtigten Taubenhalter gleihmäßig geschüßt, und die Ausnahmebestimmungen des Tit. 9 Thl. T. A. L. R. finden keine Anwendung.

Württemberg. Stuttgart, 3. April. (W. T. Bi) Der italienische Botschafter in Berin, Graf von Launay, ist heute hier eingetroffen und hat dem Könige die Anzeige von der Thronbesteigung des Königs Humbert und jein neues Beglaubigungsschreiben als außerordentlicher Ge- sandter überreicht.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 2. April. Seit Mitte Oktober v. J. sind eine größere Anzahl von richter- lihen Beamten und Rechtsanwälten aus Stadt und Land Gotha zur gemeinschaftlihen Besprehung der neuen deutschen Justizg A e, namentlich des Gerichtsverfassungs- geseßes und der Civilprozeßordnung, in Aa alle 14 Tage wiederkehrenden Sizungen zusammengetreten. Wie im „Regie- rungsblatt“ berichtet wird, haben in der gestrigen Zusammenkunft die Theilnehmer auch den gegenwärtig dem gemeinschaftlichen Landtage in Coburg vorliegenden Gesetzentwurf wegen Or - ganisation der Justizbehörden (Landgericht, Amts- gerihte) in den Herzogthümern Coburg und Gotha einer ein- genie Erörterung unterzogen, als Zeren Ergebniß \{ließ- ih mit überwiegender Mehrheit diÆAnsicht E U wurde, daß 1) die Bildung von nur einem Landgerichte für beide Landestheile durchaus zu billigen, eventuell aber auch gegen einen dem Vernehmen nah bei den eo Ver- handlungen in den Vordergrund tretenden Anschluß von Coburg an Sachsen-Meiningen, dergestalt, daß für das Herzogthum Coburg und für den Bezirk des jeßigen H meiningishen Kreisgerichts Sonneberg eine gemeinschaftliche Strafkammer in Coburg errichtet und im Uebrigen Coburg dem Landgericht in Meiningen zugetheilt werde, ein prinzipielles Be- denken nicht zu A sei; 2) daß die Bildung größerer A mt s - gerihtshezirke (mit Bezirken von 16 000 bis 54 060 Seelen), wie solche in deff vorliegenden Entwurfe vorgesehen is, im

Jnteresse des Staates und der Rechtspflege (niht etwa blos im Jnteresse der betreffenden Beamten) den Vorzug verdienen vor der Beibehaltung der jeßt bestehenden kleineren Amts- gerichtsbezirke.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 3. April. (W. T. B.) Das Herrenhaus hat die Uebé&tweisung der Angelegenheit der 80 Millionen-Schuld an die Quotendeputation ohne Debatte beschlossen und fodann die Mitglieder der Kommisston zur Vorberathung des Geseßzentwurfs, betreffend die Einquar- tirung, gewählt.

(W. T. B.) Das ven der „Pall Mall Gazette“ erwähnte Gerücht, daß der österreichische Botschaîter in London, Graf Beust, sich nach Wien begeben haben solle, wird von dem „Telegraphen - Korrespondenz - Bureau“ als gänzlih unbegründet bezeichnet.

(W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ bringt fol- gende Meldung aus Bukarest vom 3. d.: Zwei russische Aba h e Armeecorps erhielten Ordre zum Rückmarshe nach Rumänien, um zwischen Giurgewo und Bukarest Aufstellung zu nehmen. Jn der leßten geheimen Sißung der Deputirtenkammer berichteten hifkfa und Stourdza über ihre Missionen nach London und Wien. Nach diesen Berichten hätte das Londoner Kabinet Rumänien zum Ausharren auf seinem Standpunkte in der bessarabischen Frage aufgemuntert, während das Wiener Ka- binet auf die Nothwendigkeit hingewiesen Bis diese Frage durch eine europäische Entscheidung zu regeln.

- —4.April. (W. T. B.) Die „Pres \ e“ veröffentlicht folgende Meldungen: Die Nachricht des „Standard“, daß Ruß- land von der Pforte die Uebergabe von Boulair, Gallipoli und die Räumung der Forts an beiden Ufern des oberen Bosporus gefordert habe, wird in hiesigen unterrihteten Kreisen als unbegründet bezeihnet. Auf Ansuchen der serbischen

Regierung erhob Graf Andrassy bei der Pforte Vor-.

stellungen wegen der schlechten Behandlung der ser- bischen Gefangenen in Salonichi. Lie Pforte erklärte sich zur sofortigen Auslieferung derselben bereit. Jn Smyrna trafen Beamte des englischen Kriegsamtes ein, um ene für die Verpflegung der englischen Truppen zu treffen.

(W. T. B.) Das „Fremdenblatt“ nimmt Akt von den bisher noch unbestätigten Meldungen, nah welchen Ruß- land für den Abschluß eines Schuß- und Trußbündnisses der Türkei eine Herabminderung der Friedensbedingungen ver- spreche und glaubt daraus folgern zu dürfen, daß Rußland dadurch den bindenden Charakter des Friedens vertra- ges von San Stefano selbst aufhebe. Die „Presse“ schreibt, durch das leßte Cirkularshreiben des Marquis von Salisbury sei England aus dem Kreise seiner egoistishen Jnteressen herausgetreten und mache der bisherigen ängstlichen Hütung der lokalisirten Machtsphäre ein Ende; es beginne nun eine europäische Politik. Das „Tageblatt“ verzeichnet die aus Ungarn stammende Nach- riht, daß der rumänishe Minister-Präsident Bratiano in Wien wegen des Ueberganges der rumänischen Armee auf österreihishes Gebiet unterhandele.

Pest, 3. April. (W. T. B.) Jn der Sizung des Unterhauses brachte der L anhidy eine Jnterpel- lation darüber ein, ob die Regierung dahin wirken wolle, daß die Fntegrität des rumänischen Gebietes erhal- ten werde. Der Abg. Diranyi meldete eine Jnterpellation in Betreff des Friedensvertrages von San Stefano an.

Schweiz. Basel, 2. April. Den „Basl. Nachr.“ zufolge hat der Landrath gestern unter Namensaufruf einstimmig beschlossen, dem Volke eine nachträgliche Gotthard- subvention von 100000 Fr. vorzuschlagen.

Niederlande. Amsterdam, 30. März. (Leipz. Ztg.) Jn der vorgestrigen Sißung der Zweiten Kammer der Generalstaaten entwickelte Hr. de Casembroot die von ihm angekündigte Fnterpellation bezüglih des sih mehr und mehr vershlimmernden Zustandes Surinams. Der Jnterpellant selbst wußte kein anderes Mittel in Vorschlag zu bringen, als die Absendung einer Enquête-Kommission, die insbesondere zu prüfen habe, ob das Siehthum dem Mangel an Betriebskapitalien oder der E der emanzipirten Neger, welche ihren Kontrakten mit den Plantagenbesi ern nux allzu häufig und leiht untreu werden, und deren Zahl auf den Plantagen sich von Fahr zu Jahr mehr verringert, zuzuschreiben sei.

Großbritannien und Jrland. London, 3. April. (W. T. B.) Jm Unterhause kündigte heute Gladstone auf morgen eine Fnterpellation an die Regierung darüber an, ob die Seitens der Regierung erfolgte Ab- lehnung des Vorschlages, in Berlin eine Vorkonferenz abzuhalten, als eine absolute anzusehen sei, und ob die Re- gierung gewillt sei, die Gründe ihrer Ablehnung anzugeben. Jn Beantwortung einer Fnterpellation Wolffs erklärte der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen, Bourke, der rumänische Agent in Wien sei es gewesen, der Sir Elliot die Mittheilung gemacht habe, daß Fürst Gortschakoff dem rumänischen Agenten in St. Petersburg erklärt hätte, Nuß- land würde eine Diskussion des die Cession Bessarabiens betreffenden Artikels des Friedensvertrages auf dem Kongresse nicht gestatten.

(W. T. B.) Der Staatssekretär des Fnnern, Croß, hielt auf einem ihm zu Ehren gegebenen Banket eine längere Rede, in welcher er hervorhob, der Zweck der Depesche des Marquis von Salisbury sei zunächst die O der Friedensinteressen, alsdann die feste Aufrechterhaltung der JFnteressen Englands. England wünsche Nichts zu gewinnen und habe auf der Welt Nieman- den zu fürchten. as einzige Ziel der englischen Regierung sei, den englischen Staatsangehöri en im Süd-Osten von Europa einen beständigen Frieden zu ern,

(W. T. B.) Lord Granville und Marquis von Hartington empfingen heute eine Deputation von 120 Mitgliedern der liberalen Assoziationen, welche beab- sihtigten, Protest zu erheben gegen die Einberufung der N§serve-Mannschaften, als einen Schritt, welcher be- zwecke, das Land in einen Krieg zu stürzen. Der Führer der Deputation, Bright, hob in seiner Ansprache die Nothwendig- keit des Zusammenhaltens der Führer der liberalen Parteien mit den Mitgliedern derselben hervor. Lord Granville besprach in seiner Erwiderung die Cirkulardepesche des Marquis von Salisbury. Er erklärte sich mit mehreren Grund- säßen derselben einverstanden, bedauerte indeß, daß die De-

pesche die Grenzen der Puberesen Englands erweitere und die Möglichkeit des Zustandekommes des Kongresses vermindere. Man dürfe nicht annehmen, daß die Opposition im Stande sei, den Krieg zu verhindern, wenn die Regierung entschlossen sei, eine kriegerische Politik einzuschlagen. Er selbs aber und Mar- quis von Hartington würden ihr Möglichstes thun, um dem Kriege vorzubeugen. Der Marquis von Hartington er- widerte der Deputation, daß er mit Befriedigung die frei- müthigen Worte des Marquis von Salisbury in dessen De- pesche vernommen habe. Er hoffe, daß es mögli sein werde, ein befriedigendes Abkommen zu treffen. England könne durch einen Konflikt mit Rußland nichts gewinnen. Es sei die Pflicht der Opposition, jeder unüberlegten Handlung der Re- gierung, die eine unmittelbare Kollision mit Rußland Zur Folge haben könnte, entgegen zu treten.

._— 4. April. (W. T. B.) Dem „Standard“ zufolge wären das Widderschiff „Rupert“ und das Thurmschiff „Devastation“ beordert, an Stelle des nah England zurück- kehrenden „Sultan“ zu dem Geshwader in dem Mar- marameere zu stoßen. Die „Times“ läßt fih aus St. Petersburg von gestern telegraphiren, Rußland sei über seine Antwort auf Lord Salisbury's Cirkular- depesche nohniht s{chlüssig; es seiaber Grund vorhanden, anzu- nehmen, daß es dieCirkulardepesche nicht als Anlaß zu einem Ulti: matum betrachten werde. Da die englische Regierung fich auf eine rein E Kritik beschränke, dürfte dieselbe viellciht ersucht wer- den, selbst eine Lösung vorzuschlagen. Uebrigens, meint die „Times“ seien Zeichen dafür vorhanden, daß nicht nur Oester- reih, sondern au Frankreich die englische Ansicht über den e Ri von San Stefano theile. Es scheine demnach, als ob Rußland, niht England, isolirt sei, der Hauptzweck der englischen Regierung müsse jeßt darin bestehen, die allgemeine Eintracht aufreht zu erhalten. Wenn Rußland nicht dur geheime Machinationen eine der Mächte von den übrigen trenne, sei {wer abzusehen, wie es seine gegenwärtige Hal- tung zu behaupten im Stande sein werde.

, (A. A. C.) Der detaillirte Ausweis über Staats- Einnahmen und -Ausgaben von 1. April 1877 bis dahin 1878 zeigt günstigere Ziffern, als allgemein erwartet worden. Anstatt des kleinen Defizits, welches der Scaßkanzler kurz nach Vorlegung des leßten Budgets in Aussicht stellen zu müssen glaubte, wäre ein Ueber- {uß von etwa einer Million Pfd. Sterl. vorhanden, wenn nit die das Budget wesentlich überschreitenden Einnahmen andererseits theils durch Etatsüberschreitungen, namentlih auf Seiten des Kriegs- und Marine-Ministeriums, theils dur den Sehs-Millionen-Kredit für außerordentliche Rüstungszweckcke absorbirt würden. Die gesammten Einnahmen betragen näm- lih 79 763 299 Pfd. Sterl. gegen 78 565 036 Pfd. Sterl. im vorhergehenden Finanzjahre, das stellt eine Zunahme von 1 198 263 Pfd. Sterl. und 617 299 Pfd. Sterl. mehr dar, als die Schäßungen des Budgets. An diesem Zuwachs der Staatseinkünsfte sind jämmtliche Einnahmequellen betheiligt, mit Ausnahme der Accisegefälle, welche 272,000 Pfd. Sterl. weniger als im

inanzjahre 1876/77 lieferten. Der Ausfall gegen die

häßung des Budgets beträgt 30,000 Pfd. Sterl. Jnfolge der vermehrten Ausgaben für Ls und Flotte im abgelaufe- nen Fiskaljahre wird sich ein Defizit von circa 3 Millionen Pfd. Sterl. ergeben, und dem Finanz-Minister zur Aus- gleihung kaum etwas Anderes übrig bleiben, als für das eben begonnene Jahr niht allein die Ein- kommensteuer wieder um 1 d. zu erhöhen, sondern auch Rekurs zu einer Erhöhung der Thee- oder Spirituosensteuer zu nehmen. Man glaubt allgemein, es werde der Spirituosen- steuer vorbehalten bleiben, durch cinen Extra-Schilling per Gallon nahezu Zweidrittel des vorhandenen Defizits zu decken. Aus der Kapstadt wird dem „Reuterschen Bureau“ un- term 12. v. M. via Madeira berichtet: Die militärishen Operationen vorig.r Woche waren hauptsählih gegen deu Häuptling Tini Macomo gerichtet. Der Premier-Minister Mr. Sprigg, drückte in einer am 8. März in East London gehaltenen Rede seine Ueberzeugung aus, daß die Ko sten des Kaffernkrieges den urforfinoliGen Voranschlag von 100 000 Pfd. Strl. pro Monat übersteigen würden. Aus anderer Quelle wird vom nämlichen Tage gemeldet: Sir Arthur Cunnynaham und der Gouverneur Sir Bartle Frere sind beide der Meinung, daß der Krieg an der Grenze der Kapkolonie thatsählich vorüber sei. Das Truppens\chiff „Himalaya“ war in East London eingetroffen und landete dort Truppen.

Frankreich. Versailles, 3. April. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer interpellirte der Deputirte Lengle (Bonapartist) die Regierung über die A b- seßung des General-Advokaten am Kassationshof, Godelle, welcher sih als Kandidat für die Deputirtenkam- mer in dem Wahlkreise Vervins hatte aufstellen lassen. Der U stiz-Minister Dufaure antwortete, F habe ih bei jeinem Verfahren von der Absicht, das öffentliche Jnteresse wahrzunehmen, leiten lassen. Die Regierung könne einen Be- amten, der sie angreife, niht in seinen Funktionen belassen.

Italien. Rom, 3. April. (W.- T. B.) Jn der De- putirtenkammer brachte die Regierung heute einen Geseßz- entwurf, betreffend die Bildung einer Kommission zur Untersuchung der finanziellen Verhältnisse der Gemeinde Florenz, ein. Bei der Berathung des Han - delsvertrages mit Frankreich wurden, nachdem der

andels-Minister den Vertrag befürwortet hatte, mehrere agesordnungen eingebraht. Schließlih wurde der Handels- vertrag mit 212 gegen 19 Stimmen genehmigt.

Türkei. Konstantinopel, 3. April. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister stattete gestern dem Großfürsten Nikolaus vor dessen Abreise nach San Stefano einen Besuch ab. Großfürst Nikolaus wird morgen hier wieder er- wartet. Das Detachement russischer Truppen, welches die Kaiserliche Escorte bildete, wird morgen in San Ste- fano nach Rußland eingeschifft.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 3. April. (W. T. B.) Der General Jgnatieff wurde von dem Kaiser in Audienz empfangen und hatte darauf mit dem Fürsten Gorts\hakoff eine Konferenz. Die „Agence Russe“ bespricht die Cirkulardepesche des Marquis von Salisbury, deren voller Text ihr noch nicht vorliege, und sagt, wenn es der Zweck dieser Depesche sei, den Kon- greß abzulehnen, so sei dieser Zweck erreiht. Wenn es aber ihr Zweck sei, eine scriftlihe Erörterung von Kabinet zu Kabinet zu eröffnen, so würde eine solhe außerordentlich lange dauern, da die Depesche wohl Kritiken enthalte, aber keine Vorschläge.