1878 / 93 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Apr 1878 18:00:01 GMT) scan diff

b. die Beschlüsse des Reichstages zu dem Geseßentwurf, betref- fend die Aufnahme einer Anlei für Zwecke der: Verwaltun- en der Post u. \. w. Der Gesegentwurf wurde in der vom Reichstag angenommenen Fassung genehmigt; ec. die Wahl eines Mitgliedes der Neihss{hulden-Kommission; d. den Be- {luß des Reichstags auf den Antrag Buhl wegen der Ueber- angsabgabe von Essig. Der Beschluß unter d. wurde den E enden Ausschüssen überwiesen. uss{hußberihte wurden erstattet über a. den Antrag Preußens wegen Abänderung der §8. 30 und 33 der Gewerbe- ordnung. Der Geseßentwurf wurde mit einigen, von den Ausschüssen vorgeschlagenen Aenderungen genehmigt; b. Pe- titionen wegen des Erlasses reihsgeseßliher Bestimmungen egen den Sport des Taubenschießens. Der Erlaß derartiger estimmungen wurde nicht für erforderlich erachtet; e. die Abänderung des Verfahrens zur Erinittelung der Frat- vergütung von Postsendungen auf Eisenbahnen. Die von der Reichspostverwaltung vorgeschlagenen Aenderungen“ der dieser- halb bestehenden Bestimmungen wurden nah den Aus\{huß- anträgen genehmigt.

Endlich wurde eine Eingabe des Kaufmanns und Che- mikers Siegfried Stein in Bonn, betreffend die Herstellung von Normalmaßen, Gewichten 2c. aus Bergkrystall vorgelegt und dem Reichskanzler überwiesen.

Nachdem die Provinzialverordnung für die Provinzen Preußen 2c. vom 29. Juni 1875 hinsichtlich der Form und Publikation der von den hierzu berufenen Organen zu er- lassenden allgemeinen Polizeivorschriften in dem §8. 77 nähere Bestimmungen getroffen hat, welche nah §8. 85 und 86, insbesondere auch für die von der Centralbehörde aus- gehenden derartigen Verordnungen maßgebend sind, ist, nah einem Erlasse des Ministers für Handel 2c. vom 16. März d. J., in dem Geltungsbereiche dieses Geseßes auch die Anwen- dung der strafrechtlihen Bestimmungen der, in Nr. 111 des Deutschen Reichs- und Preußischen Staats-Anzeigers vom 11. Mai 1877 veröffentlihten Sicherheitsordnung für normalspurige Eisenbahnen Preußens auf die ihr unterliegenden Bahnen dadur zu sichern, daß die betreffende

ublikation in der von der Provinzialordnung vorgeschriebenen Form erfolgt. Demgemäß sind die Regierungen veranlaßt worden, die bereits ergangenen und für die Folge ergehenden Anordnungen, durch welche eine innerhalb ihres Bezirks be- legené Bahnstrecke der vorbezeichneten Sicherheitsordnung unter- worfen wird, im Regierungs-Amtsblatte zu veröffentlichen.

Ueber das Anlegen der Offiziers-U niform im Auslan de haben Se. Majestät der Kaiser und König unterm 14. März d. F. Folgendes bestimmt: 1) den Offizieren des Friedensstandes, des Beurlaubtenstandes und zur Disposition ist während eines Aufenthalts außerhalb des Deutschen Reichs das Anlegen der Offiziers-Uniform nicht ge- stattet. Dem Ermessen der kommandirenden Generale bleibt es anheimgestellt, inwieweit innerhalb der nächsten Grenz- gebiete benahbarter Länder von den diesseitigen Offizieren die - Uniform angelegt werden darf. Jm Uebrigen bedarf es, wenn ausnahmsweise Umstände dem Einzelnen ein zeitweises Anlegen der Offiziers-Uniform im Auslande erwünscht machen, der ausdrüdcklihen zuvorigen Genehmigung Sr. Majestät. 2) Die Erläubniß, welhe aus: dem A aus- Ó (8 aan Militär-Personen zum Tragen der ffiziers- Üni orm erhalten haben oder erhalten werden, beschränkt sich auf das Anlegen der Uniform im Gebiete des Deutschen Reichs. 5 Auf Botschafter, Gesandte und Konsuln des Deutschen Neis, auf das denselbéèn untergebene Personal und auf die ins Ausland kommandirten Offiziere finden die Bestimmungen unter 1 und 2 keine Anwendung. Die bisherigen Festsezungen bleiben für solche Offiziere in Geltung.

Ueber die diesjährigen größeren Truppen- Uebungen ift u. A. Folgendes bestimmt worden :

Das X]. und XV. Armee-Corps sollen jedes für sh große S nach den hinsichtlich Zeit und Ort bereits vorläufig getroffenen Bestimmungen vor Sr. Majestät dem Kaiser ‘und König abhalten. Dem leßteren Armee-Corps werden zwei Batterien der reitenden Abtheilung 1. Rhei- nischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 8 und des 2. Badischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 30 überwiesen.

Behufs 13 tägiger Uebung im Brigade- und Divisions- Verbande sind unter dem Kommando des General-Majors von Drigalski, Commandeurs der 2. Garde-Kavallerie-Brigade, auf dem rechten Ufer der Weichsel zusammenzuziehen: das Ost- preußische Kürassier:Regiment Nr. 3, Graf Wrangel, das Dragoner-Regiment Prinz Albrecht von Preußen (Litthauisches) Nr. 1, zu 4 Escadrons ; das Litthauische Ulanen-Regiment Nr. 12 zu 5 Escädrons; das 1. Leib:Husaren-Regiment Nr. 1, das Ostpreußische Ulanen-Regiient Nr. 8, zu 4 Escadrons ; und das Pommersche Husaren-Regiment (Blüchersché Husaren) Nr. 5 zu 5 Escadrons, sowie die reitende Abtheilung des Ostpreußischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 1.

Die 16, Division hält, unter Zutheilung des Rheinischen JZäger-Bataillons Nr. 8, ihre Uebungen bei Mey ab.

Die 57. Jnfanterie-Brigade rückt nach Straßburg.

Bei dem Îl., VIL, VIIL, IX,, X, XI. und XIV, Armee- Corps habén Kavallerie - Uebungsreisen nah der Jnstruktion vom 20. März 1877 stattzufinden.

Im Zuli d. Js. soll bei Mainz auf dem Rhein eine größere Pontonnierübung in der Dauer von drei Wochen bei dem Hessischen Pionier-Bataillon Nr. 11, unter Heranziehung von je einer Compagnie des Rheinischen Pionier - Bataillons Nr. 8 und des Badischen Pionier-Bâätaillons Nr. 14, sowie von drei Compagnien des Pionier-Bataillons Nr. 15 und unter Bctheiligung von zwei Compagnien des Königlich L Pionier: Bataillons Nr. 13 zur Ausführung ommen.

- Jn Uebereinstimmung mit dem Ober-Tribunal hat das Reihs-Ober-Handeélsgeriht, 1. Senat, dur éin Erkentitniß vom 12. März d. J. in Beziehung auf die Ver- tragsfreiheit des Einzelnen zur Beschränkung des ihm zustehenden freien Gewerbebetriebes folgenden

chtssaß ausgesprohen: Die Bestimmung dés §. 10 der ieis-Gewérbeordnung, wonach auss{ließlihe Gewerbeberech-

i tigungen fortan niht mehr erworben werden können, 40 wohl

.diè Vertragsfreiheit zur us einer auss{ließlihen Ge- werbebére{htigung eines der Köntrahenten verboten, niht aber dié Vertragsfreiheit des S Gel, auf sein Recht zum freien Gewerbebetrieb in gewissen Grenzen zu Gunsten eines einzel- nèn Dritten zu verzihten.

Wiesbaden, 16. April. Ueber die 5. öffentliche Sizung des Kommunal-Landtags am 10. d, M. berihten wir

noh nachträglich, daß dem Berichte der Wegebau-Kommission gemäß die anderweite Organisation des Chaussee-Aufsichts- wesens, nah Maßgabe des im Großherzogthum Baden und in Elsaß-Lothringen mit der Modifikation angenommen wurde, daß die Anstellung der Wegemeister vorerst nur provisorisch erfolgen solle. Eine Eingabe um Vertretung des kommunal- ständischen Verbandes des Fer Ung sdeziris Wiesbaden im Herrenhause ward der Königlichen Landesregierung mit der Bitte um Berücksichtigung überwiesen. Der von der Staatsregicrung gestellte Antrag, den Staat von seiner Mitverhaftung für die aus der Zeit vor dem 1. Januar 1870 herrührenden Ver- bindlichkeiten der Nassauischen Landesbank und der Nassauischen Sparkasse zu befreien, wurde auf Bericht der Mons mission durch Uebernahme aller dieser Verbindlichkeiten auf den Kommunalverband erledigt. i

Jn der heutigen 7. Sitzung wurde der Bericht der Wege- bau-Kommission in Betreff der Uebergabe der früheren Staats- straßen an den kommunalständischen Verband, erstattet. Der Antrag der Kommission, die Vorlage des ständishen Aus- schusses mit Rücksiht darauf, daß eine Aenderung der in die- jer Angelegenheit Seitens des Ministers für Handel 2c. ge- troffenen Entscheidung nicht zu erwarten sei, lediglih zu den Akten zu nehmen, wurde angenommen. t

Hierauf erfolgte der Bericht der Eingaben-Kommission und dann Berichte der Finanz-Kommission: L

1) Zu dem Gesuch des Kuratoriums des landwirthschaft- lichen Fnstituts zu Hof Geisberg um eine Beihülfe von 3000 A, welhes Gesuch, dem Antrag entsprehend, dem kom- munalständishen Ausschusse mit der Ermächtigung überwiesen wurde, dem genannten Fnstitut nah näherer Prüfung der Fi- nanzlage desselben für das Etatsjahr 1878/79 eine Subven- tion bis zum Betrage von 1000 F zu gewähren.

2) Jn Betreff der Verlegung des Etatsjahrs und der Feststellung des Finanzetats für die Zeit vom 1. Januar 1878 bis 1. April 1879, Die Anträge der Kommission, das Etatsjahr für den ganzen Finanzetat des Verbandes, vorbe- haltlich der sih bezüglih der Etats der Landesbank und der Brandversicherungs-Anstalt ergebenden Erfordernisse auf den Zeitraum vom 1. April bis 1. April jeden Jahres zu verlegen, die beiden Etats, nämlich fenegen für das 1, Quartal 1878 und deujenigen für das Jahr vom 1. April 1878/79 demgemäß zu vereinigen und dafür eine einzige Rechnungs- legung zu verfügen, wurden angenommen.

Hierauf wurde der gesammte Finanzetat des kommunal- ständischen Verbandes für den Zeitraum vom 1. Januar 1878 bis 1. April 1879 festgestellt und genehmigt. Jn die Aus- gaben des Etats war unter Anderen vorsorglih noch ein Be- trag von 1500 M eingestellt worden, indem beschlossen wurde, von den Kosten der Herstellung der \. g. Heidcnmauer in Wies- baden den drittèn Theil zu übernehmen, jedoch im Maximal- saße von 1500 M.

3) Fn Betreff der Verwendung der Ueberschüsse der Nassauischen Landesbank und der Nassauischen Sparkasse aus dem Fahr 1877. Der Antrag, von den Ueberschüssen der Landesbank, soweit nicht über dieselben durch den Finanzetat pro 1. Januar 1878/1. April 1879 verfügt ist, den Betrag von 256 272 46 76 -Z dem Reservefonds der Landesbank und den verbleibenden Rest dem sonstigen eigenen Vermögen des Znstituts (Könto de? Ländesbahk) zu überweisen, wurde an- enommen. Die Ueéeberschüsse der Nassauischen Sparkasse sind Deimeunadmas noch deren Reservefonds überwiesen.

s D In Betreff der Unterstüßzung landwirthschaftlicher Lehr- anstalten.

Jn der dann folgenden 8. Sitzung standen nur noch die von dem Landtage vorzunehmenden Wahlen auf der Tagesordnung. Da - damit sämmtliche Geschäfte des Kommunal-Landtags erledigt waren, so \chloß der stellver- tretende Königliche Landtags-Kommissarius, Regierungs-Prä- sident von Wurmb kraft der ihm ertheilten Ermächtigung den 10. Kommunal-Landtag im Regierungsbezirk Wiesbaden. Mit einem von dem Vorsißenden des Kommunal-Landtags, Schloß- Hauptmann Grafen von Matuschka - Greiffenclau auf Se. Mazjestät den Kaiser und König ausgebrahtem drei- maligen Hoch trennte sih die Versammlung.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 18. April. (W. T. B.) Jhre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin ist heute früh von einem Prinzen entbunden worden.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 17. April. (W. T. B.) Der „Cölnischen Zeitung“ wird von hier unter dem heutigen Tage gemeldet: Die von dem russishen Botschafter von Novikosf der Wiener Regierung gestern überbrachten Mittheilungen des russishen Reichskanzlers, Fürsten Gortschakoff, seien nur vertrauliher und nicht offizieller Natur, weshalb die Veröffentlihung derselben unter- bleibe. Soviel verlaute indeß über den Charakter der Mit- theilungen, daß es seit der Ueberreihung derselben für die volle Verständigung zwishen Rußland und Desterreih-Ungarn keine unüberwindlihen Schwierig- keiten mehr gebe.

(W. D. B.) Die „Presse“ schreibt, die Nachricht der „Times“ von der Existenz einer österreihishen Änt- wort auf das Cirkular Lord Salisbury's werde hier offiziós bestätigt, dieselbe wäre gestern oder heute dur den Grafen Beust in London überreicht worden. Jn der Antwort gelange Graf Andrassy, auf Lord Salisbury's Argumentation eingehend, zu dem Schluß, der K Uge sei auch für England der beste Weg zur friedlihen Wahrung von dessen Jnteressen. er „Presse“ zufolge hätten die Chancen des Kongresses sich in neuester Zeit sehr befestigt ; es werde {hon in den nächsten Tagen der Zusammen- tritt einer Vorkonferenz erwartet. Die Mittheilung der Times“ über die Antwort Rußlands auf die Vor- stellungen des Wiener Kabinets zum riedensvertrage von San Stefano sei nicht korrekt. Die Antwort sei nicht officiell ertheilt, Rußland habe \ih vielmehr nur vertraulich in einem für die Verständigung günstigen Sinne über die Bemerkungen des Grafen Andrassy eäußert. Neben den Ver- handlungen mit der Pforte seien der Statthalter von Dal- matien und der Banus von Kroatien beauftragt worden, direkt mit den Flüchtlingen wegen deren baldiger ck- ba Bosnien und der Herzegowina zu ver- andeln.

(W. T. B.) Die „Polit. Korresp.“ veröffentlicht folgende Meldungen: Aus Konstantinopel, den 16. d.: Die bereits wieder ausgeglichene Ministerkrisis war eine Folge von Spaltungen im türkischen Ministerrathe über die

eventuelle Haltung der Pforte im Falle eines russisch-englishen Krieces. Die Majorität der tür- kischen Minister spra sich für die Neutralität aus, nur der Minister-Präsident Vefik E erklärte sich für ein Bündniß mit Sngland. Da si Vefik Pasha mit seiner Meinung isotirt sah, gab er seine Demission, zog dieselbe -aber auf Grund eines Kompromisses zurück und nilligte in die Neutralität. Die. im Laufe der Verhandlungen gemachten Versuche, Mit- glieder des gegenwärtigen oder des früheren Kabinets zur Uebernahme der Minister-Präsidentschaft zu bestimmen, biieben fruhtlos. Die Russen haben seit vorgestern größere Truppenbewegungen in der Umgebung von Konstanti- nopel begonnen. Von russisher Seite wird auf die Räu- mung von Schumla, Varna und Batum, welche noch theilweise von türkishen Truppen beseßt sind, neuer- dings sehr gedrungen. Aus Athen, 17. d. M.: Die englische Regierung hat den englischen Konsul ‘Merlin nah Volo entsandt, um zwishen den Fnfurgenten und den türkishen Truppen einen neuen Waffen- stillstand zu vermitteln. Aus Bukarest: Ein Theil des Corps des Generals Zimmermann aus der Dobrudscha ist zur Verstärkung des russischen Lagers auf dem Plateau von Furtscheni bestimmt, welches den Schlüsselpunkt aller Vertheidigungslinien zwischen der Wallachei und Rußland bildet. Die Russen ver- shanzen das Lager und häufen daselbst Lebensmittel und Munition auf. Die russishe Garnison in Galatz wird verstärkt. Bei der Sulinamündung werden mit Steinen beladene Schiffe postirt, um eventuell die Donaumündungen wieder zu sperren. Die Brücke bei Barboschi erhält s{chwere Belagerungsgeshüße. Die rumänische Armee konzentrirt sich bei Turnseverin und Tirgevisti. Die beur- laubten rumänischen Milizen sollen einberufen werden. Der Fürst von Rumänien wird sih nach dem Schlosse Sinaia begeben, welches in der Nähe des Konzentrationspunktes der rumänischen Truppen liegt. Wie es heißt, soll die rumä- nische Regierung nunmehr in St. Petersburg gegen den Friedensvertrag von San Stefano protestirt haben. Die daselbst überreichte Note soll aber verschieden von der in dieser Angelegenheit an die rumänischen Agenten im Auslande früher erlassenen Depesche sein.

Großbritannien und Jrland. London, 18. April, früh. (W. T. B.) Die hiesigen Journale betrachten die Entsendung eines indischen, fast aus\s{ließlich aus einge- bornen Truppen bestehenden Kontingents nah Malta als eine reine Vorsihtsmaßregel, die keinerlei Drohung in sih schließe. Die „Times“ meint, die Maßregel sei von keiner wesentlih anderen Bedeutung, als die Entsendung der Flotte nah dem Marmara-Meere. Die Regierung hat eng- lische Dampfer behufs Ueberführung der zur Entsendung nah Malta bestimmten indishen Truppen gechartert. Nach einem Telegramm der „Times“ aus Volo haben die Tür- ken die Amnestirung der Aufständischen, welche die Waffen niederlegen, proklamirt, von den Aufständischen wird aber die Amnestie zurückgewiesen.

Spanien. Madrid, 15. April. (Cöln. Ztg.) Der General JFovellar berichtet aus der Havannah, daß sich bis zum 11. April von den Aufständischen 564 Offiziere und 5877 Soldaten den Behörden gestellt hätten. Jm Osten der Znsel sei die Empörung vollständig erloschen, in den mitt- leren Theilen dauere sie dagegen, wenn auch ges{chwäht, noch fort. Die nach Spanien gebrachten Bandenführer haben größtentheils ihren Zwangsaufenthalt in Cadiz erhalten.

Türkei, Konstantinopel, 16. April. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Ahmed Vefik Effendi hatte gestern seine Entlassung gegeben, hat dieselbe aber, nachdem Safvet Pascha eine längere Audienz beim Sultan gehabt hatte und da NReouf Pascha und Mehemet Ruschdi Pascha ablehnten, die Geschäste zu übernehmen, wieder zurückgenommen. Me- hemet Ruschdi Pascha wurde zum Minister ohne Porte- feuille ernannt. Der englische Botschafter Layard hat sih auf 2 Tage nah Jsmid begeben. Ahmed Pascha ist nah Thessalien abgereist, um an Stelle Hobart Paschas das Kommando des Geschwaders zu übernehmen. Alle egyptishen Truppen wurden heute nah Alexandrien eingeschifft. Prinz Hassan von Egypten und der egyptische edi I sind heute ebenfalls nach Alexandrien ab-

ereist.

G 17, Apr V. L. D) Der Sultan. hat den österreichish-ungarishen Botschafter, Graf Zichy, heute zum Diner geladen. Graf Zihy begiebt sich morgen auf Urlaub nach Desterreih. Die Nachricht, daß Oesterreich eine freundschastlihe Beseßung Bosniens und der Herzego- wina von der Pforte verlangt habe, wird von der österrei- chischen Botschaft für unbegründet erklärt. Die russische Regierung hat der Türkei eine Frist von 8 Tagen für die Räumung von Batum und Shumla gewährt. Der neuernannte Minister ohne Portefeuille, Mehemet Rus chdi Pascha, wird als ein Freund des Minister-Präsidenten Vefik Pascha und als ein Anhänger Englands angesehen.

(W. T. B.) Die Nachricht, daß die öster- reihi sche Regierung von der Pforte die Ermächtigung zur Beseßung Bosniens und der Herzegowina ver- langt habe, wird auch von derPforte für unbegründet erklärt. Man erwartet hier weitere Veränderungen im Ministerium. Heute hat ein Ministerrath statt- gefunden, in welchem die auf die Note des russischen Geschäfts- trägers en betreffend die Beschleunigung der Räu- mung von Shumla, Varna und Batum zu ertheilende Antwort berathen wurde.

Numänien. Bukarest, 17. April. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer begründete der Deputirte Furculescu die JFnterpellation, durch welche über die von der Regierung ergriffenen Maßregeln in Bezug auf die Entwaffnung der rumänischen Armee und die Beseßung Rumäniens durch die Russen Aufschlüsse verlangt werden. Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten érwiderte, die rumänishe Armee werde sich nicht entwaffnen lassen; dieselbe werde sich in die Karpathen zurückziehen, um Konflikte mit den Russen zu vermeiden. Bezüglich der Anwesenheit der 11. russischen Division in der Umgebung von Bukarest ‘erklärte der Minister, die rumänische Regierung sei von dem russishen Kommandanten darüber verständigt wor- den, daß die 11. russische Division bis zu ihrer Rückkehr nach Nußland in der Umgebung von Bukarest verbleiben würde. Das rumänische Kabinet habe hierüber Aufklärungen von der russishen Regierung verlangt. Der Deputirte Vernesco be-

antragte, Protest gegen die russische Okfkupation Rumäniens u erheben. Der Minister-Präsident Bratiano erklärte, die egierung habe die ihr zu Gebote stehenden Maßnahmen er- griffen und könne nur eine kluge und maßvolle Haltung an- empfehlen. Jonescu betrachtete die Konvention vom 16. April v. J. als verleßt, da die Konvention Rußland das Etappenreht in Rumänien nicht aber das Recht, daselbst zu verweilen, verleihe. Er finde die Ant- wort des Ministers des Aeußern ungenügend und bestehe darauf, daß die Regierung Aufklärungen darüber gebe, wie die Konvention angewendet sei, deszleichen Aufs{hlü}se über die Ursachen des Rückzuges der rumänischen Armee hinter die Aluta, sowie über die Haltung, welche die Regierung fernerhin gu beobachten gedenke. Der Minister des Aeußern erklärte, ieRegierung sowohl, als auch der rumänische Agent hätten gegen die in Bessarabien vorkommenden Unregelmäßigkeiten re- monstrirt und würden kräftig dahin wirken, daß Rumänién nicht als Dur(zugsland diene. Furculescu glaubte, daß man sih mit einem platonischen Proteste zufrieden geben müsse und beantragte eine geheime Sißung, damit die Kammer zur Kenntniß der von Jonescu verlangten Abschlüsse gelange. Der Minister erklärte si damit einverstanden, daß Abends zu dem Behufe eine geheime Sißung gehalt n werde.

Im Senate meldete Jepureano eine Jnterpellation an, worin verlangt wird, daß Bratiano nach Maßgabe der Böglichkeit eine Mittheilung über die während der Reise empfangenen Eindrücke machen so!le. Man glaubt, daß die Kammern sih am Freitag vertagen werden.

NHußland und Polen. St. Petersburg, 17. April. (W. T. B.) Wie die „Agence Russe“ mittheilt, schienen die Pourparlers zwischen den Kabineten von London, St. Petersburg und Berlin cine befriedigende Wendung zu neh- men. Die Zeitungsnacyricht, daß Rußland dem Zusammen- tritt einer Präliminarkonferenz widerstrebe, sei unrichtig. Die russische Regierung habe im Gegentheil seiner Zeit dem Vorschlage einer Präliminarkonferenz, als das Berliner Ka- binet ihn machte, zugestimmt. Es sei kein Grund vorhanden, demselben heute niht zuzustimmen, zumal in dem Falle, daß England demselben sih nicht mehr widerseßte. Was die Nachricht anlange, daß England mit Griechenland eine Allianz abgeschlossen habe, so sei dieselbe dur die That- sache widerlegt, daß die englische Regierung der griechischen zu wissen gethan habe, daß fie in einem Kampfe gegen die Türkei niht auf die Unterstüßung Englands zu renen habe.

18. April, Vormittags. (W. T. B.) Der „Agence Russe“ zufolge dauern die Pourparlers zwischen den Kabineten von Berlin, London und Wien in versöhnlichem Sinne fort und ist Grund vorhanden zu hoffen, daß die Ver- handlungen zu einem befriedigenden Ergebnisse führen werden. Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt, die deutsche Vermittelung werde mit eben soviel Diskretion als selbstlosem Eifer fortgeseßt und berehtige zu den besten T Wie die „Russische St. Petersburger

eitung“ meidet, begiebt sich der General - Adjutant Totleben mit einer besonderen Mission vom Kaiser heute nah San Stefano.

Schweden und Norwegen. Stocholm, 17. April. (W. T. B.) Das hiesige „Svenska Telegrambyran“ ist S zu erklären, daß die verschiedentlih verbreitete und aus „Kopenÿagen“ publizirte C England hätte in Stockholm Schritte gethan, um Schweden zur eventuellen Gestattung der Errichtung eines Stations- und Depot- plaßes für die britishe Marine auf der Jnsel Faroe in der Ostsee zu bestimmen, absolut grundlos sei, und daß derartige oder ähnliche Schritte niemals bei der s{hwedishen Regierung gethan worden seien.

Amerika, Washington, 17. April. (W. T. B.) Der Bericht der Finanzkommission des Senats be- antragt, den von dem Repräsentantenhause angenommenen Geseßentwurf, betreffend die Annullirung des Geseßes über die Wiederaufnahme der Baarzahlungen, durh einen andern zu erseßen. Nach dem Geseßentwurf der Kom- mission soll der Umlauf der Greèn backs nicht, wie der erste Entwurf bestimmte, nah dem 1. September beschränkt werden. Dieselben sollen vielmehr für vierprozentige Obligationen und bei den Zöllen und allen Staatssteuern, sowie bei der Rück- zahlung aller Schuldverbindlichkeiten, mit Ausnahme der Fälle, in welchen die Rückzahlung in Baar durch Geseß oder Kontrakt festgeseßt ist, in Zahlung genommen werden. Die Greenbacks, welche das Schaßamt empfängt, sollen zum Paricourse bei der Zahlung aller Forderungen an die Regierung, sowie im Aus- tausch gegen Baargeld ausgegeben werden dürfen.

Vereinswesen.

Dresden, 17. April. Das „Dresdner Journal“ meldet: Ihre Majestät die Königin hat für die Tage nah dem Osfter- feste einen Delegirtenkongreß deutscher Frauenvereine nach Dresden berufen. Wie wir vernehmen, wird Jhre Majestät die Kaiserin Augusta die Sitzungen dieses Kongresses, welche am 26, und 27. d, M. in dem zur Dispositicn gestellten Saale der Wohnung Sr. Excellenz des Herrn Kriegs-Ministers von Fabrice abgehalten werden, mit Allerhöchstihrer Gegenwart beehren.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von der im Verlage der Luckhardtschen Verlagshandlung ersheinenden „Deutschen Heeres-Zeitung, Organ für Offiziere aller Waffen des deutschen Bietes und der Marine“ is} Nr. 15 dieses (3.) Jahrganges erschienen. Dieselbe enthält an Abhandlungen, Auf- säßen 2c.: „Der strategische Dienst der Kavallerie, historish-didaktische Studie“, von Dr. H, Walter, Major und Divisions-Kommandant. Gottsegung folgt.) „Der ftatistische Sanitäts-Beriht für daz Rapportjahr vom 1. April 1873 bis zuin 31. März 1874“, Die Rubrik Umschau auf den Kriegsschaupläßen der Erde bringt einen Artikel „von der englischen Flotte“. Den weiteren In? halt bilden Orizinalberi{te aus München und London, kleine militäris@e Mittheilungen („Die Amazonen zu Dahomey“), Ordres únd Erlasse (Uniformirung der Schiffsführer und Ma- \hinisten der Werft-Fahr;euge; Abänderung der Or anisations- reglements für die Werft-Divisionen bezüglich der Seefahrts edingungen bei der Beförderang zum Ober-Maschinisten ; Benachrichtigungen (Stapellauf, Fndien tstellungen, Schiffsbewegungen) und die Personal- veränderungen aus dem Militär Wochenblatt. Als Beilage ift der Nummer das Militär-Literaturblatt Nr. 3 beigefügt. Dasselbesent- hält eingehende Besxrechungen folgender militärisher Schriften: „Die Entwickelung der Taktik seit dem Kriege von 1870/71 (11. und IIL. Band) nebst einem Anhange: „Taktishe Be- merkungen über den russisch - türkishen Krieg von 1877 von

v. Boguslawsfki, Major und Bataillons-Commandeur“; „Die Leld-Artillerien Deutschlands, Englands, Frankreihs, Italiens, csterreihs und Rußlands, Uebersiht ihrer materiellen und

ballistishen Fortschritte im legten Jahrzehnt, von R. Wille, Hauptmann in der Fuß-Artillerie“; „Zwei militärishe Aufsäße über Tagesfragen, von Otto v. Giese, Oberst a. D.*; „Ueber Entwickelung und Gestaltung des Heeres-Sanität: wesens der europäischen Staaten vom militäris-geshichtlihen Standpunkte, vou Gmil Knorr, Major“; Leit Il, IIT. und IV., „Repertorium der neueren deutshen Militär- Journalistik, von Hirsh, Pr:mier-Lieutenant, und Kowalski, Se- conde-Lieutena=t“; „Zwei Jahre im Sattel und am Feinde, Erinne- rungen aus dem Unabhängigkeitskriege der Konföderirten, von Heros von Borke, chemals Stabs-Chef des General Stuart. Aus dem Englischen überseßt von Kähler, Oberst-Lieutenant.“

„E. Maje us em Oberland“ von Anton Hermann. Lahr. Druck und Verlag von Moriß Schauerburg. 1878. 110 S. kl. 8%. Alemannische Gedichte im Dialekte der Gegend von Staufen bis Freiburg, mit einigen oberbreisgauishen untermis{t. „Maje“ ist sonst Birkenreis zum Schmuck der Häuser und Kirchen bei Festen, dann der Shmuck, den der Liebhaber dem Schote in der ersten Mainacht vors Haus steckt. Maje heißt auch Strauß, grüner Bund u. st. w. Der Verfasser ist evangelischer Pfarrer in Cutingen bei Pforzheim, was in Laden {on Unterland heißt, daher „Oberland“ erfklärlich, und bereits als Dichter bekannt. Sein „Schwedenjunker“ und sein „Bruder LudwigderWasgauer"“ (1872, 1873) haben vielen Beifall gefunden. Hat er dort Scheffelshe Bahnen einzuschlagen verfuht, \o lehnt er hier, im „Maje“, an Hebel an; entschieden mit Glück, nur ist er viel unmittelbarer als der Meister. Er giebt Lebens- lagen, Sitten, Meinungen, freudige, tragische, humoristishe Ge- schichten frisch aus dem Leben; doch sollte hier, was Sprache anlangt, das „Höfische“, wie mans früher hieß, ein ehalten werden. Ez ift das für einen Dialektdichter {wer, aber Hebel hat es verstanden. Ferner darf die Unmittelbarkeit auh nit sih auf Vertreter einzelner Stände ausdehnen, wie auf den Provisor, der bei allen Taufen sißt: das sind Dinge, die sih \{lechterdings nirgendz unterbringen lassen, als in Dichtungen im fröhlichen Ge}ellschafts- kreise. Die Themata sind echt volksthümlich und wahr, und die Moral ist gut: so vom „Guggu“, der die Vögel mit ihrem herrlichen Singen verunglimpft und nur sein Geschrei für das Wahre hält. Auch eines nach 30 Jahren zurückgekehrten Amerikaners"Gefühle sind \{chön und poetish wiedergegeben. „Am Hebel sim Grab“ findet eben- falls gewiß Beifall. Ein echtes Lebensbild voll Volksthümlichkeit ist das „Witg'reist“, worin ein Küfergeselle seine Schicksale erzählt, wie er die ganze Welt gesehen. Aber nach allt diesen Reisen „gfallt ihm doch halt sein Markgröflerland, seine Heimat am besten.“

„Es dunkt mi, niene seig fo blau Der Himmel, niene d’ Luft so ren, Und d’ Matte niene noch so grüen, So liebli d’ Blueme niene blühen Leugne mer s ein’! E So heiter d’ Lüt, un d’ Art so frei, Un d’ Ort so sufer un so sufer un so nett, Macht no ne Wi ne so ne Muct Wie unsre goldi Nebelbluet Um tvas i wett’ ?“

Das kleine Büchlein ist jedem Freunde echter Dialekt- und Volkspoesie, vor allem den Breiësgauern und Oberländern draußen in fremden Ländern zu empfehlen.

Gewerbe und Handel.

Dem Jahresberihte der Preußischen Central-Boden - fredit-Aktiengesellschaft pro 1877 entnehmen wir Folgendes : Es umfaßten die gesammten, seit der Geschäftseröffnung der Gesell- saft, Mitte 1870, abz s{lossenen Hypothe ken - Darlehnsgeschäfte bis Gnde 1877 172039 000 4 Der Zugang in 1877 beziffert ih auf 11 321 000 A Durch Amortisation oder fonstige Ab- und Rüc- zahlungen find zurügeflofsen seit dem Bestehen der Gesellschaft 21 648 000 A Von dem Gesamintbetragé der hypothekarischen Dar- lehne en.jallen ohne Berücksichtigung der Amortisationen rund 80 000 000 M auf Beleihung von Liegenschaften, 73 000 000 M aur Beleihung von Gebäuden. An unkündbaren Centcal- Pfandbriefen find im Jahre 1877 verkauft 6388 200 A nom. ; Ende September 1877 trat die Gefellshaft mit eincr neuen Emission 44%/ Central-Pfandbriefe an den Markt. Die der Generalver- sammlung vorzushlagende Dividende pro 1877 beträgt 93% auf das eingezahlte Grundkapital. Außer der statutmäßigen Reserve findet ein Reservevortrag von 571067 M auf das Jahr 1878 statt; darin sind zugleih die Provisionserträge von denjenigen Geschäften ent- halten, welche im Jahre 1877 erst theilweise realisirt, aber noch nicht zur Schlußabrechnung gediehen waren. Die statutmäßige Reserve wächst auf 562 456 4. an.

Leipzig, 18. April. (W. T. B.) Die in der bevor- stehenden Selle stattfindende Garnbörse wird am 6. Mai ihren Anfang nehmen und gleihwie seither in den Räumen der Leipziger Börsenhalle abgehalten werden.

Wien, 17. April (W. T. B.) Der Zuschlag für die Bege- bung der österreihischen Goldrente ist für die Boden- kreditanstalts-Gruppe erfolgt, zu welher Wiener Bankverein, Banque de Paris, Deutsche Bank, Württembergishe Vereinsbank und Deutsche Vereinsbank in Frankfurt a. M. gehören. Die Gruppe übernimmt die Hälfte des submittirten Goldrentenbetrages fix, die andere Hälfte zum fommissionsweisen Verkauf, gegen einen fakulta- tiven Vorschuß bis zur Höhe des auf die zweite Hälfte entfallenden Betrages. Wie die „Presse“ meldet, ist der Cours, zu welchem die Bodenkreditanstalts - Gruppe die Hälfte des submittirten Gold- rentenbetrages übernommen hat, 572. An dem Gewinne der kom- missionsweise zu verkaufenden anderen Hälfte partizipirt die Finanz- verwaltung zu einem vereinbarten Minimalcourse. Die Vorschüsse, welche der Staatsverwaltung bis zu 19 Millionen Fl. zu leisten sind, werden mit 4 9/69 verzinst.

London, 18. April. (W T. B) Der Strike der Baum- wollenspinner in Lancashire hat begonnen: gestern haben in Blackburn gegen 15 000 Baumwollenspinner die Arbeit eingestellt. Die Zahl der Strikenden dürfte heute 40 000 erreichen.

Paris, 16. April. Das „Journal officiel“ veröffentlicht die amtlichen Ausweise über die Bewegung des französischen Handels während des ersten Vierteljahrs 1878. Die Ein- fuhren find danah in diesem Zeitraum gegen die entsprehende Periode des Vorjahrs von 907 783 000 auf 1 038 569 000 Frs. ge- stiegen, die Ausfuhren von 771 821 000 auf 711 556 000 Frs. zu- rückdgegangen. An Nahrungsmitteln allein betrug die Zunahme der Einfuhr an 33 Millionen, was jedenfalls auf die Mittelmäßigkeit der leßten Ernte zurückzuführen ist. Rohstoffe aller Art wurden für 88 Millionen mehr eingeführt. E :

Helsingfors, 10. April. Wie hiesige Zeitungen mittheilen, haben Konkurs angemeldet: beim Kreisgeriht Mäntsäla : astor G. W. Relander und Gutsbesißer E. Fabritius auf ôr8- komgârd; beim Rathhauszericht in Helsingfors: Restaurateur Arel Winter und Rathmann A. F. Liljeroos.

Verkehrs-Anstalten.

Southampton, 17. April. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Frankfurt“ ist hier ein- getroffen.

o

Berlin, 18. April 1878.

Das fiskalische Steinsalzbergbau - Unternehmen zu Segeberg in Holstein.

Nachdem im Fahre 1873 sich herausgestellt hatte, daß mit der vorhandenen 90 pferdekräftigen Dampfmaschine die Zuflüsse salzigen Wassers im Schachte 1 nicht zu bewältigen waren, wurde zum Abteufen eines zweiten Schahts

in der Nähe des ersten und zur Ausstellung einer 400 pferdekräftigen Maschine auf demselben geschritten.

m Schacht 11 wurden die Wasser, we im Schachte 1. bei 82 m Tiefe dur{gebrohen waren, erst bei 116 m Tiefe angetroffen. Nach Beseitigung verschiedener, der Ableitung des Salzwassers entgegengestellter Schwierigkeiten wurde im Jan:ar d. J. das Auspumpen der Soole wieder in Angriff genommen. Hierbei ergab si alsbald, daß in Folge eingetretener Erweiterung der unterirdishen Kanäle der Wasser- zudrang gegen früher sich wesentlih vermehrt hatte. Denn während im Mai 1877 bei probeweiser JFnbetriebseßung der neuen Maschine, Schacht 11, in kurzer Zeit bis zu 87 m Tiefe abgewältigt worden war, war es jeßt mit der vereinten Kraft beider Maschinen bei Bewältigung einer Wassermenge bis zu 9 cbm pro Minute niht möglih, den Wasserspiegel in den Schähten weiter als bis auf 42 bis 46 m Tiefe niederzu- ziehen, d. i. fast dieselbe Tiefe, wie sie früher mit der Maschine des Schachts T allein beim Heben von nur 3 bis 4cbm pro Minute erreicht war. Der nunmehr seit 3 Monaten fortgeseßte Be- trieb der Pumpwerke hat eine wesentliche Aenderung dieser Verhältnisse, namentlich eine Verminderung der Zuflüsse und der Druckhöhe des Wassers noch nicht zur Folge gehabt. Ein Zusammenhang der Schahtwasser mit den Segeberger Seen oder sonstigen Wasserbehältern über Tage hat sih nicht bemerklih gemacht. Aus den Beobachtungen des Salz- gehalts u. #. w. ergiebt \sih, daß man es mit einem Süß- wasser- und einem Salzwasser-Reservoir zu thun hat, welche je nah der tei des Wasserstands in den Schöchten in ver- schiedenem Antheilsverhältniß die Zuflüsse liefern.

_Mit der Stiftung der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, welche am heutigen Tage das erste Halbjabrhundert ihres Bestehens erlebt, ist der Name Daniel Gottlieb Rey- manns, geboren am 24. November 1758 zu Lüben in Swhlesien, innig verbunden. :

Reymann trat jung in den öffentlichen Dienst seines Hei- mathlandes als Feldmesser. Kondukteure nannte man die felde oder Landmesser, d. h. Führer, niht mit Unrecht, weil sie bei ihren Vermefsungsarbeiten Land und Leute kennen gelernt und sich genaue Ortsfkenntnisse erworben hatten. So befahl denn auch &®önig Fried- ri IL, als er die Vorbereitungen zum bayerischen Erbfolzekriege treffen mußte, seinem Staats-Minister für Schlesien, dem Grafen von Hoym, alle in feinem Verwaltungsbereich vorhandenen Landmesser, namentli diejenigen ins Hauptquartier zu beordern, die in den Gebirgsgegenden längs der böhmischen Grenzr beschäftigt gewesen seien, um fie in dem voraussichtli ven Kriege als Ingenieur-Geographen zu gebrauchen. In Folge des Königlichen Befehls trafen Ende März 1778 gegen 12 Feld- messer im Hauptquartier ein. Sie wurden in den ersten Tagen des folgenden Monats auf die Kriegsartikel vereidigt. Unter ihnen befand fich der jugendliche Reymann, der dem Könige vem Grafen Hoym ganz besonders als derjenige bezeihnet worden war, der mit den vor- nehmsten der Gebirgspässe, deren Zustand und Gangbarkeit aufs Genaueste bekannt sei.

Bald nah dem Abschluß des Teschener Friedens berief der Köni den in Breslau dienstlih beschäftigten jungen Reymann zu sich nad Potsdam, um die, während des Feldzugs vielfah in Unordnun ge- rathene, Kartensammlung, auch die, durch den häufigen Gebrauch de- fekt gewordenen Blätter wieder in Stand zu seßen. Der König er- nannte ihn zum Conservateur des cartes et plans du Roi und lief zur Aufstellung derselben im Potsdamer Stadtschloß ein Kabinet des zweiten Stockwerks unmittelbar über seinem, im ersten Stock befind- lich.n Wohn- und Arbeitszimmer einrichten. 4 :

__ Schon Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, und König Fried- rih I. besaßen anfehnlihe Sammlungen von Karten und Plänen, die auf König Friedrih Wilhelm 1, und dessen großen Sohn ver- erbten und von beiden vermehrt wurden. Die Sammlung war Privat- eigenthum des jedesmaligen Landesherrn. König Friedrich Wilhelm Il. aber, der {on als Prinz von Preußen und Thronfolger eine beträcht=- lihe Sammlung besaß, vereinigte diese mit der ererbten, und ftiftete so die Plantcmmer, die er für Staatseigenthum erklärte und dem General-Quartiermeister-Stabe der Armee zur Verwaltung und Be- nußung überwies. General von Knoblauchß wurde Direktor der Plankammer und Reymann in seiner bisherigen Stellung bestätigt, dessen Titel eines Konservators aber in den eines Inspektors ver- wandelt. Dieses geshah im Jahre 1792.

In der ersten Hälfte des Monats April 1828 vollendete Rey- mann, Hauptmann von der Armee, Ingenieur-Geograph und Jn- spektor der Plankammer des Großen Generalstabes, seine fünfzig- jährige Dienstzeit. Aus dieser Veranlassung überreichte der Chef des Generalstabes, General-Lieutenant von Müffling, im Beisein fämmt- licher in Verlin anwesenden Offiziere des Generalstabes, dem Jubilar die Dekoration des Rothen Adler-Ordens dritter Klasse und brachte im Namen des Generalstabes dem alten Freunde die herzlichsten Glück- wünsche dar. Ein Festmahl, an welchem alle Vawesenden Theil nahmen, bes{chloß den Ehrentag.

, Reymann erlebte im Jahre 1828 aber auch das fünfzigste Fahr seiner Thätigkeit als Kartograph ; denn diese Thätigkeit begann eben- falls in der Campagne des bayerischen Erbfolgekrieges. Vie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf Anordnung und Kosten der \{lesishen Stände durch Wieland und Schubart aufgenommenen und in Nürnberg bei den Homannschen Erben in Kupfer gestochenen, fo- genannten Fürstenthums-Karten von Schlesien entsprachen, wie vor- züglih sie auch im Ganzen genommen zu ihrer Zeit aewesen waren, .nicht mehr den Ansprüchen, die an eine topographishe Abbildung eines Theils der Erdoberflähe für strategishe und taktishe Zwette gemacht werden können. Der König befahl daher die Anfertigung einer neuen Karte von Swlesien und beauftragte damit den Haupt- mann von Grawert und den Ingenieur-Geographen Reymann, von dem allein, nachdem ersterer eine andere Bestimmung erhalten hatte, das Werk in Potsdam, unter den Augen des Königs, fortgeseßt und no vor dessen Ableben 1786 beendet worden ift.

Aus dem Umstande, daß Reymann auch sein kartozraphisches Jubiläum erlebte, nahm Professor Dr. Heinrich Berghaus dem Reymann seit 1816 die Bearbeitung der auf Be- fehl des Königs im Jahre 1803 unternommenen Spezial-« karte von Deutschland übertragen hatte, während er selber den öôko-- nomishen Theil derselben führte —, Anlaß, dem Freunde au als kartographishem Jubilar ein Zeichen der Anerkennung seines ve14 di :nstvollen Wirkens zu zollen. Dr. Berghaus entschied si für ein gtng Er erließ an alle in Berlin lebenden Gelehrten, deren Studien mehr oder minder an die Geographie si anlehnten, an alle Freunde der Erdkunde, sowie an die topographischen Zeichner und Kupferstecher, die seit Jahren bei der Bearbeitung der Reymannschen Karte von Deutschland thätig gewesen waren, die Cinladung, dem Jubilar auch ihrerseits einen festlichen Tag zu bereiten. Der orshlag fand so allgemeinen Beifall, daß \fich 53 Theilnehmer fanden, an ihrer Spitze Alerander von Humboldt und Leopold von Bub.

Das Fest, für dessen Vorbereitungen und Anordnungen Pro-« fessor Berghaus sich den Freiherrn von Zedlitz zugesellt hatte, fand am 18. April 1828 im Kempershen Garten da, wo jeut die Practgebäude der Victoriaftraße stehen ftatt.

Die Theilnehmer waren in alphabetisher Ordnung fol- gende: Baeyer, Hauptmann im Generalstabe, Lehrer a1 der allgemeinen Kriegsschule. Beer, Wilhelm, Rentner, Aftroa: m. pes Selenograph. Berahaus, Dr, und Steae an der Bau - Akademie, unter Mitwirkung von lex. von i boldt Herausgeber der Hertha, Zeitschrift für Erd-, Völker- und Sitaatenkunde. Bertram, Ingenieur - Geograph im Generalstabe. Brose, Heinri, geographischer Kupferstecher. von Buch, Leopold, Kammerherr, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. von