1843 / 99 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

und das erade ns a t

j n sich aufdränge. Bei dem städti Zer ewerbebetriebe E A at er is etwas 7 ufälliges und der Stadtbewohner kann lange unter seinen Mitbürgern gelebt und sich deren Vertrauen erworben haben, bevor er zum Grundbesive ge- langt. Auch habe der Gesebßgeber selbst die besonderen Verhältnisse der Stadt beachtet und deshalb verordnet, daß neben dem Grundbe-= siße auch das Vermögen als Bedingung der Wählbarkeit berüdsichtigt werden solle. Daß eine 10 jährige Dauer des Grundbesihes über- haupt nicht als ein unumstößliches Erforderniß angesehen, werden dürfe, werde hon dadurch bewiesen, daß des Königs Majestät es sih im Allgemeinen vorbehalten hätten, in einzelnen Fällen Dispen= sation zu ertheilen. Der Landta beschloß daher, Allerhöchstenorts darauf anzutragen, daß die gesebliche Bestimmung, wonach 10 jähri- ger Grundbesiß die Wählbarkeit der Landtags Abgeordneten im Stande der Städte bedingt, aufgehoben und dagegen ein 3sähriger Grund= besiß als genügend angenommen werden möge.

Provinz Pommern.

Stettin, 31. März. Zwölfte Sibung. An der Tagesordnung war die Bexathung über die Ate, 5te, bte und 7te Proposition und übe ‘ere Petitionen. ti e Proposition betrifft cine Berordnung, nach wel cher die Wählbarkeit zu Landraths-Aemtern 11 Zukunst eine der Wahl vorangegangene, mindestens fünfsährige ununterbrochene Dauer des eigenthümlichen Grundbesißes erfordert, wobei indessen in jedem Ver- erbungsfalle die Besibzeit des Erblassers uud des Erben zusammen- zurehnen, und der Abtretung eines Gutes von dem Vater an den Sohn, bei Lebzeiten des Ersteren, der Vererbung gleich zu achten ist. Der Landtag war hiermit einverstanden und beschloß: die Emana tion der betreffenden Verordnuug für die gesammte Monarchie zu erbitten. A A A é

Jn der 5ten Proposition wird die Erklärung der Stände wegen Einführung der für die Provinz Preußen erlassenen Verordnung vom 18, Dezember 1541 über die bürgerlihen Rechte beschoitener Personen, in allen mit der Städte-Ordnung vom 19. November 1808 beliehenen Städten, erfordert. Der Landtag hat die allgemeine Ein- führung der gedahtenu Verordnung, dur welche der Ehrentitel eines Bürgers denen entzogen wird, welhe durch Verbrehen oder sonst verahtungswerthe Handlungen desselben sich unwürdig gemacht haben, beantragt und zu derselben die Zusäße vorgeschlagen, daß 1) bei Ausschließung von dem bereits gewonnenen BVürgerrechte, in Konsequenz der allgemeinen Bestimmung der Verordnung, dem dadurch Betroffenen der Bürgerbrief abgenommen werdez 2) die von der Polizei in Gemäßheit der Ministerial-Reskripte vom 7. Septem- ber und 24. Dezember 1841 auerkannten und öffentlich bezeichneten Trunkenbolde, nah Anleitung des §. 39 der Städte-Ordnung vom 19, November 1808, durch einen Beschluß der Stadtverordneten der Ehrenrechte eines Bürgers für verlustig erklärt werden können z 3) die Namen der von den bürgerlihen Ehrenrehten ausgeschlossenen Personen nicht in das Bürgerbuch eingetragen werden dürfen, und

Wahlen mit sich führe,

resp. in demselben gelöscht werden müssen.

Mit der bten Proposition wird dem Landtage eine Verord- nung zur gutachtlihen Erklärung vorgelegt, nah welcher bei allen Arten von Executions - Vollstreckungen das für die Schulduer, deren Ehegatten und die bei ihnen lebenden Kinder nöthige Bettwerk von der Beschlagnahme frei gelassen werden soll. Die Versammlung er- Flärte sich aus den in den Motiven entwickelten Gründen für Ema- nirung der Verordnung.

Mit der durch die 7te Proposition vorgelegten Verordnung wegen Aufhebung der Vorschrift des §. 12, Tit. 7, Th. 2 des All= gemeinen Landrechts, wonach es keinem Bauer erlaubt is, seine Früchte auf dem Halme zu verkaufen, und des §. 594, Tit. 11, Th, 1 des Allgemeinen Landrechts, welcher bestimmt, daß mit gemeinen Land leuten ein Kauf über ihren künftigen Zuwachs nur nah Zahl, Maß oder Gewicht, und uach den zur Zeit der Aerndte marktgängigen Preisen geschlossen werden kaun war der Landtag, als den jeßigen Verhältnissen des Bauernstandes ganz angemessen, vollkommen ein- verstanden.

Den Antrag einer Kreistags-Versammlung, bei Landraths-Wal= len dasselbe Wahlverfahren eintreten zu lassen, welches durch das Re-= glement vom 22. Juni 1842 vorgeschrieben is, fand der Landtag be- rücksihtigungswerth. Er beschloß, an Seine Majestät den König die allerunterthänigste Bitte um eine geseßliche Anordnung zu richten, daß bei Landraths-Wahlen die absolute Stimmenmehrheit erforderlich sey.

Vierzehnte und funfzehnte Sißung.

In der 8ten Proposition liegt eine Verordnung, die zum Zweck einer Auseinanderseßung eingeleiteten Subhastationen betresfend, vor, Der Landtag nahm, aus den in der Denkschrift entwickelten Gründen, den Geseh-Entwurf einstimmig an. i

Nicht minder erklärte der Landtag sich mit der Zten Propo- sition, nah welcher, unter Aufhebung des §. 5 Nr. 1 der Gesetze vom 1. Juli 1823 und 27. März 1824, bei Berechnung des zur Wählbarkeit der Abgeordneten aller Stände zu den Provinzial-Land- tagen erforderlichen zehnjährigen Grundbesibßes in jedem Vererbungs= falle die Besitzeit des Erblassers und der Erben zusammengerechnet werden soll, vollkommen einverstanden.

Der dem Landtage vorgelegte Verwaltungs = Bericht über die Taubstummen-Lehr- Anstalt zu Stettin nebst der Rechnung des Justi= 2 Tx e Fabre 1841 42 gewährte der Versammlung die Uceber=

une, e zicht nur das Vermögen der Anstalt gewissenhaft und Wesnolia wewrltet worden, sondern auch das Justitut selbst segens= 0 G. Le Landtag bezeigte hierüber der Verwaltung und ven Moniglahei wfidts-Behörden seine volle Anerkennung.

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Æilungs -Uachrichten. Ausland.

4 ti T Gu k Ee i ch Deputirten - g : R Anfang E: heuti Naamer, “bung vom 3. April. Zu

; é gen Sihung bvrfticg i “r! die Rednerbühne, um eine Mittheilane Conseils = Präsident

„Eine Ordonnanz des Königs vom Deer Regierung zu machen.

die Ernennung von Staats -Minißeru 9. J.“, sagte er, „ordnet

jenigen Personen, welche zu dieser Stellung b und bezeichnet die=

Wir legen Jhnen jeßt auf Befehl ves K En Werde Tage vor, welche für die Ausführung dieser Megbiellei Be- wendig sind, Man hatte seit langer Zeit gefühlt bag ege noth- sey, alle die Männer von Talent um den Thron zu immt N

hohen Stellungen dem Lande Dienste geleistet ‘und tem Throne Beweise

natürlich in nichts die Verantwortlichkeit der dirigirenden Mini :

und die Unabhängigkeit der Lebteren bleibt unangetasete U E Conseils-Präsident verlas hierauf den Geseß-Entwurf, der im Wesentlichen festsebt, daß jedem Staats-Minister eine jährliche Pen-

von rid in nid gegeben haben. Die Rathschläge jener Männer fönnen

432 sion von 15,000 Fr. bewilligt werden soll. Der Vorlegung dieses Geseß= Entwurfs folgte eine gewisse Aufregung in der Kammer. Im weiteren Verlaufe der Sizung legte der Minister der öffent- lihen Bauten zwei Geseß-Entwürfe wegen der mit den Herren von Rothschild und Compagnie und den Herren Talabot und Com- pagnie abgeschlossenen Verträge wegen Ausführung der Eisenbahn von Paris nah dem Meere über Calais und Dünkirchen und von Avignon nach Marseille vor. Für die erstere soll der Compagnie eine Summe von 21 Millionen und für die zweite eine Summe von 32 Millionen bewilligt werden. Sodann begann die Erörterung eines Geseb = Entwurfs über die Vermehrung des Personals bei dem Kö- niglihen Gerichtshofe von Paris.

Paris, 3. April. Ju den Tuilericen beschäftigt man sich jebt nur mit der Vermählung der Prinzessin Clementine z der König hat Fontainebleau zur Vollziehung des Trauaktes gewählt, und \chon werden daselbst alle Vorbereitungen getroffen. Der König und die Königin der Belgier, die Herzoge von Nemours, von Aumale, (der bis zum 20, April aus Algier zurück erwartet wird) und Montpensier, und die Königin Christine werden der Trauung beiwechnenz auch das ganze diplomatishe Corps, Pairs und Deputirte, und viele Notabili- täten sind eingeladen. Von der Königlichen Familie wird Nie- mand, als der Prinz von Joinville, der sich in Rio Janeiro befindet, und die Herzogin von Orleans, die in ihren Trauer- Gemächern bleibt, fehlen. Die reiche Ausstattung der Prinzessin, zu welcher der Luxus und die Jundustrie von Paris alle ihre kostbaren Schäbe liefern, wird öffentlih ausgestellt werden. Das junge Ehe-

paar wird St. Cloud bewohnen und daun eine Reise nah Koburg |

und Wien machen, von da nah Florenz gehen und erst binnen Jah= resfrist zurüdckfehren. Noch immer hofft man, daß bei Gelegenheit dieser Vermählung eine allgemeine Amnestie stattfinden wird.

Ein seltsamer Prozeß beschäftigt in diesem Augenblicke die öffent liche Aufmerksamkeit. Bei der Katastrophe auf der Versailler Eisen

bahn verloren Herr und Madame Pevysselon zusammen das Leben, |

Sie waren ers seit kurzer Zeit verheirathet und hatten sich fkontrakt lih gegenseitig ihr Vermögen verschrieben, so daß das Ganze dem Theil zufallen sollte, der den anderen überlebte. Welcher von den beiden Eheleuten is nun zuerst gestorben? Wem von Beiden hat einen Augenblick lang das ganze Vermögen gehört? Welche Erben haben ein Recht auf dasselbe, die des Mannes, oder die der Frau? Dies

sind die Fragen, welche vorläufig einem aus Aerzten vestehenden

schiedsrichterlichen Tribunal vorgelegt worden sind.

Die Wahl des Herrn Perrée, Redacteur des Siècle, zum Capitain der National -= Garde, war, wegen eines Fehlers in der Form, annullirt worden. Derselbe is aber gestern neuerdings ge- wählt worden,

Die Revue politique des Courrier français enthält Folgen des: „Das Schicksal hat wunderliche Launen. Vor drei Jahren noch shmachtete ein Großsiegelbewahrer der Restauration in den Gefäng-

nissen von Ham und hatte nur mit Mühe sein Haupt vor dem Un- | willen des Französischen Volkes gerettet; vor drei Wochen dinirte er |

in einem der elegantesten Salons von Paris, inmitten von Männern, die seine Jdole zertrümmerten, und vielleiht seinen Kopf verlangten, Diese Verschmelzung der Sieger und Besiegten ist unseren Sitten ge mäßz sie ehrt unsere Civilisation, sie konstatirt eine glüdliche Be= s{wichtigung der politischen Leidenschaften, und wenn ih des Umstandes überhaupt erwähne, so geschieht es nur, um des taktvollen Benehmens zu gedenken, welches der ehrenwerthe Präsident des Pariser Barreaus gegen Herrn von Peyronnet beobachtet hat. Herr Chaix d'Estanges hatte, wie man erzählt, die schr zarte Aufmerksamkeit, dem Herrn von Peyronnet die Liste der einzuladenden Personen vorzulegen, und ihn zu bitten, tiejenigen zu streichen, deren Anwesenheit ihm unange- nehm seyn könne. „Mit einer einzigen Person in Frankreich“, erwie- derte Herr von Peyronnet, „würde dies der Fall seynz aber ich denke nicht, daß sich dieselbe unter Jhren Gästen befindet.“ Herr Thiers

befand sih unter der Zahl der Eingeladenen ; scine Unterhaltung mit |

Herrn von Peyronnet war höflich, aber kalt und abgemessen. Man will indessen aus dem Munde des Herrn Thiers die Worte Fontenelle's gehört haben: „Jh glaube uiht an Gespenster, (revenans) aber ich fürchte mich vor ihnen.“ : e

Der Prinz und die Prinzessin von Capua sind in Paris einge-= troffen.

Es is merlwürdig genug, daß der Bildhauer Marochetti gleich zeitig beauftragt worden ist, die Reiter -Statuen Napoleon's und Wellington's anzufertigen.

17 Paris, 2. April. Das Juteresse der gestrigen Sihung der Deputirten-Kammer drehte sich um die alte Streitfrage von der Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit der klassishen Bildung für junge Leute, welche sich einem anderen Berufe widmen als demjenigen, welchen wir vorzugsweise den des Gelehrten zu nennen gewohut sind. Das Baccalaureat, welches eine unlängst erlassene Königliche Ordon- nanz zu einer Bedingung des Eintritts in die polytehnische Schule macht, seßt ungefähr dieselben humauistischen Studien voraus, welche in der zweiten oder auch wohl {hon in der dritten Klasse guter Deut- her Gymnasien gemacht werdenz ein klein wenig Griechisch, etwas mehr Latein, einige Kenntniß der Französischen Philosophie, und eine möglichst große Gewandtheit im schriftlichen Ausdrucke, das sind etwa die wesentlichen Requisiten, denen der Baccalgureats=-Kandidat zu genügen hat. Soll man nun dieselben Anforderungen bei dem Bewerber um einen Plah in der polytechnischen Schule machen, welche ihre Zöglinge fast aus- {hließlih zu Jngenieurs, Artilleristen und Architekten heranbildet? Die gestrigen Verhandlungen der Kammer beweisen, daß sowohl das Ja als das Nein mit ganz guten Gründen mit Wib und Beredtsam keit verfohten werden kaun. Da indessen die Entscheidung der Kam- mer selbst die Frage im verneinenden Sinne beantwortete, so sind wir doppelt geneigt, anzunehmen, daß die Gegner der fraglichen Dr- donnanz das größere Recht auf ihrer Seite haben. Man bezweifelt übrigens, daß die Regierung diese Maßregel in Folge des gestrigen Votums der Kammer zurücknehmen werde. :

Der General Bugeaud trifft ganz ungewöhnliche Vorbereitungen zu dem bevorstehenden Feldzuge, der dem Kriege, seinen Versicherungen nah, unfehlbar ein Ende machen soll. Für jebt freilich i derselbe noch auf zwanzig verschiedenen Punkten Algeriens im Brande. So- gar die kaum unterworfenen Beni-Menasser in der Nähe von Scer-= schell sind wieder im vollen Aufstande. Für das einzig gewisse Re- sultat des neuen Feldzugs wird daher von manchen skeptischen Köpfen ein ungeheurer Aufwand von Menschen und von Geld gehalten.

77 Paris, 3. April. Der Antrag des Herrn Odilon Barrot auf Modifizirung der Septembergesebe und überhaupt auf Erleichte rung der Preßverhältnisse ist, allem Anschein nach, hauptsächlich durch eine gewisse Eifersucht auf Herrn von Lamartine veranlaßt worden. Es is nicht zu verkennen, daß durch die neue Rolle des Deputirten von Mäcon eine gewisse Legen n die seit Jahren stagnirende Partei- Politik gebracht worden ist, eine Bewegung, an welcher ein Jeder in seiner Weise theilnehmen muß, wenn er seinen bisherigen Plaß und Rang behaupten will. Die dynastische Linke und ihr Chef waren seit lan-

er Zeit gewöhnt, si für ihre eigene Willenlosigkeit und Unthätig- eit durch möglichst vieles und möglichst pathetishes Reden zu ent-

schädigen. Lange lieh das Publikum jener volltöuenden Phrascologie ein williges Ohr und nickte es ihr Beifall zuz zuleßt aber fing es an, fich zu fragen, ob denn auch wohl Jdeen, und zwar probe haltige Jdeen , hinter jenen ewig wiederkehrenden Worten stek fen, und ob es niht Zeit sey, dem unaufhörlichen Dekla miren und Verneinen und Protestiren zum selbstständigen Han- deln überzugehen. Jn der That hat die dynastische Linke, obgleich bei weitem die mächtigste der verschiedenen Oppositions = Parteien, in einer ganzen Reihe von Jahren nichts geleistet, was von organischer Kraft zeugte und politishe Zukunft verspräche. Jhre eigenen Freunde sind irre an ihr geworden, ihre früheren Bundesgenossen, die Legiti- misten und Republikaner, machen ihr offenen Krieg wegen ihrer mo- ralishen Nichtigkeit und ihrer übergroßen parlamentarishen Selbst verleugnung, ihre Gegner endlih fließen über von öffentlichem und heimlihem und jedenfalls nicht unverdientem Spotte. Aber siche da, endlich ist Brutus erwacht. Herr Odilon Barrot tritt mit einem Geseßvorschlag auf, dessen Hauptzweck ein doppelter is, erstens die Kompetenz des Pairshofes für Preßvergehen aufzuheben, und zweitens e fernere Umgehung des Geseßes unmöglich zu machen, welches alle Preßangriffe auf öffentlihe Beamte vor das Geschwornengericht ver- weist, und dem man si bisher dadurch zu entziehen wußte, daß man solche Sachen in der Gestalt bloßer Klagen auf Schadens-Ersaßz vor das Civil-Tribunal brachte. Es kam sogar nicht selten vor, daß ein Schriftsteller, nachdem er von dem Geschworenengerichte freigesprochen war, auf eine zweite Klage vor dem Civilgerihte zum Schaden Ersaße gegen den von ihm angegriffenen Staats-Beamten verurtheilt wurde, Daß in diesem und in einigen ähnlichen Punkten die bestehende Gesebgebung verändert, daß fie mit sich selbst in Einklang gesetzt werde, liegt im Juteresse aller Meinungen, die es überhaupt mit dem Staate ehrlih meinen. Daher mag man es Herrn Odilon Barrot Dank wissen, daß er diese Frage zur Sprache gebracht, aber scüt Antrag is gleihwohl weit davon entfernt, den Charakter eines Schrittes zu haben, durch welchen sh eine politishe Partei als öffent liche Macht rehabilitiren kann. Die Organe der dynastishen Linken stehen indessen uiht anu, mit der wichtigsten Miene, ja mit einem unverkennbaren Stolze von dem Odilon Barrotschen Gesetz - Vor schlage zu sprehen. Wie sehr sie sih aber in der Würdigung dessel ben irren, davon wird ihnen die äußerst kühle Aufnahme, welche jenem Autrage heute bei fast allen übrigen Oppositionsblättern zu Theil wird, einen ersten Beweis geben.

Jndem das Journal des Débats heute die im Drucke er \chienene Sammlung der Reden des Kanzlers der Pairs-Kammer an- kündigt, liefert es zugleich eine geistreihe und beredte Rechtfertigung der wechselvollen und vielbewegten politischen Laufbahn dieses Staats mannes, Von s{lagender Kraft is besonders eins der Argumente, durh welche das Journal des Débats Herru Pasquier gegen den Vorwurf vertheidigt, daß cer aus dem Dienste des Kaiserreiches in den der Restauration, und aus dem der Restauration in den der Juli-Revolution übergegangen sey. „Als ob es nicht über die weh selnden Regierungsformen und Dynastieen etwas Höhercs und Bleibendes gäbe“, ruft das Journal des Débats aus: „den Staat und die Nation l Herr Pasquier blieb unter allen Verfassungen ¿Frankreich treu, exr widmete dem Vaterlande in allen Verhältnissen seine Kräfte und seine Erfahrungen, und das is \scin großes Ver dienst,“ Diese Ansicht des Journal des Débats scheint uns mit einigen Beschränkungen eine sehr richtige, Nicht cin jeder Staats mann könnte freilich die Rolle des Herrn Pasquier mit Ehren spielen. Es giebt Politiker, welche sich #o sehr mit einem bestimmten Systeme identifizirt haben, daß ihre öffentliche Rolle nur innerhalb dieses Sy \sttems möglich ist. Wer möchte dem Demosthencs zumuthen, daß er Minister Philipp's des Macedoniers werde! Oder wer wagte zu behaupten, daß Herr Chateaubriand in dem heutigen Kabinette der Tuilerieen eine würdige Figur machen würde!

„*. VParís, 3, April. Die Opposition ist seit ihrer lebten Niederlage in großer Unruhe; sie bereitet neue Angriffe gegen das Ministerium vor. Sie begreift indeß, daß sie mehr als bisher ge schehen, gemeinsam handeln muß, und die verschiedenen Nüancen der Linken suchen sich in diesem Augenblicke zu verständigen, um sich den Erfolg sür einige Anträge zu sichernz sie rechnet sehr auf Herrn von Lamartine, aber der Deputirte von Mäcon ist ein unabhängiger und kräftiger Geist, der sich niemals der findischen Disziplin der Linken unterwerfen wird. Die Opposition des Herrn von Lamartine be- {ränkt sich nicht auf die kleinlichen Verhältuisse einer Kabinets-Frage. Ohue hier sein System beurtheilen zu wollen, bemerken wir nur, daß er in der Politik Ansichten hegt, die bis zu einem gewissen Punkte von den Personen unabhängig sind. Er wünscht nicht, wie die Opposition, diese oder jene Person in das Ministerium eintreten, sondern die Prinzipien triumphiren zu sehen. Die Stellung des Herrn von Lamartine hat sich seit einiger Zeit auf eigenthümliche Weise geändert. Dies zeigte sich namentlich bei dem Feste, welches er am vorigen Sonnabend in seiner Wohnung gab. Sonst traf man in den Salons des Herrn von Lamartine Minister, konservative De putirte und eine Menge von Personen, die den höheren Klassen der Gesellschaft angehörten; am vorigen Sonuabend waren es die Oppo-= sition der Linken bis in die lebten Nüancen, die Redacteure der dem Ministerium feindseligen Tagesblätter, so daß seine Salons eine ganz andere Physiognomie hatten, als vor drei Monaten und unter den 300 Aa befanden sih vielleicht niht 25 echte Konservative, Man unterhielt sich viel über einen Vorschlag in Bezug auf die Jury, den Herr Barrot auf das Büreau der Kammer niedergelegt hatte. Außer dem bereitet sich die Linke vor, der Kammer zwei andere Fragen vorzulegen, nämlich erstlih die wirkliche oder angebliche Aenderung der Geschwor nen=Liste, was nur ein Korollar des Barrotschen Antrags seyn würde, der die Jurisdiction der Jury in Bezug auf Verbrehen und Verge= hen durch die Presse oder durch jedes andere Publications-Mittel be-= trisst; zweitens die Revidirung des legislativen Beschlusses, wodurch den Königlichen Gerichtshöfen das Recht übertragen, die Journale für die Aufnahme gerichtlicher Bekanutmachungen zu bestimmen. Man kann das Schicksal dieser verschiedenen Anträge hon voraussehen. Trob der Ordnung und Disziplin, welche Herr Barrot in die Partei einzuführen sucht, werden sie nicht von der Kammer angenommen wer- den und es geht dadurch nur eine kostbare Zeit verloren und ein Theil der Session wird mit unfruchtbaren Scharmübeln hingebract. Diese Kämpfe dienen allerdings zuleßt dazu, das Ministerinut zu be- festigen und die Ohnmacht der Opposition deutlicher herauszustellen.

Der Geseh-Entwurf über den Secundair-Unterricht, welcher für diese Session angekündigt war, is abermals vertagt worden; die Bemerkungen einiger Bischöfe scheinen diesen Entschluß motivirt zu haben. Sie sind mit den Neuerungen, die der Minister des öffent- lichen Unterrichts in das Geseb eingeführt hat, nicht zufrieden. Um diesem Aufschub vorzubeugen, hat Herr Carné am Schlusse der Sonnabend-Sizung folgenden Antrag auf das Büreau der Deputir= ten-Kammer niedergelegt: „Bis ein organisches Geseß über den Secundair-Unterricht erlassen worden is, wird es für die Zulassung zum Baklalaureats-Examen in der Facullé des lettres, gemäß den Bestimmungen des Dekrets vom 17. März 1808 hinreichen, ein Alter von mfibesths 16 Jahren erreicht zu haben und allen Gegenständen des Unterrichts in den oberen Klassen der Königlichen Collèges zu genü-= gen.“ Bekanntlich können bei dem gegenwärtigen Zustande der Gesehz-

gebung nur diejenigen jungen Leute Balkalauren werden, welche die König- lichen Collèges besuchen, oder die ein authentishes Zeugniß über ihre im väterlichen Hause gemachten Studien aufweisen können. Dies ist der Haupt-Streitpunkt zwischen der Universität und der Geistlichkeit. Die leßtere will die Schulen ohne die Bedingungen des Examens, der Studien und der Grade eröffnen. Es is dies ein alter Streit, worin die Universität vielleicht zuleßt unterliegen wird. Seit etwa i8 Monaten war der Kampf zwischen den Bischöfen heftig. Eine Menge von dem Minister des öffentlichen Unterrichts projektirte oder angenommene Maßregeln sind von 15—20 Bischöfen auf das heftigste angegriffen worden; namentlih zeichnete sich der Erzbischof von Chartres aus, Die Geistlichkeit hat es uiht auf das Univer- sitäts - Regime allein abgesehen; sie greist auch den Unterricht in der Philosophie an, wie er jebt ertheilt wird. Mit den Herren Damiron , Cousin klagen sie Pascal, Descartes und namentlich Vol taire an, Man sicht, daß in diesem Prozesse die Lebenden sich in keiner zu \schlechten Gesellschaft befinden, und dieser Umstand verthei digt die Herren Damiron und Cousin etwas besser, als der Con- stitutionnel, der Courrier français und tutti quanli, denen die ersten Anfangsgründe der Philosophie unbekanut sind.

Dieser Grad des hachelier - &s - lettres is bereits Gegenstand vieler Diskussionen, Schwierigkeiten und Späße gewesen; und in der That, wenn man weiß, wie es dabei zugeht, so muß man erstaunen, daß es so viele Bakkalaureen in Frankreich giebt. Wollte man genau das für die Examina entworfene Programm befolgen, so würde der ausgezeichnetste Gelehrte, Literat, Philosoph vor den Fra- gen des Examinators nicht bestehen. Es giebt in dieser Beziehung eine Menge Anekdoten, und die Unterredung, welche am Sonnabend zwischen den Herren Villemain und Arago stattfand, zeigt, daß das Examen zum Bakkalaureat häufig eine reine Mystification is. Noch auffallender ist es, daß die in den Wissenschaften und in der Literatur berühmtesten Männer Frankreihs diesen Grad nicht habeu, obgleich derselbe schon existirte, als sie si in der Lage befanden, ihn zu er- langen. Die Herren von Lamartine, Cousin, Villemain, Arago und sämmtliche Professoren des Collège de France sind nicht hacheliers-ès letlres, was sie indeß nicht hindert, ihre Stellung sehr gut auszufüllen.

a Grossbritanien und Irland.

__ Oberhaus. Sihung vom 31. März. Einer früheren Anzeige zufolge, brachte Lord Campbell an diesem Abend die An= gelegenheiten der Schottischen Kirche wieder zur Sprache und {lug mehrere Resolutionen vor, welche die jebige Verfassung dieser Kirche sur unverleblich erklären sollten, aber, wie der Antragsteller bemerkte, mehr darauf abzwedckten, die Pairs zu einem feierlichen Gutachten über die Sache zu veranlassen, als eine Maßregel der Geseßgebung her vorzurufen, welche doch bei der jeßigen Stimmung der herrschenden Partei in der Schottischen Kirchen-Versammlung von dieser nicht als befriedigend würde aufgenommen werden. Graf Aberdeen aber widerseßte sih der Motion, nicht nur weil er es überhaupt für un angemessen hielt, abstrakte Resolutionen zu votiren, sondern auch, weil die Vorschläge Lord Campbell's theils bloße Komplimente für die Schottische Kirche, theils so unbestimmt gefaßt seyen, daß sie, ohne irgend einen Vortheil zu bringen, dem Parlament nur ernstliche Ver legenheit bereiten könnten, sobald es einmal aufgefordert würde, ein Geseß in der Sache zu geben.

„Zh habe stets zu denen gehört“, sagte der Minister weiterhin, „welche geneigt sind, in bedeutendem Maße das sogenannte Non-Jntrusions-Prinzip (den (Grundsaß, daß die Seelsorger den Gemeinden nicht aufgezwungen werden dürften) einzuräumen, und ich hatte vor einigen Jahren eine Maß- regel auf der Grundlage entworfen, daß dem Patron die Präsentation, den (Hemeinden der Einspruch und der Kirche die Entscheidung zustehe. Diese Ansicht hat auch Sir J. Graham ausgesprochen, und bei ihr ist die Ne gierung zu beharren entschlossen.“ Hierauf seßte der Minister das Unver nünstige und Verkehrte in den Forderungen der Häupter der leidenschaft lichen Partci aus einander, die sich auch mit dem ausgedchntesten Zugeständ niß nicht würde begnügen wollen 5 indeß sprach er zugleich die Hoffnung aus, daß der gute Sinn des Schottischen Volks am Ende die Oberhand behalten und daß dasselbe Anstand nehmen würde, die verzweifelte Bahn einzuschlagen, in welche die Häupter der Non-Jutrusionisten es gern hinein- treiben möchten. „Jch begleitete Jhre Majestät“, bemerkte Lord Aberdeen, „auf ihrer Reise durch jenes Land, aber wiewohl Sir R. Pcel hin und wicder mit dem Ruf „kein Korngeseß“ oder „freier Handel“ begrüßt wurde, so hörte ih doch kein Wort über die Kirchenfrage laut werden. Jch will zwar nicht bestreiten, daß eine große Menge Volks irregeleitet und dazu gestimmt worden is, den Kämpen der Non-Jntrusion zu folgen, aber wenn es zu einer Absonderung kommen sollte, und ich bin überzeugt, daß die vorgeschlagenen Resolutionen nichts dazu thun würden, dies zu verhin- dern so wird kein Vernünftiger das Parlament dafür verantwortlich machen können,“

Lord Brougham erklärte sich ohne alle Shonung gegen die Mitglie der der Schottischen Kirche, die es sich herausgenommcn, gegen die Aus sprüche des obersten Gerichtshofes in Schottland sowohl, wie des Oberhau ses, sich aufzulehnen, und wollte von keinem Bemühen etwas wissen, ihnen aus den Schwierigkeiten ihrer Lage herauszuhelfen, che sie sich nicht voll ständig unterworfen hätten. Die Ansichten Lord Aberdeen's schienen ihm der Lehre von der Non - JIntrusion viel zu günstig, und er wünschte, daß den Aufsässigen kein neues Gesetz zur Uebertretung gegeben würde, bevor sie sich nicht bereit erflärt hätten, den alten Gesetzen zu gehorchen. ,

Lord Haddington meinte jedoch, es ließe sich wohl der Grundsaß vertheidigen, daß der Präsentirte für die eigenthümlichen Bedürsnisse und Functionen des Kirchspiels geeignet scyn müsse, und stimmte den Ansichten Lord Aberdeen's bei, indem er gern zu Gunsten des Friedens einen Theil feiner cigenen Ueberzeugungen opfern wollte; nur sür die Resolutionen könne er nicht stimmen, weil sie keinen Nutzen haben könnten.

Lord Cottenham sprach sich dagcgen wieder im Sinne Lord Broug ham's aus und wollte von keinem Kompromiß hören, Durch Annahme der Veto - Akte, sagte er, habe die Schottische Kirche zugegeben , daß cin Recht zur Verwerfung des präsentirten Kandidaten nicht vorhanden sev, und das Presbvyterium müsse einen Jeden zulassen, der, wie das Gesetz sich ausdrücke, durch Lebenswandel, Gelehrsamkeit und Sitten sich zu dem geist lihen Amt qualifizirez der Grundsay aber, es in Frage zu stellen, ob ein Kandidat sich gerade für dieses oder jenes Kirchspiel passe, wie die Maßre- gel Lord Aberdcen's ihn enthalte, würde das Laien-Patronat völlig auf die Kirche übertragen heißen.

Da Lord Campbell niht weiter auf Abstimmung über seinen Autrag bestand, so wurde die Diskussion hiermit geschlossen, ohne zu einem bestimmten Resultat geführt zu haben.

Unterhaus. Sihung vom 31. März. Die Sihung die- cs Abends wurde mit Erörterung und Bewilligung vermischter Sub- sidien - Forderungen im Ausschusse hingebracht, die für das Ausland wenig Juteresse haben. Das einzige Bemerkenswerthe ist, daß Oberst Sibth orp, ein Ultra =Tory, den Versuch machte, die Maschinerie des Armengesebes ins Stocken zu bringen, indem er die Verwerfung des für die General - Armen - Kommission und ihre Verwaltung ver= langten Postens von 56,500 Pfd. St, beantragte. ,, Nicht uur die Summe is es“, sagte er, „de? ih mih widersebe, sondern das ganze Prinzip, Ein Kommissarius wäre eben so s{limm wie mehrere. Einige andere Tories unterstüßten das Amendement, aber selbst der öfonomishe Hume erklärte, daß gewiß kein Vernünftiger, wenn er den früheren Zustand des Armenwesens mit dem jeßigen vergleiche, zu jenem zurückzukehren wünschen könntez nur über die Zahl der Hülfs = Kommissarien richtete er einige Fragen an den Minister des JZunern, welhe Sir J. Graham dahin beantwortete, daß diese Zahl

nicht füglich vermindert werden fönue, da cs 580 Armen - Bezirke in England gebe. Das Sibthorpshe Amendement wurde darauf mit 98 gegen 14 Stimmen verworfen unt die geforderte Summe bewilligt.

London, 1. April. Der Contre-Admiral Curtis ist dieser Tage nah Malta abgegangen, um dort den Admiral Louis im Kommando zu ersehen. /

Jn einer Versammlung des katholischen Justituts von Groß-= britanien wurden gestern Beschlüsse gegen die Klauseln der Fabriken bill gefaßt, in so weit sie die Erziehung der Kinder betreffen.

Durch den vor einiger Zeit in Rom erfolgten Tod des 74jäh- rigen Herzogs von Manchester fällt eine Pension von beinahe 3000 Pf. St. weg, die er als Juhaber einer Sinekure seit langen Jahren bezog. Er war in früheren Zeiten Gouverneur von Jamaika und Generalpostmeister. 4

Die Eisenbahn der östlihen Grafschaften, welhe von London nah Colchester führt, wurde dieser Tage mit den üblichen Feierlich- keiten in ihrer ganzen Ausdehnung dem Publikum geöffnet.

Das Linienschiff „Rodney“/ is mit dem 7. Dragoner - Regiment und einer Artillerie-Compagnie nah dem Cap abgesegelt.

Die Denkschrift der Banquiers, Kaufleute und Rheder der Lon doner City an Sir R. Peel, worin die Regierung um Ausführung cines Systems umfassender Kolonisirung und liberaler Begünstigung einer zweckmäßig geleiteten Auswanderung ersucht wird, zählt bereits 1200 Unterschristen und soll dem Premier-Minister nächstens überreicht werden. Von allen Seiten is man über die Zweckmäßigkeit und Dringlichkeit des vorgeschlagenen Systems einverstanden.

Die Direktoren und andere Mitglieder des Buchhändler - Unter- stübungsvereins hielten fürzlih eine Versammlung, worin der Vor shlag, cin Asyl für bejahrte oder heruntergekommene Buchhändler zu stiften, besprochen wurde und großen Anklang fand. Der Plan wird in weitere Erwägung gezogen werden und wahrsheinlih zur

Ausführung gelangen, da sich die bedeutendsten Verleger Loudons |

dafür tinteressiren. D ————

Deutsche Bundesstaaten.

Müúnchen, 3. April, Der gestrige dritte Corso war vom mildesten Wetter begünstigt. Beide breite Trottoirs der Ludwigs-= straße waren daher schon lange vor dem Beginnen des interessauten Schauspiels von Zuschauermassen beseßt, und so bot diese Straße, als endlich alle die zahlreichen Vier- und Zweispäuner, dann Damen und Herren zu Pferd, sih in Bewegung geseßt hatten, das Bild einer außer:- ordentlichen Belebtheit dar. Sämmtliche Allerhöchste und höchste Herrschaften, mit Ausnahme Sr. Königl, Hoheit des Kronprinzen, der vor einigen Tagen allein cinen Ausflug nah Hohenschwangau gemacht, wohuten dem Corso bei, der König und die Königin in einem Zweispänner, welcher von Sr. Majestät selbst gelenkt wurde.

eni: D —— A E N

A om, 26. März. (A. Z.) Nach cinem plöhzlich veränderten Reiseplan verabschiedeten sich der Herzog und die Herzogin von Leuchtenberg mit ihrem gesammten Gefolge schon vorgestern im Va tican, wo der Papst für diesen Behuf eine feierliche Audienz anbe- raumt hatte, Jhre Kaiserl. Hoheiten verließen darauf Rom diesen Morgen und begaben sich nach Florenz: die Herzogin, au vom hie= sigen Russischen Gesandten, Grafen Potemkin, und dessen Frau be-= gleitet, auf direktem Wege, der Herzog auf dem Umwege über seine Güter bei Ancona.

Neapel, 24, März. (A. Z.) Heute früh wurde Jhre Mg- jestät die Königin in Caserta von einer Prinzessin, die in der heili- gen Taufe die Namen Maria Elisabeth Nunciata erhielt, glücklich entbunden. Sowohl die Mutter als die Neugeborne erfreuen sich des besten Wohlseyns.

Die Frau Fürstin von Liegniß is gestern mit ihrem Gefolge von hier nach Palermo abgegangen. Ju Folge der anhaltend gelinden Witterung macht das Wachsthum rasche Fortschritte und is um einen ganzen Monat frühzeitiger als voriges Jahr; sämmtliche Obstbäume stehen in voller Blüthe, Die Witterung is neuerdings wieder schr regnerisch. i

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Vereinigte Staaten von Uord -Amcrihka.

S New-York, 6. März. Der (in der gestrigen Staats= Zeitung bereits erwähnte) Bericht des Herrn Webster an den Prä= sidenten des Repräsentantenhauses lautet wie folgt:

„Der Staats-Secretair, welchem der Beschluß des Repräsentanten- hauses vom 22sten l. M. übermacht worden i, durch welchen der Präsi dent angegangen worden is, mitzutheilen u. #, w. hat die Ehre, den Prä- sidenten in Kenntniß zu seßen, daß Herr Fox, außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister Jhrer Britischen Majestät, am 24sten l. M. in das Staats-Departement (Ministerium des Auswärtigen) gekommen ist, und den Staats-Secretair davon unterrichtet hat, daß er von Lord Aber deen, erstem Staats-Secretair der auswärkigen Angelegenheiten Jhrer Bri tischen Majestät, eine vom 18. Januar datirte Depesche erhalten habe, mit dem Austrage, sie dem Staats-Secretair der Vereinigten Staaten vorzu- lesen, Der wescniliche Juhalt dieser Depesche war :

,, ¿Daß in einem Paragraphen der Botschaft, durh welche der Präsi dent die gegenwärtige Session des Kongresses eröffnet hat , eine ernstliche Stelle sich befunden habe, welche zu der Unterstellung veranlassen zu wol- len scheine, nicht blos, daß die Frage des Durchsuchungs-Rechtes von dem Englischen Bevollmächtigten zu Washington desavouirt worden sey, son A auch, daß Großbritanien in diesem Punkte Zugeständnisse gemacht abe z

, „Daß der Präsident wohl wisse, daß das Durchsuchungs-Recht nie mals während der leßten Unterhandlungen Gegenstand irgend einer Erör- terung gewesen, und daß keine Konzession von den Vereinigten Staaten ver langt, noch von Großbritanien zugestanden worden seyz

1e eeDaß die durch beide kontrahirende Theile im Vertrage von Washing ton eingegangene Verbindlichkeit zu Unterdrückung des Ha#dels mit Afrika- nischen Sklaven, ohne Bedingungen vorgeschlagen und angenommen wurdez

/- 1, Daß die Englische Regierung in Eingehung dieser Verbindlichkeit von Seiten der Regierung der Vereinigten Staaten einen Versuch erblickt habe, eine praftishe Wirksamkeit den wiederholten Erklärungen zu geben, die sie gegen diesen Handel gemacht hatte, und daß sie mit Befriedigung cinen Schritt der Annäherung a1k die humane und aufgeklärte Politik aller cchristlihen Mächte aufgenommen habe, einen Schritt, von dem sich viel Gutes erwarten lasse; daß Großbritanien gewissenhaft die Bedingungen dic ser eingegangenen Verbindlichkeit erfüllen werdez daß es aber niemals auf- gegeben habe, noch je aufgeben werde, die beständig von ihm vertheidigten, und in der zwischen den Ministern der Vereinigten Staaten und Englands im Jahre 1841 gewechselten Korrespondenz aufgestellten Prinzipien ; daß er (Lord Aberdeen) nicht beabsichtige, für jeßt die Diskussion über diesen Gegenstand wieder zu eröffnen z daß seine lezte Note ohne Ant- wort geblieben seyz daß der Präsident sich versichert halten könne, daß Großbritanien stets die begründeten Rechte der Vereinigten Staaten respek= tiren werdez daß Großbritanien nicht die Absicht hege, sih in irgend einer Art, sey es durch Anhal:ung, Visitation oder Durchsuchung, in die als solche anerkanuten oder angenommenen Schiffe der Vereinigten Staaten einzumischen; aber daß es auch ferner sein eigenes Recht aufrecht hält und, wenn es nöthig seyn wird, ausüben wird, sich der Rechtmäßigkeit der Flagge zu versichern, welche ein verdächtiges Schiff führen könutez daß, wenn in Ausübung dieses Rechts, durch unfreiwilligen Jrrthum und troß aller Vor-

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sicht, irgend ein Schaden zugefügt würde, shleuniger Ersaß dasür geleistet werden solle; daß es aber durchaus unmöglich sev, daß Großbritanien auch nur einen Augenblick den Gedankcn gehalt hätte, das Necht an sich selbst aufzugeben; daß diese Bemerkungen durch die Botschaft an den Kongreß als nothwendig erkannt wurden; daß es dem Präsidenten unzweifelhaft frei stehe, sih an diese Versammlung zu wenden in der Weise, die ihm an- gemessen erscheine; daß aber, wenn die Diener der Königin nicht für zweck- mäßig erachtet hätten, Jhrer Majestät anzurathen, von diesen Fragen ín ihrer Thron - Rede zu sprechen, sie indeß vollkommene Freiheit zu behalten wünschten, im Falle sie im Parlamente befragt würden, solche Aufschlüsse zu geben, die sie mit ihren Pflichten vercinbar und zur Kundgebung der Wahrheit für nothwendig hielten.“

„Nachdem die Note gelesen und ihr Jnhalt verstanden war, wurde Herrn Fox geantwortet, daß dic Frage in Erwägung gezogen, und aller- nächstens cine Depesche in diesem Beireffe an den Amerikanischen Minister zu London abgeschickt werden würde, mit dem Auftrage, sie dem ersten Staats-Secretair der auswärtigen Angelegenheiten Jhrer Britischen Maje- stät vorzulesen. (Gez) Daniel Webster,“

Inland.

Vreslau, 5. April. (Schl. Z.) Heute Abend fand der feier- lihe Empfang des im September 1841 zum Fürstbische# von Bres= lau erwählten und im Januar d. J. als solcher vou Sr. Heiligkeit dem Papste bestätigten bisherigen Stadtpfarrers in Habelschwerdt, Herrn Groß = Dechauten und infulirten Abtes, Ritter Dr. Joseph Knauer statt. Zu dem Ende waren dem Herrn Fürstbischof Herr Weihbischof und Dom=-Dechant Latussek und Herr Kanonikus, Prälat Neander gestern nah Habelschwerdt entgegengereist, um ihn nah der hiesigen bischöflihen Residenz zu geleiten, Beim Betreten des hiesi- gen Weichbildes, von wo eine Anzahl angesehener hiesiger Einwoh- ner Hochdenselben in 31 Wagen in die Stadt begleiteten, begann das Läu- ten mit sämmtlichen Glocken der katholishen Kirchen, und bei der An-= funft an der Dombrücke ward der Hr. Fürstbischof von der gesamm-

| ten Kuratgeistlihkeit Breslau's, an deren Spibe sich Hr. Kanonikus

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und Erzpriester Dr. Herber befaud, sowie an der Domkirche von dem Domklerus und dem Domkapitel ehrfurchtêvoll empfangen und begrüßt. Demnächst erfolgte unter Vortritt der Alumnen, der Curat= Geistlichkeit, der Dom - Vicare, der theologischen Fakultät, und der Dom-= Kapitulare die Einführung in die Domkirhe, woselbst ein Gebet zu dem Herrn der Heerschaaren gerichtet wurde, worauf die hentige erste Festlichkeit mit der Geleitung des Herrn Fürstbischofs unter gleichem Vortritt in die bishöflihe Residenz, deren Portal mit Blumengewinden festlich geschmückt war, {loß. Die feierliche Ju- thronisirung desselben soll den Sonntag nah Ostern statthaben.

Salle, 5. April. Nach langen Leiden is am 29. März zu Gatterstedt bei Querfurt der auch in der gelehrten Welt rühmlichst bekannte Dichter und Schriftsteller Friedrih Krug von Nidda, Haupt-= mann a. D. und Mitglied des Thüringisch = Sächsischen Vereins für Erforschung des vaterländischen Alterthums, im 67sten Lebensjahre gestorben.

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Der zwischen Nord-Amerika und Großbritanien durcl den Traktat vom 9. August 1°42 ausgeglichene

Streit über die Nordost - Gränze der Vereinigten Staaten.

Beräl! Sl 3) Nr: 97)

Die Parteien konnten sih nicht einigen und übergaben dem Könige der Niederlande die Sache zur Entscheidung. Jm Jahre 1833 erklärte dieser, daß der betreffende Artikel des Traktats unaus- führbar sey, und shlug cinen Vergleich vor, der wenigstens annähernd den Worten des Artikels entsprechen sollte. Das streitige Gebiet sollte da, wo der St. John die von der Quelle des St. Croix ge= zogene Nordlinie durhschneidet, getheilt werden und die Gränze längs diesem Flusse und den in ihn sih ergießenden Francis, dann in west= licher Richtung bis zu den Quellen des Connecticut fortgehen. Groß= britanien war zur Annahme dieser Gränze bereit, um dem Streite einmal ein Ende zu machen, die Vereinigten Staaten aber wiesen den Vorschlag zurück, da er keine Entschcidung war, und die Sachen standen wieder auf dem alten Standpunkte, Da ward endlich 1840 der Bericht der Britischen Kommissarien Mudge und Featherstonhaugh, welche das Land cerforsht hatten, publizirt, uud die Britischen Ansprüche auf das ganze streitige Gebiet erhielten dadur ein bedeu= tendes Gewicht. Die Vermessungen der Höhen, die genauen Bezeich= nungen der Richtung der Gebirgszüge zeigten die südliche, zusammen= hängende, nur durch das Thal des Skt. John unterbrochene Gebirgs= fette als das einzige, dort mit dem Namen „Hochland““ zu bezeih= nende Gebirgslandz der von den Amerikanern fingirte, von der nördlichen Gebirgskette nah der südlichen sich abzweigende Bergrücken zeigte sich als cine sumpfige flahe Ebene (a low flat swamp), unb die von thnen für die Hochlaude des Traktats ausgegebene Bergkette zog sih 40 bis 59 Englische Meilen nordwärts, um die Quelleu des Connecticut, also niht, wie es in dem Artikel heißt, „bis zu dec nordwestlichen Quelle des Connecticut,““ Dennoch beharrteu die Ame= rikaner auf ihren Ansprüchen. „Beweist uns erst, daß eure Hoch= lande wirklich die Wasserscheide, wie es der Traktat will, zwischen den Gewässern des streitigen Gebiets bilden; der diese Hochlande durh= breheude St. John wiederlegt alle eure Argumente.

Und in der That, es blieben troß des mit dem größten Fleiß und vieler Kunst angefertigten Britischen Berichts noch immer die alten Zweifel. Der Bericht hat das unbestreitbare Verdienst, die Sache in ein helles Licht gestellt zu haben, aber entschieden hat er nichts, Es ist dadurch nur einem Schiedsrichter {hwerer gemacht, zu Gunsten der Amerikanischen Ansprüche zu urtheilen; es is dadurch nur klarer als je bewiesen worden, daß die getreue Ausführung des Traltats von 1783 in das Reich der Unmöglichkeit gehört. Die nordwestlihe Ee Neu=Schottlands is der Punkt der Gränzlinie von 1783, wo auch jeßt noch, nachdem jeder Berg und Fluß bekannt ist, der Zweifel beginnt. Dieser Punkt war zur Zeit nicht dur irgend einen natürlichen Gegenstand bezeichnet; es war ein gedachter Punkt, den zwei gedachte Linien, die westlihe Gränze Neu-Schottlands und die südlihe der Provinz Quebek, da wo sie einander schneiden, bestimmen sollten. Dieselben Linien waren in allen früheren Gränz = Bestimmungen ausgedrückt und der Traktat von 41783 eutnahm diesen Bestimmungen dieselben Worte. Die nord= westlihe Ede Neu- Schottlands sollte gebildet werden durch eine ge- rade nach Norden von der Quelle des St. Croix bis zu den-die Wasserscheide zwischen 2c. bildenden Hochlanden gezogene, längs den besagten Hochlanden bis zu den nordwestlihsten Quellen des Connec- ticut fortlaufende Linie. Wirft man nun einen Blick auf die Karte, so begegnet man auf dem ganzen Wege, den h Nordlinie nimmt, und wenn man sie bis zum St. Lorenz hinaufführt, keinen Hoch- landen, welche die Gewässer des streitigen Gebiets nah entgegenge- seßten Richtungen in das Atlantische Meer und den St, Lorenzstrom

(Schluß,