1843 / 129 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

sition ihrerseits, und namentlich bei der Coalition von 1838, einer unbefug= ten Einmischung in die Wahl-Angelegenheiten am meisten schuldig ge- macht habe. Die entschiedene Sprache, mit welcher Herr von Lamartine die Rechte der Regierung verfocht, bewogen die Opposition, nahzu= eben. Sie beschränkte sich nur darauf, anstatt ein allgemeines Prinzip aufzustellen, die drei bestrittenen Wahlen auf die Art, welche Herr von Lamartine ihr vorzeichnete, zu prüfen. Das Resultat da= von war, daß während man sich früher schmeichelte, aus der Enquête electorale jeglihes Unheil für das Kabinet entstehen zu sehen, der Bericht der Kommission damit anfängt, zu erklären, „daß nach sorg= fältiger und genauer Prüfung die Kommission nichts gefunden habe, was der Regicrung in Betreff der drei bestrittenen Wahlen zur Last gelegt werden fönnte.“ Sonah hat das Kabinet in der ganzen Sache shwerlich mehr etwas zu fürchten. ————

Grossbritanien und Irland.

London, 3. Mai. Sir J. Fibgerald, der früher lange in der Judischen Armee diente, und jeßt auf seinem Landsiße lebt, ist zum Gouverneur der Präsidentschaft Bombay ernannt worden.

Seit Anfaug 1842 is ein fortwährendes allmäliges Fallen in den Preisen des Britischen Eisens eingetreten, und der Handel in Eisen- und Metallwaaren wird täglih s{chlechter. Besonders wird der bedeutend verringerte Absaß nah den Nord - Amerikanischen Märkten empfindlich verspürt. Jin Jahre 1839 belief sich die Ausfuhr von verarbeitetem und unverarbeitetem Stahl und Eisen nah Nord-Amec- rifa auf 1,650,830 Pfd. St., ist aber seitdem auf etwa ein Drittel dieses Betrags gesunken. Ju Staffordshire liegen von 111 Eisen- öfen 53 still und werden mindestens ein Jahr so verbleiben, wodurch dem Markte wöchentlih wenigstens 220,000 Tounen entzogen werden ; troßdem aber gehen die Preise noch immer herunter, die Nachfrage uimmt ab, der Lohn muß herabgeseßt werden, und Tausende von Arbeitern werden brodlos.

Nach einem Bericht aus Portsmouth is das Schiff „Talbot“ von 28 Kanonen auf höheren Befehl von der Süd = Amerikanischen Station nah den Freundschafts-Juseln entsendet worden, um die Bri tischen Înteressen daselbst während der Operationen des Französischen Geschwaders zu schüßen.

Die Naval aud Military Gazette sagt: „Ein Freund zu Bombay schreibt uns, daß das 25. Britische Regiment, drei Re gimenter eingeborner Jnfanterie und eine Compagnie Artillerie auf dem Marsche waren, um zu Sir Ch. Napier's Armee in Sind zu stoßen, welche dieses Land als einen immerwährenden Theil des Britisch= Indischen Gebiets beseßt halten soll. ““

Die Dampf-Fregatte „Cyclops““ is mit den Geschenken des Ma- haradshah Schir Sing für die Königin, deren Ueberbringer Major Fraser is, und mit 48 Personen von der Maunschaft des gescheiterten Dampfschiffes „Solway““, welche zu Lissabon an Bord gingen, in Portsmouth angelangt.

———

Bel gten:

Brüssel, 5. Mai. Der Judépendant enthält heute fol- gende Details über das Unglück auf der Eisenbahn: „Wie gewöhn= lih frennten zwei Packwagen die Wagen der Passagiere von der Lo= fomotive; beide waren verschlossen. Der erste enthielt Waaren aller Art, der zweite Gepäck der Reisenden und einige Waaren, und es befanden sih außerdem darin noch die beiden mit Beaufsichtigung des Gepäcks beauftragten Beamten. Der Zug hatte die Station Waremme verlassen und näherte sich Landen, als die in dem zweiten Wagen befindlichen Aufseher plößlih bemerkten, daß derselbe iu Feuer stehe. Einer von ihnen, Vanhers, hatte Geistesgegenwart genug, das Zei- chen zum Anhalten zu geben und zugleich auf den ersten Wagen zu steigen, der mit einer Bremse versehen war, um dieselbe in Bewegung zu seßen, denn man fand sie später geschlossenz da jedoh das Feuer um sich griff, o sprang der Unglückliche auf die Erde und blieb auf der Stelle todt. Eine Thür des brennenden Wagens war offen, der zweite Aufseher wollte auch die Thür der anderen Seite össnen, als er aber bemerkte, daß der dadurch entstehende Luftstrom den Flammen neue Nahrung gab, sprang au er hinab und wurde sehr schwer verleßt aufgehoben. Das Signal zum Anhalten war kaum gegeben, als der Maschinist alle nöthigen Manöver vornahm, um den Bug so schnell wie möglich zum Stehen zu bringen. Es waren, seitdem man das Feuer wahrgenom- men, noch niht 30 Sekunden vergangen und der Zug hatte noch niht 300 Metres seitdem zurückgelegt, als er stillstand und alle Ge= fahr für die Reisenden vorüber war, und doch waren in diesem kurzen Zeitraume 5 Personen getödtet und 12 verwundet worden, Als nämlich die Passagiere bemerkt hatten, daß ein Wagen brenne, erhoben sie ein furchtbares Geschrei z die Reisenden stürzten zu den Thüren, um hinowszuspringen. Dadurch entstand alles Unglück, Zu denen, die zuerst den Kopf verloren, gehören zwei Aufseher, die ihren Posten verließen ; sie befinden \sich unter den Verwundeten. Dagegen gab der Ober - Aufseher Gits Beweise großer Ruhe, wodurch er mehreren Reisenden das Leben rettete. Ungeachtet der Stöße, die er erhielt, ließ er Niemanden aus dem Wagen, in welchem er saß, indem er rief, daß das Signal zum Anhalten bereits gegeben, der Zug sogleich stillstehen werde und keine Gefahr mehr vorhanden sey. Jn anderen Wagen widerseßten ih mehrere Reisende, deren Namen wir leider uicht wissen, aus allen Krästen dem Verlangen derjenigen, die hinausspringen woll=

ten, wofür sie ebenfalls gemißhaudelt wurden. Man is ihnen vielen Dank \huldig, denn von vin Metfonen, die aus dem Wagen sprangen, blieb O auf der Stelle todt und die übrigen wurden sämmtlich verleßt. Brüssel verhaeen befindet sich ein junges Mädchen, das sich in unglüdten zu A wollte. Als der Zug hielt, eilte man den Ber= diei:Aerzie in de se. Durch einen glücklihen Zufall befanden sich vadhürie ‘as Wittig, Zugez unter Anderen auh der Doktor Dela- zig Personen vie b welher in wenigen Augenblicken einigen zwan= beladen und man nah 9: Einer der Wagen war mit Leinwand derliche. Die meisten V davon das zu den ersten Bandagen Erfor= Congestionz fast bei Alm ete litten an einer Art von Gehirn-= die E l 1 vemerfte man dieselben Symptome. Da

ignale längs der ganzen Unie wi j é i168 ch wiederholt wurden, so kam ein E e I Landen unter der Leitung des Chefs dieser y eere nebst dem éhemaligen Chef der Station, Herrn Mosselmann, eine seltene Thätigkeit Lit

die Verwundeten auf und führte sie langsam na Dieser Zug nahm

Der Judépendant kuüyft an obige nah Lüttich,“ Betrachtungen: „Es fragt \ih nun, wie ‘g hlung die folgenden

Man weib es noh idi, Durch die Bevetug wte fe rel een

wiß. Man vermuthet, daß cin Funke aus d ; i Holzrahmen neben ben Rädern gefallen seg, iv E ee auf die dem es daselbst mit ungeheurer Schnelligkeit entwi@elt La,

Bretter Bbacthveint und sogleih mit brennbaren Stofsèn ieg

; g kam. Jun dieser Beziehung weiß man noch uichts

denn da die Transport - Listen nebst Allem, was in v Wagen E

Findlih ‘war, verbrannt sind, so mußte man erst aus Lüttich ein Du=

plifat derselben verlangen, um genau zu erfahren, woraus die g - bestanden ‘habe. Darf man den ersten Nachrichten

uben, so scheint keine Vorsichts-Maßregel vernachlässigt worden zu

570

seyn, denn der verbrannte Wagen war ganz geschlossen, mithin besser gegen Feuer geschüßt als die, welche nur mit einem Plan bededt sind. Die Verwaltung weigert sich sehr häufig, gefährliche Gegenstände mit dem Personenzuge zu befördern; allein zuweilen wird ihre Wachsam- keit dur die Absender getäuscht, welche falshe Declarationen machen, Die genaue Untersuchung, welche in diesem Augenblick begonnen hat, und deren Ergebnisse gewiß öffentlich bekannt gemacht werden, wird Alles aufklären.“

Auch alle übrigen Brüsseler Blätter sind voll von Darstellungen des CEisenbahn=Unfalls, der jeßt den Gegenstand aller Unterhaltungen hier bildet, Die Emancipation berichtet mit einigen Abweichun- gen von obiger Relation: „Es war 85 Uhr Morgens, als der Con- voi am Dorfe Niel, nicht weit vom Schlosse Looz- Corswarem an- kam. Drei Waggons mit Waaren waren an der Spiße des Zuges. Plöblich bemerkte ein Aufseher Rauch auf einem Waggon. Dies ist nihts Seltenes, da oft Kohlen auf die Wagen fallen, die aber {nell verlöschen. Die Aufseher suchten nach dem Heerde des Rauches, aber im sclben Augenblick, sey es, daß sie ein paar Krüge mit Alklo= hol umgeworfen und zerbrachen, sey es, daß diese von selbst gesprun- gen sind, brach cine große Flamme hervor, und der Zugführer gab das Zeichen zum Anhalten. Die Reisenden steckten die Köpfe aus den Wagen, und da sie sih durch die vom Winde zurückgewehte Flamme umgeben sahen, verloren mehrere die Geistesgegenwart und sprangen aus den Wagen, noch ehe diese ganz still standen. Einige Angestellte, statt ein besseres Beispiel zu geben, waren die Ersten, welche ihre Posten verließen. Der Aublick war \hrecklich. Sechs Persouen lagen todt auf der Erde, über 20 waren verwundet, mit Blut bedeckt. Mehrere Anwesende haben die größten Dienste gelei= stet, unter ihnen Herr Nose, Dircktor der Braunschweigischen Eisen= bahn, theils indem sie die Leute in den Wagen zurückhielten, theils indem sie später den Verwundeten beisprangen.““ i

Der Schrecken der Reisenden scheint durch den eigenthümli hen Umstand erregt worden zu seyn, daß die Flammen des brennenden Wagens den Anstrich der anderen erreichten und diesen gänzlich verbrannten, so daß diese Wagen einen Augenblick hindurch mit Rauch umgeben waren. Bestätigt sih dies, so würde man den Anstrich so zubereiten müssen, daß er weniger brennbar ist.

- e Si Uebrigens verursacht der vorgestrige Unfall durchaus keine Stö-

rung im Dienst. Gestern früh bot die Eisenbahn wieder deu gewöhn lichen Anblick dar, und die Reisenden strömten wie gewöhnlich herbei. Unter den Todten befindet sih ein Deutscher, Anton Finger aus Hommelsheim, im Kreise Düren z zwei Deutsche sind verwundet, näm lich Didolf aus Düren und em Arbeiter, dessen Namen man nicht weiß.“ —————

Deutsche Bundesstaaten.

Yzünchen, 1. Mai. (Verhandlungen der Kammer der Ab- geordneten über die Presse.)_ Freiherr von Welden (der in_der Sibßung vom 26. April auf Freiherrn von Freiberg folgte) äußert: „Auch er gehöre zu denen, welche den gegenwärtigen Zustand der Preßsperre lebhaft beflagen. Dee man die Erfahrung seit 25 Jah- ren zu Rath, so zeige uns diese nur, daß die Presse während dieser Zeit einmal bis zur Zügellosigkeit ausarten und dann, wie jeßt, bis zum Gefrierpunkt habe herabsinken können, Wenn unter dem Fort bestaud cines und desselben Gesehes diese beiden Extreme möglich

| geworden seyen, so erhelle daraus wohl, daß im Preß-Edikt keine

Garantie gegeben sey. Daher könne er für die erste Antrags-Hälfte nicht stimmen. Von der zweiten wolle er gar nicht sprechen, weil er von dem Repressiv-System überhaupt nichts halte; denn verbotene Bücher würden bekanntlich am begierigsten gesucht. Die Anträge des Referenten erscheinen ihm auch nicht bestimmt genug. Vor Allem möge man doch ja nichts von der Bekanntmachung der Censur-Vorschriften erwarten. Er habe diese Dinge leider kennen zu lernen Gelegenheit gehabt. Man habe an keinen Zusammenhang derselben zu denken, le bildeten eine Konglomerat einzelner Erlasse, wie sie der Moment eben erzeuge. “Was heute erlaubt, könne morgen verboten werden, und was morgen verboten werde, sey wohl schon bald darauf wieder erlaubt. Und selbst wenn sie bekannt gemacht würden, läge darin faum eine Garantiez denn solche Justructionen hätten bekanntlich nicht die Kraft von Gesebßen, und könnten daher täglich geändert werden. Aller Nachdruck sey daher auf das Verlangen nah cinem Preßgesebß zu legen, und wäre es wirklich unmöglich, ein Preßgesebß zu finden, dann müßte er alles Sonstige für vergeblich ansehen. Nur in einem Preßgeseße lägen Garantieen für alle Theile, und nur erst nach einem solchen ließen sih auch die Censur -Justructionen bestimmt re-= guliren. Er stimme daher mit dem Antrag des ersten Secretairs. Was den zweiten Wunsch aulange, jenen auf Ertheilung einer allge- meinen Amnestie, so würde er ihn allerdings gern theilen; allein glaube man wohl, daß da, wo das Recht der Begnadigung zu suchen, nicht auch das Bewußtseyn vorwalte, wie und wann von demselben Ge-= brauh zu machen sey? Dies gebe er ernst zu bedenken. Uebrigens hoffe er auch in dieser Beziehung von der Zukunft nur das beste.“ Der zweite Secretair der Kammer, Regierungs-Direktor von Wind= wart, meint, theoretisch sey es leiht, unbedingter Preßfreiheit das Wort zu reden, aber an praktische Durchführung werde Niemand den- ken, der sich der Bundessaßungen erinnere. Unleugbar- besser daran seyen in dieser Beziehung die in sich abgeschlossenen Völker ; indessen sey es einmal das Schicksal der Deutschen, dur das Element der Tren- nung zur Einheit geführt werdeu zu müssen, Erleichtert scy die vor= liegende Aufgabe dadurch, daß die Anträge und Modificationen größten- theils von der auswärtigen Politik Umgang nehmen, und nur die Preßge= seßgebung über innere Staats-Angelegenheiten im Auge haben. Der Red- ner verbreitet sich darüber schr umständlich und {ließt sich im Wesentlichen den Anträgen des Ausschusses und des ersten Secretairs an. Dekan Wurm erklärt sich nur dann als Freund der Preßfreiheit, wenn sie so be- schränkt sey, daß sie nicht zur Landplage werde, Pr. Müller: „Die Preßfreiheit kann niht geschenkt, sie muß errungen werden. Sie muß aus dem Leben der Nation entspringen und s\{ch mit ihm innig verwachsen. Wenn in diesem Hause die Minister sprechen, wie hon vor 60) Jahren der Minister der Englischen Krone, der große Vater des großen Pitt sprach, als er die Freiheit der Englischen Nation durch Hindeutung auf die Grundlage ‘threr Gesebgebung nachgewiesen und biet mit den Worten anspielte: „Der ärmste Mann kann in seiner Hütte alle Streitkräfte der Krone herausfordern. Sie mag verfallen seyn, ihr Dach dem Einsturze drohen, der Wind dur ihre Rißen blasen, Sturm uud Wetter ihr Spiel damit trei- ben, aber vor dem König von England is sie sicher! Alle seine Macht scheitert an der Schwelle des elenden Bauwerks“’; wenn in diesen Räumen vom Ministertische gleich freie Worte fallen, und ein Jeder, welhem das Volk sein Vertrauen schenkt, nah seinen Einsich- ten und Kenntnissen, nah seiner Tugend und seinem Vermögen in dem Umfange wirkt, als ihm möglich is, dann wird wahre Freiheit mit unwiderstehliher Maht von diesem Hause aus die Regierungs= räume durchdringen, alle die edeln und wohlwollenden N ant die je in ihnen für des Volkes Wohlfahrt und Glück gestrebt und gewirkt haben, da wieder beleben und versüngen und \o weiter das ganze Land durchströmen. Die “Anträge, die gestellt worden, sind edeln Gesinnungen, den wohlmeinendsten Absichten entsprungen. Es möchte aber noch niht angemessen und wohlthätig seyn, jebt

schon ein Heilmittel für die kranke Preßfreiheit zu ebrauchen. Das wesentliche Jugredienz wäre die tinctura libertatis. Fehlt diese Tinktur und in der That scheint sie niht nur bei uns, sondern überhaupt in ganz Deutschland dermalen ausgegangen zu seyn #9 werden alle die gegebenen Rezepte nichts unüßen. Die Zeit muß beten und vertrauen wir auf die allgütige Vorsehuug, sie wird helfen.“

Frhr. vou Rothenhan: „Würde der Zeitpunkt eiumal ein- treten, wo jeder nur denkt, handelt und schreibt wie es gut, recht und wohlanständig ist, dann würde auch der Zeitpunkt gekommen seyn, wo wir eines Preßgeseßes uicht mehr bedürfen. Daun brauchen wir überhaupt kein Geseß mehr, dann lebt die Welt in einem vollkom- menen Zustande. Jch nehme die Welt wie sie is, und da kaun ich einer unbedingten und unbeschräukten Preßfreiheit das Wort uicht reden, Jch glaube nimmermchr, daß sie jeßt zum Wohle der Staaten und Völker gereiche, ih bin sogar der festen Ueberzeugung, daß überhaupt kein stabiler Zustand der öffentlihen Dinge auf die Dauer mit ihr bestchen könne. Jh weiß wohl, daß ih mit

| dieser Ansicht die große Majorität der jeßt herrschenden Meinung

gegen mich habez ih scheue mich aber dennoch nicht, sie öffentli als die meinige zu bekennen, Jch kann daher im Allgemeinen durchaus nicht beklagen, daß die Regierung verfassungsgemäß das Recht und die Gewalt in Händen habe, den Mißbräuchen der Presse zu. steuern. Gleichwie jedoch den Mißbräuchen der Presse, eben so muß auch dem Mißbrauche der Regierungs = Gewalt in dieser Beziehung gesteuert und entgegengetreten werden. Wer überhaupt Rechte hat, sollte ihre Ausübung nie bis zur äußersten Spihe treibenz er wird nie gut daran thunz am wenigsten eine Regierung und insbesondere bei Rechten, welche gehässiger Natur sind uud legislgtio nur dag= durch gerechtfertigt erscheinen, daß sie von zwei Uebeln das ge- ringere sind. Eine weise und kräftige Regierung sollte die Zügel der Censur nicht straffer anziehen, als es gerade nöthig ist, um enen dem Allgemeinen nachtheiligen wirklichen Preß -= Mißbrauch zu verhü- ten. Niemals sollte sie eine anständige Erörterung der öffentlichen Zustände hiuderu, niemals sich einem wohlgemeinten Tadel entzichen wollen. Eine gute Polizei wird nie mehr verbieten als eben noth= wendig is, und sie wird sih dann am meisten Lob erwerben, wenn sie sich am wenigsten fühlbar maht. Jm gleichen Sinne sollte die Regierung die Censur üben, Am wenigsten sollte sich aber die Re- gierung Parteilichkeiten zu Schulden kommen lassen. (Der Rednor ging hier auf einzelne Klagen näher ein und fuhr dann fort): Jch muß gestehen, daß keine der vorgeschlagenen Fassungen mir ganz ge= nügt. Judessen lege ih überhaupt bezüglich des heutigen Gegenstan- des mehr Gewicht auf die gepflogene Debatte als auf die zu be= schließenden Auträge. Will man ein Preßgeseß begehren, so wird der Vorschlag unseres ersten Secretairs deu Vorzug verdienen. Was den Wunsch des Abg. Dekan Vogel betrifft, der dahin geht, daß wir bitten sollen, es möchten die die Presse betreffenden Bun- des-Beschlüsse aufgehoben werden, so muß ih offenherzig gestehen,

| daß ich in diesen Beschlüssen, die ih noch heute Morgen gelesen habe,

nichts finden kann, was die betreffenden Regierungen hinderte, das rechte Maß der freien Presse in Geseß und Uebung zu gestatten. Dabei dürfen wir wohl nicht außer Erwägung lassen, daß es kaum gedacht werden kann, als ob der Deutsche Bund, bei dem Zwecke der Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverleßbarkeit der einzelnen Deutschen Stag-

ten, den er sih geseßt hat, ganz ohne gemeinsame Normen bezüg lich der Presse bleiben könne, in einer Zeit, wo die Presse eine große politische Macht bildet.“ Ju kurzen Worten legte darauf der zweite Präsident, Hofrath von Bayer, seine Ansicht noch einmal dar, Ju dem Begehren eines Preß =Gesebes erkennt derselbe das Er greifen einer der Kammer uicht zukommenden Juitiative. Die Veröffentlichung der Censur - Justructionen hält er für etwas, das nicht zum Zweck führen könne. Denn halte man sie für Vorschriften prinzipieller Natur, dann vermöchten sie nichts zu helfen oder anu dem gegenwärtigen Preßzustande zu ändern, und sollten ste kasui- tisch gehalten seyn, so wären sie eine Unmöglichkeit. Die Umwand= lung der Confiscation in Remission billigt derselbe, unter dem Vor behalt der Reziprocität in den betreffenden Staaten. Bezüglich des

| Antrags auf Zurücknahme der Bundesgesebe über die Presse schließt | er sich der Ansicht des Redners vor ihm au. i 11 t in dem Wunsche einer allgemeinen Amnestie etwas einem Vorwurf

Dagegen scheint ihm

Aehnliches zu liegen, was denselben bedenklich mache. Er bedauert von den beiden Klassen der Verurtheilten (sie zerfallen ihm in Ver- führer und Verführte) die Lebteren von Herzen und fügt zu, daß ihm seine Stellung Gelegenheit gegeben habe, die Vorkommnisse ge nauer kennen zu lernen. Mit den Verführern könne er eben des- halb kein Mitleid fühlen, dieselben verdienten dies nicht von ihm, verdienten es nicht von Seiten der Kammer, Endlich begehrt und erhält noch Professor Albrecht das Wort; die Kammer verlangt und beschließt jedoch den Schluß der Diskussion, Demnach hatten sich aus der Mitte der Kammer nur noch Hr. Schwindel als Autrag- steller und Professor Harleß als Referent auszusprehen. (Wir wer- den auf ihre Vorträge morgen kurz zurückkommen.)

Zuleßt gab der Königl. Regierungs - Commissair, Ober=Studiei= rath Frhr. von Schrenk, folgende Erklärung ab:

„Erwarten Sie nicht, meine Herren, daß ih dem schr verehrten Redner vor mir auf das Gebiet der Theorie folgen und mich einlassen werde in Erörterung der Fragen, ob und welches Maß von Preßfreiheit das Glück der Staaten fördere, ob und welche Maßregeln gegen Mißbrauch der Presse nöthig und zweckmäßig seyen. Nicht als ob sich gegen das, was desfalls jenseits vorgebracht wurde, Einwendungen nicht denken ließen, nicht als ob das Anerkenntniß der freien Presse als das absolute Gute, als das erste Mittel moralischer Vervolllommnung der Völker keine Erwiederungen zu- ließe, als ob man zustimmen müsse der gänzlichen Verwerfung jeder Prä- vention auf dem Gebiet des Strafrechts, als wenn die Regierungen allein es wären, die in dem Mißbrauch der Presse ein Gift erkennen, auch andere Stimmen, achtbare Stimmen haben sich dafür ausgesprochen, daß unbe dingte Preßfreiheit es nicht sev, welche das Glück des Volkes begründe. Allein, meine Herren, cs is über diesen Gegenstand schon so viel gespro chen, verhandelt, selbs in diesem Saal erörtert worden, daß es in den Be- reih des Unmöglichen gehören möchte, etwas Neues hierüber vorzutragen und hierdurch die bereits bestehenden Meinungen in dieser Bezie- hung zu ändern und neu zu begründen. Andererseits aber han- delt es sich gegenwärtig darum nicht, neue gesezliche Bestimmungen zu suchen und zu finden, es handelt sih vielmehr nur darum, zu erörtern und zu prüfen, ob die Regierung in der Art und Weise wie sie die Preßpolizei handhabt, von den Bestimmungen der Verfassung abweicht, oder ober diesen getreu bleibt. Die Verfassungs -Urkunde, meine Herren, sie kennt sowohl Präventiv- als Repressiv-Maßregeln, die ersteren gegen die periodische Presse politischen Jnhalts, die leßteren gegen die übrigen Er- zeugnisse der Literatur. Dies ist der Boden des Gesehes, auf wel jem ir stehen, und welcher unverrückt in das Auge gefaßt werden muß. Jn bei- den Beziehungen sind nun gegen die Art des Vollzugs Beschwerden laut geworden , und ih werde mir daher erlauben, beide Gegenstände zu trennen und jeden einzeln zu erörtern. Was vorerst die Censur betrifft , #o be- stimmt der §. 2 Beilage 3 der Verfassungs -Urkunde, daß alle politischen Zeitungen, alle periodischen Schriften, politischen und statistischen Ju- halts, der dafür angeordneten Censur zu unterliegen haben. Diese Bestimmung ist klar, und nur einmal ist es versucht worden, ihr eine beschiänkende Auslegung zu geben eine Auslegung, die nicht im Einklange steht mit dem Wortlaut, nicht mit der Geschichte der Geseß- gebung, nicht mit früheren ständischen Beschlüssen und. init der vielsährigen Uebung, Man hat zwar bemerkt, daß im Jahre 1803 alle Censur ausge-

- strichen habe.

hoben worden sev, aber es war dies nur der Fall bezüglih der Bücher nicht rücksichtlih der periodischen Zeitschriftenz neben der Verordnung vom

13, Juni 1803 bestand jene vom 6. September 1799, welche die Censur |

der Zeitschriften fortan aufrecht crhielt. Die Regierung hat jener beschrän- kenden Auslegung der verfassungsmäßigen Bestimmungen nie gesetzliche Wirk- samkeit zugestanden, und cs is auch dermalen die Ansicht, als ob die Cen- sur nicht über alle Zeitschriften politischen Juhalts geübt werden könne, und müsse nur vou ciner Seite her geltend gemacht werden, die hohe Kammer aber selbst scheint desfalls keine Zweifel zu nähren, und daß die Regierung die Censur im vollen verfas- jungsmaßigen Umfange übe, dies is Jhnen, meine Herren, bereits im

Jahre 1840 vom Ministertische unverhohlen gelassen worden. Man hat |

aber von mehreren Seiten angeführt, es werde jeßt die Censur jedenfalls zu hart geübt, und der Herr Antragsteller selbst stüßt seinen Antrag auf die Angabe: „Die Censur werde dermalen mit einer unerträglichen Strenge

geübt, viel strenger über innere als über äußere Angelegenheiten sie dulde keine |

freimüthige Aeußerung über die unbedeutendsten Angelegenheiten des öffent- lichen Lebens, und der armselige Rest von Gedankenfreiheit, den ministerielle Vorschriften etwa noch offen lassen, dieser werde noch vollends vernichtet durch den servilen Eifer und durch die kurzsichtige Gefallsucht vieler engher zigen Censoren.““ Deshalb erachtet er die Zurückfführung der Censur auf die ver fassungsmäßige Bahn für nöthig. Es ist jedoch bereits vom Herrn Referenten des dritten Ausschusses erschöpfend dargethan worten, daß in rechtlicher Beziehung diese Anschuldigungen und der darauf gestüßte Antrag unbegründet seyen, indem eine Abweichung von den verfassungsmäßigen Bestimmungen nicht nachgewiesen werden könne. Jch theile dessen Ansicht in dieser Bezichung vollständig, und habe seiner Erörterung nichts mehr beizufügen, Der Herr Referent hat aber auch den Mangel thatsächlicher Begründung des Antrags hervorgehoben, und er beklagt, wie er leider sich vergebens nach Mittheilung auch nur einer Thatsache umgesehen habe, welche die von dem Herrn Autrag steller vorgebrachten Anschuldigungen zu begründen geeignet wäre. Jch theile vollkommen auch diese Ansicht des Herrn Referenten, daß der Antrag der that- sächlichen Begründung entbehre, aber sein Bedauern darüber, daß zur Begrün- dung des Antrags Thatsachen nicht vorgebracht worden sind, kann ich nicht thei- len, denn es liefert diese Wahrnehmung nux den Beweis, wie der Herr An- tragsteller solche Thatsachen nicht gewußt habez hätte er deren gekannt, er wäre gewiß nicht zurückgetreten vor ihrer Veröffentlichung. Jch meiner-

seits muß aber beklagen, daß er keine Scheu getragen hat, die Censoren in |

der Vielhcit , sonach cine ganze Klasse von Beamten wegen ihrer pflichtge treuen Berufserfüllung der Kurzsichtigkeit, der Engherzigkeit und der Gefall sucht zll beschuldigen, ohne auch nur eine einzige Thatsache zur Begründung dieser Anschuldigungen vorzubringen, und dies auf einem Kampsfplatze, den sie nicht zu betreten vermogen, und wo sie seinen Angriffen wehrlos preis- gegeben sind. Auch Jhr sehr verehrter Ausschuß, meine Herren, hat, wenn er gleich Die Ansicht des Herrn Antragstellers nicht ganz getheilt hat, doch anneymen zu sollen geglaubt, es würde die Censur zur Zeit mit übertriebener Hárte gehandhabt, Er hat zu dessen Beweis zwei Thatsachen erwähnt. Die erste Thatsache ist die, daß ein Censor von einem Verleger die Vorlage eines jeden über ein gewisses Verhältniß eingehenden Manuskripts verlangt habe, möge das- Me 4 Ie Deaumge-Tentel oder zu einer Druschrift bestimmt seyn. Cen M le L N egierung hat ne die verfassungsmäßig nicht begündete i sur über Druckschriften in Anspruch genommen; wenn daher ein Censor e S jene Auslage machte, so hat er seine Befugniß unverkenn

Har ü \erscritten, und der Berleger würde sich durch die thm ofen stehende Beschwerdeführung vor der nicht zu rechtfertigenden Zumuthung haben schüßen können, Er hat dieses unterlassen, und es kann nun der Regie

rung wegen des thr unbekannt gebliebenen einzelnen Uebergriffs ein Vor

wurf nicht gemacht werden. Als zweite Thatsache wurde hervorgehoben, daß die Verhandlungen der gegenwärtigen Stände-Versammlung in den verschiedenen Blättern so verschiedenartig, theils mit ziemlicher Vollständigkeit, theils höchst mangelhaft erscheinen, und es wunde hieraus die Vermuthung ge schöpft, es bestünden desfalls gar keine, oder aber verschiedene Justructionen für die einzelnen Censoren. Es sind in dieser Beziehung auch von einigen sehr ge ehrten Rednern Belege beigebracht worden, inhaltlich derer einzelne Censoren in den Berichten über die Verhandlungen der Kammer Abstriche vorgenommen haben. Es is Jhnen, meine Herren, bereits im Jahre 1840 von diesem Tische aus bemerkt worden, und ih wiederhole es auf das bestimmteste, daß allen Regierungen der ausdrückliche Auftrag gegeben worden is, in den Verhandlungen der Stände durch die Censur nichts abstreichen zu lassen, was nicht nah Vorschrift des §. 21, Tit. 11. der Beil. 10 zur Verfassungs- Urkunde oder nach §. 107 der Geschäfts - Ordnung in diesem Saale selbst nicht gesprochen werden soll, und wenn es dennoch geschieht, nach §. 109 der Geschästs-C rdnung nicht in die gedruckten Verhandlungen aufgenommen werden darf. Es ist dies eine Justruction, eine Norm, die meines Erachtens vollkommen klar und bestimmt is, die keinen Zweifel mehr übrig lassen kann. Es is im Laufe der gegenwärtigen Ver- handlungen nux cinmal dem Ministerium zur Kenntniß gekommen, daß der Censor in einem Blatte cine Stelle der Nede eines Herrn Abgeordneten ge- Jch erlaube mir, die Entschließung vorzulesen, welche des- falls von dem Ministerium augenblicklich, ohne vorerst eine Beschwerde ab

zuwarten, erlassen worden ist: „Es ist bereits durch mehrere Entschließun gen bestimmt worden, daß die Veröffentlichung der Stände-Verhandlungen durch die Censur nur insofern beanstandet werden solle, als sich in den Aeu

ßerungen einzelner Kammer - Mitglieder allenfalls gegen die Bestimmun

gen der Beilage X zur Verfassungs - Urkunde, Tit. U. §. 21 resp. der Geschäfts - Ordnung §. 107 verfehlt worden sevn sollte. Dieser Vor schriften ungeachtet hat der Censor der N. N. Zeitschrift, wie die beiden Anlagen erweisen, in der von dem Abgeordneten N. N. gehaltenen Rede mehrere Stellen und Ausdrücke gestrichen, die sih_ unter die erwähn ien gesetzlichen Bestimmungen nicht subsumiren lassen, und die auch in anderen Zeitungen unbehindert erschienen sind. Die Kreis - Regierung wird nicht verfehlen, den betreffenden Censor darüber zu belehren, daß er in dem vorliegenden Falle zu weit gegangen sey u. st. f.“ Die gestrichene Stelle is auch in einem der nächsten Blätter erschienen. Jch frage Sie, meine Herren, kann eine deutlichere Bestimmung gegeben werden über die Censur der ständischen Verhandlungen als die erwähnte? Und dennoch wird geklagt, daß nicht danach verfahren werde. Hierin mögen Sie einen Be- iveis finden, wie {wer es is, Normen zu geben, die allseits gleichmäßig in Vollzug gebracht und ohne Verschiedenheit behandelt werden. Ge nug, wenn Normen bestchen, Das Recht der Beschwerde gegen deren Ueberschreitung is jedem Einzelnen gegeben, und durh Be \hwerdeführung kann ein gleichmäßiger Vollzug herbeigeführt wer ten. Außer diesen Thatsachen bezüglich der Censur der Stände - Ver handlungen sind noch einige andere sonstige Verhältnisse betreffende er- wähnt worden. Es is vorerst gesagt worden, wenn die Censur nicht be stunde, so wären bei dem Kanalbau Millionen erspart worden. Meine Herren, es is aber nicht eine Entschließung ergangen, welche geboten hätte, Artikel über den Kanalbau nicht zuzulassen; und es is auch niht eine Be- schwerde während der ganzen Dauer des Kanalbaues darüber vorgekommen, daß die Censur solche Artikel gestrihen habe. Gleiches is der Fall bezüg lich des Eisenbahnbauesz; auch desfalls is keine Bestimmung ergangen, wo- nach Artikel über die Eisenbahnbauten nicht zugelassen werden sollten,

(Fortseßung folgt.) ————p—

F Le N.

Neapel, 22. April. (A. ZZ Gestern is Se. Kaiserl. Hoheit der Großherzog von Toskana nebst der Großherzogin, dem Erbprin- zen von Toskana und der Erzherzogin Maria Jsabella hier ange- fommen. Sämmtliche hohe Gäste werden der Vermählung der künftigen Kaiserin von Brasilien beiwohnen, die ohne Zweifel im Laufe des Monats Mai stattfinden wird, indem man noch vor Ende dieses Monats das Brasilianische Geschwader hier erwartet, welches die Kaiserliche Braut an ihren künftigen Bestimmungsort bringen soll.

Das Castell Pozzallo in der Provinz Noto wurde unlängst in die Luft gesprengt, indem der Bliß in die Pulver -Kammer \chlug, woselbst 12 Ctr, Pulver lagen; das Material wurde 1500 Fuß in der Weite umhergeschleudert, das Dach einer Kirche zertrümmert; glückliherweise war kurz vorher die Messe zu Ende gegangen, folglich die Kirche leer, so daß man nur zwei Opfer zu betrauern hatte, während es wenige Augenblicke vorher noch Hunderte von Leben hätte kosten können,

| nen, vereinzelten, der Obhut der Feinde ihres Vaters preisgegebenen

971 S panien.

© Madrid, 27. April. Ju der gestrigen Sihung des Se- nates kamen, obgleich nur im Vorbeigehen, auch die Verhältnisse Spanieus zum Römischen Stuhle zur Sprache. Der Senator O hchoa war der Meinung, die Spanische Regierung müsse dem Papste geradezu den Krieg erklären und den vom Oberhaupte der Kirche nodh nicht bestätigten Bischöfen die Befugniß ertheilen, ihr geistlihes Ämt in | gleichem Umfange, wie die vom Papste eingesebßten, auszuüben. Herr Ferrer erwiederte darauf, er habe gute Gründe, anzunehmen, daß | der Römische Stuhl uahe daran wäre, sich mit Spanien zu verstän- ! digen und die obschwebenden Angelegenheiten zu erledigen. Ju der | That scheiut von hier aus ein Versuch gemacht worden zu seyn, eine Unterhandlung anzuknüpfen. Der kürzlih von der Regierung zum Erzbischof von Toledo ernannte Prälat, Don Antonio Posada Rubin de Celis, der früherhin vom Papste bestätigter Bischof von Carthagena war, und dann zum Erzbischof von Valencia ernannt wurde, hat bei dem Römischen Stuhle die Bestätigungs- und Einsetzungs= Bulle nachgesucht, und bei dieser Veranlassung die Grundzüge zu ei- uer gegenseitigen Verständigung vorlegen lassen.

Der Haupt=-Gegenstand der gestrigen Debatten war jedoch aber-

Herrn Guizot für einen gewissen Fall angekündigte Einmischung ge- richtet ist. Herr Ferrer erklärte, viele Europäische Kabinets wären darüber erstaunt, daß die Spanische Regierung sich nicht laut über cine st wichtige Frage, wie die künftige Vermählung der Königin wäre, ausspräche. Der Senat müsse daher diese Angelegenheit zur Sprache bringen. Denn es könnte, falls die Königin in der That

sich mit cinem dem Franzbsischen Hofe gefälligen Prinzen vermähle, |

| daraus späterhin, weun ein Europäischer Krieg ausbräche, der Vor

| s i v i Ä | wand genommen werden, zu behaupten, es hätte Zwang stattge= |

| funden, und auf diese Weise das Recht der Königin beeinträch- | tigt werden, Die größte Aufmerksamkeit erregte die Rede des Jntendanten des Königlichen Hauses, Herru de los Heros, der einen großen Aufwand von historischer Gelehrsamkeit machte, um die Zuhörer zu überreden, daß das Haus der Bourbons

Spanien seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts unterläge. ,„Die Bourbons haben ihren Beruf erfüllt“, rief er aus, „sie haben Spanien zu Grunde gerichtet und in Fesseln gelegt. Wenn die Bour-

| bons für immer auf dem Spanischen Thron verbleiben sollen, so ge

Ds

hört dieser Thron nicht Jsabella 11, sondern den Bourbons au, und Jsabella 11. würde nur der passive, die Bourbons der aktive Theil seyn.“ Mit der Thronbesteigung Philipp's V. hätte Spauien die Niederlande, Neapel, Sicilien, Sardinien, Mailand verloren. „Allein noch mehr“, sagte Herr Heros, „Alles, was unsere Vorfahren in den leßten drei Jahrhunderten waren, verdankten sie den ruhmvollen Da- men, die auf dem Spanischen Thron saßen. Man befürchtete, die Nation könnte sihch abermals so glückliher Regierungen erfreuen, und das Geseß, welhes den Töchtern die Thronfolge zusicherte, wurde durch widerrehtlihe Mittel für nichtig erklärt. Der Redner ging dann die Geschihte aller Kriege dur, welche Spanien im vorigen Jahrhundert in Verbindung mit Frankreich gegen andere Mächte führte, vergaß aber anzuführen, daß Karl Ul., quoique Bourbon, in seinem (von Muriel herausgegebenen) politischen Testamente seine Nach= folger warnte, sih in enge Allianz mit Frankreich einzulassen, und an= rieth, ein Gegengewicht in Bünduissen mit entfernteren Mächten zu suchen, daß Karl 1V. auf den Gedanken kam, die von Philipp V. eingeführte Thronfolge-Orduung für ungültig erklären zu lassen, und daß Ferdinand VII,, nachdem die Französischen Bourbons ihm wieder zu dem Besibe der unumschränkten Gewalt verholfen hatten, ihren Rathschlägen kein Gehör gab, sondern vielmehr ihnen, und den übri= gen Bourbons zum Trob, das früher herrschende System der agna- tischen Erbfolge wiederherstellte. Herr Heros behauptete endlich, Jsa- bella 1, würde sich, troß der Willens - Erklärung des Französischen Ministers, mit keinem Bourbon vermählen. Der Senator Romo Gamboa bemerkte dagegen, daß dieses von der Entscheidung der Königin selbst und der Cortes und nicht von der des Herrn Heros abhänge.

Die öffentlihe Meinung spricht sich heute laut gegen den Ton aus, dessen sich Herr Heros in seiner Rede bediente. Das Eco del Comercio, das Organ der eigentlichen Progressisten, sagt: „Herr Heros erlaubte sich eine eben so schneidende als die erlauchten Vor- fahren Jhrer Majestät beleidigende Sprache, ohne die Rücksichten zu bedenfen, die dem Juntendanuten des Königlichen Hauses, der sih täg= lih der Abkömmlingin der Beleidigten vorstellt, geziemen. Aus dieser

| unhöflihen, von der Rachsucht eingegebenen Sprache darf man auf | das schließen, was die erlauchte Waise von dem unversöhnlichen Feinde | ihrer Familie zu erwarten hat. Es ist auffallend, daß cin Mann, der

erklärt, er verabscheue eine ganze Dynastie, die Güter einer verlasse-

Waise verwalte.““ u. \. w.

Cine andere Aeußerung des Herrn Heros findet dagegen unge= | theilten Beifall. Er wies die Behauptung des Herrn Guizot, es gäbe in Spanien zwei Parteien, eine Französische und eine Antifran= zösische, mit Nachdruck zurück, und berief sich dabei auf die Moderirten selbst, und sogar auf die Karlisten. Ju der That erklärt heute der Heraldo, das Organ der Moderirten, es gäbe nur eine Partei, die Spanische, und diese widerseße sih jedem ausländischen Einflusse, dem Englands wie dem Frankreichs.

In der heutigen Sißung des Senats verkündigte Herr Carrasco, der als Vorfechter der Moderirten auftritt, diesen Grundsaß noch lauter. Darauf wurde dic Adresse als Ganzes durch 39 Stimmen gegen 21 angenommen, und man schritt zur Diskussion der einzeluen Abschnitte. Austatt der Worte der Einleitung des Entwurfs: „Die Befriedigung, welche Ew. Hoheit ausdrückt, die Regierung von den Cortes umgeben zu schen“, wurde beschlossen, folgende zu seten: „Den Thron unserer Königin Jsabella 11. umgeben zu se- hen.“ Darauf erklärte die Kommission, daß sie die, die auswärtigen Verhältnisse betreffende Stelle zurücknehme, und neu bearbeiten wolle. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten sagte, die Minister hätten sich nicht in die Diskussion eingemischt, um den Debatten freien Spielraum zu lassen.

Die Gaceta kündigt heute an, der Finanz-Minister werde einen Geseh - Entwurf vorlegen, kraft dessen die Zinsen der 4=- und 5proc. fonsolidirten innern, und die der aktiven 5proc. auswärtigen Schuld, die für die Semester bis zum 1. Mai 1843 fällig waren oder seyn werden, zu 3 pCt. kapitalisirt werden sollen. Während die 3 pCt. in London auf 34 bis 35 stehen, schwankten sie hier heute zwischen 2 und 28.

S Paris, 4. Mai. Das Ayuntamiento von Barcelona hat an das Advokaten - Kollegium dieser Stadt folgende beiden Rechts= Fragen gestellt: „Erstens. War die Kriegssteuer von 12 Millionen Realen, welche Barcelona in Folge der November-Ereignisse des vo- rigen Jahres aufgelegt wurde, geseßmäßig oder ungeseßmäßig? Zweitens. Welche Mittel hat das Ayuntamiento anzuwenden, um die

men (über 4 Millionen Realen), sondern auch der Waffen und sonsti=

der National =- Garde gehörten.“ Die Antwort auf diese Fragen ist beslimmt, die Reclamationen zu unterstüßen, welhe auch das neue Ayuntamiento bei den Cortes zu erheben beabsichtigt, und sie wird ohne Zweifel ganz im Sinne der Fragsteller ausfallen. Da die Regierung ernstlih darauf besteht, daß die Barceloneser eudlich aufangen, der militairischen Dienstpfliht Genüge zu leisten, wie alle übrigen Spanier, so beschäftigt sich das Ayuntamiento mit den zu diesem Zwecke nothwendig gewordenen Maßregeln. Die städtische Behörde will indessen die Verantwortlichkeit für dieselben, allem Auscheine nah, nicht auf sich nehmen, sondern sie hat die Wahl einer außerordentlichen Junta angeordnet, welche über diese schwierige Angelegenheit berathen und beschließen soll. iz _ Der erste Alkalde, Herr Maluquer, sorgt mit ununterbrochenem Eifer für die Verbesserung der städtischen Polizei. Eine Anzeige be= nachrihtigt das Publikum, daß es sih niht darüber wundern solle, wenn anständig oder selbst elegant gekleidete Personen auf Spazier= gängen, öffentlichen Pläßen, in den Theatern u. \. w. ver aftet wer= den, denn die städtische Behörde sey einer Bande von Dieben und Gaunern auf der Spur, welhe Barcelona unter der Beobachtung aller Formen der guten Gesellschaft ausbeuten. Eine weitere Kund-

indessen |

allein Schuld an allen Leiden und Unglücksfällen wäre, unter denen |

| men Konsistorium zu Rom am 3. April gefaßt worden.

Rückerstattung nicht nur der auf jene Contribution assen und Sums-=

gen Effekten zu erlangen, welche entweder Privat-Personen oder aber

machung des Alkalden verbietet die Kabenmusiken, welche das Volk

mals die Stelle des Entwurfes der Adresse, welche gegen die von | bisher den sich wiederverheirathenden Wittwern und Wittwen zu

geben pflegten. Dagegen erlaubt Herr Maluquer die Veranstaltung von Festmahlen und Bällen auf bloße vorgängige Anzeige, während früher bei solhen Gelegenheiten eine gewisse Cautions-Summe als Le für ordentliches und gesebmäßiges Betragen gestellt wer= en mußte. j :

Man kündigt in Barcelona ein neues Blatt unter dem Namen des sungen Spaniens an.

S Portugal.

A Lissabon, 24. April. Die Differenzen der Regierung mit dem Römischen Hofe sind vollständig ausgeglichen. Der Päpstliche Abge= sandte, Monsignore Capaccini, hat der Regierung offizielle Mittheilung von Depeschen gemacht, die er aus Rom erhalten, und nach welchen der Papst die Ernennungen der Königin zu der Stelle eines Patriarchen von Lissabon, eines Erzbischofs von Braga und eines Bischofs vou Leiria bestä= tigt und den beiden Prälaten für die zwei erstgenaunten Stellen das Pallium verliehen hat. Der betreffende Beschluß war in dem gehei- ortu) 1 Man sieht auch der Bestätigung der Ernennungen für mehrere andere Bisthümer entgegen, worüber jedoch zur Zeit des genannten Konsistoriums die Akten noch nicht beim heiligen Stuhle eingetroffen seyn konnten. Man darf nun auch binnen kurzem dem Abschlusse êines förmlichen Koun- kordats mit Rom entgegensehen, da die bis jeßt demselben entgegenge= standenen Haupthindernisse vollkommen beseitigt sind. Nux eine Stimme herrscht über die Geschieflichkeit, mit welcher Monsignore Capaccini die lange s{hwebenden Unterhandlungen endlich zu einem erwünschten Ausgange geführt und dadurch den ihm schon vor seiner Aukunst hier vorgusgegangenen Ruf vollkommen gerechtsertigt hat.

Die finanzielle Ausgleichung zwischen unserer Regierung und der Brasilianischen is nun ebenfalls glücklich zu Stande gebracht, nahdem die Ratisication von Brasilignischer Seite für die zu diesem Zwecke abgeschlossene Uebereinkunst gegeben worden is. Bereits sind von Rio Janeiro Weisungen nah London ergangen, um dort 750,000 Pfd. St.

in Bons zu löschen und dafür Brasilianische in gleihem Betrage den Juteressenten auszuhändigen.

Ein bedauerlicher Unglücksfall hat die Hauptstadt getroffen. Eine furchtbare Feuersbrunst hat das {chöne Gebäude der polytechnischen Schule, ehemals das adelige Collège, in Asche gelegt, doch gelang es, die anstoßenden Gebäude zu retten. Leider sind au drei Men= schenleben zu Grunde gegangen, und aht Personen wurden mehr oder minder shwer verwundet. Mit der Schule ist auch cin chemi= sches Laboratorium verknüpft, und bei den ín diesem vorgenommenen Experimenten scheint das Feuer ausgebrohen zu seyn, indem eine plöbliche Explosion erfolgte und gleich anfangs zwei der umgekomme= nen Personen getödtet haben soll. Der Eifer der Bevölkerung im Löschen wurde durch die schnell erfolgte Ankunst des Königs elbst auf dem Plate und eines seiner Offiziere, welche selbst die Arbeiten leiteten, noch erhöht, und den vereinten Anstrengungen Aller is es zu danken, daß uicht größerer Schaden angerichtet wurde. Die Mannu= schaften des Englischen Linienschiffes „„Vanguard“ und des Französi= hen „Suffren‘“/ waren mit ihren Pumpen {nell zur Hand und leisteten große Dienste; leider hat einer der Französischen Seeleute, die sih vor Allen auszeichneten, dabei scinen Tod ín den Flammen

gefunden. i.

TULCR Et

Konstantinopel, 19. April. (A. Z.) Der Sultan berief vor einigen Tagen seine Minister und die Großwürdenträger des Reichs ins Palais, wo über die Mittel, die Beschlüsse der hohen Pforte rücksihtlich Serbiens auf die der Würde des Gouvernements am wéeuigsten nachtheilige Art in Ausführung zu bringen, berath= schlagt werden sollte, Der Sultan eröffnete die Sibung in eige= ner Person mit einer Anrede, welhe großen Eindruck gemacht E ben soll. Jhr Inhalt bezog sich vorzüglich auf die zwischen Ruß= land und der Türkei bestehenden freundschaftlihen Verhältnisse, auf die überaus wohlmeinenden Gesinnungen des Kaisers Nikolaus und auf die Nothwendigkeit, die gegenseitigen Gefühle der beiden Nationen zu hegen und ihnen eine immer größere Entwickelung zu verleihen, wobei der Großherr die Russishe Allianz zu wiederhol= tenmalen das s{hönste Vermächtniß nannte, das er und feine Unter= thanen von dem verewigten Sultan Mahmud überkommen haben. Auch drückte Se. Hoheit das höchste Bedauern über die Mißverstäud= nisse aus, welche die Entscheidung der Serbischen Frage so lange auf- geschoben hatten. Einige der anwesenden Minister versuchten diese Verzögerung durh das Benehmen der in der Türkischen Hauptstadt akfreditirten Europäischen Gesandten zu Qu rge oder zu erklä- ren, ohne daß jedoch irgend eine ungeeignete Bemerkung über die in der Divanssißung vom 11ten mit so vielem Nachdruck herausgeho= bene Jukonsequenz derselben gemacht worden wäre. Der in E Sibung gefaßte Beschluß geht nun dahin, es sey der Russische Botschafter um einen Aufschub für den Kara Georgiewitsh zu bitten, damit diesem die nöthige Zeit gegönnt werde, um mit Ehren von der Regierung abzutreten und seine Entlassung zu verlangen; so werde man, meint die Pforte, für Kara Georgiewitsh den Schein einer freiwilligen Abdankung retten können. Es würde also, nah den Ansichten des Türkischen Gouvernements, zuerst Kiamil Pascha abzu- berufen, Wutsitsh und Petroniewitsh zur Rechtfertigung ihres Beneh- mens während und nah der September -Umwälzung nah Konstanti- nopel vorzufordern seynz nah Verlauf eines zu bestimmenden Zeit=- raumes sollte dann der Fürst Alexander Georgiewitsh abtreten, und dan erst wäre die neue Fürstenwahl in Beigros -vorzu= nehmen. Gleich nach_ der Sibung verfügte sich Sfen! zu Herrn von Butenieff und theilte ihm die genaunten Resulta der Berathung mit. Herr von Butenieff. gegen dent Geor Us verlangten Au ausgesebt, daß dieser Aufsd

midt zu lang