1843 / 130 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Palaste aus in Bewegung, vorauf ein Detaschement reitender Garde- Kürassiere, deren Musif den Todtenmarsch aus „Saul“ spielte. Außer dem Herzoge von Cambridge war Niemand von der Königlichen Fa- milie zugegen z die Königin und die übrigen Mitglieder derselben hat- ten ihre Equipagen geschickt. Ein lauger Wagenzug {loß sich an diese leßteren an, so daß die Prozession fast eine Englishe Meile einnahm. Die Zahl der in Kensington und der nächsten Umgegend versammelten Menschenmenge wird auf 25,000 bis 30,000 angegeben. Wogendes Gedränge umgab den Zug auf dem ganzen Wege bis zu dem Kirhhofe vou Kensal-= Green, läugs welhem an vielen Orten Schaugerüste aufgeschlagen waren; auf dem Kirchhofe selbst hatten

6000 Menschen gegen Einlaßkarten Eingang gefunden. Hier fanden sich auch die Hof = Beamten und übrigen Kabinets Mitglieder ein, denn nur der Herzog von Wellington hatte

sich dem Zuge selbs| angeschlossen, und eben so Prinz Albrecht und Prinz George von Cambridge, welche um 10 Uhr eintrafen. Eine halbe Stunde darauf langte der Leichenzug an und passirte durch ein von der Kavallerie - Eskorte gebildetes Spalier in die Thore des Kirchhofes ein, worauf der Zug neu gebildet und der Sarg, dem der Herzog von Cambridge, der Prinz Albrecht und Prinz Georg von Cambridge, alle drei in langen, s{chwarzen, mit dem Stern des Ho senband- Ordens gezierten Mänteln, so wie der Erbgroßherzog von Mecklenburg=Streliß, zu Fuße folgten, in die Begräbnißz-Kapelle ge= bracht wurde. Nachdem sodann der Bischof von Norwich die Trauer Liturgie verlesen hatte, endete die Feierlichkeit mit der Versenkung des Sarges in das Grabgewbölbe. Der Nachlaß des Herzogs von Sus= sex soll ziemlih bedeutend seyn, da er sein Leben in mehreren Lebens versicherungs-Gesellschaften zu hohem Belgufe versichert hatte. Den Nießbrauch des Vermögens erhält die Herzogin von Juverneß, nach deren Tode dasselbe an die Kinder aus der ersten Ehe des Herzogs, Sir Augustus d’Este und Mademoiselle d’Efte, zurückfällt.

Die hiesigen Blätter scheinen die Besibnahme von Sind eben nicht mit günstigen Augen zu betrachten. Die Times beginnt einen Artikel darüber mit den Worten: „Die gewöhnliche Praktik des An griffs, der Eroberung und der Plünderung is zur Vollendung gedie hen, Sind ist dem Gebiete des Britischen Reichs beigefügt worden,“ Eben so wenig is der Globe damit zufrieden; er weist auf den Widerspruch hin, in welchem diese Besißnahme mit dem aufänglichen Mauifest des Lord Ellenborough stehe, worin derselbe ein friedliches Regiment führen zu wollen angekündigt habe. An einer anderen Stelle bezeichnet dies Blatt den General-Gouverneur als Nachahmer Napoleon's, den er selbst in seinen Bülletins zu kopiren strebe. An der Börse haben diese Nachrichten indessen einen nicht ungünstigen Eindruck gemacht, und die Englischen Fonds sind darguf höher ge gangen.

O'Connell seßt seine Repeal= Agitation eifrig fort. Ju seiner ain 1, guf der Kornbörse in Dublin gehaltenen Rede erklärte er unter Anderem, daß er nöthigenfalls 300 Deputirte der Repeal Vereine in den verschiedenen Theilen Jrlands in Dublin versammeln und zu einer permanenten Gesellschaft konstituiren werde.

Die kirchliche Missionsgesellschaft hielt am 1. d. in Exeter = Hall ihre Jahresversammluug, welcher diesmal besonders viele Damen und Geistliche beiwohnten, Aus dem Berichte geht hervor, daß die Ge sellschaft in rashem Zuwachs begriffen i, und daß ihre vorjährigen Einnahmen nicht weniger als 115,000 Pfd. St. betrugen, was bis her in der Geschichte religiöser Vereine unerhört war. Se. Majestät der König vou Preußen, welcher im vorigen Jahre Mitglied wurde und als Eintrittsgeld 100 Pfd. Stk. sandte, steuert jährlich 25 Pfd. St. bei.

Herr Brunel befiudet sich noch in demselben gefährlichen Zu- stande, wie zur Zeit der lebten Nachrichten. Es is noch kein Ber= such wieder gemacht worden, das Goldstück aus der Kehle zu entfernen,

Gestern fand in Liverpool abermals eine bedeutende Feuersbrunst statt. Sie kam ín den großen Speichern am Duke's Dok în der Nähe des Zollhauses aus, welche den Erben des Herzogs von Brid- gewater gehören. Drei dieser sieben Stockwerk hohen mit Baum wolle und Korn gefüllten Speicher sind niedergebraunt, und der Schaden wird auf 15,000 bis 20,000 Pfd. geschäßt. Auch in Stockport hat am 1sten d. M. eine nicht unbedeutende Feuersbrunst stattgefunden, welhe die Kattunfabrik des Herrn Fearnley fast ganz zerstörte und einen Schaden vou 10,000 Pfd. verursachte.

5 London, 5. Mai, Cobden benußt als geschickter Taktiker jede Blöße, welche sih die Gutsherren geben, um unter ihnen selbst und ihrem Anhaug Mißtrauen zu säen und Zwiespalt zu erregen, Die beständigen Klagen der Morning Post und vieler Provinzial Journale über Untreue und Verrätherei von Seiten des Ministe- riums und die ewigen Wiederholungen derselben bei jeder ländlichen politischen Versammlung von allen Gutsherren, die entweder, wie der Graf Stanhope, von blindem Eifer hingerissen werden oder sich bei den Pächtern beliebt machen wollen, leisten feinem Streben deu

trefflichsten Vorschub, Deun es scheiut allmälig die Lust bei ihnen zu erwachen, die andere Partei doch wenigstens anu- zuhören. Js es nun aber erst einmal so weit gekom-

men, so isst Cobden gerade der Mann, der sie zu sich herüberziehen faun, Mau erinnere sich nur, wie noch vor zwei Jahren die ausge- sandten Redner der League selbs in größeren Landstädten beschimpft zu werden pflegten, wie sie oft sogar mit Steinwürfen empfangen wurden und {ließe dann, wie groß die vorgefalleue Veräuderung seyn müsse, wenn jeßt Cobden in den kleinsten Marktflecken nicht nur ruhige Zu- S sogar öffentliche Anhänger findet. ç den bat demnach ganz recht, weun er die Zeit für nicht sehr [en R wo die Pächter die Abschaffung aller Getraidezölle eben L Eder würden, als die Städter, Bei diesen nimmt aber don dafür statt Mlich zu, Jede Versammlung, die jebt in Lon- Personen AuAE et, wird zahlreich besuht. Es is zwar einigen geungen, die Eigenthümer vom Drurylane-Theater dazu zu bewegen, daß sie die fernere Vermietl C E O für die Haltung der Legenere ermiethung dieses großen Gebäudes darum werden dieselbe ague=Versammluugen verboten haben; aber Anstalten getrof} n nicht aufhören. Der Ausschuß hat vielmehr A i B beten Wies en, dieser bequeme Mittelpunkt entzogen halten und somit den Gegenstans denen Theilen der Hauptstadt zu , Aufmerksamkeit {i ® nicht einen Augenblick in der öffent- lichen Aufmerksamkeit \{lummern zu \ 2 Q, die Frage wieder vor das Unterhaus en Am Sten wird Villiers )aus bringen, und zugleich werden di Abgeordneten Fr ade von ganz Großbritanien E, M: Ma erscheinen und gleichzeitig mit dem Parlay ; und Debatten halten. Gegen solche Ed Em ungen aller Widerstand vergeblih. Schon längst haben vie C Thätigkeit ist L Me a wagen es uui mehr, durch C s ammlungen der Gegner des Getraidegeseßbes den Mit Al, a fte sicherer Beweis, daß die höheren D Altten nachgeben dürften.

Das Unterhaus hat dieser Tage einen Vorschlag zur Verände- rung unserer etwas veralteten Geseßgebung in Bezug auf vie Ebes eidung verworfen. Wahrscheinlich aestbal es, weil man den Gegenstand für viel zu wichtig hielt, um ihn vou einem Privat-Mitgliede. auf eine hastige Weise behandelt zu schen, Aber ‘daß man nicht lange bei dem gegenwärtigen System wird stehen blei- ben fönnen, is schon dadurch bewiesen, daß die fonservative Times

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sich von der Nothwendigkeit einer baldigen Reformation überzeugt er- kläre. Ein Haupt-Uebelstand des jeßigen Systems is z. B., daß der Kostspieligkeit der Prozeduren wegen Niemand als die allerreihsten auch nur daran denken können, um eine Ehescheidung nachzusuchen. Der Hirtenbrief des Bischofs von Loudon, wegen einer Kollekte zum Besten eines Chinesischen Missions - Bisthums, macht viel Auf- sehen. Viele fragen: warum diese Anstrengungen für das ferne China, und zum Besten der Opiumhändler an der dortigen Küste, während für die Hunderttgusende noch nicht gesorgt is, die im eigenen Vaterlaude, bewiesenermaßen, uicht uur in blinder Unwissenheit über Gott und den Erlöser leben, sondern auh in den gröbsten Lastern versunken sind? Dennoch haben im Laufe des vorigen Jahres die drei vorzüglichen Missions- Gesellschaften (die s\trengkirchliche zur Verbreitung des Evangeliums im Auslande, die kirchliche Missions- Gesellschaft und die der Methodisten) eine Einnahme vou mehr als

300,000 Pfd. St. gehabt. Besonders kann \sich die Bekel) | rung der Chinesen bedeutende Theilnahme versprehen; #\o is | 3. B. einer der genaunten Gesellschaften von einem Unge

nannten zu diesem besonderen Zweck die Summe vou 6000 Pfd. zugeschickt worden. Gleihwohl wäre hier, wo man selbst in der Hauptstadt Kirchspiele hat, wo für eine Bevölkerung von mehr als 40,000 Seelen für niht mehr als 4000 Kirchenraum i}, 3 Geistliche allen Lehre und Trost bringen follen, uud kaum ein Fünftel der Ju- gend die Schule besucht, noch für vieles zu sorgen, ehe man so eifrig an die Bekehrung von Ausläudern denken sollte. Hoffentlich werden jedoch diese Bestrebungen nah außen immer mehr zurückwirken und es dahin bringen, daß, wenn man das Eiue thut, man das Audere uicht unterlasse. Unserem Bischof wenigstens muß man es zur Ehre nachsagen, daß im Cifer für die religiöse und sittliche Besserung seines Sprengels ihu Keiner übertrifft.

Uebrigens hat nach der eben angelangten Nachricht Lord Ellen= borough durch die Vereinigung von Sind mit den übrigen Britischen Besißungen in Judien unserem Missions-Cifer cin neues Feld eröffnet. Ein Gebiet von etwa 309 Englische Meilen Länge und etwa 80 Breite, ungerechnet die vielen halbwilden Stämme jenseits des Jndus, welche von den Emiren abzuhängen pflegten, und welche mau wird unterwerfen müssen, is ein auderes als das Juselcheu Houg Kong, Mit welchem Rechte aber wir dazu gekommen, wissen wir uocch mt, wahrscheinli mit dem, womit alle Eroberungen gemacht werden, dem des Stärkeren. Der Judus fehlte uns zur Abrundung uud Sicherung unserer übrigen Besibungen und Lord Ellenborough hat thn genoi= men. Da aber doch einmal etwas der Art geschehen mußte, hätte man das lieber gleih thun sollen z; der ZUg uach Kabul mit all seinen unglücklichen Folgen hätte alsdann unterbleiben fonten,

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Be14 l em.

Gestern sind der König und die Königin Beide waren sehr bewegt, als sie die De Namentlich war

Brüssel, 6. Mat. von Paxis zurückgekehrt. _1n tails der Katastrophe auf der Eisenbahn erfuhren. die Königin sichtlich davon ergriffen.

Die Emancipation meldet heute: „Es scheint sicher, daß eine große Flasche mit Alkohol zwischen Rosoux und Gingelom auf der Eisenbahn zerbrochen, und die durch die Riben des Waggon herab tröpfelude Flüssigkeit von dahinsliegenden glühenden Coaks der Lokomotive entzündet worden ist, Dadurch kam es denn, daß gleich darauf der ge- sammte Alkohol und dann der ganze Wagen in Flammen stand,“ Ferner berichtet dasselbe Blatt: „Die Eisenbahn hat jebt viel Un glück, Gestern Morgen war der um 11 Uhr von Brüssel nah Aut werpen abgegangene Convoi faum zu Contich angekommen, als die Achse des Tenders brach und dadurch ein Aufenthalt von beinahe zwei Stunden entstaud. Um 3 Uhr Nachmittags giug der Zug nach Brüssel zurü, als man 2000 Metres vou Duffel bemerkte, daß ein Wagen zu brenuen anfing. Es war dies eine neue mit einer Dedckleinwand umgebene Equipage, die auf einen Waggon ge-

laden war. Kaum hatte man Zeit, den Train halten zu lassen, der schon gauz in Flammen war, Der Ueberrest des Con vois, sogleich isolirt, wurde vor der Gefahr bewahrt, so daß

weder Morgens noch Nachmittags ein Reisender von diesen beiden Unfällen etwas zu erleiden hatte.“

Lüttich, 6. Mai. Heute sand in der Kirhe St. Veronika ein Trauergottesdienst für die Opfer der Katastrophe des 3. Mai statt. Die Leichen wurden in feierlichem Zuge zur Kirche geführt, es waren die des Herrn O. Hennebert, 26 Jahre alt, Kandidat der Medizin, des Herrn Vanhers, Eisenbahn-Couducteur, des Herrn An ton Finger, 40 Jahre alt, Eigenthümer aus Hommelsheim bei Düren und des Herrn H. Lambremout, 19 Jahre alt, Mechauiker zu Lüt tih, (Eine Dlle. Coune war bereits früher beerdigt worden.) Den Zug eröffneten Pompiers, daun folgten die Studeuten der Universi tät, die Behörden, die Leichenwagen, zuleßt die Geistlichkeit. Neben jedem Wagen waren brennende Fackeln, Mehrere Musifkchöre beglet- teten den Zug.

X7 Brüssel, 5. Mai. Die unglückliche Katastrophe, wodurch auf der Eisenbahu ses Menschen das Leben verloren uud eine bedeu tende Anzahl verwundet worden, i in ihrer nächsten Ursache noch nicht aufgeklärt. Wahrscheinlich ist, daß sich, dem Reglement zuwider, brennbare Stoffe unter der Wagrenladung befunden und der Waggon durch die innere Reibung oder durch die von der Maschine gesprüh- ten Funken in Brand gestedt worden is. Ste haben aus den Jour= nalen gesehen, daß das Unglück nur diejenigen Personen betroffen hat, welche aus den Personen-Waggons haben springen wollen, Ver brennende Waaren-Waggon is durch die Geistes-Gegenwart der Lei ter und Aufseher sehr {nell abgetrennt worden, und die Flammen haben nur einige Tapezirungen von einigen auderen Waggons hesch digt, Das Eutseten, welches diese einschlagenden Flammen unter den Reisenden verbreitet haben, ‘ist leicht begreiflich; das Schreckbild der Versailler Katastrophe vom vorigen Jahre hat wohl deu Entschluß einflöóßeu können, sich durch Herausspringen vom Tode zu retten, Mit großer Energie haben \sich die Aufseher, welche von außen die Lage besser beobachten kounten, dem Herausspringen entgegengeseßt und dadurch Vielen das Leben gerettet. Die Regierung wird nichts unterlassen, um diese Katastrophe aufzuklären und demgemäß neue Sicherheitsmaßregeln zu nehmen. j

"Die E M haben in den ersten drei Monaten d. J. 1"; Millionen weniger eingetragen als in den entsprechenden Monaten des verflossenen Jahres. Die Erklärung, die der Mon it eur dieser Thatsache zu geben sucht, scheint uns nicht genügend, Der Ausfall bei mehreren Artikeln is zu bedeutend, als daß man uicht auf Ver- minderung des Verkehrs uud der Consumtion schließen sollte, Man darf jedoch hoffen, daf für die folgenden Quartale anstatt einer Ver- minderung eine kleine Erhöhung eintritt. Jedenfalls dürfte das Bud-

et der Einnahme zu hoch veranschlagt seyn und das eintretende De- zit bei vielen Deputirten abermals ein Besserungsgrund werden, um auf Verringeruug des Militair Etats zu dringen. Es werden hierin auch fortwährend Reductionen vorgenommen, und den Kammern wird in der nächsten Session ein Organisationsplan für den Friedensfuß vorgelegt werden. L

Das Scheitern der Handels-Negociationen, die seit Jahren von verschiedenen Seiten angeknüpft worden, ift jeßt für die meisten Jour- nale das Signal geworden, um eine Aenderung des ihrer Ausicht nach zu liberalen Handels-Systems Belgiens zu verlangen. Auch eiu einflußreiches Antwerpener Journal, welches sich bisher allen restrikti- ven Maßregeln entgegengeseßt, erklärt, daß, obwohl die Haudels- reiheit das zu erstrebende Prinzip sey, doch unter den gegenwärtigen Umständen eine Aenderung in dem von Belgien befolgten Systeme eintreten müsse, Wir glauben jedoch, daß diese Journale den wirkli chen Staud der Dinge aus deu Augen verlieren, Allerdings hat Belgien in der ersten Zeit nah der Revolution ein liberales Handels Prinzip verfolgt und uamentlich die besonders gegen die Französischen Judustrieen aufgestellten Verbote oder hohen Tarife aufgeho- ben. Die Konzessionen, die Belgien, sogar unaufgefordert, an Frankrei gemacht hat, haben freilih nie ein Aequivalent erhalten, Es sind jedoch in den leßten 4 bis 5 Jahren so bedeutende Tarifs-Er- höhungen zu Gunsten der hauptsächlichsten inländischen Judustrieen vorgenommen worden, daß man s{chwerlich noch einen Haupt=Artikel findet, dem niht im großen Umfange der innere Markt gesichert wäre. Will man daher uicht den gesährlichen und in seinen Endrefultaten unabsebbaren Weg der Repressalien einschlagen, so darf man keine großen Aenderungen mehr in den jeßigen Tarifen erwarten,

Die Wahlen bleiben fortwährend der Hauptgegenstand der jour nalistishen Diskussion. Wie es scheint, wird die Genter Deputation die größte Modisication erfahren. Ein großer Theil der früheren Orangisten, die nie an den Wahlen theilnahmen, haben sih jeßt mit der liberalen Partei verbunden und dürften ihr wohl das Uebergo wicht in der Hauptstadt Flanderns verschaffen.

ibatbti ai

Sckchweden und Uorwegen.

Stockholur, 2. Mai. Die Wiederbesebung des Kriegs- Portefeuilles, auf welhe man sehr gespaunt gewesen, ist am 29. April erfolgt, indem Se. Majestät den G eneral Lieutenant Greiherrn (U. Lovisin zum „Staatsrath und Chef des Kömglichen Landvertheidigungs Departements“ ernanut haben. L erselbe ift bejahrt und {hon unter Gustav 11. in den BVienjt getreten.

Die Jahresfeier des Schwedischen „, Nüchternheitsvereins ‘“ guf dem Börsensaale war mehr als gewöhnlich interessant und wurde vor einer großen Anzahl von Zuhöreru, auh dem Kronprinzen und dessen beiden ältesten Söhnen, gehalten, Es zeichneten sich insouders qus eine militairische Abhandlung des Grafen H. Hamilton, über die Eut behrlihfeit des Branntweins für den Kriegerstand, und eine impro visirte Rede des Professor Hr. Thomander, die den stärksten Eindruck machte,

Deutsche Bundesstaaten.

Müncheu, 1. Mai. (Verhandlungen der Kammer der Ab- geordueten über die Presse.) Der Abg. Pr. Schwin dl sagte am Schlusse der Debatte in einem größeren Vortrag unter Anderem:

„És war vorauszusehen, daß in der Kammer auch die Censur Lobprei sung ärndten, dagegen die Nedefreiheit, als schädlich für das Wohl des Staats, schwerer Schuld bezüchtigt werden würde, Die Censur fand sogar theilweise lebhafte Vertheidigung mit dem fategorischen Ausdruck, daß eine volle Freiheit der Rede sogar dem Staate gesährlich seyn könnte. Meine Herren! England, Frankreich, Belgien, Schweden, Spanien und Portugal, Nord-Amerika, Schweiz, Dänemark 2c, alle diese großen Völkerschaften e sreuen sich der vollen Preßfreiheit. Es is daher, diejenigen Nationen ab gerechnet, die erst noch so zu sagen im ersten Stadium der Civilisation sich befinden, nur Deutschland noch da, die Last der Censur zu tragen. „zu dessen, meine Herren, fällt es mir nicht ein und is mix uicht eingefallen, dermalen schon die Censur wegzuwischen aus unserem geschlichen Zustanke, Sie sollte aber nur nah dem Geiste und Wortlaute der Verfassung geubt werden, Diejenigen Herren, welche wirlen im großen Bereiche der Staats- Regierung, wollen zwar die Vortheile, welche die freie Presse der Negie- rung selbst gewährt, nicht unbedingt zugestehen und glauben diese Linge, welche sie anregt und beleuchtet, köunte man ja durch büreaulratisches Wissen sich ebenfalls verschaffen, Allein das wirkliche Leben verhält sich zur Aktenwelt, zum Büreauwesen, gerade wie die weite Natur zit einem fleinen chemischen Laboratorinm, wie das Meer zu einem Fischteich oder in der Physik wie der Wetterbliy des Wolkenhimmels zum fleinen elektri {hen Fünklein, welches die emsige Hand des Physikers aus einem Pech- fuchen mit dem Fuchsschweife herausschlägt. Wer hinblickt auf den Zu- stand vor dem Jahre 1831, der wird _sich sreuecn, daß Bayern anderen Län dern in edelsinniger Weise als Muster vorausgegangen ist; indessen die Negierung wußte wohl, warum. Warum besteht Bayern heutzutage als selbstständiges Königreich? Warum is Bayern ‘nicht untergegangen im Sturm der Zeit 2 Weil es bereits früher in geistiger Bildung, nament lih in Ausbildung des öffentlichen Lebens, erhaben über größere Mächte dastand. Da brauchte es keiner Ermahnung von oben, da brauchte es feiner Aufregung, der Bolksgeist war für die Ne- gierung, und ohne Leitung gab das Boll Gut und _Blut zur Erhaltung seines angestammten Fürsteuhauses! Und dieser Geist wird von Sohn zu Sohn, angeregt durch die Thaten der Väter, fortgepflanzt wer- den... Ju einem Preßgeseß, welches an sich wortgeireu nach dem (Geiste der Versassung erlassen werden wollte, könnten dennoch klare normirende Borschriflien und Konseguenzen für den Vollzug sanctionirt werden, wodurch die dermalige Willkür beseitigt würde. Was könnte ferner ein Preßgeseh enthalten? 1) die Straf- Bestimmungen hinsichtlich der Preßvergehen und 2) das Straf Verfahren, öffentliches Verfahren, Geschwornen-Gericht, damit nicht immer die Partei zugleich Richter sey. Wir haben deswegen bereits im Jahre 1831 die Regierung veranlaßt, em derartiges Geseß in die

Kammer zu bringen, und es wird ein solhes wohl auch später mit dieser Basis eingebracht werden, Wer verkennt übrigens, daß die Negierung, was sie sonst selbst aus eigenem Antriebe viel- leicht thun möchte, im Augenblick anderen Staaten gegenüber nicht

einmal thun kann? Wer verkennt z. B. die ihr auferlegte Nothwendigkeit der ängstlichsten Censur bezüglich auf äußere Angelegenheiten? Niemand. Die Publication der einzelnen bestehenden Vorschriften wird die Regierung faum gestalten z sie beschränken sich eben meistens auf bestimmte Werke und Schriften, und sind manchmal auch auf Nequisitiou ausländischer Negierun- gen erlassen; wird die Regierung in das innere Gewebe des politischen Le- bens hineinsehen lassen wollen? Nimmermehr! Es ist auch verderblich, wenn Justruciionen als bleibende Norm, gleichsam als legislative Borschuis- ten, nach denen unbedingt verfahren werden müßte, gegeben würden. Wenn nun weder Justructionen für die Censoren provocirt werden wollen, noch ein Presßgesez, da es nach meiner Ueberzeugung nicht zeitgemäß seyn kann, dermalen ein solches Geseß zu provociren, jo muß ih meiner Ueberzeugung gemäß immer wieder auf meine beiden Anträge zurückkommen, 2

Der Königliche Regierungs-Commissair, Ober=-Studienrath Frhr. von Schenk, fuhr in seiner Erklärung also fort:

Von den Censurstrichen, deren man gestern in diesem Saale besonders Erwähnung gethan hat, und abgesehen von deren Mehrzahl, welche die Stände - Verhandlungen betrifft , bezüglich deren ih mich bereits zu äußern die Ehre gehabt habe, bezieht sich der eine auf die Verordnung über die Radfelgen, welche ein Zeitungs - Artikel als eine unerschwingliche Steuer bezeichnen wollte, und ein zweiter versagte einer Erwiederung des Psfarr- Vikars Schwarz in Passau auf einen gegen ihn in einem öffentlichen Blatt gemachten Angriff die Aufnahme. Diese Erwiederung kennen wir alle nicht, meine Herren, und wir wissen daher nicht, ob die Censur durch deren Abh- strich zu weit ging oder nicht. Der andere Fall aber betrifft ein unbedeu- tendes Wort, und wenn ih auch zugeben will, daß der Censor unrecht ge- than habe, dasselbe zu streichen, v frage ih Sie doch andererseits, meine Herren, was hätte das Land gewonnen, wenn diese Stelle stehen geblie- ben wäre? Man will die Preßfreiheit als ein Mittel zur allgemeinen Ver- ständigung über öffentliche Verhältnisse unverkümmert erhalten wissen ; is aber diese allgemeine Verständigung dabei betheiligt, ob solche unbedeutende

Sachen in den Blättern stehen oder niht? Mir will es scheinen, man legt zu viel Gewicht auf diese von der Censur abgestrihenen Artikel. Eines anderen beanstaudeten Artikels ist endlih uoch erwähut worden, betreffend die Angabe, als wenn den Ständen des Reichs noch ein Gesez über die Bersebßbarkeit der Notare in der Pfalz werde vorgelegt werden. Jch muß bekennen, daß ih diesen Abstrich nicht tadeln möchte, denn ih sche nicht ab, warum die Veröffentlichung von Nachrichten, die niht in Wahrheit ge- gründet sind, zugelassen werdeu sollte, insbesondere mit Beisäzen, welche zu beunruhigen und Aufregung hervorzubringen beabsichtigen? Jch sche auch nicht ein, welchen nüßlichen Erfolg derartige Verbreitungen von Unwahrheiten gewäh- ren, welchen Nachtheil ihre Unterdrückung nach sich ziehen sollte? Man hat außer der Censur noch andere Mittel namhaft gemacht, deren tie Negierung sich bediene, um die Presse in Fesseln zu legen. Vor allem hat mau der Ent ziehung des Post-Debits erwähnt, und diese als eine Maßregel dargestellt, die wie das Schwert des Damokles an cinem Haar über den Häupteim der Nedacteure hänge, Dieses Haar muß aber denn doch ziemlich fest seyn z denn es is, so viel mir bekannt, zur Zeit erst einer inländischen Zeit- [rift , denn von solchen kaun hier zunächst nur die Sprache sevn, der be reits gestattete Debit wieder entzogen worden, nur einer, und dieser nur nach zweijährigem Mahnen und Zuwarten wegen ihrer fortgescßten als un zulässig erkannten Tendenz. Nach fünf Monaten ist deren Debit durch die Königl, Posten jedoch wieder gestattet worden. Man hat auch des Fal les erwähnt, daß selbst einer Zeitschrift der Post -Debit nicht ge stattet worden sey, ehe dieselbe noch erschienen is, und daß man so das ungeborene Kind schon verurtheilt habe. Der zuletzt angedeutete Fall ist aber ein ganz singulairer, der sich dadurch erklärt, daß an dem Orte, wo diese Zeitschrift erscheinen wollte, bereits eine andere Zeitschrift besteht, welcher alte Privilegien zur Seite stehen, Es entstand nun die Frage, ob die, Herausgabe einer zweiten Zeitschrist an jenem Orte gegenüber den in Mitte liegenden Privilegien zulässtg sey, und so lange sih nichi herausge stellt hatte, daß der Privilegium-Juhaber dur das neue Unternebmen in seinen Nechten nicht beeinträchtigt werde, wurde der Debit untersagt, Spä- ter ist derselbe gestattet worden, Der Anzahl vou Blättern gegenüber, welche n Zulanude erscheinen, können solche einzelne seltene Vorgänge eine Bedeu tung nicht ansprechen, und als eine Benachtheiligung der literarischen „nteressen der Gesammtheit gewiß nicht betrachtet werden. Mau hat ferner bemerkt / man wisse nicht, ob nicht auch bei uns das Berbot des ganzen Debits einer Buchhandlung bereits eingetreten sev, hier- auf kann ich erwiedern, daß ein solches Verbot nie stattgefunden habe. Man hat auch erwähnt, daß Fälle vorgekommen scven, in welchen mit Bec schlag belegte_ Schriften aus den Händen der Privaten gerissen worden sind. Fh mache Sie aufmerksam auf die Entschließungen vom 27. April 1819 und vom 31, Januar 1831, in welchen bestimmt gesagt is, daß die Con slscation sich auf die in das Privat-Eigenthum übergegangenen Schristen uicht erstrecken durfe, Cs ist angeführt worden, daß selbst Unterhaltungsblätter der Censur unterworfen werden, Allein der Grundsaß, daß nur jene Blät- ler der Cenjur unterliegen, welche sich mit Politik befassen, nicht aber lnterhaltungsblätter oder wissenschaftlihe Zeitschriften, is stets aner launt und aufrecht erhalten worden, Endlich is noch des Falles erwähnt worden, daß ein Beamter wegen eines einzelnen Censurverschens seiner ein träglichen Stelle enthoben worden sey. Der Vorgang is nicht näher be- zeichnet worden, und ih vermag daher eine Erläuterung darüber nicht zu geben, Jch glaube aber, annehmen zu können, daß ein Mißverständniß dieser Angabe zum Grunde liegen dürfte. Es mag immerhin seyn, daß Bernachlässigungen der Amtspflichten bezüglich der Preß-Polizei vielleicht neben anderen Nücksichten Anlaß zu Entfernung eines Beamten von seiner Stelle gegeben haben, daß aber nur eine Unterlassung in Censur-Angele genheiten Schuld an #0 ernster Einschreitung gewesen sev, glaube ih mit Bestimmtheit widersprechen zu sollen. Sie schen hieraus, meine Heiren, baß die Thatsachen, welche besprochen wurden, theilweise nicht begründet, theil weise im Ganzen unbedeutend sind, und es ist nicht ein Artikel vorgebracht worden, von dem sich sagen ließe, es wäre dessen Nichtveröffentlichung ein Verlust, es habe das öffentliche Wohl dabei eingebüßt. Wozu, meine Her ren, besteht übrigens die Hierarchie der Stellen im Staate? J} nicht die obere Stelle vorhanden, um die unteren zu überwachen und allenfallsige Uebergrisse oder Versehen derselben abzustellen? An den Schriftstellern und Nedacteuren, welche sich durch Maßregeln der Ceusoren verleßt fühlen, ist es daher, ihr Necht der Beschwerdesuhrung bei der Ober-Behörde zu suchen, und es is nicht loyal, wenn man dieses Nechtes Uebung unterläßt und dann die Negierung wegen der nicht zu ihrer Kenntniß ge brachten angeblih beschwerenden Vorkommnisse und Handlungen der Unter Behörden anklagen und verantwortlich machen will. Die Gesetze, bezüglich der Civilgerichts-Angelegenheiten und der Straf-Gerichtsbarkeit, sie sind be stimmt und deutlich, werden aber nicht dennoch bezüglich gleichartiger Nechts- Berhältnisse manchmal von Seiten der Untergerichte verschiedenartige Ur theile erlassen? Kömmt es nicht vor, daß die Untergerichte in Anwendung der Nechtsnormen auf konkrete Fälle von der höheren Justanz reformirt werden müssen“ Kann man aber deshalb der höchsten Jnstanz darüber einen Vorwurf machen, daß die unteren Znstanzen nicht gleihförmig urthei len? Kann sie einstehen sür die Nechts - Entscheidungen der Untergerichte, wenn sih die Betheiligten bei denselben beruhigen? _Gewiß nimmermchr, Man hat, meine Herren, aus den angeführten Thatsachen gefolgert, daß aecheime Censur -Justructionen in Mitte liegen müßten, welche die wahrzu nehmende Strenge der Censur hervorrufen. Jch erlaube mir, zur Erwie- verung Jhnen kurz den Juhalt aller jener Entschließungen, welche von dem Zeitpunkt au, seit welchem die Censur sich wieder auf die inneren Angele genheiten erstrecki, bezüglich der Ausübung derselben erlassen worden sind, mitzutheilen. Nach diesen Eutschließungen sollen nicht zugelassen werden: „Herabwürdigung, Lästerung, Spott gegen Behörden, Körperschaften, In stitutionen und ganze Klassen der Bevölkerung ; Nachrichten, die irrige und be- unruhigende Meinungen veranlassen mußten z voreilige Nachrichten über angeb- lich zu erwartende Regierungs - Maßregeln; Mißverständnisse veranlassende Auszüge aus Allerhöchsten Anordnungen; Nachrichten über Personal Ver änderungen , Austellungen, Ordens - Verleihungen und dergl, vor der ofsi- ziellen Kundgabez eigenmächtige Belguntmachungen amtlicher nicht verö} sentlichter Erlasse; Mittheilungen über rechtswidrige öffentliche Haublungen bestimmter Jndividuen, ohne Bürgschaft für die Wahrheit der Mittheilung z Aufrufe zur Theilnahme an öffentlichen Vereinen vor deren Genehmigung z wider Moral und Sitte verstoßende öffentliche Heiraths-Anträgez mit den Gesczen und Vorschriften nicht im Eiuklange stehende Bezeichnungen von Stellen, Landestheilen, Personen, Gebäuden und dergl.z endlich Bekauntmachungen der Beschlagnahmen von Druckschriften vor der offi ziellen Kundgabe.“ Dies is der ganze Umfang aller in dieser Beziehung erlassenen Entschließungen und ih frage nun, meine Herren, ob durch die selben mehr zu erwirken gesucht wird, als Ordnung und Sitie aufrecht zu halten, Ungebührliches anszuscheiden, und ob durch sie die freie Erörterung der inneren Angelegenheiten abgeschnitten, ob bescheidener Tadel der Negic- rungs-Maßregelnu unmöglich gemacht wird? Eine allgemeine Justruction besteht neben denselben niht, Der Fassung einer solchen stehen an sich er- hebliche innere Schwierigkeiten entgegen: denn es ist kaum möglich, alles in Worte zu fassen, was durh das Wort gefehlt werden kann, und von vorn- herein mit Bestimmtheit alles zu bezeichnen, was durch die tausendfälti- v Combinationen des menschlichen Geistes und Wortes zu Tag ge- racht werden fann, und was dann hiervon zulässig sey, was nicht, Ab- geschen davon aber is auch uicht unerwähnt zu lassen, daß in früheren Jahren die Veröffentlihung einer Censur - Justruction als ein Alt der Ge- seßgebung betrachtet werden wollte. Nicht als ob ih die Richtigkeit dieser Ansicht im entferntesten zugeben könnte, aber die Thatsache steht fest, daß der Erlaß einer allgemeinen Justruction von diesem Gesichtspunkt aus an- gegriffen und daß dieselbe in der Folge außer Wirksamkeit geseßt worden ist. Von diesem Zeitpunkt an hat die Negierung eine allgemeine Justruction nicht mehr gegeben und sich darauf beschränkt, die verfassungsmäßigen Bestimmungen auf einzelne Fälle anzuwenden und die erlassenen Entschließungen, wo sie es für zweckmäßig erachtete, zu generalisiren, um dadurch eine gleihmäßige Behandlung der Censur herbeizuführen. Dies is es, meine Herren, was ih Jhnen über die Art und Weise, wie die Censur gehandhabt wird, und über die Normen, die desfalls gegeben sind, vorzutragen hatte. Jch glaube, Sie werden daraus die Ueberzengung geschöpft haben, daß die Censur wahr- lih nicht auf eine harte, jede Erörterung innerer Angelegenheiten versagende Weise von der Regierung gehandhabt werde, und wenn einzelne Uebergriffe der Censoren vorkommen sollten, (o ist das Recht der Beschwerde gegeben, durch welches die unzulässige Beschränkung beseitigt werden kann z ein An- laß zur Aenderung des dermaligen Verfahrens aber scheint überall nicht nachgewiesen zu seyn. (Schluß folgt.)

| daß die Regierung auf keinen Fall auf das Gesuch eingehen werde,

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A Leipzig, 9. Mai. Jn einer der neuesten Sihungen der ersteu Kammer kam ein Gesuch des Direktoriums der Leipziger Bank zur Berathung, welches dahin ging, „die hohe Stände-Versammlung wolle sih bei der hohen Staats-Regierung hochgeneigtest dafür ver= wenden, daß das der Leipziger Bank nach §. 38 ihrer Statuten der- malen zuständige Privilegium ehebaldigst auf die Ausgabe fkleiuer Noten von 5 Rthlr, bis zu 1 Rthlr., als niedrigsten Saß, herab ausgedehnt werde. Sollten die hohen Kammern die unbedingte Bevorwortung dieses Antrags wider Vermuthen bedenklich und viel- leiht für rathsamer findeu, die Summe der zu kreirenden Noten zu beschränken und dereu Bestimmung dem Ermessen der hohen Staats- Regierung auheimzugeben, so würde solchenfalls sowohl im Juteresse der Bank als des öffentlichen Verkehrs sehr zu wünschen seyn, daß dieselbe mindestens auf 1 Million Rthlr. festgestellt werden möge.“

Durch den angezogenen Paragraphen der Statuten is nämlich der Leipziger Bank nachgelassen, Noten auszugeben, doch nicht unter dem Betrage von 20 Rthlr,; zugleich ward das Verhältniß dieser Noten zum baaren Bauk-Fonuds dergestalt festgestellt, daß die Summe der ersteren diesen leßteren nie um mehr als soll übersteigen dürfen, so daß also, wenn die Bank 17 Millionen Rthlr. Noten in Umlauf jeben wollte, sie mindestens 1 Million Rthlr. baar in Kasse haben müßte. Durch diese doppelte Beschränkung sind nun bisher die Ope- rationen der Bank wesentlich beengt worden, namentli jedoch durch die erstere, tndem die Noten von 20 Rthlr. und darüber natürlich

“nur 1m den großen, nicht aber in den kleineren Verkehr übergehen

konnten, also eíne nur sehr beschränkte Verbreitung erhielten und häu- siger zur Auswechselung präsentirt wurden, als dies bei kleinen der Gall gewesen seyn würde, Das Bauk= Direktorium richtete deshalb hon 1840 au die zweite Kammer das Gesuch, die Regierung um Aufhebung dieser Beschränkung des Bauk = Privilegiums anzugehen, Dies Gesuch ward jedoch damals von der NRegierungs-Bauk aus, so wvio von mehreren Abgeordneten, lebhaft bekämpft und mit 38 gegen 25 Stimmen verworfen, Die Opposition innerhalb der Kammer gegen das Gesuch ging namentlich von eiuigen Vertretern der Stadt Chemn und ihrer Umgegend aus und stüßte sih auf deu der Bauk gemachten Vorwurf, daß sie bisher einer Hauptbedingung ihres Sta

tuts, der, elne Zweigbauk zu Chemniß zu errichten, nicht uachgefommen sey, wogegen vou den Vertheidigern des Gesuchs augeführt ward,

daß aber jene Beschränkung in der Noten- Ausgabe die Be gründung einer solhen Zweigbauk, die doh hauptsächlich

dem kleinen Verkehr, der Fabrik-Judustrie, dienen solle, unmöglich mache, Auf den leßteren Unistand sußt nun au gauz vorzüglich das gegenwärtige Gesuch, indem es anführt, daß über die Errichtung einer Chemnißer Zweigbank eben jeßt unterhandelt werde, daß aber vou beiden Seiten anerkannt worden sey, wie diese Unterhandlungen fruchtlos bleiben müßten, wofern nicht der Bauk die Ausgabe kleinerer Noten gestattet würde, Als einen zweiten Grund stellen die Peten- ten auf, daß durch die Erlangung der erbetenen Erlaubniß dem un- verhältuißmäßigen Eindringen des Preußischen Papiergeldes in Sachsen ein Damm entgegengesebt werden würde. Es sind nämlich gegenwärtig in Sachsen au inländ ischem Papiergeld in Umlauf:

3,000,000 Rthlr. Sächsische Kassenbillets,

500,000 » » Eisenbahuscheiue, 1,000,000 » » Bauknuoten. Summa 4,500,000 Rthlr.

Da nun, sagen die Petenten, der Erfahrung nah die Hälfte des durch die Hände jedes einzelnen Sachsen lausenden Papiergeldes Preußisches sey, so miisse angenommen werden, daß mindestens eine der obigen gleiche Summe, also 47 Millionen Rthlr. Preußische Tre sorscheiue in Sachsen zirlulirten. Dies aber sey offeubar eiu Vortheil für Preußen auf Kosten Sachsens, denn indem Preußen sein unver zinsbares Papiergeld statt baaren Geldes in Sachsen in Circulation sebe, tilge es einen Theil seiner Schuld auf Kosten Sachsens; Sachsen fönne den Vortheil, der hierdurch Preußen zufließe, selbst haben, wenn es mehr unverzinsbares Papier schaffe und dadurch die Preußischen Tresorscheine aus seiner inländischen Circulation verdräuge oder doch mindestens deren Uebergewicht verringere. Außerdem berufen si die Petenten auf das Beispiel der Dresdener=Leipziger Eisenbahn-Gesell- schaft, welcher auf die Ausgabe von Kassenscheinen zu 1 Rthlr. nach- gelassen worden sey. Eine Beeinträchtigung des eigenen Staats- Papiergeldes, führten sie ferner an, sey dur die Ausgabe fleiner Banknoten nicht zu befürchten, da die leßteren immer gegen das er- stere vadurch im Nachtheil ständen, daß sie nicht bei den öffentlichen Kassen angenommen würdeuz eben so wenig aber eine Gefährdung des Publikums, da das Verhältuiß zwischen der Gesammtmasse der ausgegebenen Noten und den baaren Bank-Fonds immerfort der nämliche, 3 : 2, bleibe, auch überdies die Bank der steten Beaufsich- tigung durch einen Regierungs-Comuussair unterliege.

Die Deputation erkannte zwar die Triftigkeit dieser Gründe der Petenten an, erklärte sich jedoch demungeachtet gegen deren Gesuch, und zwar in überwiegender Berücksichtigung der vom Finauz=Minister, mit welchem sie sich darüber vernommen, aufgestellten Gegengründe. Dieser hatte nämlich erklärt und erklärte wiederholt in der Kammer,

denn 1) spreche der hohe Stand der Actien der Bauk und die ver- mehrte Circulation der Banknoten für das Gedeihen der Bank und lasse erwarten, daß auch ohue diese erweiterte Konzession das Justi= tut fortbestehen und gedeihen werdez 2) sey das Recht, unverzinsliche Papiere zu kreiren, eine Prärogative des Staats; wenn die Regie

rung nun auch in einem einzelnen Falle, wie es bei der Leipzig

Dresdner Eisenbahn geschehen, diese Prärogative für eine gewisse Summe ausnahmsweise auf eine Actien-Gesellschaft übertragen habe, fo fönne dies doch durchaus keine Präcedenz für andere Actien-Ge- sellschaften abgeben, da sich die Kousequenz eines solchen Sabßes gar nicht ermessen lasse, (Während der Diskussion erklärte der Finanz=- Minister, daß die Regierung das Eisenbahngeld, desseu Kreirung sie nur ungern und lediglich, um dem Unternehmen auszuhelfen, gestattet habe, sobald als es thunlich seyn werde, der Circulation zu entziehen gedenke.) 3) sey kein Beispiel vorhanden, daß ein Staat, der selbst unverzinsliches Papiergeld habe, das Recht, solches zu kreiren, Ande= ren überlasse. Sollte wirklich ein Bedürfniß nach Vermehrung des umlaufenden Papiergeldes vorhanden seyn, so sey es Sache der Regierung, diesem Bedürfniß abzuhelfen, Dem von den Petenten angeführten Grunde hinsichtlich der Chemnißer Zweigbank ward von der Regierungsbauk aus entgegeugesebt, daß das Zustandekommen der Unterhandlungen darüber zwischen der Leipziger Bank=-Gesellschaft und dem Chemnißer Handelsstande niht von dieser Bedingung abhängig gemacht worden sey, sondern es sich dabei um einen audereu Puukt handle, der hiermit nichts gemein habe. :

Obgleich nun diesen Gründen in der Kammer selbst, namentlich von den beiden Abgeordneten aus Leipzig, dem Bürgermeister Groß und dem Vertreter der Universität, Dr. Günther, so wie von dem Bürgermeister von Chemuiß, Wegner, zu Gunsten der Petenten wi-= dersprochen ward, \o lehnte doch die Kammer gegen 4 Stimmen die nahgesuhte Bevorwortung der Petition ab und gab dieselbe nur, dem eventuell ausgesprochenen Wunsche der Peteuten gemäß, zur wei- teren Erwägung an die Regierung ab. So ist deun die hochwichtige national -öfonomische Frage wegen der Ausgabe kleiner Noten dnrch Privatbauken abermals zum dritten Male im Schooße unserer

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__Sthließlih führe ih noch, zur näheren Erläuterung mancher der ebigen Anführungen, aus dem Rechenschafts - Bericht der Bank für das Rechnungsjahr 1841 42 folgende Angaben über den Umlauf der Noten der Bank an; das Maximum des Umlaufs der Noten in diesem Jahre war (am 1. Juni 1841) 926,180 Rthlr., das Miniz mum (am 1. März 1841) 332,980 Rthlr. und der durchschnittliche Umlauf überstieg niht die Summe von 600,000 Rthlr. Es wurden nur 641,310 Rthlr. baar Geld gegen Banknoten eingetauscht, dage= gen 1,8 2,040 Rthlr. Banknoten mit baarem Gelde eingelöst. er Bericht schreibt dieses ungünstige Verhältniß der Noten - Circulation theils der auf dem Leipziger Plaße bestehenden Usance, Preußisches Papiergeld als Zahlungsmittel anzunehmen, theils dem Verbote zu, fleinere als 20 Thaler-Noten auszugeben.

Samburg, 8. Mai. (Hamb. Bl.) Der Senat machte in dem heutigen Rath - und Bürger - Konvente der Erbgesessenen Bür= gerschaft nachstehende Proposition : J

„„Die innige Dankbarkeit, mit welcher Hamburgs Bürger und Einwoh- ner für die großmüthigen Wohlthäter des Auslandes in der vorjährigen Katastrophe erfüllt sind, wird nie lebhafter und zu einer geeigneteren Zeit sih aussprechen lönnen, als an dem heutigen Tage, dem in der Erinnerung

Stände-Versammlung verneinend entschieden worden,

Hamburgs für immer geweihten ersten Jahrestage, an welchem im ver- wichenen Jahre die Gnade Gottes den unsere Stadt verheerenden Flammen ein Ziel seßte,

_„E. É, Rath beantragt daher bei Erbgesessener Bürgerschaft, daß dieselbe sich mit Jhm heute zu dem gemeinsamen Beschlusse vereine, úber die Darbringung des feierlichen und dauernden Ausdruckes unseres tiefge- fühlten Daufkes an die Fürsten, Negierungen, Völker und Staaten, welche während und nach der großen Feuersbrunst vom 5, bis 8. Mai 1842 ün- serer Stadt und deren abgebrannten Einwohnern kräftige Hülfe und reiche Unterstüßung theilnehmend gewährt haben. Er ersucht demnach Erbgesessene Bürgerschaft, über die in der Anlage angegebenen, den verschiedenen Wei- sen der Hülfeleistung entsprehenden Dan!bezeugungen mit Zhm sich einver- standen zu erklären.“

Resolutio Civium, Erbgesessene Bürgerschaft theilt die Gesinuuugen und Empfín= dungen E, E. Raths, sowohl über die verhäugnißvolle Bedeutung des heutigen Tages und darauf begründete Bestimmung des gegen- wärtigen Raths = und Bürger - Conveuts, als über die beispiellos großartige und thatkräftige Theilnahme, welche uns unser gesammtes._ deutsches Vaterland und eín großer Theil des Auslandes er- wiesen und genehmigt, unter Anerkennung der Augemessenheit der vorgeschlagenen Dankbezeugungs-= Arten, den Antrag E. E. Raths in allen Punkten mit einumüthiger Zustimmung aller Versammelten. laus Fi ——

Portugal.

A Lissabon, 25. April. Jch beuube eine sih mir bietende außerordentliche Gelegenheit, um meinem gestrigen Schreiben heute noch cinige weitere Mittheilungen über die neuesten Vorgänge hier folgen zu lassen, namentlih noch genauere Notizen über den Stand der Tarif-Frage.

Die Verwerfung der lebten diesseitigen Vorschläge durch den Grafen Aberdeen hat unter der Englischen Partei eben keine große Freude erregt. Nachdem dieselbe vergeblich alle Künste der Ueberredung

bei der Regierung in Bewegung gesebßt hatte, um sie von dem Grundsaße der Verzollung der wollenen Tücher nah dem Gewicht abzubringen und an die Stelle desselben die Verzollung uach dem Werthe und der Qualität treten zu lassen, bestanden sie dann, wenn doch das Gewicht allein entscheiden sollte, darauf, daß der Zoll statt der 360 Reis pro Pfund, welche die Regierung wollte und was etwa 36 pCt. des Werthes durchschnittlich ausmachen würde, nur auf 300 festgeseßt werde, weil sonst die Einfuhr Britischer Tücher geradezu unmöglich würde. Allein da die Negierung auch hierauf nicht einging, so er= flärten sie, man möge wenigstens einen Unterschied zwischen den fei= nen und den ordinairen Wolltüchern annehmen und die Abgabe für die ersteren auf 450 Reis, für die leßteren auf 309 Reis pro Pfund feststellen. Sie bieten also für die feinen Tücher sheinbar mehr, als die Regierung selbst verlangt, uud wolleu nur für die ordinairen Tücher bei dem vou ibuen schon früher verlangten niedrigeren Zoll- saß beharren,

Die Einfuhr der feinen Tücher nämlich würde nach wie vor so ziemlich stationair bleiben, welches auch der neue Zoll seyn mag, da die inländischen Fabriken nur wenig Tücher dieser Qualität liefern, also von ihnen feine Konkurrenz in dieser Beziehung vorläufig zu besorgen is, und der etwas höhere Zoll, den man für die verhältnißmäßig nicht große Quantität derselben zahlen müßte, würde reichlich dur die Vortheile ausgeglichen werden, welhe eine Herabseßung des Zolles auf die gröberen Tücher bis auf 300 Reis pro Pfund den Englischen Ma= nufakturen bringen müßte, da sie dann mit der inländischen Fabri=

cation, die sich hauptsächlih mit Lieferung von Tüchern dieser Qua= lität befaßt, niht blos Konkurrenz zu halten, sondern sie auch größtentheils zu erdrüdcken vermöchten, Von welch hohem Belange aber es für die Englischen Manufakturen wäre, ein solches Ziel zu erreichen, wird daraus ersichtlich, daß der größte Theil der in Portugal

verbrauchten Tücher dieser ordinairen Qualität angehört, Die Regierungete sich wohl, auch auf diesen Vorschlag einzugehen, und blieb bei ihrem einmal ausgesprochenen Grundsaße der Verzollung nah dem Gewicht ohne Rücksicht auf den Werth

und die denselben bedingende Qualität stehen, Nun fügen si

die Englischen Kaufleute, welche früher niht anders als mit einem Zolle von 300 Reis und da nur mit höchster Noth

einige Geschäfte machen zu können erklärt hatten, {hon so weit, daß sie sih einen Zoll in runder Summe von 330 Reis pro Pfund ge= falleu lassen wollen, so daß nur noch eine Differenz von 30 Reis zwischen ihrem Vorschlage und dem von der Regierung verlangten Betrage besteht. Sie haben diese ihre Bereitwilligkeit nicht blos der Regierung hier, sondern unter der Hand auch beim Britischen Kabinet zu London zur Anzeige gebraht und hosen daher uoch immer, daß vielleicht in kurzer Zeit doch ihre Wünsche erfüllt werden. Das Wort „interrupled” in der Britischen Depesche statt „broken off” nährt die Hoffnung, die Unterhandlungen im ersten gelegenen Augenblicke von Neuem wieder aufgenommen und dann zu einem erwünschten Resultate geführt zu sehen.

Man verfehlt auch niht von Seiten der Englischen Partei, den Ministern hier freundschaftlihe Winke und Andeutungen zukommen zu lassen, wie sie es anfaugen sollen, um jedem Vorwurfe, dem sie sth dur Wiederaufnahme der Verhandlungen ausseßen könnten, eine ge- nügende Antwort zu geben, Man weist auf die Nothwendigkeit hin, den Stipulationen des mit England abgeschlossenen Vertrags, welche ausdrüccklih beiderseitige Modificationen der Tarife verlangen, Genüge zu leisten, und wie das Ministerium andererseits das Andrängen der Weinbau-Distrikte als Entschuldigung für ein \päteres Nachgeben anführen könnten, Man macht ferner darguf aufmerksam, daß eine allenfallsige Uebereinkunft ja nur auf drei Jahre vorläufig ab chlossen werden solle, und zwar mit Festseßung einjähriger Vo l

ung, wenn dieselbe für eine der beiden fontra renden Pa el ) tfobrung als nachtheilig sich bewähren sollte. Zu London dagegen Bin man bemerklih, daß die Portugiesis Regierung n gezeigt habe durch die bereits von gebotenen ZUge die Auflage von 60 und selbst 1 agi dia t,