1843 / 148 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

E engee utter A EHENTZT I

Shrittes zur völligeu Freigebung des Getraidehandels. Selbst Be- siber großer Ländereien in Kanada, widersprah er der Behauptung des Herru Roebuck, daß Kanada nicht einmal eine für die eigene Cóönsumtion hinreihende Menge von Getraide produzire. Herr Trot-= ter erklärte sich gegen das Amendement des Herrn Labouchère , weil er den vorgeschlagenen festen Zoll für vorzüglicher halte, als den jeßt bestchenden wechselnden. Herr O'Brien, ebenfalls der Opposition angehöreud, sprach für die ministerielle Maß- regel aus Rücksicht auf die Juteressen Kanada's; Sir Charles Napier dagegen für das Amendement, weil er die ministerielle Resolution als dem freien Handel s{hädlich erklären zu müssen glaubte. Herr Hawes wies die Warnung Lord Stanle9y's vor dem nachthei= ligen Eindrucke, den die Verwerfung der Maßregel in Kanada machen fönne, als gewichtlos zurück und äußerte auch Zweifel daran, daß die Minister bei ungünstigem Erfolge wirklih abtreten würden. Gegen die ministerielle Maßnahme sprach er einestheils, weil sie Beschrän= kungen einführen folle, wo bisher keine gewesen, und anderentheils, weil Kanada keine entsprehenden Ermäßigungen des Einfuhrzolles von Britischen Manufakturwaaren in Aussicht gestellt habe. Herr Hume sprach für die ministerielle Maßregel, als ein Mit- tel zur Jdentifizirung der Jutecressen Kanada's mit denen des Mutterlandes. Endlich sprachen sich in längeren Reden Herr F. Baring, Sir Robert Peel und Lord John Russell aus. Der erstere suchte darzuthun, daß es nur die Schuld der Minister sey, wenn in Kanada Erwartungen in Bezug auf dic vorliegende Maß- nahme von o sanguinischer Art erregt worden seyen, daß ein abschläg- licher Beschluß des Hauses, wie Lord Stanley befürchte, zu ernstlichen Besorgnissen Anlaß geben könne, da das Parlament bis ganz vor kurzem völlig im Dunkel darüber gelassen worden, wie weit das Mi- nisterium in seinen Zusicherungen an Kanada gegangen sey. Zugleich wandte Herr Baring Vieles gegen die Bevorzugung Kanada?s vor den anderen Kolonieen ein. Sir Robert Peel richtete seine Er= wiederungen zunächst gegen das Amendement des Herrn Labouchère, das er als unnöthig und die Prärogative der Krone verleßend angriff, unnöthig, weil die Verwerfung der ministeriellen Resolutionen an sich hon die Folge haben würde, daß die Krone die Bill des Kanadischen Parla= ments nicht sanctionire. Ausführlich suchte er daun das Ministerium gegen den Vorwurf zu rechtfertigen, als habe dasselbe das Parlament über seine Absichten in Bezug auf diesen Gegenstand im Dunkeln ge- lassen, und {loß mit einer Hinweisung auf deu eben erst wieder her- gestellten Zustand der Ruhe in Kanada und auf die dort eben erst entstandene Einrichtung einer vereinigten Legislatur, welche Zustände cs als sehr wünschenswerth erscheinen ließen, die Geneigtheit des Ka- nadischen Volkes auf jede geeignete Weise dem Mutterlande zu sichern, wie cs unter Anderem durch eine Maßnahme gleich der vorliegenden ge= schehen könne. Lord John Russell äußerte seine Mißbilligung darüber, daß der Premier-Minister so großes Gewicht auf die nachtheilige Stim= mung gelegt habe, welche die Verwerfung der ministeriellen Resolutionen

möglicherweise in Kanada hervorrufen könnte, und wollte darin eine Gefähr= dung der Autorität des Mutterlandes über die Kolonie finden. Daß das Amendement des Herrn Labouchère eine Verlegung der Präro= gative der Krone enthalte, wollte er nicht zugestehen; es liege darin nichts als ein einfacher Tadel gegen die Minister, und nur wenn Sir Robert Peel \sich mit dem Throne identisiziren wolle, könne ein solcher Tadel als Verleßung der Prärogative der Krone betrachtet werden. Lord John Russell behauptete übrigens, daß die Kanadier selb nur ungern die ihnen von dem Ministerium vorgeschriebene Maßregel, das Getraide aus den Vereinigten Staaten mit einem Einfuhr-Zolle zu be- lasten, angenommen hätten z jedenfalls aber glaubte er im Juteresse des Mutterlandes selbst die beabsichtigte Begünstigung Kanada's, da dieses keine entsprechende Vortheile an die Britischen Fabrikanten bewilligen wolle, bestreiten zu müssen. Schließlich zog er noch scharf gegen die Minister wegen ihrer Jnkonsequenz zu Felde, welche sie bald cinen festen, bald einen wechselnden Zoll zu loben und ihre Maßregeln überhaupt oft durch die eut= gegeugesebßtesten Argumente zu verfechten veranlasse. Es scheine fast, sagte er, als ob die Konservativen den Wechsel nur des Wechsels wegen liebten, unbekümmert darum, ob er nübe oder nicht, Hierauf kam cs zur Abstimmung, und das Amendement des Herrn Labouchère wurde mit 344 gegen 156, also mit der bedeutenden Majorität von 188 Stimmen verworfen. Die ministeriellen Resolutionen werden am 2%6sten von neuem zur Erwägung kommen und dann Lord John Russell ein von ihm angezeigtes Amendement vorbringen, dem zufolge Alles aus den Resolutionen gestrihen werden soll, nut Ausnahme der Stelle, welche die Getraide - Einfuhr aus Kanada gegen cinen Zoll von 1 Sh. für den Quarter freigiebt. Die Bill gegen den Privat= besiß von Waffen in Jrland steht zum 29sten auf der Tagesordnung. Als ín dieser Sißung die Schottische Kirchen-Angelegenheit von Sir A. L. Hay zur Sprache gebracht wurde, erklärte Sir James Graham, sih auf frühere ministerielle Acußerungen im Parlamente beziehend, daß es zwar die Absicht der Regierung scy, eine Bill zur Ordnung der Verhältnisse der Schottischen Kirche einzubringen , daß die Regierung indeß jebt, da die General -= Versammlung konstituirt sey, vor allen Dingen darauf zu achten habe, welhe Schritte dieses legale Organ der Kirche vornehmen werde.

London, 23. Mai. Nachdem am Donnerstag Prinz Albrecht im Namen Jhrer Majestät ein Lever abgehalten hatte, begab der Hof sich am Sonnabend nah Schloß Claremont, wo er noch verweilt.

Es scheint jeßt außer allem Zweifel, daß den Ministern ihre Partei in der Kanadischen Korn - Frage nicht abtrünnig werden und der Ausgang ihnen daher günstig seyn wird. Um übrigens auch die- jenigen zu beruhigen, welche etwa an der besonderen Bevorzugung Kanada's Anstoß nehmen möchten, gicbt jeßt der Standard die Versicherung, daß auch die anderen British=Nord- Amerikanischen Ko- lonieen, sobald die betreffenden Lokal - Legislaturen dieselben Vorkeh= rungen gegen die Einfuhr von Getreide aus den Vereinigten Staaten getroffen, wie Kanada, an den Vortheilen, welche die vorliegende Bill darbiete, Antheil erhalten sollten. t

O'Connell durhzieht jeßt die Grafschaft Limerick und hat am 19ten d. M. mit einem Gefolge von angeblih 200,000 Menschen seinen Eiuzug in Charleville gehalten, wo ein Bankett ihm zu Ehren gegeben wurde. Jn der Rede, welche er bei dieser Gelegenheit hielt, sprach er sich mit vieler Zuversicht über das baldige Gelingen seiner Pläne aus und erklärte unter Anderem, daß er, \o bald er 3 Millio- nen Repealers gewonnen habe, eine sogenannte Versöhnungs-Consul= tation in Dublin halten werde, in welcher über den Walhlmodus der 300 Mitglieder des einzuseßenden Jrländischen Parlaments berathen werden solle. Zu Kollisionen mit den Truppen is es noch nirgends gekommen, doch fährt die Regierung in ihren militairischen Vorsichts- maßregeln fort, und es soll oar eine Abtheilung Marine-Soldaten mit Geschüßen und ein Garde-Bataillon Befehl erhalten haben, sich marschfertig zu machen.

Die lange erwartete Spaltung in der Kirhe von Schottland hat endlich stattgefunden, es haben sich nämlich 169 Pfarrer und Aelteste, welche zu der am 1#8ten in Edinburg zusammengetretenen General-Versammlung deputirt waren, von derselben getrennt und sich

einer Versammlung der freien presbyterianischen Kirche E ihnen lossen sich sojort 300 andere Geistlihe an, welche ebenfalls

gegen die Loyalität der General-Versammlung Protest eingelegt hatten. Dieser Protest war gleih bei Eröffnung der Geueral = ersainuhiits

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von dem früheren Moderator Dr. Welsh verlesen worden und besagt im Wesentlichen, daß, weil die Civilgerichte sich das Recht angemaßt hätten, in rein firhlihen Sachen Verfügungen zu treffen, besonders dadurch, daß sie die Patronatsrechte gegen die Gemeinden in Schuß genommen und leßteren Geistliche ausgedrungen, welche sie nihtgenehmigen wollten, eine freie, geseßmäßige Versammlung der Schottischen Kirche nicht möglich sey und daher gegen den Bestand der jebigen Geueral-Ver- sammlung protestirt werden müsse. Nach Verlesung des Protestes entfernte sich Dr. Welsh mit seinen Genossen, und die General- Versammlung schritt darauf unter Vorsiß des Königl. Commissairs, des Marquis von Bute, zur Wahl eines neuen Moderators ; zuleßt wurde ein Schreiben der Königin verlesen, in welchem zur Mäßigung ermahnt und eine Revision der bestehenden Geseße verheißen wurde, und zwar in der Absicht, daß den Gemeinden ihr Recht, gegen die Prediger- Wahlen Einspruh zu thun, gesichert und der Kirche die definitive Entscheidung in solchen Angelegenheiten übertragen werde; welche Rechte, nah der Behauptung der Dissidenten, Gemeinde und Kirche jeßt schon besißen. Jn der gleichzeitigen Zusammenkunft der freien Versammlung wurde Pr. Chalmers, der Anführer der Non=Jutrusio- nisten, zum Moderator gewählt und ein Comité eingeseßt, welches dic Maßregeln zur völligen Trennung von der Kirche, insbesondere so weit sie die Niederlegung der von den dissidirenden Geistlichen bis jeßt verwalteten Pfarr-Aemter betreffen, einleiten soll.

Aus Oxford wird dem Standard berichtet, daß der bekannte Dr. Pusey sih endlich in einer in diesen Tagen von ihm gehaltenen Predigt ganz offen zum Papstthum bekannt habe. Der Vice-Kanzler der Universität Oxford hat die Sache in Untersuchung gezogen, und man glaubt, daß auch der Bischof von Oxford ohne Zweifel jeßt zum Schube der Kirche gegen die abtrünnigen Puseyiten einschreiten werde.

Der Contre-Admiral Mason, welcher bisher der zweite im Kom- mando auf der Flotte im Mittelmeere war, is am 20sten auf dem Linienschiffe „Jmpregnable“/ nah Portsmouth zurückgekehrt und hat seine Flagge gestrichen, da die verminderte Zahl der Schiffe auf jener Station die Anwesenheit zweier Admirale nicht mehr erfordert.

7 London, 23, Mai. Es haben zwar mehrere der sonstigen Unterstüßer des Ministeriums mit Herrn Labouhère gegen dasselbe gestimmt, aber es hat dennoch dur eine Mehrheit von 344 gegen 156 den Sieg davongetragen, indem bei dieser Gelegenheit sogar mehrere Whigs und Radikalen mit demselben stimmten uud somit für die Abtrünnigen Ersaß gaben. Judessen aber hat auch diese Debatte dazu beigetragen, das Vertrauen in der Beibchaltung des jebigen Korngeseßes locker zu machen. Gestand doch Lord Staulcy selbst: „Schwauke die Skala nur zwischen 8 und 12 Sh., so würde er schon der Einfachheit wegen ein Mittel von 10 Sh., als fixe Abgabe ange= nommen, vorziehenz die jeßige Skala aber liege zwischen 1 Sh. und 20, und hierin erkenne er cinen großen Vortheil.‘

Nun aber wird diese Kanadasche Korn = Vill noch eine Menge Debatten veranlassen, und Lord John Russell’s Vorschlag über alle Korngeseße werden zu noch mehr Gelegenheit Anlaß geben, was denn die Sache so rütteln und \schüttelu wird, daß die League nux noch wenig zu thun haben wird, um endlich das ganze Ge- bäude über den Haufen zu werfen. Die Pächter werden hierdurch so wie durch die Bestrebungen der unzufriedenen Tories immer mehr für Cobden's Einfluß vorbereitet. Jn den Versammlungen, welche lebte Woche in Berkshire und Buckinghamshire stattgefunden, hat man sie auss neue zu überzeugen gesucht, die Zulassung des Kanada- \hen Getraides müsse die Preise uoch weiter herunter bringenz und, wo guch nicht, so sey es doch eine unnöthige und gefährliche Aufre= gung eines Gegenstandes, welcher ein sür allemal sicher und unge= fährdet bleiben sollte, und {chwäche das Vertrauen auf cin Ministe- rium, von dem man ganz besonders Permanenz in diesem Punkte er= wartet habe. Nun kömmt den Pächtern aber die Liste der Unter haus-Abstimmung zu, und sie finden, daß mit wenig Ausnahmen alle die Vertreter, deren Schub sie sich anvertraut hatteu, die Minister in dieser Maßregel unterstüßt haben.

Die Morning Post is zwar seit Freitag um ein Geringes mäßiger geworden, fährt aber dennoch fort, das Ministerium als schwach und s{wankend darzustellen. Es fehle demselben eutweder ganz und gar an Grundsäßen, oder es habe den Muth nicht, sie in Ausübung zu bringen. Sie bringt hierfür dessen Benehmeu in Bezug auf Jrland als Beleg vor und sucht darzuthun, wie es durch seine fühne Sprache im Parlament der O'Comellschen Aufregung nur neue Nahrung gegeben, aber nichts gethan habe, um solche zu unter= drücken, Freilich scheiut dem so; und O'Conunell sagt es selbs und macht es damit zum Gegenstande seines Spottes. Deswegen bin ih aber do gar nicht der Meinung, daß Peel und Wellington in den Wind gesprochen haben. Sie haben dadurh wohl einige kühne Geister aufgeregt, den Mund etwas voller zu nehmenz aber Viele sollen mehr aufmerksam geworden und sich von der Bewegung zurück= gezogen haben. Auf jeden Fall sind die Gutgesinnten dadurch ermuthigt worden, und da sie zugleich schen, daß die Regierung die Garnisonen verstärkt hat und ihre Beamten überall aufmerksam sind, \o sind sie auch ihrerseits bereit, sich an sie anzuschließen und dem Gescß Achtung zu verschaffen, Es würde indessen von derselben höchst unklug seyn, Verhaftungen vorzunehmen und die Aufreger vor Gericht zu stellen, so lange gegen dieselben keine eigentliche Verleßung der Gesehe nachgewiesen werden kann, cine Sache, welche über allen Zweifel erhoben werden muß, wenn man nicht ihre Freisprehung wa- gen will, welche ihnen nur mehr Ansehen und Einfluß verschaffen würde.

Aber es hat auch alles Ansehen, als ob O'Connell selbst zurück trete. Schon in Dublin {lug er ein Manifest an die Englische Nation vorz und nun hat er eben zu Charleville erklärt, er würde keinen Schritt weiter gehen, als bis sich wenigstens 3 Millionen Re= pealer hätten einschreibeu lassen. Dann will er freilih große Dinge thun. Er will alsdann 300 Wahlbezirke bezeichnen, von denen jeder einen Abgeordneten nach Dublin shicken soll, und diese sollen (ohne sich Abgeorducte zu nennen deun das wäre geseßwidrig) eine Verfassung fürs künftige Jrländische Parlament eutwerfen u. st. w. Doch sollen sie niht mit leeren Händen erscheinen D'Connell ver= gißt nie das Geld jeder Abgeorducte soll ungefähr 100 Pfd. St. mitbringenz und das wird dann wohl die Hauptsache seyn. Es ist also abzuwarten, ob O'Counell bei diesem Vor-= und Rückschreiten immerfort die Anführerschast behaupten kaun, und besonders, ob er es immer auf friedlihem Wege vermögen wird.

Die Bewegungen unter den Sektirern in England gegen den Erziehungsplan dauern fort, Es heißt jedoch, Graham sey mit den Häuptern der Mcthodisten in Unterhandlung, um wenigstens diese ein= flußreihe Sekte zu gewinnen. Auch die Katholiken glaubt man zu- frieden stellen zu können; und dann hofft man {hon den Widerstand der übrigen zu überwinden. Aber E jenes wird nicht gelingen, ohne die bereits tief gekränkte Klerisei der Staatskirche aufs höchste zu erbittern, Der Bischof von Exeter, welcher, seitdem der Herzog von Wellington ihn in Bezug auf das St. Sulpice=Stift in Kanada im Stich gelassen, geshwiegen, is gestern Abend wieder hervorgetreten. Zwar spra er nur von den geistlichen Gerichtshöfen, jedoch auf eine Weise, welhe au über andere Punkte eine starke Opposition erwar- ten läßt. Man sagt, er habe si eine Zeit lang Hoffnung gemacht, im Fall einer Erledigung das Bisthum London zu erhalten, ley aber

zur Einsicht gekommen, daß hierin seine Erwartung vergebens gewesen. Er is ein kühuer und gewandter Maun, cin guter Redner und einer der Prâälaten, bei welchen die hochkirhlihen Änsprüche der Puseyiten am meisten Auklang gefunden. Sollte er daher eine ernstlihe Oppo sition gegen die Erziehungs -Bill wagen, so bin ih gewiß, daß sich in der Kirche cine Macht erheben würde, die den Ministern furcht- barer scyn würde, als alles, was die Sektirer bisher gethan. Wenn es auch nicht so viele Puseyiten in derselben giebt, als Manche mei- nen, so sind do Viele darüber aufgebracht, daß sie so oft den An- sprüchen der Sektirer weichen und um der ministeriellen Konvenienz willen jedes Opfer bringen müssen.

Sie werden aus den Zeitungen schen, wie zu Edinburg an 200 Prediger und Aeltesten sih mit einem feierlihen Einspruch von der Staatskirche getrennt und eine Separat-Versammlung gebildet haben, die bereits in voller Thätigkeit ist, um ihre Separatkirche zu konsti- tuiren. Auf der anderen Seite finden Sie, wie die Zurückgebliebenen Anstalten treffen, alle gewaltsamen Maßregeln der bisherigen Mehr heit zurükzunchmen. Man weiß, daß die Regierung vorzüglich auf die Abschaffung des berüchtigten Vetogeseßes wartet, um ein Geseh für eine neue Festseßung des Patronats-Rechtes vorzuschlagen. Die Aus= getretenen benehmen sich zwar jeßt sehr gemäßigt und versichern, daß sie, sobald sie es nur gewissenhaft thun könnten, zurückkehren würden ; aber nach der so oft ausgesprochenen Erklärung der Häupter der= selben i hierzu feine Hoffnung vorhanden, wenn die Regierung an- ders nicht alle Patronats-Rechte an die Kirche selbst giebt. Für die Schottische Kirche aber dürfte der Riß die gefährlichsten Folgen haben.

il London, 23. Mai. Diejenigen Jhrer Leser, welche sich noch meiner im vorigen Herbst an Sie gerichteten Briefe über die Differenzen in der Schottischen Kirche erinnern, werden durch die nun mehr vollführte Trennung in dieser Kirche, welche am Donnerstag in der General-Versammlung der höchsten Würdenträger stattfand, nicht überrascht worden seyn. Die Verhandlungen der General-Versammlung wurden durch Lord Bute, als Ober-Kommissarius der Krone eröffnet ; der Doktor Welsh führte den Vorsiß als Wortführer der leßten General= Versammlung; aber statt das Verzeichniß der repräsentativen Geist: lichen und Aeltesten der Schottischen Kirche zu verlesen, trug er eine Protestation gegen die Eingriffe der Civil -Gerichtshvfe in die Fret- heiten und die Jurisdiction der Kirche vor, und erklärte, daß sowohl er, als seine Partei der Meinung seyen, daß jebt keine freie Versammlung der Schottischen Kirche möglich sey, er verließ daher mit seinen Anhängern den Versammlungs=-=Saal. Die Zahl derer, welche sih auf diese Weise entfernten, betrug etwas über 200, also mehr als 7; der ganzen Versammlungz es befanden sih darunter 72 Layen und Aeltesten, 40 Geistlihe quoad sacra (d. h, von Distrik= ten, die nicht als Kirchspiele dotirt sind) und 93 regelmäßig dotirte Geistliche der Schottischen Kirche. Hierzu muß man noch 200—300 dotirte Geistliche dieser Kirche renen, die nicht Mitglieder der General= Versammlung sind, aber dem Beispiele der Minorität folgen und ihr Schicksal theilen werden. Jm Ganzen wird sih dieser Spaltung mehr als der Geistlichen Schottlands auschließen.

Es wurde dies mit einigem Pomp von Märtyrerthum ausgeführt und die Schismatiker marschirten mit einer gewissen Würde durch die Straßen. Es gab sich jedoch keine Aufregung unter dem Volke zu erkennen und das Beifallrufen beschränkte sich auf einige Frauen. Obgleich die Non=Jntrusionistischen Prinzipien in Schottland vorherr- schen, so bin ih doch geneigt, zu glauben, daß die Majorität der Nation das Ungeseßliche und den Mangel an Mäßigung bei diesem Vorgange mißbilligt. Bis jeßt haben die \chismatischen Geistlichen außer ihrer Erklärung, die sie abgaben, als sie die Versammlung ve1 ließen, und außer ihren Reden in ihren eigenen Versammlungs-Sälen nichts weiter unternommen. Sie müssen nun ihre Ansprüche au das Einkommen und die Emolumente ihrer verschiedenen Kirchspiele auf. geben und die Pfarrwohuungen verlassen, worin so manche von ihnen, ehe dieser beklagenswerthe Streit begann, ein glüd liches, nüßliches und frommes Leben geführt haben. Hier werden vielleicht Einige Anstand uehmen;z aber es wird immer {wieriger für sie, zurückzutreten. Auch i die General- Versammlung keinesweges geneigt, die thr und der Krone in der Person des Ober-Kommissarius zugefügte Beleidigung mit Gleichgültigkeit hinzunehmen. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß der hohe Gerichtshof der Schottischen Kirche seine widerspenstigen Mitglieder beim Wort nehmen und obne Weite res sie aus seiner Mitte ausschließen wird. Die Krone, als Haupt Patron der vakanten Kirchspiele, wird denselben andere Geistliche vorschlagen, und die Layen-Patrone werden natürlich diesem Beispiele der Regierung folgen. Dies kann leider nicht geschehen ohne die Ausübung des verhaßten Layen= Patronats = Rechts in eben denselben Kirchspielen, worin der Geist der Non- Jutrusionisten am mächtigsten istz ja, ich zweifle sogar uicht, daß in einigen Fällen Kollisionen zu befürchten sind, die mindestens für den Frieden und die Frömmigkeit der gegenwärtigen Generation höchst nachtheilig seyn werden. Wel- ches indeß auch das Resultat seyn mag, das Verfahren der Regie- rung is vollkommen klar sie wird das Geseß mit Festigkeit auf- recht erhalten und es mit Mäßigung zur Ausführung bringen.

Bei der gestern Abend im Unterhause erfolgten Abstimmung über die Kanada-Korn-Bill erhielt die Regierung eine Majorität vou 188 Stimmen. Die Mitglieder des Vereins gegen die Korngeseße stimm- ten mit Sir Robert Peel, die Grafschafts-Mitglieder, oder wenigstens ein Dubend von ihnen, stimmten mit der Opposition. Herr Labou here gewann nichts durch seine Resolutionen, und man ist allgemein der Meinung, daß die Bill Lord Stauley's eine Maßregel der Ge rechtigfeit und der guten Politik gegen die Britischen Kolonieen in Nord-Amerika ist. j

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Uicderlande.

Nus demn Haag, 23, Mai. Die Mitglieder dex ersten Kammer der Generalstaaten sind zum 29, Mai einberufen.

Heute hat in der zweiten Kammer der Generalstaaten die Dis= kussion über das wichtige Geseß, die Regulirung der Staatsschuld, insbesondere die Konvertirung derselben betreffend, begonnen. Ju Allgemeinen scheint man der Ansicht zu seyn, daß der von der Regie= rung vorgelegte Geseß-Entwurf werde angenommen werden. i

Jn der am 20sten bei geschlossenen Thüren gehaltenen Versamm- lung der zweiten Kammer wurde derselben eine Note der Regierung vorgelegt, in welcher in Uebereinstimmung mit den von der Kammer ausgesprochenen Wünschen für die bevorstehende zweijährige Finanz= Periode Behufs Deckung des nah der vorläufigen Aufmachung der Veranschlagungen zu erwartenden Defizits noch mehr Ersparungen im Staatshaushalte verheißen werden, als bereits in Aussicht gestellt worden sind. Die bis jebt eingeleiteten Ausgaben-Verminderungen betragen für die beiden Jahre 1844 und 1845 die Summe von 1,000,000 Gulden, die neu einzuführenden Ersparnisse für das Jahr 1844: 1,200,000, für das Jahr 1845: 41,800,000 bis 2,000,000 Gulden; durch die Konversion der Schuld hofft man au Zinsen ebenfalls 1,800,000 bis 2,000,000 Gulden zu ersparen; endlich wird eine Summe von ungefähr 3,000,000 Gulden, die sonst an die Handels - Maatschappij zu bezahlen seyn würde, in Folge der neuesten N in Bezug auf diese Gesellschaft nicht zu zahlen seyn, so daß im Ganzen 65 bis 7 Millionen werden erspart werden,

mehr als genug, um das Defizit zu decken. Ueberdies wird man auf |

eine Vermehrung der Einnahmen rechnen dürfen, da bereits die vier ersten Monate dieses Jahres 1 Million mehr als die ersten vier Mo=- nate des vorigen Jahres eingebracht haben, und zugleich werden auch die Kolonieen bedeutend größere Zuschüsse zu den Einnahmen liefern fönnen, Jn einer zweiten Note wird der Kammer Nachricht über das vom Jahre 1840 her noch restirende Defizit gegeben, welches 12,360,173 Gulden 27 St. beträgt und für welches wenigstens theil- weise Deckung vorhanden ift, ———ck

B e 10 1.£-U.

Brüssel, 23. Mai. Der Moniteur enthält ein Dekret, wodurch Herr Smits, Direktor der Bank und ehemaliger Finanz Minister, zum Gouverneur der Provinz Luxemburg ernannt wird.

Ein anderes Dekret bestimmt, daß die Eisenbahn - Verwaltung den Transport eines jeden Pakets oder Lollis verweigern kann, wel-= chem nicht eine vom Absender ausgefertigte Declaration über die Art und die Zahl der darin enthaltenen Gegenstände beigefügt ist. Jede falsche Declaration wird nah dem Geseß vom 6. März 1818 bestraft.

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Deutsche Bundesstaaten.

Munchen, 23. Mai, Jun der heutigen Sißung der Kammer der Abgeordneten wurde von dem Königl. Minister des Jnnern, Herrn von Abel, ein Geseß- Entwurf eingebracht, betreffend „die Deckung des außerordentlihen Aufwandes der Universität Erlangen für die Säkulagrfeier ihrer Stiftung.“ Danach soll der Universität ein be- sonderer Zuschuß von 5000 Gulden aus den Staats-Cinnahmce-Ueber- \hüssen der Âten Finanz= Periode geleistet werden. Außerdem wur- den verschiedene Ausschuß = Vorträge erstattet, über welche in den nächsten Sißungen Berathung stattfinden wird; daun faßte die Kammer Beschlüsse über eine Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe in BetresE des Stöckerischen Antrages auf Aufhe- bung des Lotto und über cinen Antrag des Reichsrathes Grafen von Arco Valley auf Vorlage eines Wiesen- Polizei =Gesebes. Zu dem ersteren hatte die Kammer der Reichsräthe einen Zusaß beantragt, gemäß dem noch der Wunsch an den Thron gebracht werden soll, „die Einsäße bis auf ein Einlags- Minimum von 12 Kr. zu beschränken, die Lotto-Kollekten noch mehr zu vermindern, dann das, was zu dem Spiel offenbaren Anreiz geben kann, auf wirksame Weise abzuhalten.“ Die Kammer der Abgeordneten eignete sih diesen Zusaß nach einer kurzen Erörterung an, und sohin wurde über diesen Antrag ein Ge- sammt = Beschluß erzielt. Den zweiten Antrag hatte die Kammer der Reichs-Räthe dahin formulirt: „Se. Majestät möchten geruhen, den Ständen des Reichs, wo möglich noch bei gegenwärtigem Land= tage, ein Wiesen-Polizei-Gescß zur Berathung vorlegen zu lassen.“ Auch diesem Beschluß stimmte die Kammer der Abgeordneten bei, nur mit der Abänderung, daß der Ausdruck „„Wiesen-Polizei-Geseß“, weil durch ein bloßes Polizeigeseß über Privatrehte nicht Bestimmung getroffen werden könne, mit dem „Wiesen=Kultur-=Geseßz‘“/ vertauscht wurde. Darauf wurde die öffentliche Sißung nah einem Antrag des ersten Secretairs in eine geheime umgewandelt, um in diejer die Art und Weise näher zu bestimmen, wie die Kammer das auf den 26. Mai fallende 25jährige Verfassungs-Jubiläum zu feiern be absichtige.

Kassel, 25. Mai. Jun der Sißung der Stände-Versammlung vom 23sten d. wurden Amendements der Herren Nebelthau, von Schenk und Hartert zu dem Geseß-Entwurf, die Abstellung mehrerer in der Strafrechtspflege wahrgenommenen Mängel betreffend, dem Ausschusse zur Begutachtung überwiesen, die Revision aber ausgeseßt. Das Geselz, die Abtretung zu Zwecken der Eisenbahnen betreffend, ward revidirt und in geheimer Abstimmung mit 34 gegen 9 Stimmen angenommen. Herr von Ochs legte Namens der Vertreter der Prin zen des Kurhaguses eine Standesstimme gegen das Geseß ein. Herr von Buttlar berichtete über die von den Herren Schwarzenberg und Wippermann als ständischen Kommissaren bewirkte Abhörung der Landes-Kredit-Kassen-Rehnung von 1839, Herr von Waibß über den Geseß-Entwurf, die Landes=-Kredit-Kasse betreffend. Der §. 1, die Beschränkung der auszuleihenden Kapitalen (Ablösungen abgerechnet) auf 5 Millioneu bezweckend, ward abgelehnt. Nach g. 2 sollen fer- ner die Schuldverschreibungen der Landes-Kredit-Kasse die dem Gläu» biger eingeräumte Befugniß einer sehsmonatlichen Kündigung nicht mehr enthalten. Der Antrag des Ausschusses, welcher die Borschrift fakultativ stellt, durch Abänderung des Wortes: ,, sollen‘ in „brau chen““, ward abgelehnt. Herr Nebelthau nahm nun die Proposition auf, der Gegenstand ging jedoh, auf den Antrag des Herrn Eber: hard, nochmals zur Prüfung an den Ausschuß zurück. Herr von Baumbach 11]. berichtete über die Staats -Cinnahmen für die laufende Finanz-Periode. Der Ansaß der Grundsteuer mit 449,000 Rthlr. führte zu einer Erörterung zwischen dem Finanz-Minister und den Herren Jungk und Wippermanu, welcher Leßtere einen sehr um- fassenden Vortrag hielt und Anträge stellte, wonach den Grundsteuer- pflichtigen in Althessen der in Folge des Gesehes vom 20. Juli 1840, die Vergütung der Grundlasten am Steuer - Kapital betreffend, auf kommende Mehr=- Ertrag an ihrer Steuerquote zu Gute kommen sollte. Die Anträge wurden dem Ausschusse überwiesen; die übrigen Einnahme-Posten wurden genehmigt.

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Oesterreich.

IKien, 22. Mai. Jhre Majestäten der Kaiser und die Kai- serin sind heute zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags an Bord des Damps= \chiffs „Stadt Wien“ von Preßburg im erwünschtesten Wohlseyn wie- der hier eingetroffen.

Preßburg, 20. Mai. Heute Vormittags haben Se. Maje-= stät in eigener Person den Reichstag erössnet und die Königlichen

Propositionen übergeben. Sogleich darauf wurden in einer gemish=|

ten Sißung im Landhaussaale die Königlichen Propositionen verlesen. Es waren ihrer aht an der Zahl, betresfend unter Anderem die Re-= vision der noch nicht erledigten Arbeiten des lebten Landtags (dazu gehören die Fragen über das Recht der Nichtadeligen zur Erwerbung von Grundeigenthum, so wie über die gegenseitige Stellung der Kon= fessionen, Maßregeln gegen die Exzesse bei Komitatswahlen, Berück sichtigung der Klagen der Städte über die Beschränkung ihrer Re= präsentativ-Rechte, Verbesserung der Kredit-Geseße und Beförderung des Handels, ——_

Italien.

Rom, 15. Mai. (A: Z) Für die seit Jahren in Frage ge- stellten, dermalen so komplizirten kirchlichen Interessen Roms und der Russischen Regierung dürfte ein wichtiger Wendepunkt sih ergeben. Man erwartet eine außerordentliche Mission, während der Russische Gesandte, Graf Potemkin, nah St, Petersburg beschieden worden ist, um mit dem Kaiser Nikolaus persönlich über die Regulirung die- ser Angelegenheit zu berathen, Er wird, wie es heißt, noch in die- fem Monat von hier abreijen,

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Florenz, 15. Mai. Jhre Kaifrl. Hoheit die Frau (Broß- herzogin nebst Familie, so wie die Frau Großherzogin - Wittw e und die Crzherzoginnen Luise und Auguste, sid vorgestern in erwünschtem Wohlseyn nah einer shnellen und ruhigm Seefahrt von Neapel. über Livorno wieder hier eingetroffen. Der Hroßherzog hat den Umweg dur die Maremmen genommen, wird ber ebenfalls binnen Kurzem hier zurück erwartet. : i

Auf das {öne und warme Wetter, welches im April vorherr- chend war, is ein ungewöhnlih kühler und unsreundlicher Mai gefolgt. Spanicn.

Paris, 23. Mai. Die Regierung het über Bayonne folgende tele- graphische Depesche erhalten: „Madrid, 20, Mai. Da der Regent die Entlassung der Generale Linage und Zurbano nicht hat unterzeichnen wollen, so hat das Ministerium Lopez selbst seine Entlassung einge- reiht, die auch angenommen worden ist. Herr Gomez, Präsident des Senats, hat sich sogleich mit der Bildung eines neuen Kabinets befaßt. Die Finanzen sind dem Herrn Mendizabal übergeben wor- den. Die Deputirten-Kammer hat gestern einstimmig, mit Ausnahme dreier Deputirten, erklärt, daß die abgetretenen Minister ihr Ver- trauen bis auf den leßten Augenblick verdient haben. Die Kammer hat eine Adresse an den Regenten votirt, um ihm die Amnestie zu empfehlen, und zugleich Danksagungen an das abgetretene Mini= sterium. ‘‘

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Portugal.

Lissabon, 15. Mai. Die Nachricht von einem bevorstehenden Ministerwechsel zeigt sich als völlig unbegründet. Ueber die Tarif» Frage erfährt man nichts Neues. Die hier sich aufhaltenden Eng- länder hoffen noch immer auf baldige Wiederaufnahme der Unter= handlungen; auch sprechen sie noch immer von großer Unzufriedenheit und Aufregung unter den Winzern in der Gegend von Porto, ver- aulaßt durch den Abbruch der Unterhandlungen. Mittlerweile hat das Diario do Governo das Geseß wegen der der Porto-Wein= Compagnie bewilligten Subvention veröffentlicht.

Die Cortes haben den Geseß=Entwurf wegen Verbesserung des Volks-Unterrichts angenommen. E

Aus dem Bericht des Spezial-Comit6's der Deputirten-Kammer über das Budget ergiebt sich, daß im laufenden Jahre eine nur un-

| bedeutende Ausgaben-Ersparniß stattfinden wird, und daß in der leh= | ten Zeit weder direkte noch indirekte Steuern sich in dem Maße, wie

man erwartete, ergiebig gezeigt haben. Die Armee ist auf 24,000 Mann

festgestellt, von denen aber ein Viertel stets auf Urlaub ift, die Flot=

ten-Mannschast auf 2800 Matrosen und Sece-Soldaten. Serie

Von der Türkischen Gránze, 15. Mai. (A. Z.) Kara Georgiewitsch is noch immer nicht nah Belgrad zurückgekehrt, welche Zögerung ihren einfachen Grund darin hat, daß Wutsitsch dem Ta- taren des Pascha, welcher dem Fürsten die Aufforderung zur augen= blicklichen Rückkehr zu überreichen hatte, einen zweiten auf dem Fuße folgen ließ, welcher ihm- den Wunsch bringt, seine Rückkehr so viel möglih zu verzögern, wodurch man wenigstens so viel Zeit zu ge=- winnen hofft, um eine Antwort auf die von Wutsitsh uud Petronie- witsch an die Pforte gerichtete leßte Bitte, bis zu vollendeter Wahl im Lande bleiben zu dürfen, erhalten zu können. Fällt diese, wie man sih in Belgrad schmeichelt, bejahend aus, so wird der Fürst unverweilt nach Belgrad kommen und der neue Wahl-Akt unter den Augen derselben Männer, welche bisher durch Schreckeu zu herrschen wußten, vorgenommen werden. Unter solchen Auspizien böte die Wie= dererwählung des Kara Georgiewitsch vatürlich die größten Chancen. Jm Verneinungsfalle wollen Wutsitsch und Petroniewitsch mit ihrem cifrigsten Anhange dem Fürsten threr Schöpfung in die Gebirge von Rudnik, wo sich derselbe gegenwärtig aufhält, folgen und einen be- wassneten Widerstand versuchen. Mehrere kriegerishe Vorbereitungen dienen leßterer Angabe zum Belegez man bemerkt Waffen-Sendungen nach verschiedenen Gegenden des Landes und Befestigungs - Anlagen auf mehreren Punkten desselben, namentlich in Kragujewaß, wohin in diesem äußersten Fall die Residenz verlegt werden soll. Unterdessen haben beide Chefs, Wutsitsh und Petromewitsch, vermuthlich um die Pforte für ihre leßte Bitte geshmeidig zu machen, bereits die Resig= nation auf ihre bisherige Bedienstung im Staate eingereicht.

E T

Konstantinopel, 10. Mai. (Oest. B.) Der Nakib-=ül- Eschraf ( Oberhaupt der Emire oder Nachkommen Mohammed's) und Reichs - Historiograph Eßad Efendi zum diesjährigen Kadiasker von Rumelien und Raif Bei zum Kadiasker von Anatolien, Kiamil Bei hingegen zum Richter von Konstantinopel ernannt worden.

Der Kaiserl. Russische Gesandte, Herr von Butenieff, is von seiner nach Brussa unternommenen Exkursion am 8ten d. M. nach Konstantinopel zurückgekehrt.

Der unlängst über Smyrna in Konstantinopel angekommene Anglikanische Bischof von Gibraltar hat diese Hauptstadt am 7ten d. M, auf dem Regierungs-Dampfboote „Devastation“ verlassen, um sih nah den Jonischen Jnseln zu begeben.

Inlaud.

Kulm, in Westpreußen, 10. Mai. Am vorgestrigen und gestri- gen Tage fand hier ein Pferderennen statt. Dem aus mehr als 1500 Personen bestehenden Vereine für das Rennen war von seinem

è Comité der Vorschlag gemacht worden, beim Beginn des Rennens Y einen gemeinsamen Festzug zu Pferde und zu Wagen von der hiesigen

Stadt aus nah dem in einiger Entfernung davon belegenen Renn-= plabe zu machen. Dieser Vorschlag wurde allgemein angenommen,

und es fanden sih viele Hunderte von auswärtigen Vereins-Mitglie=

dern aus dem hiesigen und den anstoßenden, ja selbst aus entfernten Kreisen dazu ein. Ein Herold in mittelalterliher Tracht eröffnete den Zug, der aus verschiedenen Abthei.ungen bestand.

Auf Ersuchen des Vereins hatte der Regierungs-Chef-Präsident von Nordenflycht bei dem Rennen das Richteramt übernommen. Das heiterste Wetter begünstigte das Fest, welchem Tausende von festlich geschmückten Zuschauern beiwohnten. Es fand zunächst ein Rennen von Pferden bäuerliher Grundbesiber und alsdann ein Herren-Reiten statt. Bei dem ersteren gewann Friedrich Krahn aus Althausen die Hauptpreise.

Stettin, 27. Mai, J1 der gestrigen, sehr zahlreich besuchten General = Versammlung der Berlin - Stettiner Eisenbahn- Gesellschaft, deren höchst lebhafte urd interessante Verhandlungen, beiläufig gesagt von Vormittags 10 Uhr bis, eine kurze Zwischenzeit abgerehnet, nah 9 Uhr Abends dauerten, wurde mit einer Zahl von 299 gegen 41, also nit einer Majorität von 25 Stimmen, der wichtige Beschluß gefaßt, eine Zweigbahn von

ier nach Stargard zu bauen oder vielmehr die Berlin - Stet- fet Eienbahn bis Stargard von hier fortzuführen. Der Traktus dieser etwa 47 Meilen langen Bahn is bereits auf Kosten des Staates vermessen und nivellirt, der Kosten-Betrag approximativ auf circa 41,100,000 Rthlr. berechuet, die unentgeltliche Ueberlassung des Terrains, soweit dasselbe Königlihe Domainen und Forst-Grundstüe, \so wie Grundstücke der Städte Stettin und Stargard berühren wird, theils bereits zugesichert, theils in Aussicht, die Rentabilität der Bahn aber außer Zweifel gestellt. Was die Beschaffung der Geldmittel zu dieser Bahn sowohl, als derjenigen, welhe noh zur Vollendung der Hauptbahn nah Berlin erfordert und sich im Ganzen auf etwa 1,362,000 Rthlr. belaufen werden, betri: so wurde beschlossen, noch für alle Fälle 1,500,000 Rthlr. Actien Littera A auszufertigen, da- von den nach den jeßigen Ermittelungen erforderlichen Betrag zu= nächst den zeitigen Actien-Jnhabern bis zur Hälfte des Betrages ihrer Actien, insofern sie davon Gebrauch machen wollen, zum Nominal= Werthe zu überlassen; den Rest der Actien aber, wenn und insoweit solcher zum Bau noch gebraucht werden sollte, der Direction zur Ver= werthung in der für die Gesellschaft vortheilhaftesten Weise zu über= weisen. Die näheren Bedingungen über die Zeichnung, worunter die Einzahlung in 5 Terminen vorläufig angedeutet is, werden noch zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. 29

Außer dem obigen und allerdings wichtigsten Gegenstande der Verhandlungen wurden die Jahresberichte des Verwaltungsrathes und des Direktoriums vorgetragen und die Wahlen von 2 ordentlichen und 3 stellvertretenden Mitgliedern des Direktoriums, so wie von 6 or= dentlichen und 4 stellvertretenden Mitgliedern des Verwaltungs-Rathes vorgenommen. i: d v “Ein Antrag auf Betheiligung der Gesellschaft durch Actienzeih- nung von resp. 5000 und 3000 Rthlr. bei einer von Templin nach Angermünde und von Freienwalde nach Wrießen anzulegenden Chaus= see erhielt mit sehr großer Stimmen-Mehrheit die Genehmigung der General-Versammlung nicht.

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Historisches Taschenbuh. Herausgegeben von Friedrich von Naumer. Leipzig. F. A. Brockhaus. 1842. 1843.

Das vorliegende Taschenbuch, welches in seiner Art einzig dasteht, ent- spricht ohne Frage einem fühlbaren Bedürfnisse in unserer Schriftwelt. So reich nämlich unsere historische Literatur ist und so bedeutende Productionen sie aus legter Zeit aufzuweisen hat, so fehlt es ihr doch an der Regsamkeit und Lebendigkeit, welche die periodische Presse anderen Zweigen der Literatur verleiht, und die historische Wissenschaft entbehrt dadurch die Fähigkeit, eine so allgemeine Theilnahme unter dem größeren Publikum zu erwecken, als sie könnte und ihrer Bedeutung nach müßte. Zsst auch an geschichtlichen Zeitschriften, welche das lokale und provinzielle Bedürfniß in dieser Bezie- hung befriedigen , kein Mangel, so fehlt cs doch ganz an Journalen, die ausschließlich der allgemeinen Geschichte gewidmet wären, und dic auf Ver- breitung in weiten Kreisen rechnen könnten, wie solche frühere Zeiten gekannt haben. Und auch die historischen Jahrbücher von von Hormayr und Schrei- ber haben sich Gränzen gesteckt, die sic von so allgemeiner Theilnahme, wie sie das vorliegende Taschenbuch findet, ausschließen.

Man wird der Redaction desselben das Lob nicht vorenthalten können, daß sie ihre Stellung gegen das größere Publikum sehr wohl einsieht und durch dic Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit der aufgenommenen Abhand- lungen die Leser zu fesseln weiß. Zu bedauern ist es jedoch, daß sich gerade die bedeutenderen Mitarbeiter, deren Aufsäßen man früher vornehmlich seine Aufmerksamkeit schenkte, mehr und mehr zurückziehen und solchen den Plaß räumen, deren Namen nicht von vorn herein eine so sichere Gewähr für die Leistungen geben. Selbst der Herausgeber wendet, wie es scheint, jeßt seine eigene Thâtigkeit weniger diesem Unternehmen zu, als früher. Der Jahrgang 1842 enthält von ihm nur eine akademishe Schrift über die Poetik des Aristoteles, welche bereits früher gedruckt und vielfach besprochen ist, und in diesem Jahre bietet er uns ebenfalls nur eine Arbeit dar, die zunächst für cinen anderen Zweck bestimmt war, den im hiesigen wissen=- schaftlichen Verein gehaltenen Vortrag über die Französischen Verfassungs- formen seit 1789.

Mit Dank is es dagegen anzuerkennen, daß die Redaction bei der Auswahl der Beiträge sich jeßt noch mehr durch die Zeit-Junteressen hat leiten lassen, wie früher. Die Geschichte hat uur für Wenige das rein wissenschaftliche Interesse, aber der praktische Gewinn, den sie als die erfahruugsreiche Lehrerin der Menschheit gewährt, verleiht ihr für Alle gleiche Wichtigkeit und gleiche Bedeutung, und was liegt näher, als daß man sie zunächst da zu Rathe ziehen möchte, wo man über die Fragen des Augenblicks und die Bewe- gungen der Gegenwart von ihr Aufschluß und Belehrung erwartet ? Diesem Verlangen wird aber in den beiden vorliegenden Jahrgängen des histori- hen Taschenbuchs recht eigentlich entsprehen. Drei Aufsäße be- zichen sih in denselben auf jenen großen, fast tausendjährigen Hader um die Erbschaft Lothar's zwischen Deutschland und Frankreich, der iu unseren Tagen in eine neue Phase zu treten drohte. Herrn Barthold verdanken wir in dem Jahrgang 1842 eine Arbeit über den Einfall der Armagnaken in Lothringen und den Elsaß im Jahre 1444 und 1445, Herr Scherer be= richtet ebendaselbst über den Raub der Bisthümer Meß, Toul und Verdun, und im diesjährigen Taschenbuche über den Verrath Straßburgs an Frank- reich; so daß die Haupt-Momente dieses Kampfes während drei Jahrhun- derte an uns vorübergeführt werden. Drei Aufsäße beziehen sich dann auf revolutionaire Bewegungen früherer Zeit und führen uns mitten in Fra- gen, welche die Gegenwart aufregen und erhizen: im vorigen Jahrgang stellt Herr Arendt den Genter Aufstand im Jahre 1559, im diesjährigen Taschenbuche die Brabantische Revolution in den Jahren 1789 1790 dar, und hieran reiht sich der bereits erwähnte Vortrag des Herrn Herausgebers. Zwei Abhandlungen im leßten Jahrgange: der Jesuit Girard und seine Heilige, von Herrn Kurt el, und Erasmus von Rotterdam, von Herrn Escher, stehen in Bezug auf kirchlich-religiöse Verhältnisse, die uns nahe getreten sind, und sind augenfällig in Hinblick auf die Gegenwart geschrie= gen. Auch die Abhandlung des Herrn Herausgebers über die Poetik des Aristoteles berührt, indem sie diese in Verhältniß seßt zu neucren dramati=- {hen Werken, die Jnteressen des Tages näher, als man es meinen sollte. Nur die historische Skizze von Herrn Gervais: Landgraf Hermann von Thüringen, die wir im leßten Jahrgange finden, bietet nicht einen \o be=- stimmten Anhaltspunkt in der Gegenwart dar, und wir glauben, daß dies der sonst nicht unverdienstlichen Arbeit beim Publikum eben nicht zum Vor- theil gereicht; zumal da sie überdies einen Gegenstand behandelt, der, in sich wenig abgeschlossen, nur durch die Kenntniß der allgemeineren Verhältnisse, in welche er eingreift, sein Verständniß erhält, während die anderen Ab- o auch den Vortheil leichterer Orientirung in ihren Stoff für sich haben.

Indessen die Wahl des Stoffes, \so wichtig sie auch und besonders hier ist, wird über den Werth einer Arbeit nicht entscheiden können , vielmehr wird auf die Behandlung desselben das größere Gewicht zu legen seyn, Zn wie weit es dem Autor gelang, neues Licht über seinen Gegenstand zu ver- breiten, sey es durch Serbeiziehung neues Materials, oder durch cigenthüm- liche Benußung des bereits vorhandenen, und in welchem Grade er Mei- ster der Darstellung ist, darauf wird doch zuleßt Alles ankommen z wenig- stens sollte die Kritik dies vor allen Dingen in Betracht ziehen. Wenn wir den Jahrgang 1842 jeßt noch ciner kurzen Besprechung unterwerfen, fo geschicht es Cem deshalb, weil uns diese Pflicht der Kritik auf Cbe auffallende Weise bei Beurtheilung desselben vernachlässigt zu --seyn

eint.

Ueber die Arbeit des Herrn Barth old kann das Urtheil nicht eben sehr irren, der Name des Laue ist hinreichend bekannt, seine O und Darstellungsweise viel besprochen. Auch bietet der in Rede stel Aufsaß, wie es uns scheint, nichts dar, was die Meinung über den Ve| fasser ändern könnte. Herr Barthold hat das Material. zu seiner lung sorgfältig gesammelt, si bis in das Detail seines Gegen tieft ive dann mit lebendigen Farben und mit unverken:

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