1843 / 170 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

j rmag, die daher den Gemeinden aber in ihrem eigenen u hetheres vétgrzeduiet bleiben müssen, wenn sie nicht auf Abwege ge- rathen sollen, zu deren Vermeidung die Geseße aller Völker und Zeiten ihnen nit nur die Rechte, sondern gleih wohlmeinend auch den Schuß der Minderjährigen herseisen wollten, um sie gegen jeden Nachtheil fremd- artiger Willkür sowohl, als eigenen Jrrung und Kurzsichtigkeit des Einzelnen u shüpen, weil sie sih eben so L täuschender oder getäuschter Selbst- Fändigkeit versteigen, als auf dem influß eigener Wirksamkeit bei den sie zunächst oder aus ausscließlih berübrenden Angelegenheiten in stumpfsinniger Zndolenz verzichten dürfen. Erstes würde störende Verwickelungen, leßtes nachtheilige Stockung in die Fortschritte bringen, welche die Staats-Gesell- schaft von der politishen Erziehung der Nation auch in ihren untersten Elementen erwarten und praktisch befördern muß. Von solchen Ansichten elcitet hatte der Landtag von 1833 eine, den Wünschen der Urtheilsfähi- en meistens entsprechend erkannte Kommunal-Ordnung in 117 Paragraphen entworfen, welche unter VII Titeln : 1. Von den Gemeinden überhaupt. il. Von den Nechten und Pflichten der Gemeindeglieder. 111. Von der Vertretung der Gemeinden. 1V, Von ihrer Verwaltung. V. Von ihrem Verhältniß zum Kreisverbande. V1. Von der Ober-Aufsicht des Staats, VU1, Von vorübergehenden Bestimmungen handelte. Der jeßt dem Landtage mitge- theilte Entwurf hat den Schein, sih in manchen jenen ständischen Entwür- fen anzuschließen; namentlich wird darin endlich niht mehr widersprochen, daß für alle Gemeinden nur eine Ordnung, ohne Trennung von Stadt und Land, grundsäßlih genüge, freilih mit dem in der Allerhöchsten Proposition ausgesprochenen Vorbehalt, denjenigen, im dritten Stande repräsentirten Gemeinden, welche darum bitten, die revidirte Städte-Ordnung zu verleihen. Auch is angeblich, „um cigenthümliche Verhältnisse zu berücksichtigen“, im §, 11 des jeßigen Entwurfs die Errichtung von Statuten, Dorf - Ordnun gen u, st. w. zu veranlassen, den Gemeinden freigestellt, ohne daß solche Anomalieen jedoch vorgeschrieben sind. Eigenthümliche Verhältnisse, wo sie je eine Wesentlichkeit haben möchten, lassen sich aber durch grundsäß- liche, überall anwendbare Bestimmungen theils beseitigend verhüten, theils voraussichtlich fixiren oder durch bloße Reglements ordnungsmäßig consti- tuirter Gemeinde-Verwaltungen unter obrigkeitlicher Autorität berücksichtigen, ohne daß es besonderer Lokal - Gesetze, wie die Statuten seyn würden, be- darf, die den Bürger nöthigten, bei jedem örtlichen Wechsel seines Aufent halts nah anderen Richtungen sih bewegen und bemessen zu müssen. Jede Verschiedenheit trennt, und jede Trennung s{chwächt! Hiernach ist zu hoffen, daß weder Städte - Ordnung noch Statuten irgend verlangt werden; noch mehr aber sehnlichst zu wünschen, daß schon durh das Gesez die Möglichkeit solcher excentrischcer Wünsche gleich ausgeschlossen werden. Bis jest ist nur von der Stadt Weßlar be- kannt geworden , daß ihr auf Verlangen die revidirte Städte-Ordnung ver- liehen ward, wer jedoch die dort einwirkenden Umstände einigermaßen näher würdigen konnte, weiß, daß jenes Verlangen zunächst nur seine Veranlassung in der Meinung hatte, durch dessen Gewährung den Einfluß des Landraths auf die ständischen Angelegenheiten einigermaßen zu paralysiren, und daß übrigens die Verwaltungs - Geschäfte sich thatsächlih nach wie vor in dem früheren Geleise durch das Organ des Vürgermeisters bewegen. Der ver- ehrliche zweite Ausschuß hzt dem 411. §. bereits sein Recht widerfahren lassen und seine Beseitigung beantragt, Er, der Redner, trachte uur, die Motive dieser Beseitigung zu verstärken und noch insbesondere wiederholt darauf gufmerksam zu machen, daß das Allerhöchste Propositions - Dekret, stärker noch als der §. 11, die Absicht der eventuellen Trennung der Stadt- emeinde zu erkennen giebt, was jedenfalls ein Gegenstand der dringend- ten unterthänigsten Bitte seyn muß, um dieses Uebel zu vermeiden. JZnsofern übrigens , wie es rathsam erscheint, der amendirte Entwurf zur Gemeinde - Ordnung paragraphenweis diskutirt und votirt weiden soll, so schlage er vor, daß am Ende aller Abstimmungen noch über den gan- zen amendirten Entwurf abgestimmt werden möge, weil sich alsdann erst seine Annehmbarkeii oder Nichtannehmbarkeit wird beurtheilen lasen fönnen. Er lobe und preise mit ganzer Aufrichtigkeit die tieffliche Arbeit des verehrten zweiten Ausschusses, ex verdient volle Würdigung z allein be- rufen, den vorgelegten Entwurf in seiner Ordnungsfolge zu prüfen, o is er auch nothwendigeweise in dem mangelhaften Zirkel verblieben, der ihm ge- geben war und den er in seinem Antrage vom 27. Mai (7te Plenar-Sizung) erfennbar gemacht habe. Er habe unter Anderem gesagt und wiederhole heute: das so höchst bedeutende Kapitel von der Verwaltung der Gemein- den, das der ständische Entwurf mit so großer Liebe bearbeitet enthält, kömmt als solches gar nicht vor; was man davon hat aufnehmen wollen, ist als 6ter Abschnitt dem Titel 11, angereiht, der von den Befugnissen und Geschäfts- Verhältnissen der Staats - Behörden hinsichtlich der Gemeinde - Verwaltung handelt, Es wird dadurch auch hon im Formellen Een und der Begriff augewöhnt, daß unsere Selbstständigkeit nur so nebenher läuft und ihr ein eigenes Kapitel anzuweisen niht der Mühe sih lohnen soll, Dies eben war die Sünde des ständischen Entwurss vom vierten Rheinischen Landtage, und noch ein Anderes und zwar nur cin Wort, fo lieb und ehrenwerth dem Rheinländer und so verabscheut und gefürchtet anderwärts, zwar mit nicht besserem Grunde als die Kinder vor dem Wehrwolfe zit- tern. Errathct Jhr das Wort nicht, und Jhr verehrte Herren des zwei- ten Ausschusses, ist Euch das Näthsel ungelöst geblieben, warum der stän- dische Entwurf von 1833 ohne Grund-Angabe durchgefallen ist, so sehr un sere Provinzial-Behörden ihm auch das Wort geredet? Er wolle es Euch nennen; „Bürger“ heißt das Wort; Jhr findet?s im ganzen uns vorgeleg- ten Entwurfe nicht. Wohl findet Jhr Bürgermeister und Bürgermeistereien, die Jhr den Rheinischen Ausschußgliedern und ihren triftigen Einreden ver dankt, aber den Bürger sucht Jhr vergebens, Der Französische Ci- toyen hat den Deutschen Bürger in Verruf gebracht, und daß cin Bauer Bürger soll seyn können, gilt für Anachronismus. Lieutenan“, Oberster, General und Baron, Graf und Excellenz kann der Bauer werden, eher viel- leiht als wir vornehm thuende Städter, aber das Bürgerthum wird ihm bestritten und nun auch uns selbs. Das haben wir davon, daß wir uns vom Bauern haben losreißen lassen! Uince illae lacrimae.“

Ein Abgeordneter der Städte glaubt sich dagegen aus- sprechen zu müssen, wenn der verlesene Vortrag dahin abzwecke, die Berathung des vorliegenden Entwurfs abzulehnen; es sey jedenfalls gerathener, einen Fortschritt zu machen, wie solcher aus Annahme der von dem Ausschusse proponirten Modification des Entwurfs zu hoffen stehe. Der Wunsch der Provinz sey, daß sie eine andere Kommunal-Ver= fassung wie die bestehende erhalte, wodurch ihr mehr gewährt werde. Dagegen bemerkt ein anderer Abgeordneter der Städte: der Wunsch der Provinz sey, das Bisherige zu verlieren, insofern ihr nicht ein Besseres geboten werde. :

_ Auf den Wunsch zweier Abgeordneten der Städte um Mittheilung des betreffenden Protokolls des ständischen Ausschusses aus Berlin, damit die Versammlung die Uebereinstimmung der dort vorgetragenen Ansichten mit denen des jeßigen Referats vergleichen fönne, erwiedert der Marschall, daß die Vertheilung der Abdrücke jenes Protokolls bereits angeordnet sey.

Hierauf verliest der Referent die Einleitung des Entwurfs, welche der Ausschuß unverändert gelassen hat. Ein Abgeordneter der Städte \hlägt vor: die Worte „mit Ausnahme der Stadt Weplar, in welcher es bei der bereits erfolgten Verleihung der revi- dirten Städte -= Ordnung verbleißt m Gr c,

; ; 6: im Juteresse der Einheit zu streichen, damit auch die Stadt Weblar später der neuen Kommunal- Ordnung beitreten köune. Der Antrag findet vielseitige Unterstüßung. Der Referent ua die Stadt Weblar habe die Verleihung der Städte-Ordnung selbst beantragt, könne deshalb eine Aenverung sobald uno niht wünschen. Eine Streichung der betreffenden Worte werde zur Folge haben, daß die Stadt auf die Städte-Ordnung ver= zihten müsse, Ein Abgeordneter der Ritter\shaft: der Vorschlag sey mit dem Begriffe des Wortes „Freiheit“, welches die Versammlung \o oft ausgesprochen, niht vereinbar. Die Stadt Weslar habe für sih dasjenige begehrt, was sie zu verlangen befugt

ewesen, und habe es erhalten. Dies dürfe ihr dur das neue Ge= fs nicht wieder benommen werden. Ein Abgeordneter der Land= emeinden tritt dem von dem Abgeordneten der Städte gestellten Aitenbéinent bei, und hält die Eiuwendung des vorigen Redners für nicht begründet, Der Jdee der Freiheit werde durh den Vorschlag nicht zu nahe getreten, Die Stadt Weblgr habe die revidirte Städte-

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Ordnung verlangt, weil sie nihts Besseres zu begehren hattez sie werde sich aber gern einer Gemeinde = Ordnung anschließen, die den Wünschen der Rhein-Provinz entspreche; dies sey sogar zu erwarten. Sollte sie aber wünschen, die revidirte Städte-Ordnung zu behalten, so fönne sie beantragen, eine Ausnahme von der Regel zu machen. Wenn aber etwas Besonderes nahgesuht werden solle, so míisse die- ses die Ausnahme und nicht die Regel seygn. Ein Abgeordneter der Ritterschaft: die Fassung des Geseß=Entwurfs habe keine andere seyn fönnen, da Weblar die revidirte Städte - Ordnung doch einmal besiße. Ein Abgeordneter der Städte: es bleibe den Städten immer noch freigestellt, sich späterhin die revidirte Städte- Ordnung zu erbitten, Cin anderer Abgeordneter der Städte: dies dürfe aber nicht geshehen, und werde sich der Landtag dahin verwenden, daß diese Befugniß zurückgenommen werde. Ein Abgeord- neter der Ritterschaft: wie er bereits in der Versammlung des ständischen Ausschusses zu Berlin bemerkt, sey der Wunsch einzelner Städte, z. B. von Linz und Neuwied, auf die Verleihung der revi- dirten Städte-Ordnung gerichtet. Ein Abgeordueter der Laud-= gemeinden hält einen derartigen Wunsch für niht an der Zeit; es sey nicht angemessen, vor der Berathung des allgemeinen Gesetzes noch etwas Besonderes vorzutragenz er sey für das von dem Abgeord- neten der Städte gestellte Amendement, weil an der Spibe eines all- gemeinen Geseßes feine Exemplification gestellt werden dürfe. Die obige Bemerkung eines Abgeordneten der Ritterschaft : „der Entwurf habe gar nicht anders gefaßt werden können, da Weßlar faktish die revi- dirte Städte-Orduung besibe, und es werde die Versammlung selbs die gerügte Ausnahme machen, wenn die fraglihen Worte gestrichen würden“, bestreitet ein Abgeordneter der Landgemeinden aus dem Grunde, weil in den Motiven des Geseßes allgemein ausgesprochen sey, daß alle Städte eine gleihe Ausnahme beantragen dürften; das Gleiche möge deshalb auch der Stadt Wetlar überlassen bleiben. Die- ser Aeußerung tritt ein Abgeordneter der Städte bei: der von einem Mitgliede des Ritterstandes erhobene Vorwurf einer Beschränkung der Freiheit passe nicht auf das vorgeschlageue Amendement z vielmehr werde die allgemeine Freiheit beeinträchtigt, wenn man die Freiheit einzelner Städte in Schuß nehme. Ein Abgeordueter der Städte: wenn der fraglihe Passus im Entwurfe verbleibe, so nehme man der Stadt Wetlar das Recht, auf Verleihung der neuen Kommunal-Ord- nung anzutragen, ein Recht, das ihr niht entzogen werden dürfte. Ein Abgeordneter der Städte: die Regierung wünsche, wie bei der Vorlegung des Strafgeseß-Entwurfs vielfach ausgesprochen wor-= den sey, möglichste Einheit der Geseßgebungz an diesem Grundsaße halte er au hier fest, und könne daher nicht gestatten, daß an die Spiße des Kommunal =Gesebes gleih eine Ausnahme gestellt werde. Dieser Ansicht tritt ein anderer Abgeordueter der Städte bei, um so mehr, als die neue Kommunal-Ordnung für die ganze Provinz Ge= sebesfraft erhalten soll; für die Stadt Weblar sey kein Nachtheil daraus zu befürchten, weil nach den Motiven zu dem Geseße es einzelnen Städ= ten freistehe, si die revidirte Städte-Ordnung zu erbitten, und sonach auch Weßlar einen derartigen Antrag immer noch formiren könne.

Ein Abgeordneter der Ritterschaft: die Motive zu dem Gesetze seyen niht von des Königs Majestät erlassen; es seyen bloße Erläuterungen; wenn auch darin stehe, daß es den Städten gestattet seyn solle, sih die revidirte Städte-Ordnung zu erbitten, so sey dies darum doch nicht der Wille des Königs. Auch ein Abgeordneter der Landgemeinden muß dem Deputirten der Städte widerspre- chen: der Landtag dürfe es nicht gestatten, daß einer Stadt fernerhin die Befuguiß zustehe, sih die revidirte Städte-Ordnung zu erbitten. Hierauf erwiederte ein Deputirter der Ritterschaft: er glaube nicht, daß der Landtag ein Motiv habe, die Stadt Weßlar, vurch Weg streihung des fraglichen Passus, zu bevormunden. Wünsche Weßlar die neue Kommunal - Ordnung, so werde sie Allerhöchsten Orts der Stadt nicht versagt werden; allein man könne sie nicht zwingen , sich dieselbe zu erbitten, ohue das Prinzip der Freiheit zu beeinträchtigen ; ein verehrtes Mitglied habe ihn zwar belehrt, was Freiheit sey, allein dessen Theorie führe zu dem Saße, daß der höchste Despotismus der höchste Grad der Freiheit sey. Ein Abgeordneter der Städte äußert scin Befremden, wie man einzelnen Städten die Befugniß vor- behalten fönne, sih eine andere Kommunal-Orduung, als die für die ganze Provinz einzuführende, zu erbitten; eine jede Ausnahme sey unstatthaft, und stimme er deshalb für das von dem Abgeordneten der Städte gestellte Amendement, Von einem auderen Abgeord= neten der Städte wird vorgeschlagen, die ganze Einleitung zu dem Gesebe fallen zu lassen, da sih so viel Widerspruch gegen die=- selbe erhebe. Der Referent bemerkt, auch der Ausschuß habe an dem Grundsaße der Einheit festgehalten; indessen bilde Wetlar, schon seiner isolirten Lage wegen, eine Ausnahme, und sey die revidirte Städte- Ordnung daselbst erst seit ganz kurzer Zeit eingeführt, Er trage auf Abstimmung über das Amendement an. Ein Abgeord- neter der Ritterschaft: der Landtag habe kein Recht, den frag- lihen Passus zu streichen; der König habe der Stadt Weblar die revidirte Städte-Ordnung verliehen und sie hier ausdrücklih von dem neuen Geseße ausgeschlossen. Man habe keinen Grund, anzunehmen, daß die Stadt Weblar auf ihre Städte-Orduung verzichten wolle, und feine Veranlassung, das Wort für diese Stadt zu nehmen. Für die Einführung des neuen Geseßes sey der fragliche Passus ohne alleu Einfluß. Cin Abgeordneter der Städte: die Frage sey wie- derum verrückt worden; es haudele sich nicht darum, ob Wesßlar die revidirte Städte-Ordnung behalten solle, sondern darum, wie der vor- liegende Entwurf zu redigiren sey; und über diese Frage sey der Land= tag völlig fompetent, Cin Abgeordneter der Landgemein-= den: wenn auch der König seinen Willen ausgesprochen habe, so stehe es deu Ständen doch zu, ihre Ansichten darüber zu äußern, Vielleicht möge es der Stadt Weblar erwünscht seyu, späterhin die neue Kommunal=- Ordnung anzunehmen. Ver Xandkag dürfe dieser Stadt etwas die ganze Provinz Betreffendes nicht benehmen, er müsse denn der Ansicht seyn, daß er im Begriffe stehe, für die Provinz et- was zu beantragen, was nicht gut sey. Ein Abgeordneter der Ritterschaft: die Städte- Ordnung von 1831 sey ein besouderes Geseß für sich, worüber hier nicht zu sprechen sey, wo es sich über die Kommunal - Ordnung für die Provinz handle; deshalb habe der Ausschuß mit Recht den fraglichen Passus unangetastet gelassen, Wenn Weblar die neu zu erlassende Kommunal-Drdnung für besser halte, so möge es sich immerhin dieselbe späterhin erbitten. Die frü- here Behauptung eines Abgeordneten der Ritterschaft, daß der Landtag kein Recht habe u. \. w., bestreitet ein Abgeordneter der Landgemeinden. Der versammelte Landtag vertrete die ganze Provinz mit Einschluß der Stadt Weblar, und habe alle provinzielle Gesebe für das Ganze, nicht für Einzelne zu berathen. S

Bei der Abstimmung wird die Frage: Sollen aus der Einlei- tung des Entwurfs die Worte: „mit Ausnahme“ bis „verbleibt“ wegfallen? von 33 Stimmen bejaht, von 21 verneint,

Der Landtags-Marschall zeigt an : daß von mehreren an den Landtag gerichteten Eingaben zwei in Betreff der Anlage eines

Steinkohlen-Förderungsschachtes bei Essen an den dritten, eine andere, wegen Aufsahung s \Wrgren-Bestellungen, an den achten Ausschuß zur Benußung abgegeben, alle übrigen, inzwischen eingegangenen, im Vorzimmer offengelegt segen.

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Zeitungs -Uachrichten.

Nusland.

KFaukreith:

Deputirten-Kammer. Sißung vom 15. Juni, Bei Erörterung des Budgets für das Kultus - Ministerium gab das Kapitel über die den verschiedenen geistlihen Justituten zu gewähren= den Unterstüßungen Herrn Jsambert Anlaß, über das Umsichgreifen der Congregation Beschwerde zu führen,

Die religiösen Jnstitute, sagte er, besien ein Jmmobiliar - Vermögen von 150 Millionen Fr. Sie vergrößern dieses Vermögen beständig, und es is Grund vorhanden, sich darüber zu beunruhigen. Es werden nicht allein den autorisirten, sondern auch den nicht autorisirten Congregationen Geschenke gemacht und Legate ausgescht. Die Regierung läßt sich in dieser Hinsicht eine unbegreiflihe Duldsamkeit zu Schulden kommen. Wenn ich sehe, daß nicht allein die Brüder - Congregationen, sondern auch verbotene Congregationen, die sich kraft Königlicher Ordonnanzen gebildet haben, Un- terricht erthcilen, wenn ih bedenke, daß die Zahl der fleinen Seminarien das festgeseßte Maximum, welches {hon die Bedürfnisse übersteigt, noch überschreitet; wenn ih endlih die Besorgnisse der Universität wahrnehme, der jene Konkurrenz so gefährlich is, so finde ih, daß der Kultus-Minister die Anomalie begeht, die nicht autorisirten Congregationen auf alle mögliche Weise aufzumuntern., (Bewegung.) Man wendet die Artikel der organischen Presse auf die Protestanten an, Warum nicht auch auf die Katholiken © Warum sind gewisse Kapellen ohne Erlaubniß des Justiz- Ministers eröffnet Sieht man darauf, daß in den religiösen Justituten die Erklärung von 1682 gelehrt werde? Dies wird dur Gescße vorgeschrieben z aber die Regierung denkt wahrscheinlich, daß die dem Kultus geweihten Personen etwas Besseres zu thun haben, als sich von den Grundsäßen der Freiheiten der Gallitani- schen Kirche durchdringen zu lassen, Wie steht es mit dem Eide? Durch das Konkordat wird der Geistlichkeit eine bestimmte Eidesformel vorgeschrie- ben. Läßt der Justiz- Minister die Mitglieder der Geistlichkeit diesen Cid leisten? Nein, er läßt nur den politischen Gehorsams-Eid leisten, den Cd von 1830, den alle Welt leistet, Es giebt aber gewisse Functionen, spezielle Eidez es giebt einen solchen für die Geistlichkeit, aber man entbindet sie desselben, Wenn es sh um Waldhüter handelt, dann achtet man jorg- fältig darauf, den speziellen Eid zu verlangenz aber wenn es sich um die hohen Geistlichen handelt, die die Universität als eine Schule der Pestilenz behandeln, dann \{chweigt man und überhebt sie des Eides, Wenn ich die Artikel der organischen Geseße durhnehmen wollte, so würde ich beweisen föónnen, daß Alles das, was der religiösen Hierarchie günstig 1, ausgedehnt wird und dagegen die der Unabhängigkeit der Regierung und ihrem Ansehen günstige Bedingung aufgegeben werde. Jch begreife dieses Benehmen von Seiten einer Regierung, die augenscheinlih aus der Religion cin Negie- rungsmittel machen will, (Murren im Centrum.) Man wird selten oder nie eine Regierung finden , die geneigt is , den verschiedenen Kulten gegen- über, eine unparteüsche Haltung anzunehmen, und je unpopulairer eine Re- gierung wird, um so mehr wird sie sich auf den mächtigsten Kultus stützen. Dies sehen wir bei uns seit dem Jahre 1834. Von den Gallikanischen Freiheiten is nicht mehr die Rede; die durch die Freiheit der Regierung allmächtig gewordene Geistlichkeit will von einer Beschränkung nichts mehr wissen. Es giebt nur ein Mittel gegen diesen Zustand der Dinge, und dies is die Trennung:“der Kirche von dem Staate, Möge Jeder Gott auf seine Weise - anbeten. (Lebhafte Bewegung.) Was man auch sagen möge, wir werden wieder rel‘giöse Verfolgungen erleben. Sie haben schon die Klagen vieler Familicnväter vernommen. Wo sich in einer reihen Familie ein {chwacher Geist zeigt, da wird er umringt, beredet und verführt. (Murren.) Dies ereignet sih täglich, Die Beraubung der Familien ist an der Tagesordnung; dies ist unbestreitbar, man sieht es überall. Wenn die Negierung sich außer Stande fühlt, diesem Unwesen ein Ende zu machen, #o sehe ih nicht ein, warum sie nicht die Idee der Trennung des Kultus vom Staate auregen will, Es giebt Beispiele da- von in anderen Ländern, und noch kürzlich hat ein ministerielles Journal dasjenige lobend erwähnt, was in diesem Augenblicke in Schottland vorgeht.

Der Justiz-Minister: Das Uebel müßte in der That sehr groß seyn, wenn man von den Mitteln, die der vorige Nedner vorschlägt, auf dasselbe schließen wollte, Derselbe hält das Konkordat für ungenügend, und schlägt vor, die vollständigste religiöse Freiheit einzuführen. Herr Jsambert vergißt dabei ganz, daß das Konkordat existirt, und daß in denm- selben eine genaue Scheidelinie zwischen dem Geistlihen und dem Weltli- chen aufgestellt is, Wenn es irgend cin Land in der Welt giebt, wo die religiöse Freiheit in ihrer ganzen Ausdehnung ins Leben tritt, so is es Frankreich. Was den uns gemachten Vorwurf betrifst, daß wir es an Un- parteilichkeit fehlen ließen, so appellire ich in dieser Hinsicht an die Bekenner der verschiedenen Religionen, die in dieser Kammer sigen. Declamationen genügen nicht, um auf meine Behauptung zu antworten. Jch frage, bei welcher Gelegenheit die Negierung ihre Pflichten gegen die verschiedenen Kulten verabsäumt hat? Jch behaupte, daß kein Umstand der Art ange geben werden kann. Wir sind nur gerecht, wenn wir die religiösen Institute unter- stüßen. Der vorige Redner nennt jene Justitute Congregationen, ih nenne sie Wohlthätigkeits-Anstalten, Die Erlaubniß zur Errichtung derselben wird immer erst nah Einziehung der sorgfältigsten Erkundigungen ertheilt, Die jenen Jnstituten gemachten Geschenke und Legate, deren Summe man guf die unsinnigste Weise übertrieben hat, belaufen sih seit dem Jahre 1830 auf 4,770,000 Fr. Den Kirchen sind in demselben Zeitraume 10,698,000 Fr. zugeflossenz also beläuft sich die Gesammtsumme der Geschenke und Legate seit 13 Jahren auf 16 Millionen und nicht auf 100 Millionen, wie man von verschiedenen Seiten behauptet hat. Der vorige Redner verweist uns auf die Erklärung von 1682, in welcher die Anglikgnischen Freiheiten auf- gestellt werden, und fordert uns auf, diese Freihciten lehren zu lassen. Jch erwiedere darauf, daß dies geschieht, und ich ertheile diese Antwort, obgleich die theologischen Fakultäten nicht unter meiner Leitung stehen, Wenn Herr Jsambert einen theologischen Kursus durchmachen will, so wid ex sich selbst davon überzeugen, Man hat von Männer -Congregationen gesprochen, und ich bemerke, daß es in der That einige Karthauser- und Trapvisten Klöster giebt. Wenn dieselben sih ohne Genehmigung der Regierung bil- den, so hat dieselbe das Recht, sie aufzulösen, und sle macht von diesem Rechte Gebrauch, wenn sie es für zweckmäßig hält, Jm November v, J. hatten sich einige Trappisten in dem Var-Departement angesiedelt ; ihre An- wesenheit fand Widerspruch in der Bevölkerung, und sogleich befahl ihnen die Negierung, das Haus, wo sie sih niedergelassen hatten, zu verlassen, Welche Gefahr können jene Männer bringen, die sich dem mühseligsten und jammervollsten Leben weihen und nur an den Tod denlen? (Unter- brechung zur Linken.) Man hat viel von dem Hirtenbriefe eines Geistlichen gegen die Universität gesprohen, Jh habe in dieser Hinsicht, bevor man mich dazu aufforderte, einen förmlichen Tadel ergehen lassen z aber ih bin der Meinung, daß die Universität über die ge- gen sie gerichteten Angriffe erhaben is , und deshalb habe ih den Bischof von Bellev nicht vor den Staats-Rath gestellt, Warum sollten wir auch Worte weiter verfolgen, von denen wir überzeugt sind, daß der Bischof von Belley sie innigst bereut? (Exclamationen zur Linken.) Warum hätten wir die leßten Lebensjahre des Bischofs von Belley durch eine Verfolgung trüben sollen, die sicherlich eine traurige Wirkung hervorgebracht haben würde. (Unterbrechung zur Linken.) Jch wundere mich, daß ih hier von Mitglie- vern unterbrochen werde, die es ganz einfa finden, wenn wir viele straf- bare Handlungen der Presse unbeachtet lassen, Wir erfüllen unsere Pflich- ten und führen die Geseßze über die Geistlichkeit aus, wie Sie es selbst nur thun fönntenz aber wir haben für die Geistlichkeit, weil sie es verdient, und für die Religion, weil dies unsere Ueberzeugung ist, die tiefste Achtung. Jch gehöre nicht zu denen, die, fobald das Wort Religion ausgesprochen wird, an etwas Feindseliges oder Gefährliches für die Negierung denken. Das religiöse Gefühl entwickelt sich gegenwärtig aufrichtig und aus freien Stücken, Die Ausübung der religiösen Gebräuche is in unseren Zeiten kein Mittel mehr, emporzukommen z es is die eigene Stärke der religiösen Idee, welche die Entwickelung derselben veranlaßt; die moralische Jdee wird sich daher unter die Massen verbreiten und mit ihr die Jdee der Pflicht. Wir hoffen, dieses Resultat zu erreichen, indem wir unparteiisch gegen alle Kulten ver- fahren z; dieses Resultat selbst betrachten wir als ein Glück für unser Land.

Nach dieser Erörterung wurden die einzelnen Artikel des Bud= gets für das Kultus-Ministerium angenommen, und die Kammer ging

zur Erörterung des Budgets für das Ministerium der auswärtigen

Angelegenheiten über. Debatte votirt, heiten zur Sprache und wünschte zu wissen,

auf die diplomatischen Beziehungen gethan worden sey. Cinflusses in Spanien untergehe,

Unthätigkeit rein auf den Zufall zu hoffen scheine. erwiederte im Wesentlichen Folgendes :

Ver vorige Nedner macht es der Regierung zum Vorwurf, daß das s ap L _} f | Er vergißt, daß nicht srankreih, sondern Spanien, die Spanische Nation jenes Gcseß abgeschafft daß in dieser velstand fu l Aber die Unabhängigkeit Spaniens schuldig sind, mußte D e) Was die Folgen dieses Ereignisses betrifft, \o baben wir die Wichtigkeit derselben nie verkannt; und ih habe mich auf verwahrt, An dem Tage,

Salische Geseß in Spanien aufgehoben worden fey.

E Wir sahen vom ersten Augenblicke an sehr wohl ein, 2 eranderung ein schr ernster Uebelstand für Frankreich liege. Achtung, welche wir der das Uebergewicht behalten,

dieser Rednerbühne ‘gegen von der ich auch wo in

/ diéselben durch eine Erklärung 1 jeßt noch kein Wort zurücknehme. Folge der in Spanien

stattgehabten Ereignisse die Franzö-

sischen Jnteressen, die Ehre unseres Landes, seine Sicherheit, seine politische dem Tage würde ih meinem a haben, und Maßregeln zu ergreifen. (Beifall im Centrum.) Der vorige Netner vat von einer Aeinungs-Berschiedenheit gesprochen, die in Bezug auf Spa- Jch wundere mich, wie

Stärke in Europa gefährdet würden, an Komge und mcinem Lande rathen, wohl Acht darauf zu und Maßregeln zu ergreifen. (Beifall im Centrum.) i nien zwischen Frankreich und England stattfindet, man si darüber wundern kann. Das is eine Thatsache, die sih zu allen neu Medeugoll dat, Dch habe indeß die Hoffnung, daß, wenn sich diese ZMA 7 auch jest wiederholte, der verständige Sinn und die gesunde Politif beide Regierungen zu der Einsicht bringen werden daß Frankreich und England in Spanien nux ein wahres und ernstes Juteresse haben, nämlih die Wiederherstellung einer regelmäßigen Regierung und einer dauerhaften Ordnung. Wenn Sir Nobert Peel im Par- lamcute sagte, daß die Achtung vor der Unabhängigkeit Spaniens die Politik Cnglands sey, so hat er nichts gesagt, was ih nicht auf der Fran- zösischen Nednerbühne wiederholen könnte und müßte. Es ist immer unsere Absicht gewesen, die Unabhängigkeit Spaniens zu achten ; aber daneben sind wir auch gewillt, die Interessen Frankreichs im Auge zu behalten, und wir haben die Hoffnung, daß in Bezug auf die wesentlichen Punkte, die Politik Englands und Frankreichs nicht immer auf jener Bahn der Kämvyfe und der gegen jecitigen Feindseligkeit beharren wird, die für feines der beiden Länder von Bortheil, für Spanien aber stets, und besonders seit einigen Jahren verderblich gewesen ist, Was die Handéls-Frage betri# 4 I a men zur Linken; Sie vergessen, sich über unseren Botschafter 2, 0 O O Jd besteige diese Rednerbühne nicht, um auf alle Worte, die auf derselben ausgesprochen, auf alle Fragen, die an mich ge- richtet werden, zu antworten, Wenn ih glaube, daß eine Antwort, in Uebereinstimmung mit dem Juteresse des Landes, mit dem Interesse seiner Politik und seines guten Vernehmens nach Außen hin, ertheilt werden fann jo ertheile ih dieselbe. Wenn ih gber glaube, daß eine Äntwort, oder eine Srörterung den Interessen meines Landes \chädlicher als nüßlicher seyn kann jo lasse ih mich nicht darauf ein, Dies is mein Necht. (Beifall im Centrum.) : : Der Minister bemerkte in Bezug auf die kommerziellen Verhält= nisse zwischen Frankreich und Spanien nur, daß die Unterhandlungen fortdauerten, und daß er hoffe, sie zu einem glüdlichen Ende zu bringen, wenn der Zustand der Dinge in Spauien erst ein regelmäßigerer und ge= ordneterer seyn würde. Eine kurze Debatte über die Zustände in Montevideo beschloß die heutige Sizung.

; Paris, 15, Juni. Es finden- seit einigen Tagen zahlreiche Minister-Conseils statt, und man vermuthet allgemein, daß ernstlich darüber berathen werde, welches Benehmen man in gewissen Fällen, die aus der gegenwärtigen Lage Spaniens hervorgehen könnten, zu beobachten habe, Ein ministerielles Journal versichert heute mit Be-= stimmtheit, daß troß des von der Madrider Hof= Zeitung gege- benen L ementis der Regent und seine Camarilla den Plan hätten, sih mit der jungen Königin nah Badajoz zu begeben, um dort die Vermählung Jsabella?s U, mit dem jungen Prinzen von Koburg, der sich in diesem Augenblicke in Lissabon befindet, zu brüskiren, Man fügt hinzu, daß Espartero sich noch weigere, diesen Plan zu befolgen, daß aber Linage, dessen Einfluß auf den Regenten bekannt is, den- selben auf das lebhafteste unterstübe.

Herr Tharin, vormaliger Bischof von Straßburg und Erzieher des Herzogs von Bordeaux, if} gestern in einem Alter von 56 Jahren mit Tode abgegangen.

Börse vom 15. Juni. Die Börse war heute sehr aufgeregt. Es waren Gerüchte aller Art verbreitet, deren Authentizität wir guf feine Weise verbürgen, und die wir uur anführen, um das Sinken der Course zu erklären. Man ‘\sprah noch immer davon, daß England Kriegsschiffe nah der Spanischen Küste abgesandt habe, und man fügte sogar hinzu, daß Englische Truppen in Malaga hätten landen wollen, aber von der Bevölkerung zurücgetrieben worden wären. Auch von der Reise des Regenten nah Badajoz mit der jungen Kü= nigin war viel die Rede, und zuleht verbreitete man noch das Ge= rücht, daß ein Observations = Corps an der Spanischen Gränze zu= sammengezogen und ein Lager bei Lyon gebildet werden folle. Alle diese Gerüchte, von denen eins immer abgeshmackter als das andere ist, blieben indeß nicht ohne Wirkung auf die Fonds, und die 3proc, Nolte fel von 79, G0 auf 79,40.

© Paris, 15. Juni, Die Kammer nimmt beinahe alle von der Kommission vorgeschlagenen Reductionen im Budget der Ausga- ben an, so daß das Kabinet in der Voraussicht, daß sein Widerstand vergeblih wäre, dazu willig die Hand bietet. So ließ si{ch der Mi- mster der Justiz und des Kultus in zwei Sißungen eine Reduction von 651,000 Fr. an seinem Budget gefallen.

Jn Betreff des Departements der auswärtigen Angelegenheiten hat die Budget-Kommission mit großer Genauigkeit die Nothwendig- keit aller Ausgaben erörtert, und Alles reduzirt, was ihr nicht erwie= sen nothwendig erschien. Sie hat dabei deu Minister der auswärti= gen Angelegenheiten über die Besoldung der Deputirten, welche einen diplomatischen Posten bekleiden, interpellirt, Es giebt gegeu- wärtig vier Mitglieder der Kammer, welhe zu dieser Kate-= gorie gehören, nämlich der Marquis de Dalmatie, Botschafter in Turin, der Baron Varenne, Gesandter in Lissabon, Graf St. Aulaire und Vicomte d’Haussonville, beide erste Botschafts-Secretaire. Herr Guizot hat der Kommission erklärt, daß die Vorschriften des Urlguhs= Gese8es vom 7. Juli 1834 guf die diplomatischen Agenten, mögen sie Deputirte seyn oder nicht, strenge angewendet werden, daß mithin ein diplomatischer Agent, welcher an deu parlamentarishen Arbeiten Theil nimmt, während der Dauer seines Urlaubs in den ersten sechs Monaten nur die Hälfte seines Gehalts bezieht und über diese Frist hinaus gar keine Besoldung genießt. Demzufolge erhielt z. B. Graf Salvandy nur bis zum 1, Juni 1843 die Hälfte des Gehalts als Botschafter in Madrid und später gar nichts mehr. Die Kommission hat ferner gefunden, daß der vor einem Jahre auf 60,000 Fr. erhöhte Gehalt des Französischen Gesandten in Frankfurt, so wie der auf 45,000 Fr. vermehrte Gehalt des Gesandten in Stuttgart auf ihren früheren Fuß zurückgeführt werden sollen, so daß der Gesandte in Frankfurt von nun an nur 50,000 Fr. und der in Stuttgart nur 40,000 Fr. beziehen wird, Herr Guizot hat bereits vor der Kom- mission seine Zustimmung hierzu gegeben.

Der größere Theil der Kapitel ward ohne Herr von Larcy brachte die Spanischen Angelegen= t l und 1 was in Bezug auf die kommerziellen Verhältnisse zwischen beiden Ländern, so wie in Bezug Minister ( ziehungen l en sey. Er warf den Lunstern vor, daß der Einfluß vrankreichs auf Kosten des Englischen und daß das Ministerium in seiner Herr Guizot

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muthmaßlihen Gemahl der Königin von Spanien anbelangt, so ver= git die sonst gut unterrichtete Presse, daß seit der Vermählung der Prinzessin Clementine mit etnem Prinzen von Koburg, Großbritanien uicht mehr wollen faun, daß durch die neugeschlossenen Bande zwischen Por-

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Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten {lug die Errich- tung dreier neuen Konsulate vor: in Sousa, Zanguebar und Janina, Die Kommission billigte die beiden ersten, sprah sich aber entschieden gegen das dritte Konsulat aus, indem sie behauptete, es gäbe feine dringende und gebieterische Nothwendigkeit, in Janina einen Kon= sul zu ernennen, da ein bloßer Konsular-Agent, wie gegenwärtig einer dort besteht, hinreiche, um die Regierung über die in jener Provinz vorlommenden Ereignisse in Kenntniß zu seßen. Herr ‘Guizot hat ebenfalls in der gestrigen Sibung erklärt, dem Wun- he der Kommission sh fügen zu wollen. Die Kommission ging noch weiter, sie denkt, daß es mehrere Konsularstellen giebt, die von gar feinem Nußen für unsere Handels-Verhältnisse sind, und ver= langt, daß die Regierung ernstlih an die Unterdrückung derselben den- fen möge. Herr Guizot hat versprochen, in der Zwischenzeit von einer Session zur anderen cine genaue Untersuhung anzuordnen, um zu ermitteln, inwiefern das eine oder andere Konsulat unterdrückt wer= den fönnte.

Das Budget für 1844 verlangt 50,000 Fr. für diplomatische Geschenke. Die Kommission bemerkt, daß der Gebrauch, den fremden Gesandten Geschenke zu machen, heutzutage immer mehr eingehe und in Großbritanien {hon erloschen sey. Frankrei ertheilt noch einige Geschenke dieser Art im Orient, Dieselben bestehen meistens in glän- zenden Waffen, Geschmeide, prächtig eingebundenen Büchern u. \. w. La aber die Kommission aus den ihr vorgelegten Rechnungen die Ueberzeugung \{öpfte, daß die Französische Regierung seit mehreren Jahren weniger Geschenke verleiht, als ihr dazu Fonds bewilligt wur= den, so glaubt die Kommission, daß man vor der Hand hierin eine Reduction von 10,000 Fr. ohne Anstand einführen könne, unter dem Vorbehalte, daß die Regierung selbst dieses Kapitel der Uusgaben all- máälig unterdrüde. :

Endlich ließt die Kommission ihre Prüfung des Budgets der auswärtigen Angelegenheiten mit der Mahnung, daß der betreffende Minister die Berechnung der Konsular=-Kanzleikosten auf eine sicherere Grundlage bauen möchte, als bisher unter der Verwaltung des Ka- binets vom 29, Oktober der Fall gewesen i. Denn die Konsular= Kanzleikosten, welche nah der Berechnung des Budgets für 1841 nur auf 250,000 Fr. angeschlagen waren, erhoben sich nach der Schluß- rechnung des nämlichen Budgets qauf 417,914 ör., beinahe doppelt höher als sie angeseßt worden waren. Es unter- liegt feinem Zweifel, daß sämmtliche von der Kommission vor= | geshlagenen Reductionen und Anträge für das Budget der auswär- tigen Angelegenheiten in der heutigen Sißung von der Kammer wer- den angenommen werden, Die Kammer scheint den Grundsaß beob- | achten zu wollen, daß, nachdem die Kommission das Budget mit der größten Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit erörtert hat, man um so eher nah ihrem Berichte votiren soll, als diese Verfahrungsweise zugleich die Diskussionen abkürzt und den Schluß der parlamentarischen Arbeiten \chneller herbeiführt. / i

Jn der gestrigen Sibung wurden auch beiläufig die Spanischen Angelegenheiten und die Ereignisse von Montevideo besprochen. Herr Guizot hat erflärt, daß er nichts von seinen früheren Ausdrücken in Betreff der Französischen Jutervention in Spanien zurückzunehmen habe. Sie finden hierin die Bestätiguug dessen, was ih vor wenigen Tagen Jhnen meldete, daß nämlich das Kabinet der Tuilerieen mit verdoppelter Aufmerksamkeit die in Spanien gegenwärtig herrschende politishe Bewegung beobachtet, und Anstalten trifft, im Nothfall mit bewaffneter Hand zu interveniren, namentlich wenn Espartero so übel berathen feyn sollte, einen gegen die monarchishe Verfassung Spaniens berechneten Staatsstreich auszuführen, wie man es fast zu befürchten scheint. Nicht etwa, daß man glaubt, Espartero wolle, wie die P resse von heute zu wissen vorgiebt, auf Eingebung des Herrn Aston mit der Königin Jsabella der Zweiten nach Lissabon sich flüchten, und dort die Königin zwingen, sich mit dem achtzehnjährigen Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg-Kohary, der eben dort sich befindet, zu vermäh- len. Denn eine solche Ehe wäre ohuehin wegen Mangel der freiwilligen Zustimmung der jungen Königin und der Sanction der Cortes, un- gültig. Aber man will wissen, daß Espartero ernstlih mit der Jdee umgehe, wenn die Ereignisse sich drohender gestalten möchten, und man ihm die Negentschaft entreißen wollte, sih in die erste beste starke Bestung zu werfen, und dort die junge Königin Zsabella unter dem Vorwande, für deren persönliche Sicherheit besser zu sorgen, gleichsam gefangen zu halten, Darauf würde man allerdings eine energische Demonstration gegen Espartero eintreten lassen. :

Was die Wahl des jungen Prinzen von Koburg = Kohary zum

tugal und Frankreich mittelst der Heirath zwischen der Schwester der Donna Maria mit dem Prinzen von Joinville eine noch engere Fa- milien-Verbindung zwischen Paris, Madrid, Lissabon und Brüssel ge- gründet werde. Es hieße den Familienpakt von 1761 in einer aus- gedehuteren Form aufleben lassen.

Grossbritanien und Irland. Loudon, 14. Juni, Gestern hielt die Königin ein Kapitel

des Distel-Ordens, in welchem Jhre Majestät die dur den Tod des Herzogs von Sussex und des Grafen von Abergavenny erledigten Orden dem Marquis von Bute, Königl. Kommissarius bei der lebten | General-Versammlung der Schottischen Kirche, und dem Grafen von | Mansfeld verlieh. : i | e Die Königin hat befohlen, daß ihre Kammerdamen, Ehren - &räulein und sämmtliche Dienerschaft ün Palaste, welche irgend ent-

und dem Prinzen Albrecht dem Gottesdienste in der Schloß-Kapelle beiwohnen sollen. |

__L London, 16. Juni, Die Konservativen haben den Augen- 4 , Ï I e , , r. . 7 , Me 1 blick zu einer Verständigung mit den Whigs über die Getraide = Ein=

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—— ima ieni iein

behrlih i, jeden Morgen um 9 Uhr zugleih mit Jhrer Majestät | |

| fuhr vorübergehen lassen und dürften wohl Grund haben, ihre Un- |

beweglichfeit, wie bei früheren Gelegenheiten, zu bedauern. Es ist dies um \o befklagenswerther, da es sich von gar keinem Grundsab handelt, sondern blos von der Frage, ob man die Skala noch ein paar Jahre lang beibehalten oder glei jeßt einen fixen Zoll anneh- men, und somit den Streit auf viele Jahre beilegen wolle. Denn ih bin mit Lord John Russell überzeugt, daß, wenn sich die beiden großen aristokratischen Parteien jeßt verständigen und dann zusammen an ihrer Entscheidung festhalten wollten, der Verein gegen die Korn- gejebe bald zerfallen würde. Aber Peel glaubt nun einmal, seine Ehre mit dieser Skala verwoben und wollte niht nachgeben, und die ihn bisher unterstüßt haben, wollten ihn nicht bei einer Frage im Stich lassen, auf die er einmal seine ministerielle Existenz gebaut hat. Es bleibt also der League nur übrig, auf der einmal betretenen Bahn fortzuschreiten, und wenn man nah ihrem bisherigen raschen Erfolg schließen darf, so is niht zu zweifeln, daß im ersten Mißjahre alle die Cinfuhr beshränkenden Geseße unter Sturm und Drang werden abgeworfen werden.

Während nun aber die Minister in diesem Punkt \o fest bleiben,

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zeigen sie sih in anderen nachgiebiger, Erstens hat Sir J. Graham

gisent Abend ihren Entschluß bekannt gemacht, den mit dem Geseß=- Zorshlag zur Ueberwachung und Bestimmung des Fabrilwesens ver= bundenen Unterrichtsplan fallen zu lassen. Die Gründe, die er da- für angiebt, sind einerseits der Widerstand der Dissenters und ande=- rerseits die Kälte der Staats = Kirche, so daß, wenn das Parlament auch denselben angenommen hätte, nur Streit und Mißhelligkeit zu erwarten gewesen wäre.

Zweitens haben die Minister sih es gefallen lassen, die Debat- ten über das zweite Verlesen der Jrländischen Waffenbill zu vertagen, obgleich hierdurch alle Bestimmungen über die weitere Führung der parlamentarischen Geschäfte zu uihte werden und man wieder neue Einrichtungen dafür treffen muß. Und aus dem bei den gestrigen Debatten beobachteten Ton möchte ih \{ließen, daß sie sich im Aus- \chuß manche bedeutende Ermäßigungen werden gefallen lassen, indem sle die Gelegenheit benußen zu wollen \{heinen, den Jrländern zu zeigen, daß sie auf die Wünsche ihrer Vertreter Rücksicht nehmen.

Wenn die Minister von der Vertagung des Vorschlages über die Apanage der Prinzessin von Cambridge Einmüthigkeit im Unterhause erwartet hatten, so fanden sie sich getäuscht. Hume bestand vielmehr auf seiner Opposition, und offenbar war nur der Mangel an persön= lihem Gewicht des Mannes Schüld, daß niht mehr als 58 Mit= | glieder mit ihm stimmten, Nun aber hat er erklärt, daß er der Sache | ihren Gang lassen wolle. i | Vor dem dritten Verlesen der Kanadischen Korn - Bill erzwang

der Oberst Sibthorp, ein warmer Freund und Anhänger des Mini= steriums, nah einer furzen Debatte eine Abstimmung gegen diese Maßregel, wobei er doch 75 Stimmen auf seiner Seite hatte.

_Der Konvent gegen das Sklavenweseu, welcher vor der großen Versammlung des Britischen und auswärtigen Vereins gegen die Sklaverei seine Spezial - Versammlungen zu halten pflegte, is ge=- stern zu einer Entscheidung gekommen, wodurch alle kirhlihen Vereine Amerifa's, die sih dem Sklavenwesen nicht widerseßen, ge- wissermaßen als exfommunizirt betrachtet werden sollen. Es wurde dabei von mehreren Abgeordneten, besonders Amerikanern, behauptet, cs sey die Kirche, welche dort das Sklavenwesen aufrecht halte. Wenn also ja noch in der Welt von Verkeßerungen und Excommunicationen die Rede seyn solle, so is es tröstlich, daß man hier wenigstens eine Grund dafür annimmt, der Jedem in die Augen fällt und nicht we= gen Dogmen und Formen verdammt, welche oft beiden Theilen un= verständlich sind,

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© Madrid, 8. Juni. Die Gaceta enthält heute ein von dem Minister = Präsidenten an sämmtliche Minister gerihtetes Rund=- chreiben von gestrigem Datum, in welchem das Gerücht, als ob die Königin sich in persönlicher Gefahr befinde, für eine Verleumdung erklärt wird. „Die Regierung““, so heißt es darin, „hat sich nicht im entferntesten damit beschäftigt, den Aufenthaltsort der Königin zu verändern, und will, daß die Beamten aller Zweige des Staatsdienstes dieses zu erkennen geben und die öffentliche Meinung zu berichtigen suchen, so oft man damit umgeht, diese irre zu leiten.“

Jch glaube mich übrigens nicht zu irren, wenn ih behaupte, daß die Quelle dieses Gerüchts in dem übertriebenen Eifer einer fremden Mission zu suchen is. Die bloße Ankunft eines jungen Prinzen in

einer benachbarten westlihen Hauptstadt scheint Besorgnisse eingeflößt zu haben. Hierzu mag noch der Umstand gekommen seyn, daß die Einwohner Madrids vor wenigen Tagen den Jutendanten des Königlichen Hauscs und den Jnstructeur der Königin, Herrn Lujan, in einem mit aht Mauls- thieren bespanunten Königlichen Staatswagen, und begleitet von eini- ger Hofdienerschaft in großer Eile aus dem Thore fahren, und die nah Andalusien führende Straße einschlagen sahen. Jebt erfährt man, daß jene Herren nur eine Lustfahrt nah Aranfuez unternahmen.

Was übrigens die Regierung selbst unter Mäßigung verstehe, mag Folgendes zeigen. Die Gaceta sagt: „Zn dem Neuen Volks=Vertheidiger, cinem in Cadix erscheinenden (ministeriellen) Blatte, liest man einen Artikel, aus dem wir uur cinige der gemäßigtsten Stellen, die durchaus keinerlei Partei oder Meinung verleßen können, mittheilen.“ Unter diesen mitgetheilten Stellen befinden sich folgende an die Gegner des Ministeriums gerichtete Worte: „Niederträchtige, Schufte, Schurken, Verräther! wenn der General Espartero ein Tyrann, wenn er nur gerecht, und nicht so mitleidig wäre, so würdet ihr sämmtlich sou längst in der Hölle für eure Treulosigkeit und eure Verbrechen büßen!‘

Die Nachrichten, welche die Regierung aus Andalusien erhalten hat, lauten befriedigend, und, allem Anschein nah, sind Granada und Malaga zu dieser Stunde zum Gehorsam zivlidbt.

Der General-Capitain Alvarez war noch am S5ten in Jaen, wo Tags zuvor ein Bataillon und drei Schwadronen Kavallerie ange= fommen waren. Das Jusurgenten = Corps, das von Granada aus gegen Jaen vorgerückt war, hatte sich bereits zurückgezogen, und die Avantgarde des General » Capitains beseßte am 5ten den Flecken Jznallos und beabsichtigte am 6ten in Granada einzuziehen, wo die größte Verwirrung herrschte. Die rebellishe Junta dieser Stadt richtete unter dem 2ten an den Regenten eine Adresse, die mit folgenden Worten schließt: „Verzeihen Ew. Hoheit den Unterzeich= neten, daß sie sich derselben Worte bedienen, welhe Ew. Hoheit von Barcelona aus am 7. September 1840 an Jhre Majestät die Köni= gin Regentin richteten.“ VBekanntlich erwiederte damals der Herzog de la Vitoria der Regentin, die ihn aufforderte, das Pronunciamiento von Madrid mit Gewalt der Waffen zu unterdrücken, daß die Sol= daten selbst Bürger wären und nicht auf das Volk \{hießen wür= den, Die Junta von Granada dürfte gar sehr irren, wenn sie glaubt, daß dieser Saß auch jeßt anwendbar wäre.

Am 31iften war ein aus 100 Soldaten und 200 National=- Milizen bestehendes Corps von Malaga ausgerückt, um die Bewoh= ner von Ronda zu nöthigen, fich freiwillig dem Aufstande anzuschlie- ßen, Lebtere aber griffen zu den Waffen, und \chickten ersteren eine Kommission entgegen, um ihnen ihren Entschluß, die Regentschaft Espartero’s vertheidigen zu wollen, anzukündigen. Darauf fanden die Malagaer „Patrioten“ für gut, eine rückgängige Bewegung zu machen.

9 Paris, 15. Juni. Unter der zahllosen Menge von Pro- clamationen, welche die Chefs des Aufstandes in Andalusien und Ca- talonien an ihre Provinzen oder an ‘die Nation erlassen, stiht das nachstehende Manifest der in Barcelona gewählten und in Sabadell residirenden Junta hervor: „Bewohner der Provinz Barcelona! Die \{meichelnden Hoffnungen, welche die Nation bei der Errichtung des Ministeriums Lopez \{chöpfte, sind in der Blüthe verwelkt. . Die einflußreichsten und wohlhabendsten Provinzen Spaniens haben einen heiligen Ruf des Zornes erhoben, und die Provinz Barcelona, immer bereit, das Vaterland und die Königin zu retten, hat diesem heiligen rettenden Rufe geantwortet. Da es nothwendig ist, eine Fahne auf- zupflanzen, um welche sich die Völker dieser Provinz versammeln und durch die sie zuglei ihre Wünsche und Gesinnungen den übrigen Theilen des Landes zu erkennen geben können, so nimmt die Junta die folgenden rettenden Grundsäße an: Verfassung En Jsabella Il. und C einer Central-Junta, die, R iat der öffentlichen ‘nung, die verschiedenen Wahlsprüche der