Ein Abgeordneter der Städte erklärt sich gegen deu Vorschlag des
je Stelle der in dem Entwurf gegebenen fa- Ausschusses, E seßen wolle, wozu kein Grund vor=
iß, ei Zwan R dps r O Ott des §. 8 entscheide der Beschluß E Bür ermeisterei-Versammlung, welche Gegenstände Angelegenhei= ten des Bürgermeisterei- Kommunal - Verbandes seyen; finde also die Versammlung keine Veranlassung’, irgend einen Gegenstand in dieser Weise zu behandeln, so beruhe die Sache auf si; ein Zwang finde nit statt. Ein Abgeordneter der Städte erklärt sich für den Vor= schlag des Ausschusses, weil derselbe das Grundprinzip, ob nämlich Spezialität der Gemeinden gefördert werden solle oder nicht, bestimm- ter andeute. Hierauf wird der §, 8 in der von dem Ausschuß vor- geschlagenen Fassung und der §, 9 des Entwurfs unverändert ange- nommen. E
Zu §. 10. Der Ausschuß beantragte, den Sab: „durch der- gleihen Veränderungen dürfen privatrechtliche Verhältnisse niemals gestört werden““, in folgender Weise zu modifiziren: „doch bleibt den- jenigen Gemeinden oder den einzelnen Gemeinde-Angehörigen, die sih durch diese Entscheidung in ihren Privat-, Rechts-= oder Eigen- thums-Verhältnissen verleßt glauben, der Rechtêôweg offen.“ Die vom Ausschuß vorgeschlagene Fassung des §. 10 wird angenommen.
Zu §. 11. Der Ausschuß s{lägt vor, diesen Paragraphen ganz zu streichen, Ein Abgeordneter aus dem Fürstenstande: Die Bestim- mungen des Paragraphen dürften für einzelne Landestheile des Ost: rheinishen Bezirks beizubehalten seyn. Ein Abgeordneter der Ritter= schaft: Ueberall, wo es nöthig sey, müßten besondere Reglements adop- tirt werden dürfen. Der Referent: Dieses gehöre zu den Attributionen des Gemeinderaths, dürfe aber nicht im Gesebe selbst vorgesehen werden, Ein Abgeordneter der Ritterschaft muß sich der Streichung des §. 11 widerseßen, Das Recht der Autonomie sey ein für alle Corporatio- nen höchst wesentlihes. Da es die Absicht sey, unserem gegenwärti= gen Beamten-Regimente das System der Corporationen entgegenzu- seben, so müsse auch dies Recht der Autonomie geschüßt werden. Ein Abgeordneter der Ritterschaft : Der Ausschuß habe sich alle wesentli chen Verhältnisse vergegenwärtigt; alte herkömmliche Rechte sollten niht umgestoßen, sondern nur die Einheit im Ganzen hervorgerufen werden, welche durch den vorliegenden §. 11 beeinträchtigt werde. Der Referent : Wenn dem von dem Abgeordneten der Ritterschaft ausge- sprohenen Wunsche nah unbeschränkter Autonomie der Gemeinden nachgegeben werde, so komme man zu mittelalterlihen Zuständen : besser o aber doch der jebige Zustand der Einheit, Ein Abgeordneter der Städte: Die großen Nachtheile, welche die Beibehaltung des §. 11 herbeiführen könne, seyen in den Motiven des Ausschusses ge- nügend hervorgehoben. Am Schlusse des Gesehes sey gesagt, daß mit der Einführung der neuen Gemeinde-Ordnung für die betreffenden Gemeinden die bisherigen, die Kommunal-Verfassung angehenden Ge- seße und Verordnungen außer Kraft treten, Selbstredend bleiben also alle mit der neuen Kommunal-Ordnung vereinbaren Corporationen bestehen und sey über deren Autonomie hier nicht zu diskutiren. Ein Abgeordneter der Städte spricht seine Genugthuung darüber gus, daß jener Abgeordnete der Ritterschaft die vorliegende Frage so arf
auf die Spibe gestellt und so der Versammlung Gelegenheit gegeben habe, sich sür die eine oder andere Ansicht auszusprechen. Bei der Abstimmung wird der §. 11 des Entwurfs gestrichen,
Zu §. 12, Ein Abgeordneter der Städte: Ju der revidirten Städte-Ordnung heißt es überall: „Bürger und Bürgerrecht“ in der Ueberschrift des ersten Abschnitts des zweiten Titels sey statt dessen der Ausdruck „Gemeinde-Mitglieder““ gebraucht, er wisse niht, warum man dem Worte: „Bürger““ so abhold geworden sey. Der Ausschuß schlägt für den §, 12 folgende Fassung vor: „Mitglieder der Ge- meinde sind: 1) sämmtliche selbstständige Einwohner derselben ; 2) die= jenigen, welche das Gemeinderecht erworben haben (§. 16.) Gegen diese Fassung bemerkt ein Abgeordneter der Städte: Jn Aachen trügen die Forensen zu den Kosten für die Kirchen, für die Beleuch- tung, ja selbst für die Nachtwächter bei; deshalb müsse man ihnen auh Rechte einräumen, Ein anderer Abgeordneter der Städte ist mit dem Ausschusse einverstanden; nur Einwohner der Gemeinden hätten ein volles Jnteresse an allen Angelegenheiten derselben. Der Ausdruck „Bürger“ sey angemessen, weil er gleich bedeutend sey mit „Ein- wohner.“ Bei der Abstimmung wird der §. 12 in der von dem Ausschuß vorgeschlagenen Fassung angenommen. — Ein Abgeordneter der Städte fommt auf den Vorschlag, die Ueberschrift des ersten Abschnittes des IT, Titels in „von den Gemeinde-Bürgern und dem Bürgerrecht“ abzuändern, zurück, und wird dabei von dem Referenten und von mehreren Seiten unterstüßt, Der Landtags-Marschall; Der Aus= druck des Entwurfs „Gemeinde-Mitglieder““ passe auf beide Kathego= rieen, auf die Städte und auf das Land, eben so wohl wie das Wort
„Bürger“. Ein Abgeordneter der Städte: Das Wort „Bürger“ fomme in dem ganzen Entwurfe nicht vor; es sey absichtlih daraus weggelassen worden, wie dies aus der Fassung der für die Provinz Westphalen erlassenen Gemeinde-Ordnung hervorgehe. Ein Abgeordneter desselben Standes : Es frage e ob die Bauern auch Bürger heißen woll- ten. Ein Mitglied der Ritterschaft: Es sey seine Gewohnheit nicht, über Worte zu streiten, Wenn man aber den Worten eine besondere Be- deutung unterlege, so müsse man auch diese ins Auge fassen. Der Antragsteller habe die Bedeutung, die er dem Worte „Bürger‘““ un= terlegen wolle, dadurch bezeichnet, daß er es in seinem früher verle- senen Antrage mit citoyen überseßt habe. Er füge diesem noch die Worte salut et fraternité hinzu. Ein Abgeordneter der Städte: Das sey der Währwolf, von dem er in seinem Antrage gesprochen
habe. Ein Abgeordneter der Ritterschaft fährt fort: Salut solle heißen: |
Heil, bedeute aber hier dasjenige, was der Abgeordnete der Städte von seinem Standpunkte aus, als Bewohner einer Stadt, in der er eine Rolle spiele, darunter verstehe, und sage so viel als : Wir Städter
wollen euch Landbewohnern dasjenige Heil bringen, was wir für ein *
solches halten. Fraternité bedeute Bruderschaft, brüderlihe Umarmung,
aber bei dieser Umarmung möchte manches abhanden fommen, worauf *
man nicht gern verzichte. Er warne daher die Landbewohner, si nicht
der allzu zärtlichen Umarmung der Städter hinzugeben. Ein Abgeord= * _ F des Handels, nicht auf den Grundlagen des abgeschafften und abge-
Sprachliche Auslegungen dürften lebten Systems der Zünfte und Gilden, sondern nah neuen, dem
neter der Städte: Er wolle den Einspruch der Landgemeinden abwarten. Ein Sperre desselben Standes : ( nicht überall Plah greifen; es fehle der Deutschen Sprache an dem rechten Worte für den vorliegenden Begriff; „Bürger““ (von Burg) sey eben so wenig eine Bezeichnung für Städtebewohner , wie das Wort citoyen seinem Ursprunge nah dem Begriffe Staatsbürger entspreche. Er wolle nur das in dem Entwurfe liegende Negative, daß man nämli gar nicht „Bürger““ seyn könne, vermieden wissen. Der Landtags - Marschall: „Gemeinde“ sey ein gutes und passendes Deutsches Wort, Ein Abgeordneter der Städte: Dieses Wort solle auch in der Ueberschrift des 2ten Titels bleiben; aber statt des Aus= drucks „Gemeinde-Mitglieder“/ wünsche er den bezeichnenderen „Bür= er.’ Ein Abgeordneter der Ritterschaft: Auch der Titel 1. des ständischen Entwurfs von 1833 sey überschrieben, „vom Gemeinde=
endere
rete‘’; damals sey über diese Terminologie im Ausschusse vielfach
1 Ÿ zu finden gewußt, Ein Abgeordneter der Städte schlägt vor, als nähere Erklärung hinter das Wort „Gemeinde=-Mitgliedern““ in Parenthese zu seten „Bürgern.“ Ein Abgeordneter der Ritterschaft unterstüßt diesen Vor- schlag: derselbe befriedige die Bewohner der Städte, welhe Werth auf den Ausdruck „Bürger“ legten, und lasse den Landbewohnern die
debattirt worden ; man habe aber feine pa
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Bezeichnung „„Gemeinde = Mitglieder. Der Lapy.dtags - Marschall: Jedenfalls sey es zweckmäßig, statt „Gemeinde = Mitglieder“, „Ge- meinde = Glieder“ zu sagen. Dieser Vorschlag findet allseitige Zu= stimmung. Ein Abgeordneter der Ritterschaft : ‘Das Wort „ ürger““ sey verschiedenen Auslegungen unterworfen; er sehe nit ein, warum man die Deutshe Sprache nah einer fremden modeln wolle, und stimme für die Bezeihnung „Gemeinde-Glieder.“ Ein Abgeordneter der Städte: Der einfache Ausdruck „Gemeinde-Bürger“ reiche hin, im Gegensaße zu „Staatsbürger.“ Ein Ubgeordneter der Ritter- schaft: Man habe von ,„mariage forc” gesprochen und sey auf gutem Wege, eine solche selbs Zu stiften. D en Ausdruck „Gemeinde- Bürger“ habe er nie gelesen, Das Wort „Bürger“ bourgeois (von Burg) sey ein üblihes Deutsches W ort, aber ohne alle Be- ziehung auf den Gemeindeverband, eben sc- das Französische citoyen von cité, Gemeindeglied sey ein jeder, der in einem Gemeinde-Ver= bande stehe, sey er Stadt= oder Landbewohner, Beide Kathegorieen unter dem Worte „Bürger“ zusammenzufassen, gehe niht an. Ein Abgeordneter der Städte: Wenn einmal sprachliche Rücksichten ent- scheiden sollten, so könne man für die Folge auch statt: Staatsbür- ger „Staatsglieder“ sagen. Ein Abgeordneter desselben Standes: Das Mitglied der Ritterschaft, welches vorhin gesprochen, habe 1833 selb| für den Ausdruck „Bürger“ gestimmt. Der Abgeordnete der Ritterschaft: Er halte denno diesen Ausdruck für \prachunrichtig. Ein Abgeordneter der Landgemeinden: Gemeinde- Bürger bedeute nichts; er sey dafür, daß hinter Geineinde-Gliedern das Wort „Bür= gern“ eingeschaltet werde. Auch für die Landbewohner sey das Wort Bürger wohl gebräuchlich, wenigstens der Ausdru „Bürgerrecht“, welcher identisch sey mit dem, was im Entwurfe Gemeinde - Recht genannt werde. Ein Abgeordneter der Städte s{hlägt vor, diesen Abschnitt zu überschreiben: „Von den Bürgern (Gemeinde=Glie-= dern), deren Rechten u. st. w.“ Nur die Ritterschaft habe sih der Annahme des Wortes „Bürger“, welhes Städte und Land gleihmäßig wünschten, widerseßt. Der Landtags =- Marschall : Das Nichtvorkommen des Wortes Bürger in dem Entwurfe sey ohne alle Bedeutungz er könne an die Absichtlichkeit desselben nicht glauben. Ein Abgeordneter der Städte: Jm Trierschen sey der Name Bürger auch für die Landbewohner gebräuchlich, die sogar einen Werth dar= auf legten. Der Referent: Bei der Wahl eines Wortes habe man nicht auf den Ursprung, sondern auf die Bedeutung desselben zu se hen, Der Ausdruck Bürger bezeichne das Verhältniß am klarsten und bestimmtesten, Ein Abgeordneter der Ritterschaft: Wenn die Akademie der Wissenschaften in Berlin, ähnlih wie die Französische in Paris, dem Landtage gestatte, neue Worte zu kreiren, so habe er gegen den Ausdruck „Gemeinde-Bürger“/ nichts zu erinnern. Der Landtags- Marschall: Diesen Ausdruck habe man bereits fallen lassenz es handle sih jeßt nur um den Zusaß „Bürgern.“ ;
Durch die Abstimmung wird folgende Ueberschrist des ersten Ab hnittes festgeseßt :
Von den Gemeinde =- Gliedern (Bürgern), deren Rechten und Pflichten, ; : :
Wider die Annahme des §. 13 des Entwurfs wird nichts zu er= innern gefunden.
Zeitungs -Uachrichten.
NuslaudD.
Russland und Polen.
St. Petersburg, 17. Zuni. Jhre Kaiserl. Hoheit die Groß fürstin Maria, Herzogin von Leuchtenberg, ist am 14ten d. Abends aus Deutschland hier wieder eingetroffen.
E
Front.
Paris, 18. Juni, Die Deputirten-Kammer hat gestern die
leßten Kapitel des Budgets des Ministeriums des Jnnern votirt und ist zum Budget des Ministeriums des Ackerbaues und des Handels übergegangen. Etwas allgemein Jnteressantes kam dabei nicht vor.
Aus Perpignan meldet man vom 13ten d. daß 300 Spanische Refugié’s heimlich die Stadt verlassen und sih nach Catalonien be- geben haben.
Börse vom 18, Juni. Auf dem Café de Paris hatte heute lebhafter Umsaß in der Französischen 3proc. Rente statt. Ju Folge der von dem Messager mitgetheilten Nachrichten aus Spanien war die 3proc. Rente gestern Abend noch von 78. 75 auf 78.55 gewi- chen. Heute hob sie sich wieder etwas; sie stieg bis auf 78,80 und 78. 85.
t 77 Paris, 17. Juni. Jun dem Pariser Gewerbs= und Han= -delsstande kommt seit kurzer Zeit eine ganz ungewöhnlich große Zahl {von Bankerotten vor, welche die öffentlichen Blätter diesmal gufrichtig “genug sind, nicht der Regierung und dem herrschenden politischen Systeme, die da sonst gewöhnlich für alle Uebel des Tages verant- # wortlih gemacht werden, sondern der übergroßen Konkurrenz zuzu- schreiben, das heißt dem Umstande, daß es zu viele Produzenten und Verkäufer giebt für die vorhaudene Menge von Käufern und Ver:
P von
? zehrern. Man kommt in Frankreich mit immer rascheren Schritten j dem Vorurtheile zurück, welches die völlige Geseb- und Regel= è losigkeit des Gewerbswesens, die industrielle Anarchie unter dem Na- * men der freien Konkurrenz als eine unershöpflihe Quelle von öko *nomishen Wohlthaten betrachtete, und wir glauben, voraussehen zu * dürfen, daß der Augenblick nicht mehr entfernt is, wo nur eine Stimme darüber herrschen wird, daß eine Reorganisation der Gewerbe und
Geiste der Gegenwart anzupassenden Prinzipien, das einzige Mittel sey, um den öffentlichen Verkehr vor gänzlichem Verfalle zu retten. “Eines der heutigen Blätter stellt über die Frage, welche uns hier be- schäftigt, eine Reihe von Betrachtungen an, die so scharf und so tief auf das Wesen der Sache eingehen, dah ih es mir nit versagen kaun, Ihnen dieselben mitzutheilen : : E „„Wenn es einen Zweig der gesellshaftlihen Thätigkeit giebt“, sagt die Phalange, „in welhem die verderblihen Folgen der Konkurrenz handgreiflich werden, so is es der Handel (unter dem Ausdrucke commerce versteht der Franzose im gewöhn- lichen Leben vorzugsweise die Thätigkeit des Gewerbsmannes und des Ladenhalters), Die Art und Weise, nah welcher gegenwärtig die Erzeugnisse vertheilt werden, is ein wahres Unglück für den Verzehrer Lite als für den Handelsmann. Es würde schwer seyn, etwas Falscheres, etwas Jnkonsequenteres, etwas Unökonomischeres auszu- sinnen, als dieses System des Handels, das von den neueren Staats- wirthschafts- Lehrern so laut gepriesen wird. Mit Ausnahme einiger Vampyre leidet alle Welt durch den gegenwärtigen Zustand der
Dinge, Die Monstrositäten und die verderblichen Wirkungen des
anarchishen Verkehrs treten in den großen Mittelpunkten der Civili- sation besonders deutlich zu Tage. Jn den großen Städten ist die Lage des Handelsmannes weit gefährlicher, als sonst irgendwo, und der Krämer, der sich frei glaubt, weil er den Käufer durch Qualität, Preis und Gewicht betrügen kann, frümmt sich der Sache nah unter einer Last, die ihn erdrückt. Die hohen Miethspreise, die Nothwen- digkeit der Schaustellung und der Marktschreierei, die große Menge von Mittelspersonen und Schmarobergewerben, die auf Kosten des Handels leben, die Unsicherheit der Kundschaft, die {lechten Zahler, die in vergeblichen Gängen verlorene Zeit, die Unredlichkeit der Lohn- leute, Alles dies wirkt zusammen, um den Gewerbsmaun und den Ladenhalter zu Grunde zu richten. Und das ewige Kommen und Gehen, die Vershwendung von Worten und Lügen und Listen bei dem Handeln zwischen Käufer und Verkäufer , es 1ist zum Erschrecken, Wie isst es möglich, daß die gelehrten Oekonomisten diese Unordnung, die nichts weniger als ökfonomisch is, niht sehen wollen? Wie i es möglich, daß sie auf ihren Kathedern, in ihren Journalen und in ihren Akademieen nicht auf die Umgestaltung des auf die Lüge gegrün deten anarchischen Handels dringen?“
„Seit einiger Zeit redet man viel von der Organisation der Arbeit. Dies ist die Formel, der sih alle guten Köpfe anschließen. Sogar die politishen Parteien wagen nicht mehr, dieselbe zurückzu: stoßen, weil sie anfangen, zu begreifen, daß die Lösung des industriellen Problems die Verwirklihung der Hoffnungen auf Freiheit und Glück in sich schließt, welche wir der Philosophie und der Französischen Revolution verdanken. Unter allen Spezial-Reformen is aber keine einzige unmittel barer nothwendig, als die des Handels. Man muß Ordnung und Licht in denselben bringen, man muß ihm die Offenheit und Redlichkeit zurück geben, welhe durch die neue Lehre des Gehenlassens daraus verbannt ist, Sonderbar, die Nation, welche die größte Offenheit und Loya- lität des Charakters hat, is gerade diejenige, welche die Betrügereien im Handel am weitesten treibt. Kommt cs ihr nicht wenigstens zu, den Anfang mit der Handels - Reform zu machen? Um diesen Weg mit Erfolg zu betreten, muß man zu dem System der Regie in den Händen des Staates seine Zuflucht nehmen, Napoleon hatte diesen Gedanken; er wollte sih des Makler= und des Frachtfuhrwesens be- mächtigen, d. h. der beiden aftiven und wahrhaft nüßlichen Räder des Handelsgetriebes, des Transports und der Vertheilung der Wag ren. Dadurch wäre der Verkehr, so zu sagen, blokirt und genöthigt worden, in seinem eigenen und im Juteresse der Gesellschaft zu kapi tuliren, Dadurch wäre außerdem dem Ueberfluthen des Handels- geistes vorgebeugt, das unsere Zeit schändet und unsere Gesell schaft demoralisirt, Warum hat sich die Revolution von 1830 niht dieser Jdee bemächtigt, welhe Napoleon inmitten des Kriegsgetümmels aufgeben mußte? Wir haben einen Handels Mini ster, aber dieser thut eigentlich nichts, als daß er statistische Tafeln entwerfen läßtz er faßt die Ergebnisse zusammen, welche sich heraus gestellt haben, und er giebt “ sih nicht damit ab, die Ergebnisse der Zukunft vorzubereiten.“ E
„Die Organisation des Handelswesens is durch die Bedürfnisse und Strebungen der Zeit so nothwendig geworden, daß sie durch die Macht der Dinge wirklich vor sich geht, aber in einer bedrückenden Form. Von allen Seiten zeigen sih und wachsen die Keime des in dustriellen Feudalwesens. Statt einer einigen Regie, welche den Kaufmann und den Käufer beshüben würde, haben wir hunderttau send Monopolisten, welhe im Namen der Freiheit einen Jeden un barmherzig ausbeuten und aufopfern, der nicht stark genug is, um sich mit ihuen zu messen. Der Sieg wird von dem Reichsten oder dem gewandtesten Betrüger davongetragen. Ein solcher Zustand der Dinge demoralisirt die Nation und bahut der politischen Corruption den Weg. Ein Blatt, welches in seinen leitenden Artifeln gewöhnlich die Wahlreform verlangt, wies neulich in einem seiner Aufsäße sehr deutlih den zerseßenden Einfluß nach, den die Handels=Anagrchie auf die vffentlihen Sitten ausübt. Wie könnte uns denn aber die Wahlreform aus diesem politishen und industriellen Schlamme ziehen? Der Augiasstall der Politik is nur ein Anhäugsel des Au giasstalls der Judustrie und des Handels. Wer is} der Herkules, der denselben reinigen wird? Die öffentliche Meinung, der Nationalwille, offenbart durch eine starke, einsichtsvolle, organisirende Staatsgewalt, Um eine solhe Staatsgewalt zu bekommen, muß man aber die Massen belehren, und nicht etwa Belehrung von ihnen erwarten (wie diejeni gen, welche da glauben oder zu glauben vorgeben, daß das Wort der zu lösenden gesellschaftlihen Probleme aus dem allgemeinen Stimm- rechte hervorgehen werde). Die Phalange schließt mit einer Hin weisung auf die Fourieristische Lehre, welche den Anspruch macht, un trügliche Formeln für die Organisation aller gesellschaftlichen Thätig feit zu besißen. Mögen einige der in dem vorstehenden Aufsatze ent haltenen Ansichten immerhin sehr gewagt erscheinen, so enthält diese kleine Arbeit unserer Meinung nah doch auch eine Menge gesunden Stoff, der auch außerhalb Frankreichs seinen Werth hat, obgleich in den meisten übrigen Ländern die gewerbliche Desorganisation glick= liherweise noch nicht so weit gediehen is, oder doh wenigstens noch nicht so verderbliche Wirkungen hervorgebracht hat, als hier.
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Grossbritanien und Irland.
London, 17. Juni. Jhre Majestät die Königin gab am Mittwoch im Buckingham=Palast ein großes Diner, zu welchem der König von Hannover, die verwittwete Königin Adelgide, die Herzo gin von Kent, der Herzog und die Herzogin von Cambridge, Prinz Georg und die Prinzessin Auguste von Cambridge, die Herzogin von Gloucester, der Kronprinz von Württemberg, der Erbgroßherzog von Mecklenburg-Streliß und Prinz Eduard von Sachsen-Weimar einge laden waren.
Die Times giebt folgende Aufschlüsse über Englands Verhalten in Bezug auf die Sandwichs=Jnseln :
„Die angebliche Occupation der Sandwichs-Juseln durch die Britische Escadre unter dem Befchl des Admiral Poulett hat mehr Sensation auf dem Kontinent als bei uns gemacht, Wir sind jezt im Besi authentischer Mittheilungen über die Thatsache und können alle darüber entstandenen Vermuthungen und Besorgnisse aus dem Wege räumen, Ansprüche ver schiedener Ärt waren im Namen Buitischer Unterthanen von dem Admiral Poulett gegen die Regierung der Sandwichs - Jnseln geltend gemacht wor» den, Der Souverain dieser Inseln erklärte, er sey außer Stande, den ihm gestellten Forderungen zu entsprechen, aber bereit, sich der Souverainetät über sein Gebiet zu Gunsten der Königin von England zu begeben. Der Bri- tische Admiral, vielleicht der unlängst von Franlreich in Bezug auf die Jn- selgruppen südlich der Linie einge\lagenen Politik nacheifernd, nahm die Cession der besagten Territorien bedingungsweise an, gab aber dabei zu erfen- nen, daß er ohne Jnustructionen handlez die Uebereinkunft sollte als provisorisch gelten, bis sie von der Englischen Regierung ratifizirt und gutgeheißen werde, Es is nicht für angemessen befunden worden, den „unter Vorbehalt abge- \{lossenen Vertrag zu genchmigen. Obschon das Verhalten des Admirals Poulett keinem Tadel unterliegt, fo sollen doch, wie wir erfahren, die Sand= wihs-Juseln den Besißungen der Britischen Krone nicht beigefügt, sondern der unabhängigen Autorität ihres eingebornen Souverains zurückgestellt werden. Die Sandwichs - Inseln bilden ohne Frage durch Umfang und Lage die bedeutendste Gruppe im Polynesischen Archipelz sie sind gleich wichtig für Wallfischfang und als Erfrischungs - Station in der Suüdseez indessen würde uns der Besiy derselben keine - Vortheile
cwähren, die nicht eben o erreichbar wären, wenn die Jusein ihre Unabhängigkeit bewahren, Da nun diese Unabhängigkeit von
den Vereinigten Staaten anerkannt worden is, auch die Repräsentan ten der Englischen Regierung bei einem neulichen Anlaß ausdrücklich darauf hingewiesen haben, so war cs offenbar eben so schr unsere Pflicht, als es in unserem Interesse lag, sie zu respekliren. Die Transaction selbst aber hat der Unabhängigkeit der Sandwichs - Jnseln die allerfesteste Grundlage gegeben, denn wir dürfen voraussczen, daß kein anderer Staat wagen wird, sich anzueignen, was England, nachdem es ihm mit Zustimmung der Lo- falgewalten abgetreten worden war, zurückzugeben sich verbunden erachtet hat. Es führt uns dieser Gegenstand ganz naturlih auf das Votum der Französischen Deputirten-Kammer für die Niederlassungen auf den Marquesas- Inseln und auf Otaheiti. Während seit Jahren ohne Murren unermeßlche Sunm- men bewilligt werden zur Aufrechthaltung des blutigen Raubsvstems, das mit dem | Namen „Colonisation von Algerien““ bezeichnet ist, reduzirt die Kammer die | Veranschlagungen für die Französischen Besißungen in der Südsee. Die | große Empfehlung Algeriens ist bei der Masse der Nation scine Nähe an der Küste des eigenen Landes, Nord-Afrika liegt fast im Bereich des Tele graphen; das neueste Pariser Vaudeville und die neueste Nazzia am Fuß des kleinen Atlas werden in Einer Woche von den Neuigkeitsboten ausge tauscht, Aber Nukahiva mit seinen Mangogrotten, wer besucht es, als die | Wallfischfänger oder etwa der Prinz von Joinville auf der „Belle Poule‘‘? Neu-Cyvthere liegt bei den Antipoden! Eine Kolonie, die zu erreichen man das Cap Horn umschiffen muß, kann den Franzosen nur verhaßt seyn,“ “E
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Aus dem Haag, 18. Juni. Se, Majestät der König sind nach Rotterdam abgegangen, um dort den aus Deutschland kommen den Erbgroßherzog von Sachsen - Weimar und dessen Gemahlin zu erwarten,
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X] Brüssel, 18. Juni. Nach den Wahlen pflegen die Kom- mentare zu kommen, worin die Parteien ihren Sieg zu vergrößern oder ihre Niederlage zu masfiren suchen. Es fehlen dieselben auch diesmal nicht. Das Ergebniß stellt sih jedoch einfa uud unverkenn- bar hervor. Eine numerishe Veräuderung is, wie wir {on berich- teten, zu Gunsten feiner Meinung eingetreten, und doch kann man feinen Augenblick Anstand nehmen, auch in diesen Wahlen das fort währende Wachsen der liberalen Meinung zu erkennen, Ueberall, nicht blos in den Städten, soudern auch în den Landgemeinden, hat sich die Zahl der dieser Meinung zugethanenen Wähler verstärkt. Während vor 4 Jahren mehrere der Häupter der fatholischen Mei nung mit großer Majorität erwählt wurden, sind sie diesmal mit einer bedeutenden Minorität unterlegen. Ju Lüttich à D. baben die vier liberalen Kandidaten 5000, die vier katholischen Kandidaten nur 2000 Stimmen erhalten. Auch in Geut, wo jedoch die liberale Par- tei nur die Hälfte ihrer Kandidaten durchgebracht hat, sind die Nicht ernannten der Majorität der fatholischen Deputirten sehr nahe ge- fommen. Ju Gent hat es sich zudem besonders herausgestellt, daß die katholische Partei in der Stadt selbs sehr geringen Auklang sindet und uur mit Hülfe der zahlreihen großen Landgemeinden die Erwählung ihrer Kandidaten bewirkt hat. nämlih am
Als zweiten Tage, wo die Wähler des Landes uah Hause zurückgekehrt waren, eine Ballottirung zwischen dem liberalen und katholischen Kan: didaten stattfand, erhielt der erstere 816, der leßte uur 128 Stimmen, während dieselben am ersten Tage respektive 1123 und 1145 bekgmen. Jn Gent war überhaupt der Wahlfkampf sehr heftig gewesen. Die frühere orangistishe Partei, die zeither, der Mehrheit nach, an den Wahlen keinen Antheil genommen, hatte sih mit der liberalen verei nigt. Von den 2700 eingeschriebenen Wählern, 1600 in den Land gemeinden, 1100 in der Stadt, hatten sich nahe an 2400 eingefun= den. Die liberale Partei, die ein großes Vertrauen in ihre Stärke zu haben schien, hatte ganz ausschließlich verfahren, durchaus feinen Vergleich eingehen wollen und auch den Gouverneur der Provinz, Herrn Desmaisières, der so eben aus dem Ministerium geschieden, und von Gent immer mit einer großen Mehrheit ernannt worden war, von ihrer Liste gestrihen, Durch diese und andere Maßregeln hatte sih daher die liberale Partei vieler Mittel des Gelingens beraubt und dennoch sind alle ihre Kandidaten der Majorität sehr nahe ge- fommen.
Das Resultat der Wahlen i} jedoch, wie wir vor eini gen Tagen bemerkten, noch in anderer Hinsicht sehr wihtig. Die tatholische exklusive Meinung hat ihre bedeutenden Nepräsentanten ver loren, den Präsidenten und die beiden Vice-Präsidenten der Kammer, ein gewiß seltener Fall; die liberale Meinung hat, mit Ausnahme cines Deputirten, nur sehr s{hwankeude Anhänger verloren und dafür sich durch sehr entschiedene, junge und talentvolle Deputirte verstärkt. Die übrigen neuen Deputirten gehören meist der gemäßigten fkatholi- schen Meinung an, und die gemäßigte Majorität in der Kammer wird dadurch verstärkt. Aus diesem Grunde haben wir behauptet, daß das Resultat der Wahlen dem Systeme der Mäßigung, welches seit mehreren Jahren von dem Ministerium verfolgt wird, förderlich seyn wird. Die wichtigsten Parteifragen sind außerdem jeßt entschieden, Der größte Stein des Anstoßes zwischen den beiden Parteien, die Organisation des Elementar=Unterrichts, ist der Grundstein eines Ge bäudes geworden, welches, mit Ausdauer, weiser Umsicht und dem ursprünglichen Plane gemäß ausgeführt, ein Denkmal für das Mini sterium bleiben wird, welches den Muth hatte, den Aufang zu machen. Es bleiben jeßt novch die Organisation des nuttleren Unter richts und die nothwendig gewordenen Modificationen im hü- heren Unterricht übrig; diese beiden Geseh - Projekte sind aber mit viel weniger Schwierigkeiten umgeben, als das erstere.
__ Die nächste Session bleibt daher hauptsächlih der Prüfung der wichtigen kommerziellen Fragen vorbehalten, die kein Partei = Jn teresse berühren, und es ist zu wünschen, daß nicht wieder politische Streitfragen dazwischen geworfen werden, damit die son längst | durch mehrfahe Kommissionen untersuchten Handel und Industrie be= | treffenden Punkte ihre Erledigung sinden, Eine Aenderung des Mi- nisteriums würde bei dem vorliegenden Resultate der Wahlen keinen Sinn haben, Die Majorität bleibt der katholischen Meinung, allein die liberale Minorität ist stark genug, um ausscließlihe Maßregeln zu verhindern. Die Hinsicht auf die selbst in den Landgemeinden stets wachsende liberale Meinung wird gewiß auch die katholische Partei vorsichtiger machen und von der Beantragung solcher Projekte zurük- halten, wie sie in den zwei leßten Jahren die öffentliche Meinung überall gegen sie gestimmt hat. Es droht dem ruhigen Verlaufe der f. inftigen Session nur eine wir hoffen jedoch sehr ferne Gefahr, eine Coalition zwischen der entschiedenen katholischen und liberalen Mej- nung, um das Ministerium zu stürzen, Allein wäre auch die IJmmo= ralität des Mittels nicht hinreichend, um von dem Versuche abzuhal- ten, so müßte doch der Hinblick auf die Folgen, die vor einigen Jahren in Frankreich aus einem ähnlichen Unternehmen entstauden, jede Nachahmung in Belgien unmöglih machen.
—P—
Deutsche Bundesstaaten.
_X Neustrelitz, 20, Juni, Heute hatten wir das Glück, Se. Majestät den König von Preußen hier zu besigen. Allerhöchstdiesel= ben famen von Anclam und wurden in Friedland von Sr, Königli= chen Hoheit dem Großherzoge empfangen, Jn Neubrandenburg anu=
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gekommen, nahmen Se. Majestät, geführt vom Großherzoge, das Belvedere vor der Stadt, und in derselben die nun ganz vollendete Marienkirche in Augenschein. Gegen 4 Uhr Nachmittags trafen Al- lerhöchstdieselben hier ein. Abends, wo der Thee im Schloßgarten eingenommen ward, und von dem Hautboisten-Corps Musikstücke auf geführt wurden, hatte auch das große Publikum das Glück, Se. Ma- jestät in der Nähe zu sehen. Morgen wird der König über Wittstock und Havelberg Seine Reise nach Berlin fortsetzen,
Lübeck, 17. Juni. (Hamb. K) Heute starb hierselbst im 79. Jahre Graf Adam von Moltke, der den Abend seines vielfach bewegten Lebens in seltener Geistesfrische, allgemein geehrt und ge liebt, in unserer Mitte verlebte. Es is ihm ein liebendes Andenken unter Allen, die ihn persönlich kannten, durch die edelsten Eigenschaften des Geistes und Herzens, und auch in weiteren Kreisen durch die Freund- \chaft vieler seiner tref listen Zeitgenossen gesichert, die ihm meistens im Tode vorausgegangen sind, wie B. G. Niebuhr, dessen Briefwechsel das schönste Denkmal eines innigen Verhältnisses mit dem Verstorbe= nen enthält, und noch vor wenigen Wochen Friedrich Perthes.
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Spanten.
Paris, 18. Juni. Die Negierung publizirt nachstehende tele graphishe Depeshe: „Die Jnsurrection is am 11ten in Va lencia, am 12ten und 13ten in Barcelona, am 15ten in Tarragona mit Erfolg ausgebrochen. Jun den beiden ersten Städten vereinigten sih die Truppen mit dem Volk. Die Generale Valdes, Villalonga, Lleaar und die Gemahlin des Generals Zurbano schifften sich an Bord der Englischen Brigg „Savage ““ ein, die den Hafen von Barcelona verließ, um ihre Passagiere nah Port-Vendre zu briugen, wo sie die sen Morgen (17.) eingetroffen ist. Zurbano hat Catalonien verlassen
| der Bevölkerungen, beitreten will,
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und sih an der Spiße von 14 Bataillonen nah Saragossa gewendet.“ |
: Barcelona, 13. Juni, Der General-Capitain Cortinez hat sich gestern nah Mitternacht für das Pronunciamiento ertlärt. gestern begann die Bewegung in dem Regimente} vou Amerika, dem l4ten Linien-Regiment. Sie ging von den Unteroffizieren ausz sie ernannten eine Kommission, um den Obersten und die Offiziere von den Gesiunuugen des Regiments in Kenntuiß zu seßen und sie zur Theiluahme aufzufordern. Der Oberst erklärte, er sey mit den Offi zieren bereit, sih ihrem Wunsche zu fügen, wofern der General Capitain sie dazu ermächtige, Die Einwohnerschaft wurde dadurch gewaltig aufgeregt. Es drohte eine furchtbare Katastrophe. der einen Seite stand das Volk und ein Theil der Truppen, auf der auderen die Chefs mit dem treu gebliebenen Theil der ArUvpen. Jn dieser fritishen Lage erkannte endli der General-Capitain, lebhaft gedrängt durch die Bitten der städtischen Behörden, in der verflossenen Nacht die Catalonische Junta an. Vorgestern hatte General Cortinez noch ein Bando erlassen, worin er, nachdem er von dem mißlungenen Ju= surrections-Versuche, der in Saragossa stattgefunden, Mittheilung ge- macht, denjenigen Soldgten, welche ihre Fahnen verlassen würden, mit der Todesstrafe drohte. Barcelona is nun in vollem Aufstande. Heute wurde ein Tedeum gesungen, und von Espartero is} keine Rede mehr. Man erwartet nun noch die Uebergabe des Forts Montjuich.
Die provisorische oberste Junta von Catalonien hat sih zu Sa- badell in folgender Weise in Sectionen getheilt: für den Krieg, Castro, Martinez, Tort und Lopez Vasquez; für die Finanzen, Se nillosa, Grau, Almirall und Recartz für das Junere, Safont, Angulo, Degollada, Llacayo und Castells. Die Junta hat zwei Compagnieen des Regiments von Almanza, die sich für sie erklärt hatten, von Sa- badell nah Cardona beordert, um die Garnison dieses Schlosses, zu dessen Kommandanten sie den Obersten Aguirre ernannt hat, zur Uebergabe zu nöthigen. Sie hat auch an sämmtliche Stadt= und Gemeinderäthe in Catalonien ein Cirkular gerichtet, um sie zu veranlassen, alle Truppen, die durch ihre respektiven Orte kommen würden, zur Theilnahme an dem Pronunciamiento zu bewegen, ihnen, wenn sie sich weigerten, feine Lebensmittel oder sonstige Unterstüßungen zukommen zu lassen, und, wenn dieselben Zwang gebrauchen wollten, Sturm zu läuten, Die Junta hat ferner die Zusammenziehung eines Armee-Corps zu Granollers angeordnet. Depeschen der Regierung an den General-Capitain Cortinez sind von den Jusurgenten aufgefangen worden z sie drücken, wie es heißt, Cutmu= thigung aus und weisen den General-Capitain an, er solle Zeit zu gewinnen suchen. Bei der Junta zu Sabadell sind auch Abgesandte der Hülfssunten von Mataro, Jgualada, Areugs de Mar, Grg- nollers, Manresa, Badelona eingetroffen; sie erwartet noch Ab= gesandte der Junten von Cardona, Solsona, Villafranca, Villanueva und anderen Städten, die sih erhoben haben, Vorgestern erließ die oberste Junta eine Proclamation an die Garuison von Barcelona, worin sie dieselbe aufforderte, daß sie den General-Capitain veran- lassen möge, das Pronunciamiento der Nation zu unterstützen ; sie solle ihn auffordern, daß er seine Unentschlossenheit endlich aufgebe, und daß er sich dazu entschließe, entweder sich für die Bewegung zu er flären oder aber das Kommando niederzulegen, Die Proclamation schließt mit dem Rufe: „Es lebe die Constitution von 1837! Es lebe Zsabella 1,! Es lebe die Central - Junta !‘““ Die Folge dieser Aufforderung war die oben gemeldete militairische Bewegung und der Beitritt des General-Capitains zu dem Pronunciamiento.
Zurbano ist mit Prim bei Reus in einem blutigen Kampfe zU= sammengetroffen und im ersten Angriff geschlagen worden. Den au- deren Tag, am 11ten, ließ er Kanonen von Tarragona fommen, um Reus zu beschießen, Hierauf zog fich Prim zurück, und die Einwoh= ner legten Zurbano eine Capitulation vor. Judessen zog dieser, als er Barcelona in Aufstand sah, sich nach Arragonien zurück. Hierauf hat auch Tarragona, eine starke Festung, sich der Jusurrection ange {lossen. i i j
__ In Valencia fand guf diese Nachrichten au eine Erhebung statt. Die Truppen vereinigten sich mit dem Volk, welches den politischen Chef Gamacho, einen Anhänger Espartero®s, mit mehreren seiner Agenten ermordete. Ueberall läßt man die Königin hoch leben und verwünscht Espartero. Die Junta von Sabadell wird nun auch wieder nach Barcelona kommen, i
i Die Proclamation, womit der General = Capitain heute der Be- völkerung von Barcelona seinen Anschluß an die Jusurrection an- zeigte, lautet folgendermaßen :
„Da ich wünsche, daß auch der geringste Gedanke des Mißtrauens oder der Erbitterung von Spaniern gegen Spanier mit Hinsicht auf die lezten Ereignisse verschwinde, an welchen die Armee dieser Provinz, den Grund= säßen strenger militairischer Disziplin folgend, keinen Theil genommen hat, so finde ih, bis zum Eingang der Befehl meiner Vorgesezten, mich veran laßt, dem Publikum kundzuthun, welche Gesinnungen ih und meine Unter- gebenen hegen. Von dem Augenblick an, wo ih mich davon überzeugte daß die von der obersten Junta proklamirten Grundsätze der Ausdruck des einmüthigen Wunsches der Bevölkerungen feyen und auch dieselben, welche alle Zndividuen dieser Armee stets in ihrem Herzen getragen haben, nämlich: der constitutionelle Thron Jsabella's U., die Verfassung von 1837 und die National- Unabhängigkeit, — Gegenstände, die wir seit so viel Jahren vertheidigt haben bedachte ih mich keinen Augenblick, dem Unheil, welches bei unserer unge- wissen Stellung entstehen konnte und das sich schon fühlbar zu machen an- fing, ein Ziel zu seßen. Die Waffen des Vaterlandes dürfen nicht gegen die Brust unserer Mitbürger gekehrt werden, wenn diese einen allgemeinen
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| gericht gestellt werden.
Wunsch und Gesinnungen ausdrücken, von denen Alle, die Einen wie die Anderen , beseelt sind. Jn Folge dessen erkläre ih, daß ich die oben be- zeichneten Grundsäße annchmen und der Central-Junta, so wie dem Wunsche (gez.) Cortinez.“ Heute früh erschien der General = Capitain Cortinez auf dem Balkon vor einer unüberschbaren Volksmenge, an die er folgende Worte richtete: „Meine Herren, ih gehöre seit gestern Abend der Bewegung anz wie ih es dem Volk verkündet, so habe ih die Junta davon benachrichtigen lassen, daß ich zu ihrer Verfügung stehe, und daß sie herkommen fann, wenn es ihr beliebt. Es lebe Jsabella 1I.! Es lebe die Verfassung! Es lebe die Einigkeit! Es lebe der Aufstand!“
Von der Spaunischeu Gránze, 14. Juni. Zu Burgos
| is ein Versuch, ein Pronunciamiento zu bewirken, mißlungen.
Jn Saragossa hat der Geueral Seoane das Kriegsgeseß publi- ziren lassen. Die am Abend des 10ten gefangen genommenen Jn= qurgenten, 30 an der Zahl, sollten am folgenden Tage vor ein Kriegs- Es hieß allgemein, sie würden erschossen
werden, Doch berichten die Briefe aus Sarago}\a vom 11ten noch
| nichts von Militgir=Executionz; man hoffte sogar, daß Seoane diesen | Weg nicht einschlagen würde,
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Die Garnison von Saragossa hat den Befehl erhalten, sofort nach Catalonien aufzubrechen. — —ch É
Portugal
A Lissabon, 7. Juni, Nachdem ih Jhnen in meinen lehz= ten Briefen die wichtigsten Resultate der Arbeiten beider Kammern mitgetheilt, habe ich noch über eine Klage zu berichten, die sich im Schooße der Deputirten-Kammer erhoben hat, über mehrfache Ueber= griffe und Gewalt =- Mißbrauch, welche sih die Schiffe der Englischen RKreuzer-Stationen gegen Portugiesische Schiffe erlaubt haben sollen. Jch brauche Jhren Lesern kaum die allgemeine Bemerkung voraus= zuschicken, daß der Sklavenhandel bis in die neueste Zeit hinein und jeßt noch, vorzugsweise unter Portugiesischer und Spanischer Flagge betrieben wird, und daß daher die Englischen Kreuzer mit besonders strenger Wachsamkeit die Bewegungen der Handelsschiffe dieser bei= den Nationen verfolgen. Wenn man dabei hier und da auf unge-
| gründeten Verdacht hin mit einer großen, ja vielleiht manchmal über=
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mäßigen Strenge zu Werke geht, so kann man daraus jedoch gegen das Prinzip der Durchsuchung der Schiffe selbst, und eben so wenig gegen die Britische Regierung, einen ausreihenden Grund zur An= klage formuliren, zumal da die von den Englischen Kreuzern ange= wendete Strenge nicht selten nur die Folge des widerspenstigen und herausfordernden Benehmens der nachher Klage darüber erhebenden betheiligten Schiffe selbst i. Diese Bemerkungen dürften zur Beur= theiluug dessen, was folgt, nicht überflüssig seyn.
Herr Estevao, eines der cifrigsten Mitglieder der Opposition, er= hob sich in einer der leßten Sißungen der Deputirten - Kammer, um eine Interpellation an die Minister zu richten über einen Fall von seiner Ansicht nach widerrechtlih durh die Englischen Kreuzer ausge= übter Durchsuchung eines Portugiesischen Schiffes, nämlich der „Au= darinca‘’ durch die Englische Brigg „Rapide“ zu Loanda. Herr Estevao behauptete, diese Durchsuchung sey in offffenbarer Uebertretung des zwischen Großbritanien und Portugal abgeschlossenen Vertrags für Unterdrückung des Sklavenhandels vorgenommen worden. Nach= dem der Redner den Rechtspunkt erörtert und seine Ansicht durch eine Reihe von Argumenten zu begründen gesucht hatte, ging er auf eine längere mit starken Farben aufgetragene Schilderung wiederholter Gewaltsamfkeiten ein, welhe von Seiten der Kriegsschiffe Jhrer Bri= tischen Majestät gegen die Handelsschiffe der Portugiesischen Nation verübt worden seyn sollen, Den Schluß seiner Rede bildete natürlich die unvermeidliche Zugabe von Vorwürfen und Beschuldi= qungen gegen die Negterung, welche dergleichen an der Portugiesischen Flagge verübte Frevel dulde, und durch ihre Kleinmüthigkeit und Schwäche, mit der sie solches Verfahren stillschweigend sih gefallen lasse, felbst am meisten die Schuld an der ungestraften Wiederholung solcher Akte trage. Außerdem war, wie es hier zu Lande häufig vorkommt, dessen Sprache durch einen so hochgehenden Ton bezeichnet, daß man glauben sollte, die Portugiesische Marine warte nur mit Ungeduld auf das erste Signal, um ihre mächtigen Feuerschliünde gegen diese armen Britischen Kreuzer und andere Kriegsschiffe don= nern zu lassen, und die See, über welche sie sich die Herrschaft an= maßen, von ihnen zu säubern. :
Der Minister des Auswärtigen antwortete auf die Juterpellation des Herrn CEstevao etwa in folgender Weise:
„Jh bin nicht ganz sicher über den Namen des Schiffes, welchem eine ähnliche Behandlung widerfahren i}, wie die, welcher der ebren= werthe Deputirte so eben Erwähnung gethan hat. Aber so viel ist zu meiner Kenutniß gekommen, daß ein Schiff, das einer reichen Wittwe von Loanda zugehören soll, das nie mit dem Negerhandel sich befaßt hat, und von Loanda mit einer Ladung nah Mussamedes abgesegelt war, von den Englischen Kreuzern weggenommen worden ist. Die diesseitige Regierung hat unverzüglich nah erhaltener Mit= theilung von diesem Vorfalle eine Reclamation an die Regierung hrer Britischen Majestät gerichtet, welche die bereitwilligste Aufnahme gefunden hat. Man is eben jeßt damit beschäftigt, den Thatbestand genau zu erheben, und wenn dieser zu Gunsten des betheiligten Schif= fes sich herausstellt, wird die Britische Regierung sicherlih keinen An= stand nehmen, die gewünschte Genugthuung vertragsmäßig zu ge= währen.
„Außerdem is noch eine Reclamation an die Britische Regierung in Betreff eines anderen Schiffes, „der Venus“, gerichtet worden, über welche die Entscheidung gleichfalls noch zu erwarten steht. Noch mehrere ähnliche Fälle sind vorhanden, die ih aber in diejem Augen= blicke aus dem Gedächtnisse nicht aufzuzählen vermag. Namentlich erinnere ih mich des Falls des „Damgo “, der gleichfalls von den Cnglischen Kreuzern als den Sklavenhandel treibend erklärt und weg= genommen worden is, Die Patrone dieses Schiffes haben si direkt an das Tribunal des Englischen Geheim-Rathes gewendet. Da aber diese Berufung sehr bedeutende Kosten zur Folge hat, \o habe ich Anordnung getroffen, daß diese Kosten aus den zur Verfügung mei= nes Departements gestellten geheimen Geldern bezahlt werden sollen.
,, Jndeß kann ich der Kammer die bestimmteste Versicherung ge= ben, daß die Regierung Jhrer Majestät niemals unterlassen hat, zur geeigneten Zeit die angemessenen Reclamationen zu erheben, für alle an Portugiesischen Schiffen vollzogene Gewaltsamkeiten und Wegnah= men, und daß die Britische Regierung sich stets bereitwillig und ge= neigt gezeigt hat, für die angezogenen Thatsachen, sobald dieselben durch gerichtliche Untersuchung dargethan seyn werden, die gebührende Genugthuung zu geben. “
Nachdem der interpellirende Deputirte und einige seiner Kollegen noch einige Bemerkungen zu dieser Antwort des Ministers gemacht, und insbesondere aus dem Umstande, daß bis jeßt von Seiten der Englischen Regierung noch für keine der Portugiesischen gagge zu= gefügte Verleßung eine Genugthuung gegeben sey, den Beweis zu ziehen gesucht hakten, daß sie auch fernerhin, troß der gematen Versprechungen und der Versicherungen des Ministers, keine gewähren dürften, wurde der Gegenstand verlassen und die Kammer shritt zur
Tagesordnung.