1843 / 2 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

die Redaction anderen Händen zu übergeben oder das Journal selbsi aufzuheben. Seit zwei Jahren hatte uun der Judépendant eine Stellung angenommen, die besonders in der lebten Zeit als mit der Polítik des Ministeriums für unvereinbar angesehen wurde, Bei den heftigen Angriffen, wodur vor mehr als zwei Jahren die katholische Partei in der Kammer und im Senate das Ministerium Lebeau- Leclercq stürzte, hatte der Jndépendant energish dessen Verthei- digung genommen, die Adresse des Senats sehr gemißbilligt und durch die Bildung eines neuen Ministeriums die politishe Lage der Dinge als für längere Zeit verdorben erklärt. Das Blatt hatte daher in Bezug auf das neue Ministerium eine mehr beobachtende Stellung angenommen, jedo bald das große Regierungstalent, die ausgezeich= nete Geschäftsfähigkeit des Ministers des Jnnern, so wie die, vermöge der Energie desselben, unerwartet glückliche Lösung der wichtigsten seit Jah- ren schwebenden Fragen der äußeren und inneren Politik gebührend aner- kannt. Mißbilligend hatte sih das Blatt über mehrere Prätentionen der katholischen Partei ausgesprochen, über den bekannten Antrag zu Gunsten der katholischen Universität, über die Modificationen im Kommunalgesebe, welche in dem ursprünglichen Projelte des Ministers gar nicht ent- halten, später jedoch von demselben, wegen der parlamentarischen Lage der Parteien, adovtirt waren. Es is auch bekannt, wie wenig diese Modificationen der Partei in den kurz nachfolgenden Gemeindewaghlen genüßt haben. Mit Stillschweigen hatte ferner das Blatt die neu- lihe Rekonstituirung des Ministeriums aufgenommen uud sich entschie- den aller Billigung enthalten. Ju dem entscheidenden Augenblide der Wahlen erklärte dasselbe sodann, daß es diesmal uur ein neutraler Beobachter sein, und sich weder für die eine noch die andere Kandi= datenliste aussprehen könne, da es sonst genöthigt sein würde, Jeder- mann, also auch dem Ministerium, einige unangenehme Wahrheiten zu sagen. Endlich nah den Wahlen, die es im Ganzen als dem Sy- steme der Mäßigung zusagend billigte, machte es mit cinem gewissen Wohlgefallen die Fortschritte bemerklich, welhe die liberale Meinung im Lande gemacht habe und gab der katholisheu Meinung deu Rath, das Resultat wohl zu beherzigen und in Zukunft nicht mit Projekten hervorzutreten, die in den leßteren Jahren im Lande so allgemeine Mißbilligung erfahren. Dabei sprach es aber im Tone der Gewiß heit aus, daß die katholischen Deputirten alle Sympathie des Mini= steriums gehabt, und die Häupter unter denselben dennoch unterlegen scien. Durch eine solche Behauptung, die, wie wir glauben, in dieser Allgemein= heit unbegründet is, wurde gewissermaßen zwischen dem Unterliegen dieser Deputirten und dem Ministerium eine Solidarität ausgesprochen, die dem Fortbestehen desselben in der öffentlichen Meinung schaden mußte, Diese leßteren Thatsachen scheinen im Minister - Rathe, wo die Angelegenheit geprüft worden ist, der hauptsächlichste Bestim= mungsgrund für die Aufhebung des Journals gewesen zu scin, Wir haben diesen Vorfall etwas ausführlich besprochen, weil erx uns zur Kenntniß der hiesigen Lage der Dinge und zur Beurtheilung der verschiedenen sich entgegenstehenden Meinungen einen wesentlichen Bei trag zu liefern scheint. Ob der Rath, welcher der katholischen Mei nung von verschiedenen Seiten und am eindringlichsten durch die Wah- len \elbst gegeben is, ein System der Mäßigung anzunehmen, befolgt werden wird, wollen wix vou der Zukunft erwarten, Als eine sa= tistische Wahl = Notiz is es interessant, zu ersahren, daß, wenngleich 23 liberale und 26 fatholische Deputirte wiedererwählt worden sind, dennoch, wenn sämmtliche Stimmen der Wähler zusammengezählt wer- den, die liberale Meinung die Majorität hat.

Jn der kürzlich vom Minister veröffentlichten Handels - Statistik

ergiebt si für das Jahr 1842 das ungünstige Resultat, daß sich die

Einfuhr, was die im Lande kousumirten Waaren betrifft, um 24 Mil

lionen vergrößert, die Ausfuhr der eigeutlih belgischen Produkte da= Die Nothwendigkeit, den Handel durch Verträge zu erweitern, ergiebt sich daraus einleuchteud.

gegen um 12 Millionen vermindert hat.

Möchten die Negociatiouen, die, wie man vernimmt, von ueuem zwischen Preußen im Namen des Zoll-Vereins und Belgien mit Cifer betric- ben werden sollen, zu einem baldigen Resultate führen.

S Pan cen.

Madrid, 21. Juni. Der Regeut hat folgende Proclamation an die Spanische Nation erlassen:

„Spanier! Vor drei Tagen wandte ih mich an Euch, in der Cigen schaft eines einzig mit der Wohlfahrt der Nation beschäftigten Staatsobe1 hauvtes, eines Soldaten, der für das Vaterland gefochten, cines Mannes, der geschworen, sich ganz dexr Wahrung der Gescße, Unabhängigkeit und Freiheit der Nation zu weihen, Seitdem ist das Uebel gestiegen, Täglich nimmt die Kühnheit der Nebellen zu, welche den Namen dieser Gesche voll Trug anrufenz hartnäckig arbeiten sie daran, einen Abgrund unter Euren Füßen zu öffnen, Soll ih mich jeßt damit begnügen, zum zweitenmale zu Euch zu reden und Euch die Aufrichtigkeit meiner Grundsäße, an der kein redlicher Mann zweifeln könnte, zu betheuern 7 Nein! Jeßt sind meine Pflichten größer, Jebt sagt mir mein politisches Bewußtsein, daß ich sic nux erfüllen fann, wenn ih in Person die Feinde des Vaterlandes zu belämpfen und jene hochverrätherische Fahne niederzuwerfen eile, unter welche sich die Feinde der öffentlichen Ruhe schaaren, Die Projekte, die Absichten dieser Leute sind bekannt. Männer der Freiheit, der Constitution, redliche Liberale, die Ihr nach der vollständigen Regeneration Eures Vaterlandes strebt, Zhr habt bereits klarer, als das Tageslicht ist, eingesehen, daß alle diese Bewe gungen einen Charakter der Neaction und der Nache haben: daß man Euch die Frucht der glorreichen September - Revolution von 1840 entreißen, daß man Euch in Anarchie stürzen will, um so den Weg zur Tyrannei zu bah- nen, Und der Negent sollte unthätig bleiben, wann ein so sh#eres Unge witter an dem politischen Horizonte Spaniens heraufziecht? Das wünschen die Feinde meines Vaterlandes, die, welhe cs erniedrigen, ihm Ketten {mieden möchten, Bei zwei gleichen Anlässen verließ ich Madrid z der jetzige i kritischer, die Gefahren, denen ih entgegengehe, sind größer. Aber mein Muth und meine Entschlossenheit werden deshalb nur noch entschiedener und unbeugsamer sein; der Muth derer, welche mich mit Recht als das Bauner unserer Freiheiten betrachten, wird zunehmen, Jet will ih nur noch größere Ansprüche auf Euer Vertrauen exringen. Ja, tapsere YKibergle! Eure Hoffnungen sollen nicht getäuscht werden. Spa- nier * Der Regent verheißt jegt aufs neue, daß er die Zügel des Staats nicht der Empörung und Anarchie preisgeben wird, Auf das feierlichste schwöre ih jeßt, mit Energie die Hindernisse zu überwinden, welche sich der Freiheit, der Größe, dem Ruhm einer Nation entgegenstellen, die es so schr verdient, glücklich zu sein. Patrioten, schaart Euch um mich! Es lebe Hu: Freiheit und bie Constitution, es lebe Jsabella 11., die constitutio- nelle Königin Spaniens! Madrid, den 19, Juni 1843.

ait ; i Der Herzog von Vitoria.“

Eine in gleichem Sinne abgefaßte Proclamation hat der Regent auch an die Armee und die National-Garde erlassen. ;

Heute früh empfing der Regent die verschiedenen Corporationen und sämmtliche Mitglieder des diplomatischen Corps, die ihm Abschieds- Besuche machten. Auch eine Deputation der Stadt Cuenca, die ebenfalls ihr Pronunciamiento gemacht, wurde vorgela\ ' Ar

} Z , Et gelassen und erklärte, daß die Stadt keine feindseligen Gesinnungen gegen den Regenten hege aber eine Aenderung des Ministeriums wünsche. Esyartero empfing die Deputirten sehr kalt und gab ihnen eine abschlägige Antwort Um 5 Uhr verließ er die Stadt, nachdem er zuvor noch im Prado eine Musterung der National-Garde, die ihn mit anhaltenden Vivas begrüßte, abgehalten hatte.

Es heißt, der Negeut habe den Kommandanten des Forts Mon- juïích zum General-Major und Grafen von Monjuich ernannt.

Einige Personen wollen wissen, daß Espartero vorläufig in dem Fleinen Flecken Roda auf der Straße nah Valencia sein Hauptquar= tier aufshlagen werde, indem dieser Punkt ihm den Vortheil biete,

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sih mit dem rechten Flügel, der unter den Generalen van Halen und Facundo Jufante in Andalusien stcht und mit dem linken, der sich unter den Generalen Seoane und Zurbano in Arragonien befindet, in Verbindung zu seßen. Man weiß noch nicht, welhe und wie viel Bataillone der Regent nah Valencia sühren wird. Er scheint sehr auf die strategische Geschicklichkeit van Halen's und den Erfindungs- geist Facundo Jufante’s zu rechnen. Man sagt, er wolle si, im Falle eines Mißlingens seines Feldzugsplans, nah Cadix zurücd-= ziehen und habe daher seinen Generalen deu Befehl ertheilt, ihm den Besiß dieser Stadt zu sichern.

Die madrider National-Garde hat eine Proclamation erlassen, worin sie ihre Ergebenheit für die Königin Jsabella Il. und den Herzog von Vitoria ausspricht.

Barcelona, 21. Juni. Der Oberst Prim hat in den we- nigen Tagen, die er hier verweilte, cine Armee organisirt und ist gestern von hier aufgebrochen, um Zurbano aus Lerida zu vertreiben und dem Herzog von Vitoria den Weg zu versperren. Der Briga= dier Castro wird mit einer starken Division zu dem Obersten Prim stoßen und der Deputirte Ametller, welcher die National-Garde von Catalonien mobilisirt, wird den Rückhalt bilden, um, im Falle einer Niederlage, den Rückzug zu sichern.

Die Ankunft mehrerer christinisher Offiziere, die an der Schild= Erhebuug O’Dounell’s und Diego Leon’s im Oktober 1841 theilge nommen, hatte zu dem Gerüchte Aulaß gegeben, daß Generale, die damals an der Spibe der Bewegung gestauden, cin Kommando in der insurrectionellen Armee erhalten würden. Dies erregte natürlich Unzufriedenheit unter den Patrioten, indem sie befürchteten, es werde eine Wiedereinseßung der Königin Christine als Regentin beabsichtigt. Um den üblen Folgen vorzubeugen, welche diese Gerüchte für die Jnsurrection haben konnten, da die Esparteristen bereits anfingen, sie zu ihren Zwecken zu benußen, so erließ der Oberst Prim am 19ten eine Proclamation folgenden Juhalts:

„Catalonuier! Jch bin gewohnt, nichts zu versprechen, ohne reise Ueber- legung und den festen Vorsaß, Wort zu halten. Jch habe die Eintracht aller Spanier proklamirt, welches auch ihre politishe Farbe gewesen scin mag. Nur eine Ausnahme lasse ich dabei stattfinden: sie besteht darin, daß ich für jetzt die Dienste der Generale, welche in dem Oftober-Versuch figurirt haben, nicht annehmez nicht, als hegte ih kein Vertrauen auf ihre cdle Gesinnung, sondern um unseren Feinden auch den lleinsten Vorwand, uns zu verleumden, zu nehmen. Judem ich sonach die Generale aus schließe, habe ih zwei tapfere Offiziere angenommen, den Obersten Don Fernando de Cordova und den Hauptmann Don Louis de Zaldibar, die aus der Fremde herbeigeeilt sind, um ihren Degen unserer Sache, die auch die ihre ist, zu widmen. Ueberzeugt, daß thre Dienste uns nüßlich sein fönnen, werde ih gern mit ihnen die Gefahren und Glorien des Feldzugs theilen. Möge das Volk, mir vertrauend, den satanischen Einflüsterungen unserer Feinde kein Gehör geben und die Arme allen denen öffnen, die sich unter unsere Fahnen begeben wollen.“ E

Brei der ersten Drohung des Gouverneurs des Forts Monjuich, die Stadt zu bombardiren, hatten sich die in Barcelona befindlichen fremden Konsuln zu ihm begebeu, um die Sicherheit ihrer Landes leute zu verlangen. Der Gouverneur erklärte, daß er täglich den Befehl erwarte, das Feuer gegen die Stadt zu eröffnen, daß er aber jedenfalls sie vorher davon in Kenutuiß seßen werde.

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__ Von der spanischen Gränze, 23. Juni. So eben ver- mmmt man, es sei die Nachricht eingetroFen, daß General Alvarez am 14, in Granada eingerüctt sei und die Junta \sich mit 80,000 Piastern loskaufen wolle.

& Madrid, 21. Juni. Der Regent hat seinen Entschluß gefaßt. Ju einem neuen au die Nation gerichteten Manifeste ruft er die „Patrioten“ auf, sich um ihn, den Bertheidiger der Freiheit, zu reihen, indem „die Früchte der glorreichen Revolution vom September 1840“ in Gefahr wären, Jur Namen einer Revolution zieht dem nach der Regent seinen unbeslegbaren Degen, um sich einer anderen von jüngerem Datum zu widerseßen. Gestern marschirte das Jnfan terie - Regiment Luchang und ein Sappeur = Bataillon vou hier nach Aranjuez abz heute folgten ihnen ein anderes Jufauterie - Regiment und die Husaren. Der Regent selbs, von dem sich diejen Mittag das diplomatische Corps (auch der franzöfische Geschäfts- träger) verabschiedete, bielt um 5 Uhr Nachmittags an die 1m Prado aufgestellte National Miliz noch cine Anrede, und verließ daun, begleitet von dem Kriegs-Minister, den Generalen Linage und Ferraz und einer zahlreichen Kavallerie-Eskforte, die Stadt. Dem Berneh= men nach wird er mit sämmtlichen Truppen, etwa 7000 Mann, auf la Roda, unferu Albaceta, marschiren, uud erst dort einen Entschluß über die weiteren Operationen fassen. Der Regent darf darguf reh= nen, daß die in und um Valencia befindlichen Truppen, welche durch- aus keine Veraulassung haben, dem Pronunciamiento aufrichtig anzu- hängen, auf den ersten au sie zu richtenden Aufruf zu ihm stoßen, und vielleicht die Stadt Valencia selbst ihm übergeben werden. Von dort qus würde der Regent die unter Seoane's Befehlen stehenden Armeecorps an sich ziehen, und den Krieg nah Catalonien verlegen, falls uicht dieser General bis dahin Barcelona eingenommen habe sollte. Der General berihtet nämlih aus Lerida _unter dem l7ten, daß er mit deu 14 Bataillonen, 5 Schwadronen und 4 Batterieen Zurbano's und der gus Arragonuen fonm- menden Division guf Barcelona marschiren und „die Reaction von ganz Catalonien, so wie der übrigen Gegenden der Monarchie, die sich pronunciirt haben, bewirken werde.“ Da manu nun außerdem voraussehen darf, daß sämmtliche Truppen , sobald der Regent er: scheint, zum Gehorsam zurückkehren und ihre Wassen gegen die Re bellen wenden werden, so zweifelt Niemand an dem baldigen vollstän- digen Siege desselben, Der Rücken ist ihm dur die Treue der Einwohuer Saragossa's und die hier in. der Hauptstadt getroffenen Maßregeln gesichert. Das hiesige Ayuntamiento wird, wie verlgutet, einen „Rettungs - Ausschuß“ niederseben, der aus drei Alkalden und drei Kommandanten der National - Miliz bestehen und während der Abwesenheit des Regenten hier die höchste politische Gewalt über die Einwohner ausüben wird. Eine solche Maßregel, die freilich nicht in der Constitution begründet is, wird von den Patrioten für nothwendig gehalten. Die National-Miliz hat seit gestern alle Posten besebt, und dieselben Leute, welche dem Ruf: „Es lebe die Königin!“ Säbelhiebe entgegenseßten, thun mit geladenem Gewehre den Lienst 1m Palaste der Königin, Herr Mendizabal leitet das Gan S

Die Alkalden haben deu Redaktoren der Oppositions-Blätter anzeigen lassen, daß sie nicht sür ihre persöulihe Sicherheit einstehen könnten, falls sie die öffentlihe Meinung herausforderten. Eines dieser Blätter, der Corresponusal, hat aufgehört, zu erscheinen, und der Heraldo giebt keine Fonds-Artikel mehr. |

Die Junta von Valencia hat den Brigadier Shely, einen Engländer, zum Ober-Befehlshaber sämmtlicher pronuncirter Trup= pen ernannt. Der General Zavala schiffe sich dort am 16ten mit seiner Familie nah Frankreich ein. Die Junta beabsichtigte, der Welt- Geistlichkeit ihre für Nationalgüter erklärten Besißungen zurückzugeben,

Ju Murcia pronuncirten sich am 15. etwa 500 Bürger und einige Soldaten. Sie wurden aber am 16. uicht ohne Blutvergießen durch die National-Miliz aus der Stadt getrieben, und am 17. ward eine von Cartagena kommende Kolonne Pronuncirter, die jenen Hülfe leisten wollte, ebenfalls mit Verlust von zehn Todten zurückgeschlagen, So is auch dort der Bürgerkrieg förmlich ausgebrochen,

Die Besaßung von Ciudad Rodrigo is bekanntlich gegen die Regierung aufgestanden. Als nun Truppen von Valladolid aus gegen jenen Plaß anrückten, richteten die jungen Damen Ciudad Rodrigo's an diese einen Aufruf, worin es heißt: Tapfere Jüng linge, wir erwarten euch als gute Freunde mit offenen Armen!“ Wer kann da widerstehen ?

Der bei Gelegenheit des Pronunciamiento von Malaga so be- kannt gewordene Oberst Torremejia ist hier angekommen.

Weder von Malaga noch von Granada haben wir Nachrichten. Daraus, daß die Regierung fortwährend den Postenlauf hemmt, fönnen wir schließen, daß jene beiden Städte noch immer nicht un- terworfen sind. Die Regierung hat befohlen, Granada in Brand zu schießen. Ju Valencia wird, so versichern die Umgebungen des Re= genten, kein Stein auf dem anderen bleiben, und der General Seoane brennt vor Begierde, Barcelona von der Landkarte Spaniens zu vertilgen.

*XckX Paris, 25. Juni. Die Annäherung der Generale Seoane und Zurbano, welche, jeder an der Spiße von 8—10,000 Maun, von verschiedenen Seiten gegen Barcelona anrücken, hat diese Stadt in cine Bestürzung verseßt, welche sich durch das Bewußtseyn von der Unmöglichkeit des Widerstandes erklärt. So lange Monjuich in der Gewalt der Regierungs - Truppen is, muß und wird sih Barcelona auf die erste Aufforderung ergeben. Das gauze Streben der den Aufstand leitenden Männer und Behörden geht deshalb dahin, den Feind in der Entfernung zu halten, ihm wo möglich durch einen Auf stand der catalonischen Bevölkerung in Masse jeden Schritt seines Marsches auf Barcelona zu ershweren. Die oberste Junta hat zu diesem Zwecke alle unverheiratheten Männer und alle kinderlojen Wittwer des Fürstenthums von 15 bis 40 Jahren bei Todesstrafe zu den Waffen gerufen und den Obersten Prim bereits mit einer ersten Abtheilung Freiwilliger dem in Cervera angekommenen Ge neral Zurbano entgegengeschickt. Die zu dem Ausstande über= gegangenen Linien = Truppen, die man ohne Zweifel, wenn man ihnen recht trauen zu dürfen glaubt, dem Feinde zu- erst entgegengeworfen haben würde, sollen dem Obersten Prim unter dem persönlichen Befehl des zum Chef des catalouischen Jusurrec tionsheeres ernannten Brigadier Vicenti de Castro nachfolgen. Ju zwischen hat aber der Gouverneur des Forts Monjuich vom General

Zurbano Befchl erhalten, das Ausrücken der Truppen aus Barcelona

um jeden Preis und nöthigenfalls durch die Beschießung der Stadt zu verhindern, und da der Oberst Echalecu nicht der Maun zu sein scheint, der sich durch Rückfsichtsnehmerei oder durch Furht vor den Folgen von der Erfüllung seiner militairishen Pflichten abhalten läßt, so i es leiht möglich, daß jener Befehl Zurbano's den besten Theil der insurrectionellen Kräfte Barcelona's mit einem Schlage lähmk. Wenn die Streitkräfte der Barceloneser bei Gefahr der Beschießung der Skadt weder ausrüccken noch sich innerhalb der Mauern vertheidi gen dürfen, so sind sie in der That so gut wie gar nicht vorhanden, und das Pronunciamiento von Barcelona is, militairisch genommen, nicht viel mehr, als ein leeres Wort. Daher erklärt es sih denn, daß der Regent si zuerst auf den Weg nach Valencia gemacht, dem einzigen Punkte außerhalb Cataloniens, dessen Empörung eime erni liche Bedeutung hat oder gewinnen könnte, Da in Valencia bis jeßt wenig oder nichts für die militairishe Organisation des Aufstandes geschehen is, so is von dieser Stadt kaum eine Gegenwehr gegen die rasch anriückenden Truppen des Regenten zu befürchten, und wenn au} der anderen Seite Monjuich sich hält, bis die Generale Seoane und Zurbano vor Barcelona stehen, so is der bestehende Zustand der Dinge in Spanien für diesmal als gerettet anzusehen. B erri Bors e, Den 1. Juli 1843. | H Pr. Cour.

Pr. Cour. . li x ACten S ! Brief, | Geld Beß. | Geld. [Gem . Fi, l Í

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103, [BrI. Pots. Eisenb.' 5 | 1393 do. do, Prior, Obl. 103; Med. Lpz. Eisenb. 1705 | 1695 Kur- u. Neumärk, do. do. Prior. Obl. 104 10:37 Schuldverschr. 3; 102 Berl. Anb. Eisenb. 139; 1:38’ Berl. Stadt-Obl. |33| 1037 | do. do. Prior. Obl, Danz. do. in 'Th.|— 18 Düss. Elb. Eisenb.| f Westpr. Pfandbr. D z 102% 102% do. do. Prior. Ohl. 94 B Grossh, Pos,. do. 106% 1067 Rhein. Eisenb. f 75% do, do. é 7 102” do. do. Prior. Ohl, 957 Ostpr. Pfandhe, e ; 103% Brl. Frankf. Eisb.| Ÿ j Pomm. do. E & 103” 102% do. do. Prior. Obl, Kur- 1. Neum. do, |- z 10:3 1027 Ober-Sechlesische Schlesische do. L| | 101% Eisenbahn. 116

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Breslau Leipzig in Courant im [4 Thl. Fuss. .

Frankfurt a. M. Petersburg 5% do. 100 lé: 5 4 G c : Kanz-Bill. —. 5% Span. 18 D 3% do. 25. Pass. —. Ausg. Zinsl. —- Preuss. Präm. Sch. —. Pol. —. Vesterr. 108? 4% Russ. Hope S. Hambu reg, 29. Juni. Bank - Actien 1665. Engli Russ. 111 E Paris, 26. Jun. 5% Rente fin cour. 121.75. 3% Rente fin cour. §0. 35. V Neapl. au compt. 106. 60. 5% Span. Rente 27. Pass. 1%, Le 26. Juni. 5% Met. 1104. 4% 101. 3% Ci Bank ien, 20. I D » G91 a 3 Actien 1641. Anl. de 1834 1425. de 1839 1117.

Königliche Schauspiele. Sountag, 2. Juli. Jm Opernhause: Faust, große Oper in 3 Akten, mit Tanz, Musik von Spohr. (Mad, Burchardt: Röschen, als Gastrolle. (Herr Mantius wird hierin vor seiner Urlaubsreise tenmale auftreten.) B Múhtäg, 3; li Im Schauspielhause: Der Verräther. Hierauf, zum erstenmale: Der Ruf, Lustspiel in 1 Akt, nach der Jdec des Scribe, von J. von Plöß. Und: Zwei neue Genrebilder, in spanischer, französischer und deutscher Sprache, von L. Schneider. 1) Spanische Vaterlandsliebe. Burgos 1809, 2) Ein Pas de deux vor hundert Jahren. 4743, Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen,

Gedruft in der Deckershen Geheimen Ober-Hofbuchdruerei. Beilage

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_Von der Neuß, 22. Juni. (A. Z.) Endlich is der aar- gauishe Sperrmaßregelstreit mit dem Großherzogthum Baden seinem Ziele zugeführt, Ju seiner Sißung vom 20sten hat der Groß-Rath nach lange andauerndem Kampfe mit 97 gegen 63 Stimmen die Auf- hebung der hierseitigen Sperrmaßregeln beschlossen, insofern Baden Jeinerjeits das Gleiche thue, wozu leßteres sich bereit erklärt. Da unter ganz gleihen Umständen der aargauishe Groß-Rath erst vor eimgen Wochen das Gegentheil beschlossen hatte, so müssen außerkau tonale Momente zu dieser Sinnesänderung mitgewirkt haben.

__ Eine in unserer materiellen Zeit bemerkenswerthe Erscheinung ist, daß sehzehn fkatholische Gemeinden des Aargau jede Theilnahme an der vom Staate anerbotenen Vertheilung einer halben Million Kloster gut verweigert haben.

Die Kloster = Jnstructionen vervollständigen sich allmälig: nebst derjenigen von Luzern, wekche auf Herstellung aller Klöster geht, ist die vou Aargau interessant, welche jede fernere Konzession (aufer den bereits anerbotenen drei Frauenklöftern) von der Haud weist, und jene von St. Gallen, welhe dem Grundsaß nach, wie leßtcs Jahr, zwar die Herstellung aller Klöster anerkennt, jeßt aber Vollmacht auf Kou zessioneu enthält. Jm Sinne Luzerns haben bis jeßt instruirt : Ury, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg, Wallis, Baselstadt; im Sinne Aargaus: Waadt, Tessin, Bünden, Appenzell a. Rh. ; zu Konzessionen sind ermächtigt: St, Gallen, Waadt, Bünden, Baselstadt, Vor der Hand ist daher keine reglementarishe Majorität zu gewärtigen, insofern Aargau nicht fernere Konzessionen macht, i

Aen Damaskus, 26. Mai. (Osservatore Triestiuo.) Seit einigen Monaten werden die Haupt-Landstraßen dieses Paschaliks von Beduinenhorden beunruhigt, welche im Februar sogar eine Karawane mit 540 Kameel=Ladungen überfielen und sih der Hälfte der Waaren, im Werth von 5 Millionen Piastern, bemächtigten. Solche Ueber fälle wiederholen sich jeßt oft, so daß der Handel uicht wenig durcl die Unsicherheit der Straßen leidet, : |

Im verflossenen Monat starb Monsignore Eufemios, Großmeister des im Kloster St, Salvatore, in der Nähe von Saiïda errichteten Basilikaner - Ordens; dieser Orden besteht aus zwei Parteien, den Damascenern und den Bergbewohnern, und da der Verschiedene zu den Leßteren gehörte, so beschuldigen diese die Damascener, welche ihn früher abseßen wollten, ihn vergiftet zu haben, Dies so wie andere Veranlassungen erregten große Reibungen zwischen beiden Par-= teten und den Melchiten, so daß man eine sehr bedrohlihe Kirchen spaitung befürchtet, Diese wird besonders durch die Abwesenheit des melchitischen Patriarchen Monsignore Mazlum genährt, welcher si in Konstantinopel besindet, um die Erlgubuiß zum Trageu der walzen förmigen Müße zu erwirken, welche die griechisch =- hismatischen Bi \höfe für sih in Auspruh nehmen, den melchitischen aber verwehren wollen, Die Entscheidung dieses Streits wurde vom Divan bisher immer m die Länge geschoben.

Die Gouverneure von Naplusa und Gemir sind abgeseßt wor= den. Die Kaimakams des Libanon haben sich in ihre betreffenden Distrikte begeben, um die der Regierung zu entrichtenden Abgaben einziehen zu lassen. Der drusishe Kaimakam Emir Achmet Kaslan erhielt die Weisung, diese Abgaben auch von den Christen seines Be zirks mit Ausnahme jener von Der-el-Kamar zu erheben, welche die selben unmittelbar in Beirut abliefern dürfen. Diese Bevorzugung wollen nun auch die übrigen Christen der Jurisdiction des genannten drujischen Emirs für sich in Anspruch nehmen.

Ueber die wedmaßtigste Richtung, die, zwishen Ober und Weichsel, einer Berlin und Königsberg zu verbinden bestimmten Eiseubahn e e

Jn dem Aufsabße, der sih unter obiger Aufschrift in Nr. 299 der Staats=Zeitung vom vorigen Jahre befindet, hatten wir uu ter den verschiedenen hier fonfurrirenden Bahnrichtungen, deren relativen Werth wir zu würdigen versuchten, diejenige von Frankfurt über Posen nach der Weichsel unberücksichtigt lassen zu müssen ge glaubt, weil in der den ständischen Ausschüssen auf Befehl Sr. Ma jestät des Königs übergebenen Denkschrift in Betreff eines umfassen den Eiseubahnneßes der Monarchie, unter den verschiedenen auszusüh renden Bahnstrecken, ein Anschluß von Posen aus an die Preußische Bahn erwähnt warz und weil wir gus dieser Bestimmung folgern zu dürfen glaubten, daß, in der Absicht der Königlichen Regierung, die Richtung der Hauptbahn selbst über Posen ausgeschlossen sey. Die in Nr. 112 uñd 144 der Staats=Zeitung von diesem Jahre enthaltenen Andeutungen rechtfertigen aber jene unsere Folgerung nicht ; und wir glauben daher, zur nothwendigen Vervollständigung unserer Aufsäße in Nr. 299 und 315 dieses Blattes vom vorigen Jahre, auch die Bahurichtung von Frankfurt über Posen nah Bromberg, nachträglih in den Kreis unserer Erörterungen ziehen und für diesen Zweck selbige einer vergleichenden Zusammenstellung mit der Linie von Küstrin über Landsberg nah Bromberg, wie derjenigen, die uns unter den früher besprochenen Bahnrichtungen als die vortheilhafteste er- shieuen war, unterwerfen zu müssen,

Auch die gegenwärtige Besprechung wird hoffentlich wie die frü- here kompetente Stimmen veranlassen, die von uns angeregte Dis fussion aufzunehmen und durch mehrseitige Beleuchtung der betreffen- den Frage die richtige Ansicht klarer herauszustellen, Zu diesen kom- petenten Stimmen zählen wir gern diejenige, die in Nr. 29 der Staats-Zeitung von diesem Jahre sih über unsere beiden frü- heren Aufsäße geäußert hat, und wir pflichten bereitwillig dem Herrn Verfasser darin bei, daß die vortheilhafteste Anknüpfung der Küstrin- Landsberger Bahnrichtung nicht zu Frankfurt, wo wir selbige suchten, sondern zu Neustadt-Eberswalde sein dürfte, von wo ab sich die Linie dann über Wriezen nach Küstrin richtete. Insofern durch diese Rich- tung eine direfte Verbindung von Stettin nah Küstrin und über diesen Punkt mit der Weichsel und Posen hergestellt würde. Nicht zu erwähnen, daß bei obiger Voraussebung die Berlin - Frankfurter Eisenbahn - Gesellschaft wohl unabweislich veranlaßt sein dürfte, s{leunigs und auf eigene Kosten ihre Bahn von Frankfurt nah Küstrin zu verlängern, wodurch dann eine ganz direkte Eisenbahu = Verbindung zwischen Stettin einerseits und Frankfurt und der dort ausmündenden niederschlesischen Bahu an- dererseits erzielt und so eine mit dem ganzen Laufe der Oder und auf der inneren Seite dieses Flusses im Sinne des Herzens der Mo- narchie parallele und zusammenhängende Eisenbahn hergestellt würde. Vortheile, die uns die aus der Richtung von Neustadt nah Küstrin hervorgehenden größeren Baukosten, so weit sih solche ohne spezielle

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Vorarbeiten annähernd beurtheilen lassen, bei weitem zu überwiegen schienen. E :

Bevor wir indeß zur speziellen Vergleichung der beiden Linien von Frankfurt über Posen nah Bromberg und von Neustadt über Küstrin und Landsberg gleichfalls nah Bromberg übergehen, glauben wir uns vorerst hinsichtlih einer Kontroverse aussprehen zu müssen, die in Betreff derjenigen leitenden Grundsäße entstanden is, wonach die Richtung der großen Eisenbahnlinien in leßter Justanz zu bestim- men wäre. Die Einen erblicken nämlich diese leitenden Grundsäße in der möglichst hoheu Rentabilität der Bahn oder, wo eine solche nicht zu erwarten is, in dem möglichst niedrigen Bau-Kapitale, Die An deren erkennen dagegen jene regulirenden Normen bald in den Juteressen des allgemeinen Handels, bald in denen des Zwischenverkehrs oder der in dem Bereiche der Eisenbahn liegenden Bevölkerungen, bald in den militairischen Juteressen. Die Ersteren vertreten die Sache der Actien Gesellschaften und der Kalfulatur= Büreaus, denen beiden wenigstens dort, wo der Staat der Aulage einer Cisenbahn eine Unterstüßung gewährt, keine wesentlihe Stimme hiusichtlih der Richtung der gro- ßen Linien einzuräumen sein dürfte. Denn der Staat muß im Geiste des nämlichen Grundsabes, wonach er oft nicht direft rentirende und darum doch höchst nütliche Chaussce-, Kanal- und Brücken - Anlagen ausführeu läßt, rationell denjenigen Eisenbahn = Richtungen den Vor- zug geben, die, allerdings mit Rücksicht auf das Erbauungs= Kapital, die größte Masse ihm wichtiger Communicationsmittel gewähren, Die Wichtigkeit gewisser Communicatiousmittel für den Staat ist aber feine absolute, sondern selbige modifizirt sich nah der wechselnden eigenthümlichen Natur und Beschaffenheit jedes einzelnen Staats. Der Handelsstaat wird bei der Einrichtung seiner großen Communi cationen vor Allem das Juteresse des allgemeinen Handels ins Auge fassenz der Staat, in dem die Production vorherrscht, dagegen bei der Aulage eben jener Communicationen vorzüg lich den Zwischenverkehr berüdsihtigen. Derjenige Staat aber, welcher stets gerüstet und auf seinen Gränzen zum Kriege vor bereitet sein muß, und dieser eisernen Nothwendigkeit einen bedeuten- den Theil seines Budgets und des Kapitals der persönlichen Leistun gen seiner Bevölkerung zu opfern genöthigt is, würde offenbar eineu Widersinn begehen, wenn er bei der Aulage des mächtigsten Commu nicationsmittels, das bisher die Erde sah, und dessen weseutlihe Be- nußung für militairische Zwecke keinem Zweifel mehr unterliegt, die dabei ins Spiel tretenden militairischen Juteressen unberücksichtigt lassen wollte. So sehen wir, daß in England und den Vereinigten Staaten von Nord - Amerika, deren territoriale Lage selbige wesentlich gegen die Gefahr, Kriegs = Schauplatz zu werden, \{chüßt, bei der Leitung der großen Eisenbahnlinien ausschließlich die Handels -= und Verkehrs-= Rücksichten zu Rathe gezogen werden, während Frankreih (man vergl. St. Zt g. Nr. 317 vom vorigen Jahre, Korrespondenz aus Paris), unter den die Richtung seiner großen Eisenbahnlinien bestim- menden Gründeu, grundsäßlich die \trategischen, dort wo selbige ins Spiel treten, obenan stellt, dann die Juteressen des Zwischenverkehrs, und erst in dritter Stelle diejenigen des allgemeinen Handels folgen läßt.

Prafktisch werden indeß diese drei leitende Rücksichten sich in den meisten Fällen leiht vereinigen lassen, insofern die großen Heeres- straßen meist den fruchtbarsten Landstrichen und den möglichst centra= len Richtungen folgen und die großen Handelsstraßen ihrerseits in der Regel eben diese Wege aufgesucht haben; und als demnach das fast immer einer strengen Demonstration fähige militairische Juteresse selten mit den Zwischenverkehrs- und allgemeinen Handels-Juteressen, wohl aber häufig mit den lärmenden und rührigen Juteressen der Ac tien-Gesellschaften und der einzelnen Lokalitäten in Konflikt geräth.

Nach diesen Vorbemerkungen zu der speziellen Vergleichung der Linien von Neustadt über Küstrin und Landsberg nah Bromberg, nebst Zweigbahn vou Filehue auf Posen einerseits, und von Frank furt über Posen nah Bromberg andererseits übergehend, glauben wir vorläufig von der rein pecuniagiren Frage Umgang nehmen und jene beiden Linien, einauder gegenüber, unter dem Gesichtspunkte der all gemeinen Jnteressen beleuchten zu müssen; indem wir dabei die in ¿rankreich angenommene Klassifizirung dieser Juteressen als auch für Preußen passend, besonders in dem vorliegenden Falle annehmen zu dürfen glauben, wo, wie wir schon in dem Aufsatze in Nr. 315 der vorsäh rigen Stk. Zkg. bemerkten, weun auch im Allgemeinen die militairischen Nücksihten an der Weichsel einen weniger dringenden Charakter als am Rheine haben, doch insbesondere an die die Oder mit der Weich sel verbindende Eisenbahn sich ein sehr erhebliches militagirisches Interesse knüpft.

Ju militairisher Beziehung also würde die Bahnrichtung von Frankfurt nach Posen die Erbauung einer sehr festen stehenden Brücke über die Oder bei Franksurt, d. h. bei einem ganz offenen Orte und an einer allen militairischen Rücksichten widerstreiteunden Stelle, er heishen, während die Neustadt - Bromberger Linie die Oder unter dem Schuße der Festung Küstrin überschritte. Dies bliebe indeß vielleicht nux eine weniger erheblihe Rücksicht; audere weit gewich tigere dürsten die Bahurichtung von Frankfurt über Posen nach Bromberg überhaupt zu der militgirisch=ungünstigsten machen, die vom Oder=Laufe zwishen Frankfurt und Stettin nah Bromberg auf zufinden seyn möchte. Wogegen die Linie von Küstrin über Lands- berg nah Bromberg wohl diejenige seyn dürfte, welcher eine auf die zweckmäßige Vorbereitung des Kriegs = Theaters hinwirkende militai= rische Einsicht vor allen anderen den Vorzug geben würde.

Für den Zweck der Ermittelung des relgtiven Werths beider Bahn-Richtungen in Hinsicht guf den Zwischenverkehr und allgemeinen Handel glauben wir vorerst vergleichungsweise die Cisenbahu-Verbin dungen, welche dieselbe zwischen den bedeutenderen Handels= und in-= dustriellen Städten gewährten, nah den jeßt bestehenden Post Straßen und mit Weglassung der Meilen - Bruchzahl berehnet, dann die Dichtigkeit der Bevölkerung der von beiden Linien durchzogenen Gegenden, und endlich die Masse der städtishen Bevölkerung, welche von einer jeden derselben wesentlich berührt würde, neben einander stellen zu müssen.

Die Neustädter Linie ergäbe also eine Gesammt = Eutfernung zwischen Berlin und Bromberg von 49 Meilen, die Frankfurter Linie dagegen vou 54 Meilen.

Auf der Neustädter Linie ergäbe sih ferner eine Eisenbahn-Ver= bindung von Posen nach Berlin mit 40 Meilen; nah Stettin mit 46 Meilen; nah Bromberg mit 29 Meilen; nach Landsberg mit 19 Meilen; nah Küstrin mit 26 Meilen. Von Bromberg nach Lands berg mit 28 Meilen; nah Küstrin mit 34 Meilen; nach Stettin mit 55 Meilen. Von Landsberg nah Berlin mit 20 Meilenz nach Stettin mit 27 Meilen; nah Küstrin mit 6 Meilen. Endlich von Küstrin nah Stettin mit 21 Meilen,

Die Frankfurt-Bromberger Linie ergäbe dagegen eine Eisenbahn Verbindung von Posen nach Berlin mit 37 Meilen; nach Bromberg mit 17 Meilen; nah Stettin mit 57 Meilen (nebst Wechsel des Bahnhofes zu Berlin); nach Frankfurt mit 25 Meilen, Von Brom- berg nah Frankfurt mit 42 Meilen; nach Stettin mit 74 Meilen (nebst Wechsel des Bahnhofes zu Berlin). Von Frankfurt nach Stet- tin mit 30 Meilen (nebst Wechsel des Bahnhofes zu Berlin),

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Würde, was wohl kaum zu bezweifeln, im Falle der Ausführung der Neustadt-Bromberger Liuie von der Berlin - Frankfurter Eisen=- bahn-Gesellschaft diese leßtere Bahn bis Küstrin verläugert, so träten zu Gunsten der Neustädter Linie noch folgende Verbindungen hinzu : Von Frankfurt nah Stettin mit 25 Meilen. Von Posen nah Frauk= furt mit 30 Meilen. Von Bromberg nach Frankfurt mit 38 Meilen. Von Landsberg nach Frankfurt mit 10 Meilen, Von Küstrin nah Frankfurt mit 4 Meilen.

Was ferner die Dichtigkeit der Bevölkerung der von beiden Lí-

men durchschnittenen Kreise betrifft, so ergäben sich (mit Ausnahme der beiden gemeinsamen Posener und Bromberger Kreise) für die Neustadt- Bromberger Linie durch\chnittlich 2085 Seelen*) auf die Quadrat- Meile, für die Zweigbahn von Posen nah Filehne aber 1828 Seelen, und für die Frankfurt-Bromberger Linie 1701 Seelen auf die Quadrat -Meile. Die Masse der städtischen Bevölkerung aber, die von beiden Bahurichtungen, mit Ausschluß der Endpunkte, und Posens als beiden gemeinsam, berührt wird, beträgt für die Neustadt- Bromberger Linie, einschließlich Friedberg, 45,112 Seelen, für die Zweigbahn von Posen nach Filehue 4083 Seelen und für die Frank- furt-Bromberger Linie 28,343 Seelen.

Betrachten wir nun die niht durch Zahlen auszudrückenden in-

dustriellen und kommerziellen Verhältnisse beider Bahn=-Richtungen, so durchzöge die Frankfurt - Posen - Bromberger Linie, mit Ausnahme eincs uicht bedeutenden Strichs von Kujavien, im Ganzen nicht be= sonders fruchtbare Gegenden, in denen das Bedürfniß gesteigerter Communicationsmittel sich bisher weniger fühlbar gemacht hat ; wie es wohl daraus hervorgehen dürfte, daß zwischen Frankfurt und Po- sen noh feine direfte und vollständige Chaussee - Verbindung besteht, und zwischen Posen und Bromberg eine solche erst seit kurzem in Angriff genommen worden is, Außerdem leitete die Richtung von Frankfurt über Posen nah Bromberg diejenige bedeutendere Eisen= bahulinie, die für läugere Zeit noch vermuthlih als die einzige zwischen Oder und Weichsel dastehen wird, fast auf die äußerste Gränze des hier in Betracht kommenden Abschnitts der Monarchie hin, ohne daß diese kommerziell so sehr beschränkte Gränze irgend namhafte Verkehrs - Anknüpfungen erwarten ließe, Die Neustadt - Küstrin = Bromberger Linie liefe dagegen, fast in ihrer ganzen Ausdehnung, längs der sogenannten Oder=-, Warthe- und Neß=Brücher hin, die bekanntlich die Vorraths-Kammer Berlins auch für manche solche Verbrauchs= Gegenstände sind, welhe unter allen Umständen die Transportfosten der Eisenbahn vertragen kön- nen, und sehte diese fruchtbaren Landstriche in die direkteste Verbin= dung mit dem Mittelpunkt der Monarchie. Sie folgte dem Laufe der großen Wasserstraße zwischen diesem Mittelpunkte und der Weich= sel und gewährte \o eine kostbare Ergänzung dieser eben so widhti- gen, als in manchen Jahreszeiten ungewissen Wasser =- Verbindung. Sie fiele mit der hier bisher bestandenen großen Handels- und Ver- fehrs-Straße zusammen und bewahrte so den Besibßstand der Com: municationen und der mannigfachen darauf begründeten Etablissements. Eben so folgte sie genau der bestehenden großen Militagirstraße vom Herzen der Monarchie nah der Weichsel. Endlich hielte sie ziemlich genau die Mitte in dem zwischen Oder und Weichsel belegenen Ab schnitte der Monarchie, böte dadurch die günstigste Richtung für künf- tige Communications - Anschlüsse aller Art dar und beseitigte zugleich jede begründete Klage wegen Zurückseßbung von Seiten der hier in Betracht kommenden verschiedenen Provinzen. Was bei einem we sentlih auf Kosten der Gesammtheit zu erbauenden Werke immer Rücksicht verdienen möchte. Während die Frankfurt-Posen-Bromber ger Linie, ganz die centrale Richtung verlassend, fast ausschließlich nur einer einzigen Provinz zu Gute käme.

Um die in Nede stehende allgemeine Frage schließlich zu lösen, handelte es sich nun darum, die angeführten, wohl unleugbaren Vor- zige, welche die Neustadt-Küstrin-Bromberger Linie nebst Zweigbahn auf Posen, im Vergleiche mit der Frankfurt-Posen-Bromberger Linie darböte, gegen die höheren Kosten abzuwägen, welche der Bau der ersteren vermuthlih erfordern dürfte, indem selbige eine um 105 Mei= len, das heißt gerade um die Entfernung von Posen nah Filehne, größere Baustrecke darböte. Dieser Kosten =Vergleih in Betreff der Anlage beider Linien könute mit einiger Genauigkeit freilih erst nah der Beendigung erschöpfender und unparteiisher Vorarbeiten aufgestellt werden, und wir müssen daher hier noch davon Umgang nehmen. Jedenfalls aber würde dieser Kosten-Unterschied noch sehr bedeutend das Verhältniß des Längen =- Unterschieds der respektiven Baustrecken übersteigen müssen, damit uns die Vorzüglichkeit der Neu-= stadt - Küstrin- Bromberger Linie ernstlih in Frage gestellt erschiene. Selbst aber in dem uns bis jeßt durhaus unwahrscheinlihen Falle, wo diese lehtere Linie, im Vergleiche mit den konkurrirenden Linien, so besouderen Terrain-Schwierigkeiten begegnete, daß selbige außerhalb der Konkurrenz treten müßte, schiene uns die Stettin-Schneidemühl= Bromberger Linie, in militairischer wie in kommerzieller Rücksicht, im- mer noch entschieden den Vorrang vor der Frankfurt-Posen-Brom= berger Linie zu behaupten. Sollten sich übrigens zwischen Neustadt und Küstrin zu bedeutende Terrain-Schwierigkeiten ergeben, so könnte die Küstrin-Bromberger Linie auh auf die Berlin-Fraukfurter Bahn in der Gegend von Fürstenwalde oder Briesen angeknüpst werden. Cine Richtung, die freilih die Entfernung von Berlin nah Bromberg um mehr als eine Meile abkürzte und um eben so viel die Baustrecke verminderte, übrigens aber weit weniger vortheilhaft als die Richtung von Neustadt auf Küstrin seyn dürfte, weil Stettin dadurch die kür zere Verbindung mit Posen und mit der Weichsel und die Verbindung mit Küstrin und Landsberg einbüßte.

Wir sind s{ließlich weit entfernt, unsere oben ausgesprochene Ansicht über die Vorzüglichkeit der Neustadt-Küstrin-Bromberger Linie als die unbedingt richtige geben zu wollen. Nur eine gründliche und öffentliche Disfussion wünschten wir hervorzurufen, die, in Betreff der Wahl der großen Eisenbahn-Richtungen, sich stets als das beste Kor- reftiv gegen die Bestrebungen der Lokalitäten und gegen die oft noch weit mehr zu überwachenden Manöver der Actien-Gesellschaften er- wiesen hat. Wir würden es mit Vergnügen sehen, wenn in dieser Disfussion zu Gunsten der Frankfurt-Posen-Bromberger Linie Vor- züge, die uns entgangen sind, ausgemittelt würden. Jedenfalls dürfte unser Zweck schon nicht verfehlt sein, wenn die stattfindende Erörte- rung ein Material lieferte, welches von einigem Nußen für die Kom- mission wäre, die ohne Zweifel nach beendigten Vorarbeiten über die Wahl unter den verschiedenen, für die Ostbahn vorgeschlagenen Li- nien zu entscheiden haben wird, und in welcher die verschiedenen Jn- teressen, welche die Leitung der großen Eisenbahn-Linien zu bestimmen haben, ihre Vertreter besißen dürften.

*) Diese und die folgenden statistischen Zahlen sind aus „Hofman's Bevölkerung des preußischen Staats. Berlin 1839“ welcher die Zählung von 1837 zu Grunde liegt, entnommen. Wenn sich au seitdem die Total- Zahlen geändert und gesteigert haben , dürfte doch das relative Verhältniß

5 wesentlih das nämliche geblieben seyn. nier 6s BUR

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