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1 ¡ns Weite gehen konnte, gleich der Macht der Ministerialen im O er, als es R durch die Persönlicbfe.ten des Regenten im Zaum u halten war. Die einzige mögliche Beschränkung dieser Macht liegt jetzt n der landständischen und Gemeindeverfassung und in ciner freieren Presse, Auf dem vorigen Landtage wurde derselbe Ba von uns verhandelt, und die vollständige Veröffentlichung unserer Berhandlungen einstimmig be- schlossen. Diese cröffentlichung fand statt, mit Ausnahme einer einzigen Stelle, welche unmöglich vor der Censur Gnade finden fonntez sie steht Pagina 115 unserer Protokolle, Toute verité n’est pas bonne à dire, und für die Nichtigkeit des damals Gesagten spricht außer dem Censur- strich selbst so Vieles, was sich seitdem vor unseren Augen zugetragen hat, Da jedoch nur Thatsachen reden, so wird es nothwendig, Jhnen einige, die mir gerade zur Hand sind, vorzuführen, Während jener Zeit, von welcher der Antragsteller unterstellte, daß sie eine Quasi - Preßfreiheit gestat- tcte, machten in Deutschland zwei Zeitungen von leßterer vorzugsweise (Be- brauch, die Rheinische und die Leipziger; die erstere erzählt uns in Nr, 121 v. J. in cinem Gedicht von Herwegh, wie eigentlich das Volk zur Welt kommt, Nr. 165, daß der Kunst die Stellung vor der Religion gebühre, weil Leßtere das Geschöpf der Ersteren, Nr. 174, die Etikette umhülle die Könige mit dem fahlen Schimmer der Göttlichkeit, nah der altindishen Lehre, daß der zum Gott werde, welcher alle Nerven und Fa sern der lebendigen Jchheit in sich ertödtet habe, der Orient sei das Vater land des Despotismus, des Weihrauchs und der Etikette, Von doit her sci diese, gleih dem Christeuthum, zu uns gekommen, und es bleibe immer zweifelhaft, welchem von beiden Geschenken der Vorzug gebühre. Ju einem Gedicht von Prußz, „Die Sonntagsfeier““, bespöttelt sie höhnisch die gut- müthigen dummen Schafe, die noch in die Kirche gehen können, und be schließt dasselbe mit den Worten: „Jch könnte hassen, köunte morden, doch nicht vor einem Altar kuicen.““ Selbst die, doch nicht durch eau de Cologne verwässerte gutmüthige Kölnerin nennt in der neuesten Zeit, in einem Ge dicht von Heine, „Atta Troll““, die unglücklihe Wittwe des Königs von Spanien, des leßten, der den Titel eines Katholischen führte, puttana. Daß eine solche Censur schlimmer sei, als alle Preßfreiheit, darin stimme ich mit dem Antragsteller vollkommen überein, Vie Leipziger Zeitung verfolgte im Wesentlichen dieselbe Richtung, doch unter weniger pikanten Formen. Jhre Veröffentlichung des Herweghschen Schreibens machte der Quasi-Preßfreiheit für den Augenblick ein Ende. Wer dieses, weniger durch seinen Juhalt als durch die ihm gegebene Bedeutung interessante Aktenstück liest und gleichzeitig die früheren Geistesprodukte des Briefstellers kennt, dürfte sich kaum über den Junhalt und die mchr als poetisch - naive Form wundern und in dem Ganzen etwas Anderes als eine nüßliche Erfahrung mehr erkennen, daß die Kluft, welche zwischen einem Könige und einem vagabondirenden Demagogen liegt, auch durch die großherzige Herablassung nicht ausgefüllt werden fann, Allein das Schreiben enthält gleichzeitig einen Angriff auf die höchsten Potenzen der Büreaukratie, und dieser allein vermochte es, der Quasi-Preßfreiheit den Hals zu brechen; denn wir sehen in dem hierauf erfolgten langen Bericht ihr nicht zum Vorwurf machen, daß sic Christenthum und Königthum, wenn es möglich wäre, in den Koth zu ziehen strebe, daß sie allem, was dem Menschen bis dahin heilig und theuer war, Hohn spreche, sondern daß sie das Beamtenthum anzugreifen wage. Ein anderer charakteristisher Zug der Censur is, daß, während sie den dem Katholizismus feindlichsten Blättern, z. B. dem Sprecher, dem Freihafen, dem Telegraphen, demPilot, ungestört Verbreitung gestattet, sie der mit Geist und Anstand geführten Vertheidigung des Katholizismus hartnäckig den Eingang verwehrt, wie dies das Verbot der historisch-politischen Blät ter beweist, dessen Aufhebung troß mannigfacher Bemühungen der achtbar sten Männer bis dahin nicht hat crlangt werden können. Das is, was ih dem Antragsteller auf seine die Quasie-Preßfreiheit betreffende Bemer kung zu erwiedern mir vorbehalten hatte. Aus allem, was ih hier gesagt, bitte ih keinesweges den Schluß zu ziehen, als sei ih grundsäßglich ein Geg- ner der Preßfreiheit; es würde dies ein durchaus falscher Schluß seins ich halte sie für ein unschäßbares Gut, wenn wir uns desselben würdig zu machen im Stande sind und die Schranken cntbehren tönnen, die meines Erachtens die gegenwärtigen Zustände nothwendig erheischen. Auch hierüber will ih versuchen, mich klar auszudrücken, Wir fönnen nichi verkennen, daß der lebendige Jmpuls des Volkgeistes nach Weiterbildung und das rege Streben nah geistiger Fort entwicelung gleichsam von einem gespenstigen Doppelgänger begleitet ist, der überall einer höheren Veredelung Hohn spricht, der als Geist der Nega tion unsere sozialen Zustände nah allen Seiten hin durchdringt; und der eben, weil er rein geistiger Natur ist, sich so schwer durh materielle Gewalt bannen läßt. Es eint vielmehr, daß der Staatsgewalt gleih dem Zau- berlehrling die Formel eutfommen is, den heraufbeschworenen Geist zu ban- uen. Wer aber den inneren Werth jener Foxtentwickelung in etwa bezwei- felt und diesen nicht ausschließlich nah der Zahl der Eisenbahnen, Actien- Vereine, Erzeugnisse der Presse, patriotischen Adressen und Toaste beurtheilt, wer noch nit aufgeklärt genug is, um mit dem größten poetischen Talent des antíchristlichen Deutschlands auszurufen: „sei mir gegrüßt Freiheit, junge Sonne der verjüngten Welt! Jene älteren Sonnen, die Liebe und der Glaube, sind falt geworden und können nicht mehr leuchten und wärmen““, wer nicht einstimumt in diesen Jubelruf, weil er selbs noch Liebe und Glau- ben in seinem Herzen trägt, der blickt mit Wehmuth aus der Vergangenheit in die Zukunft des cristlih-europäischen Lebens und sieht unter den Strah- len jener Sonne der verjüngten Welt dunkele Wolken aufsteigen, die Vor- boten herannahender Stürme. Giebt es aber cin Mittel, diese Stürme zu beschwichtigen, so kann es kein anderes scin, als das Festhalten au derjeni gen Grundlage, von der bis dahin allein alle Civilisation ausgegangen ist. Diese Grundlage aber is eine christlich-religiöse Gesinnung, und aus ihr und auf ihr muß der Saame aufgehen, der allcin dem emporwuchernden Unkraut zu widerstehen im Stande is. Es is also nicht jener vage Begriff von lo yaler Gesinnung und Patriotismus, der heut zu Tage so häufig in hohlen Phrasen und breiten Nedensarten sich geltend zu machen sucht, es sind nicht die mannigfachen unter einander und mit sich selbst in Widerspru stehenden philosophischen Svsteme, die leugnen und beweisen wollen, was weder geleugnet noch bewiesen werden fann, cs sind nicht die kalten Sittlichkeits-Theoricen , beruhend auf der Lehre von cynischer Entsagung, epikuräischem Genuß - oder stoischer Tugend, es ist nichts von allem dem, wovon wir die Begründung und Verbreitung wah rer Aufklärung erwarten dürfen. Wir dürfen sie vielmehr einzig und allein von der Begründung und Verbreitung jener christlich -religiösen (Gesinnung erwarten, die ihr Glaubensbekenntniß bestimmt und "lar dahin formulirt, daß Gott, der Schöpfer alles Daseins, in dem Menschen sein Ebenbild geschaffen habe, daß des Menschen ausschließliche Bestimmung die Erhal- tung und Steigerung dieses Ebenbildes sei, daß die Mittel, diese Vervoll- tommnung zu erreichen, dem Menschen durch Gott in seiner dreifachen Per E Keofsenbart wurden, und daß das Befolgen seiner göttlichen Lehre christlich “reli eg m, der den Menschen seiner Bestimmung zuführe. Diese Saugeia va eitung muß sich _im Leben äußern und das ganze gehen, so müssen see M üdringen, Sollen aber Jdeen ins Leben über- gewissen äußerlichen Gri, im Leben erscheinen und offenbar werden in einer finden, worauf éx LO alt; denn der Mensch muß auch etwas außer sich \ lese Jdeen und Gefühle beziehen kann, worin er sie ausgesprochen und dargestellt findet. Hinsichtli e u p ; dieses Aeußerliche die Kirche et. Hinsichtlich der religiösen ZJdeen ist )e, welche als eine eigene große Bildungs-Anstalt
des christlich - religiösen L Pia
Demuth bilvet anl duen Brgdweise die Gefühle der Andacht und durch ihr Erwecken die Gemüiher in. be, esinnungen des Menschen heiligen, will. Sie spricht im gemeinsamen See nid Peiligsten verbrüdern lich aus, sie knüpft sie an Thatsachen ge en religiösen Jdeen öffent- ben treten, sie erhält und befestigt Ke dur ten ihren Festen ins Le- sie führt sie dem Gemüthe zu durch Rede Gesan ende der Saframente, telt, daß der Einzelne die religiösen Jdeen nicht nux vet, (gr Gebet, sie vermit- lichteit, ihre segenóreiche Herrschaft über die Gemüther invern auch ihre Wirk- Went erfennt, und so erhebt die Kirche erst recht cigentlige e Aleithlichen zur Neligiösität und erzeugt dur ihren Kultus da wal hose DeisYen Leben, Dieses is also die Mission der Kirche, und zwar elt s ihr vorzugsweise zu Theil geworden, während die weltliche Dis Avon die entgegenstehenden äußeren Hindernisse zu beseitigen hat. üm i f jedo mít Würde und Erfolg entsprechen zu können, muß ihre Freiheit ind ua
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/ finnung als die Grundlage aller wahren Bildung und Aufflärung, als die \ tischen Angelegenheiten beziehen, und andererseits die Verschärfung der
eue Schußwehr gegen die Verirrungen des menschlichen Geistes, gegen den Mißbrauch der nothwendigen Freiheit, gegen das übermäßige Streben nach sinnlichen Genüssen, und als die Bedingung der inneren Zufriedenheit beim Einzelnen betrachten, von der das Wohl und die Ruhe Aller abhän- gig ist, wenn wir der Kirche vorzugsweise die Mission zuerkennen, jene Ge- sinnung zu begründen, zu verbreiten, zu hegen und zu pflegen, so werden wir ihr auch weiter eine bestimmte und direfte Einwirkung auf die Erzic- hung und den Unterricht der Jugend einzuräumen nicht umhin können. In der That bezweckt Unterricht und Erziehung heut zu Tage mehr eine äußere Dressur in Bezug auf die bürgerlichen Verhältnisse, als eine ernste Entwickelung und Bildung des inneren Menschen. Darum fehlt bei einer Masse von Kenntnissen die Klarheit und Deutlichkeit der Begriffe, sobald es sich um ctwas Höheres, als um materielle Interessen handelt, die feste Begründung des als wahr Erkannten, die den Ucberblick erleichternde Anordnung, die richtige Verbindung und Beziehung aller Erkenut- msse auf ein höchstes, auf cin leztes Ziel aller unserer Bestrebungen, alle Merkmale, die das Wissen des gebildeten Mannes von dem der unge- bildeten Menge unterschciden, daher ferner jener Mangel an tüchtiger Ge- sinnung und an Charafteren, die nur nach innerer Ueberzeugung handeln und dieser alle äußeren Nücfsichten zu opfern im Stande sind. Es is} also nothwendig, bci unserer geistigen Fortentwickelung noch einen anderen Zweck als die bloße Ausbildung der Jutelligenz zu verfolgen und dieser Zweck kann kein anderer sein, als die Befestigung des religiösen Prinzips. Dieses Prin- zip aber muß bei Erziehung und Unterricht überall als das Leitende vor- herrschen, und in allen inneren und äußeren Einrichtungen wie ein rother Faden durchlaufen, wenn Erziehung und Unterricht unter einander und nach
allen Seiten hin ein kfompaktes und harmonisches Ganzes bilden sollen. Das ist meines Erachtens cin besseres Mittel, sich gegen die Nachtheile der Preffreiheit zu {üyzen, als Censur- und Preßgeseße, und wenn wir das ernstlich anwenden wollen, so wird cs kaum eines index librorum prohi- bitorum bedürfen, um uns und die Unsrigen gegen die Nachtheile der Preß freiheit zu schüßen. Jch zweifle keinesweges, daß diese Auffassung von Ei- nigen gar nicht beachtet, von Anderen mit dem Vorwurf der Einseitigkeit abgefertigt und endlich von noch Anderen als ein Ausfluß des Pietismus, Mvstizismus , Ultramontanismus und Jesuitismus bezeichnet werden wird, Ausdrücke, mit denen der moderne Despotisnmus und sogenannte Libcralis mus in gleichem Maße freigebig sindz allein diese Aussicht hat mich nicht im Mindesten abhalten können, meine Ueberzeugung in einer so wichtigen Sache vollständig und unbefangen auszusprechen. Schließlich bemerke ich noch, daß der Landtag, wie der Antragsteller irrthümlich behauptet, in seinem ersten Antrag auf möglichst vollständige Beröffentlichung der Verhandlungen keine8weges die bundesgeseßlichen Bestimmungen verkannt und auf Aufhebung der Censur angetragen, sondern nur gebeten hat, die geseßlichen Censoren aus der Mitte des Landtags selbst nehmen zu wollen. Jch lann demnach den uns vorliegenden Antrag nicht unterstützen, sondern erachte es für nothwen dig, eine festere Gestaltung unserer Preß-Zustände abzuwarten, che wir 1x gend einen neuen Antrag stellen. Z i : Hierauf verliest ein Abg, der Städte vom Siße des Neferenten aus nachstehende Rede: Preßfreiheit? Ja, es is ein schönes Wort, das dem Freiheitsgefühl entstromt! Die Menschen, welche es ausrufsen, bedenken aber selten die Gefahr der Preßzügellosigkeit. Ein redlicher, erfahrener deutscher Schriftsteller sagt mit Necht: „Die Freiheit der Erörterung und Prüfung, die auf der Preßfreiheit beruht, bringt einen Geist unredlichen Haders und Zwistes hervor, cine handwe:kêmäßige und einstudirte Opposi tion; cinen Conismus im Sprechen und Denken, wodurch die Wahrheit cntstellt und die Erbitterung tels genährt wird, wodurch die Unwissenheit verführt und aufgewiegelt und die obrigkeitliche Gewalt mißachtet wird, wodur die ehrlichen, aber furchtsamen Menschen erschreckt und allen \cchlechten Leidenschaften Waffen dargeboten werden.“ Jch wünsche von Herzen, daß die Presse ganz frei und fessellos bestehen dünfe, Aber Sie, meine Herren, werden sich mit mir überzeugt haben, daß es nicht an der Zeit i, vollkommene Preßfreiheit auch in Deutschland einzuführen, In
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egenwärtig theilweise aus Staatsmitteln gewährt wird, ein gerin Frs as für das früher ihr entzogene Eigenthum, so ist dies fein Gründ, De Unabhängigkeit zu gefährden und sie als dienende Magd zu behandeln, Wenn wir nun von diesem Standpunkte aus eine cchristlih-religiöse Ge-
abhängigkeit Heine sein, und wenn der Unterhalt, dessen sie bedarf, ihr
Deutschland darf die Macht der gesellschaftlichen Verhältnisse, Krieg oder Frieden zu distiren, nicht in die Hände des Journalismus gelegt werden. És daif cinem s{chle{chten Menschen nicht zustehen, unter der Maske der Baterlandsliebe dem Volke politische Luftschlösser vorz. imalen und dadurch die wohlmeinenden Absichten der deutschen Regierungen zu untergraben, Es darf nicht in der Macht eines Menschen stehen, es dahin zu bringen , daß jeder redlihe deutsche Mann von zartem Gefühl für Chre und guten Nuf sich dem Dienste des Vaterlandes entzicht und dem Staat nur eine Wahl unter denjenigen bleibt, welche, von der Presse empfohlen, sich selbst für die Greeignetsten haltenz der Staat würde die Mitwirkung viclleicht der edelsten Staatsbürger entbehren müssen, Wenn ces sich wirktich unm indi viduclle Freiheit, um Enkfesselung von angeblicher Geistesfnechtschast handelte, daun würde ih cinstimmen und mit ausrufen: „(Hebt sret dic Presse!“ aber cs geht nicht um allgemeine persönliche Freiheit, sondern eigentlich um Freiheit des Journalismus, um die wichtige Frage: Soll dem Journaliëmus auch in Preußen und ganz Deutschland eine unbe- schränkte, zwar nicht straflose Macht ertheilt werden, durch die Feder eine größere Herrschaft und Willkür auszuüben, als die Herrscher auf den Thronen? Die allerfreisinnigsten, aber edeldenkenden deutschen Schriftsteller haben, nachdem sie sich für vollkommene Censurfreiheit erklären, die Bedingung der Namens - Nennung beigefügt, sie sagen: „Die kühne Aeußerung darf nie mals namenlos hervortreten. Auf ein jedes freies Urtheil oder auf jeden Angriff von Personen, welche anonvm hervortreten, soll der unanstänbvigen Feigheit wegen eine harte Strafe stehen, Wer ein kühnes Wort zu sprechen wagt, muß seine Person wagen, hinter der Anonomität verbirgt sich {lech ter Sinn,“ Unter der Bedingung der Namens - Nennung könnte ih mich auch für volle Preßfreiheit erklären; ih muß mich dermalen dem Referenten anschließen, daß es, nachdem das Verlangte eben ins Leben getreïen , ein neuerer Antrag nicht zu rechtfertigen is, mau wenigstens vorher abwarten muß, wie die mit großen Kosten gemachte Einrichtung werden wird,
Ein Abgeordneter der Städte verliest hierauf vom Plaße des Referenten aus nachstehende Nede: Daß sich hier Männer zusammengefunden, welche im Verlaufe der Berathungen entgegenstehende Ansichten mit Cutschieden heit, mit Wärme, mit Lebhaftigkeit vertraten, ohne nach geschlossener De batte auf den freundlihen Verkehr zu verzichten, welcher die Achtung und Anerkennung der gegenseitigen Ueberzeugungen erleichtert, das wird cine der angenelzmsten Erinnerungen sein, welche ih von dem gegenwärtigen Landtage aufbewahre, Wenn ich aber je während der Dauer der Berathun gen decn Wunsch empfunden, einen Kollegen mit meinen persönlichen Ueber zeugungen übercinstimmen zu sehen, so wäre es der in der uns heute be schäftigenden Frage, das verehrte Mitglied des Ritterstandes herüberziehen zu können, dessen Talent für die Sache, der er es widmet, von großem Werthe is und der sich so eben in cinem längeren Vortrage dagegen ausgesprochen hat. An diesen Wunsch hat sich aber freilich eine Hoffnung nicht knüpfen fönnen, weil die politische und religiöse Richtung, _wel cer Redner mit Entschiedenheit und Ausdauer verfolgt, mit der Preßfreiheit weder jet ver- cinbar is, noch jemals vereinbar sein wind, Ler ch!antp an worauf ex steht, is von demjenigen, worauf ich und worauf die mit mir ÿleichgesinn ten stehen, \o weit entfernt, daß nicht einmal unsere Waffen sich zum Kampfe berühren und kreuzen fönnen. Wir verfolgen eine andere Straße, wir er streben ein anderes Ziel, wir bekämpfen einen anderen Gegner, und wir glauben beiderseitig, daß die Erreichung unserer Wünsche nicht dahin führe, wohin wir zu gelangen streben. Jch kann dem verehrten Mitgliede nicht, wenigstens hier nicht, auf dem Wege folgen, den es zu dem seinigen ge wählt und sowohl in der Versammlung als außerhalb derselben als den seinigen bezeichnet hat, und welchem auch seine heutigen Bemerkungen, wenn nicht unmittelbar, doch mittelbar, ihren Ursprung verdanken,
Dem Abgeordneten, welcher am Alten festhält, scheint es s{wer, etwas Neues über die Preß - Angelegenheit beizubringen , und wüfklich hat er keine neuen Gründe, sondern im Wesentlichen nur diejenigen gebracht, welche in dem betreffenden Protokolle des Jahres 1841 enthalten sind, worin ich sie gestern nachgelesen habe. Selbst das frühere Argument wegen der bedin- gungsweisen Preßfreiheit ist wieder zurückgebracht, wonach der Abgeordnete eine Jnkonsequenz darin erblickt, von einer Freiheit zu handeln und zugleich von einer Bestrafung des Mißbrauchs dieser Freiheit zu reden; so, als ob von ciner Freihcit des Besuchs eines d iu Gartens nicht gesprochen werden dürfe, weil derjenige, welcher in diesem Garten Schaden stiftct, Strafe zu gewärtigen hat, Auch die anderen Gründe kehren zurück, und es ist Vieles zu ihrer Beleuchtung und Würdigung zu seiner Zeit in öffent- lihen Blättern geschrieben worden. Wenn einerseits die Beschränkung der
Censur rücksichtlich anderer Angelegenheiten gewünscht wird, so liegt darin, insofern man sich fortwährend den Staat als Censor denkt, eine praktische Unmöglichkeit, Wenn, wie ich bereits in meinem Antrage nachgewiesen zu haben glaube, die Censur zur sittlichen Erziehung fördernd nicht beiträgt, so liegt dies eben darin, daß sie dazu völlig untauglich ist , weil die unter ihrer Acgide zirkulirenden Drucfschristen gewissermaßen die Billigung durch die Staats-Behörden als Empfchlung mit sih führen, daß aber eine wük- liche Sorge für die Verhinderung unsitiliher Schriften durch die Censur cine so kolossale Ausdehnung der Censur-Befugnisse und des Censur-Justi tuts bedingt, daß alle geistige Freiheit und Thätigkeit dadurch ertödtet we1 den müßte. Eine erhebliche Verschärfung der Censur in religiöser Bezie hung würde ohne den Uebergang der Censur, selbst aus den Händen der weltlichen in die der geistlichen Behörden, nicht ausführbar und also, inso fern der Staat Censor bleiben soll, unmöglich sevn. Uebrigens besteht eben der größte Unterschied der beiden Svsteme in dem Maße der Anforderungen hinsichtlich des Umfanges und der Dauer der Einwirkung von Staat und Kirche auf die Erzichung, ein Unterschied, der, auf das gewöhnliche Fami lienleben angewandt, in dem cinen Falle die Erziehung von der Wiege bis zum Grabe, in dem anderen Falle die Erziehung bis zum Mannesalter, die Erziehung zum Manne ist. i Jch gehe uun zu dem Berichte über, der — wie soll ih sagen ?
von diesem Platze verlesen worden is, Der erste Ausschuß, welcher sich durch seine mühevolle Bearbeitung des Strafrechts - Entwurss |o großen Anspruch auf die Dankbarkeit des Landtages und der Provinz e! worben hat, wird, fo glaube ich, diesen Anspruch dadur nicht verringert schen, daß er das Referat seines Dircktors zu dem seinigen zu machen sich geweigert hat, Dasselbe wird auf diejenige Bedeutung zurückgeführt, welche der Ansicht eines einzelnen Mitgliedes der Versammlung zustcht, und, nur weil es in derselben Weise, wie die wirklichen Ausschußberichte, vermittelst Auflegung im Vorzimmer zur Kenntniß des Landtages gebracht worden ist, will ih cinem Theile seines Jnhalts eine ctwas Heure Berücksichtigung schenken, als sonst erforderlich scheinen möchte. „Much das mit Ausnahme einer ihm beigetretenen Stimme isolirt stehende Mitglied des ersten Aus- chusses hat sich, wie ih, in dem au Befreiung der Presse gerichteten An trage, mit den Vorzügen der Preßfreiheit nicht beschästigt; jedoch feines weges, weil er diese Vorzüge als allgemein anerkannt, vorausjeßt, jon- dern weil er sie leugnet, weil er glaubt, die freie Presse werde in Deutsch laud densc/ben Gang wie in Frankreich einschlagen, wo sie sich vor und nach in Freiheitslehren, in Angriffen auf Berfassung und Neligion, in Auf
Censur-Befugnisse, so wie sie sich auf die Besprechung der öffentlichen poli-
rufen zu Empörungen, zu neuen Eroberungs-Kriegen, ja, selbst zum Königs uorde erschöpft habe, Abgeschen davon, daß hier die Folgen einer Nevo lution mit den Folgen der Preßfreiheit verwechselt werden, möchte ich die Frage aufwerfen, worauf sich die Ansicht stüßt, daß die deutsche Nation eben so verfahren werde, wie die französische; ob es nicht versucht worden oder nicht gelungen sei, die Charakter-Verschiedenheiten des französischen und des deutschen Bolfes zu erfassenz ob die Geschichte des deutschen Volkes die Befürchtungen rechtfertige, welche man uns drohend vorzuhalten keinen An stand genommen hat. Jch glaube es wagen zu dürfen, im Namen und im Geiste der deutschen Nation meine Stimme zu erheben, um eine feierliche Verwahrung gegen Vorausseßungen einzulegen, welche nur aus einer voll- ständigen Verkennung und Verlengnung des Voiks - Charalters hervo!
gehen fönnen. Mit Befriedigung habe ih wahrgenommen, wie das ver
chrte Mitglied des ersten Ausschusses, ohne es zu ahnen, buchstäblich be stätigt, was ih über die Untauglichkeit und Unwitksamkcit der Censur fü die sittliche Erziehung des Volkes gesagt habe. Jene getadelten Feuilletons der pariser Blätter, worin große Talente in beklagenswerther Verirrung ihre Kräfte weniger auf Erregung der Sinnlichkeit, als auf eine unwahre Schil
derung der Herabwürdigung und des Verfalls der menschlichen Natur richten, sie haben sämmilich mit Genehmigung der Censur auf unseren Lesetischen gelegen. Dadurch, daß sie der Ehre der Neproduction gewürdigt wurdcn, dadurch, daß sie aus Blättern in Bücher übergingen, siud sie vor dem }pur
losen Verschwinden gesichert worden, welches, nur der Tagespresse angehörig, ihr unvermeidliches Loos gewesen sein würde, Und diese Bücher, die be
sonders beanstandeten „Mzstères de Paris“ eingeschlossen, sind nicht nux auszugsweise, sondern in vollständiger Ausgabe mit Genehmigung der Censur purch jede Buchhanvlung zu bezichen. Noch mehr, nicht nur die „Mystères de Paris“, sondern auch die Geheinmisse von Paris, in getreue, mit Genehmigung der Censur gedruckter Ucbersezung, stehen dem Publikum überall zur Hand. Da diese ziemlich unbedeutende Production einmal hier genaunt worden, so mag denn auch hinzugefügt werden, daß sie eben wegen der nackten Schilderung des gemeinen Verbrechens viel gefahrloser (t, als eine Menge anderer, gleichfalls mit Censur Erlaubniß bei uns zirfulirender Schriften, welche die, auch dem größten Dichter Deutschlands vorgeworfene Nichtung, das Unreine durch die Presse zu adeln, bis in die äußerste Spiße verfolgen. Wenn sie demnach einen vielseitig ausgesprochenen Unwillen er- regte, so mag dies ein Beweis sein, daß der Stun für die verkehrte Tendenz zu ersterben beginnt, daß für die Heilung dieser wie mancher anderen Krankheit die Natur mehr leiste, als der Arzt leisten könnte, Man darf nicht vergessen, daß die Aufgabe der Erzichung nicht die sein soll, die Ge
fahren, welche der Sittlichkeit drohen, für immer fern zu halten, sonden die, dem Judividuum die Kraft zu verleihen, inmitten jener Gefahren das Leben frei und rein zu genießen und zu ertragen, Unbewußt versährt nach diesem Prinzip, nach dem Prinzip der Preßfreiheit, so weit die Sittlichkeit betroffen is, auch die Censur, sie begünstigt die Uebung der Kräfte in der Abwehx des Unrcinen und Gemeinen, und mehr, als davon die Censur zu
läßt, fann man von einer freien Presse nicht erwarten und noch weniger begehren, — :
“ Hinsichtlich der Gefahren der Presse sür die Neligion bestätigt der Berichterstatter ebenfalls dasjenige, was ich darüber sagte, indem c sich begnügt, cin schon unendlich oft angeführtes Beispiel zu zitixen, wel chem in der enutschiedensten Weise und in der größten Ausdehnung die- jenigen Wirkungen gefolgt sind, welche ih in meinem Antrage als das Produkt des Angrisss und der Abwehr bezeichnet habez so sehr, daß auch bei völliger Preßfreiheit die Unterdrückung anstandsloser Unbesonnenheit davon die gewisse Folge gewesen sein würde, Was die Kiritik der Regie rung und der öffentlichen Zustände betrisst, so will das Mitglied des erstcu Ausschusses allem, was in angemessener, ernster und wohlmeinender Form ausgesprochen sei, die Aufnahme in jedes unjerer politischen Tageblätter verbürgen; da aber diefe Bürgschaft schwerlich einem der zahllosen zu rüdgewiesenen und in den Schränken der Zeitungs - Nedaltoren aufge häuften Artikel das Jmprimatur verschaffen möchte, so läßt sich darüber weiter nichts sagen, als daß wahrscheinlich dem Mitgliede, so wie dem Censor, ihre Form nicht wohlmeinend genug erscheinen würde, Cs hat das Wort „ wohlmeinend ‘““ in unserem Lande cine sehr ausgedehute Anwendung erlangt, und ih bekenne, daß ich in demselben weder eine alückliche Bereicherung unserer Geseßzgebungssprache erblicte, noch ihm eincn deutlichen Begriff anzupassen weiß. Wenn der Bericht über ae 1Y, der Censur - Justruktion vom 31, Januar 18453 sagt: Gränze und Masßz sei nicht so leicht zu stecken, und bei aller Ausführlichkeit, mil welcher die Zustruction dem Censor den sicheren Standpunkt anzudeuten bemüht gewesen, sei letzterem je_nach der individuellen Ansicht und Auffassung immer noch ein weiter Spielraum zwischen dem Zuviel und Zuwenig gelassen: — so kann dies vielleicht als ein wohlmeinender Tadel gelten, IRenn ih dagegen sage, daß jener Artikel 1V, ohne den vollständigsten Preßzwang nur in sofern existiren könne, als er täglich und A von den Censoren ignorirt und übertreten werde, daß demnach das ( Mee ment auf den vergeblichen Versuch verzichten möge, eine Censur-Znstruc ion mit den billigen Änsprüchen des Landes 11 Einklang zu bringen; so möchle ich diesen Tadel ebenfalls wohlmeinend nennen, obschon ich nach der Zu- struction dem Censor das Recht zugestchen muß, ihn nicht dafür zu halten. Borzugsweise vermißt das verehrte Mitglicd in meinem Antrage die Nück sicht auf das Bedürfniß ciner Preßpolizei für den geistigen T agesverkchx,
“ r G vermbge der Tagespresse gestalte, Es wird aber dic Polizei wie er sich vermöge 29g E E lag Med lle: Auvere nicht gehindert sein, noch Jemand sich hindern wollen, eben jo K c N Vergehen auch die Presivergehen zu überwachen und zur Besi e z1 ziehen, Wenn hingegen verlangt wird, es müsse eine E ge M baß nicht jeder Muthwillige die Feuerglocke zichen, E Pie Fenster einwerfen, die Leute mil Koth besudeln und aus dem t hee 1 Schimpfreden überhäufen köune , so muß man billig A AA i Gen liche Land oder vielmehr wo das gräuzenlos unglücdkli je Land zu Then sei, in welchem polizeiliche Präventiv - Maßregeln in des: Bens ( Ausdehnung stattfinden, um es dem Muthwilligen , welcher v esl Fafung des verübten und entdeckten Vergeheus tropt, unmöglich zu machen, die ge-
nannten und schlimmere Streiche zu begehen, Nicht dadurch fann man Gründe |
gegen die Einführung der Preßfreiheit schaffen, daß man für sie Forderun- gen aufstellt, welche die Censur weit entfernt ist, zu befriedigen. Sie {hüt das Zndividuum und die Familie niht vor Verleßungen der Ehre und vor Kränkungen des Rufes, sie hat sih bisher keinesweges durch die Sorge ausgezeichnet, feindselige und verleumderische Angriffe einzelner Persönlich- keiten abzuwehren, und Viele unter uns möchten in dem Falle sein, dies aus eigener Erfahrung befunden zu fönnen, Ueberdies finde sich, wo ein mal die Absicht is, Skandal zu verursachen, ohne Mühe der Weg, die etwaige Aufmerksamkeit des Censors zu umgehen und dennoch den Zweck zu erreichen; auch giebt es außerhalb der Presse andere Mittel, die eben so leicht und mit geringerer Gefahr der Entdeckung und Bestrafung zum Ziele führen, Wenn man von einem Preßgeseze ein Mehreres nicht fordert, als die gegenwärtigen Geseßze mit Einschluß der Censur leisten, so wird dessen Entwerfung nicht eine schwierige, sondern eine leichte Aufgabe sein.
In ähnlicher Weise verhält es sich mit dem von einigen Seiten be- fürworteten Verbot der Anonvmität. Wenn dieses Verbot an sih wün \chenswerth, zweckmäßig und ausführbar wäre, warum wird dann nicht em- pfohlen, es sofort auszusprehen? Die anonymen Artikel und Schriften haben unter der Herrschaft der Censur keine andere Wirkung, als unter der Herrschaft der freien Pressez ihre Untersagung is so jeßt, wie künftig, mit der Existenz einer Tagespresse unvereinbar z; die Hervorziehung der anonymen Vexfasser im Falle cines zu bestrafenden Vergehens is aber deshalb keines weges ausgeschlossen, Ein besonderes Gewicht wird darauf gelegt, daß der vorige Landtag eine Entschcidung gefaßt habe, welche mit dem gegenwärtig von dem Ausschusse vorgelegten Antrage nicht im Einklange stehe. Es wird erwähnt, daß der damalige Antragsteller die völlige Preßfreiheit damals noch nicht an der Zeit gehalten habez es wird die Konsequenz des Landtags in einmal adoptirten Grundsäßen als von der allergrößten Wichtigkeit darge- stellt, Die Annahme und Festhaltung einer solchen Konsequenz würde die Landstände in Widerspruch zu denjenigen Grundsätzen fortschreitender Eut- wickelung bringen, welche Se, Majestät der König selbst bekundet und be folgt haben; in Widerspruch zu demjenigen Verfahren, welches die Staats - Negierung sowohl hinsichtlih einzelner Geseze, als hinsichtlich besonderer Svsteme der Geseßgebung einzuschlagen veranlaßt is; in Wi derspruh zu dem Geiste, welcher aus allen Theilen der Provinz zu uns herabgeklungen is. Wer unter Jhuen im Frühjahre 1841 der Meinung war, daß es noch nicht an der Zeit sei, muß der nothwendig die Meinung hegen, daß auch heute die Zeit noch nicht gekommen? Jch ver zichte auf eine Schilderung des geistigen Zustandes der Provinz, wie er im Frühjahre 1841 war, wie er gegenwärtig is; auf eine Äufzählung der Er fahrungen dieser Periode, worüber ih nichts zu sagen hätte, was Jhnen nicht Allen, gleich mir, bekannt wäre und worüber Sie sich bereits in den ersten Sißungen ausgesprochen haben, Die wahre Konsequenz des Land tags besteht darin, im Einklange mit seinen Mandaten zu handeln, und Sie selbst, meine Herren, haben sich eine Richtungslinie vorgezeichnet, welche von jüngerem Datum is, als das Jahr 1841. Sie haben in der Adresse Sr, Majestät dem Könige feierlich gelobt, die Bitten und Wünsche der Provinz mit der Offenheit und Freimüthigkeit, welche Se. Königl. Majestät von den rheinischen Ständen zu erwarten cin Recht haben, an den Stufen des Thrones niederzulegen, Jch schließe mit der Frage: Zst dic Preß freiheit ein Wunsch der Provinz ? : j ___ Ein Abgeordneter desselben Standes trägt nachstehende Nede vor: Ein verehrliches Mitglied vom Stande der Ritterschaft habe den christlich religiösen Standpunkt als denjenigen bezeichnet, von welchem aus die Au gelegenheiten der Menschheit und auch die wichtige Frage, die uns jetzt vo1 liege, zu betrachten und zu behandeln seien. Zugleich habe es dabei die Vermuthung ausgesprochen, daß seine Ansicht aus den verschiedenen Grün den wenig Aufklang finden werde. Diese Vermuthung sei gewiß irrig z wenigstens er, der Nedner, schließe sih der ausgesprochenen Meinung voll lommen an, und er finde darin nur noch einen Beweis mchr zu Gunsten der freien Gedanken-Mittheilung. Denn die höchste Aufgabe des Christen thums sei, in dem menschlichen Geschlechte die reine Menschheit, das Eben= bild Gottes herzustellenz nun sei aber der menschliche Geist so beschaffen, daß er zu sciner Entwickelung einer steten Anregung, eines beständig sich erneuenden Reizes bedürfe, Dieser fehle aber gänzlich, wo keine Freiheit des geistigen Verkehrs stattfinde z der religiöse Glaube, den entgegentretende Zweifel läutern und in seiner guten Nichtung befestigen, werde ohne solche Anregung zu einer dumpfen Annahme des Dargebotenen, welcher das in- nere lebendige Bewußtsein fehle. Dem aufgeklärten und durch einen regen geistigen Verkehr nah allen Seiten hin entwickelten Menschen werde auch die tiefe Bedeutung des fkirchlihen Lebens, auf welches der verehrliche Redner hingewiesen habe, erst recht aufgehen, und auch dieses fönne durch die völlige Freigebung der Presse nur gewinnen, Ein Mitglicd aus dem Stande der Städte habe den Cinfluß der freien Presse als zu mächtig geschildert und unter anderen die Besorguiß geäußert, daß, wenn
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wie gesagt, von der Entfesselung der Leidenschaften her, die stets eine Folge gewaltsamer Staats-Umwälzungen ist; wenn es übrigens gelang, diese Lei- denschaften in Schranken zu halten, so hat au iesem Erfolg dic Preßfreiheit, die unbedingte Veröffentlichung aller Kammer-Verhandlungen, furz der nach allen Nichtungen konsequent durchgeführte Grundsaß der Oeffentlichkeit einen wesentlichen Antheil. Alle wahren Güter des öffentlichen Lebens, alles, was tief in den Gemüthern wurzelt, kann nur gewinnen durch freie Besprechung. Was hat es den rheinischen Justitutionen geschadet, daß sie in neuerer Zeit der Gegenstand einer ungehinderten Erörterung waren? Auch das Ansehen der Kirche wird durch die freieste Untersuchung ihrer Grundlage nur noch mehr befestigt, denn die Wahrheit, auf der vor Allem dicse göttliche Einrichtung be- ruht, geht aus jedem Streite siegreich hervor. Was die Negierung betrifft, so muß die politische Gesundheit cines wohlgeordneten Staatskörpers fest genug sein, um dem Luftzug einer seinem Prinzip entgegengeseßten Mei nungs-Acußerung zu troßenz entzicht man ihm aber das natürliche Element des Gedeihens, die Freiheit der Gedanken - Mittheilung, so wird die innere S pannkraft, auf der seine Stärke beruht, erschlaffen.
Nicht allein aus diesen Gründen, sondern auch im Interesse der Ord nung, im Interesse des Schußes, welcher nicht weniger als dem öffentlichen Leben auch den Privat-Verhältnissen gebührt, erscheint die unter der Aegide eines Strafgescßzes stehende Preßfreiheit wünschenswerth, Unter den jeßigen Verhätnissen bleibt der Nichtswürdige, dem cs gelingt, die Aufmerksamkeit des Censors zu täuschen, völlig ungestraft für seine hämischen, verleumde rischen Versuche, das Heilige zu entweihen oder den Frieden des Familien- lebens zu stören, Die Erfahrung hat die große Mangelhaftigkeit der Cen sur in dieser Beziehung genugsam aufgedeckt und um so mehr den Wunsch hervorgerufen, daß ein Gese an ihre Stelle treten möge, welches den un würdigen Zwang aufhebt, aber das Vergehen streng bestraft.
Der Redner kommt nun zurück auf die im Neferat enthaltene Behaup tung, daß unsere gegenwärtigen Zustände hinsichtlih der Presse nichts zu wünschen übrig lassen, und erklärt, als einen schlagenden Beweis des Ge gentheils, einen Vorfall der leßten Tage, ja des leßten Tages anführen zu wollen, Bei Gelegenheit eines Festes, das uns allen nicht fremd sei, wurden mehrere Vorträge gehalten, und je wichtiger es war, jedem Miß- verständnisse über den Geist dieses Festes vorzubeugen, um so nöthiger er schien eine vollständige Veröffentlihung des Herganges und der besagten Vorträge, Nichtsdestoweniger wurden letztere sämmtlih von der Censur gestrichen, Der Redner erklärt, daß er sich dem Antrage der Majorität des Ausschusses mit voller Ueberzeugung anschließe, /
(Schluß folgt.)
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X Torgau, 25. Juli, Nach einer hier veröffentlichten amt- lichen Berichtigung der über den Krankheits-Zustand der Stadt um laufenden übertriebenen Gerüchte sind an den dort herrschenden fieber= haften gastrischen Krankheiten, die sich seit Anfang Juni auch unter den Civil-Einwohnern und höheren Militair-Familien verbreitet habcn, in gedachtem Monat 141, im Monat Juli aber bis zum 25\ten 88 Personen in ärztliche Behaudlung gekommen, davon aber im Ganzen nicht mehr als 16 gestorben, und dermalen nur noch etwa 20 s{limmere Krauke unter ärztlicher Behandlung.
Die Zahl der verstorbenen Civil - Einwohner beträgt in beiden Monaten zusammen nur 30 und übersteigt das gewöhnliche Sterb= lichkeits-Verhältniß auf diesen Zeitraum nur um 1 Perfon.
Von den im Monat Juli Erkrankten gehören nur 2 zu den Gestorbenen, und es sind die, welche von nervösean Syptomen frei blieben, zum größten Theile wieder hergestellt; auch mehrere nervöse Fieber haben bereits eine günstige Wendung genommen, so daß sich, da die Krankheit seit Anfang Juni auch unter den Soldaten fort während im Abnehmen is, das baldige gänzliche Verschwinden der= selben und die Rückkehr des seit einer Reihe von Jahren stets sehr günstig gewesenen Gesundheits -= Zustandes der Stadt mit Zuversicht erwarten läßt.
Schweidnis, 23, Juli, (Schl, Z.) Seit längerer Zeit werden auch die Arbeiten au der Zweigbahn, die unsere Stadt mit der Breslau =- Freiburger Eisenbahn in Verbindung bringen soll, mit Eifer betrieben; doch soll die Eröffnung derselben neuerdings nicht in so nahe Aussicht gestellt sein, als man früher meinte; über die Fortführung der Bahn von hier nach Langenbielau hört man nichts Sicheres, i
man sie einsführe, der Staats-Regierung für die Besezung der höchsten Staats-Aemter nur die schlechte Wahl unter den Günstlingen des Journa lismus bleiben würde. Um den Ungrund dieser Besorgniß darzuthun, brauche man nux auf England hinzuweisen, wo seit langer Zeit völlige Preßfreiheit bestehe und wo eben unter ihrer Einwirkung nach einander die größten Talente, die würdigsten Persönlichkeiten der Nation an die Spihe der Negierung gelangten.
Der Redner wendet sih nunmehr zu dem Namens des Ausschusses vorgelegten Referate und bemerkt zunächst, daß es sich bei der vorliegenden Frage darum handle, ob der Gebrauch eines der wesentlichsten Mittel zur geistigen Entwickelung der Nation von dem Ermessen Einzelner, also von der Will für, oder von dem Gesel abhängig sein solle, Das Neferat entscheidet sich für die erste Alternative und stüßt sich, da für die Willkür s{hwerlich prin zipielle Gründe zu finden sein möchten, auf faktische Umstände, indem es das jet obwaltende Ermessen für wohlwollend und das dermalige Verfahren der Censur für nicht drückend hält, Wenn dem auch so wäre, worauf der Ned ner noch näher zurückkommen will, so entstehe die Frage: kann das, was heute erlaubt wird, nicht morgen verboten werden? worin licgt die Bürg schaft, die Befriedigung des Rechtsgefühls 7 Warum soll der Geist der (Ge setzlichkeit, den wir stets in den unteren Sphären des Lebens als die Quelle aller Wohlfahrt anerkennen, aus der höhercn Negion, aus der geistigen Welt verbannt sein? Das Necht jedes Jndividuums, scine Gedanken durch die Presse mitzutheilen, is, wie ein neuerer Schriftsteller sagt, das edelste bürgerliche Recht, auf dem die heutige Civilisation beruht, es ist cin Privatrecht, ein Bestand theil des Eigenthums; durch die Censur aber wird es zu einem Monopol der Regierung, und die Druckerlaubniß zu einem speziellen Privilegium. Wir haben es vor wenigen Tagen als rechtswidrig erklärt, daß die Gränzbewohner, die des Schleichhandels nicht überwiesen, sondern bloß verdächtig sind, unter die Paß-Kontrolle gestellt werden; noch ungleich we- niger läßt es sich befürworten, daß jeder Staatsbürger ohne Ausnahme dem Verdachte einer böswilligen Gesinnung unterliegt, daß er genöthigt ist, für jedes Wort, das er veröffentlichen will, einen Censuipaß zu erwirken, und daß sonach die edelste Geisteskraft der Nation unter Polizeigussicht ]steht, Das Neferat vergleicht die Bewegung auf dem Gebiete der Literatur mit dem geselligen Leben auf Spaziergängen, Börsen, öffentlichen Plätzen 2c, und leitet daraus einen Beweis für die Nothwendigkeit der Präventivmaß- regeln gegen die Presse her, Dieser Vergleich trisst nicht zu. Wer einen Spaziergang, einen öffentlichen Play u, st. w. besucht, hat, auch wenn er fremd und sein Name unbekannt is, nicht nöthig, sih über das, was er dort reden oder thun will, vorher gegen cinen Polizeibeamten auszusprechen und dessen Genehmigung zu erwirken; von dem Augenblicke an, wo er eine strafbare Handlung begeht, is er mit Recht dem Gesebe verfallen, bis dahin aber bleibt seine freie Bewegung völlig ungehemmt, Das Referat vergleicht ferner unsere Zustände mit denen (Frankreichs, Der Entwickelungsgang der französischen Nation ist aber von dem unserigen so verschieden, daß auch dieser Vergleich un statthaft erscheint. Während dort cin halbes Jahrhundert hindurch eine ge waltsame Erschütterung der anderen folgte und die sittliche Grundlage des öffentlichen Lebens s{chwächte, sind die Deutschen bei aller Liebe zur Freiheit nicht abgewichen von der Bahn des Rechts und des Gesehes, sie haben nicht abgelassen von der Pietät, von der Treue, und wenn unser erhabener Mo narh in einem feierlichen Augenblick des Gelöbnisses die heilige Treue der Deutschen aurief, so liegt eine {were Verkennung dieser Grundrichtung unse- res Volks, eine Verkennung seiner Besonnenheit, seiner Mäßigung darin, wenn auch nur an die Möglichkeit gedacht wird, daß Aufreizungen so schändlicher staatsverrätherischer Art, wie das Referat sie uns als in Frankreich vorgekom- men, vor Augen stellt, íîn unserem Vaterland nur den mindesten Auklang fin- den könnten, daß nicht vielmehr den Urheber außer der geseßlichen Ahndung die tiefste Verachtung treffen würde, Jn Frankreich rührten diese Erscheinungen,
__ Aus der Eifel, 17, Juli, (Tr, Z) Wenige mögen sich eines Jahres erinnern, in welhem mit gleiher Sehnsucht wie im gegenwärtigen der Getreide - Aerndte entgegengeharrt wide. Dé aus Mangel an Brodfrüchten in mancher Gegend erwachsene Noth= stand wäre in wahre Hungersnoth für die untere und mittlere Volks-- Élasse übergegangen, hätte niht das Gouvernement seine Vorräthe an Roggen zuvorkommend geöffnet. Diese außerordentliche Hülfe, welche mit dem Eintritte der alsbald beginnenden segenreichen Aerndte ihr Ziel findet, lebt indeß im Gedächtnisse ind Dankgefühle des Volkes fort, Dabei jedoch würde es als eine zweite, gleichfalls hoch zu veranschlagende Wohlthat gelten müssen, wenn, wie nach der in Nr. 186 d. Bl. enthaltenen Bekanntmachung des Herrn Oberprä
sidenten der Rheinprovinz die jüngsten Vorschüsse an Roggenmchl „nach der Aerndte in Roggen mit dem magazinmäßigen Aufmaß erstattet werden“, so auch die früheren erstattet werden köunten. Müßten diese früheren bedeutenden Vorschüsse in baarem Gelde ver
gütet werden, so fände der Shwachbemittelte sich in die Nothwendig- feit verseßt, um das Geld zu erlangen, seine Frucht sogleich nach der Aerndte zu verkaufen, wo der Fruchkpreis in der Regel am niedrigsten steht und durch den Nothverkguf gestellt wird. : i
Nuslanud. Deutsche Bundesstaaten.
Baden, j Karlsruhe, 23, Juli, Das Staats- uud Regie rungs-Blatt Nr, X VUI. von gestern bringt eine aus 30 Paragraphen bestehende umfassende Großherzogl. Verorduung vom 22, Juni über das
Heirathen der Offiziere und Kriegs - Beamten mit Offiziers - Rang,
| Aus der Bergstraße, 22. Juli. (Rh. u. M. Z.) Jn | Hessen greift man mit Energie die Eisenbahn- Arbeiten an. Die | Linie is von Darmstadt bis an unsere Gränze durhhauen und genau | abgesteckt. Bei Zwingenberg, Bensheim, Heppenheim und dem alde | bei Weinheim bekommt sie einen stumpsen Winkel, weil die Abhänge | des Odenwaldes westlich vortreten und Darmstadt und Weinheim | östlicher liegen. Sie soll unterhalb Ladenburg die Nähe des Neckars | erreichen, ihn aber oberhalb überschreiten, was wohl wegen des Eis= ganges für Neckarhausen nothwendig it.
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Großh. Hessen. Darmstadt, 22. Juli. (Nh. u. M. Z.) Da die Staats-Straße von Waldmichelbah an den Neckar durchaus fortgeführt werden muß, damit die dortige arme Gegend mehr Nahrung erhalte, so if jeßt beschlossen, weil die badische Regierung die halbe | Stunde Sraßenstrecke am Dorfe Heddesbah niht abtreten und auch uicht bauen will, die Straße in ein anderes Thal zu führeu, | wobei aber dieselbe 700 Fuß hoh über einen Berg geführt werden | muß und 2 Stunden Umweg erhält. Die treffliche hessishe Straße | längs des rechten Neckar-Ufers wird nunmehr auch vollendet, da eud= | lich die badische Regierung die halbe Stunde badischen Gebiets dur | eine entsprechende Straßenstrecke mit den hessischen Straßen verbindet. Beide Straßen vollenden das Neß der Chausseen durch den ganzen Odenwald, so daß diese herrlihe Gebirgsgegend, die noch vor etwa 10 Jahren sehr {wer zu passiren war, nunmehr in allen Haupt=
| thâleru für das shwierigste Fuhrwerk ganz gefahrlos ift.
Frankreidch.
m Paris, 22, Juli. Seit vielen Jahren und beinahe in jeder parlamentarischen Session wurde die Frage diskutirt: Sollen die Söhne von Ausländern, welche in Frankreih ihren Aufenthalt haben, zum Militairdienste verpflichtet werden, oder niht? Die nämliche Frage hätte sich im Lauf der diesjährigen Session wieder= holt, wenn der Bericht des Herrn Vivien über das neue Rekrutirungs= Geseß- Projekt niht zu spät vorgelegt worden wäre, um vor dem Ende der Session erörtert zu werden, Sie wird daher aufangs der nächsten Session zur Sprache kommen, Unterdessen is es nicht ohne Interesse, die Meinung, welche die betreffende ebiet hier= über abgiebt, kennen zu lernen; um so mehr als die verschiedensten Ansichten darüber in der Deputirten - Kammer herrschen.
Als im Jahre 1832 ein neues Rekrutirungs - Geseß vorbereitet wurde, {lug die damit beauftragte Kommission vor, die Söhne von Ausländern, welche seit zwanzig Jahren in Frankreich sih aufhalten, dem Militairdienste zu unterwerfen, Dieser Vorschlag wurde von der Kammer aus dem Grunde verworfen, weil er mit dem Art. 9. des bürgerlichen Geseßbuchs im Widerspruche stehe, indem die fran= zösische Nationalität Niemandem zwangsmäßig auferlegt werden könne. Jm Jahre 1839 wurden zwei Comités des Staats-Raths aufgefor= dert hierüber ihr Gutachten abzugeben. Die Antwort lautete dahin : Man müsse entweder den Grundsaß aufgeben, demzufolge Ausländer von der französischen Armee auszuschließen sind, oder die Bedingungen, unter welchen das französische Bürgerrecht erworben wird, modisiziren. Auf jedem Fall könnten Ausländer zum Militairdienste nur durch ein ausdrückliches Gese angehalten werden, weil alle bestehenden Vor= schriften und Verordnungen einer solchen Maßregel gerade zu ent= gegen wären. Jm Jahre 1837 erließ Graf Molé, damaliger Minister der auswärtigen Angelegenheiten, folgendes schriftliche Gut= achten an das Kriegs - Ministerium.
„Die Einverleibung von Ausländern in unsere Armee streitet gegen die Grundsäße des allgemeinen Völkerrechts, da ein Monar nicht ermächtigt 1, fremde Unterthanen zu seiner eigenen Wehre
unter Aufhebung der darüber bestehenden Verordnungen von 1803, 1804 und 1839, Zu einer solchen Heirath is immer die Geneh migung des Großherzogs nöthig. Lieutenante dürfen gar nicht heirathen; von den in aftivem Dienste stehenden Ober - Lieutenauten n jeder Waffe nur ein Viertheil. Ueberzählige und (harafkteri= sirte Offiziere zählen hierbei in der Charge, deren Charakter fic tragen, Ferner dürfen Offiziere um die Heiraths - Erlaubuiß nur dann nachsuchen, wenn sie, außer den durch die allgemeinen Lan desgesebe vorgeschriebenen Erfordernissen, folgenden Bedingungen eut- sprechen: Sie müssen das 28ste Lebensjahr zurückgelegt haben und cine Heiraths-Caution stellen : die Ober-Leutenants 16,000 Fl. ; die Hauptmänner zweiter Klasse 12,000; die Hauptmänner erster Klasse und die Offiziere höherer Chargen 6000 Fl, Ueberzählige und cha- rakterisirte Offiziere stellen die Caution der Charge, deren Gage oder Pension sie beziehen. Offiziere der Suite ohne Militairgehalt brau- chen keine Caution zu stellen; auch können pensionirte Offiziere, welche wegen Wunden oder Gebrechen besonderer Pflege oder Unterstüßung bedürfen, mit Genehmigung des Großherzogs davon befreit werden. Die Caution muß aus dem eigenen rentablen Vermögen des Offiziers ge Braut bestehen, Cantionsstellungen durch Dritte sind nicht zulassig.
anzuhalten. Diese Grundsäbe sind durch eine Menge Separat- Verträge bekräftigt worden. Man darf uicht außer Acht lassen, daß viele Franzosen im Auslande mit der Absicht sih aufhalten, später nach dem Vaterlande zurückzukehren. Besonders is dies in den süd = amerikanischen Staaten der Fall. Es is wesentlich daran ge= legen, daß, wenn Frankreich nicht seine politischen und Handels-Ver= hältnisse mit fremden Staaten blosstellen will, keine Maßregeln an= gewendet werden, welche solche Staaten zu Repressalien veraulassen fönnen, wodurch der Regierung des Königs unzählige Verlegenheiten bereitet werden würden,“
Die Kommission, welche mit der Prüfung des vorliegenden Rekrutirungs =Geseß= Entwurfs beauftragt war, und welche aus den Generalen Janin, Dulimhert, Bonnemains, Girod (de lAin) Schauenbourg, Meynadier und den Herren Vivien und Mornay be= stand, erwiedert in ihrem Berichte auf die Betrachtungen des Grafen Molé: Man müsse einen Unterschied machen, zwischen den Söhnen von Ausländern, die nur zufällig in Frankreih geboren wurden, d. i. deren Aeltern nicht einen dauernden und beständigen Aufenthalt in Frankreich genommen, und zwischen den Söhnen von Ausländern, welche für„immer in Frankreich sich niedergelassen haben. Da leßtere alle Vortheile von französischen Bürgern genießen, so sei es billig, daß sie auch die Lasten davon tragen und gleich den geborenen e zosen den Militairdienst versehen. Dadurch falle von selbst der Grund weg, aus welchem fremde Staaten Repressalien gegen Frankreich anzu= wenden sich bewogen fühlen könnten. Ferner leitet die Kommission die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Nothwendigkeit, den Prä= fekten der Gränz =- Departements zur Pflicht zu machen, darüber zu wachen, daß bei der Bildung der Bevölkerungs-Listen die Söhne von Ausländern die Eigenschaft von Franzosen nicht annehmen dürfen. Deun es geschieht nicht selten, daß solche, nahdem sie bis zum Militair - Alter alle Vortheile wirklicher französischer Bürger genossen haben , später, wenn es gilt, dem Staate zu dienen, ihre Eigenschaft von Ausländern geltend zu machen suchen.
Ein zweiter Punkt, welcher sih auf die nämliche Frage bezieht, ist die Militair - Pflicht der naturalisirten Ausländer. Der neue Rekrutirungs -Geseß-Entwurf bestimmt, daß naturalisirte Ausländer in dem ersten Jahre nah erhaltenem französischen Bürgerrecht, si zur Conscription stellen sollen, es sei denu, daß sie das Alter von 30 Jahren überschritten hätten. Diese Bestimmung i} ganz neu, denn das Rekrutirungs-Geseß vom Jahre 1832 erwähut davon nichts. Die Kommission spricht sih in ihrem Berichte ganz gegen dieselbe aus, Die Bestimmung des ministeriellen Geseß - Entwurfs scheint die zwangsmäßige Erhaltung des französishen Bürgerrechtes, wie solches durch das Geseß vom 14. Oktober 1814 verordnet wurde, vorauszuseßen. Die Umstände, unter welhen Napoleon das Ge-= seß vom 14, Oktober veröffentlichte, haben jebt aufgehört; mithin istt das Gese selbst ohne praktische Bedeutung, Das eigentliche Naturalisations-Geseb, welches jebt gilt, is das vom 22. primaire Jahr VUI., demzufolge zur Erhaltung des französischen Bürger- rechts ein zehnjähriger Aufenthalt in Frankreich, vom 21sten Lebens= jahre an gezählt, erfordert wird. Der Ausländer hätte somit ipso sacto das dreißigste Jahr erreicht, und als solcher fiele er nicht mehr unter die erwähnte Bestimmung des ministeriellen Geseß - Entwurfs, welche verordnet, daß nach erreichtem 30sten Lebensjahre der natura= lisirte Ausländer niht mehr zum E angehalten werden soll, Es giebt aber noch eine exceptionelle eran des Did” rehtes, welche man die grande naturalisation néunt. Nai dem Senalus-Consultus vom 19, Februar 1808 wird Ee Sts nur solhen Personen verliehen, welche dem Staate große i