1843 / 33 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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iht ü i ction zur Verwaltung des Berg-Regals vorzutragen. E Mont Zläict : 'Es sei dies nur die weitere Ausführung der im Ge- sege selbst aufgestellten Prinzipien, und bedürfe es, nah Genehmigung der- sclben, wohl feiner weiteren Diskussion darüber. Die Versammlung war damit einverstanden und wurde die Jnstruction von derselben angenommen. Hierauf trug der Neferent die, neben dem gemeinen preußischen Berg- rehte, als provinzialrechtlich beizubehaltenden bergrehtlichen Bestimmungen vorz dieselben wurden, wie auch die Gebührentare für die Markscheider, so wie die Sporteltaxe für die Bergämter, nah der Ansicht des Ausschusses ommen. ge Die provinzialrechtlihen Bestimmungen, welche die Rhein-Provinz be- treffen, lauten, wie felgt: : E E

6. 19. Jn den Landestheilen, worin die kleve-märkishe Bergordnung

vom 29, April 1766 bisher Gültigkeit gehabt, wird bei den Steinkohlen Gruben die Kapitel XXXK. §, 3 bestimmte Tradde für den Grund-Eigen- thümer nach der Declaration vom 13, September 1777, eben \o wie die Observanz, daß von den durch Stollen geförderten Steinkohlen keine Tradde gegeben wird, aufrecht crhalten. N i

Der Ausschuß schlägt vor, nah dem Worte „Grund-Cigenthümer““ einzuschalten: „aufgehoben““, und der Nest fällt weg.

§. 21. Jn den Landestheilen, in denen bisher die kleve - märkische Bergordnung vom 29. April 1766 Gültigkeit gehabt hat, bleibt es rück- sichtlich der Steinkohlengruben bei der Bestimmung, daß eine neu ver- liehene, oder eiue âltere, außer Betrieb gewesene, aber in Fristen erhaltene Grube den Betrieb nicht cher beginnen darf, bevor nicht von dem Ober Bergamte unter Rekurs an das Ministerium cine besondere Erlaubniß dazu ertheilt worden ist.

Zu diesem Paragraphen schlägt der Ausschuß folgende Fassung vor:

Die ín den Landtheilen, in welchen die revidirte fleve-märkishe Berg Ordnung vom 29. April 1766 Geltung gehabt hat, bisher bestandene Ob servanz, nah welcher die verliehenen Gruben zum Beginn des Betriebes noch ers einer besonderen Erlaubniß der Berg-Behörde bedürften, wird auf- gehoben. Dagegen sollen die Paragraphen 73 und 108 des Berggesezes auf die in jenen Landestheilen freistehenden Gruben erst dann Anwendung finden, wenn die Eigenthümer mit zweijähriger Frist im Juteresse des Ge meindewohls von der Berg-Behörde zum Betriebe aufgefordert worden sind.

§. 25. Jn den Landestheilen, in welchen die kleve - märkishe Berg Ordnung vom 29. April 1766 bisher Gültigkeit gehabt hat, werden von metallischen und anderen mineralischen Bergwerken (im (Gegensaß von Kceh- lenbergwerkfen) zwei Freikuxe zur Erhaltung der Kirchen und Schulen gege- ben, welche in ¡35 bestehen. j

8. 26. Statt zweier Freikuxe für die Knappschasts - und Armenkasse wird in diesen Landestheilen gezahlt: von den Steinkohlen - Bergwerken der 120ste Theil von dem Geldbetrage der verkauften Kohlen, von den mctalli schen und anderen mineralischen Bergwerken der 68ste Theil der Ausbeute, Dagegen werden von der Knappschastskasse auch die sonst den Gewerkschaf- ten zur Last fallenden Unterstüßungen für erkrankte Bergleute (§. 85 des gemeinen Bergrechts) gezahlt.

Der Ausschuß beantragt, das Wort „Armen“ in der ersten Zeile zu streichen.

§. 27, Jn den Provinzen des rheinishen Ober-Bergamts-Bezirks auf der rechten Rheinscite verbleibt es hinsichtlich der Freikuxe für Kirchen, Schulen und Arme, oder der statt solcher zu zahlenden Beiträge vorläufig bei der ín den einzeluen Landestheilen bestehenden Verfassung.

Als §, 28 wird vom Ausschuß folgender Zusay beantragt:

Die §8. 65, 66, 100 bis incl. 105 des allgemeinen Bergrechts finden in den rechtrheinischen Landestheilen, wo das rheinische Recht gilt, keine Anwendung.

Der Referent machte der Versammlung bekannt, daß zu den bereits eingelegten Verwahrungen des Herrn Grafen Edmund von Hayfeld und des Prinzen Karl zu Wied, ihre landesherrlichen Rechte betreffend, noch cine dritte, des Fürstlichen Hauscs Solms - Braunsels, durch dessen Stell vertreter, Herrn Freiherrn von Raesfeld, eingelegt worden sei.

Hierauf wurde die Adresse an des Königs Majestät, beireffend „dic Ergänzung des Reglements für die Provinzial - Feuer - Sozietät“, verlesen und von der Plenar-Versammlung genehmigt.

Der Herr Landtags - Marschall vertagte hierauf die Sizung bis zum

Abend 6 Uhr. Nach Wiederaufnahme derselben um die genannte Stunde wurden die Protokolle der 35sten, 36sten und 37sten Sitzung verlesen und genehmigt.

Hierauf brachte ein Abgeordneter der Nitterschaft, ausnahmsweise, und da der Termin zur Einbringung von Anträgen abgelaufen, mit Be willigung des Herrn Landtags - Marschalls einen Antrag ein, betrcsfend „„Erwirlung cines Verbotes, daß die Fabrik - Eigenthümer ihre Arbeiter in feinem Falle mit Waaren, statt baaren Geldes, ablohnen dürfen. Der Antrag wurde dem achten Ausschusse zur Berichterstattung über- wiesen, demnach die Sizung geschlossen und die nächste auf den 10, Zuli anberaumt,

Düsseldorf. Die heutige Zeitung enthält den Schluß der Verhandlungen des Landtages in sciner 42. Plenar-Sibung. _Außer den Besprehungen über die Konzessionen der Schenfwirthschaften fanden noch Berathungen über die Verwendung des bergischen Chul fonds, über die Ausübung des Wahlrechtes für verschiedene rheinische Städte zu den Landtagen und über die Anträge auf vermehrte Ver- tretung der Städte des Kreises Gladbach, so wie der Stadt Mühl heim am Rhein auf den Kreistagen; so wie endlich über einen An- trag auf Abänderung der Bestimmungen für die Eingangs - Deklara- tionen bei den Zollämtern Statt. Die heutige elberfelder zeitung bringt in einer Beilage bereits den Bericht über die 43. Sihung, so wie die Ergebnisse der Wahlen, mit denen sih der Landtag in seiner 44, Sibung beschäftigte.

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Berlin, 1. August. Wie wir vernehmen, ist der Ausführung der in Nr. 30. der Allg. Preußischen Zeitung gemeldeten Be- freiung der Schriften des Pr. Gubfow von den in Bezug auf die- selben bestehenden besonderen Bestimmungen mit Rücksicht auf seine in den öffentlichen Blättern der lehten Tage gemeldete Verbindung mit den Schweizer - Kommunisten bis auf Weiteres Anstand gegeben worden.

_ Vexlin, 1. Aug. Ein Gegenstand, der in neuerer Zeit viel sahen Stoff zur Besprechung dargeboten hat, is die Frage über die Ubsevbarkeit der Beamten. Ju mehreren constitutionellen Staaten, namentlich in Frankreich, gehört das Recht, die Beamten mit Aus- nahme der richterlihen nach Gutbefinden zu entlassen, zum Svstem der L in Deutschland und namentli in Preußen is vou manchen héicaial Fay Anwendung des entgegengeseßten Systems gefordert Bikttern D agen Gesichtspunkte aus is} kürzlich in öffentlichen des A. L R T VPHRg aufgestellt worden, daß die Bestimmungen E M t . Ut, 10. §8. 98 }ff.,, so wie die späteren Ver- A i n er die Absebung der Beamten im Verwaltungswege eine weihung von dem alten Herkommen enthielten, und daß die Ent- scheidung über Amtsentsebungen grundsäßlich stets zu der Befugniß e, wirf dés A Lt erte. May hat sich dabei auf den ersten x - Le l, Ve3zogen, in dem der *

daß ein Beamter nicht anders als durch A I B

Amtes entsebt werden könne. Diese Be immung soll erst in Fol der Kabinets-Ordre vom 21, Dezember 1770 (von Kamph O bücher, Bd. 52 S. 131) ausgefallen und durch die oben an gabrten Vorschriften des A, L. R. erseßt worden sein, die, durch Veiondire Rücksicht auf die damaligen Zeitverhältnisse hervorgerufen, den Be- amten eine wahre Rechtswohlthat entzogen hätten. Béi näherer Prüfung findet man jedo, daß die Vorschriften des A. L. R, so wie die hieher bezüglichen späteren Verordnungen nur hinsichtlich der Form des Verfahrens als nen zu betrachten waren und auf keine

Weise eíne Veränderung in den bestehenden Verhältnissen zum Nach=

theil der Beamten begründeten.

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Bis zum Ausgange des siebenzehnten Jahrhunderts wurde, wie Eichhorn's deutshe Staats- und Rechtsgeschichte Th. IV. §. 549 bezeugt, die Befugniß des Landesherrn, seine Diener zu entlassen, niht in Zweifel gezogen. Jin vorigen Jahrhundert fand unter meh= reren Rechtslehrern die Ansicht Eingang, daß ein Beamter seiner Stelle nur dur richterlihes Erkenntniß verlustigt erklärt werden fönne. Obwohl indeß selbst die Reichsgerichte bei Mandats=-Klagen in diesem Sinne entschieden, so gewann der Grundsaß dennoch keine allgemeine Anerkennung. Vielmehr bekannten die angeschensten Rechts= gelehrten sih fortwährend zu der entgegengeseßten, auf dem alten Herkommen beruhenden Lehre. S. Struben's Rechtliche Bedenken, Th. III, Bd. 114. Hiermit stimmt noch jeßt Klüber?s Oeffentliches Recht des deutschen Bundes §. 492 überein. Nur in Bezug auf die Mitglieder des Reichs-Hofrathes wurde, auf den Antrag des corpus evangelicorum und zwar zuerst durch die Wahl-Capitulation Leopold's 11. Art. 24 §, 10, der Sab anerkannt, daß eine Amts= Entseßung nicht auders als durh Urtheil und Recht erfolgen dürfe. Jn keinem anderen Reichsgeseße findet sich etwas Aehnliches und eben so wenig in einem der älteren Landesgeseße. So auch uicht in Preußen, wo vielmehr verschiedene Verordnungen aus der Zeit vor dem A. L. R. auf das Gegentheil hindeuten, wie dies denn auch in dem bei der Kabinets-Ordre vom 21, Dezember 1790 mit abge druckten Schreiben des General - Direltoriums vom 6. Januar 1791 der Fall ist. Durch die Vorschriften des A. L. R. is} daher den Staats=Beamten cin ihnen bis dahin zustehender Rechts\chuß nicht ent zogen worden. Jm Gegentheil gebührt diesem Gesetzbuche und sei= nen Ergänzungen das wesentlihe Verdienst, die Stellung der Beam- ten in weit höherem Maße gesichert zu haben, als solches früher der Fall war. Die fraglihe Geseßgebung hat ihnen näm-= lich in den Fällen, in denen die Entlassung aus Gründen, welhe niht vor das Forum des Kriminalrihters gehören, für nöthig erachtet wird, durch Festseßung eines formellen, Ueber eilung und Willkür guss{ließenden Verfahrens eine Bürgschaft ge währt, in deren geseßlichem Besiße sie sich bis dahin keinesweges befunden hatten. Die Anordnung eines solchen administrativen Ver- fahrens erscheint aber nach allgemeinen Grundsäßen vollkommen ge=- rechtfertigt, wenn man erwägt, daß Handlungen eincs Beamten, welche nicht unter ein bestimmtes Strafgeseß fallen, unter Umständen das Interesse des Dienstes im höchsten Grade gefährden können; daß solche Handlungen, die, einzeln für sih betrachtet, oft nur in sehr geringem Maße strafbar erscheinen, doch durch ihre Fortsebung oder ihr Zusammentreffen das zur Verwaltung des Amtes erforderliche Ansehen und Vertrauen gänzlich zerstören können, und daß die Hand- lungen, welche der Amtspflicht oder der Amtsehre zuwiderlagufen, viel zu mannigfaltig sind und sich zu vielfach abstufen, um es überhaupt möglich zu machen, bestimmte Strafgeseße sür dieselben festzustellen, die sich immer nur gegen einzelne, besonders ausgezeichnete vder {were Vergehen anwenden lass | A

Diese Bemerkungen führen von selbst dahin, daß die Frage, ob ein Beamter wegen pflichtwidriger oder unwürdiger Handlungen qus dem Amte zu entfernen sei, zum Theil auf einem ganz anderen (He biet liegt, als auf dem des Kriminal Nichters, der grundsäblih nur darüber zu urtheilen hat, ob eine Handlung das d verleht, und welche Strafe dadurch verwirkt ist, mt aber darüber, was das Dienst-Juteresse erheischt. Hierüber fann nur die vorgescbte Dienst- Behörde ein vollkommen richtiges Urtheil fällen; denn nux sle ver

mag die Bedürfuisse und Anforderungen des Dienstes gehörig zu übersehenz nur sie befindet sich im Besibe der dazu erforderlichen Personal- und Sachkenutnisse. Daß von dieser Behörde, bei An- wendung eines angemessenen Verfahrens, eine gründliche und unpar=- teiishe Entscheidung zu erwarten sei, wird wohl im Ernste Niemand bezweifeln, Jst auch das jet bestehende administrative Verfahren seinem Grundsaße nah angefochten worden, so hat doch bisher Nie maud behauptet, daß dasselbe zu ungerechter, harter oder rücksichts loser Behandlung der Beamten geführt habe; vielmehr is immer und allgemein zugestanden worden, daß seine Anwendung eine milde und nachsichtige gewesen sei. :

Eine andere Frage i die, unter welchen Modalitäten eine Aen- derung desselben für wünschenswerth und gerechtfertigt zu erachten set.

Als ein weseutliher Mangel in der gegenwärtigen Gesebgebung über das Verfahren gegen Beamte, die ihren Dienstobliegenheiten uicht genügend nachkommen, erscheint es, daß der Unterschied zwischen dem Strafgebiete des Kriminalrichters und jenem der vorgeseßten Dienst -= oder Disziplinar - Behörde nicht mit hinreichender Schärfe festgestellt ist, Die Fälle, in deneu wegen unwürdiger oder psflicht- widriger Handlungen eines Beamten das administrative Verfahren Platz greift, können nicht selten auh den Gerichten zur Untersuchung und Entscheidung überwiesen werden, Die Ursache dieses Uebelstan= des liegt in der Allgemeinheit und Unbestimmtheit der Strafvorschrif ten, welche das A. L. R, Th. 11. Tit. 20, §§. 333 bis 336 und 363 aufstellt. Die angeführten Vorschriften entbehren durchaus des für Strafgeseße erforderlichen Thatbestandes und legen dem Richter, von dessen Ermessen sie es im Wesentlichen abhäugig machen, ob der vorliegende Fall zur Entseßung des Beamten geeignet sei oder nicht, ein Urtheil bei, welches seinem Standpunkte ganz fremd is, Unter solchen Umständen konnte es nicht fehlen, daß gegen Beamte, deren Beibehaltung aus Rücksichten des Dienst-Juteresse nicht zulässig war, dennoch zuweilen nicht auf Amts Entsetzuug erfannt wurde. Dadurch wurde es veranlaßt, daß die Kabinets-Ordre vom 15. Juli 1809 bei Aufhebung -der Vorschrift der Kriminal - Ordnung §. 508, nach welcher alle Urtheile in Unter suchungen gegen Beamte vor der Publication dem Zustiz Ministerium zur Bestätigung eingereiht werden mußken, zugleich verordnete, daß in solchen Fällen die Entlassung des Beamten nachträglich um admi- nistrativen Wege verfügt werden könne. Durch die Kabinets - Ordre vom 4. September 1827 wurde diese Anordnung dahin, gemildert, daß nur eine unfreiwillige Pensionirung stattfindet. Böllig rechtfer-= tigen läßt sich ein Verfahren diejer Art jedoch auf feine Os da es gegen den Rechtssaß non his in idem verstößt. Ein anderer Mangel liegt darin, daß es von dem Ermessen der Dienst - Behörde abhängt, ob das gerichtliche oder adminislrative Versahren eingeleitet werden soll. Das Straf-Uebel, welches den Beamten treffen ann, ist wesentli verschieden, je nachdem das ene oder das andere, Berfah- ren stattfindet; und es steht daher gewissermaßen in der Willkür der Behörde, wegen einer und derselden Art von Pflichtwidrigfeit balb eine strengere, bald eine gelindere Ahndung eintreten zu lassen. Dies isstt mit den Grundsäßen des Rechts nicht verträglich, Zur BVermei- dung der angedeuteten Uebelstände ist bei Abfassung des Entwurfes zu dem neuen Strafgeseßzbuche darauf Bedacht genommen worden, in Beziehung auf die Vergehen der Beamten das Kriminal- und das Disziplinar-Strafgebict von einander zu sondern. Dem zufolge sind die in dem Strafgesebbuche besonders erwähnten Amts - Verbrechen sämmtlich zum gerichtlichen, alle audere Pflichtwidrigkeiten der Beam= ten aber zum Disziplinar- oder administrativen Verfahren verwiesen worden. Bei dem hierüber im §. 615 des Entwurfes ausgesprochenen Grundsaße is angenommen worden, daß in gleicher Weise, wie gegen Entscheidungen im administrativen Wege, eine Berufung auf gericht- liche Untersuchung nicht zulässig ist, auch in den ällen, in denen eine gerichtliche Untersuchung stattgefunden hat, ein administratives Ver= fahren nicht weiter eintreten darf. Die näheren Bestimmungen sind,

dem Vernehmen nach, einer besonderen Verordnung vorbehalten wor= den, welhe als Ergänzung des 28sten Titels des A ELEEos erscheinen soll. Dadurch wird sich von selbst die Bestimmung der Kabinets- Ordre vom 21. Februar 1823 Nr, 7 beseitigen, nach welcher es gestattet ist, bei gemeinen Verbrechen der Beamten mit der gerichtlichen Untersuchung zugleih das administrative Verfahren zum Zwecke der Entlassung der Beamten einzuleiten, Diese Bestimmung, die erst in der leßten Zeit mannigfaltige Bemerkungen hervorgerufen, hat allerdings ihre Bedenken; auch ist dieseibe, so viel uns bekannt, noch niemals zur Anwendung gekommen. Wenn man bei dieser Gelegenheit aber dem Entwurfe des neuen Straf -Geseßbuches den Vorwurf gemacht hat, daß er sich in der vorliegenden Materie von einer Einmischung der Verwaltung in die Justiz nicht freihalte, so stellt sich bei shärfere1 Prüfung gerade das Gegentheil heraus. Das Verfahren, wie man wohl ge wünscht hat, ausschließlich den Gerichten zuzuweisen, war freilih niht mög- lich, da sich eine solche Ausdehnung des gerichtlichen Gebietes weder mit dem Wesen der gerichtlichen, noch mit jenem der Disziplinar-Strafgewalt vereinigen läßt. Wer si die Scheidung zwischen dem richterlichen und dem Disziplinar-Strafgebiete flar gemacht hat, der wird auch die in der Kabinets-Ordre vom 12. April 1822 Nr. 1 verfügte Aufhe- bung des §. 53) Tit. 11 Th. 11, nah welchem Geistlichen gegen die von ihren Obern im Disziplinarwege ausgesprochene Amts - Eut seßung die Berufung auf gerichtliche Untersuchung gestattet war, nicht wie es kürzlih in einem benachbarten Blatte geschehen is, als eine Abweichung von den richtigen Grundsäßen darstellen. Jene Vorschrift hatte zudem längst ihren eigentlichen Halt verloren, nach dem das Ober-Konsistorium durch die Kabinetsordre vom 17. Dezem- ber 1805 ermächtigt worden war, einen Geistlichen, des freisprehen den Urtheils ungeachtet, aus Gründen der Kirchenzucht seines Amtes zu entlassen. : S i

Die im Vorstehenden entwickelten Grundsäße sind zwar im All gemeinen auch auf Richter anwendbar. Es versteht sih aber von selbst, daß sie gegen diese auch in Bezug auf das Disciplinar-Skra] verfahren in einer Weise zur Ausführung zu bringen sind, welche den gesetzlich bestehenden Grundsaß ihrer Unabsebbarkeit vollständig au] recht hält, Vermöge dieser Rücksicht darf die Entfernung cines Rich= ters nicht anders als durch den Spruch eines Richter-Kolleguums un ter Zulassung eines geordneten Justanzen-Zuges erfolgen. N

Somit führt die nähere Beleuchtung dieser Fragen zu der unumstöß- lichen Ueberzeugung, daß die preußische Regierung nichts versäumt hat, um den Beamten eine Stellung zu verschaffen, welche auf der einen Seite dem Publikum durch möglichst einfache und den allgemeinen Rechts= grundsäbßen entspreheude Bestimmungen den wirksamsten Schub gegen jede Pflichtvergessenheit gewährt, auf der andern Seite der Willkür vorgeseßter Behörden so wenig Raum gestattet, dasz den Prinzipien der Humanität und dem gerehtfertigten Wunsche emer freimüthigen und furhtlosen Führung des Amtes völlig genügt zu sein scheint.

X Von der russisch-polnischen Gränze, 20. Juli, Eine gegen Ende des Jahres 1841 ergangene Bestimmung verord net, daß alle in Rußland lebende ehemalige preußische Unterthanen auch ferner als solche behandelt und demgemäß auf ihr Ansuchen mit Heimatscheinen versehen werden sollen, es sei denn, daß je eimen Auswanderungs-Konsens erhalten, in russischen Militair= oder Civil dienst getreten oder endlich sich der Erfüllung ihrer diesseitigen Mili tairpflicht entzogen haben. Ju Folge dieser Bestimmung sind viele in Rußland seit zwanzig und mehreren Jahren lebende preußische Unterthanen, über welche in ihrer früheren Heimat kaum noch eine Nachricht zu ermitteln war, auf ihr Ansuchen mit Heimathsscheinen versehen worden, und man wird dieselben ohue Zweifel diesseits wie- der aufnehmen, wenn sie bei Ablauf ver in dem Heimatsscheine be stimmten Frist in ihr früheres Vaterland zurückkehren. Zu hoffen ist, daß die meisten dieser Leute nicht gerade in Armuth zurückkon men werden, Wenigstens läßt sih aus dem, was über den Juhalt der Briefe und Eingaben vieler derselben verlautet, schließen, daß sie iu Rußlaud in einem gewissen Wohlstand leben, den ste demnächst auf das Vaterland übertragen wollen. Für die Zukunft treten die seitherigen Grundsäbe außer Anwendung, da nach dem Geseß vom 31. Dezember 1842 das Jndigenat nah Ablauf ciner gewissen Reihe von Jahren verloren geht.

Stettin, 31, Juli. (B. N. d. O) Jn Gegeuwarkt einer uu} absehbaren Menschenmenge, welche dem freudigen Schauspiele ge spannt entgegenharrte, ist am leßten Freitag, 067 Uhr Abends, die erste Lokomotive, von Angermünde kommend, mit einem Zuge von acht, mit Personen besekten Wagen, am hiesigen Bahnhofe ange fommen und dadurch der faktische Beweis gelicsert worden, daß nun auch die lebte Strecke unseres Schienenweges vollendet und fahrbar ist, Natürlich, und wie in allen Fällen der Art zum Geseh dienend, war diese erste Probefahrt mit Vorstcht geleitet worden, und theils deshalb, theils wegen Aussteigens und langen Aufhaltens der Mitfahrenden auf den verschiedenen Zwischenstationen, weit lang samer vor sich gegangen, als die Fahrten künftig, nah wirklicher Eröffuung der Bahn, etatsmäßig geschehen werden. Es werden diese, wie man glaubt, mit einer Geschwindigkeit von 4, á , Stun den, incl, Aufenthalt bei den Zwischenstationen, auf der ganzen Tour zwischen Berlin und hier, Statt sinden, und bleibt es der olgezeit öberlassen, ob sie vielleicht noch ein wenig rascher eingerichtet werdeu fönnen. Die Abfahrt der Personenzüge von Berlin und Stettin wird, wie man hört, täglich zwei Mal, um 6 Uhr Morgens und 4 Uhr Nachmittags geschehen. Außerdem wird von jedem der beiden Orte täglih um 412 Uhr Mittags ein Güterzug abgehen, dessen Fahrt \o beschleunigt werden soll, daß man, von Stettin absahrend, noch bequem zur Theaterzeit in Berlin eintresfen kann.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. München, 27, Juli, (A. Z) In der heutigen Sißung wurde der Kammer der Abgeordneten ein Allerhöchstes Reskript d. d. Brückenau den 24. Juli mitgetheilt, betreffend die Verlängerung der gegenwärtigen Sihung der Stände - Bersammlung bis zum 2Wsten des nächsten Monats. Dann wurde zur Berathung des Nachtrags zu dem Budget auf ein Jahr der fünften Finanz Periode geschritten. Der Ausschuß hatte seine desfallsige Erwägung und Beschlußfassung in drei Abtheilungen zerfallen lassen, nämlich 1) überdie Frage, in welher Summe sollen die zu den reh nungsmäßig feststehenden Kasse Beständen hinzukommenden Zugänge aus den Jahren 1841 42 bis 1842 43 angenommen wer- den“ 2) über die Frage, ,, sollen die à Conlo der Kassen-Bestände für 1842 43 vorläufig angezeigten Ausgaben, und in welher Summe, die ständische Anerkennung erhalten? endlich, wenn sich aus der Abgleichung dieser beiden Größen der am Schlusse der vierten Finanzperiode als noh verwendbar anzunehmende Bestand ergeben, 3) über die Frage, „0b dem außerordentlichen Staatsbedürs- nisse, welches auf den Grund dieser verwendbaren G dem Budget-Nachtrag der ständischen Wirksamkeit unterstellt wird, Is ständische Zustimmung zu ertheilen sei,“ Die sub 1 berührten Cxr=

übrigungen waren im Budget - Nachtrag zu 3,500,000 Fl. jährlich, für beide Jahre also auf 7,000,000 Fl. in Voranschlag gebracht worden. Der Ausschuß glaubte jedoch nah dem Vorschlag seines Referenten folgenden Beschluß begutahten zu sollen: „Es können die zu den bereits rechnungsmäßig feststehenden, ncch weiter in den Rechnungs - Jahren 1841 42 und 1842 43 zugehenden Erübri- gungen jährlih auf 4,660,948 Fl. (statt auf 3,500,000 Fl.), sohin für beide Jahre zusammen auf 9,321,896 Fl. (statt auf 7,000,000 Fl.) angenommen werden.““ Nach einer längeren Debatte, während welcher der Wahrscheinlichkeit eines größeren Betrags der voraussichtlichen Mehr-Einnahnie, als wie derselbe ursprünglich in Voranschlag gebracht worden, von feiner Seite widersprochen wurde, entschied sich die Kammer mit einer an Einstimmigkeit gränzenden Majorität für die Annahme des Ausschußbeschlusses. ie sub 2. aufgeführte Frage führte zunächst zur Berathung der von dem zweiten Ausschusse in seiner Mehrheit gefaßten und der Kammer zur Annahme vorgelegten Beschlüsse, den Ludwig-Kanalbau betreffend. Ein Abstimmungsresultat wurde hier uicht erzielt, indem nah ein Uhr die Debatte auf morgen vertagt wurde, bis wohin dem zweiten Ausschusse die Aufgabe zusteht, den Berathungsgegenstand in nochmalige nähere Erwägung zu ziehen und deren Resultat dann der Kammer vorzulegen.

Kurhessen. Marburg, 28. Juli. (O. P. A. Z) Seit dem Schlusse der Untersuchung gegen den Professor Jordan war, da Kollusionen nicht mehr befürchtet werden konnten, die Haft Jordan's in der Weise gemildert, daß Jedermann freier Eintritt in sein Haus gestattet wurde; seit vorgestern is die in dem Jordan'schen Hause liegende Gensd'armerie-Wache wieder verstärkt und der Befehl ge geben worden, daß außer den Hausgenossen Niemand einpassiren darf. Jordan’s Anwalt hat bei dem Ober= Gerichte ein Gesuch um Freilassung desselben gegen Caution bis zur Entscheidung auf die Berufung eingerciht; da den Mitangeschuldigten und Mitverurtheil ten, Dr. Hach und Kolbe, so wie früher vom Ober = Gerichte zu Hanau dem Salinen -Jnspektor Wilhelmi, das Gesuch um Frei lassung gegen Caution gewährt worden is, so glaubt man allge mein, daß auch Jordan bald unter gleicher Bedingung seiner Haft entlassen werde. Auf einem Mißverstehen ertheilter Be- fehle mag es wohl beruhen, daß dem Anwalte Jordan's bis heute der Zutritt zu seinem Defendenden noch nicht gestattet worden.

Freie Städte. XX Frankfurt a. M., 29. Juli. man aus Brüssel vernimmt, beabsichtigt Se. Majestät der König Leo- pold der Belgier noch in diesem Sommer einen Badebesuch in Wiesbaden. Se. Durchlaucht der Herzog von Nassau stattete gestern dem Herrn Grafen von Münch - Bellinghausen einen Besuch ab. Der Königl. belgische Gesandte bei der Bundes-Versammlung, Herr Graf von Briey, is hier eingetroffen.

Wiewohl die heute aus Spanien eingetroffenen Nachrichten nichts von Belang bringen, erfuhren Ardoins an der Börse einen starken Aufschwung. Die Spekulanten erhoffen von dem Umschwung der Dinge in Spanien eine Besserung der finanziellen Zustände die ses Landes, dürften sih aber, wie schon so oft, auch diesmal täuschen. Es istt nicht abzusehen, durch welche Hülfsmittel Spanien seinen ge- s{chwundenen Kredit wiederherstellen kann. Von den übrigen Fonds waren polnische Loose heute wieder zu höheren Preisen begehrt, da sie abermals von Berlin höher kamen. Taunusbaghn - Actien hielten sich etwas fester.

Oesterreichische Mouarchie.

Wien , 24. Juli. Vor ein paar Tagen hat Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Franz Karl mit seiner durchlauchtigen Familie das Lustschloß von Schönbrunn verlassen, um einen mehrwöchentlichen Aufenthalt in dem in Mitte so vieler Natur - Schönheiten liegenden Kurorte Jshl zu nehmen. :

Wie

STaNnRC ed.

Paris, 26. Juli. Jhre Majestäten haben vorgestern Paris verlassen und sich nach Schloß Bizy begeben, wo Höchstdieselben von dem Bischof von Evreux und seinem Klerus empfangen wurden. Der Herzog und die Herzogin von Nemours und die Herzogin von Orleans werden heut und der Prinz und die Prinzessin von Joinville morgen dort erwartet, Der Herzog von Montpensier befand sih, nah den lebten Nachrichten über seine Reise, am 23sten d. M. zu Decgzeville.

Der Moniteur enthält folgende Anzeige in Bezug auf die Resignation des Admiral Roussin: „Der Gesundheits - Zustand des Admiral Roussin hat denselben genöthigt, sih der Last der Staats- geschäfte zu entledigen, der König hat daher seine Entlassung ange nommen und ihm zugleich sein Bedauern darüber, so wie seine Zu friedenheit über die langen, ehrenvollen Dienste ausgedrückt, die der Admiral dem Könige und dem Lande geleistet hat.“

Heute fand in allen Stadtbezirken eine Vertheilung von Lebens- mitteln statt, der einzige Aft, der an die Julifeier erinnerte. Mor gen ist in allen Kirchen Trauer = Gottesdienst zum Gedächtniß der VDpfer von 1830,

Auf cinen Bericht des Präsidenten des Ministerraths versügt eine Königliche Verordnung, daß hinfort in keinem Falle die musel männischen Tribunale oder Behörden in Algerien Todesurtheile sollen fällen dürfen. Nur Kriegsgerichte sollen über Verbrechen entscheiden, welche von den Eingebornen begangen werden, wenn diese Verbrechen die Gränzen der Jurisdiction der gewöhnlichen Tribunale überschrei- ten und der Todesstrafe unterworfen sind.

Der General Ramorino, der von der Regierung eine monatliche Unterstüßung von 300 Fr. erhielt, hat sich nah Portugal begeben, Vor seiner Abreise hatte ex mehrere Audienzen bei der Königin Marie Christine. Er soll den Befehl erhalten haben, sich an die Gränze von Estremadura zu begeben und sich dort zur Disposition zu stellen,

Der Doktor Jvan, Prosessor der Naturgeschichte an der vor- bereitenden Schule in Marseille, ist von der Regierung aufgefordert worden, sich der Gesandtschaft nah China anzuschließen.

Der ehemalige Minister Karl’s X., Graf von Montbel, wird in wenigen Tagen in Paris erwartet.

Die Molière - Fontaine in der Rue Richelieu wird am nächsten 15. Januar, als dem Geburtstage des Dichters, eingeweiht werden.

Das Journal l’Etat erscheint von heute ab unter dem Titel: Le Parisien.

__ Börse. Die Fonde waren heute sehr gedrüdktz die 3 proc. Rente ging auf 80, 10 und die 5 proc. auf 121, 70 herunter, da sih das Gerücht verbreitete, Herr Salvandy solle als Botschafter nah Spa- nien gehen, woraus man {loß, daß die Regierung einen entschiede- nen Weg in den Angelegenheiten dieses Landes einschlagen wolle, Dagegen stieg die aftive spanishe Schuld auf 287 und die passive auf 4, in Folge der Nachricht, daß Espartero der Kömgin Jsabella 1, seine Entlassung eingereiht habe, daß das Lopezsche Ministerium kon- stituirt und die Cortes einberufen seien, und daß Narvaez unter leb- haften Acclamationen des Volks seinen Einzug in Madrid gehalten habe. Diese Gerüchte, sie mögen nun wahr oder falsch sein, mach- ten großen Eindruck auf diejenigen, welche mit kleinen Partieen \pa- nischer Fonds versehen sind und die nun über die Zukunft beruhigter sein zu können glauben, f

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m Paris, 27. Juli. Der Ausflug des Königs und der Königl,

| Familie üah dem Schlosse von Bizy hatte keinen anderen Beweggrund,

als die Sehnsucht, den Prinzen von Joinville und dessen junge Grmahlin einige Stunden früher zu umarmen. Heute Abends wird der ganze Hof in Neuilly wieder eintreffen, wo zu Ehren der Ankunft des Prinzen und der Prinzessin von Joinville große Familientafel stattfindet, wozu die Ex- Regentin von Spanien und sämmtliche Familien-Botschafter ge- laden worden siud. Da morgen und übermorgen das Gedächtniß an die Julitage ganz im Stillen begangen wird, o findet die feierliche Einzeichnung des Civil - Akts der Vermählung zwischen dem Prinzen von Joinville und der Prinzessin Donna Francisca von Brasilien in die Familien-Archive erst Montags statt. Zu diesem Zwecke sind, außer den Ministern, der Präsident und Groß-Referendar !der Pairs-Kammer, die Marschälle von Frankreih und die Familien-Botschafter Montag Abends nah dem Schlosse von Neuilly geladen worden. Nach die- sem feierlichen Akte wird große Tafel im Schlosse sein, Am folgen

den Tage verläßt der Hof, mit Ausnahme der Herzogin von Orleans und ihrer beiden Söhne, die Residenz von Neuilly, um sich nach dem Schlosse Eu zu begeben, wo mehrere Feste zu Ehren der Prinzessin von Joinville stattfinden werden. Die Prinzessin Clementine und deren Gemahl werden aus London, so wie der König und die Königin der Belgier aus Brüssel erwartet. Die Herzogin von Orleans wird mit ihren Söhnen erst später die Bäder gebrauchen. 5

Wie man sagt, soll der Prinz von Joinville, nachdem er auf seinen weiten Reisen sih hinlänglich zum praktischen Seedienste heran bildete, auch die innere Verwaltung des Seewesens gründlich erlernen. Deshalb soll er zum Mitglied des conseill de Panuiraulé, welches in Paris seinen Sib hat, ernannt und zugleih zum Contre-Admiral be fördert werden. Natürlich wird der Prinz daun das Kommmando der Fregatte „la Belle Poule“/ aufgeben, welcher er als echter Seemann glei einer Geliebten anhängt, und um derenwillen er schon vor seiner leßten Reise den Rang eines Contre-Admirals ausshlug.

Die Gerüchte von einer bevorstehenden Kabinets - Modification legen sich immer mehr. Kürzlich wies ih Jhnen nah, wie unge gründet dieselben wären. Einige Journale fahren fort, die Liste der angeblih nächstens zu ernennenden Pairs zu veröffentlichen. Damit hat es ebenfalls seine Zeit, so sehr auch die Oppositions-Blätter die Sache als bevorstehend schildern.

Grossbritanien und Irland.

London, 28. Juli. Die Parlaments-Verhandlungen der bei= den leßten Tage enthalten nichts besonders Bemerkenswerthes. Am Mittwoch hält das Unterhaus in der Regel keine Sibungz; diesmal war es kurze Zeit versammelt, aber behandelte Gegenstände, die ohne Bedeutung sind, auch keïne längere Debatte veranlaßten. Das Ober- haus hielt gar keine Sißung. Gestern war das Hauptgeschäft des leßteren die dritte Vorlesung des Pasquilgeseßes Lord Campbells, worüber aber die Debatte bis auf Montag vershoben wurde, da dann noch Lord Brougham einige Mittheilungen zu machen beabsichtigte. Der Ausschußbericht über die irländische Waffenbill, die nunmehr zur dritten Verlesung stand, veranlaßte im Unterhause gestern abermals cine überflüssiige Disfussion über das Prinzip der Bill, indem Herr Sharman Crawford ein Amendement dagegen einbrachte, das „die unpolitische und ungerechte Unterscheidung‘ zwischen Jrländern und Engländern tadelte. Dies Amendement, sowie noch ein anderes ähnliches, wurde natürlich verworfen. Die Bill wird heute zum drittenmal verlesen und demnach in ein Geseß ausgehen. Die darauf folgenden Aus\chußverhandlungen über das irländische Armengeseß bildeten den Schluß der gestrigen Sihung.

X London, 25. Juli, Jch berührte in einem meiner lebz- ten Briefe die Eigenthümlichkeiten des Volkes von Wales und den fonderbaren Charakter des Rebekka-Unfugs. Seitdem hat der Lärm eher zu als abgenommen; Schlagbäume sind zu Dubenden niceder- gerissen worden ; einige Landhäuser hat man bedroht, obgleich noch kein förmliher Angriss gewagt worden is, Nach einem verzweifelten Kampf, in welchem selbst ein Pistolenschuß gefallen is, sind von den Behörden einige Gefangene gemacht worden, und das Theater der Thaten der Rebekka und ihrer {önen Töchter is aus den reizenden Gegenden von Carmarthenshire in die verrauchte Nachbarschaft von Swansea verseßt worden. Die unwissenste, wildeste und demorali sirteste Klasse der Bevölkerung in diesem Lande sind aber gerade die in den Kohlengruben und Eisenwerken beschäftigten Arbeiter; und unter den Kohlen - Arbeitern von Großbritanien haben die von Süd Wales an Schlechtigkeit vor allen anderen den Vorrang. Das Theater ihrer täglichen Arbeit sind ungeheure Kohlen - Minen, welche eine Art von Bienenkorb aus Kohlen in den Eingeweiden der Erde bilden, wo sie ihre Versammlungen halten, und wohin sie sich mit vollkommener Sicherheit vor einer Armee von Konstablern und Sol- daten zurücßziehen können. Gegenwärtig kann dem außerordentlich \chlechten Stande des Eiseugeschäfts, welcher durch eine übertriebene Production während der leßten Jahre herbeigeführt worden i}, nur durch das höchst nachtheilige und gefährliche Mittel aufgeholfen werden, daß man ungefähr ein Drittel der in England und Wales befindlichen Eisenwerke eingehen läßt und viele Tausend der erwähnten Arbeiter brodlos macht, Ju der Nachbarschaft von Swansea besitzt die Fa milie Vivian ihre großen E As welche die größten die: ser Art in der Welt sind. Auch diese werden von dem allgemeinen Mißstand im Handel betroffen. So müssen also die Besißer jener Werke und die Behörden gerade in einer Zeit von wahrhaften Schwierigkeiten und wahrer Noth mit dieser \{chwarzen, unterirdischen Bevölkerung handgemein werden, deren Unzufriedenheit nie größer ist, als wenn sie sih genöthigt sieht, auf der Oberfläche der Erde ein herzugehen. Nichtsdestoweniger muß man erstaunen, wie wenig man sich um diese Dinge in London kümmert. Noch hat die Regierung feine einzige Proclamation erlassen, noch is in Bezug hierauf im Par- lament feine Frage aufgeworfen, oder beantwortet worden, und die Engländer interessiren sich in der That weit mehr für die Bewegun- gen des Espartero, als die der Rebekka.

Dieselben Bemerkungen lassen sich auf Jrland anwenden. Ganz Curopa ist überzeugt, daß Jrland sich am Rande einer Rebellion befindet; hier dagegen sind die Reisen nah Jrland völlig in der Mode, und der britishe Naturforscher - Verein wird seine jährliche wissenschaftlihe Versammlung nächsten Monat zu Cork halten. Jch halte es für unmöglich, daß selbst ein Volk, wie das irländische, der abgedroschenen Redensarten und Citate O'Connell's uiht am Ende müde werden sollte, die derselbe in jedem Winkel des Landes bis zum Ueberdruß wiederholt, ohne das mindeste Neue vorzubringen und ohne die geringste praktische Wirkung damit zu erzielen. Der Befreier hat nun alle patriotische Töne seiner Leier einmal über das andere der Reihe nach abgeorgelt, und wenn die Männer von Wexford und Athlone viel lieber zur That sich erheben möchten, da beginnt die zerarbeitete Walze von neuem ihren langweiligen Umlauf, und unterdessen geht fortwährend der Hut umher, den Sparpfennig einer Nation von Armen einzusammeln! Obgleich dies Alles zum Lachen ist, so gehöre ih doch zu denen, welche es bedauern, daß die Regierung mcht hon diese Gelegenheit ergriffen hat, um einen entscheidenden Schritt in den irländischen Angelegen- heiten zu thun, und zwar gerade in der enbgÉnouae (diban Richtung von O’Connell's Streben, nämlich die Verwaltung Jrlands derjenigen von Englaud wenigstens eben so vollständig einzuverleiben, wie dersel=

ben die Verwaltung Schottlands einverleibt ist, oder noch inniger z denn während das Civil- und Kriminal - Recht Schottlands eine un= überwind ihe Gewähr für die Nationalität der Bevölkerung von Nord= Britanien i, indem es von Grund aus von dem englischen Recht sich unterscheidet, is zwischen England und Jrland kein solher Unter-= schied vorhanden, und die Verschmelzung beider Länder wäre, troß der religiösen Differenzen, keine ungusführbare Chimäre,

Uiecderlande.

Nus dem Haag, 21. Juli, Die neuen Wahlen sind jeßt aus allen Provinzen bekannt. Von den 21 abtretenden Mitgliedern der zweiten Kammer sind 16 wieder erwählt und nur 5 dur Andere erseßt worden. Unter jenen gehören die Herren Luzac, von Rosen= thal, von Golstein, Tromp, van Panhuys der entschiedenen uud ta= lentvollen Opposition anz wie die Neugewählten gesinnt sind, ist noch ungewiß. Die Provinzen Nord-Brabant, Gelderland, Seeland, Ut= recht, Nord-Holland und Limburg \chicken dieselben Mitglieder in die Generalstaaten; Süd-Holland aber zwei neue, und Fricsland, Oberyvssel und Gröuingen jede ein neues Mitglied. Da Baron van Tuyll nach seiner Wiedererwählung plößlich gestorben is, so muß Nord-Brabant nun auch noch zur Wahl eines (sechsten) neuen Deputirten schreiten.

Der König und die Prinzen sind von der Flottenschau bei Vlie= ßingen sehr befriedigt in die Residenz zurückgekehrt. Einstimmig ver- nimmt man das Urtheil, daß seit Jahrzehnten keine so {öne und treflih eingeshulte Flotte in den holländischen Gewässern gesehen worden ist, als die niederländische, welche demnächst unter den Befeh= len des Prinzen Heinrich der Niederlande nah dem Mittelländischen Meere abgehen wird.

D UMei

Zürich , 26. Juli. Der (in Nr. 30. bereits erwähnte) Bericht über die Kommunisten in der Schweiz macht hier nicht geringes Aussehen. Es heißt darin unter Anderem über die Verbreitung des Vereins :

„„Binnen kurzer Zeit wurden eine Neihe kommunistischer Vereine únt allen Theilen der Schweiz gebildet, sie blieben keinesweges beschränkt auf die französischen Kantone Genf, Waadt und Neuenburg (Locle und La=- chaux - de -fonds). Jn Bern rechneten die Kommunisten sogar auf die Unterstüßung eines Mitgliedes der Negierung. Weitling selbst dachte eine Zeit lang daran, im Berner Oberland sich ein Bürgerreht zu erwerben, um desto sicherer für den Kommunismus in der Schweiz werben zu können. Im Aargau waren einige Schweizer für den Kommunismus gewonnen worden ; in Zofingen wirkten sie thätig. Jm Kanton Zürich wirkten für den Verein, bevor Weitling selbst erschien, Nogge, welcher sich später in derselben Absicht in den Kanton Graubünden begab , und der sogenannte Prophet Albrecht, welcher besonders in Winterthur thätig war. Alle diese Vereine waren unter sich wieder verbunden. Weitling stand mit den geisti- gen Häuptern und Leitern derselben in fortwährender eifriger Korrespondenz, und scheint bei ihnen als eine Art Autorität, als das Haupt aller kommu- nistischen Vereine in der Schweiz gegolten zu haben. Aber auch mit dem Auslande bestanden Verbindungen, vorzüglich mit Paris, Unter Weitlings Papieren finden sich viele Briefe eines Pariser Korrespondenten, der ihm gegenüber eine unabhängige, oft ermahnende und wohl übergeordnete Stellung einnimmt, und als Organ deutscher Handwerkervereine , aber mit Cabet, einem Haupte der französischen Kommunisten , in näherer Verbin- dung erscheint. Von den Kommunisten in London wurde Weitling mit Geld unterstüßt, Auf Deutschland und Savoyen sollte vorerst nur durch die Presse und mündliche und briefliche Propaganda vorbereitend gewirkt werden. Von ausgebildeten Vereinen finden ih wenigstens in den Briefen feine Spuren. Als Kommunistenhäupter erscheinen in der Korrespondenz Weitlings hauptsächlich folgende Namen: A. Becker in Genfz S. Schmidt in Lausanne, Seb, Seiler in Murten, Sommer in Lausanne, K, Trebus in Locle, Siegfried und Arzt Sutermeister, beide aus Zofingen.

Der Abschnitt B, handelt von denjenigen Personen in der Schweiz, welche mit den Kommunisten in engerer oder fernerer Verbindung standen. Diesc sind meistens Deutsche. Begabtere Schweizer von Geburt und Er- ziehung hielten sih fast durchgehends frei, Auf einen begabteren s{chweize- rischen Staatsmann im Kanton Waadt wurde zwar eifrig Jagd gemacht, er s{chcint sich aber nicht haben gewinnen zu lassen. Jn den Kantonen Bern und Aargau scheinen die Kommunisten niht ganz unbedeutende shweize- rische Verbindungen gehabt zu haben, Erfolgreicher dagegen waren ihre Bemühungen bei einigen deutschen Literaten, und hier sind denn zu nennen: die Herren Prof. Folien, Dr. Jul, Fröbel und Dr. Schulz, sämmtliche drei in Zürich, und die Dichter Georg Herwegh und Gußkow, welche Alle in den Weitlingschen Papieren figuriren. Von Herwegh sagt cin Brief von Sutermeister, er (Sutermeister) hoffe anu ihm bald einen recht warmen Freund und Anhänger der kommunistischen Bestrebungen zu finden; zwei andere Briefe erzählen, wie Herwegh in Genf dis Kommunisten-Vereine be- sucht, mit ihnen bis Nachts 12 Uhr gezecht und sich dabei ganz als einer der Jhrigen habe behandeln lassen. Bei diesem Anlaß shrcibt denn auch Beer an Weitling folgende ergößliche Worte: „Pumpe die Kerle an, und trink gut, damit Du lange lebest und es Dir wohl gehe auf Erden, So arg wie Herwegh brauchst Du's freilich nicht zu treiben. Auch ich, lie- ber Junge, habe dessen gelbe Stiefel bemerkt und die Nase darüber ge- rümpst, Aber laß das nur gut sein. Man darf ihn nicht heu machen. Warte nux, später wollen wir einen Theil seiner Dukaten zu unseren Ge- \chäften in Anspruch nehmen, oder, wenn er nicht herausrückt, ein Broschürli schreiben unter dem Titel: „Herwegh ein Mann wie die Anderen.“ Doch Alles dies ganz unter uns. Laß diese Zeilen keine Hundeseelen lesen.“ Gußkow hielt sich in gemessener Ferne von den Kommunisten, Dr. Schulz kommt in der Korrespondenz zweimal vor, Beer sandte unter seiner Adresse Briefe an Weitling und äußerte gegen diesen, Frau Schulz würde dazu zu bewegen sein, eine Kollekte für den Kommunisten - Verein zu machen, ‘“

Die neueste Nummer der Züricher Zeitung enthält eine sehr verständige Rechtfertigung von Seiten des Herrn Dr. Schulz. i

Zürich, 26. Juli, Das Kreisschreiben, womit der Regierungs=- Rath bei Uebersendung des Berichts über die Kommunisten an sämmt- liche Stände sich wendet, lautet, wie folgt: „Getreue, liebe Eidge= nossen! Wir geben uns anmit die Ehre, Euch in Beilage zwei Exemplare des von uns genehmigten Berichts unserer verordneten Spezial-Kommission, betreffend die kommunistischen Umtriebe, zu über= fenden. Jhr werdet aus diesem Berichte ersehen, daß ein System, welches darauf ausgeht, den ganzen jeßigen Staat und die Kirche, die bürgerliche Ordnung, die Bande der Familien und das Privat= Eigenthum zu vernichten, in der Schweiz einen Theil seiner

allerdings meistens ausländischen Führer, leider aber auch un= ter den Schweizern selbst bereits Anhänger und Begünstiger

gefunden hat, und daß diese Anzahl von Verführern und Ver- führten, sobald sie sich stark genug glaubte, auch alle Mittel der Gewalt nicht scheuen würde, um ihre ruchlosen Pläne auszuführen. Es bedarf wohl feiner weiteren Auseinander= seßung, daß, weun dieses System auch nur von fer: seinem Ziele näher käme, der ganze öfonomische Kredit und das politische Ansehen der Schweiz im höchsten Grade bedroht würden, wenn es aber in der That seiner Verwirklihung, auch uur momentan und an einzel= nen Orten, entgegenginge, unser Vaterland von größeren Gefahren bedroht würde, als seit Jahrhunderten nie der Fall war. Jndem wir daher nah Mittheilung der Era von unserer Kommission enthüllten Fakten es Euerem weisen Ermessen überlassen, auf zweck- mäßig erachtete Weise dem Kommunismus, wo und wie er immer sich zeigt, entgegenzutreten, ergreifen wir diesen Anlaß, Euch, getreue, liebe Eidgenossen, neuerdings Timagt uns getreulih dem Machtschube des Allerhöchsten zu empfehlen,“ Bürgermeister und Regierung

Rath des Kantons Zürich, Der Amts- Bürgermeister : (untetz.) H, Mousson,

Der erste Stagatsschreiber : (unterz.) Hottinger