1843 / 47 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

er länger eine solche Anstrengung nicht ertragen, da sie größtentheils nen o néttelte Winzer enthalten, welche zum Schuß ihrer Grundstücfe durch die Lage derselben an der Ahr oft kostspielige Uferbauten unternehmen und unter- halten müssen. Die Stadt Sinzig hat jährlich über 3000 Ruthen Wege zu unterhalten und darunter 1200 uthen auf der Ahrstraße, so daß auf jeden Einwohner von Sinzig jährlich bis zu 20 Arbeitstage kommen, was gewiß als große Ueberbürdung erscheint, wenn man erwägt, welche erhebliche Bei- träge diese Stadt zu den aus dem Kreise Ahrweiler zum Bezirksstraßen-Bau- Fonds zugeschossenen Summen geleistet hat. Was endlich noch die Kosten der Anlage und Unterhaltung und den in Aussicht stehenden Ertrag der Straße betrifft, so kann wohl behauptet werden, daß die Anlage im Ver- hältniß zu vielen anderen Straßen weit weniger kostspielig werden würde, da das beste Material, namentlih harte Bruchsteine, Basalt und Ahrkies, zur Stelle sind. Der Ertrag an Barrière-Abgaben muß aber nothwendig reich ausfallen, indem, wie bereits angeführt, cine Menge von Frachtfuhren die Straße fahren muß, und ihr Ausbau durch die Verbindung der Rhein- straße mit der Eifel und Trier, Lüttich u. st. w. cinen lebhaften Verkehr hervorrufen und manchen Reisenden veranlassen wird, das roman- tische Ahrthal zu besuchen. lebhafter Verkehr auf das Wohl des Winzers influiren, stand der Winzer gewiß dadurch gemildert werden, i Niederrhein und Westphalen werden ihren Weg nah der Mosel durch das Ahrthal nehmen oder von der Mosel durch das Ahrthal zum Rheine zu-

und der Noth-

rückfehren, und dadurch wird nicht nur größere Frequenz auf der Ahrstraße, |

sondern auch vermehrte Konkurrenz in den Kellern der Wein - Produzenten

hervorgerufen. Die Mittel zum Bau betreffend, muß ih bemerken, daß |

wir wohl vor wenigen Tagen über die Verwendung der Ueberschüsse der Bezirksstraßen-Baufonds aus 1844 45 einen Beschluß gefaßt haben, und daher erst aus den Ueberschüssen von 1846 47 der Anfang zum Bau der Ahrstraße gemacht wcrden kann. Da aber der Bau dieser Straße ein drin gendes Bedürfniß ist, da der Kreis Ahrweiler {on so lange Zeit zum Baufonds kontribuirt, daß mit Zurechnung Lon Zinsen sich cine Summe von mehr als 100,000 Nthlin. ergiebt, so dürfte cr darauf Anspruch haben, daß der Baufonds cin aus den Ueberschüssen ven 1846 47 und allen falls theilweise aus jenen späterer Jahre zu erstattendes Darlehn auf nähme, um alsbald nach der ausgesprochenen Aufnahme der Straße unter die Bezirksstraßen den Bau beginnen zu fönnen. Da aber endlich nach einem Beschlusse der Versammlang neue verzinsliche Schulden auf den mehrgedachten Fonds nicht gemacht werden sollen, so wäre des Königs Majestät zur Allergnädigsten Bewilligung eines zinsenfreien Vorschusses von einstweilen 10,000 Rthlrn. aus Staatsfonds zu bitten, was ich bei einer hohen Stände-Versammlung hiermit zu beantragen mich bechre. Wir ha- ben im Jnteresse eines kleinen. Theils der Provinz eine große Summe vom Staate für den Fortbau des Nord-Kanals erbetenz um so gerechter wird daher das Petitum des Kreises Ahrweiler erscheinen, der nur die Verwen- dung eincs kleinen Theilchens der von ihm eingezahlten großen Summe n seinen Nußen begehrt, an welchem Nuyen aber ein großer Theil der Pro- vinz partizipirt.

Ein Abgeordneter der Ritterschaft schließt sich dem vorigen Redner in allen Punkten an, indem er dur 25 jährige Verwaltung des Kreises Ahr- weiler mit allen dortigen Verhältnissen bekannt sei.

Ein Abgeordneter der Landgemeinden: So oft Rede sei von einer Vermehrung der Communicationsmittel, fühlt sih die Versammlung zur Befürwortung geneigt. Für den speziellen Fall, wo eine neue Straßen- strecke zur Bezirksstraße erhoben werden solle, dürfe aber dieses Wohlwollen allein nicht leiten; man dürfe nicht vergesscn, daß, indem ein solcher An- trag befürwortet und der vorzugsweise Ausbau einer Straße begehrt werde, man alle übrigen Straßenstrecken zurückseze. Die cigentlihe Frage sci da- her die: ob Grund vorhanden sei, den vorgeschlagenen Ausbau auf den Bezirksstraßen-Bau-Fonds zu übernehmen und dagegen andere schon über- nommene Straßenstrecken zurückzusezen. Bei dem jüngst gefaßten Beschlusse, alle Bezirksstraßen der Staats-Kasse zu überweisen, könne von dieser Frage abgesehen werden, weil nunmehr von der Aufnahme neuer Straßenstrecken überhaupt keine Rede mehr sein lönne. Der Ausschuß habe darauf ange tragen, eventuell aus Staatsmitteln einen zinsfreien Vorschuß zum Ausbau der Ahrstraße zu gewähren, welcher demnächst aus dem Bezirksstraßen-Fonds zurückerstattet werden solle. Wie gegen die Uebernahme neuer Straßen- strecken überhaupt, so müsse er aus den angeführten Gründen sih gegen diesen Theil des Vorschlages erklären, sei aber in allen übrigen Punkten mit dem Ausschusse einverstanden. i n

Der Antragsteller äußert sich dahin: Mit dem Petitum des Kreises Ahrweiler habe es eine ganz andere Bewandniß als mit allen anderen An- trägen. Für dassclbe spreche: 1) Daß der Staat mít einem Kosten - Auf- wande von 12,000 Nthlr, den Felsendurhbruch bei Altenahr habe durch- führen lassen, cin Werk, welches ohne den Ausbau der Ahrstraße zwecklos und ohne Nutzen bleibe, und daß schon durch dessen Ausführung die Absicht jenes Ausbaues klar ausgesprochen sci. 2) Daß nur eine sehr kleine Strecke zu bauen sei, um eine große Verbindung hervorzurufen. Die bonn - trierer Straße stehe hon in dem Verzeichnisse der Bezirksstraßenz nach dem Aus- bau der Ahrstraße werde die Verbindung zwischen Bonn und Lüttich herge- stellt scin; auf der 12 Stunden langen Strecke von Bonn nach Koblenz gebe es keine Straße, welche in die bonn-trierer münde, als die Ahrstraße von Sinzig aus. 3) Daß die dortigen Gemeinden bercits 64,000 Rthlr, zu dem Bezirksstraßen-Fonds aufgebracht haben, und dagegen noch keinen Fuß breit Bezirksstraße besißen. Der vorleßte Nedner erwiedert: Es werde häufig angeführt, daß eine Gegend so viel zu dem Straßenbau-Fonds. beigetragen habe, ohne einen Nußen davon zu ziehen. Diese Anführung sei richtig für solche Gegenden, welche weder von einer Bezirksstraße durch- schnitten werden, noch überhaupt Aussicht haben , jemals eine solche zu er- halten. Gerade dieses liefere einen Bewcis für die Schlechtigkeit des bis- herigen Systems, dessen Aufhebung die Versammlung beantragt habe, wo- durch er auch veranlaßt worden sei, sich gegen die Bewilligung cines aus dem Bezirksstraßen-Fonds zu tilgenden Vorschusses auszusprechen. So A könne die Bürgermeisterei Grieth nahweiscn, daß sie seit dem Jahre 1815 mehr als 60,000 Rthlr. zum Bezirksstraßen- Fonds gezahlt habe, während ihre eigene Straßen schlecht und keine Aussicht vorhanden sei, daß sie jemals von einer Bezirksstraße werde berührt werden, :

Nach dieser Diskussion tritt die Versammlung den sämmtlichen An- irägen des Ausschusses bei.

Ausgefordert von dem Herrn Landtags - Marschall wird sodann der Entwurf einer Adresse an Se. Majestät den König in Betreff der Revision des Grundsteuer - Katasters verlesen, welcher von der Versammlung ohne Widerspruch gutgeheißen wird. (Schluß folgt.)

L TE, __ Vexlin, 15. Aug. Se. Majestät der König haben Allergnä digst geruht, vie Anuahme: dem Bischof von Münster, Freiherrn Droste zu Vischering, des Großkreuzes vom Großherzoglich A Mattes) und dem Konsul zu Antwerpen, Sa- ' itterkreuzes oniglich niederländischen Löwen- Orden, zu gestatten, zes vom Königlich niederländischen Löwen

Verlin, 15. Aug Am Kten d. M. i , , n ; M G 2 . M. i} hier in Berlin, in Golge erige, dur einen organischen Able der Gehirnhaut Os de TeIven das Ableben eines ausgezeichneten Staatsmannes des Königl. Staats- und Kabinets-Ministers und freien Standesherrn, Mortimer Grafen zu Malhzan, erfolgt; wir behalten uns vor, in Hi

unserer nächsten Nummern einen fu j Dahingeschiedenen zu bringen. "rien Ueberblid der Laufbahn des

X Aachen, 9. Aug. Des Kronprinze {i

Königl. Hoheit sind gestern Abend gegen 10 Uhr z ‘Von Untic, fe 2 mend, unter dem Namen eines Grafen von Teck, hier eingetr ffen, im Hôtel von Dremel abgestiegen und heute Mittag mit N wöhnlichen Wagenzuge ungekannt in einem unverdeckten Wa Bie uach Köln weitergereist. go

Köln, 10. Aug. (O. P. A. Z.) Die Werkthätigkeit an un- serem Dome is noch nicht so lebendig gesa, wie gerade in diesem Augenblicke. Die Häuser, welhe wie Schwalbennester an den nörd= lihen Thurm geklebt waren, sind schon niedergerissen , sowie auch die Fleine Kapelle an der Nordseite, die alte Pfarrkirche des Domspren=

erg

Mehr , als Steuercrlaß es vermag, wird ein |

Die Weinkäufer vom |

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gels. Der Reißboden is fertig und rüstig gehts mit dem Verseben am südlichen Kreuzschiffe vorwärts. Sobald der Abbruch der Kapelle vollendet ist, wird man auch mit dem nördlichen Kreuzschiffe, welches die Dombau-Vereine bauen, beginnen. Wahrscheinlih werden hier aber die Fundamente auch noch nicht ganz vollendet sein, wie dies beim südlichen Flügel der Fall war. Jun der lehten Zeit hat der Dom- bau wieder einige bedeutende Schenkungen erhalten, so unter Anderen 700 Rthlr. aus der Kasse der Bergleute in Breslau. Allenthalben folgt das deutshe Volk dem {önen Beispiele deutscher Fürsten; wir sind der gespanntesten Erwartung, wie der Vorschlag des hochsinni- gen Bayern-Königs vom deutschen Bunde aufgenommen wird.

Der Ritter Franz Liszt lebt seit einem Monate auf Nonunen-

werth am Siebengebirge, aufs fleißigste mit Kompouiren beschäftigt.

Seine Lieder-Compositionen athmen die lebendigste Frische, einen sol- hen poetischen Schwung, daß er mit demselben seinen Namen noch

mehr verherrlihen wird, als durch sein Klavierspiel. Ganz gewiß ist

es, daß er sich in der Umgegend des Siebengebirges ankaufen wird, und wahrscheiulih die neben Nonnenwerth licgende Jnsel Grafen werth, wo er sich in einem anmuthigen Park eine Villa zu bauen ge- denkt. Eine Wohlthat für die Armen der Gegend, denn vou ihm

geht Niemand ohne Trost; so giebt er morgen wieder ein Konzert |

zum Besten der Armen des Kreises Solingen, wohin ihn einige Freunde geladen haben.

NuslanudDd.

Deutsche Bundesstaaten.

Bayern. München, im Aug. (A. Z.) Ju der fünfund- siebzigsten Sißung der zweiten Kammer war die Position „Landbau“ zur Debatte gekommen. Sie beträgt aus den Central-Fonds jährlich 218,301 Fl, Die Summe hatte der Ausschuß bekanntlich unverän- dert gelassen; dagegen auf Entfernung baupolizeilichher Behinderungen der geseßlichen Freiheit des Eigenthums, so wie auf Erhöhung aus Central- Fonds um jährlich 100,000 Fl. Anträge gestellt. Den leh- ten Antrag basirte Dekan Friedrich auf die in den konneren Vor

trägen unablässig erhobenen und wie die „Töne einer Aeolsharfe““ |

aus den Landraths - Organen erkflungenen Klagen. Ebenso kräftig muuterte zur Förderung des Landbaues auf Dckan Vogel. Zugleich fürchtete er zu viel für die Heilbäder verwendet. Abhülfe sprah auch Frhr. v. Rotenhan. Für Klöster- und Kirchen Bauten verwendete sich aufs wärmste geistl. Rath Tischer; für die protestantischen Pfarrgebäude aber Þr. Harleß, der zugleich be- hauptete, die amtlichen Berichte der Kreis - Regierungen in diejem Betreff seien niht immer genau, weil diese von der Ueberzeugung ausgingen, daß sie, je sparsamer, desto willklommener wären, Le y- bold tadelte, daß die Pläne zu genügsamen kleinen Pfarr= und Schul: häusern oft in der Art Abänderungen erleiden, daß man sio ihrer Geräumigkeit wegen nicht einmal möbliren könne, Er ziehe die Dauerhasftigkeit der Schönheit vor. Wie er, wünschte anch Stö ker hohe luftige Dächer auf dem Lande, zudem keinen Bau Luxus. n ähnlihem Sinne sprachen Freiherr von Welden und Defan Göß. Ueber den Flachdächergeshmack und das langwierige Aus- bleiben von Bauplan - Genehmigungen klagte Freiherr von Thon- Dittmer mit Anführung von praktischen Beispielen “namentlich bei Brandunglücken. Er stimmte übrigens beiden Anträgen zu, Fm Verlauf der Diskussion hatte der Königliche Minister des „Znnern Herr von Abel mehrmals das Wort genommen, zu noch ausführli erem Vortrag erhob er sich am Schluß und sagte unter Anderem :

„Es sei cine der schönsten wichtigsten Aufgaben der Stände, die Be dürfnisse des Landes, die Erfahrungen, die sie darüber zu machen (Selegen

heit gchabt, auszusprechen, und auf solhe Weise an den Thron zu bringen. |

Darin bestehe ein wesentlicher Theil ihres Berufs, und die Negierung werde jederzeit die Erfahrungen, die sie auf solche Weise aussprechen und an den Thron bringen, der genauesten und sorgfältigsten Prüfung unterstellen, Wenn es sich aber um die Ziffer des Bedarfs handle, so reichen für Be rechnung diescr Ziffer jene Erfahrungen nicht aus Diese Zisfer könne nur ermittelt und festgesezt werden auf Grund genauer Besichtigungen der vorhandenen Gebäude, auf Grund ciner von Sachverständigen vor- genommenen Schäßung der zu wendenden Baufälle. Diese Besichtigung, diese Schäßung müsse sich über alle Gebäude im ganzen Umfang des Kö- nigreihs erstrecken. Sie könne nur vorgenommen werden durch die dafür angestellten Bau-Behörden. Aus diesen Quellen {öpfe die Regierung die Voranschläge des Bedarfs. Judeß hätten die Wünsche, wo die Regierung sich von deren Begründung überzeugt, jiderzeit auch der bereitwilligsten Er- füllung sich zu erfreuen, und es sei, um dazu zu gelangen, keinesweges er- forderlich, daß in die Acolsharfe der Anträge die Windsbraut des Referats hineinstürme, um nicht Töne der Acolsharfe, sondern etwas stärkere Töne hervorzurufen, Schon in der vierten Finanz - Periode sci zur Verbesserung der Landbauten eine Summe von 500,000 Fl. aus den Erübrigungen ver- wendet, es sei damit nicht Unansehuliches geleistet worden, Die Regierung erkenne es, daß der Bedarf noch nicht vollkommen gedeckt sciz sie habe des halb zur Erreihung des Zieles eine weitere Summe von 500,000 Fl. be- stimmt. Es könne und dürfe indeß in einem und demselben Zeitraum die Zahl der auszuführenden Bauten nicht über das Maß hinaus gesteigert werden, welches dur die Zahl der vorhandenen Beamten geseßt sci, Daß die neuerlih gegebenen Summen für die Erreichung des Zieles hinreichen werden, dafür glaube die Negierung die vollste Bürgschaft in den ihr vorliegenden auf genaue Schäßung der zu wendenden Baufálle gegründeten Gutachten der Kreis - Regierungen und in dem Gut achten der obersten Bau - Behörde zu finden, bei welcher die einge- holten Regierungs - Berichte aufs neue sorgfältigst geprüft worden seien. Schon im Monat Februar d. J. sei eine Ausschreibung an alle Kreis- Regierungen nah dem Befehl Sr. Majestät des Königs erlassen worden, dahin gehend, daß bei allen Gebäuden, in Ansehung deren dem Staate die Baupflicht obliege oder gegen ihn angesprochen werde, jederzeit, wie die Nothwendigkeit des Baufalls sich herausstelle, sogleich der Kosten Voranschlag entworfen, die Baupflicht, wo sie nicht ohnedem schon feststehe, auf geseß lichem Wege festgestellt und dann das Ergebuiß mit Bericht vorgelegt wer- den solle. Es sei dabei zugleich befohlen worden, daß, da cs sich hier un die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen handle, sür welche das Budget eine bestimmte Gränze nicht seße, in jedem Falle, wenn die gegebenen budget- mäßigen Mittel nicht ausreichen und im Budget dafür uicht Vorsorge ge» troffen sei, sogleih das Nöthige aus dem Reichs-Reservefonds entnommen, nie aber der Bau verschoben werden solle. Nicht minder sci an alle Kreis - Regierungen die Weisung ergangen , bei Herstellung neuer Staats-, Stiftungs- und Gemeinde - Gebäude vor allem das Bedürfniß des Zwecks ins Auge zu fassen, zu welchem das Gebäude herge- stellt werden soll, das Haupt-Augenmerk nicht auf die äußere Form, sondern auf die Befriedigung des gegebenen Bedürfnisses zu richten und darüber zu wachen, daß dieses Bedürfniß und mehr nicht befriedigt werde. Allerdings soll dabei auch die äußere Form nicht vernachlässigt werden, die äußere Form aber sei etwas Sckundäres, das erste und wichtigste sei das zu be- friedigende Bedürfniß, und darauf seien die Kreis-Regierungen in den deut- lichsten, bestimmtesten Worten hingewiesen worden, Seien in einigen Fällen durch die vorgeschriebenen Baupläne große Belästigungen der Betheiligten herbeigeführt worden, so habe die Regierung davon keine Kenntniß erhalten, sonst würden gegründete Beschwerden sofortige Abhülfe gefunden haben. Bei Wiederherstellung abgebrannter Ortschaften namentlich werde uur auf die Beseitigung baupolizeilicher Mißstände Bedacht genommen. , Andere Beschränkungen des Eigenthums seien, wenn sie verfügt worben sein sollten, ganz im Widerstreit mit den bestehenden Vorschriften. Gewiß würden bei Handhabung ver Bau-Polizei überall und in allen Verhältnissen die Rechte des Eigenthums sorgfältig beachtet, Es liege keinesweges in den Grund- säßen, noch in den Absichten der Regierung, über die Gränzen hinauszuge- hen, welche die bekannie Bauinstruction vom Jahr 1805 gesteck habe,

Für dringende |

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Jndeß werde das in der Mitte des 4ten Ausschusses Angeregte zur dringen- den Aufforderung dienen, näher nachzuforschen, ob irgendwo von den be- stehenden Vorschriften abgewichen und über die darin geseßten Gränzen hin- ausgegangen werde. „Es is bei dieser Gelegenheit so fuhr der Herr Minister fort noch der Stellung des Ministeriums erwähnt worden. Die Ansichten, welche ausgesprochen wurden, sie stehen nah meiner Ueber- zeugung im innigsten Verbande mit den Ansichten über die ganze bei uns bestehende Negierungsform, Es theilen sih die monarchishen Staaten, welhe vorzugsweise als die constitutionellen bezeichnet werden, rüdck- sihtlich der Negierungsform und des ihrer Verfassung zu Grunde liegenden Svstems in zwei sehr verschicdene Klassen. Jn einem Theile dersclben, wie z. B. in England, regiert, wie es dort auch klar ausgesprochen is, der König im Parlament, das Parlament ist zur Mitregierung berufen. Jn Fraukreich is eben dieses zwar nicht staatsrecht- lih ausgesprochen, faktisch aber findet es statt. Dicse Negierungsform aber möchte ih nit cinmal cine constitutionell-monarchische nennen, sie hat viel- mehr manche Aehnlichkeit mit der republikanischen. Eben diese Regierungs- form aber, sie ist von jeher Deutschland fremd gewesen. Die ständischen Verfassungen sind in Deutschland schr alt. Zu Deutschlands Glück aber hat von jeher in allen seinen Theilen ein schöneres, ein liebevolleres Ver- hältniß zwischen Fürsten und Volk bestanden, das Verhältniß des Vaters zu den Kindern, eben das Verhältniß, welches in Jhrer Mitte schon öf ters in Anspruch genommen worden is. Und wahrlich, unter allen deut- chen Stämmen ist keiner, dessen Geschichte so ergreisend und überzeugend auf jeder Seite nachweist, wie Fürst und Volk zu allen Zeiten nur eine Familie gebildet haben, als gerade der baverische. Durchblättern Sie alle Seiten unserer Geschichte, wo weist sie in der langen Reihe von Jahr hunderten , die sie umfaßt, auch nur einen Wittelsbacher auf, der ein Dränger seines Volkes gewesen? Wo ist einer gewesen, der nicht Bater seines Volkes war? Wo einer, dem nicht der Wahlspruch vorschwebte, der auf dem Schlachtfelde von Giengen aus dem Munde cines bayerischen Fürsten erscholl der Wahlspruch: „Heute todt oder lebendig nut meinem BRolke!‘’ und die baverischen Fürsten, sie sind von jeher, nicht blos an einem Tage, sondern durch ihr ganzes Leben in Freude und Leid mit ihrem Volke gestanden.“ Noch war in der Debatte die Bemerkung ge, das ein freies, sclbstständiges Ministerium gewünscht werde, lvorauf dex Herr Mini ster folgende Erwicderung gab: „Wir, die wir an diesem Tische stehen, wo immer es sich um cin wahres Landesbedürfuiþ handelte, haben noch immer bei unserem geliebten Könige ein osscnes Ohr, ein Vaterherz gefunden, und

es giebt Jhnen weit größere Bürgschaft für das Glück ein Ministerium solch selbstständiger Art, wie man es hier beiwünschen wollte. Auch berubt die Selbstständigkeit der Minister auf ganz anderen Grundlagen : sie beruht in der persönlichen Ge- finnung, ín demi Charalter der Männer, die an diesem Playe stehen. Und wir Alle sind in dem Falle gewesen, solhe Selbstständigkeit geltend zu ma hen, gegenüber cinem edlen Fürsten, der uur das Gute, nur das Glück seines Landes will,“

diescs Vaterhe1z, des Landes, als bezeihnen und her

% Aus dem Hannoverschen, im August. Die That sachen, welhe die Hamburger Neue Zeitung (\. Allg. Pr. Z. Nr. 46) in diesen Tagen zur Berichtigung eines früheren in die mei sten deutschen Zeitungen übergegangenen Aufsabßes über Anwendung einer Polizei - Ordnung aus dem siebzehnten Jahrhunderte anführte, sind vollkommen richtigz uur hätte noch bemerkt werden sollen, daß in dem erwähnten Rechtsfalle späterhin auf eine Appellation des Land bewohners an die kompetente Ober - Behörde, die Königliche Justiz- Kanzlei zu Celle, von dieser reformatorisch dahin erkannt wurde, daß

da die Polizei-Ordnung auf Gegenstände und Verträge des täglichen Verkehrs keine Anwendung erleide das fraglihe Erkenutniß des Untergerichtes wieder aufzuheben sei, unter Verurtheilung des Appel= lagten in die Kosten der Instanz.

Kurhessen. Kassel, 9. Aug. (F. J.) In langer Zeit hat nichts \o schr den Stoff zur stündlichen Unterhaltung hergegeben, als das folgende Schreiben des Orts-Vorstandes und der Mitglieder der Armenpflege-Deputation, welches einem jeden selbstständigen Einwoh- ner zugefertigt wurde, Es lautet: „Seit vielen Jahren haben die Ausgaben für die Armenpflege in der Residenz mit deren Einnahmen in keinem Verhältnisse gestanden und leßtere theils dur den gerin gen Zinsfuß, theils durch entzogene oder verminderte Beiträge qus anderen milden Stiftungen, so wie durch Verminderung der freiwilli- gen Beiträge, so sehr abgenommen, daß die dermaligen Einnahmen sür die unumgänglich nothwendigen Ausgaben bei weitem nicht hin- reichen, und jeßt, abgesehen von dem augenblicklichen Nothstande, cin jährliches Defizit von 8000) bis 9000 Rthlr. stattfindet. Jun Folge dieses hat nach einer Mittheilung des wohllöblichen Stadtrathes hier selbst Kurfürstl. Ministerium des Junern verfügt, daß alle hiesigen Einwohner, welche noh gar nicht zur allgemeinen Armen =- Kasse bei steuern, sofort zu einer noch im Laufe dicses Monats zu zahlenden Armensteuer angemahut und diejenigen, welche nah ihrem Vermögen oder sonstigen Verhältnissen zu wenig zahlen, zu Erhöhung des Bei trags aufgefordert werden sollen, mit der Androhung, daß sonst nach 8. 7 der Verordnung vom 21. Juni 1705 wegen Ansabes einer Steuer das Nöthige werde eingeleitet werden. Ju Gemäßheit die- ser höheren Verfügung und mit Beziehung auf die Verordnungen vom 21, Juni 1765 und 6. August 1773 fordern wir Sie hierdurch auf, einen genügenden Beitrag auf dem auliegeuden Zettel, welcher nach Ablauf von drei Tagen wieder abgeholt wird, einzutragen.“ -— Auffallend is es, wie man sich auf die Verordnung vom 21. Juni 1705, §. 7, beziehen kann, da wir glaubten, daß sie längst außer Kraft sei, weil sie in der neuen Sammlung der hessischen Laudes- Orduungen von Kulenkamp nicht mehr enthalten ist; eben so wenig vermochten wir sie in dem systematischen Repertorium aller für die furhessishen Staaten ergaugenen Gescbe, Verordnungen, Ausschreiben und anderen allgemeinen Versügungen, von demselben Herru Verfas= ser, aufzufinden.

Frankreicch.

Paris, 10. Aug. Der Monuiteur veröffentlicht eine Adresse des Kolonial - Conseils von Guadeloupe an deu Gouverneur, die in der Sitzung vom 3, Juli votirt ist. Die Kolonie dankt darin in den verbindlichsten Ansdrüken für den hülfreichen Beistand des Mutterlan- des uach ihrem lebten großen Unglück, aber kann sich zugleich folgen der ernsthaster Bemerkungen über die Entscheidung der französischen Legislatur hinsichtlich der Zuckerfrage nicht enthalten : i Wt

„Wie groß auch immer, Herr Gouverneur, der Muth und die T hâtig- feit der Bevölkerung sein mögen, die Kolonie wird doch, wenu sic ihren eigenen Kräften überlassen bleibt, wenn sie nach wie vor Me 0 der Abgaben tragen soll, aus ihren Trümmern sich nicht wieder erhe 4 önnen. Jhr die unerläßlichen Hülfsquellen zu verschaffen , Die Ce Maus derselben durch das Gesez zu ordnen, das ist es, was sie von der Verwaltung und von dem Kolonial-Conseil erwartete. Sie wariete mit Baugen und Zagen, deun es handelte si für sie um Leben eder Tod. Und nun kommt dies neue Unglück, das Votum der Deputirten-Kammer, welches unser Leiden, das uns heimgesucht, verdoppelt und unseren Ruin vollständig zu machen droht, Was man uns schuldig war, was wir forderten, war die Rückkehr zu unserem ursprünglichen Vertrage, oder zur Gleichstellung der Zölle und der Bedingungen. Die Kammer bewilligt uns uur das erste, und dies un- vollständige Necht wird uns noch 5 Jahre vorenthalten. Unser Elend kann diese Zeit nicht überdauern. Wenn unsere Lage uicht geändert wird, shwin- det jede Hoffnung; die Schutthaufen von Pointe à Pitre werden auf dem Boden liegen bleiben, die Trümmer unserer Hütten werden unscre Ebenen noch ferner bedecken.“‘ i ; ÿ

Eine heute bekannt gemachte Ordonnanz des Königs eröffnet dem Migpister der auswärtigen Angelegenheiten, einen Supplementar= Kredit von 600,000 Fr. für die vermehrten Dienstleistungen des Jahres 1843 unter dem Ausgabe - Titel „außerordentliche Missionen

und unvorhergesehene Ausgaben.“ Die weitere Regulirung der ueuen Ausgabe wird in der nächsten Session den Kammern aufgegeben wer-= den. „Dieser Kredit“, heißt es, „scheint dazu bestimmt, die dem aus= wärtigen Amte durch den Regierungswechsel in Spanien vermehrten Ausgaben zu bestreiten.“ Herr Guizot hat ohne Zweifel die Absicht, die Anzahl der diplomatischen Agenten Frankreihs in Madrid zu vergrößern.

Herr Munoz, der Jutendant der Königin Christine und Herr Escosura, einer ihrer Geheim-Secretaire sind heute, wie der Commerce berichtet, nah Madrid abgegangen.

Grossbritanien und Irland. London, 9. Aug. Die Blätter veröffentlichen cine Adresse

au den Kanzler und den Vice-Kanzler der Universität Orford, worin die Behörden dieser Universität ersucht werden, die Jugend, welche derselben anvertraut werde, vor dem gesährlichen Einfluß des Pu seyismus zu bewahren, und ihr eine Erziehung zu sichern, die mit den Grundsäßen der jeßigen english=-protestantischen Kirche und der Ver- fassung des Reichs übereinstimmen.

Mau hat kürzlih in einem Privathause in Woodstoc eine Eut-=

deckung gemacht, die für die Geschichte des spanischen Erbfolgekrieges |

von großer Wichtigkeit zu werden verspricht; nämlih man hat die ganze Korrespondenz und alle Depeschen des Herzogs von Marl= borough, welche derselbe während dieser bedeutungsvollen Zeit ge führt und erhalten hat, in 18 bisher unter altem Geräthe viele Jahre hindurch unbeachtet gebliebenen Schachteln aufgefunden. Ein großer Theil der Briefe, namentlich die an den Prinzen Eugen und alle fremden Souveraine, Prinzen und Generale, sind in französischer Sprache geschrieben. Von welchem Werthe dieser Fund überhaupt ist, läßt sich erst nah geuauerer Durchsicht der Papiere angeben, die Sir George Murray im Auftrage des jeßigen Herzogs von Marl- borough voruehmen soll,

Spani en.

Paris, 10, Aug. Telegraphische Depesche aus Spanien :

Bayonne, 10. Aug. Die Generale Concha und Figueras sind zu General -Lieutenauts ernagunt worden; Concha is überdies zum General - Juspektor der Jufauterie und Figueras zum General Inspektor der Provinzial -Milizen und General-Capitain von Sevilla ernannt worden. (S. das Schreiben aus Paris in Nr. 46 der A Pre Gt

General Concha is am 31. Juli in Cadix eingerüdckt Das Linienschiff „Malabar““, au dessen Bord sich der Regent krank be findet, lag noch in der Bai von Cadir.

__ Madrid, 3. Aug, Die Junta von Burgos hat auf das Verlangen der Regierung, den General Seoane in Freiheit zu setzen, olgendes erwiedert :

„Die Junta hat die Zuschrist Ew, Excellenz, worin sie aufgefordert wird, den (General Seoaue kraft des ihm von dem General Narvaez aus- gestellten Passes weiter reisen zu lassen, erhalten. Die Junta hat jedoch geglaubt, den Beschluß fassen zu müssen, daß der Geueral Seoane hier bleibe, bis ein fompetentes Gericht über scin Schicksal entschieden haben wird, da oes nicht ihre Sache ist, zu prüfen, welche Rechte den Gencraleu im Felde über besiegte Feinde zustehen, sobald keine Capitulation abge- schlossen worden ist, und überdies is auch unsere Provinz unabhängig von der Autorität des tapferen Generals Narvaez. Gott erhalte Sie 2c.“

Ungeachtet dieser energischen Antwort hat der Präsident der Junta, Herr Collantes, erklärt, daß, da die Regierung sich konsti tuirt habe, die Junta den Befehlen derselben Folge leisten müsse. Man glaubt daher, der General Seoane werde in Freiheit geseßt werden.

____6 Madrid, 3. Aug. Der Telegraph wird den Ausgang Cspartero’s bereits berichtet haben. ] i e

Nachdem Cspartero Sevilla 10 Tage lang beschossen, 606 Bom ben und Uber 2000 Kanonenkugeln in die Stadt geschleudert und vier Stürme vergeblich unternommen hatte, hob er am 28sten früh die Belagerung auf und zog sich mit seinen Truppen nach Utrera zu- ride, Am 209sten Vormittags waren von diesen bereits mehr gls 2000 Maun bei AlcalŸ de Guadaira zu den Sevillanern übergegan- gen, Vier Bataillone, 6 Batterieen und eine Schwadron pronunzir- ten sich in Utrerg. Als der General Concha am 2&\ten Abends den Rückzug Espartero's auf Cadix erfuhr, marschirte er mit seinen weni= gen Truppen, etwa 2500 Mann, in aller Eile nach Lobrija , wo er am 29sten früh hörte, daß Espartero, gefolgt vou 400 Mann der besten Kavallerie, ihm zuvorgekommen war. Der gauze Be= lagerungs = Park, der nah Cadix geführt wurde, fiel in Concha?s Hände. Sogleich eilte dieser mit einiger Kavallerie weiter, um Espartero von Cadix abzuschneiden und sich seiner Person zu be= mächtigen. Als Concha Abends in Jerez aukam, fielen mehrere Gene rale uud Offiziere in seine Hände. An der Spiße der Kavallerie legte er den Weg bis Puerto de Sauta Maria im Gallopp zurück. Hier befaud sich Espartero mit seinen Ministern, der Eskorte (Leib garde) und etwa 1500 Maun Jufanterie. Mit verhäugtem Zügel sprengte Concha an der Spibe seines Generalstabes und zweier Schwa- dronen in die Stadt. Allein wenige Minuten zuver hatte sih Espar= tero an Bord eines ihn erwartenden spanischen Dampfschiffes bege- ben, das ihu um halb elf Uhr Vormittags nah dem englischen Linien hi „Malabar““ überführte. Er hat dieKriegs-Kasse und einige Minister (der des Junern, Laserna, und der Kriegs-Minister, Nogue= ras, begleiteten ihn) und Adjutanten mit eingeschifft, Concha wußte diesen Umstand uicht, und da er vermuthete, daß Espartero sich unter den Truppen befände, die er auf dem nah Puerto Real führenden Wege erblickte, so ließ er diese turh die Kavalle- rie chargiren, und die Reiterei der Eskorte Espartero’'s, die gus der auserlesensten Mannschaft besteht, unter beständigem Gefecht bis an die Brücke von Zuazo verfolgen, Das Bataillon Segovia, cine Compagnie des Regiments Luchana, die ganze Kavallerie der Eskorte, die Generale Don Juan van Halen, Osset, Alvarez, Santa Cruz, Oviedo und viele Stabs-Offiziere fielen in Coucha?s Hände.

Cadix, die Forts von Santa Catalina, San Sebastiau und die Jusel Leon erklärten sich am 3)sten für die neue Regierung. Eine provisorische Junta wurde in Cadix eingeseßt, und diese Stadt wird ihr Benehmen hart büßen müssen. Das englische Kriegs-Dampfschiff „Uzard“, welches Depeschen und 20,000 Piaster von Cadir an den Gouverneur des Monjuich überbringen sollte, stieß in der Nacht vom 23steu auf der Höhe von Cartagena mit dem französischen Dampf- {hi „la Véloce‘/ zusammen und ging zu Grunde.

Es heißt, Espartero hätte vor Sevilla einen seiner Adjutanten und mehrere Offiziere erschießen lassen.

„Die Vertheidigung von Sevilla ist eines der außerordentlichsten Erciguisse der jüngsten Zeit und bildet das Gegenstük zu der, welche die Patrioten von Madrid vergeblich erwarten ließen, Zwei {wache Bataillone des Regiments Aragonien, 100 Mann vom Regiment Galiz cien und einige Zoll -Soldaten und. Artilleristen machten die gauze Besaßung aus. Einundzwanzig Tage lang wurde die Stadt belagert zehn Tage lang bombardirt und sechs Tage hindurch leitete Espartero persöulich den Angriff an der Spibe von 17 Bataillonen, 9 guserlçe- senen Schwadronen, 30 Kanonen, 6 Vierundzwanzigpfündern und 16 Mörsern. Die Stadt hat bedeutend gelitten; der unter dem Namen la casa de Pilatos befannte Palast des Herzogs vou Medina Celi

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ist vernichtet, Ju ein einziges Gebäude fielen 16 Bomben. Nonnen irrten in deu Straßen umher, die über sie zusammenstürzeuden Klü- ster verlassend. Der Bischof der kanarischen Juseln begab si stets auf die gefährlichsten Punkte, um den Sterbenden den leßten Trost zu gewähren. Der General Figueras, der an der Spiße der Einwohner stand, sagt in einem an diese gerichteten Aufruf: „Gott is es, der den Sieg verleiht. Eilt, mcine Kinder, iu den Tempel, ihm zu dan- fen. Was hätten wir ohne seine Hülfe vermocht? Nichts,“ Ucber- haupt is es eine beahtenswerthe Erscheinung, daß der gegenwärtige Ausstand dazu gedient hat, auch die religiösen Gefühle des Volkes wiederzuerweckeu und zugleich das Audeuken an die glorreichen Thaten der Vorfahren hervorzurufen. Ju Valencia wie in Granada, iu Se villa wie in Valladolid werden feierliche Prozessionen veraustaltet, und alle Kirchen geöffuet, um den Herrn in Andacht zu preiseu, und das Schwerdt Ferdingnd's des Heiligen , die Banner Ferdinand's und Jsabella's, die Rüstung Alonso's VI., das Schwerdt Jaime's des Éroberers, werden in Sevilla, Granada, Toledo, Valencia nach lan gen Jahren aus den Rüstkammeru hervorgeholt, um den vaterläudi schen Siny zu entflammen. Z

Aus aufgefangenen Depeschen ergiebt sich, daß die Minister Espar= tero's eine Menge Emissarien nah Barcelona und Galicien schickten, um sich unter der Maske von Exaltirten in die Junten einzuschleichen, und wo möglich eine Reaction zu Gunsten der Ayacuchos hervorzu- rufen. Auf diese Weise sind die neuesten Austritte zu erklären, deren Schauplaß Barcelona und deren Folge das Zurücktreten der Mode rirten war.

Hier in Madrid geben Generale wie Minister, ja, Moderirtc wie Exaltirxte, das Beispiel einer wahrhast bewundernswürdigen Mäßi gung. Keinem einzigen der Menschen, die noch vor zehn Tagen je den wehrlosen Bürger auf das brutalste mißhandelten, widerfäßrt das (Geringste, und die Generale, welche die Henker Diego Leon's waren, dürfen sich ungescheut in den Straßen zeigen. Der Minister Ser rano hat der Junta von Burgos befohlen, den General Seoane in Freiheit zu seßen, Narvaez hat die Gemahlin Espartero?s besucht, und sich ihr zu jeder Dienstleistung erboten. Sie ihrerseits hat nicht nir ihre eigenen Meubeln aus dem Palaste Buengvista nehmen lassen, sondern auch alle übrigen Sachen von Werth, sogar die Fenfsterschei ben, eisernen Gitter u. s, w. Alles dieses denkt sie hier versteigern zu lassen, und sich dann nah England zu begeben. Auffallend ist, daß sogar das berühmte Dorf Granatula, in welchem Espartero zu erst das Tageslicht erblickte, sich mit dem Geschrei: Nieder mit Espartero!‘ pronunzirte, obgleich Truppen in der Nähe waren.

Auf den eigenen Wunsch der Königin is die verwittwete Mar quisin von Santa Cruz wieder zur Ober - Hofmeisterin (Camarera mayor) ernannt worden. Sie bekleidete diese Stelle seit der Ge burt der Königin bis zur Ernennung des Herrn Arguëlles zum Vor mund. Die Marquisin befindet sich in den franzöfischen Pyrenüen bädern. Man hat einen Courier au sie abgeschickt.

Cin fonderbarer Vorfall ereignete si gestern im Hotel des eng lischen Gesandten. Ein Mensch von üblem Aeußeren drang in dasselbe ein, und wollte es durchaus nicht wieder verlassen, indem ex vorgab, erfahren zu halben, daß der Gesandte jedem Freiwilligen, der sich melde, um zu Espyartero's Truppen zu stoßen, 5 Piaster verabreiche. Auf dieses Geld machte er Anspruch, bis endlich nach der Wache ge schickt und er fortgeshleppt wurde. i __ Nachschrift. Das englische Kriegsschiff „Malabar“ weigerte sich anfangs, Espartero an Bord zu nehmen, Der Minister Laserna mußte sih nah Cadix begeben und von dem englis{chen Konsul die desfallsige Verfügung auswirken, Darauf nahm der „Malabar Espartero und seine Begleiter auf, salutirte sie mit 21 Kanonen schüssen und ging nach Lissabon unter Segel. Die zurückgebliebenen Truppen waren in der fürhterlihsten Anarchie, und die Offiziere ver= wünschten ihr Schicksal und deu Mann, der sie verließ.

In Sevilla sind dic Kathedrale, die Lonja, der das Museum unverlebßt geblieben.

Die Junta von Valencia hat sich aufgelöst, sobald sie erfuhr, daß die neue Regierung hier eingeseßt war,

Alcazar und

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____X&ckX Pariís, 10. Aug. Nach dem Vorgange der Junta der Hauptstadt von Catalonien hat jeßt auch die Provinzial-Deputation von Barcelona eine Vorstellung an die Regierung gerichtet, aus wel- cher wir die wichtigsten Stellen hervorheben: „Kaum hat der Lorbeer des Sieges unsere Waffen umkränuzt““, sagt die Provinzial-Deputation, nach einer kurzen Darstellung der leßten Revolution und ihrer Ur

sachen „kaum haben wir wieder einmal frei aufgeathmet, so regen sich auch schon neue Besorgnisse, und drohen neue Störungen unse

res Friedens. Die gedämpften Leidenschaften entflammen sich von neuem, die Parteien sondern sich wieder von einander ab, jede der- selben mustert und unüstet ihre Streitkräfte, jede von ihnen scchickt sich an, die andere zu bekämpfen, Der Einfluß der einen aus= wärtigen Nation ist kaum verschwunden, so regt sich auch \chon der Einfluß einer anderen. Möge der Himmel solches Unglück abwenden. Aber wie es vermeiden? Wie den Frieden befestigen, die Freiheit auf sichere Grundlagen stüßen, und die Ungh= hängigkeit der Nation retten? Die oberste Junta der Provinz Barce- lona hat das Wort ausgesprochen, und die Provinzial-Deputation macht es sich zur Pflicht, dasselbe zu wiederholen: Durch die Einbe rufung der Central-Junta des Königreichs und die Beibehaltung der Provinzial-Junten bis zur Entscheidung der Central- Junta.“ Die Provinzial-Deputation schildert hierauf die großen Verdienste, welche sich die Junten zur Zeit der napoleonischen Invasion erworben haben, und fährt dann fort: „Die Maßregeln, welche das Land damals ge

rettet haben, werden es auch jeßt retten, Die Provinzen verlangen mit lauter Stimme, daß diese Maßregeln genommen werden, und die Provinzen täuschen sich uicht, Wehe der Nation, wehe der Freiheit, weun das Verlangen des Volkes verkannt wird, wenn das Volk seine Hoffuungen betrogen und seine Befürchtungen verwirklicht sieht. Die Central-Junta der Nation werde unverzüglich ciuberufen, man überlasse es ihr, die großen Fragen des Augeublicks aufzuklären und zu entscheiden, und man lasse die Provinzial = Junten, deren wir den eben vollendeten Triumph der Nationalsache verdanken, inzwischen fortbestehen, als Bürgschaft der Ordnung und als Grundlage der Einigkeit aller guten Spanier. Wenn dieje Maßregeln unterblieben, dann, die Provinzial-Deputation wiederholt es, „dann wehe der Frei- heit und wehe dem Vaterlande.“ Das Verlangen nah der Cin= berufung einer Central-Junta zeugt deutlich von der Furcht der Eral

tirten, daß dic christinische Partei auf die bevorstehenden Corteswal- len einen zu großen Einfluß ausüben, und daß sie im Stande sein werde, die s{hwebenden Verfassungsfragen durch eine nah den ge=- wöhnlichen Regeln zusammengesebte National - Vertretung in ihrem Sinne entscheiden zu lassen. Bleiben dagegen die Junten in Wirk= samkeit, und gelingt es, die konstituirende Gewalt in die Hände cines Central-Ausschusses derselben zu legen, so is es nicht zweifelhaft, daß die Stimme der Exaltirten die Oberhand behalteu wird, Haben aber die Junten eine rechtmäßige Sendung zu der für sie auf Kosten der ordentlichen National-Repräsentation in Auspruh genommenen Rolle? Die zu ihren Gunsten an die Regierung gerichteten Adressen, und eben so die Plaidoyers der Zeitungen, übergehen diesen Rechtspunkt mit klüglichem Stillschweigen, da sich au in der That nicht der Schatten eines Grundes findeu läßt, aus welhem die tumultugrisch gebildeten

| ershweren, unter Umstäuden gar völlig unmöglich zu machen.

revolutiougiren Behörden auch nah der Wiederherstellung der Orduung und des Fricdeus den Vorzug vor den dur regelmäßige Wahlen zu bildenden verfassungsmäßigen Staatskörperu haben sollen.

Vie heute cinlaufendeu authentishen Nachrichten aus Sevilla und Cadix enthalten die vollflommene Bestätigung der vorgestern aus= gesprochenen Vermuthung, daß die im christinischen Geiste geschriebe= neu Berichte über deu Rückzug und die Einschiffung Espartero?s durh gehässige Unwahrheiten nud Uebertreibungen den wahren Hergang der Sachen entstellt haben. Die Beschießung von Sevilla hat unmittelbar ua dem am 27sten Abeuds crfolgten Ein= tressen der Nachricht von dem Treffen vou Torrejon de Ärdoz und von der Uebergabe von Madrid aufgehört. Espartero, der sih bis zu dicsem Augenblicke in dem Lager vor Sevilla befand, brach in eige jener Ereignisse am 28sten mit der ganzen ihm noch übrig ge= Ps Truppenmacht auf, und rückte in eiligen Märschen auf

nes Ae Ry Abends in Puerto de Santa Maria ange= u e. Ds z fu, sich in diesem Hafen einzuschiffen, seine Truppen

„ach Cadix weiter marschiren zu lassen. Als der General Concha am J0sten Morgens früh in Puerto de Santa Maria aukam, war C|partero bereits an Bord des „Malabar“. Der General Concha eßte die Verfolgung der esparteristishenTruppen fort, vou denen der gröbte N LON d erreichte, sondern sich mit einem so unbedeu-=

Widerstand ergab 3 i Ve te P f Es S fra daß nux 10 Verwundete und 3 Todte auf

Ueber die preußischen Straf - Anstalten.

L Mit Recht hat der neue Strafgeseß-Entwurf das allgemeiuc uteressc lebhaft in Anspruch genommen. Unter den Fragen, welche 1s in weiteren Folge an diesen Gegenstand kuüpfen, is die über die D A dei Verbrecher in den öffentlichen Straf-Anstalten cine l tigsten. Auch is sie in neuster Zeit vou mebreren öffent= lichen Blättern nach verschiedenen Seiten besprochen worden.

Ss entspricht dem Begriff und den Zwecken eines wollge= ordneten Staates, daß die Bestrafung eines Verbrechers uicht lediglich als Ahndung des begangenen Unrechts betrachtet, sondern daß sie zugleich als Mittel zu dessen moralischer Besserung benußt werde. Vie preußische Regierung is diesem Grundsaße gefolgt ; sie hat in dem der Freiheits - Strafe verfallenen Verbrecher immer den Menschen geachtet und bei Anwendung der Strafe nicht blos die Erhaltung und möglichste Schonung seines Körpers berüicksihtigt, sondern auch dahin gestrebt, ihn dur geeignete Mittel zur Besserung zu führen und ihn nach überstandener Straßzeit der bürgerlichen Gesellschaft als uüb- liches Mitglied zurückzugeben. So bestimmen die Reglements für die Straf = Anstalten: „Es solle gleichzeitig mit der Vollstreckung der Strafe in der Anstalt darauf hingewirkt werden, daß der Sinn der Sträflinge während ihres Aufenthalts in sittlicher und reli=

| giöser Beziehung gebessert und zugleih die geistige Bil-= | dung, sv wie die körperliche Geschilklichkeit so weit, als es | die Individualität des Sträflings und die Verhältuisse der Anstalt | gestatten, in der Art erweitert werden, daß von demselben nach seiuer | SURNnng die Führung eines geregelten Lebenswandels zu erwarten Meer | Bekanntlich wird aber die Besserung der in Hast befindlichen meist lauge dauernde Zusammenleben

Einwirkung auf die moralische | Sträflinge durch das nahe und | t derselben schr erschwert, da theils | der zur Besserung sich Neigende im Umgang mit weniger Empfäng= | lihen in seinem Entschlusse wankeund gemacht, theils aber auch der | von vorn herein Minderverderbte durch den Kontakt mit Grundver= | derbten von deren Fehlern infizirt wird, so daß er das Strafhaus nicht | selten entsittlihter verläßt, als er es betreten hat. Um diesem an= erkannten Uebelstande zu begegnen, werden in gut eingerihteten | Strafanstalten die männlichen Sträflinge vou den weiblichen, die jugendlicheu von den älteren, die weniger verderbten von den mehr vorderbten völlig getrennt. Aber auch bei dieser Klassifizirung der Sträflinge is, namenutlich in stark beseßten Anstalten, des kon- tagiösen Stoffes und der schädlichen Berührungen uno genug vor- handen, um die Bemühungen zur Besserung der Sträflinge zu wei E ar völlig u | Seit zwei Bezemunen is man, vorzüglich in Nord-Amerika und England bemüht geweseu, die in dem Zusammeuleben der Strafgefangenen liegenden Hindernisse ihrer moralischen Besserung möglichst zu besci- tigen. In dem 18253 zu Auburn New - York erbauten Ge= fängnisse werden sämmtliche Gefangene des Nachts -in Einzelzellen von emander getrennt und des Tages unter dem Gebote des Schweigens zu gemeinschaftlicher Arbeit angehalten. Wenn nun in der völligen ZJsolirung zur Nachtzeit, während welcher eine genügende Beaufsichtigung am wenigsten möglich ist, allerdings ein bedeutender Fortschritt im Besserungesysteme lag, #0 blieb hinsichtlich der Tages= zeit noch ein weiterer Schritt zu thun, da, selbst unter dem Verbote dor Unterhaltung, durch das Zusammenleben der Sträflinge, zumal bei mangelhafter Beaufsichtigung, das Miasma der moralischen Ver= derbtheit erfahrungsmäßig im Stillen fsortgepflanzt werden kann Die im Jahre 1829 zu Philadelphia erbaute Strafanstalt that diesen weiteren Shritt: sie isolirt die Sträflinge in Einzelzellen, bei Tage und bei Nacht, gänzlich, nicht bloß unter einander, son= deru auch, so weit dies irgend thunlich i}, von jeder Berührung mit anderen Menschen, um sie durch den Mangêl aller von außen fommendoen geistigen Erregung zur ungestörten Selbstbetrahtung und Selbstprüfung zu nöthigen und so ihre moralische Umwandlung her= beizuführen. Diese vollstäudige Jsolirung von allem uud jedem Ver= tchr mit Meuschen, elbst bis zur Entziehung der Tröstungen und Belehrungen der Religion, konnte voraussichtlih den gewünschten Erfolg nicht haben. Die Sträflinge verkümmerten körperlich und geistig, versielen in Wahnsinn oder wurdeu bis zur Unbändigkeit ver= härtet und verstockt. Es mußte daher die auf die Spibe getriebene Absonderung der Gefangenen auf das rehte Maß zurückgeführt werden. Dies geschah in England bei der im Jahre 1838 eingetre tenen neuen Lrganijsation des Gefängnißwesens, Das strenge penn- sylvanische System der einsameu Einsperrung solitary con- finement -— ward mit einem modifizirten der bloß vereinzelnden Einsperrung separale confinement vertauscht, wobei man von folgenden Ansichten ausgiug: 1) der Gefangene hat ein Ver= brechen begangen, er muß dasür bestraft werden; 2) er ist verderbt ihm muß deshalb nicht gestattet werden, Andere zu verderben : 3) er ist größerer Verderbuiß fähig, er muß deshalb von Allen die dazu wirken möchten, abgesondert werden ; endlich 4) er soll nach Voll= streckung seines Urtels zur Gesellschaft zurückkehren, er muß deshalb in solchen Fertigkeiten geübt und ihm müssen solhe Pflichten ein= geshärft werden, welche die größtmögliche Garautie gewähren daß er uicht ferner von den Geseßen abweichen werde. Während also die cinsame Cinsperrung oder das sogenaunte streng pennsylvanische System den Sträfling ganz seinem Schidsale überläßt und, unpsy-- chologisch genug, die sittliche Erhebuug von seiner eigenen freien Entschließung erwartet, is die vereinzelnde spe oder das modisizirte peusylvanishe System bemüht, auf die Sträflings direkt und durch alle erdenkli Sie gewährt ihm daher eiue geräumige,

Mittel einzu : tilixte Zelle und einen offfeneu Hofraum zu freier z sie

p. è