1843 / 56 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

/ erzigen Schwestern“ betitelte Schrift zu lesen, die in den Bei- e Ma pa ny en Dokumenten enthält, welche sowohl die Anerkennung ihrer Verdienste, als das Verlangen nach denselben bekunden, Wir bitten ihn, was Frankreich betrifft, sih mit der Statistik der dortigen Wodhslthätigkeits-Austalten etwas näher zu beschäftigen und namentlich das- jenige zu lesen, was bei Gelegenheit der Proposition der Deputirten Gol-

erg, Moreau und Vatry in den Kammern verhandelt und durch die Presse veröffentlicht wurde. Wir citiren aus diesen Verhandlungen und den ein- stimmigen der Sache der barmherzigen Schwestern günstigen Aeußerungen nux die einzige des auch in Deutschland bekannten Herrn Cousin, ehemali- gen Ministers de l’instruction publique, welche lautet; J’aurais dix mains que je les livrerais toutes pour une pareille cause. Doch alle diese zahl- losen Beweise scheinen für Herrn Dr. Jacobi nicht zu existiren, da er pag, 9 seiner Bemerkungen sogar so weit geht, zu behaupten, die barmherzigen Schwestern seien aus Mareville entfernt worden, wohingegen, außer den Berichterstattern und den von denselben dem Landtage vorgelegten amtlichen Dokumenten, ganz Frankreich wahr halten wird, daß hiervon nie die Rede gewesen, vielmehr noch in neuester Zeit für die große auf 600 Kranke be- rechnete und neu eingerichtete Verpflegungs - Austalt zu Stephansfelde im Elsaß ebenfalls die barmherzigen Schwestern zur Verpflegung, sowohl der männlichen wie der weiblichen Irren, berufen wurden, und dies in einer Provinz, wo außer der Verschiedenheit der Konfessionen auch noch Ver- chiedenheit der Sprachen obwaltet, Wir dürfen daher, so lange uns wei- tere Beweise nicht vorliegen, ohne zu weit zu gehen, annchmen, daß es mit der von Herrn Dr. Jacobi angeführten Entfernung der barmherzigen Schwestern aus den wiener Spitälern eben so seine Nichtigkeit oder viel- mehr seine Unrichtigkeit hat, wie mit seiner aus der Luft gegriffenen Behauptung vou 1hrer Entfernung aus Mareville. Es bleibt uns nur noch übrig, das leßte Bedenken zu beleuchten, welches Herr Dr. Jacobi gegen die Einführung der barmherzigen Schwestern erhebt, bei dem wir freilich, als einem Haupt-Bedenken, etwas ernsthafter mit dem ge- lehrten Herrn zu Werke gehen müssen, Herr Dr. Jacobi spricht nämlich die Besorgniß aus, durch die Mitwirkung der barmherzigen Schwestern das Seelenheil seiner Konfessionsgenossen gefährdet zu sehen, Ehe wir uns weiter bemühen, diese Besorgniß zu zerstreuen, wird Herr Dr. Jacobi uns einige Auskunft über das sonderbare P a4 zu ertheilen haben, welches sich aus den amilihen Nachweisungen bei den Aufnahmen in kon- fessioneller Bezichung ergiebt und pag. 6 des Berichts der Untersuchungs- Kommission näher angegeben is. Während in der Provinz das Verhältniß der fatholischen Bevölkerung zur cvangelischen in runden Zahlen sich wie 76 pCt. zu 23 pCt. gestaltet, gestaltet sich zu Siegburg das Verhältniß der während 20 Jahren aufgenommenen Kranken, ihrer Konfession nach, wie 63 pCt. zu 35 pCt, Daß dieses Mißverhältniß zur Bevölkerung während eines so langen Zeitraums ein zufälliges sei, wird Herr Dr. Jacobi eben so wenig behaupten wollen, als er die Möglichkeit zugeben kann, daß das- selbe in dem Unterschiede der Konfession selbst begründet seiz es blcibt ihm also nichts übrig, als zuzugeben, daß er die Jrren sciner eigenen Konfessions- Genossenschaft zur Aufnahme geeigneter befunden hat. Und Angesichts einer so schreienden Thatsache wagt Herr Dr. Jacobi, nachdem er von Humanität und Liberalismus gefaselt, auh noch den unsauberen Geist der modernen Toleranz herauf zu beschwören, und zwar da, wo es sich um die Annahme der barmherzigen Schwestern handelt; er wagt es „..,... doch nein, wir wollen nicht vergessen, daß wir einem anderen Grundsaße huldigen, und nicht selbs reden, sondern Thatsachen und Andere reden lassen! In den oben erwähnten zahlreichen Schriften protestantischer Kollegen des Herrn Dr. Jacobi finden wir jencs Bedenken nirgends ausgesprochen; dagegen sagt Herr Dr. Nöggerath a. a. O. in seinem Urtheil über die Wirksamkeit der barm- herzigen Schwestern; „Das Ergebniß seiner Beobachtungen habe sich ihm als ein sehr befriedigendes gezeigt, um so mehr, als er sich bewußt war, dieses katholische Institut mit strengem Blicke evangelischer Gesinnung ge- prüft zu haben, und durchaus nicht von günstigen, durch religiöse Ansichten bestimmten Vorurtheilen dafür eingenommen gewesen zu sein, Diesem Zeugniß fügen wir den Erlaß des Königlichen Ober - Präsidenten der Pro- vinz Posen bei, welcher die Einführung der barmherzigen Schwestern in die dortigen Spitäler bezweckt und sich darüber in folgenden Worten aus- spricht: „Auch in den besseren gewöhnlichen weltlichen Krankenhäusern wird es ewig an einer sorgfältigen , herzlichen Behandlung der Kranken fehlen, Die Herzlichkeit kann nicht befohlen, nicht belohnt, nicht kontrollirt werden, sie fann nur aus einem feineren, inneren, frommen Triebe hervorgehen. Ein Palast, in welchem der Sieche auf seidenem Lager von gedungener Hand seine Arznei pad dürfte ein geringes Jnstitut gegen eine Stroh- hütte bleiben, in welcher Neligion und Liebe einen kranken Mitbfuder pfle- gen,“ Wir lassen diesem Zeugniß ein anderes folgen, eine Adresse der israclitischen Gemeinde an die barmherzigen Schwestern zu München:

„Die fromme Hingebung und der ausdauernde Muth, womit die hoch- geehrten und ehrwürdigen barmherzigen Schwestern sich der Wartung und Pflege der Leidenden in dem hiesigen städtischen Krankenhause unterziehen, ist allgemein anerkannt und zieht in gleichem Maße die Bewunderung so vieler physischen und moralischen Kraft, wie den innigsten Dank jedes Füh- lenden für die hierdurch der Menschheit erzeugten Wohlthaten auf sich. Auch die der israelitischen Religion Angehörigen, deren Erkrankten die ehr- würdigen Schwestern, ohne Rücksicht auf die Glaubens-Verschiedenheit, dic- selbe Fürsorge angedeihen lassen, sind von diesen Gefühlen durchdrungen, und die unterzeichnete Administration bittet daher, als deren Organ, den {wachen Ausdru ihres innigsten Dankes hiermit gütigst entgegennehmen und als cin kleines Zeichen ihrer tiefen Verehrung beifolgende Uhr als Andenken annchmen zu wollen, mit der Versicherung, daß zu jeder Zeit und Stunde eingedenk sein wird der ehrwürdigen barmherzigen Schwestern dankbarste und ergebenste Administration der israelitischen Kultus-Gemeinde.

Kommerzien-Rath Marx, Vorstand, Jos. von Hirsch, Assessor.“

Jndem wir jeßt zu Thatsachen übergehen, bezeichnen wir ihnen zunächst als solche, die beweisen, wie wenig jene fonfessionellen Bedenken als gegrün- det erachtet werden, daß erst im vergangenen Jahr das protestantische Für- stenthum Neuchatel sein neu errichtetes Krankenhaus den katholischen Schwestern übergab, daß die evangelischen Diakonissinnen zur Krankenpflege nah Berlin berufen sind, und daß die Nachbarstadt Boun im Begriff steht, cin Krankenhaus zu gründen, den barmherzigen Schwestern zu übergeben, und daß Se. Majestät der König diesem Unternehmen durch Kabinets-Ordre vom 30. Mai d. J. den Allerhöchsten Beifall zu erkennen gegeben haben. Was aber in einem durchaus protestantischen Lande, wie das Fürstenthum Neuchatel ohne konfessionelle Bedenken zu erregen, geschehen konnte, dns sollte in der Rhein-Provinz unmöglich sein, in welcher 76 pCt. der Bevöl- ferung der katholischen Religion angehören? Der König von Preußen sollte cine inrichtung beifällig anerkennen fönnen, durch welche das Seelcnheil seiner darin aufgenommenen Konfessionsgenossen bedroht würde ? Die katho-

lische Kirche sollte ihrerseits nicht Einspruch thun gegen die Aufnahme ihrer Angehörigen in die Krankenhäuser der Diakonissinnen ?

Nein, meine Herren evangelischer Konfession, es ist unmöglich, daß Sie durch Jhr Votum diesem Geiste finsterer Jutoleranz huldigen, daß Sie auf eine so \hroffe Weise in Widerspruch treten mit der Lehre vom barnherzi- gen Samariter, die Jhnen erst vor wenigen Tagen vorgetragen wurdez es ist unmöglich, daß sie aus solchen Gründen der Provinz eine segensreiche Einrichtung vorenthalten, die, außer anderen Vortheilen, den Steuerpflichti- gen mindestens eine Last von 20 Millioncn Rthlru. jährlih erspart. Jch darf , ih muß Sie daran erinnern , daß Sie ein Vertrauungs - Votum \o vieler katholischen Wähler besizen, daß c in di

A 2 t Ihre Zahl in dieser Versammlung sich verhält wie 35 zu 45, daß si seit vem ‘vorigen Landtage diese Zahl um 10 Mitglieder vermehrt hat, und das alles ohne Rüfblick der katholi- schen Wähler auf die Vergangenheit und ohne Hinblick auf die wichtigsten in die katholischen Verhältnisse ties eingreifendsten Fragen. Jm Interesse des konfessionellen Friedens unserer Provinz muß ih Jhnen alle diese Bedenken vorführen, die ganz anderer Art sind, als die, welche Dr. Jacobi im Jnte- resse der konfessionellen Zwietracht heraufbeschworen hat." Aber ih darf hoffen , daß ich dieses nicht vergebens gethan, und ich darf Sie bitten nachdem ih o eindringlih, wie cs mir möglih , zu Jhrem Verstande zu reden versuht, Sie mir auch noch einige Augenblicke gestatten, um den Versuch zu wagen, zu Jhrem Herzen zu gelangen, Als Sie auf dem vorigen Landtage zwei ehrenwerthen Mitgliedern und mir den Austrag ertheilten, dessen wir uns durch den zur Berathung vorliegenden Bericht eutledigteu, da ahnete ih nicht, S es auf mich machen würde, eine der crhabensten menschlichen Einrichtungen und die Leistungen jener tapferen Schaar mit eigenen Argen zu schen, die allein unter der Fahne und im Solde der christlichen Barmherzigkeit streitet, Seitdem ih nun ge- sehen und mehr als gesehen, tief empfunden habe, was es heißt, für eine

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364 höhere Jdce, für die höchste und christlichste Jdee, für die Jdee: seinen Nebenmenschen zu lieben wie sich selbst und Gott über Alles, was es heißt, für diese Jdee zu streiten mit allen Kräften des Geistes und des Körpers, ohne Opfer und Entsagung zu scheuen, und mehr als das, ohne sie zu kennen, mit einem Wort, zu streiten mit der ganzen Macht des werkthätigen christlichen Glaubens ; seitdem ih gelernt habe, was der Mensch kann, wenn er sih des rechten Wollens bewußt is, seitdem ist das Bedürfniß, auch auf Sie einen Theil dieser Empfindungen zu übertragen, bei mir mächtiger ge- worden, denn jeglide andere Rücksicht, Gelingt mir dies nur im allerge- ringsten Maße, fo sind die Vorschläge, die Jhnen so eben gemacht wurden, durch Jhre cinstimmige Annahme gesichert.

¿Vielleicht giebt es nihts Größeres auf Erden, als das Opfer der körperlichen Vorzüge, der Jugend und oft einer vornehmen Geburt , wel- ches ein zartes Geschlecht bringt, um in den Hospitälern den Zusammen- fluß alles menschlihen Elendes zu erquien , dessen Anblick so demüthigend für unseren Stolz, so empörend für unsere Weichlichkeit ist,“

Es sind dies nicht meine Gedanfcn und Worte, es sind dies die Ge- danken und Worte des großen Apostels des materialistishen 18. Jahrhun- derts, des Erzpatriarchen aller Freigeister und Pseudophilosophen , des bit- tersten Spötters unseres gemeinsamen ch1istlichen Glaubens, Voltaire's.

Dieses Urtheil, m. H., is wenigstens des Pietismus nicht verdächtig, und wird selbs! von unseren modernen Aufklärern und von den speichel- leckenden RNuhmrednern der freigeistigen Richtung, wenn es gilt, sie als trauriges Ornament ciner Königlichen Grabstätte zu benußen, oder sie als

Köder cinem begierlihen Pöbel hinzuwerfen, es wird auch von diesen als cin unparteïisches Urtheil, als das Urtheil eines kompetenten Richters an- genommen werden müssen, Ein Anerkenntniß der Wahrheit aus diesem Munde, ein folcher dcm Geist der Lüge und des Hohns abgedrungener Tribut redet lauter als die ganze Kanzel-Beredtsamkeit der alten und neuen Zeit, Und dennoch vermochte dieses Zeugniß nichts gegen den fanatischen Zerstörungsgeist, den der Zeugnißgeber herauf zu beschwören so treulich mitgewirkt hatte, Diescs Ungeheuer von Undank ließ an jenen barmherzi- gen Jungfrauen, welche von der christlichen Liebe, der sie ihr Leben gewidmet, zugenannt sind, an diesen geweihten Dienerinnen der Kran- len und Armen, welche jeder Noth, von welcher sie hören, zu Hülfe cilen, mit besonderem Jugrimm jeine Wuth aus. Durch die brutalste Ge- walt vertrieben aus den frommen Werkstätten der Barmherzigkeit , wurden sie von den Henkersfnechten der Revolution, unterstüßt von den Priesterinnen der Vernunft, ihrer Ordenskleider beraubt und auf die beschämendste und grausamste Weise öffentlich mit Ruthen gepeischt. Als jedoch der Wahn- sinn des Schrekens-Regiments ausgewüthet hatte, als der Minister Chaptal im Monat Nívose des Jahres LX, der Republik ihre Wiederherstellung de- kretirte, da schlugen bei dem ersten Gerücht von der Herstellung der barm- herzigen Schwestern alle milden Herzen freudiger, alle Nothleidenden lebten von neuem in Hoffnungen auf, und von einem Ende Frankreichs zum anderen ward der Minister gesegnet, welcher mit diesem denkwürdigen Dekret ihnen die Freiheit, ihrem Berufe zu leben, wiedergab und auf ewig seinen Namen ihren Tugenden und ihrem christlichem Nuhme anschloß. Sie aber, entschlossen, das Gute in allen Gestalten und mit allen Mitteln zu üben, und zwar zur Ehre Gottes allein, sie haben mit den Weltmenschen nicht gerechnet, und mit dem Gefühle einer gänzlichen Kraft-Erneuerung cilten sie von allen Seiten zur Hülfe der Kranken und Armen abermals herbei, Weder die Ungewißheit ihres Lohnes, noch die barbarischen Mißhandlungen, die sie erlitten hatten, weder die Erinnerung an das Vergangene, noch dic Furcht vor der Zukunft, nichts konnte ihren Muth shwächenz Eltern, Verwandte, neue Verhältnisse, neue Gewohnheiten, Alles haben sie verlassen, und sih in den Schooß der gött- lichen Fürschung werfend, deren würdigste Ebenbilder sie sind, forderten sie als einzige Bedingung ihrer großmüthigen Hingebung, ohne Furcht, eine Re- ligion ausüben zu dürfen, aus welcher sie alle Kräfte zu schöpfen vermoch- ten, deren sie bei Lösung einer so erhabenen Aufgabe bedurften. Nachdem Frankreichs kurzer Freiheits\hwindel in dem Siegesruhm cines jungen Kriegers untergegangen war, der mit eisernem Willen Segen und Verderben nach Wohl- gefallen spendete, und dessen Adlerblick jeden Keim erkannte, aus dem ihm ein neuer Lorbeer erwachsen konnte, da wurden die Schwestern unter dem Schube der kaiserlichen Mutter in die Hauptstadt berufen und ihnen die Aufgabe gestellt, selbst zu fordern, was ihnen zu ihrer größtmöglichen Ausdehnung nothwen- dig erschien. Sie aber forderten nichts als die geseßliche Freiheit, nach ihren Statuten leben zu dürfen, und die Mittel zur Gründung neuer Zufluchts- stätten des Unglücks, da, wo sh das Bedürfniß hierzu geltend machen würde, Schon damals erschienen in Paris die Oberinnen von 31 verschic- denen Genossenschaften, schon damals bedienten sie 850 Hospitien und Hospi- täler, in denen 3366 Schwestern sih der Krankenpflege und dem Schul- Unterricht widmeten. Sie wurden des besonderen Kaiserlihen Schußes versichert und ihre Forderungen ohne Ausnahme bewilligt. Seitdem ver- mehrte sich ihre Zahl und Wirksamkeit zusehends, und ihr Name wird ge- scgnet in den Ländern aller Weltthcile, so weit Frankreichs Herrschaft reicht. Die Genossenschaft des heiligen Vincenz von Paula hat jeßt allein in Frank- reich mehr als 300, im Auslande 150 Häuser, und die Zahl ihrer Mitglie- der beträgt mehr als 5000, Als im Jahre 1820 der edle protestantische Pfarrer Naville aus Genf, den Pilgerstab der christlichen Barmherzigkeit in der Hand, alle Länder Europa's durchwanderte, um das furch.bare Uebel des Pauperièmus in seiner ganzen Ausdehnung und die ihm ent- gegengeseßten geseßlichen Mittel in ihrer praktischen Wirksamkeit ken- nen zu lernen und so die Materialien sammelte zu einem Werke, welches seines tiefen, umfassenden und geistreichen Jnhalts wegen von der Akademie der Wissenschaften zu Paris als gekrönte Preisschrift anerkannt wurde, da besuchte auch er die Anstalten der barmherzigen Schwestern, und auch er ertheilt in seiner gehaltvollen Schrift: De la charité légale, de ses esfets et ses causes, ihrer Wirksamkeit das rührendste und rühmlichste Zeugniß, Solche außerordentliche Erscheinungen dürfen aber auch an uns nicht unbeachtet vorübergehen, nicht unbenußt dürfen wir die Gelegenheit lassen, auch unserer Provinz ihr herzerhebendes Beispiel, ihren praktischen Nuyen zu sichern. Wenn es uns auf diese Weise gelingen sollte, die Po- lizei- und Zwangs - Anstalt zu Siegburg, Zwangs - Anstalt für jene, die sie einschließt, und Zwangs - Anstalt für die, welche sie unterhalten müssen, wenn es uns gelingt, sie in eine Wohnung der christ- lihen Barmherzigkeit zu verwandeln und dem dürren Felsen Sieg- burgs eine Quelle zuzuleiten, die das ganze Arsenal der weltlichen Macht wohl ableiten, trüben, versenkcn, aber nimmer hervorzurufen im Stande is; eine Quelle, welche in allen von ihr durhströmten Gebieten die unver- kennbarsten Spuren des sie befruchtenden göttlichen Segens hinterläßt : dann dürfen auch wir für Siegburg diesen Segen erwarten, von dem alles Ge- deihen allein abhängt, wir dürfen erwarten, daß das, was alsdann da im Namen der wahren Barmherzigkeit geschieht, alle Klagen über Opfer ver- stummen macht, die mit denen keinen Vergleich aushalten, welche dort täg- lih und stündlich gebracht und doch_nicht als solche empfunden werden z dann dürfen wir hoffen, daß fromme Stiftungen und Gaben nicht ausblei- ben und es allmälig möglich werden wird, den Tribut des Zwangs in einen Tribut der Liebe zu verwandeln. Wer, meine Herren, die Schwestern ge- sehen hat, wie sie in der Blüthe ihres Lebens, gesund, rüstig, ohne Fehl an Körper und Ehre, aus tadellosen, selbstständigen, theils reihen Familien, mit jener körperlichen Schönheit, jenem edlen Anstande geschmückt, die das Ergebniß der heitersten Zufriedenheit und der größten Harmonie sind und, das Bild ihres Junern auf das Aeußere übertragend, den schlagendsten Beweis liefern von dem Einfluß der Seele auf den Körper des Menschen; wer geschen hat, wie dicse heldenmüthigen Jungfrauen nicht in einer augenblicklichen Aufwallung, son- dern mit jener durch ein strenges dreijähriges Noviziat geprüften, den wah- ren Heldenmuth bezeihnenden Geistesrnhe Wahnsinnige, unheilbare Kranke, Epileptishe, Aussäßige, verarmte Wöchnerinnen, verkommene Trinker, mit Krankheiten behaftete Dirnen, kurz, alles Elend, welches die Ruhe, die Heilung, die Decenz in anderen Hospitälern stören könnte, ohne Unterschied des Glaubens, des Geschlechts und des Alters mit einer Liebe und Sorg- falt pflegen , die vielleicht Wenige ihren nächsten Angehörigen auf die Dauer zu widmen im Stande sind; wer die musterhafte Ordnung und bis dahin unerreichte Néinlichkeit ihrer Häuser und ihre wirthschaftliche Weis- heit zu bewundern Gelegenheit gehabt: dem muß jeder Versuch, ein Bild dessen zu entwerfen, was sie sud, ein vergeblicher Versuch, ein armer Schat- tenriß erscheinen. Und daß ih dennoch diesen Versuh vor Jhnen gewagt, Sie werden es Alle um der Sache willen entschuldigen. Wem aber von Jhnen das größte irdishe Glück zu Theil geworden, das Glück, den Werth eines Frauenherzens kennen zu lernen, kennen zu lernen den Reichthum an Liebe, Muth, Hingebung, Entsagung, Selbst- verleugnüng, an den edelsten Anlagen aller Art, die ein solcher Schay in

sich schließt, der wird den Enthusiasmus begreifen, mit dem ih vor Jhnen geredet habe von diesen Königinnen unter den Frauen, die von dem erha- bensten irdischen Thron, dem der christlichen Barmherzigkeit , hinabsteigen in die Zufluchtsstätten des menschlichen Jrrthums, des Jammers und der Schuld, pflegen und trösten, wo keine Heilung möglich, und indem sie mit ihren jungfräulichen Händen den Körper reinigen von dem Schmuyte des Lasters und des Elendes, seine Qualen lindern und die Seele bewahren vor den Schrecknissen einer lezten grauenhaften Verzweiflung.

Jch schließe mit den Worten einer durch Geist, Herz und Charakter ausgezeichneten Frau:

„U y a de la raison dans l’enthousiasme, et de lP’enthousiasme dans la raison, toute fois quand lun et Pautre out pris naissance dans la nature, et qu’aucun mélange d’affectation n’en fait partie.“

(Schluß folgt.)

Berlin, 24. Aug. Die heute eingetroffene Elberfelder Zeitung enthält den Schluß des amtlichen Berichtes über die fünfzigste Plenarsibung der rheinischen Provinzialstände, so wie den Bericht über die 51. und 52. Sißung. Jn der 50. Plenarsißbung wurde zum Schlusse sehr ausführlicher Verhandlungen die von dem Referenten des Ausschusses gestellte Frage: „Soll in Betracht der außerordentlichen Leistungen der Schwestern von St. Charles, diese oder eine andere Genossenschaft von barmherzigen Schwestern für Siegburg zu gewinnen gesucht werden,‘ von 16 Stimmen bejaht, von 27 verneint, Jn der 51, Sibung wurden die Protokolle von drei vorhergehenden Sißungen genehmigt, und 11 der 52, die Ver= handlungen über die Jrrenheilanstalt zu Siegburg fortgeseßt,

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Berlín, 24. Aug. Ein Bericht in der Nummer 194 der hie= sigen Vossishen Zeitung, datirt Berlin den 19, August, welcher von dem in der Naht vom 18ten auf den 19ten d. stattgehabten Braude des Königlichen Opernhauses handelt, enthält u. A. die Worte: „Zwischen 11 und 12 Uhr erschienen auch die ersten Abthei= lungen des Militairs“ „nah und nah rückten noch mehr Abthei- lungen Militair an“, welche hinsichtlich der unrichtigen Angabe der Zeit die nachfolgende Berichtigung erfordern.

Jn demselben Augenblick, wo der erste helle Schein, welcher dem demnächst allgemein hervorbrehenden Brande voranging, sich an den= jenigen oberen Fenstern des Palais Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen bemerklih machte, die dem Opernhause zugewendet sind, und gleichzeitig der Feuerlärm von der Königswache ertönte, begaben des Prinzen von Preußen Königl. Hoheit sich auf die Straße und befahlen einem zufällig sih daselbst befindenden Offizier: aus der, nahe der Weidendammer= Brücke gelegenen Kaserne eiligst ein Ba= taillon des 2ten Garde - Regiments zu Fuß herbeizuholen. Der Schnelligkeit ungeachtet, mit welcher dieser Offizier den empfangenen Befehl auszuführen strebte, begegnete derselbe auf scinem Wege nach der Kaserne schon einem 40 Mann starken, formirten Detaschement der 5ten und 6ten Compagnie des genannten Regiments, welches der Brandstätte zueilte und selbige um 105 Uhr erreichte. Diesem De- taschement fast auf dem Fuße, folgte der Rest der beiden Compagnieen und diesem wiederum in ganz kurzen Zwischenräumen die 8e, dann die 7te Compagnie, dieser leßteren aber unmittelbar § Bataillon, be= stehend aus der 10ten und 11ten Compagnie; so daß um 107 Uhr 6 formirte Compagnieen bei der Brandstätte angekommen waren. Daß bei der großen Entfernung der meisten Kasernen von dem Opern=- hause, ein Theil der nach dem leßteren hineilenden, respektive hinbe= orderten Truppen erst später zur Stelle sein konnte, lag in den Um= ständen.

Muüúünster, 21, Aug. Se. Kaiserl. Königl. Hoheit Erzherzog Albert von Oesterreich trafen gestern Abend, von Norderney kommend, unter dem Namen eines Grafen von Teschen mit Gefolge hier ein und seßten heute gegen 12 Uhr die Reise nah Wien über Düssel= dorf fort.

Heute früh um 64 Uhr besichtigte der kommandirende General von Pfuel Excellenz das 13te Jufanterie-Regiment auf der Lodden= haide, zu welchem Zweck das 1lte Husaren = Regiment um 8 Uhr ebenfalls auf dem Plabe bestellt war. Als sich das Husaren - Regi- ment versammelte, wurde unter den Zuschauern zu Fuß der Erzher= zog Albert von Oesterreih Kaiserl. Hoheit erkannt. Der Oberst- Lieutenant von Heydebrand zeigte die Gegenwart des Erzherzogs Sr, Excellenz dem kommandirenden General au. Sogleich stiegen die hohe Generalität und die Stabs -= Offiziere von den Pferden und machten Sr. Kaiserl. Hoheit das Kompliment, Se. Kaiserl. Hoheit geruhten ein Offizier - Pferd zum Reiten anzunehmen und die Adju- tanten des hohen Gastes wurden mit Husaren - Pferden beritten ge- macht. Den Parademarsch der Jufanterie, die bereits ihr Exerzi- ren beendigt hatte, waren Se. Kaiserl. Hoheit \o huldvoll, abzunehmen, und verfügten sich sodann zu dem in Linie aufge- stellten Husaren - Regiment. Dem Exerziren dieses Regiments, wohnten Se, Kaiserl. Hoheit mit Aufmerksamkeit bei und verfügten sich stets an diejenigen Stellen, wo Kenner die Be- wegungen am besten zu beurtheilen vermögen. Nach dem Exer= ziren voltigirte das ganze Regiment, und Se. Kaiserl. Ho-= heit sprachen sih in den allershmeichelhaftesten Ausdrücken gegen den Commandeur dieses Regiments aus und berührten besonders das dreiste Reiten der Leute und die vortreffliche Dressur der Pferde. Sie wa= ren so gnädig, dem Regiments-Commandeur, der im Jahre 1839 Sr. Kaiserl. Hoheit die Lehr - Eskadron in Berlin vorzustellen die Ehre hatte, die Versicherung zu geben, daß Sie Sich dessen noch mit Ver= gnügen erinnerten, hier aber das Gleiche gesehen hätten.

Kölu, 19, Aug. (K. Z) Jhre Königl. Hoheiten der Herzog, die Herzogin . und die Prinzessin Maria von Cambridge sind unter dem Namen des Lord Baron Culloden gestern mit dem lebten Con- voi hier angekommen. Heute besichtigten Jhre Königl. Hoheiten die Domkirche und seßten dann Jhre Reise nah Koblenz fort.

Köln, 20. Aug. (Düsseld. Z.) Die gestern hier stattge- habte General-Versammlung der Actionaire der Rheinischen Eisenbahn hatte zum Resultat, daß sich die Gesellschaft als solhe niht zur Uebernahme der Köln-Mindener Bahn verstand z dagegen konstituirten sih die anwesenden Actionaire zu einer neuen Actien-Gesellschaft, um den Bau der Kölu - Mindener Eisenbahu unter den vom Ministerium gestellten Bedingungen zu übernehmen. Es ward alsbald zur Wahl eines Comités geschritten, und es wurden Zeichnungen zur Be-= \hafung des Kapitals entgegen genommen. Hierbei ward zum Grunde gelegt, daß es den Jnhabern der Rheinischen Eiseubahn- Actien freistehe, eben so viele Actien bis zum Belaufe von 45 Millionen ir das neue Unternehmen zu zeihnen. Eben so haben die früher

attgefundenen Zeichnungen, welche sich auf circa 1,200,000 Thlr.

belaufen, ein Vorreht; sür den Rest geschahen noh in der Sibung von berliner, kölner und audcren Banquier-Häusern über den Be- darf eventuelle Zeichnungen, so daß das ganze Bau-Kapital mehr als hinreichend gededckt it. Das neu erwählte Comité, aus Kölnern bestehend, hat es übernommen, binnen ganz kurzer Frist die Statuten zu entwerfen und einer Versammlung zur Genehmigung vorzulegen, um alsdann die Bestätigung des Staats zu erlangen,

X Trier , im August, Durch die verspkitete eme Foven Mangel nicht allein auf dem platten Lande A em E e er: Grad verblieben, sondern auch in den messen ist hauptsächlich dem sten Lebensbedürfnisse noch immer sehr E. baß diese Gegenstände Oeffnen der Königl. Magazine zuzuschrei estie en sind, Die desfall- nicht zu völlig unerschwinglichen Preisen 9 Eeall ntt baibaréi An-= sigen Maßregeln des Gouvernements ri Privat - Wohlthätigkeit ist emen A ERCURET F Noth bei der ärmeren Volksklasse Vieles ebenso: Jur My fe ur irgend möglich war, hat man durch Aus- geen beg A e A dergleichen Beschäftigungen dem Handwer= ker e, Tagelöhner Verdienst zu M e, worin auch jeßt noch fortgefahren wird. Auch die Gemeinden ha en sehr lobenêwerthe An-= strengungen zur Beseitigung der Noth ihrer ärmeren Einwohner gemacht. [el Z ¡st die Witterung im Allgemeinen zuträglich gewesen, Tei Sena E von welchen in diesem Jahre eine reiche Aerndte a, e ist sind an manchen Orten schon #o weit gediehen, daß dadurch Las dringendsten Bedürfnisse abgeholfen is, Der Heu = Er= trag ist meistens sehr gut ausgefallen, besonders ist in trockenen Wie- sen die Qualität vorzüglich. Indessen hat doch an manchen Orten durch die ungünstige Witterung das niedergemäht gewesene Gras an Werth sehr verloren, Der Weizen, so wie auch der Hafer, stehen vortrefflich z aber es fehlt auch diesen an warmer und trockener Wit- terung, damit die Reife vorangehen kann, Obst wird es wenig ge- ben, da die Blüthe zum Theil ungünstige Witterung hatte und noch mehr durch Raupenfraß verdorben worden is. Ueber den Ausfall der diesjährigen Weincrescenz, der Haupt-Nahrungsquelle eines gro- ßen Theils des Mosellandes, läßt sich zwar nichts ganz Bestimmtes angeben z eine, die Mittelmäßigkeit übersteigende Sorte Wein is in- kaum zu erwarten. gas Obgleich der viele Regen nicht geeignet war, die Reiselust zu weden, fo is die Mosel-Dampfschissffahrt doch im erfreulichen Zuneh- men begriffen, besonders da bei hinreichendem Wasserstande, der in diesem Jahre die Schifffahrt auf Mosel und Saar überhaupt begün-= stigt, die größeren Dampfschiffe gebraucht werden können, was bei den an der Mosel ausgeführten Correctionen, wozu der Staat so beträchtliche Summen verwendet hat, in der Folge und sobald das Moselbett sich gehörig gebildet hat, auch unter den gewöhnlichen Witterungs-Verhältnissen wird stattfinden können. V

Große Hoffnungen zur Hebung des Wohlstandes hiesiger Stadt und des ganzen Mosellandes werden auch auf die Ausführung des Kanals, der die Maas mit der Mosel verbinden soll, gesebt; leider ist aber vor der Hand noch keine Aussicht dazu vorhanden, indem den eingezogenen Nachrichten zufolge zur Zeit noch feine Bestimmungen zur Wiederaufnahme der desfallsigen Arbeiten eingetroffen sind. Auch die Ausführung der Eisenbahn - Aulage von Saarbrücken nah der Rheinschanze will keinen Fortgang gewinnen.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

Sachsen. Dresden, 21. Aug. (L. Z.) Heute wurde der Landtag mit den gewöhnlichen Feierlichkeiten geschlossen, wobei der Präsident der ersten Kammer wie früherhin die Rede des Königs durch eine Gegenrede erwiderte, War Lebteres bis vor wenig Ta- gen noch A N so mag es nicht überflüssig sein, den Gang die= ser Angelegenheit mit wenig Worten zu bezeihnen. Wohl in Folge des Gebrauchs bei der feierlihen Eröffnung und Schließung der frü= heren Landtage, wo der Landtags-Marschall eine kurze Anrede an Se, Majestät vor dem Throne hielt, war in der provisorischen Land= tags -Ordnung bestimmt, daß der Präfident der ersten Kammer die Thronrede Sr. Majestät bei Eröffnung und Verabschiedung der Stände unmittelbar vor dem Throne durch eine Gegenrede erwie= derte, und zwar, wie es bei dem Schlusse heißt, im Namen der Stände. Man erinnert sich aus den Diskussionen der zwei= ten Kammer über die Adreßfrage bei Beginn des Landtags, wie man in der Mitte dieser Kammer aus jener Bestimmung der Landtags-Orduung einen Grund abzuleiten suchte, warum der zweiten Kammer die Einreichung einer einseitigen Adresse zuzugestehen sei. War nun auch eiu unmittelbarer Zusammenhang der Ädreß=Frage mit jenen Gegenreden nicht zu erkennen, da die Adresse, wie der Be= richt der zweiten Kammer sih ausdrückt, die Volksmeinung über den Gang der Staats =- Verwaltung, Ansichten und Gesinnungen, Lob, Beifall, Dank, Tadel, Mißbilligung im Namen des Volks aussprechen sollte; mußte die Regierung der Annahme einer einseitigen Adresse als Antwort auf die Thron-Rede, als im Widerspru mit dem in der Verfassungs = Urkunde ausdrüdcklih ausgesprochenen Sab, daß nur beide Kammern vereint das Organ der Gesammtheit der Staatsbürger bilden, entgegentreten : so konnte sie doch nicht verkennen, daß auch der aus der früheren Verfassung mit herübergenommene Gebrauch einer Gegenrede durch den Präsidenten der ersten Kammer den dermaligen Verhältnissen nicht mehr durchaus entspreche. Sie kounte nicht verkennen, daß auch diese lediglih durch den Präsidenten Einer Kammer zu haltende Ge= genrede dem Grundsaße des Zweikammer - Systems nicht ganz kon= form sei. Sie hatte, wollte sie den Anspruch der zweiten Kammer auf eine einseitige Adresse ferner mit Erfolg bekämpfen, selbst einen scheinbaren Grund zu beseitigen, der aus jener Gegenrede entnommen wurde, Aus diesen Gründen so haben sie wenigstens die Minister bei den Diskussionen hierüber entwickelt wurde, nachdem zu über= sehen war, daß zu einer speziellen Berathung und definitiven Feststellung der provisorischen Landtagsordnung guf gegenwärtigem Landtag nicht zu gelangen sei, in dem wegen fernerer provisorischer Gültigkeit der der- maligen Landtagsordnung erlassenen Dekrete , nebst mehreren anderen Abänderungen, auch der Wegfall jener Gegenreden als angemessen be= zeichnet, Die zweite Kammer war mit dem Wegfall einverstanden, wäh= rend die erste darauf, daß ihr Präsident die Gefühle der Verehrung, Liebe und Dankbarkeit gegen Se. Majestät öffentlich vor dem Throne ausspreche, einen hohen Werth legte und die Beibehaltung beantragte. Beide Kammern aber vereinigten sich in dem Wunsche, daß auf dem nächsten Landtage cine definitive Landtags - Ordnung berathen und verabschiedet werden möge, und daß der Entwurf hierzu erwählten Zwischen-Deputationen zur Vorberathung übergeben werde, Die Re= gierung hat dies gern zugestanden, und so vereinigten s\ch dann \hließlih die beiden Kammern auch noch über die Frage wegen der Gegenrede dahin: daß sie beide vereinigt die Bitte aussprachen, Se. Majestät möchte für den Schluß des gegenwärtigen Landtages die AATehs des Präsidenten der ersten Kammer annoch anzunehmen geruhen.

Jn Rücksicht auf diesen, von beiden Kammern ausgesprochenen Wunsch und im Hinblick auf die baldige definitive Verabschiedung einer Landtags- Ordnung, hat der König die Gegenrede für diesmal noch angenommen. Bei Eröffnung des nächsten Landtags dagegen wird nach den ferneren, von der Regierung genehmigten Beschlüssen die Gegenrede nicht gehalten werden. Die endliche Erledigung dieser örage wird ebenfalls bei Gelegenheit der Feststellung einer definitiven Lanudtags-Orduung erfolgen.

Leipzig, 21. Aug. (L. Z) Ihre Königl, Hoheit die Frau Prinzessin Albrecht von Preußen ist heute Nachmittag mit Gefolge

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auf der Magdeburger Eisenbahn hier eingetroffen und hat nach furzem D Höchstihre Reise auf der Route nah Hof von hier fort- gesebt,

__ Baden. Karlsruhe, 20. Aug. (Frankf, Jour.) Am 16, dieses Vormittags 11 Uhr hat Se. Königl. Hoheit der Großherzog das Schloß Kirchberg mit den beiden Prinzen verlassen und i} mit dem Dampfboot „Stadt Konstanz“ nah Konstanz abgereist. Dem Vernehmen nach werden Höchstdieselben einige Tage in Badenweiler zubringen und im Laufe dieser Woche noch hier eintreffen. Der Herzog von Braunschweig, der vorgestern hier eintraf, hat nicht lange verweilt und is gleih den andern Morgen nah Baden weiter gereist, wo sih jet ein außerordentlih glänzender Kreis höchster und hoher Herrschaften gebildet hat, wie er wohl nicht leicht an einem Orte sich zusammenfindet.

Frankreich.

Paris, 19. Aug. Herr Guizot wird si, nah seiner Abreise von Lesiaux, auf einige Tage nah dem Schlosse von Eu begeben.

Heute ist die Statue des Admiral Lapeyrouse, die für seinen Geburtsort Albi bestimmt is, in dem Hofe des Louvre aufgestellt worden. Der Seeheld is in dem Moment des Schiffbruchs darge= stellt, in der einen Hand das Sprachrohr haltend, während er sich mit der anderen auf seinen Degen stüßt. Die Statue wird einen Monat lang für die Bewohner der Hauptstadt ausgestellt bleiben, und dann nach ihrem Bestimmungs-Ort abgeführt werden.

Die Truppen, welche das Lager von Lyon bilden sollen, sind jeßt vollständig beisammen. Seit dem Jahre 1815 hat si bei die- ser Stadt kein Lager befunden.

Bei dem jeßigen {önen Wetter nimmt die Frequenz auf den Eisenbahnen von Paris nah Orleans und Rouen bedeutend zu. Die Cinnahme der Rouener Bahn betrug vom 8. bis 14. August 113,370 Fr. 75 Cent.; und die der Orleaner Bahn, in den Tagen vom 9. bis 15. August betrug 121,270 Fr. 20 Cent.

Die Marquise von Fournès, geborne von Broglie, leßte Ehren= dame der Madame Elisabeth von Frankreich, is in dem Alter von 81 Jahren gestorben.

x Paris, 19. Aug. Heute oder morgen wird der Graf von Syrakus hier erwartet, der nah einer gestern durch den Tele= graphen angekommenen Meldung aus Marseille auf einem neapolita- nischen Dampfschiffe bereits am 16ten zu Marseille eingetroffen ist. Ueber den Zweck seiner Ankunft, ob dieselbe blos einen Besuch der befanntlißh mit dem Königshause beider Sicilien nahe verwandten Königlichen Familie bezielt, oder ob er mit einer besonderen Mission von Sr. neapolitanischen Majestät beauftragt ist, läßt sich noch nichts Bestimmtes sagen, doch glaubt man das Leßbtere.

Die Herzogin von Vitoria war gestern Abend noch nicht hier eingetroffen, und es verlautet jeßt sogar, sie werde Paris auf ihrer Reise nach Havre gar nicht berühren in Folge von Andeutungen, welche man ihr auf indirekte Weise habe zukommen lassen. Die Kö- nigin Marie Christine, deren erste Kammerdame früher bis zu ihrer Abdankung die Herzogin von Vitoria gewesen war, die sich in hohem Grade des besonderen Wohlwollens und der Gnade der Königin er= freute, die ihr auch jeßt noch geblieben is, soll übrigens anfangs \o= gar die Absicht gehabt haben, sie förmlich einzuladen, zu ihr zu kom= men, was sie jedoch auf die Bemerkungen einiger ihrer vertrauten Räthe unterließ. Die Abreise der Königin Marie Christine nah Ma= drid wird entschieden nicht früher stattfinden, als bis die Königin Jsa- bella den Eid auf die Constitution vor den versammelten Cortes ge= leistet haben wird.

Der Abbé de Genoude, jeden Abend Legitimist in der Gazette de France, um am darauf folgenden Morgen in der Nation mit der Jakobinermüße zu paradiren, dem der Erzbischof von Paris so eben verboten hat, die Messe zu lesen, bewirbt sih jeßt ganz ernstlich um die Stelle eines Deputirten zu Perigueux. Arago und Laffitte sind seine Patrone. Sie empfehlen an ihm auch, daß er stets für die Wiedererlangung der Rheingränze gesprochen und geschrieben habe. Wenn er Deputirter wird, muß er den Eid der Treue gegen König und Verfassungleisten; er wird dies thun, wahrscheinlich aber mit der gehörigen restrictio mentalis.

Grossbritanien und Irland.

_ Oberhaus. Sibung vom18,. August. Lord Brougham richtete zu Anfang der heutigen Sißung an den Grafen Aberdeen die Frage, ob über die Angelegenheiten von Texas der Regierung neuere Nachrichten zugegangen, wie weit die Unterhandlungen über die Anerkennung der Unabhängigkeit dieses Staates von Seiten Mexiko's gediehen und welche Justructionen dem britischen Gesandten in Mexiko darüber ertheilt wären. Lord Brougham is einer der eifrigsten Gegner des Sklavenhandels, und da das Aufhören einer ausgedehnten Sklaverei in Texas von der Unabhängigkeits-Erklärung dieses Staates abhängt, in= dem derselbe um diesen Preis sich gern bereit finden lassen werde, die Skla= verei abzuschaffen, so hielt es der Lord für einen Gegenstand der größten Wichtigkeit für England und für eine dringende Aufgabe der hbriti- hen Regierung, die Anerkennung der Unabhängigkeit der Republik von Seiten Mexiko'’s zu bewirken. Texas i jeßt, sagte Lord Brougham, de facto ein unabhängiger Staat, aber diese Unabhängig= feit ist niemals von der mexikanischen Regierung anerkannt worden, von welher das Land durch eine Revolution sich losgerissen hat. England hat die Unabhängigkeit anerkannt, aber Mexiko niht. Texas ist ein bedeutendes Land, an Flächen-Jnhalt so groß wie Frankreich, außerordentlich rei an allen tropischen Produkten, mit einem für weiße Arbeiter günstigen Klima, von mehreren Strömen durchschnitten und am Golf von Mexiko günstig gelegen, aber seine Bevölkerung, die wie der Lord nach zuverlässigen Nachrichten versichert, besteht nur aus 100,000 Einwohnern, von denen der vierte Theil, also 25,000 Jndi- viduen, Sklaven sind. Es wurden zwar keine Sklaven zur See dort eingeführt, da dem afrikanischen Markte jeßt endlich erfolgreiche Hin- dernisse in den Weg gelegt sind, aber die südlihen Staaten Nord= Amerika’s, Georgia, Carolina und Virginia, versorgen mit ihrem Ueberflusse die texianishen Märkte, und befreien sich \o von einer Last, welche ohne jene Abzugs - Kanäle zu sehr anwachsen und ihnen gefährlih werden müßte. Nun würde die Folge einer Abschaffung der Sklaverei in Texas nicht allein die Heranziehung weißer Arbeiter zur Bebauung des Bodens, also eine Erweiterung der Colonisations= pläne anderer übervölkerter Länder sein, sondern auch durch eine Schließung der dortigen Sklavenmärkte würden die südlichen Unions- staaten nit länger ein sklavenerziehendes Land sein können und die Lösung jenes großen Problems vorbereitet werden, die Emanci= pation der Sklaven in den Vereinigten Staaten. Bei der Geneigt= heit von Texas, die Sklaverei abzuschaffen, wenn seine Unabhängig= keit gesichert, und bei dem guten Vernehmen der britishen Regierung mit der mexikanischen, welches den Unterhandlungen zu jener Unabhängigkeits= Erklärung ein günstiges Resultat geben könnte, wäre die Erreichung jenes überaus wünschenswerthen Ziels nicht so fern. Nur müsse die britische Regierung ihre ganze Aufmerksamkeit auf dies Ziel richten, und der Lord stellte seine Frage, um zu wissen, ob das geschehe. Lord Aber= deen sagte darauf, daß England nicht allein die Unabhängigkeit

von Texas anerkannt, sondern auh einen Handels-Traktat und einen

Traktat zur Abschaffung des Sklavenhandels mit demselben abge=- {lossen habe; er könne indeß niht ableugnen, daß zu Lande von Amerika aus, dort noch Sklaven eingeführt würden. Unmittelbar nah der Anerkennung der Unabhängigkeit von Texas sei die englische Regierung eifrig bemüht gewesen, den Frieden zwischen Meriko und Texas zu ermitteln; sie wäre aber auf große Schwierigkeiten gestoßen, und er bedauere, auch jeßt noch keine günstige Aussicht auf eine bal= dige Erklärung der Unabhängigkeit der Republik von Seiten Mexiko's geben zu können. Jndessen glaube er, daß dur den kürzlih abge- \hlossenen Waffenstillstand hon viel gewonnen sei, denn die größte Schwierigkeit wäre damit bescitigt und freundliche Beziehungen zwischen beiden Ländern äußerten bereits wohlthätige Folgen. Die R Regie= rung würde nichts unversucht lassen, jenes von dem edlen Lord (Lord Brougham) bezeichnete Ziel herbeizusühren, und er (Lord Aberdeen) ver= oie Niemand mehr die Abschaffung der Sklaverei in Texas wün- en fönne, als er. Die verlangten Papiere, so wie eine nähere Erklä- rung über die \{hwebenden Unterhandlungen lehnte der Minister als der Sache selbst nachtheilig ab; Lord Brougham gab sih mit den ausgesprochenen Versicherungen desselben zufrieden.

Vie weiteren Verhandlungen des Hauses bezogen sich auf die Ausschuß-Berathungen des irländischen Armengesehes.

Unterhaus. Sißung oom 18, Aug. Mehrere Bills wurden in ihren leßten Stadien erledigt. Die Bill über die Einbe- rufung der invaliden Soldaten und Lord Campbell’s Pasquill-Geseb wurden zum drittenmal verlesen; Lord Brougham's Bill zur wirk= sameren Unterdrückung des Sklavenhandels ging durch den Ausschuß. Ueber die leßtere ad sih eine längere Debatte, indem man be= sonders hervorhob, daß das Prinzip der Bill, welches befanntlih jede Theilnahme eines britishen Unterthanen, in welchem Lande der Erde derselbe sich auch aufhalten mag, verbietet und be= straft , den britischen Handels - Interessen im Auslande und namentli in den Kolonieen shade. Jndeß sprachen sich Sir Robert Peel und Lord Palmerston für die Maßregel aus, und erklärten, daß die Unterdrückung eines solchen Handels an \ih gerecht sei und gerade zu Gunsten der britishen Kolonisten bewirkt werden müsse, die man nicht durch die Konkurrenz mit Zucker bauenden Sklaven= ländern zu Grunde gehen lassen könne. Dies Haus vertagte sich, nachdem die Bill durh den Ausschuß gegangen war,

__ London, 19. Aug. Der Prinz Georg von Cambridge begiebt sih in diesen Tagen zu seinem hohen Verwandten nach Neu-Strelihz und wird nah einigem Aufenthalte daselbst sich von dort auf seinen Posten in Korfu verfügen. ___ Pater Mathew fährt fort, seine Mission als De in London und dessen Umgegend zu erfüllen. Viele Tausende haben bereits das Gelübde in seine Hände abgelegt und die Mäßigkeits= Medaille von ihm empfangen. Daß Katholiken sich besonders zu ihm drängten, fand man nicht anstößig, daß aber auch bald eine Menge Protestanten, und unter diesen selbst vornehme Damen , den Pater um seinen Segen angingen und knieend das Gelübde ableg= ten, hat eine Reaction der protestantischen Arbeiter - Associa= tion im Londoner Kirchspiel Tower Hamlets hervorgerufen, die auf einer ihrer Versammlungen, obgleich ers nach einigem Wider= stand, eine Resolution annahm, welche in dieser Mäßigkeits - Bewe= gung einen neuen Vorwand für die nie rastende proteusartige römi- \he Propaganda erkennt und die Theilnahme der Protestanten daran für unangemessen erklärt, Pater Mathew weist in seinen Versamm-= lungen jebt diesen Verdacht als grundlos zurück.

Zu Tara, einer alten irländischen Stadt, in welcher die Krö=

nungen der alten Könige Jrlands in der Regel stattfanden, hat O’Con= nell am 15ten, wie es heißt, die größte aller Repeal-Versammlungen gehalten, welcher eine halbe Million Menschen beigewohnt haben sollen, Er selbst kam in vierspännigem Wagen, mit goldverbrämter Müßbe auf dem Haupte, unter dem lautesten Jubel der Menge an- gefahren. Seine Rede berührte die bekannten Gegenstände. Bei dem darauf folgenden Diner rühmte si der Agitator in der lebten Woche zu zwei Millionen Menschen gesprochen zu haben. Die meisten Schisfe, welhe das Geschwader an der irländischen Küste bil- deten, sind nah Plymouth gesegelt, um bei dem dort erwarteten Be= suche der Königin zugegen zu sein. S panien.

Paris, 19, Aug. Telegraphische Depesche aus Spanien.

Bayonne, 18. Aug. Die Central=Junta von Galicien, die sich vor kurzem zu Lugo konstituirt hatte, hat sih aufgelöst.

Ein Regierungs-Befehl vom 10. August untersagt die Versamm= lung der General-Junten, welche am 15, August zu Guernica statt= finden sollte. Die fueristishe Deputation, welhe am 14ten aus Bil= a war, is unmittelbar darauf wieder dahin znrück= gekehrt.

XckX Paris, 19. Aug. Die Versicherung des Telegraphen, daß die Junta von Barcelona sih seit dem 10ten d. M. dazu ver= standen habe, ihre mit den Ansichten der Regierung im Widerspruch stehenden Forderungen fallen zu lassen, und sich auf die Rolle einer bloßen Hülfsbehörde zu beschränken, wird in den barceloneser Blät= tern, welche jeßt bis zum 13ten gehen, noch immer nicht durch eine amtliche Erklärung der Junta bestätigt. Man muß sogar stark be= zweifeln, daß die Junta auf ihr Haupt - Anliegen, das der Einberu-= fung einer Central = Junta der Nation, verzichtet habe, wenn man sicht, daß dieselbe eine auf diesen Punkt gerichtete Adresse des ersten Alkalden von Barcelona, des Herrn Malaguer, unter deutlichen Bei= fallsbezeugungen zur Kenntniß des Publifums bringt. Das fragliche Dokument is zu harakteristisch, als daß wir niht wenigstens einige Stellen desselben mittheilen sollten :

„Die Meinung des Volks“, sagt der erste städtische Beamte von Bar- celona, „geht ohne allen Zweifel dahin, daß die provisorische Regierung sich

“nicht kraft der nichtssagenden Erklärung einer Hand voll Juntenmänner,

die eben so wenig Vollmacht dazu haben, wie der Karabiner des Ambro- sius, in eine definitive Regierung verwandeln kann. e sagen und be- haupten wir mit Berufung auf das Prinzip der Volks - Souverainetät, daß Alles, was in dem verehrungswürdigen Namen Jhrer Majestät der Königin Zsabella, oder wäre es auch im Namen des himmlischen Vaters selbst, ge- than, geschrieben und verordnet wird, nichtig, gean und lächerlich is, wenn man nicht das einzige uns übrig bleibende Mittel der Rettung ergreift, indem man die Central-Junta einberuft, in deren Schooße sich die Gesin- nungen aller Provinzen geltend machen können. Jm entgegengeseßten Falle würde ich zu Ew. Excellenz in den gegenwärtigen Verhältnissen eben so offenherzig reden, als ich in einer früheren Zeit zur Köni- gin Ge gesprochen habe, als ich mit eigenen Worten sagte: ,, , Señora, hören Sie auf die Stimme des Volks, unterzeichnen Sie das Gesey über die Avuntamientos nicht, sonst stürzen Sie si ins Verderben, sonst sind Sie verloren. Señora, fügte ih hinzu, ih betrüge Sie nicht, denn ih will weder von der Regierung noch von dem Volke irgend etwi ih wünsche nur den Ruhm, das Glück und das Gedeihen meines D landes.‘‘‘’ Die Regentin schlug meine Worte 1840 in den W.

der Regent ließ gleichfalls unbeachtet, was ih ihm 1843 #

Excellen vielleicht eben so wenig auf mich hören? L dammt fein, wenn nicht ein drittes Pronunciamiente S ehe ih aus dem Bade komme, wohin ich_ je gebe, um meine während der leßten Sreg derherzustellen, Man wird dieses Den

Tee! Ì