1910 / 31 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 30. Sißung vom 4. Februar 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortseßung der zweiten n) des Geseßzentwurfs, betreffend die Feststellung des Neis haus hults atais für das Rehnungsjahr 1910, und zwar des „Etats für den Reichstag“ mit den dazu ge- stellten Anträgen.

Nach dem Abg. Singer (Soz.), dessen Rede in-+ der R Nummer d. Bl. mitgeteilt worden is, ergreift das ort der j s s

Abg. Dr. Müller - Meiningen (fr. Volksp.) : Die Auss{mückungs- kommission hat vor einigen Tagen beschlossen, daß das Bild, welches die grauen. Flächen des Saales über dem Präsidium bedeckte, jeßt endgültig anderswo untergebracht werden soll. Es ist Tat- sache, daß diése grauen Flächen fehr ungünstig wirken. Vielleicht lassen sich dort Gobelins oder gobelinartige Draperien anbringen; die Kommission follte den Gedanken näher erwägen. Die beiden ganz unkünstlerisch wirkenden Holztüren auf der Westseite des Hauses sollten álsbald beseitigt werden. Bei den Arbeiten in der Geschäftsordnungs- fommission sind wir leider nicht zu einer Einigung gekommen; ihrer Arbeit haften alle Spuren allzu großer Ueberhastung an. Die Geschäftsordnung bedarf in der Tat einer Revision, ihre wichtigsten Bestimmungen find unklar, sie enthält bedauerlihe Lücken. Das Verlangen des Kollegen Gröber ist daher durchaus richtig. Was die praktishe Behandlung anlangt, muß ih dem Kollegen Singer recht geben, und auch der Abg. Gröber wird zustimmen, daß es mehr als unsicher ist, ob wir in dem Rest dieser Lgislaturperiode cine allgemeine Vevision zu Ende bringen können. Jn unserem Antrage bezeichnen wir die der Nevision am dringendsten be- dürftigen Punkte. Ein Firxiertermin von 14 Tagen müßte für die Besprechung einer Juterpellation bestehen, auch für den Fall, daß die Beantwortung verweigert wird. Bei den kurzen Anfragen ist der Porteil, daß der feierlihe Apparat der Interpellation nicht allzu jtark verbraucht wird. Zu hoffen ist, daß wir in der neuerlichen Kommissionsberatung einander näher kommen und zu einer Einigung auf positiver Grundlage gelangen werden. Neben den anderen Forderungen halten wir aber auch noch eine Aenderung der unklaren Bestimmungen über die Behandlung der Jnitiativanträge und über die Schwerinstage für äußerst dringlih; was jeßt in der Geschäfts- ordnung darüber steht, ist dur die Umstände völlig obsolet geworden. Die Anträge auf Verbesserung des Diätengeseßes entsprehen auch unserer Ansicht; wir gehen aber in diesem Punkte noch viel weiter, wir verlangen die durhgreifende Aenderung dieses Unikums eines un- würdigen Gesebßes. Selbst das preußische Abgeordnetenhaus hat es abgelehnt, sfih_ auf dieses unwürdige Geseß mit seinèn „Lohnlisten einzulassen. So viel Zutrauen zum Reichstag follte ‘man doch mindestens haben, dee man den Ge oa goa ger E auf ihre Ghrlichkeit glaubt. er jeßige Zustand ijt der Gipfel des Miß- trauens. Wir werden dem Antrage Bassermann zustimmen. E + Abg. Dr. Junck e Zur Begründung unferes Antrages über die Freifarte ist wenig zu sagen. Es herrsht wohl Uebereinstimmung darüber, däß der jeßige Zustand cin unwürdiger ist. Gerade während der parlamentslosen L: muß der Abgeordnete Gelegenheit haben, älle Orte des Vaterlandes aufzusuchen und so den Zusammenhang zwischen Nord und Süd aúfrecht zu erhalten. Bezüglich einer teil- weisen Nepision der Geschäftsordnung gehen wir denselben Weg wie ber Abg. Singer und die Freisinnigen, wir gehen sogar noh etwas weiter. Cine ganze Reihe von Fragen, für die das \{hwere Geschüß ter Interpellationen aufgefahren wurde, hätte auf dem Wege kurzer Ausrage nah dem Vorbilde anderer Parlamente erledigt werden können. Als Vorsiyender der vorjährigen Geschäftêordnungs- ommission kann’ich sagen, wir gingen mit gutem Willen in diese

Kommission hinein, aber es stellten sih bald Unstimmigkeiten und politishe Differenzen ein. Viele Mitglieder sprangen später ab, und wir wurden bezüglich der Stellung von Anträgen bei Interpellationen im Stiche gelassen. Jedenfalls wünschen wir, daß jene Arbeiten der Kommission nicht ganz fruchtlos sein mögen, und daß die jeßige Kom- mission sihch mit den gestellten Fragen beschäftige. Der Neichstag N vor eine bestimmte Entscheidung gestellt werden. Anträge zu Interpellationen brauchen der Megierung nicht ohne weiteres unbequem zu sein. Es wäre z. B. gut gewesen, wenn bezügli der Kieler Werftaffäre der Reichstag zwar sein Bedauern über diese An- gelegenheit, aber zugleich hätte aussprehen können, daß dadurch das Vertrauen zur Verwaltung nicht erschüttert sei. Der Antrag Gröber würde kaum in dieser Legislaturperiode erledigt werden können. Ich gebe dem Kollegen Gröber anheim, die allgemeine Revision der

eshäftsordnung dem neuen Reichstage zu überlassen. Außerdem ist ein Mann der Wissenschaft beauftragt worden, sich mit der Geschäfts- ordnung zu befassen. Warten wir doch die Ergebnisse dieser Arbeit ab. Abg. Noeren (Zentr.): Gewiß sind die Mitglieder der Geschäfts- ordnungskonimission mit vollen Segeln in diese Kommission hineingefahren und als Wrack zurückgekehrt. Immerhin können wir roh sein, daß das Ergebnis der Kommission niht noch schle{ter ewesen ist. Ueber der Kommission waltete von vornherein ein öser Stern, das lag ‘am Block. Das Bestreben, es dem linken oder dem rechten Flügel des Blocks recht zu machen, hat alles ver- dorben. Es ergab sich, daß das Nesultat weder dem rechten noch dem linken Flügel gefiel, und man stand vis-à-vis de rien. Man hatte die Nehnung ohne den Wirt, das Zentrum gemacht. Wir haben verhindert, daß nicht noch etwas Schlechteres zu stande kam. Jch hoffe, daß die jeßige Kommission unter den jeßigen Verhältnissen

etwas Brauchbares zu stande brin e ird. Was die vorliegenden Anträge betrifft, so bewegen eer, Bird: ¿meiner Richtu daß “auch “ble Nette hnèn stine ta pl E

daß, nen zustimmen kann, ohne sich zu prä- I Um es aber der Nechten zu erleichtern, haben wir be- antragt, ae ane Material der Geschäftsordnungskommission zu ai Uen mae on Dele ‘ine ! 0 nüpft x ; ibäri j seits darf es nicht dahi verden fann, ist unbestreitbar. Ander

in kommen, dz ie 200 Jnitiativ anträge in die Form von JInterpellatio: E I

h Lerp ten gelei ü d damit einen Fragen, hätten. Die Kommis See Wlirdên „Un B

(0 sion wird sich mit diesen und anderen Fragen, wie den kurzen Anfragen d |

x ; Í , noch eingehend zu beschäftigen

aben. Jch möchte ihr anheimgeben, die Bedincünge zu- bestimmen,

unter welchen diese überhaupt gestellt werden können. Was die Frei-

farten betrifft, so halte ih es für inkonsequent, den Abgeordneten

B actes le A F Session wieder zu E

„Abgeordnete e dur die Freikarte nheit haben, obne Belästigung und Unbequemlichkeit Pér S CLEIenDeit Davele 0

ñ erbindung zu treten, Uebungspläße s mit seinen Wählern in

L ; w. an Ort und Stelle zu be- gotigen usw. Während der Session selbst Di fer Abeordnete aber pr feine Zeit und Gelegenheit, diese Zweckbestimmung zu erfüllen. By „l s _etwas deprimierend, von der Gnade des et ndedrats E der freien Fahrt abzuhängen, wie em fehle; Satt näch Friedrichshafen. Jh kann Ihnen daher nur fas eh En den Antrag der Nationalliberalen anzunehmen, ebenso Wir wolle Le ns ta Yas D, dadur mt herbeigeführt L WO rage der Anträge zu den Intervellati er freien Fahrt vorab exlediat brn, erpellationen und d idir08 Graf von Westarp (dkons.): Zunächst wegung Ausdruck geben, daß die Erfüllung des vorjährigen Wunsches

Ba der Herausgabe eines Handbuches über die parlamentarische beratid einen Schritt weiter gerüdckt ist. Der Anregung des Reichstages unds eer Freikarte uns anzuschließen, verhindert uns unsere sol bliche Stellungnahme zu dieser ganzen Frage. Was die Ne- wir, daß wegen Aenderung der Geschäftsordnung betrifft, so bedauern

Haus gebracht egenstände, die zunächst als Jnitiativanträge an das

hte ih meiner Be-

gebra waren, in der Form von Resolutionen an das Haus jollen G und damit ‘vorzugsweise behandelt werden bindender Resolution kann niht einen Beschluß in rechtlich

Form enthalten, \ i an den atten, jondern nur ein unverbindlihes Ersuchen Bundesrat. Darin liegt das Unterscheidungsmerkmal vom

JInitiativantrag. Hier aber soll im Wege der Resolution der Ge- S aorbmnunedtammiion ein bindender Auftrag erteilt werden. Des- balb wäre es richtiger, es beim Jnitiativantrag zu belassen. Aber auh materiell geben der sozialdemokratische wie der freisinnige Antrag der Geschäftsordnungskommission einen bindenden Auftrag. Nach dem Wortlaut wäre es zweifelhaft, ob die Geschäftsordnungs- anien ihren Auftrag erledigt hätte, wenn sie zu dem Resultat käme, feine Aenderung der Geschäftsordnung vorzuschlagen. Unsere Bedenken gegen die Stellung von Anträgen bei Interpellationen liegen auf ar Iult be Bei der Dans im Dezember 1908 i\t im Plenum wie in der Kommission klar die Absicht hervorgetreten, die Möglichkeit herbeizuführen, daß der Reichstag egen den Reichskanzler oder sonstige Instanzen C medi a L beschließen kann, und daß dies im leßten Ende darauf hinausläuft, die Forderung zu erreichen, die damals klar formuliert war: Der Reichskanzler ist zu aaa wenn der Reichstag es verlangt. Einem solchen Bestreben stehen wir prinzipiell auf das aller- \härfste ablehnend gegenüber. Die Geschäftsordnungskommission hat ih im vorigen Jahre auch bemüht, die rihtige Form zu finden, daß niht unter dem frischen Cindruck der Besprehung einer Inter- pellation ohne forgfältige Prüfung der von der Regierung abgegebenen Erklärung gleih ein Beschluß gefaßt wird. Es ist ihr das aber nicht gelungen. Cine feste Ordnung für die Reihenfolge der JInitiativ- anträge ist unbedingt nötig, cinmal, um au die Minderheit zu ihrem Necht kommen zu lassen, und anderseits, um eine Fortführung der Geschäfte des Reichstags nicht dadur verhindern zu lassen, daß fort- während neue Initiativanträge eingebracht werden. Die Inter- pellation mit angeschlossenem Antrag würde das Mittel sein, einen Snitiativantrag, der nah der Reihenfolge niht mehr zur Besprechung fommen würde, aus der Reihe der übrigen hervorzuheben, dann würde von der Interpellation noch mehr als jeßt Gebrauch gemacht werden. Cs hat theoretisch und staatsrehtliGh die erheb- listen Bedenken, wenn der Reichstag sih das Recht zu- \hriebe, durch kurze Anfragen tatsächliher Art in jede schwebende Frage einzugreifen. Er würde sich damit das Necht der Erekutive anmaßen, das ihm nah der Verfassung nicht zusteht. Ueberdies wäre er von dem guten Willen der verbündeten Regie- rungen abhängig; denn eine rehtlihe Verpflichtung zur Beantwortung solher kurzen Anfragen liegt für diese niht vor. Der Reichstag kann sih unmöglih dur eine einfeitige Aenderung der Geschäfts- ordnung ohne Verhandlung mit den anderen Faktoren der Gesetzgebung die Befugnis zulegen, den Reichskanzler und feine Stellvertreter etwa wöchentlich viermal hierher zu zitieren, damit sie Rede und Antwort stehen. Es kann das Ansehen des Reichstags nicht erhöhen, wenn er auf diese Weise über seine verfassungsmäßigen Rechte hinaus- ginge. Es wird so viel von der Notwendigkeit geredet, den Beamten- apparat zu vermindern. Wenn diese Anfragen alljährlih dur den Reichskanzler und seine Vertreter zu beantworten sind, so wird die Arbeitslast und das Schreibwerk bei den Zentral- und Provinzial- behörden unerträglih werden. Wir versprehen uns von einer noh- maligen Nachprüfung der Angelegenheit in der Kommission kein gedeihliches Ergebnis. Meine Freunde können, wenn ih s ihre Stellung im einzelnen niht erkundet habe, cin Bedürfnis na Ab änderung der Geschäftsordnung nicht anerkennen. Wenn aber eine nochmalige Erörterung init wird, so stellen wir uns nah parlamentarishem Brauch dem nicht entgegen und werden in der verstärkten Geschäftsordnungskommission kräftig mitwirken.

Abg. Gröber (Zentr.): Der Vorredner hat \{chweres Geschütz los- gelassen über die Beratung der heutigen Resolutionen, die aus Jnitiativanträgen in solche verwandelt seien. Der Abg. Graf _Westarp unterliegt hier einem Irrtum, der direkt aus der unklaren Fassung der Geschäftsordnung stammt. Es handelt ih hier um die Geschäfte und die Aufgaben des Reichstags selbst; da find wir ganz unbeschränkt, ob wir die Form von JImitiativanträgen oder von Resolutionen wählen wollen, wenn wir unserer eigenen Geschäftsordnungs- kommission cinen Auftrag geben wollen, denn es handelt si eben um unsere eigenen Angelegenheiten, nicht um Wünsche, welche die Gesetzgebung odér die Beribeltring des Reichs angehen. Die vorgetragenen formellen Bedenken haben also gar keine Be- deutung. Sehr ernste Bedenken sind nun von dem Vorredner gegen den Inhalt der Anträge vorgetragen worden. Es denkt aber niemand daran, dem Neichstag größere Befugnisse ein- seitig zu vindizieren, was wir wollen is nur eine rashere Geschäfts- behandlung, und die Verfassung selbst gibt uns das Recht, unfere Geschäftsordnung selbständig zu regeln. Wir wollen mit unserem Antrage keineswegs eine ganz neue Geschäftsordnung, sondern wir wollen dasfelbe, was ¿r Antrag Ablaß sagt, nur daß wir die besonderen Fälle weglassen, damit die Kommission völlig freie Hand behält. Es besteht hier also fein Gegensaß, es liegt nur cine zu- fällig chwoichende Formulierung vor. In der bestehenden Geschäfts- ordnuny «t vieles veraltet, sie enthält Bestimmungen, die gar nicht mehr Ie werden ‘und im Widerspruh mit der anerkannten Praxis stehen. Die Kommissionswahlen z. B. werden schon längst nicht mehr von den Abteilungen vorgenommen. Eine Geschäfts- ordnung muß doch vor allem wahr sein; wozu solhe ungültig gewordenen Bestimmungen mits{leppen? Graf Westarp will von der unbeschränkten Zulassung von Anträgen bei Interpellationen nichts wissen; er sieht davon die t E Folgen voraus. Wir wollen das auch nicht; aber ob es nicht ratjam ist, unter gewissen Kautelen Anträge zuzulassen, das muß gründlih geprüft werden. Der Mangel, das unsere Interpellationsbesprehungen ohne eigent- lichen Abschluß, ohne Feststellung dessen bleiben, was nun der Reichs- täg will, muß auf irgend eine Art behoben werden. Der Reichstag ist ein Organ des Reiches; er hat die Etatsberatung stets dazu be- nußt, auch über die Verwaltung Kritik zu üben. Wie soll der Reichstag es anders machen ? Soll er nur die Gelder bewilligen ? Er hat die Verpflichtung, zu prüfen, ob die geforderten Gelder not- wendig sind, und au, ob die bewilligten Gelder bestimmungsgemäß verwendet sind. Der Abg. Graf Westarp hat sich niht gegen ein Ver- trauensvotum, wohl aber gegen ein Mißtrauensvotum des Reichstags ge- wendet; streng genommen hätte er auch das erstere abweisen müssen. Formell soll der Reichstag zu einem Urteil über die Maßnahmen der Grekutive nicht berufen sein, fondern der Bundesrat habe dieses Urteil abzugeben. Damit hätte Graf Westarp nur recht, sofern er erihtlihe Ürteile meint; aber daraus folgt doch nicht, daß der Reichstag niht durch einen Beschluß seine Ansicht aussprechen darf, und mehr will er niht. Graf Westarp meint auch, der Bundes- rat sei dem Reichstage nicht verantwortlich, formell handele es sih hier um einen Versuch, den Bundesrat zur Verantwortung zu ziehen. Graf Westarp übersieht, daß wir jederzeit in einem Antrag ein Urteil über eine Maßnahme des Bundesrats abgeben können. Der Bundesrat braucht sih auch gar nicht mit den Handlungen der Behörden zu identifizieren. Die Befürchtung, daß der Reichstag s{ließlih in die Befugnisse des Kaisers eingreifen könnte, und die Erklärung, „daß die Konservativen nicht an den föderativen Grundlagen der Ver- fassung rütteln e wollen, das alles sind Uebertreibungen. Ver Kaiser hat das unbedingte Recht, den Reichskanzler zu etnennen und zu entlassen; aber es is doch nit undenkbar, daß der Kaiser sich überlegt, ob er mit einem Kanzler weiterarbeiten kann, der ein Mißtrauensvotum vom Reichstage erhalten hat, und etwas Weiteres, als Material dazu zu liefern, beabsichtigt ein solcher Antrag nicht. Mit welhem Recht will man das für unzulässig erklären? Wir fönnen ja den Kanzler auch zu einer Beantwortung LeT Inter- vellation niht zwingen, nur das Recht haben wir, eine Besprehung statt nden zu lassen. Der Antrag wegen der Freifahrt muß wohl in der Form verabschiedet werden, die der Antrag von Hertling enthält: Für die Dauer der Legislaturperiode.” Würde man einfach in dem bestehenden Gesep das Wort „Sigzungsperiode“ ars e S „LÆgislaturperiode" erseyen, so entsteht die Frage: Zer 1ol 8 Lage vor Beginn der Legislaturperiode reisen, da dieser Beginn nah der herrschenden Auslegung mit dem Tage der Wak len zusammenfällt ? Sollen alle Kandidaten reisen dürfen? Oder was geschieht mit denen, i llén? z j die Ae D aue 5 Brandenburg (nl.): In unserem O

ön.

und in den sonstigen Arbeitsräumen ist die Luft sehr wenig

‘Statistik über die vielen Interpellationen und kurzen Anf

Zahlreiche Abgeordnete haben täglih von 10, ja von 9 Uhr an bis in den späten Abend zu tun; da muß verlangt werden, daß für unsere Gesundheit alles geschieht, was geschehen kann. Besonders in den fleineren Arbeitszimmern ist die Luft sehr bald verdorben. Besserung muß geschafft werden. Zugluft können ja viele niht vertragen; man E troßdem versüchen, einen Ausweg zu finden. Die Tagesordnung sollte recht bequem ‘in den Korridoren neben dem Sißungssaal über den Lohnlisten zum Aushang gelangen. Mehr Schränke für das Arbeitsmaterial follten aufgestellt und die Möglichkeit des Zeitungs- kfaufes innerhalb des Reichstages geschaffen werden. Betreffs der „Lohnlisten“ wäre ich schon zufrieden, wenn diejenigen niht mit dem Abzug der 20 4 bestraft würden, die hier täglich schr stark gearbeitet, auch gesprochen, aber vergessen haben, ihren Namen einzutragen. Nah dem Gang, der Debatte können wir dem Antrage Gröber zu- stimmen, wünschen aber, daß vorher über die anderen Anträge vom Hause abgestimmt wird.

Abg. Bassermann (nl.): Es wird mir mitgeteilt, daß noch eine Reihe von Schränken zur Verfügung steht. Maßregeln zur WVer- besserung der Luft im Reichstag werden feit längerer Zeit erwogen. Die Erfahrungen, die man im Opernhause mit einem neuen Luft- reinigungsapparat gemacht hat, scheinen niht sebr günstig zu sein. Neuerdings find von Sachverständigen andere Vorschläge gemacht worden; man ist darüber mit dem Geheimen Rat Wermuth in Verbindung getreten.

Abg. Kaempf (fr. Volksp.): Wir können den Ausführungen des Grafen Westarp nah keiner Richtung zustimmen. Sie gingen auf eine Verminderung und Beschneidung der Befugnisse des Reichstags hinaus. Wir unserseits wollen, daß die Befugnisse des MNeichstags in einer Weise durch die Geschäftsordnung festgestellt werden, wie sie der Verfassung entspricht. Kurze Anfragen an di- Rezi-ring zu rihten, liegt innerhalb der Befugnisse des Reichstags, denn ihm steht das Recht der Kontrolle namentlich über die Ausführung von Geseßen zu. Der Reichstag hat das Recht, seine Ansicht darüber zum Ausdruck zu bringen. Wir werden für Nr. 1 des Antrags Gröber stimmen. Ich habe das Wort genommen, um auf die Frage der Veröffentlihung der Beschlüsse der Kommissionen in authentisher Fassung zurückzukommen. Jch wünsche keine amtliche Berichterstattung über die Verhandlungen der Kommissionen. Notwendig ist aber, die Beschlüsse der Kommissionen möglihst unmittelbar, nachdem sie gefaßt sind, gedruckt den Reichstagsabgeordneten und anderen Interessenten zur Verfügung zu stellen. Jeßt werden die Beschlüsse der Kom- missionen exst gade nachdem die Verhandlungen beendet sind. Zwischen den Beschlüssen und ihrer Veröffentlihung liegen mit- unter wenige Tage, und da baben die Interessenten keine Gelegen- heit, ihre Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Aber auch für die NReichstagsabgeordneten ist die rechtzeitige Veröffentlihung der Kom- missionsbeschlüsse in authentisher Form sehr erwünsht:; ih erinnere nur an die Kommissionsbeschlüsse bei der Finanz- reform. Neuerdings mehren sih die Wünsche der Interessenten in er- hebliher Weise, und zwar in der Presse ee Parteien. Ich möchte bitten, daß diese Frage nohmals in Erwägung gezogen werden möge. Noch einen Wunsch habe ih. Sie wissen, daß mer hochverehrter Präsident an ciner {weren Krankheit leidet und wahr- scheinlih noch längere Zeit an das Bett gefesselt sein wird. Ich glaube, wir alle hoffen, daß es dem Herrn Präsidenten vergönnt sein inöôge, seine Krankheit recht bald zu überwinden, und daß wir bald die Freude haben werden, ihn wieder unter uns zu sehen.

Abg. Ledebour (Soz.): Wir {ließen uns diesem Wunsch an. Was - die Anträge betrifft, so entspriht es nur der Ver- sasjung, wenn die Abgeordneten während der ganzen Legislatur- periode Gelegenheit haben, sih mit ihren Wählern in Verbindung zu seßen. Der Abg. Westarp hat das {were Geschüß der Verfassungs- bedenken gegen unseren Antrag wegen Aenderung der Geschäftsordnung angeführt. Man kann die Geschäftsordnung ändern in sehr weit- gehender Weise, ohne daß die Verfassung geändert wird. Wenn wir jetzt Geschäftsorduungsveränderungen beantragen, so geschieht es deshalb, weil die geschälttorditungümägigen Bestimmungen v4 ausreichen, um von unseren verfassungsmäßigen ane Gebrau machen zu können. Mit einem Vertrauens- oder Mißtrauensvotum gibt der Reichstag nur ein Urteil ab. Solche Urteile fällt der © eichstag fortwährend, wir haben also auch Vertrauens- und Mißtrauensvoten abgegeben, nur nicht bei Interpellationen, wo sie am nötigsten waren. Unfere Forderung, daß auch die Minoritäten bei Interpellationen Anträge stellen können, fand in der Kommission beim Zentrum Beifall, leider aber nicht bet den Nationalliberalen und den Freisinnigen, vie es mit der Rechten niht verderben wollten: freilich wurden sie von dieser im Stiche gelassen. Der Minderheit Antragsrechte zu geben, liegt im parlamentarischen System, denn die Minderheit hat das Bestreben, die Mehrheit zu erlg1g2n Jeßt dürfen wir wohl auf eine Unterstützung der Nationalliberal2n und Freisinnigen rechnen. Der Abg. Graf Westarp wollte uns uit

L F ragza in Oesterreich bezw. England Angst machen. Erfahrunzsmäßig Serb die furzen Anfragen, auch wenn sie eine größere Zahl ausmaH?4, in 30 bis 40 Minuten erledigt. In“ cine Diskussion arten die f 1:z2n Anfragen niht aus. Dem Antrag Gröber \timmen wir ant2c der Vorausfezung, daß durh ihn eine Verschleppung d:r S1H? a; ht eintritt, zu. :

Abg. von Dirksen (Np.): Wir alle wünshen, daß der sah- verständige und allgemein beliebte Präsiden rz ¿bald Milde a nesen möge. Vielleiht könnte über dem Rednerpult ein Kalender angebraht werden, und rechts und links neben dem Präsidenten- siß die Rednerliste. Für eine Ausdehnung der Freifahrtfarten über die Vertagungsdauer hinweg ist ein Teil meiner Freunde. Die Minderheit, zu der „ih gehöre, glaubt, daß diese Maßnahme im Lande fals aufgefaßt werden könne, nachdem wir die ne O steuer wider Erwarten nicht aufgehoben haben. Die übrigen Anträge, betreffend Aenderung der Geschäftsordnung, famen mir etwas übet- raschend, A auch wir nit geglaubt haben, daß sie im Papier- korb vershwinden ollen. Der Titel, der die Gehälter des Reichetags- direktors usw. enthält, ist nicht die geeignete Stelle, wichtige staats- rehtlihe Gragen in die Debatt: zu werfen. Wir balten es für durchaus unerwünscht, daß die Frage der Zulässigkeit von Anträgen bei Interpéllationen und der kurzen Anfragen aus dem ganzen Kontp der Fragen herausges{ält werden soll, und ziehen babde den Ankrag Gröber vor, der generell eine Revision der Geschäftsordnung wünscht. Einer solchen steben meine Freunde durchaus wohlwollend gegenüber. Hinsichtlich der Verquickung von Anträgen und Interpellationen kann d mich dem Grafen Westarp anschließen, sie wäre der erste und ent- scheidende Schritt zu einer Bala ft. Jn der Hauptsache würden Mißtrauensvota zustande kommen. die Interpellationen ohne reellen Cffekt ausgingen, kann ih nicht zugeben. Die Regierung ist sehr wohl in der Lage, si ein Bild zu machen über die Stimmung der einzelnen Parteica des Parlaments und damit der ganzen Nation. Die kurzen Anfragen habe ih persönlich nit für bedenklih gehalten, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie gehandhabt werden, wie im englischen Parlament. - Nach den mir zügekommenen Nachrichten \{heint man selbst dort anzufangen, unter der Einrichtung dieser kurzen Anfragen, die zu vielen Taüsénden eingebraht werden, ¿u * leiden und auf ihre Beseitigung hinzuarbeiten. Die Unks- parteien haben nach den Gera ügen der Kommission au ganz andere Absichten mit diesen Anfragen. Wer gibt au die Gewähr, daß solhe kurzen Anfragen beantwortet werden? Man sagt, man stelle der Negietica die Beantwortung frei. Wenn die Regierung dann aber fortgesezt und systematish keine Antwort erteilt, so wird die Linke und ihre Presse sehr bald wegen Nichtahtung des Parla- ments gegen die Regierung angehen und langsam, aber fer in einen Konflikt mit den verbündeten Regierungen

/ hineingelangen. Gan abgesehen von den staatsrehtlihen Bedenken können wis nicht ne

ntrahenten gehöreß. indeten Regierungen Cinverständnis ver- die zur Zuskändigkeit einstanz erschöpft ist.

Einrichtung einseitig einführen, zu der zwei Ko Wir würden gewissermaßen die Rechte der verbi verlegen, müßten uns ert mil diesen über ihr ständigen und uns auf Anfragen beschränken,

des Reichs gehören, und in denen die Beschwerd