1910 / 31 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 05 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

zum Deutschen Reichsauzeiger und

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Ich habe im einzelnen nur wenig zu bemerken und tue das nur, um ungefähr zu zeigen, in welcher Richtung sich diese Gesepesvorlage bewegt. Wenn ih vorher davon gesprochen habe, daß die Geschäfts- führung nach dem Gerichtskostengeseb zu gewissen Schwierigkeiten geführt hat, so möchte ih dafür nur einzelne Beispiele anführen.

Zunächst möchte ih die Bestimmungen über die Niederschlagung an Kosten erwähnen, welche den Behörden nach dem jeßigen Gese nit die notwendige Freiheit gewährten. Dann möchte ih die Vormundschaftssachen erwähnen. Da haben wir jeyt die Eigentüm- lichkeit, daß alle diejenigen, die minderjährig sind, aber niht unter Vormundschaft stehen, weil sie unter elterliher Gewalt geblieben find, von den Vorzügen, die sonst den Minderjährigen zuteil werden, nicht betroffen werden. Das erscheint als eine Unbilligkeit und soll deshalb geändert werden. Hierbei hat \sich die Notwendigkeit ergeben, von dem bisherigen Grundsaße abzugehen, wona eine Reihe von Ge- schäften nah den vormundschaftlihen Bestimmungen behandelt werden, obwohl sie keine Vormundschafts\achen sind, wie z. B. Nachlaßsachen. Damit aber im großen und ganzen für die Vormundschaftssachen feine Vershlehterung eintritt, \{lägt der Entwurf vor, daß bei Vormundschafts\sahen nicht mehr wie bisher ein Objekt von 500 M die Grenze für gänzliche Kostenfreiheit bilden soll, sondern daß wir diese Grenze auf 1000 4 erhöhen. Desgleichen ist eine Erleichterung arin zu finden, wenn man dem Vorschlage folgt, daß fortan die Wertstufen nit mehr mit 400 4, sondern mit 500 4 steigen sollen.

Unsere Kassenverwaltung ist sehr umständlich, obglei wir bestrebt sind, sie möglichst zu vereinfachen. Es bietet sih vielleicht auch Gelegenheit, darin fortzuschreiten, wenn wir das System von Kosten- marken einführen, und wenn wir auch die Verjährungsbestimmungen in einer Weise zur Anwendung bringen, daß sie niht zu Weitläufig- keiten führten.

Die Gebührenbestimmungen für Abänderungs- und Ergänzungs- erklärungen müssen in anderer Weise geregelt werden. Cbenso dié Gebühren für Beurkundungen und Beglaubigungen in Grundbuch- sachen, und endlich die Gebühren für die Beurkundung mehrerer Er- klärungen, die in einer Perhandlung abgegeben find, deren bisherige Regelung zu außerordentlichen Zweifeln und Schwierigkeiten geführt hat.

Einige Härten, die jeßt bestehen, möchte ih erwähnen. Zunächst ist bei der Berechnung des Objekts für die Erklärung eines außer- chelihen Erzeugers ein zu hohes Objekt angenommen; : das muß er- niedrigt werden. Die Versteigerungsgebühr bei Mobilien höheren Wertes is nit rihtig bemessen. Auch da finden Sie einen Vor- \{lag. Wenn Vormundschaftssachen an ‘andere Bundesstaaten ab- gegeben werden, #o haben fh Härten herausgestellt, die auch beseitigt werden sollen. Auch die Kosten in Zwangsversteigerungssachen, die durch das preußische Gerichtskostengeseß geregelt sind, werden von dem Entwurf betroffen.

Das sind die Hauptpunkte. Es ist eine ganze Reihe von Vor- lägen, die wohl in der Kommission zu erörtern sein werden, da wohl nicht daran zu zweifeln ist, daß das hohe Haus beschließen wird, diese Gesehe in einer Kommission zu beraten.

Die Pauschalierung habe ih {hon vorhin erwähnt; ih habe dem nichts wesentliches hinzuzufügen, als daß in Vorschlag gebracht wird, 10 9% den in Ansaß gebrahten Gebühren zuzushlagen und den Mindestsaß auf 50 3, den Höchstsay auf 20 X zu bestimmen. Es wird berechnet, daß die Pauschalierung dem Staate etwa 800 000 mehr einbringen werde; damit sind aber die wirklichen Kosten des Staates für diese Ausgaben auh noch nicht gedeckt.

Was nun den allgemeinen Zuschlag betrifft, so wird vor- geschlagen, 10 0/6 zu den in Ansay zu bringenden Gebühren hinzu- zushlagen und außerdem auch den Mindestbetrag etwas anders, nämlich auf 50 4, zu normieren. 20 ließen \sich im Geschäfts- hange nicht beitreiben; da#war also ein Gebührensaß, der nicht haltbar ist. Es wird berechnet, daß dieser Zuschlag, wenn er angenommen wird, eine Mehreinnahme von 245 Millionen bringen wird; rene ih dazu die 800 000 4, so würde der Staat immer noch rund 3 Millionen hinzuzuzahlen haben zu den Gebühren, welche für die freiwillige Gerichtsbarkeit entrihtet werden.

Zwei weitere Aenderungen möhte ih noch hervorheben; bei nicht vermögenörehtlihen Angelegenheiten soll der Normalsaß auf 3000 1 POOSE Pp es 2000 4 geseyt werden und für die Eröffnung von leytwilligen Verfügungen soll die volle Gebühr, {tatt bisher die halbe Gebühr, zumZAnsaß kommen. Die finanzielle Seite der An- gelegenheit wird vorausfi{tlih von dem Vertreter des Finanzre}sorts noh nähe 5 L werden; das Wesentliche habe ih kurz \kizziert.

Gleidhzeilig mit diesem Gesetz liegen die Aenderungsvorschläge vor bezüglich der Gebührenordnung für Notare und Anwälte. In beiden Geseßen ist au der Vorschlag gemacht, zu einer Pauschalierung über- zugehen bei der Festsepu ng der Auslagen für Schreibwerk und Porto- Es ist wohl selbstverständlich, daß, wenn für die Gerichte 10 gerehnet wird, es au für Notare und Anwälte ähnlich geschieht; auch das Gerichtskostengeseß im Reiche steht hinsichtlich der Anwälte auf diesem Standpunkt. Es wird ja für die Notare wohl der Billigkeit ent- sprechen, daß au thnen die Erhöhungen zugute kommen, welthe der Staat für si in Vorschlag bringt. Denn die Tätigkeit der Notare T in der freiwilligen, Gerichtsbarkeit im wesentlichen die gleiche bacnets der Gerichte. Die Einzelheiten sind in dem Entwurf näher

gelegt, und ih glaube mi zurzeit eines näheren Eingehens ent- halten zu können. Wegen der Rechtsanwälte auch eine allgemeine Grhöhung vorzuschlagen, war niht angängig. Die Frage wird gegen- D noch bei den Reichsinstanzen erwogen, ob auh wegen der An- & e cine Gebührenerhöhung in Vorschlag zu bringen sein wird. d glaube, wir in Preußen werden abzuwarten haben, was für Er- ani dort ih zeigèn werden. Nur wegen dêr Panschalierung wird i schon jeyt für die Anwälte ein Vorsthlag gemacht: das finden

n dem zweiten kleinen vorliegenden Gesehentwurf. ie glaube, mi auf diese kurzen einleitenden Bemerkungen be-

n zu können, weil ein Eingehen auf Einzelheiten im Plenum

Zweite Beilage

Berlin, Sonnabend, den 5. Februar

P GE T E

do zu großen Weitläufigkeiten führen würde, die wohl in einer Kommissionsberatung sich weniger empfindlih zeigen. Ih empfehle also diese drei Gesetze der Prüfung des hohen Hauses und werde mich natürlich bei den Kommissionsberatungen bemühen, alle Ante worten zu erteilen, die gewünscht werden, und von seiten der Re- gierung mitzuwirken, daß ein brauchbares Geseß verabschiedet werden möge. A

Abg. Boe mer (kons): Bei der Weitschichtigkeit der Materie dürste Ui uta unumgänglich sein. Es 1st nicht zu verkennen, daß die freiwillige erichtsbarkeit große Zuschüsse erfordert. Auf der anderen Seite ift aber unbestreitbar, daß durch den, Entwurf die fleineren Objekte von 1000 bis 5000 „6 unverhältnismäßig hoh herangezogen werden. Das nenne ich keine Besteuerung der besißenden Klassen. Das sind Töne aus dem n vor Tische las man's anders. Den Gebührenerhöhungen stehen nur geringe Gr- mäßigungen gegenüber. Anzuerkennen sind einige Verbesserungen des bestehenden Gesehes, betreffend Niederschlagung er Kosten usw. Troß dieser vereinzelten Lchtpunkte wirkt die Belastung der Rechtsuchenden sehr stark. Dadurch werden zum großen Teil die kleinen Grund esiher und Handwerker getroffen. Diese aber mehr zu {honen, wird Aufgabe der Kommission sein. Wir wollen deren Beschlüsse abwarten, um end-

ültige Beschlüsse zu fassen. Jedenfalls ist anzustreben, diese zu ent- asten und den dadur entstehenden Ausfall durch eine höhere Be- steuerung der höheren bjekte cinzubringen. Wir erkennen an, daß die Vorlagen eine sehr durhdachte Ausarbeitung sind.

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ich will nur eine kurze tatsächliche Bemerkung machen. Im Reichstage habe ih keineswegs den Standpunkt ver- treten, daß unter keinen Umständen mehr Kosten entstehen dürften als bisher. Damals handelte es si darum, neue prozessualische Be- stimmungen einzuführen. Da habe ih mit voller Ueberzeugung erklärt, daß bei Prüfung der Frage, ob diese oder jene Bestimmung für das Verfahren einzuführen sei, nicht finanzielle, sondern rechtliche Gesichtspunkte entscheiden müßten, ein Standpunkt, den ih heute noch vertrete. Hier handelt es sich aber im wesentlihen um ein Finanzgeseß; da sind andere Erwägungen anzustellen, und ih bemerke, daß auf das eigentliche Gericßtsverfahren die jeßigen Vorschläge gar keinen Einfluß haben; es bleibt, wie es ist, und wird dapon garnicht berührt. Ich sage das nur, weil ih die Ausführung des Herrn Abg. Böhmer, daß ein Widerspruch zwischen meinem damaligen und meinem jegigen Verhalten bestehe, niht unwidersprochen lassen möchte.

Abg. Reinhard (Zentr.) : Meine politischen Freunde find von der Vorlage niht gerade angenehm berührt. erade wir haben im leßten Jahre wiederholt éine O der Gebühren verlangt.

tatt A verteuert die Vorlage die ectöpflege auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit erheblih. Der in der fe e an- gekündigten Tendenz, die Leistun sfähigeren entsprehend böher heran- zuziehen, entspricht die Vorlage keineswegs. Ueberra\cht sind nament- lih auch die Notare. Mit der Novelle dieser Pn für Rechtsanwälte können wir uns im allgemeinen einverstanden erklären. Ob der Zuschlag-von 1009/6 für die Gebühren der Notare augemsses ist, erscheint do fraglih. Im allgemeinen kann ih zu dem Vorschlag der Panlaernns die Zustimmung meiner Freunde in Aussicht tellen. Wir werden uns In der Kommission bemühen, einen Ausgleich erbeizuführen, derart, daß die wirklich Leistungsfähigen belastet und die at Schultern entlastet werden. Das Bedenklichste an der Vorlage ist dieser rein fiskalische Charakter in Ansehung der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es sollen im Durchschnitt alle Säße um

109/06 erhöht werden. in olle Verfahren leistet direkt einer es

P des Mittelstande orshub. Die hon jeyt in der emessung dex Gerichtskosten liegende Unbilligkeit wird noch gesteigert. Menn die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Staate wir Le einen Zuschuß von 6 Millionen kosten, so stehen ihm ja immer no die 10 bis 12 Millionen aus den im vorigen Jahre beschlossenen Stempelerhöhungen zur Verfügung. Auch ssüte man einer Grhöhung der ohnehin unverhältnismäßig niedrigen Gebühren im Bereiche der Verwaltungsgerichtsbarkeit doch endlich O insbesondere beim Konzessionswesen. Der L eraufsezung der Gebühren für Cröffnung des Testaments können wir nicht zustimmen, nachdem erst vor wenigen Jahren auf allgemeines Verlangen im Hause eine Herunterseßung beschlossen ist. Wir beantragen unserseits die Einseßung einer Selonberen Kom- mission von 21 Mitgliedern zur A der Vorlage.

Direktor im Finanzministerium Halle: Der Finanzminister hat ou in der cinleitenden Ctatsrede darauf hingewiesen, daß eine alancierung des Etats nur möglich ist, wenn nicht nur die Aus- gaben in strengen Grenzen gehalten werden, sondern au eine pfleg- liche Behandlung der Cinnahmen eintritt. Dieser Gesichtspunkt mußte auch bei diesen Vorlagen festgehalten werden. Das Kosten- gesetz ist bereits 15 Jahre alt. Seitdem sind im Bereich der Justiz- verwaltung sehr kostspielige Maßnahmen getroffen worden, die den Zuschuß für diese Verwaltung aus dem taats\äckel um Millionen erhöht haben. Ich bitte, nit mit Voreingenommenheit in finanzieller A an die Vorlage heranzutreten, sondern sie wohlwollend zu prüfen. ; o

Abg. Dr. Keil (nl.): Wir beantragen die Ueberweisung der Vorlage an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern, damit au Nen in der Kommission mitwirken - können. Wir werden diè Vorlage sine ira et studio prüfen. Die rein \{ematishe Erhöhung der Kosten in dieser Vorlage is uns nicht sympathish; es ae nach oben stärker erhöht werden bei den höheren Objekten. ie Gründe, die für die Erhöhung an- gegeben werden, sind für uns nicht stihhaltig. Allerdings müssen wir anerkennen, daß wegen der veränderten Geldverhältnisse manche Erhöhung, zum eispiel bei CTestamenten, angebracht ist; auf der anderen Seite halten wir die Herabseßung „der Ge- bühren für Vormundschaftssahen und Beglaubigungen [ür richtig. Die Gebühren für Generalversammlungen von Aktiengesell|chaften und deren Beschlüsse sollen herabgeseßt werden, insofern das Wertobjekt höchstens auf 20 000 „& und nur in Ausnahmefällen bis zu 1 Million geshäßt werden soll, und diese Herabseßung wird damit begründet, daß über die jeßige HbreriGepung des erie in diejen An- elegenheiten vielfad geklagt worden [6 J glaube nicht, daß solche Klagen berechtigt sind ; die Aktiengese schasten werden diese Gebühren tragen können. Auch bei den Gebühren er Rehtsanwälte und Notare D manche Béstimmungen zu bemängeln ; immerhin werden wir in er Kommission ernsthaft mitarbeiten und hoffen, daß aus der Kom- mission ein E Werk herauskommen werde: a

Abg. Dr. Schro ck (frkons.): Auch wir. meinen, daß bei dieser Vor- lage nit nur finanzielle Gesichtspunkte heran uziehen {ind, sondern vor allem die wirtshaftlihen und sozial olitishen Wirkungen zu prüfen sind. Insbesondere müssen wir die Interessen des Ene esihes wahrnehmen. Bei der Eintreibung der Gerichtskosten sollte mit den äußersten Mitteln nur dann porgegan en werden, wenn Tatsachen er- fennen lassen, daß dèr Schuldner die ittel zur Dezayluns der Kosten verbirgt; es ist aber nicht richtig, daß ein armer tann fort- esekt vom Geriht wegen geringer Mes verfolgt wird. Bei den Gebühren fr die unshähßbaren Objekte sollte ‘eine Aende-

J S E S

niglih Preußischen Staalsanzeiger.

1910.

rung der geseßlihen Bestimmungen eintreten; tatsählich wirken diese Gebühren wie eine Kopfsteuer, denn die Gerichte gehen nur ungern auf die E herab. Das Ideal ist, daß die Rechtspflege billig und leiht erreichbar ist, aber immer- hin muß auch für die Leistungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein angemessenes Entgelt gegeben werden. Wir stimmen Jos einer Erhöhung nur unter dem Druck der Finanzlage zu, ohne daß wir uns ohne weiteres der Begründung anschließen, wie sie gegeben ist. Fn der Kommission werden wir zu prüfen haben, ob niht durch enderung der Tarife der Grundstücksverkehr und der Verkehr mit kleineren Objekten erleichtert werden kann. Bei der Beratung des eltenden Geseßes waren diese Interessen infolge der damaligen Ge- häftslage des Hauses nicht genügend berücksichtigt worden. Eine esondere Härte liegt in der Gebührenordnung für die Notare in der Bestimmung, daß die Notare behufs Tas der staatlichen Interessen die Gerichtskosten vorher einzuzichen haben, und daß sie bei der Nichtzahlung die Uebernahme des Auftrags ablehnen können. Das ist leichter gesagt als getan. Der Notar lebt doch von seinen Geschäften, und wenn der Mandant dann einfach direkt auf das Gericht geht, so ist der Notar ausgeschaltet. Namens meiner Freunde erkläre ih mich für die Ueberweisung der Vorlage an die verstärkte Justizkommission; sollte aber das Haus eine besondere Kommission wünschen, so haben wir nichts dagegen. Ich hoffe, daß in der Kom- mission die Bedenken gegen die Vorlage \ih nicht als so shwer- wiegend erweisen werden, daß nit eine Einigung zu stande kommen könnte, die nicht nur wie die Begründung \ich ausdrückt finanziell befriedigend ist, sondern auch, was mehr gilt, sozial und wirtsWafls mild und gerecht ist. i e bg. Wolff- Lissa (fr. Vgg.) : Das Gerichtskostengeseß ist nicht dazu da, dem Staate Einnahmen zuzuwenden. Es ist nicht rihtig, wenn man lediglich von dem Standpunkt ausgeht, daß die Kosten er- höht werden müssen, damit dem Staate kein Defizit entsteht. Troh- dem erkennen wir an, daß die Erhöhung der Säße eine gewisse Be- rechtigung hat; denn im Verglei der Lebenshaltung der Jahre 1890 und 1910 \ind, insbesondere durch die Erhöhung der Beamtengehälter, auch für den Staat höhere Ausgaben raden Die Ansicht it nicht richtig, daß gerade bei den kleinen Objekten über die Höhe der Kosten aelagt wird. Ih kann aus meinen Spayeungen bestätigen, daß gerade bei den großen E die lebhaftesten Klagen erhoben werden. Die Erhöhung der Minimalgebühr von 20 auf 50 e ih deshalb für richtig. Ungerechtfertigt ist allerdings ‘die Erhöhung der Gebühren für Testamente. Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Der vorliegende Gesetzentwurf ist noch s{lechter als ein reines Ginanzgeseß. In der Begründung ist auf die ungünstige Entwicklung der Staatsfinauzen, insbesondere seit dem Inkrattreten der neuen Besoldungsordnung, hingewiesen. Ih kann es nicht gerade als ‘nobel bezeichnen, wenn man nun jede Ge- legenheit benußt, um den Beamten die Géehaltserhöhungen unter die Nase zu reiben. Das Geseß hat einen höchst unsozialen Geist; Fisfalismus und Agrarismus reichen si die Hand zu ge- meinschädlihem“ Tun. Unsere Partei fordert Soaramatit köstenlose Rechtsprehung. Die ärmeren Klassen unterlassen mit Rücksicht auf die hohen Kosten und auf die Vorschuß- forderung die Anwendung der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Rechts- mittel müssen nah Möglichkeit erleichtert werden. Gegen das auschale für Schreibgebühren haben wir sehr starke Bedenken. Es iegt darin eine auolécriähiaë Belastung des Publikums. Die wirk- lichen Sghreibunkosten sind auch nicht im entferntesten so ho, es sollen aber gleihzeitig noch andere Unkosten dadur gedeckt werden. Wir vermissen in dem Gese jede Progression, es ist im Gegenteil eine Degression eingeführt. Bei einem Objekt von 2 Mill. Mark be- tragen die Gerichtskosten bei der Versteigerung nah dem § 47 des Gesezentwurfs 9000 weniger als früher. Der § 96 beweist die agrarische Tendenz des Gesetzes, es werden darin die Gebühren Ee die Beau i ouna von Fideikommissen auf drei Zehntel der gewöhn- lihen Gebühren herabgeseßt. Das ist wieder eine der beliebten agrarischen Liebesgaben. -

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ih habe nur einige kurze Bemerkungen zu machen, anknüpfend an das, was der Herr Vorredner gesagt hat.

Wir Juristen sind sicherlih gewöhnt, daß alles, was wir erwägen, einer eingehenden Kritik unterworfen wird, und wir wünschen die Kritik; denn eine gute Kritik kann nur dazu dienen, die eigenen An- fidten zu klären. Soweit der Herr Vorredner sih auf eine sachliche Kritik des Gesetzes beschränkt hat, habe ih keine Veranlassung, etwas anderes zu sagen als: ich nehme an, daß die Gesichtspunkte, welche er erwähnt hat, bei den kommissarischen Beratungen ebenfalls ihre Ss finden werden, mit welchem Ergebnis, „das steht ja dahin.

Aber, meine Herren, der Herr Vorredner hat einige Bemerkungen, auf die er seine Kritik \tügte, gemacht, die niht richtig sind (sehr rihtig! im Zentrum); ih will nur einige Beispiele anführen.

Mit sehr großem Nahdruck hat der Herr Vorredner betont, welche ungeheuerlichen Bestimmungen da in dem § 47 des Entwurfs enthalten wären, worin für die hohen Objekte mindere Gebühren ge- fordert werden. Er begann damit, daß er sagte: es handelt fh hier um Zwangsversteigerungen. Das ist unrichtig! Es handelt ih da um freiwillige Versteigerungen, und zwar von Mobilien. Es ist das eine Bestimmung, die für die Gerichte garnicht von Bedeutung ist, sondern höchstens für die Notare, und zwar aus dem Grunde von Bedeutung, weil jeßt freiwillige Versteigerungen mit hohen Gebühren bei den Notaren fast garnicht vorkommen, und zwar deshalb nicht, weil die Gebühren eben zu hoch sind, sodaß die Leute die Ver- steigerungen überhaupt unterlassen. Also die Gerichte als solche haben gar kein Interesse an ‘dieser Bestimmung, und die Konsequenzen, die der Herr Abgeordnete daraus für das Gesey gezogen hat, beruhen auf ganz falsher Grundlage. (Sehr richtig!)

Es is von dem Herrn Abgeordneten au gesagt worden, das Gesey sei agrarish. Es sind ja“mehrere Beispiele von ihm angeführt worden, aus denen er das debuzieren will. Ich möhte nur eins hervorheben, bei dem ih seinem Gedankengange nit folgen konnte. Er hat gesagt, dieser Pauschalierungs- gedanke sei agrarisch. (Zuruf des Abg. Dr. Liebknecht.) Nein, agrarisch war gesagt. Wenn der Herr Abgeordnete fiskalish gemneint hätte, so würde es fih anders gestalten. Ueber die fiskalischen

Fragen mag bei andèrer Gelegenheit gesprochen werden; aber agrarish war gesagt, und dem mußte ih entschieden entgegentreten.

Meine Herren, ih könnte ja damit eigentli s{ließen ; aber ein paar Bemerkungen muß ih do noch machen.

Der Herr Abgeordneté hat zunächst erklärt, baß er mit der preußischen Rechtspflege und mit der Justizverwaltung keineswegs einverstanden sei. Meine Herren, das ist nicht neu; das ist eine Tatk-